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MITTHEILM6EN DES INSTITUTS
FÜR
OESTEßREICHISCHE
GESCHICHTSFORSCHUNG.
UNTEB UITWIRKUNa VON
TH. RITTEB I. SICKEL b»d H. RITTEK ». ZEISSBEEG
E. HOHLBACHER
INNSBRUCK.
VKKUQ DER WAGNER'SCHEN UKlVEBSniTS-BOCBBAKDLUNG.
1886.
jSf4Mt^-.^'<U^^^^r^i/-
Aus 8f.2
N' I
yt'QAyy^^a^^
Druck der Wagnerischen Univerdtäts-Buchdruckerei.
f
Inhalt des Vn. Bandes.
Seite
Stadien zur filtesten und älteren Geschichte der Habsburger und ihrer
Besitzungen, vor allem im Elsass I. Das Kloster Ottmarsheim und
die EDabsburger im Elsass bis c. IISO. Von Aloys Schulte . 1
Römische Studien IQ. l.Die Brielsammlung des Berardus de Neapoli. Von
F. Kaltenbrunner 21
Briefe Yon Friedrich y. Gentz an den Grafen Louis Starhemberg. Mit-
geiheilt von A. Graf Thürheim 119
BdirSge zur Erklärung und Geschichte der peutingerschen TafeL Von
R. Hotz 209
Der Mondjseer Codex traditionum. Von F.Willibald Hauthaler . 223
Leber die bei der Absetzung des Königs Wenzel yerlesencn ArtikeL Von
Theodor Lindner 240
ileine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde. I. Geschichtl. Notizen
yon 1404—1487 (Wien). IL Zur Handschriflenkunde und inhaltL
Würdigung der sog. Hagen'schen Chronik und des »Auszugs (Vsterr.
Chroniken*. EL Zeitungen yon der Türkennoth aus dem 15. Jahrh.
Von F. y. Krön es 247
Die Belagerung yon Kanizsa durch die christlichen Truppen im Jahre 1601.
Von Albrecht Stauffer 265
Beiträge zur historischen Kritik des Leon Diakonos und Michael Psellos.
Von William Fischer 85S
Zur Geschichte des siebeigährigen Krieges. I. Zwei Berichte über die
Schlacht bei Kolin (18. Juni 1757). IL Zum Rflckzug der Preussen
aus Böhmen. III. Die Eroberung der Stadt Zittau. IV. Das Trefifon
bei Moys. V. Berichte Aber die Eroberung der Festung Schweidnitz.
Von Franz Martin Mayer S78
Ünedirte Diplome m 4S6 I
Studien zur ältesten und älteren Geschichte der Habsburger und ihrer |
Besitzungen, yor allem im Elsass IL Die Verwaltung der Habs-
burgischen Besitzungen im Elsass im Jahre 1S08. Von Aloys
Schulte • 518
Römische Studien IIL 2. Die Sammlung des Berardus als historische Quelle.
7on F. Kaltenbrunner 555 i
VI
Seite
Kleine Mittheilungen:
Zu Nicolaus m. Plan einer Theilung des Kaiserreiches von Arnold
Bussen 156
Ein Fall der Rechtsprechung des Reichsho%etichts von Oswald
Redlich 160
Zum Kanzleramte von J. Ficker 166
Ueber ein ürkundenfragment zu St. Gallen von J. Ficker . . 814
Bruchstück einer deutschen Bearbeitung der ältesten steirischen Land-
handveste von 1186 aus der Zeit von 1289 bis 1251 von Aloys
Schulte 816
Ein Marmor mit dem Monogramm K. Heinrich IV. von E. v. 0 1 1 e n -
thal 461
Chronographische Bemerkungen I. Ueber den byzantinischen Stil der
Jahreszählung vom 1. September. IL Ueber die Indiction.
III. Ueber Datirung nach Jahren des Imperiums in Notariats-
instmmenten. IV. Ueber die Zählung der Monatstage nach
Kalendae, Nonae und Idus. Von C. Paoli . 464
Zur Geschichtschreibung des Klosters Neuburg im Elsass von Dr.
Aloys Schulte 468
Aus den letzten Tagen Kaiser Friedrich III. von AdolfBachmann 47 1
Das päpstliche Archiv unter Calixt III. von FranzMareä . 477
Versprechen des Markgrafen Otto III. von Brandenburg an Ottokar
von Böhmen betreffs der rOmischen KOnigswahl (1262) von Ar-
nold Bussen 686
Eine QueUe der Historia Polonica des Johann Dlugoss von H. V.
Sauerland 642
Eine' Reise von Halberstadt nach Pressburg und zurflck. 1429 Dec.
bis 1480 Febr. von G. Schmidt 647
Notizen 820, 478, 652
Literatur:
Neuere Literatur über deutsches Städtewesen. L Kölner Schreins-
urkunden des zwölften Jahrh. herausg. von Robert Hoeniger,
L Band, 1. Lief. (Karl Uhlirz) 166
öelakovsky Jar., Ck>dex iuris municipalis regni Bohemiae, Tom. I.
(Franz Mareä) 178
Fritz Johannes, Das Territorium des Bisthums Strassburg um die
Mitte des XIV. Jahrhunderts und seine Geschichte (Aloys Schulte) 178
Bruder Adol^ . Studien Über die Finanzpolitik Herzog Rudolf IV.
von Gestenreich (A. Huber) 188
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des aUerhöchsten
Kaiserhauses, L bis IV. Band (Simon Laachitzer) . .186
BuöhmLld Gustav v., Deutsches Gesellschaftsleben im endenden
Mittelalter, L Band (F. M. Mayer) 190
Die historische Pro^framme der öatexreiohisohen. Mittelschulen im
Jahre 1885 (S. M. Prem) 191
vn
Seite
{}, Waitz, Jahrbücber des deutscben Reichs unter König Heinrich L
Dritte Auflage. (E. y. Ottenthai) 888
Alfons Huber, Geschichte Oesterreichs, I. und II. Band (Zeissberg) . 886
Julius Stmadt, Die Qeburt des Landes ob der Enns (E. Richter) . 840
Heniy Thode, Franz von Assisi und die Anfänge der Kunst der
Renaissance in Italien (F. Wickhoff) 842
Die Bemer Chronik des Valerius Anshelm, herausgegeben vom histo-
rischen Verein des Kantons Bern, L Band (H. Reinhardt) . 844
Die historischen Arbeiten der südslavischen Akademie der Wissen-
schaften in Agram (Jos. Starä) 845
W. Ohnesorge, Der Anonymus Valesii de Constantino (J. Jung) . 487
Henri Delpech, La tactique au Xlllme si^le. T. I und H (M. Baltzer) 489
Dr. Gerhard Seeliger, Das deutsche Hofineisteramt im späteren
Mittelalter (Oswald Redlich) 492
M. Rastler, Das sogenannte Ghr^nicon Universitatis Pragensis. Mit
einem Vorworte von A. Baohmann, Professor an der deutschen
Universität zu Prag (Jaroslav GoU) ' . 495
Recueil des Instructions donn^es aux ambassadeurs et ministres de
France depuis les traitäs de Westphalie jusqu^ä la revolution
firan9aise. Publik sous les auspices de la commission des archives
diplomatiques au ministäre des affaires j^trang^res. Autricha
Avec une introduction et des notes par Albert Sorel (A. Pribram) 497
Amtliche Sammlung der Acten aus der Zeit der helvetischen Republik
1798—1808, hg. auf Anordnung der BundesbehOrden, bearbeitet
von J. Strickler. Bd. L Oct. 1797 bis Mai 1798 (R. Thommen) . 505
A. D. X^nopol, Les Romains au moyen ftge (J. Jung) . . 656
Acta Tirolensia. Urkundliche Quellen zur Geschichte Tirols. Erster
Band. Die Traditionsbücher des Hochstiftes Brizen, herausg. von
Dr. Oswald Redlich (E. v. Ottenthai) 658
Frederic Seebohm, Die Englische Dorfgemeinde, naoh der 8. Auflage
aus dem Englischen flbertr. von Th. v. Bunsen (Emil Werunaky) 665
Max Plischke, Das Rechtsverfahren Rudolfs von Habsburg gegen
Ottokar von Böhmen (Arnold Bussen) 674
Kaiser Karls IV. Jugendleben, von, ihm selbst erzählt, Übersetzt von
L. Oelsner (Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, 14. Jahr- *
hundert. Band V.) (Emil Werunsky) 676
Ludwig Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgange des Mittel-
alters. I. Band : Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance
bis zur Wahl Pius H. (Krones) 677
Fr. Schnürer, Falkenberg und die Falkenberge. Historisch -topo-
graphische Studie mit einem Excurs Über das Pfiärrverzeichniss
des Lonsdorfer Codex (S. M. Prem) 681
A Grynlafehörväri käptaJni lev^ltämak czimjegyz^ke. K^szitette Beke
AntaL (Register des Karlsburger Capitelarchives. Von Anton
Beke.) (A.) . . . . 682
Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt in Siebenbürgen. Heraus-
gegeben auf Kosten der Stadt Kronstadt von dem mit der Heraus-
gabe betrauten Ausschuss. Erster Band. (A.) , , , , 688
vm
Seite
Jahrbuch für schweizerische Geschichte, herausg. von der allgem.
'geschichtforschenden Gesellschaft d. Schweiz. Bd. XL (R. Thommen) 686
Uebersicht der periodischen Literatur Oesterreich-Üngams 202, S52, 688
Zur Abwehr von Kaltenbrunner und Sickel . .691
Bericht des Istituto Austriaco di studi storici in Rom . 197
Bericht der Central-Direction der Monumenta Germaniae . 508
Sechsundzwanzigste Plenarversammlung der historischen Commission
bei der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften . . . 198
Nekrolog von Wilhelm Diekamp (£. Mühlbacher) .... 2(^6
Personalien 208
]
Studien
zar ältesten ttnd älteren Geschichte der Habsburger und
ihrer Besitzungen, vor allem im Elsass.
Von
Aloys Schnlte.
I. Das Kloster Ottmarsheim und die Habsburger im Elsass
bis ca. 1120.
Wol selten hat Jemand in einer unscheinbaren, f&r ein un-
bedeutendes Erlöster ausgestellten Urkunde einen glücklicheren Fund
gemacht als Oswald Bedlich, da er in einer Copie des Statthalterei-
archives zu Innsbruck die von Heinrich IV. am 1. März 1064 Rlr
das Kloster Ottmarsheim im Elsass ausgestellte Besitzbestätigungs-
nrkunde entdeckte, deren Wortlaut unsere Zeitschrift im fiinften
Band auf S. 405 brachte. Ottmarsheim selbst hat als Frauenkloster
niemals in der Geschichte eine bedeutendere Bolle gespielt, nur
wenige Beste seines Archives sind nebst der prächtigen, weit-
berühmten Kirche das Einzige, was an vergangene stolze Zeiten in
dem einsamen Dorfs am Bheinesufer erinnert und doch wirft die
Urkunde, da das Kloster die Zweitälteste nachweisbare Gründung der
Habsburger ist, in ihrer Aufzählung des vom Stifter geschenkten
Gutes ein helles Licht in die ältesten Zeiten des habsburgischen Hauses;
ist sie doch neben den Berichten der Acta Murensia weitaus das
wichtigste Dokument der ältesten Geschichte der Habsburger; und da
die Acta Murensia um zwei Jahrhunderte jünger sind, als das, was
sie berichten, ist in dieser gleichzeitigen Urkunde ohne Frage die
wichtigste Quelle zur Urgeschichte der Habsburger erschlossen.
Sie bietet noch einmal die Möglichkeit, die alte vielbesprochene Frage
nach der Herkunft und Abstammung der Habsburger au&uwerfen.
So lockend es sein mag, die eifrigen Forschungen des vorigen und
dieses Jahrhunderts über die Abstammung des Hauses vor dem ältesten
HittbeUoiven vn. 1
2 Schulte.
urkundlich ganz zweifellos gesicherten Stammherrn Guntram wiederum
aufzunehmen, so mag ich doch nicht voreilig dieses Gebiet betreten,
da für eine nutzbringende Untersuchung noch zweierlei fehlt: eine
völlige Ausbeutung der elsässischen und nordschweizerischen Archive
und dann eine sorgfaltige, von Vorurth eilen und Combinationsgelüsten
freie Untersuchung über den Zusammenhang und die Machtverhält-
nisse der elsässischen Grossengeschlechter; ohne diese beiden Voraus-
setzungen würde eine Untersuchung zu den alten Hypothesen ver-
muthlich eine neue aufbauen, die gerade so gut, wie jene, das heisst
auf dem Sande fundamentirt wäre. Meine Aufgabe soll es sein, das
Machtgebiet der ältesten sicher nachweisbaren Habsburger darzustellen
und dann den weiteren Entwicklungsgang der Macht dieses Hauses
im Elsass bis zu den Zeiten der grossen Begierungsthat König Albrechts
zu zeigen, der seinem Notar Burcard von Fricke den Auftrag gab,
ein Urbar des ganzen Besitzes des habsburgischen Hauses im Bhein-
gebiet anzufertigen. Ueber 30 Jahre sind verflossen, seit Franz Pfeiffer
auf Grund der nun in der Fürstl. Fürstenbergischen Hofbibliothek be-
ruhenden Originalhandschrift seine Ausgabe des Urbars veranstaltete,
aber unsere sonst doch nicht so lahme Forschung hat bislang den auf
das Elsass bezüglichen Theil noch immer unbenutzt gelassen. Die
elsässLBche Forschung hat sich ja leider ganz daran gewöhnt innerhalb
der von Schöpfiin und Grandidier erreichten Ziele zu arbeiten, als
wäre es selbst in Einzelheiten unmöglich über sie hinauszukommen.
Angesichts dessen wage ich den Versuch mit Hilfe der unzureichenden
Publikationen eine Geschichte der habsburgischen Macht im Elsass zu
geben, wol wissend, dass selbst in wichtigen Punkten eine Correctur
nicht ausgeschlossen ist. Während ich im ersten Abschnitt die Macht-
stellung der Habsburger bei ihrem Eintritt in die Weltgeschichte
darzustellen versuche, bietet der zweite einen Ueberblick des Zustandes
der elsässischen Besitzungen im Jahre 1303; dem dritten bleibt es
dann vorbehalten, die Besultate aus den beiden ersten Abschnitten zu
ziehen und die zeitliche Lücke zwischen ihnen auszufüllen. Es ist die
Zeit, in der aus der wenig bekannten Familie am Bhein jenes mächtige
Geschlecht geworden war, dem nach dem Interregnum die Kurfürsten
die Wiederbelebung des ersterbenden Reiches übertrugen^).
Eudolf, ,vir illustris'', war der Sohn des Grafen Lanzelin von
Altenburg und der Bruder jenes iladeboto, der nach den Acta Murensia
*) Besonderen Dank schulde ich meinem verehrten früheren YorgeBeizten
Herrn Archivar Dr. Baumann in Donaueschingen, dessen umfiassende Kenntnisse
mir die Arbeit vielfach erleichterten.
Habsburger Studien L 3
mit seiner Gemahlin Ida und dem Bischof Wernher von Strassburg das
Kloster Muri begründete^). YonBudolf, dem Gründer Ottmarsheims, be-
richten die Acta Murensia, dass er mit seinem Bruder Badbot wegen der
Theilung der in der Schweiz liegenden Besitzungen in Streit gerathen
sei und die Besitzungen um Muri geplündert habe, ohne seinen Zweck
erreicht zu haben. Das ist da die angebliche Erwähnung Budolfs in
einer Urkunde ganz falsch auf ihn bezogen ist, alles was wir ohne
seine Beziehungen zu Ottmarsheim von ihm wissen würden^). Das
Material für die Geschichte Ottmarsheims ist nun ebenfalls sehr dürftig.
Wol schon 1272, als das Kloster von den mit Graf Budolf yon Habs-
barg yerfehdeten Neuenburger Bürgern durch Feuer vernichtet wurde <^),
ist auch das Archiv zum Opfer gefallen^). So sind nur drei Urkunden
aus dieser älteren Zeit, die Bestätigungsurkunde seitens Heinrich IV.
vom 29. Januar 1063^), die gleichen Inhalts von Eugen III. vom
21. Mai 1153®), welche von Schöpflin aus dem Baseler Stadtarchiv
veröffentlicht wurden, erhalten; beide berufen sich auf eine leider
nicht erhaltene Papst Leo's IX. Zu ihnen kommt dann die jüngst
aufgefundene Urkunde Heinrichs IV. vom 1. März 1064. Schon in
den beiden ältesten Urkunden wird der Stifter als gestorben bezeichnet
seine Witwe Kunigund tritt in den Vordergrund^). Für die Zeit der
Gründung des Klosters erhalten wir aber eine andere Bestimmung
durch die Angabe, dass das Kloster Papst Leo IX. bereits einweihte.
*) VgL die neue Ausgabe der Acta Murensia in Quellen zur schweizerischen
Geschichte IE, Abt 8 Muri S. 18 und 19. *) Herrgott: Gen. Habsb. IL 1.
S. 102— los. In der Schenkung des Grafen Pircelo ftlr daa Kloster Sukberg vom
28. MSrz 1010 ist der zweite Zeuge Budolf comes. Dafür, dass dieser Budolf
identisch mit dem Gründer von Ottmarsheim ist ein Beweisgrund nie erbracht,
gleichwol ist das mei»t Herrgott geduldig nachgeschrieben. Es kann aber gar
nicht der Habsburger Rudolf gewesen sein, da dieser nicht Graf war und schwer-
lich, da seine Witwe noch 1064 lebte, schon 1010 als Zeuge vorkonunt. *) An-
nales Basilienses. M. G. SS. XVII, 195. ^) Nach gütiger Mittheilung des Herrn
Archivdirectors Dr. Pfannenschmidt in Colmar ist das älteste dort erhaltene Do-
cument von Ottmarsheim ein Regest einer Urkunde von 1288 in einem fdten
Inventare der Abtei von 1586 (Abtei Ottmarsheim C. Nr. 15). *) Abgedruckt
Schöpflin Als. dipL I nr. 216 Stumpf Nr. 2618. Der Ort Ottmarsheim wird zuerst
881 in einer Schenkung fQr das Kloster Murbach erwähnt, »a. a. 0. I nr. 78 mit
dem irrigen Datum 801. «) a. a. 0. I nr. 684 Jaffi§ 6723. Die betreffende
Urkunde scheint vorwiegend im Interesse gegen den Vogt von der Aebtissin
Euanchildis erbeten zu sein. ^) Der Wortlaut der Urkunde von 1068 ist unklar.
Man hat aus dem Satz : Kunigundis cujus tunc thalamo utebatur, schlienen wollen»
ei sei die Kunigundis vor Rudolf gestorben, da aber diese in der Urkunde von
1064 als Witwe und noch lebend aufbritt, so ist jener SatK vielmehr so au&u-
£usen, dass auch schon damals Rudolf gestorben war.
4 Schulte.
Leo's IX Beise durch seine Heimat bestand in der reichsten Ausübung
seiner geistlichen Thätigkeit: an vielen Orten weihte er Kirchen und
Altäre, er besuchte die z. T. von seinen Verwandten gestifteten Klöster;
und zu denjenigen, welche Leo IX. in den Schutz des päpstlichen
Stuhles nahm, gehörte auch Ottmarsheim. Wie er dem von seinen
Eltern gestifteten Kloster Woffenheim als Zins die jährliche Darreichung
einer goldenen Böse auflegte, so musste Ottmarsheim för den päpst-
lichen Schutz jährlich eine Albe und ein Superhumerale nach Rom
liefern. Es hat fast den Schein, da ein drittes elsässisches Kloster,
Andlau, für den päpstlichen Gebrauch geeignetes Leinen liefern musste,
als habe Leo IX. auch äusserlich die innige Vereinigung der elsässi-
schen Klöster mit Rom in dem von diesen dargebotenen Zins aus-
drücken wollen. Durch diese Erhebung zutn päpstlichen Kloster ge-
wann das Kloster Freiheit vom Diöcesanbischof, freie Aebtissinnenwahl
und den mächtigen Schutz von Rom^). Trotz dieses Verhältnisses zu
Rom wurde gleichwol eine Vogtei vom Stifter organisirt In den
Bestimmungen über das Vogteiverhältniss der Urkunden, welche wol
auf die Bulle Leo's IX. zurückgehen, ist zweierlei auf&Uend: zunächst
die für diese Zeit ganz seltene Selbständigkeit des Klosters — wird
doch selbst der Aebtissin unter den Erben des Vogtes die Auswahl
gestattet, erhält der Vogt doch nur von dem nach der Gründung er-
worbenen Gute den zwölften Theil; dann zweitens die Bestimmung
über die Erbfolge in der Vogtei; nach dem Tode des Stifters soll zu-
nächst die Witwe, dann einer der Söhne und männlichen Nachkommen
nach der Wahl der Aebtissin und schliesslich eine der Töchter und deren
Erben folgen. Diese Anerkennung selbst der weiblichen Erbfolge setzt
eine tiefe Abneigung gegen die Brüder des Stifters voraus, wie sie durch
die obenerwähnte Erzählung der Acta Murensia bestätigt wird. Wenn
nun aber später die Vogtei doch in habsburgischem Besitze erscheint*),
so muss man annehmen, dass aus der Ehe Rudolfs weder Söhne nodh
Töchter hervorgiengen. Jene Bestimmung über die Vogtei muss also
aus einer Zeit herrühren, wo noch Ho&ung auf eine Nachkommen-
<) Ueber Leos IX, VerhältnisB zu den elBässischen Kirchen vgL meinen Auf-
satz in Martin und Wiegand, Strassburger Studien Band II, 78 ff., wo auch die
vielfach falsch beurtheilten Verhältnisse der »römischen* Klöster dargelegt sind.
*) Sonst wSre die oben erwähnte Verbrennung des Klosters durch die Feinde
Rudolfs von üabsburg ja undenkbar. Auch in dem Vertrag betr. die Theilungs-
Streitigkeiten zwischen Graf Albrecht und Rudolf von Uabsburg nach 1882
(Trouillat, Mon. de Tanc. ^vech^ de Bäle I, 549) wird festgesetzt: »Ze Otmanhein
da enhet graue Albreht noch enhein man der sinre innerhalb dem clostere nut
ze tunne, wann mit des grauen Rudolfs willen unde der vrowen*.
' Habsburger Stadien I. 5
Schaft Yorhanden war. Mit Bücksicht auf die Zeitbestimmung für den
Bruder Budolfs, Badbot i), können wir daher schwerlich die Gründung
nach 1045 ansetzen.
Die Macht und das Ansehen Budolfs zeigt sich am Besten in
den noch heute erhaltenen Bauten des Klosters und dem Grundbesitz,
mit dem er seine Stiftung ausstatten konnte. Zu den interessantesten
Bauwerken des ja sonst schon so reichen Elsasses gehört die alte
Kloster-, jetzt Pfarrkirche von Ottmarsheim. Dass es sich hier um
eine Nachbildung der Aachener PfiEÜzkapelle handelt, erkannte sofort
Schnaase, ganz so, wie dasselbe Vorbild auch auf andern Pfalzhöfen
der Karolinger nachgeahmt wurde. Ist nun aber eine Bauart für
den Gottesdienst eines Frauenklosters ungeeigneter, als die centrale
des Aachener Münsters mit seinem zweistöckigen Umgang um den
Mittelbau? Vergleicht man die Anlage des Aufenthaltsortes der Nonnen
in andern Kirchenanlagen, Nonnenchöre usw. mit dieser Anlage, so
ist es klar, dass kaum eine andere Construction erdacht werden konnte,
welche weniger dem Zwecke entspräche, die Nonnen den Blicken der
übrigen Menge zu entziehen >). Wie das Münster zu Aachen alle
seine andern Nachahmungen und die späteren doppeltgeschossigen
Burgkapellen eben Kapellen zur Hausandacht, Pfalzkapellen waren,
so ist es auch wol bei Ottmarsheim der Fall. Es ist somit höchst
wahrscheinlich uns eine alte habsburgische Pfalzkapelle in der Kirche
▼on Ottmarsheim erhalten und ihre, ftir die damalige Zeit prächtige
*) Nach Eiern in Quellen z. Schweiz. Geschichte lU. S. 7 starb Badbot
wahrscheinlich 1086. *) Bislang hat man freüich die Anlage der Emporen in
der Ottmarsheimer Kirche mit den übrigen Nonnenchoraolagen in Beziehung ge-
setzt, so noch Otte, Handb. d. Idrch. Eunstarchftologie 5. Aufl. I, 96. Aber es
ist doch bei allen Nonnenchoranlagen Grundprincip, sie so anzuordnen, dass die
Nonnen den Blicken der zum Altar (also nach Osten) gewendeten Gläubigen ent-
zogen weiden sollen. Dieses lässt sich am allerwenigsten durch eine centrale
Anlage erreichen. Den üebergang von centraler Anlage zum Westchor bietet der
Nonnenchor im Münster zu Essen; aber da ist ja nur die westliche Hälfte des
Kreisbaues ausgeführt, für die östliche den Blicken der Gläubigen offen liegende
war kein Platz. Vgl. jetzt darüber Humann : Der Westbau der Münsterkirche zu
Eesen im Correspondenzblatt des Gesammtvereina der deutschen Geschichts- und
Alterthamsvereine 1884 Nr. 11. Beim Studium der Ottmarsheimer Eirche ist die
Parallele mit den NonnenchOren nicht angebracht, es ist lediglich der Vergleich
zu ziehen mit den Centralanlagen und den sich daraus entwickelnden Doppel-
kapellen — und diese dienten als Pfalzkapellen. Zu der bekannten Literatur über
dieselben ist jetzt auch die Untersuchung der der Ottmarsheimer Eirche so nahe
▼erwandten Pfalzkapelle auf dem Falkenhof zu Nymwegen von Hermann: Der
Pala«t Eaiser Earls des Grossen zu Nymwegen in Jahrbb. d. Ver. v. Alterthums-
fireonden in den Rheinlanden Bd. 77 hinzugekommen.
6 Schulte.
V
Bauart beweist am sichersten den Beichthum des Hauses^). Es ist
das einzige Beispiel, dass von seiten eines Edlen der Pfalzkapellenstil
des Eaiserhofes nachgealunt wurde.
Der Grundbesitz, mit dem Rudolf seine Stiftung begabte, liegt
in drei yon einander getrennten Gebieten : das Hauptgebiet zu beiden
Seiten des Bheins im Breisgau und oberen und mittleren Elsass, das
kleinere auf der schwäbischen Alb um Ehingen, das zersplittertste
und kleinste im Frick- und Elettgau in den Theilen des schweizerisch-
schwäbischen Juras am Bheindurchbruch. Von ihnen kann nur der
elsässisch-breisgauische und der schweizerische Anspruch erheben, das
Stammland der Habsburger zu sein. Gehen wir nun zur Betrachtung
der einzelnen Ortschaften über'^).
Die Breisgauischen Besitzungen des Klosters Ottmarsheim lagen
in zwei Theilen getrennt. Das eine Stück ist der westliche reben-
bekränzte Abhang des Eaiserstuhls gegen das damals noch auf links-
rheinischem Boden liegende Altbreisach, das zum Reichsgut gehörte,
zu; das andere besteht aus Ortschaften, die zu beiden Seiten der ur-
alten Ton Offenburg nach Basel fuhrenden Strasse, die immer hart
') Vgl. Kraus, Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen II. S. 496—502
mit Grundriss und Querschnitt. Die in der Kirche erhaltenen Wandgemälde
stammen nach Kraus aus dem 18. und 14. Jahrhundert. Die Nachbildung des
Aachener -Münsters ist allerdings eine sehr freie, aber zu bezweifeln ist sie nicht.
') Zur grösseren Bequemlichkeit wiederhole ich aus dieser Zeitschrift Bd. Y S. 406
das Stück der Urkunde, welches die Güter aufzählt -. ,in comitatu videlicet Chuo-
nonis comitis et in pago Alsatia Othmarsheim, Fuetteim, Habuchenesheim, Bichenes-
heim, Balterescheim, Bladolnesheim, Hamelriche&wilare, Bebenwilare cum omnibus
suis appendiciis ; item in comitatu Gerardi comitis Arcenheim, Jebensheim, Prieten-
heim, Scherweilare, Northusen cum omnibus suis appendiciis; item in comitatu
Wemhardi comitis et in pago Mortenua Obemwilire ; item in comitatu Herimanni
comitis et in pago Brisergoviae Bottwilla, Hatcharl, Heiterscheim, Vuinchoven,
Rinchostainenstal (verderbt aus : Rinchostainenstat), Hercincheim (statt: Hertincheim),
PaUinchoven, Raminchoven, Ottlinchoven, Pinizheim cum omnibus suis appendiciis ;
item in comitatu Rudolphi comitis et in pago Scerron Dodemhusen, Dumiwach,
Ehingen, Burchveld, Tagolvingen, Anomutingen cum omnibus suis appendiciis;
item in comitatu Liutoldi comitis et in pago Chletgove Halvo ; item in comitatu
Amoldi comitis et in pago Frichgove Taleheim, Fricho, Ramingen*. Dieselbe
Urkunde, welche diesen reichen Einblick in die Geschichte der Habsburger ge-
stattet, gibt uns im Grafen des Scherragaus auch einen Ahnen der Hohenzollem
kund. Die aufgezählten Güter enthalten auch die Güter, welche die Gemahlin
Rudolfs an Ottmarsheim schenkte (yel quae ipsa eidem monasterio et inibi ser-
▼ientibus contulisset et contraderet), diese sind, wenn sie Erbgut waren, also nicht
ursprünglich habsburgisch. Sie sicher auszuscheiden ist unmöglich; am ersten
möchte ich den Complez im Scherragau für nicht althabsbnrgisch halten, da hier
sonst keine Beziehungen zu den Babsburgem nachzuweisen sind.
Habsburger Studien I. 7
am Fass dea Schwarzwaldes über dessen Vorhügel sich hinzieht, in
dessen südUchstem Theil im heutigen reichen Markgräflerlande liegen
und dort unmittelbar mit den überrheinischen Besitzungen von Ottmars-
heim zusammenstossen. In ganz dieselben Quartiere, zum Theil aus
denselben Orten bestehend, zerfallen die Besitzungen der andern älte-
sten habsburgischen Gründung, Muri, im Breisgau, die freilich nicht
alle direct von den Habsburgem herstammen, die aber diesem Kloster
doch nur deshalb zufielen, weil seine Gründer dort begütert waren.
Dem Kloster Ottmarsheim wurden von dessen Gründer geschenkt
am Kaiserstuhl Besitzungen in den beiden uralten Orten Niederroth-
weil (Bottwilla) und Achkarren (Hatcharl). Auch die Besitzungen des
Klosters Muri in diesen beiden Orten gehen auf althabsburgischen
Besitz zurück. Nach den Acta Murensia war der Haupttheil zuerst
Tom Grafen Adelbert II (oder L?) an das Kloster yerpföndet, einen
guten Weinberg daselbst gab Berinherus de Rotwile, der als miles
Adelbercti, comitis de Habspurg bezeichnet wird^). Auf diesen Besitz
legte das Kloster einen ganz besonderen Werth^).
In Achkarren gehörten Muri zwei Aecker, die ihm von Judenta,
Gemahlin des Grafen Adelbert IL geschenkt waren ^). Von Adelbert
selbst scheinen auch in dem am so. Abhang des Elaiserstuhls ge-
legenen Oberschaff hausen 18 mansi dem Kloster Muri gegeben zu
sein^). In all den genannten Orten besassen aber neben Muri und
Ottmarsheim auch noch zahlreiche andere Klöster Besitzungen, ohne
dass sich jedoch eine Beziehung der Schenkgeber zum habsburgischen
Stamme nachweisen liesse.
Im Markgräflerland hatte dann Ottmarsheim Güter in Heitersheim
(Heiterscheim), Bheinsteinenstadt (Kinchostainenstal), das Ottmarsheim
gegenüber auf dem rechten Kheinufer liegt, den anstoss^nden Ge-
meinden Hertingen (Hercincheim , wol verderbt aus Hertincheim)
und Bellingen (Fallinchoyen) südlich von Schliengen, und den drei
Orten des Kanderthals Bummingen (Baminchoven), Oetlingen (Ottlin-
<) YgL Acta Murenda S. 91— 94. VgL dazu die vortreffliche Karte über den
Besitz von Mtiri. *) a. a. 0. 8. 94. Hoc ergo predium necesse est, ut firmiter
custodiatar, quia cum masimo labore huc acquidtam est. *) a. a. 0. S. 95.
Acharlon ist ohne jeden Zweifel Achkarren, nicht wie in der Anmerkung auch
als möglich vorausgesetzt wird, Auggen. *) a. a. 0. S. 95. Der Zusammenhang
der Stelle ist schwierig. Bei 8chafhusen heisst es, quos simul tradiderat sancto
Martino predictus Adelbertus, nun ist aber als zuerst übergeben genaimt Achkarren,
nicht das im Argau liegende Göslikon. Man mnss also wol entgegen der Deutung
des Herausgebers das Schaf hausen in der Nähe von Achkarren, nicht im Ai-gau
suchen. Vielleicht ist aber nicht an Oberschaffhausen, sondern an das an der
Nofdseite des Eaiserstuhls belegene Dorf Eönigsschaffhausen zu denken.
8 Schulte.
choven) und Binzen (Pinizheim). Ein in der Beihenfolge zwischen
Heiterheim und Bheinsteinenstadt genanntes Vuinchoven ist nicht mehr
zu bestimmen^).
Von den Muri^schen Gütern in dieser Gegend gehen auf eine
habsburgische Schenkung die Besitzungen im Dorfe Ballingen (Böllikon
der Acta Murensia), die die Habsburger von einer reichen Frau Berklint
erworben hatten; von andern Besitzungen zu Wettelbrunn (Wetil-
brunnen) und Seefelden (Seveld) bei Heitersheim, dann zu Müllheim
(Mülheim), Schliengen (Sliengen) und Holzen (Holzikon) wissen wir
den Schenker nicht anzugeben, wenn nicht die auf das Gut zu
Schliengen zunächst gehende Angabe, dass es von einem Freien Budolf
gegeben wurde, auch auf die andern Güter zu beziehen ist>). Besitzungen
in Muschon hat, wie mir scheint, man mit Unrecht in dem Dorfe
Manchen bei Steinenstadt gesucht^). Da alle genannten Orte mit
Ausnahme von Holzen in einer Gegend liegen, in denen im Mittel-
alter, wie heute, der Weinbau im ausgedehntesten Masse gepflegt
wurde, so ist schon sehr frühe eine starke Theilung des Grundbesitzes
anzunehmen und kann es daher nicht Wunder nehmen, dass schon
um 1050 und etwas später in diesen Orten auch andere benachbarte
Klöster Besitzungen hatten. Wenn so nun aber die Besitzungen des
Klosters Ottmarsheim und die sicher auf habsburgische Schenkungen
zurückgehenden Güter Yon Muri beinahe einen geschlossenen Bezirk
bilden — selbst die Güter, deren Schenker wir nicht kennen, dürfen
wir wol als habsburgisches Machtgebiet einbeziehen, da doch Muri,
das entlegene Kloster, diese Güter nur deshalb geschenkt erhielt, weil
die Verbindung durch die Habsburger bestand — so kann kein Zweifel
sein, dass in diesen breisgauischen und den gegenüberliegenden
elsässischen Besitzungen ein altes Machtgebiet der Habsburger nach-
gewiesen ist.
Zu Budolf Ton Habsburgs Zeiten begegnet uns nur noch eine,
allerdings sehr wichtige Besitzung auf dem rechten Bheinufer in dem
*) Die alte Form yon Hertingen heiast nioht Hartingim, wie za erwarten
wäre, sondern Hertingheim in Urkunde von 1180 bei Schöpfiin, Hist. Zar. Bad.Y,
69, wie überhaupt in dieser Gegend mehr&cb die beutige Endung ingen aus
ingbeim oder ingboyen bervorgegangen ist. Bellingen beisst 1005—1006 Bellinkon,
das auf die filtere Form Balhncboyen zurückgebt, s. Schweiz. Urkundenregister
Nr. 1209. Bunmiingen beisst in der Urkunde yon 764 für St. Denis: Romanincboya.
Neagart, Cod. dipl. I, nr. 41; Oettün^en 1270 Otlikon. Neugart a. a. 0. II,
nr. 1004; Binzen 764: Binusbaim a. a. 0. I nr. 41. 807: Pinuzbeim. Wartmann
I, 185 usw. ') Acta Mur. a. a. 0. 8. 90 ff. Die Identität yon Böllikon mit
Bellingen, dem Pallincboyen der Ottmarsbeimer Urkunde stebt fest, da BOllikon
ak unmittelbar am Rhein gelegen bezeicbnet wird. ") a. a. 0. S. 95 Anm. 6.
Habsburger Studien I. 9
Besitze der Habsburger^). Ob die Limburg bei Sasbach am Kaiser-
stahl altbabsburgisches Gut oder vielleicht später aus zahringischer
Erbschaft an sie gelangte, ist schwer zu entscheiden. Die Limburg
liegt an der Westseite eines vom Kaiserstuhle vorgeschobenen Berges,
an dessen Bande der Bhein hart vorbeifliessi Sehr bedeutende Beste
lassen noch den Zweck der Burg deutlich ersehen'). Auf halber Höhe
des Berges liegt die Hauptburg, durch einen tiefen Burggraben von
dem oberen Theile des Berges getrennt. Unterhalb dieser Hauptburg,
von der eruige Mauern noch bis zur Giebelhohe erhalten sind, ziehen
sich die Yorbefestigungen in verschiedenen mindestens drei Etagen
zum Bhein herab, der hohe Bergrücken im Osten schliesst die Burg
ganz vom Breisgau ab und nur zu dem Flachlande des Elsasses ist
ein freier Ueberblick. Die ganze Anlage der Burg beweist, dass sie
wesentlich zu dem Zwecke angelegt war, den Bhein und seinen Handel
zu beherrschen. Von Basel bis Strassburg gibt es nur die drei Punkte,
welche einen weiten Ueberblick über den Bhein gewährend, mühelos
den Handel auf ihn sperren können: Breisach mit dem Uesenberg,
der Stammburg des bekannten Geschlechtes gleichen Namens, die un-
bedeutende Burg Sponeck, die sich später im hachbergischen Besitz
befand 3), und die Burg Limburg. Die populäre Geschichtschreibung
lässt auf letzterer König Budolf geboren sein^). Aber dieser Bericht
gehen auf Birken zurück, dem dann alle späteren ohne Prüfung
nachgeschrieben haben. Die Angaben, welche sich über die Limburg
erhalten haben, sind nicht so leicht zu combiniren.
Budolf L Graf von Habsburg-Laufenburg versprach 1239 beim
Abschluss der Ehe seines Sohnes Gottfried, den er mit einer Tochter
des Grafen Egiao von Freiburg verlobte, seiner Schwiegertochter die
Hälfte der Burg Limburg mit 60 Mark Einkünften zu geben ; er sagt
ausdrücklich, dass er das „de patrimonio meo* besitze^); wenn nun
andererseits 1240 der spätere König Budolf auf derselben Burg eine
Urkunde ausstellt*^), so ist wahrscheinlich bei der Theilung zwischen
der älteren und jüngeren habsburgischen Linie die Burg Limburg im
0 In Endingen hatten noch 1219 die Habsburger Besitzungen. Vgl. die
Urkunde bei SchÖpflin Historia Zaringo-Badensis Y, 152. ') Vgl. die Abbildung
in Baders Badeuia 1840 ü, S. 261 und Baders Auftatz daselbst. ') 1G05 er-
scheint sie im Besitz der Hachberger, Schöpflin, Bist. Zaringo-Badensis V, S20
▼gL 821. SS2. 8S8. *) Vgl. Birken, Spiegel der Ehre des Hauses Oedterreich I, 6.
^) ^gl- FQrstenbergisches Urkundenbuch I, 177—179. »medietatem castri de Lim-
berch cum appenditiis suis ad reditus sezaginta marcaruni de patrimonio meo*.
Dazu Riezler, Gesch. d. Hauses Fürstenberg 8. 101, 102. «} 1240 April 15—21»
bei Herrgott: GeneaL U, 259.
10 Schulte.
gemeinsamen Besitze verblieben; blieben ja doch andere Theile des
allerältesten Besitzes der Habsburger ganz oder doch aaf Lebenszeit
der Theiler zusammen : so die Landgrafschafb im Oberelsass, die Bechte
am Kloäter Ottmarsheim und der Hardtwald'). Ein in Urkunden
häufiger vorkommender »Vogt von Limburg* war wol der habsbur-
gische Burgvogt 2). Eine Urkunde von 1300*) zeigt, dass die Habs-
burger längst nicht mehr im Besitz der Limburg waren. Damals
Hessen die Bitter von Bergheim die Burg Limburg dem Grafen Egen
von Freiburg auf, um sie von ihnen zu Lehen zu nehmen. Der Vater '
der Bitter, Herr Cune von Bercken hatte sie »umb den edlen Herrn
Graven Budolphen von Hapspurg* gekauft. Dieser Graf Budolf ist
nun entweder der obengenannte Stifter der Laufenburger Linie, oder
der spätere König Budolf. Ersterer starb aber schon 1248, der Käufer
lebte aber noch 1300, wie die Urkunde beweist; ist letzterer gemeint,
60 muss der Verkauf vor 1273 stattgefunden haben, da in der Ur-
kunde der Verkäufer nur als Graf bezeichnet wird. Noch verwirrter
wird die Geschichte der Burg durch die Urkunde von 1281*), in der
die Burg vom Grafen Egen von Freiburg an den Grafen Eberhart
von Habsburg-Laufenburg gegeben wird, in der Absicht die Burg bei
der bevorstehenden Fehde in die Hand eines Unparteiischen zu bringen.
Die einfachste Lösung würde die sein, dass 1281 die Habsburg-Laufen-
burger noch einmal in den Besitz der Limburg kamen, dass dann
später von ihnen, speziell vom Grafen Budolf (1270 bis 1315) die
Herren von Bergheim sie erkauften, um sie dann von den Freiburgem
zu Lehen zu nehmen.
*) Vgl. Kopp: drittes Buch S. 582 bis 588. Man könnte glauben, die Ur-
kunde sei gar nicht vom späteren König Rudolf, sondern von dessen Oheim, dem
Grafen Rudolf von Habsburg-Laufenburg ausgestellt — die Consequenzen für die
Geschichte der Limburg ergäben sich von selbst — und in der That steht der
Inhalt der Urkunde dem nicht entgegen, aber da nach Ueirgott das anhängende
Siegel (abgebildet bei ihm Tab. 17 nr. 7) das des späteren Königs ist, eine jüngere
Untersuchung über die Siegel der Habsburger aber nicht vorliegt, und nach der
Bemerkung des Grafen Pettenegg (Zeitschrift, Adler IX, 88 Anm. 1) auch
für die nächste Zeit unmöglich ist, so bleibt die Sache unentschieden. ') »Advo-
catus de Limperc* Zeuge in der Schenkungsurkunde des Markgrafen Heinrich
V. Hachberg fiir Kloster Thennenbach 1281. Schöpflin Hist Zar. Bad. V, 180.
DerFclbe advocatus de Limperg (der vogit von Limpurch) wurde 1255 von den
Herren von Weissweil zum Schiedsmann erwählt in einem Streite, den sie mit
dem Kl. Thennenbach hatten. Schöpflin a. a. 0. V, 226. 228. In der letzteren
Urkunde ist Graf Rudolf von Habsburg MitauKsteller. Der »advocatus de limberch*
auch Zeuge in der S. 9 Anm. 5 erwähnten Urkunde von 1289. *) Bei Bader
-a. a. 0. 8. 268 nach dem schlechten Druck Besolds. *) Oberrhein. Zeitschf!^.
Xt 99* 1281 August 4.
Habsburger Studien I. 1 1
Auch die ältere Geschiclite der Limburg bietet grosse Schwierig-
keiten dadurch, dass sich in älterer Zeit die Zähringer der badischen
Linie comites de Linthburg nennen. Mehrfach hatte man diese Be-
zeichnung auf die Limburg am Kaiserstuhl bezogen^), aber wenigstens
hierin kann ich mit Caspart^) übereinstimmen, dass unter der Lint-
burg der Zähringer die Limburg bei Weilheim (wiri OA. Korchheim)
zu verstehen ist. Möglich wäre es ja allerdings, dass die Burg am
Bhein nach jener älteren auf der rauhen Alb benannt wäre; aber
dagegen bleibt doch einzuwenden, dass die rheinische Limburg im
13. Jahrhundert meist Limberg hiess^). Es ist also ein zähringischer
Besitz der Burg nicht nachzuweisen; die Limburg kann also ein
Seat althabsburgischen Gutes sein, der letzte Best einst sehr ausge-
dehnter Güter auf dem rechten Bheinufer, der am Ende des 13. Jahr-
hunderts in die Hände der den Habsburgem treu anhängenden Berg-
heimer übergieng. Die stattlichen Beste der Burg bieten nur wenige
architektonische Verzierungen, die zur Bestimmung des Alters der
Baureste dienen könnten; was sich davon erhalten, geht nicht über
die spätgothische Zeit zurück; auch fand sich keine Spur von Ver-
wendung der Buckelquadern, die sich aber auch nur ganz spärlich
an den Breisacher Bauten verwandt finden. Die Eaiserstuhler Be-
festigungen sind aus dem unmittelbar zur Hand befindlichen Material
erbaut, das eine architektonische Gliederung nicht zulässt. Der Besitz
der Limburg, die f&r eine grosse Besatzung Baum bot, sperrte den
Rhein und bot zugleich den nördlichsten Ausläufern der habsburgischen
Besitzungen auf dem linken Bheinufer Schutz.
Bedeutend länger würde sich ein Best der Besitzungen der Habs-
burger im Breisgau erhalten haben, wenn die St. Trudperter Urkunden
«) Vgl. Stalin (Vater), Wirtemb. Geschichte I, 511. 551. und Stalin (Sohn),
Gesch Würtembergs I, 887 lassen die Frage unentschieden. *) »Die Urheimat
der Zähringer auf der schwäbischen Alb' in Württ. Vierteljshefte f. Landesgesch.
in, 224. *) In der einen oben erwähnten Urkunde von 1258 heisst die Burg
aber schon limpurch, und andererseits heisst die Burg auf der rauhen Alb ebenso
in älterer Zeit bei Chronisten: »Lintberg* s. StäHn (Vater) a. a. 0. I, 511. Wenn
ßtälin a. a. 0. daraui au^erksam macht, dass das bei Limburg gelegene Teck in den
Besitz der Nachkommen des herzoglichen Zweiges der Zähringer kam, die badische
Linie derselben aber sich anfangs dennoch nach einer Limburg nennt, so ist darauf
zu erwidern, dass wir mit solcher Genauigkeit die Trennung der Güter zwischen
den beiden Linien nicht nachweisen können, aber wissen, daes auch der badische
Zweig auf der rauhen Alb Güter erhielt. Dazu kommt, dass auf der Burg bei
Teck der Herzog Berthold L von Zähringen seine Tage beschlossen hatte, als er
alles ringsum durch Heinrich IV. verwüstet sah. S. Stalin I, 511. War dieses
Limburg des Vaters ultimum refiigium gewesen, so war es doch wol eine der
Hauptburgen, nach der man dann das Geschlecht benannte.
12 Schulte.
echt wären. Seit der sorgfältigen Edition von Weechs kann man aber
nicht einer von den vielen Trudperter Urkunden, Vielehe den Namen
von Habsburgern bringen, mehr recht trauen. Ganz offenbar haben
sich die Trudperter, vfol um 1300, die Verbindung mit den Habs-
burgern in Urkunden zurechtgefalscht, um deren Schutz zu erhalten^).
Ein kleines Stück der Ottmarsheimer Besitzungen lag in der
Ortenau; v^ir können aber nicht bestimmen, welches von den vielen
»Oberweiler* unter » Obern wilire* gemeint ist.
Die Hauptmasse der in der oberen Grafschaft Elsass dem Kloster
Ottmarsheim geschenkten Güter liegen rings um den grossen Hardt-
wald, der noch heute den grössten Theil des Gebietes zwischen 111
und Bhein von Basel abwärts bis Büstenhart südlich Neubreisach
einnimmt^). Wie der andere grosse Forst der elsässischen Tiefebene,
der Hagenauer Forst, zuerst den Mittelpunkt der Macht der Lützel-
burger Grafen und dann deren glücklicher Erben, der Staufer selbst,
bildete, so werden v^ir sehen, dass auch dieser Forst im Centrum der
elsässischen Allodialgüter des habsburgischen Hauses liegt Der ganze
ausgedehnte Forst war ursprünglich Beichsforst gewesen, bis ihn 1004
1. Juli König Heinrich IL der Baseler Kirche unter Zustimmung der
nutzniessenden Nachbarn schenkte^). Wenn auch noch zweimal von
Kaiser Konrad und dann von König Heinrich IIL diese Schenkung
erneuert wurde*), so waren es doch die Habsburger, welche von dieser
Schenkung den Nutzen zogen. In dem Theilungsvertrag zwischen
Graf Albrecht von Habsburg und Graf Budolf von Habsburg-Laufen-
burg um das Jahr 1239 war es völlig unklar, ob „diu Hart elliu
sament egen" sei oder ob sie zur Grafschaft gehöre, oder ob sie Lehen
sei^). Jedenfalls wurde seit dieser Zeit der Wald als AUod angesehen
und behandelt. Von den Ottmarsheimer Gütern lagen zwei Budenheim
(Puetteim) und Biodesheim (Bladolnesheim) südlich und nördlich von
Ottmarsheim an der Strasse, welche an Stelle der alten grossen, noch
heute z. T. erhaltenen Bömerstrasse Strassburg und Basel unmittelbar
dem Lauf des Bheins folgend verband. In Budenheim wurde um 1111
^) Zeitschrifb f. Gesch. des Oberrheins Band 80: ȟrkundenbucb des Bene-
diktinerklosters St. Trudpert 76 ff. Es bandelt sich vor allem um Eigenleute im
Thal von Si Trudpert und im Britznachthal. ') Er ist noch heute SO Kilo-
meter lang und im Mittel 6 Kilometer breit, vgl. die vortreffliche Karte in Kraus :
Kunst und Alterthum in Elsass Lothringen Bd. II zu Seite ISO. ') Vgl. den
Abdruck der Urkunde bei Trouillat, Monuments de Tanden 6v§oh6 de Bfile I,
145: »quendam iuris nobtri in Alsatia saltum* Stumpf nr. 1889. *) Die Urkunde
Konrads nicht erhalten, die Heinrichs III. von 1040 April 26 bei Trouillat I. 167
Stumpf, 2174; letztere beruft sich auf erstere. ») Vgl. den Vertrag bei Trouillat I,
549. Herrgott Genealogia II, 1, 255.
Habsbarger Stadien I. 13
ein Habsburger Graf Otto II. vonHesso von üsenberg in seinem eigenen
Hause ermordet i). In gleicher Weise lagen an der andern von Basel
über Colmar nach Strassburg fahrenden Strasse, die wie jene andere
den ostlichen, den westlichen Band des Hardwaldes begleitet, die
Ottmarsheimer Orte Habsheim, dessen Name Habuchenesheim unwill-
kührlich an den der Habsburg erinnert*), Bixheim (Bichenesheim)
und Baldersheim (Balterescheim). So war also das mittlere Stück des
Hardwaldes von habsburgisch-ottmarsheimischen Gütern umgeben, und
dass hier nicht sämmtliche Güter an Ottmarsheim geschenkt wurden,
beweist ausser dem Aufenthalt Graf Ottos IL in Budenheim auch der
zu Hüningen unterhalb Basel erfolgte Tod des Sohnes Badbots Adal-
bert, der ein Drittel dessen, was er zu Hüningen besass, an Muri gab').
Somit dürfen wir yiel eher annehmen, dass die von Budolf geschenkten
Güter nur ein Bruchtheil der habsburgischen Güter dieser Gegend
waren. Der Vergleich mit dem späteren, im habsburgischen Urbar-
buch fixirten Besitz und den urkundlichen Nachrichten wird lehren,
was hier als althabsburgisch, was als jüngere Erwerbung anzusehen
ist. Im Oberelsass wurde Ottmarsheim auch noch in zwei Orten be-
gütert, Ton denen der erste später wiederum im habsburgischen Be-
sitze erscheint: in Ammerschweier (Hamelricheswilare) und dem nahe-
liegenden Benweier (Bebenwilare).
Im Niederelsass, in der Grafschaft des Grafen Gerhard, erhielt
Ottmarsheim durch seinen Stifter in 5 Ortschaften Besitzungen: in
Arzenheim (Arcenheim), Jebsheim (Jeben«heim), dem abgegangenen
Breitenheim bei Heidolsheim (Prietenheim), Scherweiler (Scherwilare)
und Nordhausen nördlich Erstein (Northusen). Die drei erstgenannten
Orte stossen fast an die habsburgischen Besitzungen, wie wir sie aus
dem ürbarbuch kennen lernen werden. Aber in späterer Zeit finden
wir in keinem der genannten Orte eine Spur habsburgischer oder
ottmarsheimer Kechte; nur Scher weiler, das in weinreicher Gegend
am Fuss der Vogesen liegt, ist auch später wieder habsburgisch und
in Nordhansen schenkte erst König Budolf noch als Graf 1258 die
>) VgL Acta Murensia a. a. 0. S. 40. Die Reste des alten Schlosses sind
1865 abgetragen, der Ort selbst ist schon lange eingegangen. ') Die älteste
Form heisst Habahineshaim 757. Wartmann St. Gall. Urk.-Buch I, 25. Der Name
der Habsbarger geht auf Habicht zurück, wie Falkenstein, Falkenberg, Habsberg
(^= Habichtsberg), während der Ortsname Habsheim auf einen Personennamen
zurückgeht. Später hatten in Habsheim Besitzungen St. Alban in Basel und
St. Ursanne. Vgl. die betr. Urkunden bei Trouillat im Band L ') Acta Murensia
S. S5. »Frater quoque Adelberctus com moriturus esset ad Hönigin remisit tertiam
partem suam, quam possederat in loco isto, et de defnuctus est*.
14 Schulte.
letzten Besitzungen des Hauses an die hier schon reich begüterte
Strassburger Domkirche ^). Es wird durch das Bekanntwerden
unserer Urkunde zugleich auch eine weitere viel ventilirte Frage ent-
schieden. Durch die Untersuchung A. Schrickers ist bereits die Grenze
zwischen Ober- und Unterelsass, zwischen Maxima Sequanorum und
Germania prima, welche sich auch hier mit der der geistlichen Be-
zirke, der Erzbisthümer Mainz und Besan9on deckt, soweit sie im W.
der 111 liegt, definitiv festgestellt, im 0. derselben zum Bhein hin
gibt noch Schricker der Grenze einen andern Lauf, als die Diöcesan-
grenzen ihn haben, und rechnet Arzenheim und Jebsheim noch zum
Elsass. Aber dass sich auch hier die alte Grenze in der kirchlichen
Grenze erhalten hat, ist jetzt klar zu Tage liegend^).
Die Besitzungen des Klosters Ottmarsheim im Scherragau (in pago
Scerron in comitatu Budolphi) sind schwerlich ein althabsburgischer Be-
sitz. Die Orte Dotternhausen (Dodernhusen württ. OA. fiottweil), Ehin-
gen (Ehingen), Burgfelden (Burchveld), Thailfingen (Tagolvingen) und
Onstmettingen (Ansmutingen) (alle württ OA. Balingen) bilden zwar ein
fast geschlossenes Gebiet, aber da sonst sie ganz zwischen zoUern^schen
und hohenbergischen Besitzungen eingeklemmt, welche an diese wol von
dem Geschlechte der Unruchinger (Achalm, Urach, Ereiburg, Fürsten-
berg) kamen, sich auch sonst keine Spur anderer habsburgischer Be-
sitzungen nachweisen lässt, so bleibt nichts anderes anzunehmen, als
dass diese Güter durch eine Heirath in den Besitz der Habsburger
kamen, die mit ihnen, weil zu weit entlegen, das Kloster Ottmars-
heim ausstatteten. Das Kloster behauptete seinen Besitz bis in die
Mitte des 15. Jahrb., wo die Aebtissin Adelheid von Flachslanden den
Kirchensatz zu Burgfelden mit den Dinghöfen zu Burgfelden, Dürr-
wangen und Dotternhausen, sowie Gülten zu Burgfelden, Laufen,
Pfefifingen, zwei Filialorten von Burgfelden, und Dürrwangen an Wolf
von Bubenhofen yerkaufte. Leibeigene zu Dürrwangen und das
Zehentlein zu Pfeffingen hatten die Grafen yon Zollern-Schalksburg
Yom Kloster zu Lehen und wurden von diesen mit der Herrschaft
Schalksburg 1403 an Wirtemberg verkauft^).
>) Vgl. die Notiz über diese ungedruckte Urkunde in Wiegand, Strassburger
Urk.-Buch Bd. I, S28, S9. In Nordhausen war ein Centralpunkt der Kapitels-
gutfiverwaltung schon lange vorher, wie aiu dem Donaueschinger Anniyersarien-
buch des MüuBters hervorgeht ') Vgl. Schrickers Aufsatz: Aelteste Grenzen
und Gaue im lülsass, in Martin und Wiegand : Strassburger Studien II mit 4 Karten.
Vgl. dazu die Karte des Baseler Bisthums bei Trouiilat Band V , die aber nicht
ohne viele Fehler ist. ') VgL Beschreibung des Oberamts Balingen Stuttgart
1880 SS. 220. 280. S12. S18. 820. 416. 483. und Mon. Zoll. I nr. 480.
Habsburger Studien I. 15
Ein ganz besonderes Interesse bieten die allerdings nnr unbe-
deutenden Besitzungen, welche das Kloster Ottmarsbeim von seinem
Stifter im Elettgau erhielt Nur in dem Dorfe Hallau (Kant Schaff-
hausen) wurde es begütert; aber wir erhalten dadurch den Beweis,
dass die Habsbarger auch hier Besitzungen erhalten und somit ist es
wol wahrscheinlich, dass der comes Badeboto, der 1023 als Graf im
Klettgau vorkommt^), mit dem comes Badeboto de Altenburg der
Acta Murensia identisch ist^). Man hat dagegen geltend gemacht,
der Name Badeboto sei sehr häufig, er ist im Gegentheil sehr selten 3).
Wenn nun Altenburg am Bhein als Gerichtsstätte des Klettgaus nach-
zuweisen ist^), so sehe ich wirklich keinen Grund mehr, die Identität
der beiden Badeboto zu bezweifeln. In der Kaiserurkunde heisst er
nach seiner Grafschaft, in dem jüngeren Berichte des Historikers nach
der Gerichtsstätte, wie das ja bei vielen Grafengeschlechtern der Fall
ist War Badbot also auch Graf des Klettgaus im Jahre 1023, so
ging die Grafschaft doch nicht auf seine Erben über; denn schon
1045 erscheint ein Graf Ulrich s), dem dann 1064 ein Liutold folgte ß).
Diese beiden Namen kommen aber in der älteren Zeit niemals in der
habsburgischen Familie vor. Liutold war ein verbreiteter Name im
Klettgau, er erscheint dort bei den Freiherrn von Weissenburg und
Krenkingen und der ältesten nach Stühlingen sich nennenden Familie*^).
Die Besitzungen von Ottmarsheim im Frickgau umfassen zwar
nur drei Ortschaften : Thalheim (Talcheim), Frick (Fricho) und Bemigen
(Bamingen), (alle Kant Aargau) ; sie sind aber von um so grösserem
Interesse, da sie sich unmittelbar an das sogenannte „Eigen'' an-
scbliessen, das man bislang als die einzige Heimat der Habsburger
ansah.
<) Schenkung Heinrichs IIL an Rheinaa vom 29. Okt. 1028 über Wizzinburc,
aitom in pa^o Chiegeuwet in comitatu vero Radebotinis comitis*. Jetzt Quellen
zur Schweiz. Gesch. III, 2, 48. *) Der comes Badeboto erscheint als Sohn des
Laozelinus, comes de Altenburg. ') Vgl. y. Liebenau a a. 0. 121. Anm. 22.
Bei Uidber linde ich den Namen nur dieses einmal, bei Neugart finde ich ihn
nach 1000 überhaupt nicht mehr. *) 892 Febr. lä. Hidber Nr. 854. Quellen
zur Schweiz. Cresch. III. 2, Sl. Ich weiss sehr wol, dass man imter Altenburg
auch das im habsburgischen »Eigen* belegene Dörfchen Altenburg verstanden
hat. Dafür sind aber zwingende Gründe nicht beigebracht. ') Heinrich III.
für Schaffhausen 1045 Juli 10 >in comitatu Odalrici comitis atque in pago Chlet-
gouri*. Quellen z. Schweiz. Gesch. III. Abth. 1 S. 4. ^) s. oben S. 6. Anm. 2.
f) Die Gra£9chafUyerbäItnisse im Klettgau und Albgau liegen ganz im Unklaren.
Man entbehrt da schmeizlich Baumanns Graugrafschaften im Württembergischen
Schwaben.
16 Schulte.
Ehe ich die Darstellung der Gründungsgeschichte des Klosters
Ottmarsheim beschliesse, muss ich aber noch einmal auf die verwandt-
schaftlichen Beziehungen, seines Stifters Budolf eingehen, da jüngst
von einem so vorsichtigen Forscher, wie Theodor von Liebenau in
einer Studie über die Anfange des Hauses Habsburg ^) die Behauptung
aufgestellt wurde, Budolf gehöre nicht zu den Habsburgern. Bei
dieser Untersuchung muss ich dann leider auch, so gern ich es ver-
miede, auf die kompliderte Frage nach Alter und Werth der Acta
Murensia eingehen >).
Mit Liebenau stimme ich zunächst darin überein, dass Bischof
Wernher I von Strassburg, nicht wie die Acta Murensia zu behaupten
scheinen^), ein Bruder des Herzogs Theodorich von Oberlothringen,
und Schwager des Habsburgers Batbod, sondern selbst ein Habsburger
und zwar gerade derjenige ist, der den Grund zur Blüthe dieses Hauses
legte. Zu seiner Beweisführung hätte ich noch zwei Momente hinzu-
zufügen: Einmal erscheint das Gut, welches Bischof Wernher zur
Begehung seines Jahresgedächtnisses an das Strassburger Münster
schenkte, inmitten des Gebietes, welches in der Ottmarsheimer Grün-
dnngsurkunde und später wieder als habsburgisch erscheint^); dann
<) Jahrbuch des heraldisch-genealogischen Yereins »Adler* in Wien 9. Jahr-
gang 1882. S. 119. *) Nach Fertigstellung des Textes geht mir Eiem*s Ent-
gegnung auf »die Anfönge des Hauses Uabsburg* von Dr. Theodor von Liebenau
(aus Zeitschrift des »Adler*) zu. Um mich nicht unnöthig in diese Privatfehde zu
mischen, habe ich nur das für meine Beweisführung Nothwendige noch hinzuge-
zogen. ^) Die Acta Mur. bezeichnen: Ita als so<Tor Theodrici ducis ac Wern-
harii Argentine civitatis episcopi; später: a fratre suo Wemhario episcopo
(a. a. 0. S. 19.). Kiem will, um die Uebereinstimmung der Acta Murensia und
der gefälschten Strfiiungsurkunde von 1027 zu retten, soror und f rat er als
Schwager und Schwägerin übersetzen. Das geht aber unmögUch, da dann an der
ersten Stelle: soror zugleich mit »Schwester* und mit »Schwägerin* müsste über-
setzt werden. Liebenau betont a. a. 0. S. 1S7 ganz richtig, dass in Muri zwei
verschiedene Versionen der Gründungsgeschichte vorhanden waren. Die eine,
welche Wernher als solum fundatorem darstellt, liegt in der Fundationsurkunde
von 1027 vor, der anderen folgte unter steter Polemik gegen die erstere die Acta.
Die einzig feste Basis ist im Nekrolog des zu Muri gehörigen Frauenklosters
üermetswil gegeben. Dort steht unter dem 28. Oktober: Wemherus episcopus,
und zwar ist der Name durch rothe Striche hervorgehoben, was nicht beim
Badeboto comes SO. Juni S. 152 der Fall ist. Liebenau wurde berichtet, es stünde
hinter Wemherus episcopus noch F. N. C, was er statt frater nostri conventus
als fundator nostri conventur auflöst. Aber nicht allein bei Kiem S. 161 fehlen
die drei Buchstaben, sondern auch in der für die Ausgabe in den Monum. Germ,
hergestellten Abschrift, wie mir gütigst Herr Dr. Baumann mittheilt Vgl. ICiems
Entgegnung S. 8. «) Im Necrologium des Strassburger Domstifts (Handschrift
des 12. Jahrhunderts in Donaueschingen) heisst es zum 28. October: »Werinharius
Habsburger Studien I. 17
kommt der Name Wernher sonst niemals in der Lothringischen Familie
vor; wol aber ist es ein habsburgischer Name.
Auch das scheint mir Liebenau erwiesen za haben, dass aus dem
in den Acta gegebenen Titel comes nicht zu erschliessen ist, dass die
Habsburger damab eine Grafschaft besassen. In der uns vorliegenden
jüngeren Form der Acta ist die Bezeichnung comes auf alle, welche
dem habsburgischen Hause angehören, ausgedehnt. MogKch bleibt es
aber immerhin, dass einzelne Olieder zeitweise ein Grafenamt bekleiden:
insbesondere ist die Identität des Habsburgers Batbod im Kletigan,
wie wir oben sahen, nicht ausgeschlossen^). Aber dauernd haben sie
aach die Grafschaft im Elettgau nicht besessen.
In andern Punkten kann ich mit Liebenau aber nicht überein-
stimmen. Er glaubt, weil in der Ottmarsheimer Urkunde von 1063
Rudolf «vir illustris* genannt wird, diese Bezeichnung aber nur auf
Grafengeschlechter Anwendung finde, dass, da die Habsburger damals
nicht Grafen waren, auch Budolf trotz der Angabe der Acta Murensia
kein Habsburger gewesen sein könne. Der Grafentitel ist aber damals
noch durchaus eine Amts-, nicht eine Standesbezeichnung; es kann
somit die in der Bezeichnung vir illustris liegende Standesqualifikation
nicht durch die Bekleidung oder Nichtbekleidung eines Grafenamtes
bedingt werden.
Aber so einfiEtch ist die Frage nicht erledigt. Es kommt darauf
an, ob den Acta Murensia gegenüber eine so starke Skepsis berechtigt
ist, wie Liebenau sie verwendet Da zugleich von ihm in gleicher
Weise das Chronicon Ebersheimense angegriffen ist, welches den Werth
der Acta Murensia stützt, so inuss ich auch auf dieses zurückgreifen.
Die Chronik des elsassischen Klosters Ebersheimmünster') hält Liebenau
für einen Bing in der grossen Kette von Fälschungen, die in diesem
Kloster begangen wurden, gewissennassen für eine wolberechnete
Tendenzschrift, welche im Kampf zwischen Ludwig dem Bayern und
den Herzogen von Oesterreich den Hass gegen die letztere Ffimilie
nea entfachen und den Kaiser zur Bestätigung der falschen Privile-
gien bestimmen sollte 3). Eine so späte Abfassung der in älteren Theilen
ja sehr unsoliden Quelle ist bei der grossen Fülle guter Nachrichten,
episcopus obiit, de Northusen a. d. 111) et Blapatesheim (Plobebeim n. ö. davon)
et Wachenheim (abgegangen) plenum aervitium . . .* Ueber Nordhaasen vgL
oben S. 18.
«) Vgl. oben S. 15. >) Jetzt Mon. Germ. SS. XXIIT, 427^458 heraus-
gegeben von Weiland. Eine Untersuchnng über Zweck und Zeit der Ebersheimer
UrknndenftlBchungen wäre auch wol für die Kritik des Chronicon noch von Er-
trag. >) a. a. 0. S. 127.
MitthefliiDceD VII. 2
18 Schulte.
die nicht einmal erst mit dem 13. Jahrhundert beginnen, undenkbar.
Aber selbst angenommen, die letzte üeberarbeitung sei in der Ton
Liebenau angegebenen Zeit gemacht, so hätten doch ältere Quellen
aus EbersheimmSnster selbst vorliegen müssen — und auf deren
Prüfung käme es dann an. Aber selbst in dem gewiss recht bedenk-
lichen Bericht über Bischof Wemher I. von Strassburg steckt ein fQr
uns wichtiges Eornlein Wahrheit. Es wird erzählt, Wernher habe
nicht allein Güter des Bisthums seinem Bruder Badbot, der als comes
de Habechesburc bezeichnet wird, widerrechtlich gegeben, «Deinde
ad tantam insaniam devenit, ut etiam allodia et curtes quasdam
s. Mauritii Novientensis cenobii (d. i. Ebersheimmünster) eidem Rade-
botoni fratri suo, per rapinam concederet; id est Suiza cum perti-
nentiis suis, Burcheim cum appenditiis suis, Northus et Hundenes-
heim cum omni utilitate, curtim etiam monasterii in Egenesheim cum
vineis et agris et omni utilitate sna*^). Wenn das alles spätere
Fälschung sein sollte, so muss der Fälscher zufallig an mehreren
Stellen das Wahre gefälscht haben. Denn Wernher war ja ein Habs-
burger, sein angeblicher Bruder heisst hier ebensogut Badkboto wie
sein Schwager in den Acta Murensia, wie der Bruder in der Urkunde
von 1027; und doch ist zwischen beiden Klöstern keine Verbindung
nachweisbar. In einem der angegebenen Orte sind, wie wir oben
sahen, die Habsburger später wirklich begütert'). Ich meine, wenn
ganz auffallende Uebereinstimmungen zwischen zwei sonst verdächtigen
Quellen vorhanden sind, die nicht von der einen zur andern gelangt
sein können, so muss man diese Angaben als wahren Kern retten,
mag die Erzählung selbst auch entstellt sein. Eine Verbindung hat
freilich zwischen den beiden Klöstern bestanden — die, dass sie beide
unter der Vogtei der Habsbarger standen. Das war aber bei Ebers-
heim erst seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts der Fall, vorher war
die Vogtei dort in den Händen der Vögte der Strassburger Kirche,
Es ist das Geschlecht der Anshelm und Heinrich, die sich später nach
der Stadt Bheinau nannten. Aber ist denn durch die gleiche Vogtei
ein näherer Verkehr zwischen zwei Klöstern bedingt?
In womöglich noch schärferer Weise hat Liebenau dann die
Glaubwürdigkeit der älteren Theile der Acta Murensia angegriffen
und sie fast auf dieselbe Zeit datirt, wie das Chronicon Ebersheimense ;
er setzt ihre Abfassung nach 1338. Die neue Ausgabe der Acta
Murensia von Kiem nimmt einen älteren Anonymus aus der Mitte
des 12., einen zweiten aus der Mitte des 13. Auf B«chnung des
1) a. a. 0. S. 444. >) In Noidhauaen, piehe oben S. 18. 16.
Habfibnrgei' Studien I. 19
Schreibers der einzig erhaltenen Handschrift, die dem 14. Jahrhundert
angehört, setzt sie fast nur die Abänderung der Namen in ihre jün-
geren Formen 1). Im Wesentlichen glaube ich mich Eiern anschliessen
za müssen. Einen Beweis dafür, dass seit dem zweiten Anonymus
nicht viel an dem Bedtand geändert wurde, will ich einfügen. In
dem Katalog der sehr reichhaltigen Bibliothek von Muri scheint mir
das jüngste Buch die Homihen des Cäsar von Heisterbach zu sein.
Da dieser 1240 starb, im Katalog seiner Schriften von 1237 bereits
seine Homflien erscheinen, so dürfte die vorliegende Bedaction des
Bibliothekkataloges schwerlich jünger als 1237 sein'). Diese Grenz-
marke für die späteste Entstehungszeit des Bibliothekskataloges würde
noch vollends wegfiallen, wenn unter den omelie Cesarii nicht die
Homilien Cäsars von Heisterbach zu verstehen wären, sondern die
des Cäsar von Arles. Dann würde die Abfassung des Katalogs in
noch frühere Zeit zurückgeschoben. Wie dem sei, entweder hat
der Schreiber der einzig vorliegenden Handschrift an dem Text
des zweiten Anonymus nicht viel geändert — und das halte ich für
richtig — oder in dem sonst geistig so thätigen Kloster ist in den
nächsten 80 Jahren kein neuerschienenes Buch mehr angeschafft
worden. In diese 80 Jahre fallt aber die Ausbildung der Literatur
des kanonischen Bechts, welche jetzt auch Deutschland formlich über-
fluthet, die Blüthe der Scholastik, die Anfange der Mystik und das
sollte alles an Muri spurlos vorübergegangen sein, obwol der Schluss
des Bibliothekskataloges die grosste Freude an Büchern athmet, drin-
gend die Instandhaltung und Vermehrung der Bibliothek fordert!')
Dieser Schlusssatz ist gewiss ganz gedankenlos aus der Vorlage (dem
zweiten Anonymus) abgeschrieben. Wenn somit in den Acta Murensia
seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts nicht viel mehr geändert ist,
so gewinnen ihre Angaben wiederum an Wertk
Die Acta Murensia bezeichnen nun den Gründer von Ottmarsheim
Rudolf als einen Bruder Radbots, den ich gegenüber Liebenau als
einen wirklichen Habsburger festhalte. Wie sollten die Mönche von
Mari überhaupt wissen, dass das Kloster Ottmarsheün ungefähr gleich*
*) Das Kachwort zur Ausgabe a. a. 0. bekämpfb die Gründe von Liebenau^s.
*) a. a. 0. S. 51 — 55. S. 58 >Item omelie Cesarii*. Mit meiner Bestimmung des
Alten des Eataloges stimmt nicht überein 6. Becker: Catalogi bibliothecamm
antiqni. Bonn 1885. S. 250, der den Katalog noch dem 12. Jahrhundert zuschreibt.
*) Es heiast: »Sunt adhuc hie opuscola libelloram satis utilia, que oportet servare
et meliorare et non destruere, quia nos non potuimus ea hie Higillatim deecribere.
Libros autem oportet semper desoribere et augere et meliorare et omare et an-
aotare cum istis, quia vita omninm spiritalium hominum sine libris nichil est*.
8*
20 Schulte.
zeitig mit Muri entstand, wie, dass dessen Gründer Rudolf heisse?
Die einzige Verbindung ist auch hier wieder die gemeinsame Vogtei
in der Hand der Habsburger. Die Erzählung über die Erbstreitigkeiten
zwischen Badbot und Rudolf mag erfunden oder entstellt sein, an' der
Zugehörigkeit Rudolfs zur Habsburgerfamilie ist kein Zweifel.
Das scheint mir unzweifelhaft zu sein, dass die drei Brüder
Bischof Wemher, Radbot und Rudolf (zu denen noch Lanzelin kommt)
an der Schwelle der habsburgischen Geschichte stehen. Höchst wahr-
scheinlich war von ihnen einer im Besitz einer Grafschaft, des Elett-
gaus, sonst erscheint die Familie aber als hoch adlig (vir illustris).
Der Bischof Wernher war derjenige, welcher den Grund zu späterem
Gedeihen seiner Familie legte. Im Besitz derselben waren zwar auch
schon schweizerische Theile — die Gegend um Muri und das «Eigen*
im Winkel zwischen Aar und Reu^s sind hier mit Gütern im Frick-
gau das Stammgut — einzelne Besitzungen liegen in Schwaben (in
der Ortenau, im Scherragau und im Klettgau) - alswoldaswich-
tigste Gebiet erscheint aber der Besitz im Oberelsass,
im ünterelsass und im Breisgau. Das Kloster Muri erhält
ausserhalb seiner nächsten Umgebung nur im südlichen Breisgau
und im Oberelsass Besitzungen; Rudolf gründet sein Kloster im
Winkel zwischen Hl und Rhein und begabt es dort und in den beiden
andern Gauen, und gleichwol sind — wenigstens im Elsass — die
Habsburger auch später gerade an diesen Orten noch begütert Ein
späterer Habsburger wird bei Ottmarsheim auf seinem Schloss er-
mordet, ein anderer beschliesst nicht weit davon seine Tage. Das
alles beweist, dass die Habsburger mit dieser Gegend auf das Engste
verwachsen waren. Das alles war, bevor sie die Grafschaft im oberen
Elsass erhielten; sie erhielten ihre Macht im Elsass nicht durch die
Uebertragung der Grafschaft, sondern die Grafschaft wurde ihnen
übertragen, weil sie ein mächtiges Geschlecht dieser Ge-
gend waren. Vielleicht kann man mit demselben Rechte wie man
die Wiege des Hauses Habsburg im «Eigen* an der Reuss sucht,
sie in das Gebiet zu beiden Seiten des Rheins von Basel bis unter-
halb Breisach, vom Schwarzwald bis zu den Yogesen verlegen, viel-
leicht ist dort in der Dorfkirche von Ottmarsheim noch heute die
Kapelle der Pfalz erhalten, in welcher die Habsburger des 11. Jahr-
hunderts lebten.
Römische Studien,
Von
F. Ealtenbrnniier.
III. Die Briefsammlung des Berardus de Neapoli.
Nachdem die Briefsammlung des Berardus de Neapoli, welcher
unter den Päpsten von Urban IV. bis Martin IV. eine hervorragende
Stellung in der Kanzlei einnahm, in einzelnen ihrer Handschriften
schon vielfach ausgebeutet worden war, hat zuerst L. Delisle in der
Abhandlung „ Notice sur cinq manuscrits de la Biblioth^ue Nationale
et 8ur un manuscrit de la Biblioth^que de Bordeaux contenant des
recueils epistolaires de Berard de Naples • *) auch der üeberlieferung
derselben sein Augenmerk zugewandt. Er erkannte, dass die wichtigeren
von ihm untersuchten Handschriften unter einander nur insofeme einen
Zusammenhang aufweisen, als sie auf eine gemeinsame Quelle zurück-
gehen, als welche die in der päpstlichen Kanzlei aufbewahrten Gon-
cepte des Berardus selbst anzusehen sind. Er hebt ferner aus ihnen
drei fiedactionen hervor, von denen die eine einen Bepräsentanten im
Codex von Bordeaux findet, die zweite in den Codd. Paris. 14173 und
4043, die dritte im Cod. Paris. 4311 vertreten ist. Den in ihnen vor-
findüchen Titeln folgend nennt er die zweite ,Dictamina", die dritte
,Epistolae Notabiles*.
Die Untersuchungen, welche ich an den römischen und fran-
zosischen Handschriften anstellte, haben das bekräftigt, was Delisle mit
scharfem Blick gefunden hat; auch ich halte die Concepte des Berardus
als die Quelle, von welcher alle Handschriften mehr oder minder direct
abgeleit<et sind. Aber auch die Gruppirung, welche Delisle vorgenommen
hatte, erhielt vollkommene Bestätigung : zu dem Codex von Bordeaux
gesellte sich der des Yaticanischen Archivs, welcher mit' Unrecht von
firüheren Forschern als der » Originalcodex des Berardus* bezeichnet
•j Notices et extraits des Manuscritfl. Tom. XXVII. 2. p. 87 ff. Paria 1879.
22 Kaltenbrunner.
worden ist. Die Dictamina erhielten einen weiteren Bepräsentanten
im Cod. Vaticanus 3977, und durch Yergleichung desselben mit den
beiden französischen glaube ich einen Archetjpus nachweisen zu können,
der ebenfalls direct auf die Concepte zurückgeht, und dessen Verwendung
in der Kanzlei es erklärlich macht, dass in seinen Abschriften und
Auszügen firiefe auftreten, welche ferne der Zeit liegen, in der Berardus
seines Amtes gewaltet hat Als Bedactionen der fipistolae Notabiles
endlich stelle ich zum Pansiensis den Cod. Vaticanus 6735 und den
Codex der Vallicelliana C. 49, welche sich wol selbst nicht als Hand-
schriften des Berardus bezeichnen, es aber ohne Zweifel sind und so
wie ihr französischer Genosse die Concepte zur Quelle haben. — Meine
Leistung für die Elarlegung der üeberlieferung der Sammlung besteht
also nur darin, dass ich auf breiterer Grundlage eine eingehende
Beschreibung der mir bekannt gewordenen Handschriften gebe, und
neben dem directen Nachweise ihrer Entstehung aus den Concepten
auch noch den Versuch wage, die Art und Weise, wie diese vor sich
ging, zu erklaren.
Wer die von Delisle und mir angeführten Gründe, dass die Concepte
des Berardus die gemeinsame und letzte Quelle derBerardushandschriften
seien, gelten lasst, der wird die in ihnen überlieferten Briefe als histo-
rische Quellen anders schätzen, als derjenige, welcher in ihnen Auszüge
aus yaticanischen Begisterbüchem sah, zumal wenn er den Nachweis
erhält, dass einzelne Briefe, welche bisher als historische Zeugnisse
galten, trotz ihres Vorkommens in der Sammlung nicht expedirt worden
seien. Zur Würdigung der Sammlung als Geschichtsquelle, welcher
die zweite Abtheilung der Abhandlung gewidmet sein wird, ist es daher
nothwendig, aus der Masse der aus ihr bisher publicirten Briefe jene
herauszuheben, welche einzig aus ihr bekannt geworden sind und einzig
in ihr überliefert sind. Konnte das erstere aus der Untersuchung der
Provenienz der betreffenden Drucke emelt werden, so war das letztere
für mich nur theilweise möglich, da ich nur ^ine weitere Fundstelle,
das vaticanische Begister nämlich, zur Verfügung hatte. Aber auch da
brachte es die Natur meiner Hauptaufgabe in Bom mit sich, dass ich
nur halb die Lösimg bewerkstelligen konnte; während die Sammlung
des Berardus die Päpste von Urban IV. bis Martin IV. umspannt, bin
ich nur im Besitze einer Uebersicht des Inhaltes der Begister von
Gr^or X. an ; nur von da ab vermag ich also sowol bei den gedruckten
als angedruckten Briefen genau anzugeben, welche sich auch im
Begistrum vorfinden und infolge dessen sicher als ausgelaufen anzu-
sehen seien. Ich bringe diese Scheidung in dem Verzeichnisse an, das
ich von den Briefen der gesammten Sammlung gebe, welches, wie ich
Römische Studien III. 28
hoffe, trotz seiner schlagwortartigen Inlialtsangaben, zu denen mich
Beschränkung des Baumes nöthigte, willkonmien sein dürfte, bis dereinst
eine Ausgabe der wichtige];! Quelle vorliegen wird.
Aber auch nach einer anderen Seite hin bot die Sanmilung
Anregung zu Untersuchungen. Indem sie die Concepte überliefert,
und indem die Yergleichung der Texte der einzelnen Handschriften
lehrte, dass dieselben ziemlich getreu sich an ihre Vorlagen halten,
ergab sich die Möglichkeit, die Art und Weise, wie die Dictate in der
päpstlichen Kanzlei zu jener Zeit gemacht wurden, näher zu beleuchten.
Ist dergestalt der letzte Theil der Abhandlung ein Beitrag zum päpst-
lichen Kanzleiwesen, so ist er auch ein solcher zum Begisterwesen,
denn es lag nahe, die Art der Concepte mit den Eintragungen im
B^ristnun zu yergleichen, und mit dem Besultate Stellung zu nehmen
in der jetzt lebhaft ventilirten Frage, ob die Originalausfertigungen oder
die Concepte für die Begistratureintragungen verwendet worden seien.
Nicht alle Fragen, welche aufgeworfen werden können, sind in
den folgenden Zeilen gelöst, nicht alle Zweifel, die auch noch mich
selbst beherrschen, sind behoben.; es liegt dies zum Theil in der
Beschaffenheit der Aufgabe selbst, zum Theil aber auch an mir. Indem
ich die Sammlung zunächst nur für eine abgegrenzte Quellenpublication
ausbeuten wollte, war mir anfanglich nur der vaticanische Codex der
Dictamina zugänglich; der viel wichtigere des vaticanischen Archives
dagegen war für mich in Folge seines jetzigen eigenthümlichen Stand-
ortes lange unauffindbar, und gelangte schliesslich nur durch Zufall
in meine Hände; und auch nach längerer Zeit erst kam ich zur
Erkenntniss, dass die nur als .Epistolae Foutificum* bezeichneten zwei
anderen xömischen Handschriften auch Bepräsentanten der Berardus-
yj^wimlnng seien. Erst dann trat Möglichkeit und Neigung an mich
heran, diese zum Gegenstand eingehender Untersuchung zu machen,
die ich aber doch erst zu dem von mir erlangten Abschluss bringen
konnte, als ich auch die französischen Handschriften eingehenderer
Prüfung, als sie im Plane von Delisle gelegen war, unterzog. Das
war mir aber erst möglich, als die römischen ausserhalb meines
Bereiches waren, während doch für viele erst jetzt auftauchende Fragen
nochmalige Einsicht derselben wünschenswerth gewesen wäre.
Viele Unterstützung danke ich meinem Arbeitsgenossen in Born,
Herrn Dr. A. Fanta, der mir nicht blos von einigen römischen Hand-
schriften die Auszüge besorgte, sondern auch in vielen Detailfragen
nachträglich Auskünfte gab. Auch habe ich dankend zu gedenken
der Förderung, welche ich bei den Beamten des Archivs und der
Bibliothek am Vatican und der Biblioteca Vittorio-Emanuele in Bom
24 Ealtenbrunner.
gefunden habe, vor allem aber die Liberalität, mit der mir die fran-
zösische Regierung und der Manidpalrath von Bordeaux die Benützung
der französischen Handschriften hier in Innsbruck ermöglichten.
1. Die Handschriften.
Der Codex des yaticanischen Archives saec XIU. 4^. -==A.
Derselbe ist jetzt eingestellt in die Serie der Begisterbände als
Tom. 29 A d. i inmitten der mit Tom. 29 beginnenden Begister
ürban lY., von welchem Papste an die Sammlung des Berardus beginnt.
Von älteren Signaturen sind nur die Zahlen 8 und 25 ersichtlich ; es
ist jedoch sehr fraglich, ob dieselben dem vaticanischen Archive an-
gehören, denn erst i. J. 1754 gelangte der Codex endgiltig in dasselbe,
wie aus folgender Notiz am Vorsteckblatte erhellt : Magistri Berardi de
Neapoli subdiaconi et notarii apostolici CoUectio . . . munificentia
S. D. N. D. Benedicti XIV. P. M. in archivo secretiori apostolico
Vaticano repositus Idibus lulii 1754 curante Josepho Garampio eidem
archivo Praefecto *. Damals wurde der Codex auch mit seinem jetzigen
das Wappen Benedict XIV. tragenden rothen Lederbande versehen.
Garampi, der ihn mit Indices versah und einige Notizen über die
Persönlichkeit des Berardus ihm einfügte, gibt uns nach der ange-
führten Stelle noch weitere Nachrichten über seine froheren Geschicke :
9 In veteri illius integumento titulus legebatur , Bartholomaei Politiani
Epistolae"; errore siquidem nimis crasso, si quidem Bartholomaeus a
secretis fuit Eugenio IV. et Nicoiao V. Quapropter existimo, Bartho-
lomaeum fuisse aliquando codicis possessorem '. Mag dies richtig sein
oder nicht, sicher war der Codex einmal in fremden Händen, denn
Garampi erzählt weiter, dass er dem Petrus Bucelli gehört habe, «qui
illum inter pretiosa sui musei dmelia diu asservavit*', und dass ihn
von diesem Benedict XIV. um 35 Goldstücke gekauft habe. Der Name
dieses früheren Besitzers steht denn auch an der unteren Aussenecke
am ersten Blatte, und auf dem vorletzten hat auch ein solcher im
15. Jahrh. seinen Vermerk angebracht, von dem jedoch nur mehr die
Worte «iste liber est mens Nobilis* zu lesen sind. Von wann ab der
Codex, welcher gewiss in der Schreibestube der Curie entstanden ist,
im Besitze von Privatleuten war, lässt sich nicht sagen; in keinem der
mir zur Verfilgung stehenden Inventare der päpstlichen Sammlungen
findet sich ipn ihm eine sichere Spur^).
Der Codex, welcher keinen Gesammttitel und bei den einzelnen
^} Zwei Noten über eine HandBcbrift des Berardus in einem Inventar von
IS 69 und einem nach 1578 angelegten beziehen sich nicht auf ihn, sondern wahr-
scheinlich auf den Archetypus der als »Dictamina* zu bezeichnenden Handschriften.
Bömiäche Studien III. 25
Briefen nur vorgeschriebene Bubricae besitzt, auch unfoliirt und ohne
jede Ausschmückung gelassen ist, enthält jetzt (abgesehen von den
durch Garampi eingeftügten Papieren) 300 Blätter, die sich auf 36 Lagen
vertheilen. Meist sind dieselben Quintemionen ; mehrfach aber wird
ihre Beihe durch Lagen anderen ümfanges unterbrochen, was mit der
Anlage des Codex in Zusammenhang steht. Indem nämlich die Briefe
nach Gruppen geordnet und so von verschiedenen Schreibern erledigt
werden, fand f&r jede derselben Bemessung des nöthigen Pergaments
statt, so dass also am Ende von ihnen meist kleinere, hie und da
aber auch grossere Lagen als die normalmässigen genommen werden
mussten. Trotz dieser Bemessung aber blieben doch nach mehreren
Briefgruppen Blätter über, die dann, (wahrscheinlich schoi^ beim ersten
Binden) weggeschnitten wurden. Nur bei Gr. L fanden die drei letzten
leer gebliebenen Blätter praktische Verwendung, indem auf ihnen
zehn Briefe aus dem Beginn des 14. Jahrh. — alle die Pariser Uni-
versität betreffend — nachgetragen sind. Dieselben sind schon in
die den Briefen gegebene Numerirung einbezogen, welche beim letzten
Briefe die Zahl 533 erreicht; thatsächlich aber enthält der Codex
535 Briefe, da nach epp. 87 und 378 je ein Brief (87» und 378»)
ohne Nummer gelassen ist. Der ursprüngliche Bestand von A besteht also
aus 525 Briefen, die sich in folgende 16 abgeschlossene Gruppen gliedern:
L epp. 1—39 (29). fol. 1—20. (L. 1. 2. Quintemionen.)
Nur die ersten 29 Briefe kommen hiebei in Betracht, denn die
folgenden zehn sind jener Nachtrag saec. XIY, \on dem bereits ge-
sprochen worden ist^). Zum Unterschiede von den meisten anderen
Gruppen der Handschrift lässt sich bei ihnen aus dem Lahalte selbst
kein einheitlicher Gesichtspunkt erkennen, nach welchem sie zusammen-
gestellt wären, aber so wie in den andern sind auch sie nach chrono-
Ipgisch fortschreitenden Pontificaten geordnet: epp. 1 — 11 gehören
Urban IV.; epp. 12—29 Clemens IV. an«).
*} Ich theile die Rubricae dieser zehn Briefe hier mit: 1. üniversitas Pari-
siensis supplicat pape pro monasterio S. Victoria Parisiensi. 8. Facultas Theologie
recommendat pape quendam. S. Facultas Theologie rogat quendam pro quodam
Scolari promovendo. 4. Facultas Theologie rogat episcopum Parisiensem, ut pro-
Tideat coidam. 5. Facultas Theologie supplicat pape pro magistro in Theologia
heneficiando. 6. Ut cardinalis habeat recommendatum magistrum in Theologia
erga papam. 7. Sicut in precedenti. 8. Litter e Gastelleti pro iuvando Scolari.
9. Facultas Theologie regraciatur cuidam cardinali de gratia facta. 10. Facultas
Theologie rogat quendam episcopum pro baccaulario in Theologia heneficiando
(mit »Datum die Jovis post festum Bamabe Apostoli 1817). *) Vgl. das km-ze
Verzeichniss der ersten 27 Briefe des C^d. Burdegallensis (B) bei Delisle p. 107,
die lieh zum Grosstheil mit A I decken.
26 Ealtenbrunner.
IL epp. 40—122. fol. 21—62. (L. 3. 5. 6. 7. QuiuternioneiL
L. 4. 2 Blätter.)
Die Störung, welche nach dem ersten Quinternio durch das Ein-
schieben der zwei Blätter eintritt, ist in der Anlage begründet: Man
theilte nämlich die Briefe zwei Schreibern zu, und zwar dem ersten
epp. 40 — 49. Derselbe kam inmitten von ep. 47 am Ende des ihm
zugefallenen ersten Quintemio an, und benöthigte demgemäss ftir dessen
Best und die beiden letzten Briefe nur mehr eine kleinere Lage ; indem
er sie zur Hand nahm, beging er den Fehler, den Best von ep. 47
nicht mehr zu schreiben, sondern gleich mit ep. 48 zu beginnen. Für
die Fortsetzung von ep. 47 existirt noch der Beclamante auf foL 30 ;
man könnte daher glauben, dass zugleich mit ihr eine Anzahl anderer
Briefe vor dem jetzigen ep. 48 ausgefallen seL Da der zweite Quin-
temio der Gruppe die alte Lagenbezeichnung IIl trägt, so könnte dies
nur derart gedacht werden, dass die jetzt auf zwei Blätter zugestutzte
zweite Lage einst mehr Blätter hatte, welche die jetzt noch yorhan-
denen einschlössen, so also, dass die ihnen vorhergehenden jene Fort-
setzung und die übrigen Briefe vor ep. 48 enthielten, die ihr nach-
folgenden leer gelassen waren. Damit wäre auch ein Grund f&r den
Verlust der beschriebenen Blätter gefunden: indem die mit ihnen
organisch zusammenhängenden leeren dem sonst auftretenden Gebrauche
gemäss weggeschnitten wurden, konnte die die Lage zusammenhaltende
Schnur verletzt und damit jenen der Halt im Codex entzogen worden
sein. Das wird aber alles dadurch ausgeschlossen (und damit wird
die obige Erklärung der Störung von selbst gegeben), dass sowol Cod.
Burdegall. als die Handschriften der Dictamina, welche in sonst voll-
kommener üebereinstimmung mit A die Gruppe bringen, nach dem
vollständigen ep. 47 sogleich ep. 48 ohne jede Unterbrechung folgen
lassen. — Die Gruppe trägt die gleichzeitige Ueberschrift: ,Littere
facte per Berardum de Neapoli domini pape notarii super negotiis
imperii temporibus ürbani, Clementis, Gregorü, Linocentii, Johannis et
Nicolai Summorum Fontificum'^. Die hier genannten Päpste sind in
der That alle mit Briefen vertreten, und zwar derselben, also der
chronologischen Beihe nach, ohne dass der üebergang von dem einen
zum andern bei Clemens IV. (ep. 44 — 45), Gregor X. (ep. 50—51)
und Nicolaus III. (ep. 119 — 120) durch eine Unterbrechung ersichtlich
gemacht ist; wol aber thtt eine solche ein nach den Briefen Gregor X.
(ep. 114) und Innocenz V. (ep. 127), indem nach diesen der Best des
betreffenden Blattes leer gelassen ist. Die früher erwähnte Zweitheilung
der Gruppe nach Schreibern zwischen ep. 49. 50 fallt also nicht mit
dem Üebergang zu einem neuen Pontificate zusammen. Der Ueber-
Römische Studien III.
Bchrift entsprechend sind diese Briefe alle von der grössten Wichtigkeit:
Die Verhandlungen der Curie mit Bichard und Alphons, speciell die
Bemühungen Gregor X.« letzteren zur Entsagung der deutschen Krone
zu bringen, dann die Verhandlungen dieses Papstes und seiner nächsten
Nachfolger mit König Budolf sind uns zum Grosstheil in dieser Gruppe
der Berardussammlung und zwar nur in ihr überliefert, was in anderem
Zusammenhange besprochen werden wird. Hier aber ist hervorzuheben,
dass die Briefe den Pontificat Nicolaus III. nur streifen, denn nur der
letzte gebort ihm an und zwar ist er aus der Zeit vor der Krönung; in
keiner andern Gruppe von A finden wir etwa eine Ergänzung hiefür,
und überhaupt bietet die Berardussammlung keine weiteren Briefe,
welche als » epistolae de negotiis imperii tempore Nicolai III ' bezeichnet
werden könnten, wol aber besitzt die Sammlung der Epistolae nota-
biles zwei solche Briefe von Martin IV. Während also fast die ge-
sammte uns bekannte Correspondenz de negotiis imperii unter Gregor X.
und seinen nächsten Nachfolgern von Berardus besorgt worden ist,
muss er unter Nicolaus III. speciell dieser Thätigkeit enthoben gewesen
sein, ohne dass er aber, wie wir sehen werden, von den sonstigen
Geschäften verdrängt worden war.
III. epp. 123—189. foL 63—92. (L. 8. 9. 10. Quinternionen.)
Die ursprüngliche Anlage dieser Gruppe geht nur bis ep. 187, der
auf foL 8' des dritten Quintemio schliesst, worauf üach Leerlassung
des nächsten Blattes auf fol. 10 epp. 188. 189 eingetragen sind. Mit
Ausnahme dieser beiden letzten Briefe, welche Martin IV. angehören,
umspannen sie ganz dieselben Pontificate, wie die der vorhergehenden
Gruppe, nur lassen sie den Clemens IV. unberücksichtigt, greifen dafür
aber tiefer in den Nicolaus III. ein. Es fallen epp. 123 — 130 ürban IV. ;
ep. 131 der Sedisvacanz nach ihm; epp. 132 — 170 Gregor X.; ep. 171
Innocenz V. ; epp. 172—177 Johann XXI. und epp. 178—187 Nicolaus IIL
zu. Wieder ist also die chronologische Beihenfolge der Pontificate ein-
gehalten, und auch ein verschiedenes Verhalten beim Wechsel derselben
lässt sich wieder erkennen; während bei allen andern der IJebergang
räumlich nicht kenntiich gemacht ist, geschieht dies nach dem letzten
Briefe Gregor X«, der Mitte der letzten Seite des zweiten Quinternio
schliesst, worauf erst mit der neuen Lage der Innocenz V. gehörige
Brief einsetzt. Die Gruppe, welche von einer Hand geschrieben ist,
scheint schon vor der jetzigen Zusammenstellung des Codex im directen
Anschluss zu Gr. U gestanden zu haben, denn ihr erster Quinternio
trägt die alte Bezeichnung VI, was also an die 5 Lagen von Gr. II
anknüpft — Was den Inhalt der Briefe anlangt, so kann man sie
geradezu als eine friedenstiffcende Correspondenz aller auftretenden
28 'Ealtenbranner.
Päpste bezeichnen, und zwar fällt diese Tendenz fast ausnahmslos in
den Bereich der Politik, oder bezieht sich mindestens auf Streitigkeiten
weltlichen Charakters; namentlich die nach allen Seiten ausblickende
Friedenspolitik Gregor X. tritt uns hier entgegen. Während nun seine
Briefe und auch die ürban lY. die mannigfachsten Verhältnisse be-
rühren, wird dies anders, sobald Johann XXI. mit seinen Briefen
eintritt; er und sein Nachfolger Nicolaus III. bezwecken einzig die
Beilegung des Streites, der zwischen Frankreich und Castilien des
Königreiches Navarra halber ausgebrochen war. unter dieselbe Tendenz
endlich stellen sich auch die beiden nachgetragenen Briefe Martin IV.
(epp. 188. 189); sie betreffen nämlich die Legation der Cardinäle von
Ostia und S. Giorgio in Velabro nach Rom (vgl. Potth. 21737 = ep. 188).
Ich gebe auf Grund dieses einheitlichen Gesichtspunktes der Gruppe
den Titel ,de pace*, sowie die vorhergehende fortan als die «de
n^otiis imperii* bezeichnet werden soll.
IV. epp. 190—205. fol. 93—122. (L. 11. 12. 13. Quinternionen.)
Der ursprüngliche Bestand umfasst nur die Briefe 190 — 201,
welch* letzterer auf fol. 2' des dritten Quinternio Mitte der Seite
endet, worauf erst mit fol. 3 ep. 202 beginnt. Derselbe steht ganz
isolirt, denn die weiteren drei Briefe (epp. 203 — 205) schliessen sich
ihm nicht unmittelbar Mitte von fol. 9 an, sondern stehen erst auf
fol. 10, das wieder nur in seiner zweiten Seite bis zur Hälfte voll-
geschrieben ist. Diese Vertheilung kat wol ihren Grund in der
Zugehörigkeit der Briefe zu verschiedenen Päpsten; während die
Hauptgruppe bei ep. 190 mit Urban IV. beginnt und dann durch den
Pontificat Clemens IV. (epp. 191 — 196) zu den Gregor X. übergeht,
dem alle übrigen angehören, ist ep. 202 ein Brief Martin IV.; die
drei letzten dagegen sind wiederum solche von ürban IV. Die auf
diese Weise zusammengestellten Briefe lassen einen einheitlichen Ge-
sichtspunkt erkennen, der auch durch die ihnen gegebene üeberschrift
«Sententie" zum Ausdruck gebracht ist; Entscheidungen über Streitig-
keiten kirchlicher Natur sind durchgehends in ihnen ausgesprochen.
V. epp. 206—224. fol. 123—132. (L. 14. Quinternio.)
Es sind durchaus Briefe aus den zwei ersten Jahren Nicolaus III.,
inhaltlich ziemlich zusammenpassend; sie sind nicht ausschliesslich
Schiedsprüche, beziehen sich aber doch alle auf kirchenrechtliche Ver-
hältnisse und sind alle nach Frankreich bestimmt. Würde es nicht
die eigeuthümliche Beschreibung der vorhergehenden Lage hindern,
könnte man den Quinternio zur vorhergehenden Gruppe IV schlagen ;
es wird dies aber auch dadurch unthunlich, dass andere Bedactionen
der Sammlung die Briefe derselben ebenfalls gesondert von denen der
Römische Studien IIL 29
Yorhergehendeu bringen. Im übrigen standen die beiden Gruppen
firübzeitig in enger Verinndang; auf jenem Blatte nämlich, auf dem
der isolirte Brief Martin lY. (ep. 202) eingeschrieben ist, findet sich
folgende zum Theil weggeschnittene Notiz : , deficiunt duo f olia Urbani IV.
de anno et m. novembris (?) et^quintemo Nicolai* d. h. die zwei
Seiten yon foL 10 der Lage 13, auf welcher drei ürbanbriefe stehen
und der Quintemio der Gruppe Y. Da jenes Blatt als 10. eines
Quintemio organisch einer Lage angehört, kann die Notiz nicht leicht
dahin erklart werden, dass das Blatt einmal im Codex A gefehlt habci
sondern sie wird auf die Yergleichung mit einer andern Handschrift
bezogen werden müssen, wahrscheinlich darauf, dass der in ihr fixirte
Baum nicht abgeschrieben worden seL Diese Deutung wird dadurch
unterstützt, dass noch andere Notizen auf eine derartige Controlirung
einer vom Codex genommenen Abschrift hinweisen: am Ende der
Lagen 2. 20. 21. 24 — 28 steht nämlich ^ scriptum est', welcher Yer-
merk vielleicht bei anderen durch das starke Beschneiden der Blatter
vertilgt worden ist
VL epp. 225—259. fol. 133—148. (L, 15. Quinternio. L. 16.
Ternio.)
Die Briefe vertheilen sich auf die Pontificate so, dass epp. 225 —
232 ürban lY.; epp. 233—236 Clemens lY.; epp. 237—252 Gregor X.
angehören, worauf wieder mit ep. 253 reichend bis 256 Clemens lY.
einsetzt, dem mit den letzten Briefen 257 — 259 abermals Gregor X
folgt Inhaltlich schliessen sich die Briefe an die vorhergehenden
Gruppen an; auch sie sind meist Erlässe kirchenrechtlicher Natur,
beschränken sich aber nicht wie die von Gr. Y auf ein Territo-
rium. Auch dort, wo mit ep. 253 Clemens lY. von neuem einsetzt,
lässt sich keineswegs eine Aenderung des Inhaltes erkennen, wol aber
dann bei ep. 257, der zusammen mit den beiden folgenden die Wahl-
akten Gregor X. enthält. Die Briefe sind in continuo von einem
Schreiber erledigt, der genothigt ist, auf dem letzten Blatte das Linien-
schema zu verlassen und enger zu schreiben. Er ist noch innerhalb
der Gregorbriefe bei ep. 244, als er die zweite kleinere Lage zur Hand
nimmt; es ist daher anzunehmen, dass das ganze von ihm erledigte
Pensum ihm von Anfang an vorgelegen habe, dass wir also trotz des
ZnrQckgreifens auf einen früheren Pontificat und des isolirten Inhaltes
der drei letzten Nummern an keinen Nachtrag zu denken haben.
YIL epp. 260—329. foL 149—173. (L. 17. 18. Quinternionen.
L. 19. 5 Blatter.)
Die Briefe sind von einer Hand in einem Zuge ohne Unter-
brechung bis zum letzten Briefe geschrieben, der auf der ersten Hälfte
30 Ealtenbrunner.
der Versoseite des letzten Blattes schliesst; der ursprüngliche umfang
der Lage, von der jetzt nur mehr f&nf Blatter erhalten sind, lässt
sieh nicht feststellen. Die Briefe gehören von n^ 260 — 271 ürban lY.,
von 272 ab bis zum Schlüsse Gregor X. an ; durchwegs beziehen sie
sich auf die Kreuzzugsangelegenheit; wir bezeichnen daher diese auch
in andern Handschriften geschlossen auftretende Gruppe als die «de
Terra Sancta*.
VIII. epp. 330—390. foL 174—210. (L. 20. 21. Quint. L 22-
Quat L. 23. 9 Blätter eines Sexternio.)
Auch diese Briefe sind in continuo von einer Hand geschrieben
und enden auf der Bectoseite des letzten Blattes, das weiterhin un-
beschrieben ist. In ihren zwei ersten Nummern gehören sie Clemens TV.
an, worauf ep. 332 aus der nach ihm folgenden Sedisvacanz hinüber-
f&hrt zu epp. 333 — 367, die Gregor X. zufallen mit Ausnahme Yon
xio 349 — 357^ welche aus dem Orient an Gregor X. eingelaufene
Schreiben sind; es kommen dann epp. 368 — 378 aus dem Pontificate
Innocenz V. resp. Johann XXI. i), worauf die übrigen epp. 378* — 390
sich fiber den Nicolaus IIL erstrecken. Die Gruppe trägt die gleich-
zeitige üeberschrift «Super unione Latinorum et Grecorum', welche
sich dort, wo der Pontifieat Nicolaus IIL bei ep. 378* einsetzt, mit den
Worten ,,Littere domini Nicolai super negotio Grecorum* wiederholt*).
IX. epp. 391—401. fol. 211—214. (L. 24. 4 Blätter.)
Gemäss der gleichzeitigen üeberschrift „ Littere facte per eundem
notarium pro concilio congregato Lugdunensi per fei. rec. dominum
Gregorium pp. X. '^ beziehen sich alle Briefe, deren letzter Mitte der
letzten Seite endet, auf das von Gregor X. i J. 1272 ausgeschriebene
und i J. 1274 abgehaltene zweite Lyoner GonciL
X. epp. 402—405. fol. 215—224. (L. 25. Quinternio.)
Die Lage ist nicht einheitlich beschrieben, indem einerseits
epp. 402 — 404, andererseits 405 von ^iner Hand erledigt wurden;
räumlich aber schliessen sich die beiden Theile unmittelbar aneinander
und f&Uen den ihnen zugemessenen Baum bis zur Bectoseite des letzten
Blattes. Inhaltlich gehören die Briefe auf *s engste zusammen ; epp. 402 —
404 sind P. 19434 d. i. die Belehnungsurkunde Clemens|IV. für Karl
y. Anjou, deren Insertionen von dem Numerirer des Codex theilweise
mit selbständigen Nummern (d. s. 403. 404) Tersehen wurden; ep. 405
aber ist P. 21362 d. i. die in das Yerhältniss Karls zur Curie tief
einschneidende Constitution Nicolaus III. über die Senatorie yon Born.
M Vgl. die Bemerkungen 6 Seiten später. *) Aus Cod. Burdegall. hat Delide
p. 127 die Rnbricae dieser Gruppe publidrt.
Römische Studien III. 31
»
XL epp. 406—410. fol. 225—230. (L. 26. Ternio.)
Räumlich und inhaltlich zerfallen diese f&nf Briefe in drei Gruppen;
epp. 406. 407, die Bestätigungen von Senatorie und Yicariat einerseits,
Ton Konigthum andererseits f&r Karl y. Anjou seitens Innocenz Y.
(P. 21104. 21103), enden Mitte der 3. Seite, und erst auf der 5., d. i.
also auf dem 3. Blatte beginnt ep. 408, der zusammen mit ep. 409
bis zur Mitte der Yersoseite des 5. Blattes reicht; sie sind die „Con-
stitutio de electione Pontificis' von Johann XXI. (P. 21151) und das
damit in Yerbindung stehende Bundschreiben desselben (P. 21152).
Erst zu Beginn des 6. Blattes beginnt dann ep. 410, ein Schreiben
Martin lY. an den Legaten in Ungarn, das Mitte der Yersoseite dieses
letzten Blattes der Lage schliesst.
XXL epp. 411—428. foL 231—243. (L. 27. Qua ternio. L. 28.
5 Blätter.)
Xm. epp. 429—473. fol. 244—260. (L. 29. Sex ternio. L. 30
5 Blätter).
Mit diesen Gruppen beginnt in gewissem Sinne der zweite Theil
des Codex ; während bisher die Pontificate von ürban lY. bis Nicolaus III.
vertreten waren, und nur wenige stets als Nachträge erkennbare Briefe
Martin lY. vorkamen, wird jetzt dieser so dominirend, dass die vor-
hergehenden Päpste ganz ausgeschlossen sind. Aber doch gehören
diese und damit auch die folgenden Gruppen zur ursprünglichen An-
lage, denn die Hand von XI setzt auf XII über. Inhaltlich schliessen
sich XII und XIII enge aneinander, denn alle ihre Briefe betreffen
die sidlisch-aragonische Angelegenheit, die wichtigste unter dem Pon-
tificate Martin lY. Eine Scheidung aber wird durch den Wechsel der
Schrift und durch den ursprünglich bedeutenden leeren Baum, der
zwischen ihnen gelassen wurde, nöthig gemacht; ep. 428 schliesst
nämlich zu Beginn der Yersoseite des 5. Blattes der 2. Lage, worauf
dessen Best und die weiteren Blätter der wahrscheinlich einen Quaternio
bildenden Lage leer blieben, was zur Entfernung derselben wie in
anderen Fällen Anlass gab. Diese Scheidung ist nun durch den Inhalt
der Briefe insoferne begründet, als alle von XII dem Annus III, alle
von XIII dem Annus lY angehören. Auch diese letzteren föUen die
2. Lage, die ihnen zugemessen worden war, nur mehr bis zum 5. Blatte
ans, und da ging man dann bei Tilgung des leergebliebenen Bestes
so weit, dass man, nachdem ep. 473 in der Mitte der Bectoseite des
5. Blattes endet, dessen untere Hälfte zusammen mit den noch folgen-
den Blättern wegschnitt.
XIY. epp. 474— 512. fol. 261—276. (L. 3L 32. Quaternionen.)
Die durchw^s Martin lY. angehörigen Briefe schreiten vom
32 KaltenbrunneS:.
Annus I durch Annas II, dem die Hauptmasse angehört, zu Annus III
vor. Sie sind verschiedenen, zum Theil sehr wichtigen Inhaltes; im
überwiegenden Maasse behandeln auch sie die sicilisch-aragonische
Angelegenheit, aber im Gegensatze zu den zwei früheren (Gruppen
werden auch andere Verhältnisse (die Senatorie E^arls, die Empörung
der Söhne gegen Alphons von Castilien u. a.) berührt. Zu&llig traf
es sich, dass der Schreiber einige Zeilen vor Schluss des ersten Qoaternio
mit ep. 490 zu Ende kam; da begann er denn ep. 491 erst auf der
nächsten Lage, welche er bis Mitte der letzten Seite vollschrieb.
XV. epp. 518—522. foL 277—292. (L. 33. Quinternio. L. 34.
5 Blätter. L. 35. 1 loses Blati)
Es sind durchaus Excommunicationsprocesse von Martin IV. und
Honorius IV. Die beiden Fontificate sind dadurch von einander ge-
schieden, dass nach dem letzten Processe Martin IV. (ep. 518), der
auf fol. 2' der einen Temio bildenden Lage 34 endet, das 3. ^latt
und die Bectoseite des 4. leergelassen wurde, welch^ ersteres dann, wie
üblich, weggeschnitten wurde. Die Verschwendung rächte sich, indem
der Schreiber nun mit dem Temio nicht mehr auslangte und ein loses
Blatt zu Hilfe nehmen musste, auf dessen Versoseite er sodann den
letzten Process Honorius IV. zu Ende bringt.
XVL epp. 523—533. foL 293—300. (L. 36. Qua temio.)
Die Briefe gehören, mit Ausnahme des vorletzten Honorius IV.
zufallenden Briefes, wieder Martin IV. an, und zwar sind sie alle aus
den letzten Monaten des Annus III und aus Annus IV, schliessen sich
also zeitlich an die Gruppe XIV an, in welcher Annus III und zwar
dessen ersten Hälfte den Schluss bildet; auch inhaltlich ist dies in-
sofeme der Fall, als sie nicht wie Gruppe XIT. XIII sich auf einen
einzigen Gegenstand beschränken, sondern mannigfache Verhältnisse
berühren. Ep. 533 schliesst in der Mitte der Bectoseite des 7. Blattes ;
das leer gebliebene 8. dient jetzt dem Codex als Schutzblatt
Die eben geschilderte eigenthümliche Anlage des Codex, welche
ihn in eine so stattliche Anzahl von Theilen zerfallen lässt, kommt
auch in den Beclamanten zum Ausdruck, welche in ihrer ursprüng-
lichen Anbringung nur ein Band zwischen den einzelnen Lagen der
Gruppen, nicht aber auch unter diesen selbst herstellen. Die Lagen
1. 3. 5. 8. 11. 12. 15. 17. 20. 21. 29. 33. 34 sind von den Schreibern
selbst, meist in derselben Manier, mit Beclamanten versehen, und sie
alle kommen zu Beginn oder inmitten von Gruppen zu stehen; da-
gegen haben die Gruppen abschliessenden Lagen 7. 19. 23. 24. 28.
30. 35 gar keine solchen. Bei den in diese zwei Zusammenstellungen
nicht aufgenommenen Lagen begegnen uns wol auch Beclamanten,
Rl^miscHe Studien tU. 33
aber sie sind nachträglich pder mindestens nicht ursprünglich ange-
bracht. Zunächst finden wir in L. 4. 14. 25. 31 sie gleichzeitig in
sorgfaltiger Curialschrift gesetzt; von ihnen bildet nurL. 25 den Schluss
einer Gruppe (X); hier ist also gleichzeitig die Verbindung mit XI
yermittelt, was wol durch den Inhalt der beiderseitigen Briefe er-
klärbar ist, denn die zwei ersten von X betreffen ebenso wie alle von
XI das Yerhältniss Siciliens zur Curie. Die drei andern angeführten
Lagen fallen innerhiklb von Gruppen; es ist also bei ihnen wol nur
an eine die unterlassene Arbeit des Schreibers ergänzende Nachtragung
zu denken, und ebenso werden wir dies thun bei den Innenlagen 6.
22. 27, wo die Beclamanten in gleichzeitiger Cursivschrift' auftreten.
Dagegen hat man nun bei einzelnen Endlagen später die Verbindung
durch in Cursive gesetzte Beclamanten hergestellt, nämlich bei L. 2.
10. 13. 16. 32; dieselbe Hand hat femer auch bei L. 9 u. 18, zwei
Innenlagen, bei denen bisher die Setzung von solchen unterlassen
worden war, ergänzt — Entbehrt also der Codex in Bezug auf die
Beclamanten eines den Zusammenhang der Gruppen von Anfang an
herstellenden Bandes, so besass er ein solches überhaupt nicht, denn
Folürung ist bis heute nicht durchgefiihrt, und die Numerirung kann
aus dem schon angeführten Grunde erst im 14. Jahrhundert vorge-
nommen worden sein. Was endlich die Lageuzähluug anlangt, so finden
wir Spuren von ihr bei einigen wenigen Gruppen; sie könnte auf
anderen Lagen bestanden haben und beim Beschneiden des Codex
anlasslich des Bindens weggefallen sein. Aber trotzdem können wir
kaum glauben, dass einst eine einheitliche Zählung bestand, da die
wenigen erhaltenen Custoden an verschiedenen Stellen der Schluss-
blatter angebracht sind. Sie sind also, sowie die Beclamanten, auch
nur als Verbindung der Lagen innerhalb der Gruppen aufzufassen;
aber auch sie dienen einmal (bei Gruppe II und m, was schon an-
geführt wurde) zur Fixirung der nahen Verbindung zweier benach-
barter inhaltlich verwandter Gruppen.
Der Codex zeigt vielfache Spuren von Bearbeitung und Benützung.
Auf die letztere weisen namentlich an den Band geschriebene einzelne,
meist kräftige Worte oder Bedewendungen hin, welche ein späterer
Dictator sich dermassen hervorgehoben haben mag; ich glaube nicht
zu irren, wenn ich in ihm den Schreiber sehe, welcher nach Gruppe I
die die Pariser Universität betreffenden Briefe saec. XIV eingetragen
hat. — Zahlreiche Noten gehen aber unmittelbar au^ die Anlage des
Codex selbst zurück. So wird zweimal vom Schreiber auf das vati-
canische B^strum verwiesen: vor ep. 413 bemerkt er «Ista omnia
Bmnpta sunt de o | li et regestro'; es ist dies vor der Gruppe XV
Mittheilaug;«!! Yll. S
34 Kaltenbrunner.
m
V
mit den Processen Martin IV. und Honorius IV., und in der That
stehen alle Briefe dieser Gruppe auch im Begistrum der betreffenden
Päpste. Die Stelle ist durch das Beschneiden des Bandes, so wie oben
angedeutet ist, beschädigt; das o wird wol zu originale zu ergänzen
sein, und es würde dies auch mit dem Charakter der Urkunden gut
vereinbar sein, die sicher in drei, wahrscheinlich aber in mehreren
Exemplaren ausgefertigt und in einem an der Curie zurückbehalten
worden sein werden. — Zu ep. 200 steht die Notiz : ^ Memento, quod
ista littera deficit in minoribus epistolis ** ; der Brief steht im Begistrum
Gregor X. als ep. 97 A. III eingetragen, d. i also unter den Litterae
communes ; in den ihnen gegenüberstehenden Litterae curiales yermuthe
ich nun die in der Note citirten epistolae minores ; denn jene nehmen
fast ausnahmslos unter den Päpsten dieser Zeit ein bedeutend kleineres
Volumen als die Litterae communes ein, andererseits aber sind gerade
unter ihnen die Briefe der Berardussammlung zu finden. Warum man
sich aber gerade bei diesem Briefe zur Note veranlasst sah, nachdem
die meisten Gregorbriefe des Berardus gar nicht im Begistrum stehen,
ist mir unverständlich — vielleicht eben wegen der exemptionellen
Stellung des Briefes unter den Litterae communes? Möglicherweise
könnte man aber auch an einen jetzt verloren gegangenen zweiten
Begisterband Gregor X. denken, der analog mit dem Tomus II von
Nicolaus 111. die politische Correspondenz enthalten haben würde.
Ich werde aber zur ersteren Deutung hauptsächlich dadurch bewogen,
dass ich den Ausdruck „minores epistolae' für Litterae curiales nun
auch unter Martin IV. nachweisen zu können glaube. B. St. I. 247
schloss ich aus der fol. 40' des Tom. I Martin IV. eingetragenen Notiz:
„ post istum quaternum immediate reponi debet et ligari alius quatemus,
cuius prima epistola incipit Martinus etc., habes in principio libri
minoris Martini IV.'' auf den Verlust eines so benannten Begister-
bandes dieses Papstes ; es ist mir nun viel wahrscheinlicher, dass dieser
Liber minor aus den vier Jahrgängen der Litterae curiales, welche,
wie ich nachgewiesen habe, ursprünglich gesondert gelegen haben,
gebildet gewesen sei. Die Weisung wurde nicht befolgt und die Litterae
curiales des ersten Jahres sind (gerade deshalb) verloren gegangen,
aber der Index für sie ist dem Gebrauche gemäss auf der letzten Seite
des Jahrganges I der Litterae communes, das ist eben fol. 40', bereits
eingeschrieben worden.
Wichtiger sind gleichzeitig vorgenommene Tilgungen von Sätzen
oder ganzen Briefen; ersteres geschieht genau so wie im Begistrum
dadurch, dass das Wort vacat in seine zwei Silben getheilt zu Beginn
und Schluss des zu tilgenden gesetzt und dieselben durch einen geraden
ROmiBohe Stadien IIL 35
Strich mit einander verbunden werden: So ist nun in A bei ep. 77
(F. 20975) der erste, bei ep. 116 (F. 21106) der letete sehr wichtige
Satz getilgt worden, auf welch' letzteres in anderem Zusammenhange
noch zurückgekommen werden wird. Die Tilgung eines ganzen Briefes
im Begistrum, womit also angezeigt werden soll, dass'^ trotz seiner
Eintragung nicht expedirt worden sei, geschieht dort ebenfalls in der
eben geschilderten Weise, in unserm Codex dagegen durch die fioi*-
Setzung der Note »non processit*. Ohne weitere fieigabe erscheint
sie bei ep. 100 (F. 21088), der dadurch von der Stellung einer wich-
tigen historischen Quelle (vgL Bussen Doppelwahl 106) in's Nichts
zurückgeworfen wird. Bei ep. 410, der einen scharfen Tadel gegen
den König von Ungarn darüber ausspricht, dass er sich an die heid-
nischen Cumanen angeschlossen habe, erhalten wir aber auch die
Begründung der Tilgung in folgenden Worten: .non processit, quia
licet sie mandasset dominus Martinus papa et notam auditam multum
aoeeptasset, tamen ad instanciam cardinalis mitigavit*.
Diese und die folgenden Noten sind von anderer Hand beigesetzt,
welche höchst wahrscheinlich dem Zusammensteller des Codex ange-
hört; ihr Autor aber ist Berardus selbst, welcher sie auf seinen Gon-
cepten angebracht hatte. Das letztere wird durch folgende Note zu
ep. 196 sicher gestellt: »Ipse Clemens fecit istam et ego tempore
Gregorii X. sequentem, in qua respondetur ad allegationes oontentas
in ista, et providetur contra processum habitum per istum^ Der von
Clemens IV. selbst concipirte Brief 196 ist die Suspension des Erz-
bischofs Heinrich von Trier (F. 20191), der darauf folgende die Be-
Yocation dieser Sentenz durch Gregor X. (F. 20645) ; zu diesem letzteren
machte nun auch Berardus zahlreiche auch in unsern Codex über-
gegangene Bandbemerkungen, welche Erläuterungen und Begründungen
der einzelnen Abschnitte der Sentenz geben. — Auf ähnliche Weise
erhalten wir durch Berardus selbst Nachricht über die Entstehung
anderer Briefe; bei ep. 271 (ungedruckt an das Capitel Ton Bheims.
1267. 14. VIII.) bemerkt er neben einem durch Striche abg^prenzten
Satz : . A loco isto usque ad locutionem istam dictavit dominus Clemens *•
Zu ep. 202 d. L die Entsetzung und definitive Bannung Feters t. Aragon
(F. 21998 y. 21. III. 1283) schreibt er: .Monitiones &cte in festo
Ascensionis Domini immediate sequente post auditam rebellionem
Fanormitanam *. Das bezieht sich auf den Himmelfahrtstag von 1282
(7. V.), an welchem Martin IV. nach F. 21895 im Dom zu Orrieto
das erste Mal den Bannstrahl gegen die Sieilianer schleuderte; die
Note besagt also, dass ein Theil der damals gesprochenen und ur-
kundlich niedergeschriebenen Worte beim Concepte von ep. 202 ver-
36 Kalt^nbrttnner.
•
wendet worden sei. — Die Angelegenheit des Peter v. An^on betrifft
auch noch eine Note zu ep. 500 = P. 21972. «Ista litte ra processit
sicut jacet, antequam ferretur sententia contra Petrum quondam regem
Aragonie. Sed post latam sententiam fdit ampliata prout in correctione
apparet. Nonis Aprilis anno IV^*. Der Brief ist vom 13. L 1283
datirt, ist also vor der definitiven Absetzung und Bannung Peters, die
nach P. 21998 am 21. III. 1283 erfolgte, geschrieben; im incorrigirten
Wortlaute findet er sich auch eingetragen im Begistrum (T. L A. IL
ep. cur. 86). Die Erweiterungen, welche nun an seinem Texte gemäss
der Ankündigung des Berardus vorgenommen wurden, beziehen sich
lediglich auf die Zusätze von „ quondam '^ und „ olim ' bei der Erwähnung
Peters, welche nach curialem Sprachgebrauche erst einem definitiv
abgesetzten Könige zukonmien. Im Begister des Annus IV suchte
ich vergeblich nach dem also corrigirten Briefe; wahrscheinlich wurde
er ausgesandt gel^entlich des neuerlichen Processes, der gegen Peter
am 6. IV. 1284 (P. 22123) also einen Tag nach dem Datum der Note,
verkündet worden ist.
Wichtige Noten hat Berardus ferner bei epp. 368. 369. 370. 373
in Gruppe VIII de unione Grecorum eingetragen. Die beiden ersten
sind aus Cod. Burdegall. bereits von Delisle p. 121 publicirt und p. 137
gewürdigt worden; ich muss aber doch auf dieselben nochmals ein-
gehen, da erst A vollkommene Klarheit in die merkwürdig verwirrte
üeberlieferung dieser Briefe bringfc : Während der Bückreise Gregor X.
von Lyon kamen zwei Gesandte des Paläologen (der Archidiacon
Georgios und der Dispensator Curiae Theodoros) an die Curie. Erst
nach dem Tode Gregors zu Arezzo erledigte dessen Nachfolger Inno-
cenz V. ihre Botschaft und sandte sie von Bom aus mit P. 21136
zurück; dass dieser Brief durch die griechischen Gesandten selbst
überbracht wurde, wird in ihm selbst nicht gesagt, wir erfahren es
aber aus der Note, die zu seiner Eintragung in A n« 368 gesetzt ist:
.,ista processit et portaverunt eam nuntii Paleologi, qui recesserunt de
Urbe vivente adhuc domino Innocentio '^. (Delisle a. a. 0. aus B ep. 387.)
Gleichzeitig wurde aber vom Papste die Entsendung einer eigenen
Legation beschlossen und wurden hiezuderMinoritengeneralHieronymus
und die Minoritenbrüder Guido, Angelus und Gentilis designirt. Sie
sollten zwei Briefe an den Paläologen (P. 21137. 21138 = A epp. 369.
370), einen an die griechischen Prälaten (P. 21139 ^= A. ep. 371)
und einen an den Prinzen Andronicus (P. 21140 = A ep. 372) über-
bringen; überdies wurden ihnen zwei Legationsbefugnisse (P. 21141
und Delisle App. n^' IX = A epp. 373. 374) and ein Memoriale
(P. 21142 =^ A ep. 376) sammt dem entsprechenden Mandate (P. 21143
RömiBche Studien III. 37
= A. ep. 875) lüitgegeben. — Inzwischen starb luuoeenz V. und die
auf der Beise zu Ancona angekommenen Minoriten kehrten auf die
Kunde hieyon zur Curie zurück; sie wurden dann von Johann XXL
ihrer Mission entbunden und statt ihnen die Bischöfe von Ferentino
und Turin und die Dominikaner Baynonus und Salyus hiezu bestimmt.
Wir werden hierüber belehrt durch die (schon von Delisle aus B ep. 388
a. a. 0. mitgetheüte) Note zu ep. 369: »Iste alie confecte de isto
negotio sub nomine domini Innocencii non prooesseruni Quamquam
enim minister generalis et tres alii firatres Ord. Hin., qui^*) tunc
mittebantur^), iam iter arripuissent, tarnen audito domini Innocencii
obitu, cum essent adhuc Anchone, redierunt ad curiam, et per dominum
nostrum lohannem S. P. negotium aliis est commissum videlicet lacobo
Ferentinati, Oaufrido Taurinensi episcopis, fratribus Baynono priori
conyentus Viterbiensis et Saluo lectori Lucano Ord. Fred, cum litteris
eiusdem tenoris excepto quod in istis^) est aliquid additum aliquid
immutatum"^). Dieser und die folgenden Briefe gehören also alle iu
den Pontificat Johann XXI. nicht in den Innocenz V., in welchen sie
Potthast, anderer üeberlieferung folgend, verweist'). Zu ep. 370 ist
dies auch noch ausdrücklich bemerkt, indem an der. Stelle, wo die
Minoriten dem Paläologen empfohlen werden, die Note gesetzt ist:
,Isti non processerunt sed alii missi fuerunt, sicut notatum est in
principio precedentis '^. Diese Note, welche in B fehlt, kann dann
wol auch noch gelten für die zwei folgenden Briefe (epp. 371. 372),
in denen ebenfalls der Minoriten Erwähnung geschieht Eine grössere
Aenderung war aber bei ep. 373 (P. 21141) nöthig, da ja derselbe ,
die Adresse der Minoriten trug; dieselbe ist in der That durch ein
«yacat* getilgt und die der neuen Mission am Bande yermerki Zu
keinem der weiteren Briefe, die bis incl. 376 ^ sicher schon den Mino-
riten mitgegeben worden waren, wozu dann noch als ep. 377 ein
zweites wahrscheinlich erst unter Johann XXL aufgesetztes Memoriale
(P. 21144) kommt, ist irgend eine corrigirende Note angebracht; yon
ihnen hat der erste (374) keine Adresse, 375 hat .Eisdem', 376 die
Namen der Minoriten, 377 wieder „Eisdem* als Adresse. Wir ertappen
also hier A auf einer üngenauigkeit, deren Wichtigkeit für die Werth-
') Der Text von B weicht in einigen Stellen yon dem vorliegenden ab:
IL) B qoia; b) 6. miscebantor; c) B ista; d) immatatum sicut infra legende litteram
ridere potea.
*) Keiner dieser Briefe steht im Registrnm Johann XXL, von dem übrigens
der Giosstheil der litterae curiales, unter welchen sie zu suchen wären, yerloren
gegangen ist (ygl. R. St I. 247). Dass die Gesandtschaft nach Oonstantinopel
kam, lehrt der Brief des Palftologen an Johann XXL bei Raynald 1277. 21.
t
38 Kaltenbrunner.
Schätzung der Ueberlieferung im Berardus nicht hoch genug ange-
schlagen werden kann: während wir durch die Adresse genöthigt
werden, 373. 875 (und wol auch 374) an die Legation Johann XXI.
gerichtet anzusehen, müssen^wir aus demselben Grunde 376. 377 als
an die Minoriten adressirt bezeichnen. Es ist nun möglich, dass 376,
wo die Teralterte Adresse stehen geblieben ist, unter Johann XXI.
nicht mehr verwendet wurde, und dass deshalb eine Bemerkung des
Berardus unterblieb, aber gerade dann müssen wir 377 als das neue
Memoriale ansehen, und trotzdem weist seine Adresse auf die Minoriten ;
auch könnte man ftgUch erwarten, dass jene Ungütigkeit von 376
wie sonst im Codex durch ein «non processit*^ zum Ausdruck gebracht
sei^). Man könnte aber andererseits auch glauben, dass der Sammler
seine Note zu 370 als genügend auch f&r diese Briefe angesehen
habe; warum aber hat er dann trotzdem die unter den gleichen
Umständen stehende Adresse von 373 getilgt und die neue an den
Band geschrieben? Aber auch andere Ungenauigkeiten stossen uns
auf, nämlich in der Datirung und im Adressanten. A 368 hat die
Datirung «Lateraui 23. Y. anno I, was auf Innocenz Y. passt und
richtig ist, denn wir wissen von diesem Briefe, dass er unter ihm
den griechischen Gesandten mitgegeben worden sei. A 369 hat
keine Datirung, die drei folgenden (370 — 372) aber haben „Datum
ut supra'. Da braucht man nun gerade keine Gedankenlosigkeit des
Schreibers anzunehmen : auf dem Concepte von 369 (d. i. dem ersten
der vier nach Constantinopel bestimmten Briefe) war eben das Datum
nicht angebracht, es konnte aber auf den Concepten der drei folgenden,
welche der Natur der Sache nach mit ihm zugleich ausgefertigt werden
sollten, vorweg durch das ,ut supra* das gleiche nur noch nicht
fixirte Datum angezeigt werden. Die drei folgenden Briefe (373 — 375
d. s. die Briefe an die Legation) tragen der Beihe nach das Datum
„LateranL X. KL lunii a. primo*, d. L also das gleiche wie ep. 868.
Zunächst erfahren wir daraus, dass die Entsendung der Minoriten
bereits beschlossen war, als ep. 368 durch die griechischen Boten
expedirt wurde und femer, dass alle drei Briefe bereits für die Mino-
riten bestimmt waren. Aber wir ersehen auch daraus, dass der
Sammler bei seinen Aenderungen an den Briefen nicht durchgreifend
vorgegangen ist: trotzdem er sie von Innocenz Y. auf Johann XXI.
I) Zu mehreren Sätzen dieses Memoriales schreibt die firemde Hand »non est
üftctum* d. h. wol, diese Sätze des Conceptes sind nicht gebilligt, daher auch
nicht grossirt worden. Füx unsere Frage entscheidet dies wenig, da wir ja nicht
bestimmen können, ob die durch sie angezeigten Tilgungen noch unter Innooens V.
oder erst unter Johann XXI. yorgenommen worden sind.
Römifiche Studien m. 39
überwies, liess er das für Inuoceuz V. geltende Datum steheu, auch
in 373, wo ßr doch die Adresse der Minoriten tilgte und einige dem
entsprechende Aenderungen am Texte rornahm. Die beiden folgenden
Stacke (376. 377) tragen gemäss ihres Charakters als Memoriale keine
Datirung. Die gleiche luconsequenz wie bei dieser begegnet uns ferner
beim Fapstnamen: 368 hat ganz richi(ig .Innoeentius'^ an der Spitze;
die folgenden aber bis 373 haben das auf ihn verweisende Idem, auch
373, so dass also in ihm Innocenz V. der Yon seinem Nachfolger
eingesetzten Legation den Brief zu ertheilen scheint; die folgenden
Nummern haben dann keinen Adressanten mehr. — Es erübrigt noch
zu erklaren, wie alle diese Briefe von Potthast Innocenz V. zugewiesen
werden konnten, und wie neben der Legation der Minoriten hiebei
auch die Johann XXL (in P. 21141) zu Tage treten konnte, so dass
wir also in P. 21136 — 21144 drei verschiedene Lq^tionen unter
Innocenz V. (die griechischen Boten; die Minoriten; die zwei Bischöfe
mit den zwei Dominikanern) erhielten. Das geht zurück auf den der
Gruppe derDictamina angehörigen Codex Paris. 14173, aus demMartene
(Ampi ColL YIL 244 ff.) alle Briefe abgedruckt hat. Dadurch, dass
die Noten von A in jenem Codex fehlen, mussten die Briete natürlich
alle Innocenz Y. zugewiesen werden, verweisen sie doch mit Idem auf
das wirklich von Innocenz Y. erlassene P. 21136. Nun bringt aber
der Parisiensis die geänderte Adresse von A 373 (P. 21141) und zwar
im Texte selbst, nidit wie A in der verbessernden Bandnote; dagegen
lat ebenso wie in A (und B) in demselben die Adresse der Minoriten
in der ersten Instruction (A 376. P. 21142) stehen geblieben und zum
Ueberflnss hat er dann die Datirungen bei allen Briefen weggelassen
(bei Potthast erscheinen sie daher auch undatirt), so dass der Wider-
spruch in den den verschiedenen Legationen zugewiesenen Briefen auch
hiedurch nicht zu Tage treten konnte^).
' f) Damit ist aber die Yerwinrung noch lange nicht eu Ende: Mart6ne*8 Vor-
lage hat eine etwas andere Reihenfolge der Briefe als A und B; sie setzt ur.
sprflnglich A 874. 876. 877. 875 und ändert dies durch beigeeetete Buchstaben
in 874. 876. 875, 877, welch* letztere Reihe Martine und mit ihm Potthast von
876 ab bringen. Dadurch muss also 875 mit seinem »Eiadem* auf die I^gation
der Minoriten, deren Adresse in 876 stehen geblieben ist, bezogen werden, während
es in A und B noch unter die verbesserte Adresse von 87 C fällt. Dem^emäns hat
anch Potthast nur 6inen Brief an die Legation Johann XXL, und drei an die
Minoriten, während nach A und B unter den bei Potthast stehenden vier Briefen
zwei auf jede Legation entfallen. Anders würde sich die Sache wieder stellen,
wenn wir auB dem vaticanischen Codex der Dictamina schöpfen werden; dieser
hat die Reihenfolge von A und B, aber mit dem Parisiensis gemeinsam die ver-
besserte Adresse von A 878 im Contcxte selbst. Li A 876 eraetzt er nun die in
40 EalteBbrunner.
Wir gewinnen nun aus dieser Erwägung zwei Thatsachen: ein-
mal, dass man der üeberlieferong von A selbst nicht yoUkommeu
trauen darf; denn sowie hier die Anbringung von yerbessemden Noten
nur zum Theil durchgeflihrt worden ist (sei es, weil Berardus dies
selbst auf seinen Concepten verabsäumt hat, sei es, weil der Zusammen-
steller von A in der üebertragung der Noten des Berardus lässig
und inconsequent gewesen ist), so können sie bei andern Briefen ganz
ausser Acht geblieben sein. Weiters müssen wir constatiren, dass die
Ueberlieferung in den andern Handschriften noch unzüverlässlicher
ist; den sonst recht sorgfaltigen Cod. BurdegalL haben wir noch fi-üher
als A beim Corrigiren erlahmen gesehen, und die Dicfamina haben
durch Vernachlässigung aller Noten bis auf eine die eben geschilderte
Verwirrung angerichtet. — Es erübrigt noch am Schlüsse dieser
Betrachtung die früher aufgestellte Behauptung zu begründen, dass
die eben besprochenen Noten ^) vom Zusammensteller des Codex und
nicht, was ja an sich wahrscheinlich wäre, vom Berardus selbst in A
eingeschrieben worden seien. Dazu nöthigt die Vergleichung mit B,
welcher, wie schon erwähnt, bei den A 369. 370 entsprechenden Briefen
n^ 387. 388 dieselben Noten aufweist; das konnte nun auch auf seine
direkte Abhängigkeit von A hindeuten, aber er hat in der zweiten
Note nach dem letzten Worte von A noch den Satz „ sicut in&a legendo
litteram videre potes '^. Die Noten können also nur auf eine gemein-
same Quelle zurückgehen, die wir, da beide Codices aus den Concepten
des Berardus abzuleiten sind, nur in Noten, welche auf diesen standen,
A. B und D P stehen gebliebene Minoritenadresse durch »Eisdem*, das sieh nun
auf die in A 878 aoftretende Legation Johann XXL zusammen mit dem folgenden
bezieht. Der Vatioanus hat also gar keine Briefe an die Mindriten, lässt sie aber
in den vorhergehenden Briefen (da auch in ihm sowie im Parisiensis die Noten
von A 869. 870 fehlen) naoh Ck>nstantinopel empfehlen. Endlich kommt Sbaralea,
der in seinem Bullarium Frandscanum die scheinbar auf die Minoriten-Legation
bezüglichen Stücke aus Mart^e aufgenommen hat, das sind also die Briefe
A. S76. 876. 877 (auch 875, weil er der Beihe des Parisiensis und Mart^ne^s folgt).
Nun kennt aber Sbaralea zu allem Unglück zwei Briefe Nicolaus II L (P. 2 1466.
S1467), in denen Ton einer Gesandtschaft Johann XXL nach Constantinopel die
Bede ist und weist die drei Briefe, sowie die f&r die griechischen Persönlichkeiten
bestimmten, Johann XXL zu; A 878 aber hat er, weil nicht Minoriten berührend,
in Mart^e unbeachtet gelassen.
<) Von derselben fremden Hand sind femer folgende minder wichtige Noten
geschrieben: zu ep. 216 »quod sequitur foit quedam cednla interclusa proxime
precedentibus litteris*; zu epp. 419. 421 ,hec ex« dagegen zu ep. 420 »hecnon*.
An eine Tilgung des letzteren ist hiebei deshalb nicht zu denken, weil er (P. 22092)
von Rymer (FOdera) aus einem Empfängerarchiv publioirt ist. Im Register
Martin IV. fehlen alle drei Briefe.
Römische Studien Ilt. 41
suchen können. Auch noch ein anderer 'Grund spricht ttir diese An-
nahme: an sich ist es ja wahrscheinlich, dass die Noten vom Berardus
gleichzeitig gesetzt worden seien und in der von ep. A 370 finde ich
dies auch zum Ausdruck gebracht, wenn der verstorbene Innocenz Y.
mit .dominus", Johann XX [. mit «dominus noster*^ bezeichnet wird.
Wir müssten aber, wollten wir die Noten in A vom Berardus ge-
schrieben annehmen, diese Gleichzeitigkeit fallen lassen, denn die
Gruppe VIII, welche von ep. 378* an Briefe Nicolaus III. und zwar
mitten in einer Lage beginnend bringt, ist in continuo geschrieben;
die Noten könnten also frühestens unter diesem gesetzt sein. Höchstens
könnte man annehmen, dass der Zusammensteller des Codex Berardus
selbst gewesen sei, und darin mag man sich vielleicht durch das , ego *
in der im Erzählertone gehaltenen Note zu ep. A 196 bestärkt fahlen ;
aber sicher wird man dies doch daraus nicht schliessen können,
namentlich nicht in Hinblick auf die üngenauigkeiten, die wir bei
den Noten constatiren mussten.
Codex Burdegallensis 761. saec. XIII. 4« _- B.
Der jetzt auf der Stadtbibliothek zu Bordeaux aufbewahrte Codex
wurde bereits von Delisle a. a. 0, 103 flF. einer Besprechung und
Würdigung unterzogen und als eine Handschrift ^es Berardus erwiesen.
Konnte schon Delisle durch Vergleichung mit dessen Pariser Hand-
schriften seine Sonderstellung klarlegen, so kann doch jetzt erst durch
A die Art seiner Zusammensetzung und seine Wichtigkeit dargethan
werden. So wie jener zerfällt auch er in eine grössere Anzahl von
Briefgruppen, die meist nach bestimmten Gesichtspunkten zusammen-
gestellt und geordnet sind und von verschiedenen Schreibern erledigt
wurden, welche ebenso wie die von A Berechnung des für ihr Pensum
nöthigen Pergaments anstellen. Die Analogie in der beiderseitigen
Anlage erstreckt sich auch darauf, dass Blätter, die trotz derselben
leer geblieben sind, frühzeitig (ehe die alte Foliiriing angebracht ist)
weggeschnitten wurden, so dass wie dort auch hier nur mehr leer-
stehende Theile eines Blattes nicht Blätter selbst zwischen den einzelnen
Gruppen tiuftreten. Der Codex enthält jetzt 231 Blätter, welche mit
fortlaufenden Zahlen bis 229 versehen sind; dadurch dass der Foliirer
die Nummern 108. 142. 225 zweimal setzt, dagegen 132 überspringt,
ergibt sich die Differenz. Diese Blätter vertheilen sich auf 36 Lagen,
die der Begel nach Quaternionen sind, während die Normallage von
A der Quinternio ist; sie sind von 13 Schreibern^) erledigt und zer-
fallen in folgende 17 Gruppen:
I) leb hatte die Abhandlung von Delisle hier in Innsbruck nicht zur Ver-
fügung, ak ich die Festsetzung der Hände vornahm. Wir stimmen (v. Delisle
42 Ealtenbrnnner.
I
I. epp. 1—27. fol. 1—13. Sehr. A. (L. 1. Quaternio. L. 2.
5 Blätter eines Quaternio.)
Die Gruppe entspricht A I, lässt jedoch deren epp. 9. 10 ohne
ersichtlichen Grund weg.
IL epp. 28— 45. fol. U— 24. Sehr. B. (L. 3. Quaternio. L. 4.
3 (ursprünglich 4) Blätter.)
Bis ep. 38 decken sich die Briefe mit A IX d. i. die Gruppe « de
coneilio Lugdunensi''; von ep. 39 — 44 mit A XI; ep. 45 endlich mit
A ep. 202. Sie sind in continuo geschrieben, was auch in A IX nicht
aber auch in A XI der Fall ist, denn dort fanden wir die Scheidung
in drei Theile, welche der Inhalt der Briefe ergibt, auch räumlich
zum Ausdruck gebracht; ebenso ist in A IV ep. -02 als ihr einziger
Martinbrief räumlich von den andern geschieden, während er hier in
unmittelbarem Anschluss an die übrigen erscheint. An eine Zusammen-
stellung von Briefen ähnlichen Inhaltes kann bei der vorliegenden
Gruppe nicht gedacht werden, aber die chronologische Beihe der Pon-
tificate ist trotz der scheinbar willkürlichen Zusammensetzung einge-
halten; es fallen nämlich epp. 28 — 38 Gregor X.; epp. 39 — 41
lunocenz V.^); epp. 42. 43 Johann XXL; epp. 44. 45 Martin IV. zu-
IIL epp. 46—140. foL 25—54. Sehr. C. (L. 5. 6. 7. Quater-
nionen. L. 8. Ternio.)
Sie correspondiren bis ep. 128 mit A II d. L mit der Gruppe «de
negotiis imperii' und zwar ohne irgend eine Unterbrechung, und von
ep. 129 bis zum Sehluss mit A IV, jedoch nur bis zu dem Punkte,
wo dort mit ep. 201 die ursprüngliche Eintragung abschliesst; ep. 202
(der schon in B II nachgewiesen wurde) und epp. 203 — 205, die dort
als Nachträge auftreten, sind hier nicht mehr aufgenommen. Die
Gruppe ist in continuo niedergeschrieben; auch bei dem üebergange
von ep. 128 zu 129, der inmitten der 4. Lage stattfindet, ist keinerlei
Störung Wahrnehmbar, und doch besteht ein bedeutender Unterschied
im Inhalte der vor- und nachher auftretenden Briefe.
IV. epp. 141—175. foL 55—62. Sehr. C. (L. 9. Quaternio.)
Trotz des gleichen Schreibers hier eine neue Gruppe eintreten
zu lassen, nöthigt die bei L. 8 vorgenommene Baumbemessung (schon
fol. 54' ist unbeschrieben geblieben), wenn auch der Inhalt der Brit»fe,
p. 104 N. 2) bis auf zwei Punkte überein: bei fol. 209 (Uebergang von Gr. XV
auf Gr. XVI) nimmt Delisle keinen Wechsel an, dagegen lÄsst er einen aolchen
bei fol. ISO' d. i. mitten in Gr. XII eintreten.
*) In A XI gibt es nur zwei Nummern (406. 407) von Innocenz V. ; die Differenz
erklärt sich dadurch, da«« die in dem ersten Briefe inserirte »Forma Uomagii a
Karolo rege prestandi* in B mit der selbständigen Numinor 40 versehen ist.
Römische Studien III. 43
die durchaus Erlässe kirchenrechtlicher Natur sind, sich au den zweiten
Tbeil Yon III, dessen Briefe in A I Y als . Sententie * bezeichnet werden,
enge anschliessi Gerade aber das Yerhältniss zu A rechtfertigt des
weiteren die den Briefen gewährte selbständige Stellung, denn sie
fallen zusammen mit denen von A VI und zwar mit der ganzen Gruppe
also einschliesslich der auf Clemeifis lY. zurückgreifenden Briefe imd
der Wahlakten Gregor X. So wenig wie in A YI ist auch hier
bei den drei Abtheilungen der Gruppe räumliche Gliederung oder
Schriftwechsel zu bemerken. Findet also hierin vollkommene Ueber-
einstimmung zwischen A und B statt, so ist um so wichtiger, dass in
B als ep. 156 ein selbständiger nur diesem Codex angehöriger Brief
zwischen A 240 und 241 eingeschoben ist, ohne dass irgendwie an
einen Nachtrag zu denken wäre.
Y. epp. 176—197. fol. 63—73. Sehr. D. (L. 10. Quaternio,
L. 11. 8 (ursprünglich 4) Blätter.)
Die in continuo bis Mitte von foL 73 geschriebenen Briefe decken
sich wieder mit solchen von A so, dass von ep. 179 an die gauze
Gruppe A Y eingeschrieben erscheint, vorher aber unter n® 176 — 178
jene drei Briefe Urban lY. auftreten, welche in A lY unter n^208 — 205
den zweiten Nachtrag bilden.
YI. epp. 198—243. fol. 74—85. Sehr. E. (L. 12. Quaternio.
L 13. 3 (ursprünglich 4) Blätter.)
Dieselben entsprechen in A epp. 123 — 170 d. s. die auf den zwei
ersten Quinternionen von A III stehenden Briefe. Wenn nun auch
die Beschreibung der Gruppe der Schrift und Disposition nach eine
continuir liehe ist, so muss doch hervorgehoben werden, dass mit ep. 231
ein Wechsel der Tinte auftritt, was auf eine Unterbrechung der Arbeit
schliessen lässi Da ist nun von Bedeutung, dass innerhalb des ep. 231
von L. 12 auf L. 13 übergegangen wird, so dass man berechtigt ist,
anzimehmen, es habe im ursprünglichen Plane gelegen, nur bis dahin
die Briefe in diese Gruppe zu bringen. Allerdings wird diese Ansicht
durch Yergleichung mit A nicht unterstützt, denn der ep. 231 dort
entsprechende ep.'157 steht inmitten der Lage; aber der Inhalt des
Briefes ist vielleicht heranzuziehen, er ist nämlich der unter Inter-
vention Gregor X. auf der Arnobrücke zu Florenz geschlossene Stadt-
friede (P. 20750), also eine ganz exemptionelle Urkunde.
YII. epp. 244—348. foL 86—119. Sehr. P. G. (L. 14. 15. 16. 17.
Qnaternionen. L. 18. 3 (ursprünglich 4) Blätter.)
Die Beschreibung dieser Gruppe ist nicht so wie die der vorher-
gehenden eine einheitliche; auf fol. 106 nämlich schliesst die zuerst
44 Kaltenbrnnner.
auftretende Haud F ihre Arbeit und wird von fol. 107 an durch G
abgelöst. Dieser Wechsel der Schreiber prägt sich auch äusserlich
dadurch aus, dass von fol. 106' etwa die Hälfte leer gelassen ist, und
zwar ist dieselbe auch nicht mehr liniirt, so dass wir eine genaue
Baumberechnupg für F annehmen müssen. Nur der Umstand, dass
der Schriftwechsel innerhalb des 3. Quaternio (fol. 102 — 108^^») vor
sich geht, dass nicht, wie wir dies bei so vielen Gruppen des Codex
finden, dem Schreiber schliesslich eine kleinere L^e zugemessen wurde,
trotzdem derselbe, wie wir aus der Liniiruug schliessen müssen, selbst
eine Baumberechnung vorgenommen hat, nöthigt, das vom Schreiber
G auf den drei letzten Blättern des 3. Quaternio und* auf den bieiden
folgenden Lagen geschriebene mit dem Pensum von F in eine Gruppe
zusammenzustellen. Denn auch inhaltlich findet zwischen fol. 106 und
107 eine . Gliederung statt. Bis foL 106 nämlich erstrecken sich
epp. 244 — 314 (VIL 1), welche sich, abgesehen von einer Störung am
Schlüsse, decken mit A VIT d. i. mit den » Epistolae de Terra Sancta " ;
diese Störung tritt in der Weise ein, dass epp. 327. 329 von A in B
fehlen, ohne dass hiefür ein Grund ersichtlich wäre; dagegen stellt B
unter n^ 312 nochmals A ep. 322 ein, den er schon vorher die Reihen-
folge von A einhaltend unter n^ 308 gebracht hat. — Die Briefe des
zweiten Theiles der Gruppe (VIL 2) epp. 315 — 348 fehlen mit Aus-
nahme von epp. 333. 334. 339 alle in A; jedoch ist auch dieser Zu-
sammenhang nur ein scheinbarer, denn die genannten drei Briefe sind
Wiederholungen von n» 264. 265 (Gr. VIL 1) und n» 218 (Gr. VI).
Die Briefe entfallen der Eeihe nach auf ürban IV. (315—322),
Clemens IV. (323—329), Gregor X. (330—339), der Sedisvacanz nach
Johann XXL (340—346), worauf ein Berardusbrief (347) zum letzten
vor der Krönung fallenden Brief Nicolaus IIL (348) hinüberleitet.
Aus dem Inhalte lässt sich kein bestimmter Gesichtspunkt für ihre
Zusammenstellung erkennen, meist allerdings sind es Briefe kirchen-
rechtlicher Natur, die aber auch durch politische und Kreuzzugsbriefe
unterbrochen werden; hervorzuheben ist, dass eine beträchtliche An-
zahl für oder an einzelne Orden und Corporationen erlassen ist, was
dieser Gruppe gegenüber allen andern des B und auch gegenüber A
eigenthümlich ist^).
*) Bei Beßprechung der Epistolae Notabiles, mit denen die Gruppe einen
gewiBben Zusammenhang aufweist, komme ich nochmals auf sie zu sprechen.
Hier ist nur noch anzuftthren, dass zwei Briefe dem B ganz allein angehören :
ep. S24 an den Bischof von Vercelli (über Unterstützung des naoh Italien ziehenden
Karl V. Anjon) und ep 845 an die Bewohner der Mark Ancona (geg^n die
Venetianer gerichtet).
Römische Studien m. 45
VIII. epp. 349—410. fol. 120—139. Sehr. C. (L. 19. 20. Qua-
ternioneiL L. 21. 3 (ursprünglich 4) Blätter.)
Es sind die Epistolae , super unione Grecorum'', die uns schon
einschliesslich der unter Gregor X. aus dem Orient eingelaufenen
Briefe in A YIII begegnet sind. Die üebereinstimmung der Gruppen
ist in den beiden Handschriften eine vollkommene.
IX. epp. 411—429. fol. 140—146. Sehr. H. (L.22. Quaternio.)
Dieselben entsprechen epp. 171 — 189 von A, das sind die Briefe
des 3. Quintemio von A III, und zwar sind jene beiden Briefe Mar-
tin IV., welche dort unter n^ 188. 189 nach Leerlassung eines Baumes
nachgetragen sind, hier in einem Zuge mit de^ andern niedergeschrieben^
Die Briefe der zwei ersten Quinternionen von A III fanden wir schon
früher vollzählig in Gr. VI, so dass A III = B VI -f B IX ist
* X. epp. 430—432. fol. 147—154. Sehr. H. (L. 23. Quaternio.)
Der leere Baum, der zu Ende des vorhergehenden Quaternio
auftritt, und der in keinem Zusammennang mit den Briefen desselben
stehende Inhalt von epp. 430 — 432 rechtfertigt, dass dieselben trotz
des gleichen Schreibers als besondere Gruppe gestellt werden; weiters
der umstand, dass sie auch als solche in A X auftreten. So wie dort
sind auch hier zwei Insertionen der Belehnungsurkunde Cl«3mens IV.
für Karl v. Anjou als besondere Nummern aufgefasst worden. Ep. 405
von A, das wir als Nachtrag gekennzeichnet haben, fehlt hier in B
und kommt auch sonst in ihm nicht vor.
XL epp. 433—454. fol. 155—159. Sehr. I. (L. 24. 5 Blätter,
eines Ternio.)
Die Briefe decken sich mit epp. 491 — 512 von A, das sind die,
welche auf dem zweiten Quaternio von A XIV stehen.
XIL epp. 455—495. fol. 160—181. Sehr. K L. (L. 25. 26
Qnaternionen. L. 27. 6 Blätter eines Quinternio.)
Schreiber E arbeitet in continuo bis ep. 478, mit welchem er
nach Vollschreibung der zwei ersten Quaternionen auf fol. 1 des
Quinternio zu Ende kommt. Der übrige Theil dieses Blattes (176)
ist dann leer geblieben, seine Versoseite auch nicht mehr mit Linien
versehen. Erst fol. 177 beginnt Schreiber L seine Thätigkeit, die er
nach Niederschreibung von ep. 479 — 495 auf dem 6. Blatte des Quin-
temio abschliesst, worauf die weiteren vier Blätter wie üblich weg-
geschnitten wurden. Der Umstand dasd, obwol K schon nahe an den
Schloss seines Pensums gelangt ist, ihm doch noch ein Quinternio
, gegeben wird, beweist sicher, dass L. nicht Nachträge liefert, sondern
dass sein Fensum von Anfang an mit dem von K zur Erledigung
46 Ealtenbranner.
zurecht gelegt war. — Diese Zweitheiluug der G^ppe nach Schreibern
steht nun im engsten Zusammenhange mit dem Inhalte der Briefe
respective mit ihrem Verhältniss zu A. Der Antheil von K (455 — 478)
deckt sich nämlich bis ep. 472 mit A epp. 411 — 428 d. L mit der
ganzen Gruppe A XII; von epp. 473 — 478 aber mit A epp. 513 — 518
d. i. dem ersten Theile von A XV. Diese letztere enthält, wie vrir
sahen, nur Excommipiicationsprocesse, die von n^ 513 — 518 Martin IV.,
von n^ 519 — 522 Honorius IV. zufallen und in diese zwei Theile
getrennt auch räumlich in der Gruppe auftreten. Also nur die Frocesse
Martin IV. sind hier ün Anschluss an die vorhergehenden und nach-
folgenden ausschliesslich diesem Papste angehörigen Briefe von B
aufgenommen, während wir denen von Honorius IV. noch an anderer
Stelle in ihm begegnen werden. — Der Antheil von L (479 — 4Sf5)
deckt sich mit A 474 — 490, das sind die Briefe des ersten Quatemio
von A XIV, deren zweiten wir eben vorher in B die Gruppe XI bilden
gesehen haben. Es begegnet uns also hier ein ähnliches Verhältniss
zu A wie bei B VI und B IX: B XI -|- B XII. L. bilden zusammen
A XIV.
XIII. epp. 496—500. fol. 182—187. Sehr. E. (L. 28. 6 Blätter
eines Quatemio).
Alle fünf Briefe sind sowol A als den übrigen Samxolungen
gegenüber B allein angehörig. Die ersten vier sind die wichtigen
Urkunden Honorius IV., durch welche er das staatsrechtliche Verhält-
niss Siciliens zur Curie von neuem regelt (P. 22291. 89. 90. 93). Das
erste und dritte Stück sind Privilegia majora und da hat denn B auch
die Cardinäle eingeschrieben, jedoch in solcher Verwirrung, dass wir
dem Schreiber wenig Eenntniss der Kanzleigebräuche zusprechen
können; für Bota und Benevalete ist nur ein freier Baum gelassen.
Ep. 500 endlich ist ein Urbanbrief v. 22. IV. 1266 (»Komane ecclesie*),
worin streitige, Satzungen widersprechende Belehnungen in der Cam-
pania und Maritima gnadenweise gutgeheissen werden.
XIV. epp. 501—515. fol. 188—194. Sehr. M. (L. 29. 7 Blätter
eines Quatemio.)
Die in continuo geschriebenen Briefe decken sich mit epp. 519 —
533 in A; dort aber gehören sie nicht einer geschlossenen Gruppe
an, sondern bilden bis ep. 522 den zweiten Theil von Gr. XV, von
da ab Gr. XVI. Ep. 519 — 522 sind nun jene Ezcommunications-
processe Honorius IV., die in A XV durch drei leere Blätter von
denen Martin IV. getrennt sind, welch' letztere wir bereits in B XII
als zweite dem Schreiber E zufallende Partie nachgewiesen haben.
BOmiBclie Studien ITt. 47
XV. epp.5l6— 563. fol. 195—208. Sehr. B. (L.30. Quaternio.
L. 31. 6 Blätter eines Quaternio.)
AUe Briefe von A XIII (epp. 429 — 473) Bind in dieser Gruppe
enthalten; überdies hat dieselbe aus A XII unter n^ 560 — 562
epp. 419 — 421; sie sind jedoch Wiederholungen, da B sie schon früher
in Gr. XII unter n^ 463 — 465 und zwar im Zusammenhang mit
A XII gebracht hat Was nun das Yerhältniss der vorliegenden Gruppe
zu der ihr correspondiren von A anlangt, so begegnet uns die neue und
höchst auffallende Erscheinung, dass die Aneinanderreihung der Briefe
in beiden eine verschiedene ist, vr orauf vnr bei der näheren Charak-
teristik des Verhältnisses vonB und A noch zusprechen kommen werden.
XVI.. epp. 564—581. fol. 209—214. Sehr. N. (L. 32. 6 Blätter
eines Quaternio.)
Alle diese Briefe, welche von n^ 564 — 576 Urban IV., von
no 577—579 Nicolaus III. und in n« 580. 581 Martin IV. angehören,
fehlen in A; sie sind dagegen alle in der Sammlung der Epistolae
Notabiles enthalten. Schon einmal bei B VII. 2 konnten wir das
gleiche Verhältniss constatiren, und so wie dort muss auch hier einst-
weilen bemerkt werden, dass sich im Gegensatz zu fast allen jenen
Gruppen, die B mit A gemeinsam hat, kein einheitlicher Gesichts-
punkt für die Zusammenstellung dem Inhalte der Briefe nach er-
kennen lässt
XVII. epp. 582—633. fol. 215—229. Sehr. C. (L. 33. 34. 35. 36.
je 4 Blätter.)
Auch in dieser in continuo niedergeschriebenen Gruppe weist B
keinen directen Zusammenhang mit A auf, wol aber wieder mit den
Epiatolae Notabiles, und wieder können wir für die Zusammenstellung
der Briefe aus ihnen selbst keinen Grund ersehen. Sie fallen von
n^* 582 — 604 auf Gregor X., von da ab bis ep. 623 auf Nicolaus III.
Hier ist der Schreiber bis gegen den Schluss der 3. Lage gelangt;
er schreibt sie dann voll mit dem Martin IV. angehörigen ep. 624
und setzt diesen auf der 4. Lage fort Das ist deshalb anzuführen,
weil gerade hier die Beihe der Nicolausbriefe unterbrochen wird, die
beiden folgenden Nummern (epp. 625. 626) sind nämlich wieder solche.
Dieses Einschieben eines Briefes Martin IV. kann vielleicht dadurch
erklärt werden, dass der Schreiber die Absicht hatte, mit ihm seine
Arbeit abzuschliessen, dass er aber dann, als er doch noch eine neue
Lage zur Hand nehmen musste, weitere Briefe in seine Arbeit ein-
bezog. Dies wird auch dadurch wahrscheinlich, dass der Brief schon
firüher unter n^ 487 in B vorkommt, weiters dadurch, dass nachdem
auf der neuen Lage die zwei erwähnten Nicolausbriefe eingesciiriebeu
48 Ealtenbrunner.
sind, auf frühere Fontificate zurückgegriffen wird; ep. 627 gehört
nämlich Innocenz Y. an und daran reihen sich als die letzten der
Gruppe und des Codex unter n^ 628 — 633 Briefe Johann XXI. an.
Lag die Einbeziehung derselben im ursprünglichen Plane, warum hat
sie der Schreiber oder Ordner nicht zwischen Gregor X. und Nicolaus III.
zwischen ep. 604 und 605 gestellt, nachdem doch in allen andern
Gruppen die chronologische Reihe der Fontificate eingehalten ist Im
Gegensatze zur vorhergehenden, in üebereinstimmung dagegen mit der
auch sonst unter gleichen Verhältnissen auftretenden Gr. YII. 2 finden
sich in ihr auch solche Briefe, die B allein eigenthümlich sind.
Beachtenswerth ist es ferner, dass die Wiederholung eines. schon früher
im Codex stehenden Briefes in dieser Gruppe bei ep. 624 nicht ver-
einzeint ist; auch epp. 594. 595. 596. 600. 601 von Gregor X. und
epp. 630. 633 von Johann XXI. sind Wiederholungen, und ebenso wie
wir in Gr. VIL 2 derartig wiederholte Briefe aus zwei getrennten
Gruppen genommen fanden, so sind auch diese nicht in einer und
derselben vereint, sondern stehen zerstreut in fiinf verschiedenen
Gruppen i).
Das Auftreten einzelner Schreiber in verschiedenen Theilen des
Codex sichert natürlich deren ursprüngliche Zusammengehörigkeit; es
lässt sich aber nicht bestimmen, ob die Gruppen nach der ihnen vom
Ordner des Codex gegebenen Beihenfolge jetzt noch liegen, denn so
wie wir bei A bemerkten, dass die einzelnen Gruppen ursprünglich
durch keinerlei Band zusammengehalten waren, 30 trifft dies auch hier
ein. Wol ist eine alte Folürung vorhanden; ob dieselbe aber gleich
bei Anlage des Codex angebracht worden sei, ist zweifelhaft, da die
weggeschnittenen Blätter nicht in sie einbezogen worden sind, und
wir deren Wegfall doch erst beim Binden annehmen können. Eine
Numerirung der Briefe ist erst in jüngster Zeit (wol von Delisle?)
durchgeführt worden, und eine Custodenbezeichnung gibt es gar nicht;
dagegen sind die einzelnen Lagen der Gruppen (so wie in A) durch
Reclamanten aneinander geknüpft. Da dieselben in den wenigen Fällen,
wo eine intakte Lage am Schlüsse einer Gruppe auftritt, regelmässig
fehlen, so lässt sich auch bei B dieselbe Erscheinung wie bei A con-
statiren, dass sie nur ein Band innerhalb der Gruppen nicht aber unter
diesen selbst zu bilden bestimmt waren. — Der Codex macht insofeme
einen unfertigen Eindruck, als die Initialen durchwegs mit Ausnahme
von Gr. VIL 2 und XVI (wo sie jedoch der Schreiber selbst ganz
1) Der Reihe nach &llen die Briefe zusammen mit Qr. VII. 801 ; Gr. III. 101 ;
Gr. VII. 808 ; Gr. VIII. 886 ; Gr. VII. 806 ; Gr. 11. 42 ; Gr. IX. 418. Der Martinbrief
624 findet sich früher unter n® 487 in Gr. XII.
Römische Studien III. 49
schlicht mit Tinte machte) angeschrieben geblieben sind; durchwegs
ist f&r sie ein leerer Baum gelassen, meist sind sie auch klein yor-
geschrieben und zwar geschieht beides in mannigfacher Weise ent-
sprechend dem Wechsel der Schreiber. Auch fQr Bubricae ist in mehreren
Gruppen ein leerer Raum gelassen, nicht immer sind sie dann auch
am Bande yorgeschrieben ; ausgeftihrt aber sind sie nur in den letzten
yier Briefen der 2. Lage yon Gr. XII und zwar mit rother Tinte.
Es gilt nun, über das Yerhältniss yon A und B klar zu werden •
Wir konnten alle Gruppen yon A in B nachweisen, fanden aber zu-
gleich, dass die Gr. VII. 2. XIII. XVI. XVII yon B in A fehlen. Wenn
sich daraus yon selbst ergibt, dass B als Ganzes nicht in direcier
Abhängigkeit yon A stehen könne, so kann umgekehrt dasselbe auch
nicht yon A behauptet werden, da er in Gr. I zwei nicht in B stehende
Briefe hat Das alles kann aber noch nicht nSthigen, die yoUkommene
Unabhängigkeit der Handschriften yon einander zu erklären; gemäss
ihrer Anlage konnte neben manchem anderen Material auch die eine
Handschrift ganz oder theilweise yon der andern benützt worden sein.
Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme wird nun bei A dadurch
wesentlich eingeschränkt, dass derselbe mehrmals am Ende seiner
Gruppen Briefe, welche sich entweder durch den Inhalt oder durch
ihr üeber- oder Zurückgreifen in einen anderen Pontüicat als Nach-
träge oder Zusätze darstellen, durch Scheidung yon der Hauptmasse
auch räumlich als solche zum Ausdruck bringt, während B eben die-
selben Briefe in continuo mit diesen geschrieben aufweist Spricht
dies für die Abhängigkeit yon B, so werden diese Anzeichen noch
yermehrt, wenn wir uns erinnern, wie einige seiner Gruppen sich aus
zwei oder mehreren Gruppen yon A bilden, andere dagegen aus be-
stimmt abgegrenzten Theilen yon solchen bestehen. So fanden wir:
B U ^ = A IX + A VI + A IV (1. Nachtrag)
B III = A II + A IV (Hauptmasse)
B V = A IV (2. Nachtrag) + A V
B VI =.A m (1. 2. Quintemio)
B IX = A m (3. Quintemio)
B XI = A XIV (2. Quaternio)
B XU = A XII + A XV (Martin IV.) -f A XIV (1 Quaternio)
B XIV =- A XV (Honorius IV.) + A XVI.
Im Zusammenhang hiemit muss weiter die Notiz gebracht werden,
welche in A IV yor dem zweiten Nachtrage angebracht ist: «deficiunt
dno folia Urbani de anno et . . . quinterno Nicolai *, was wir auf eine
Vergleichung einer Abschrift oder wenigstens einer andern Handschrift
mit A bezogen. B bringt nun diesen zweiten Nachtrag yon ürban-
MitthefluDffeii VU. i
50 Kaltenbrnnner.
briefen im Vereine^ mit A V das ist eben dem Qnintemio mit Kicolaos-
briefen vereint in seiner Gruppe Y, während er die Hauptmasse (aller-
dings ausschliesslich auch des ersten Nachtrages) in Gr. III hat ; es
liegt daher gewiss sehr nahe, in jenem mit A yerglichenen Codex
nnsem B zu sehen. — Scheint also aus diesen Wahrnehmungen die
Abhängigkeit desselben Ton A herrorzugehen, so müssen wir dieselbe
aber von Tomherein bei einigen seiner in A stehenden Gruppen aus-
schliessen oder wenigstens für höchst unwahrscheinlich erklären, näm-
lich bei B IV, in welcher ep. 156 ihm allein angehörig ist, und bei
B YIII, wo wir ÜEUiden, dass die Note zu ep. 388 einen nicht in A
stehenden Schlusssatz aufweist; endlich auch bei B XV, deren Briefe
sich allerdings vollkommen mit denen von A XIII decken, aber sich
in anderer Beihenfolge als jene darstellen.
Im allgemeinen wird aber die Frage doch nur durch Vergleichung
der beiderseitigen Eintragungen gelöst werden können. Da kommt
uns nun wesentlich zu statten, dass die Berardussammlung mehr als
irgend eine dieser Zeit (wenigstens in der jetzt in Betrachtung stehenden
Bedaction) die individuellen Beziehungen ihrer Briefe beibehalten hat
und zwar in einem solchen Grade, dass man sie nicht als Formel-
sammlung sondern als Briefsammlung bezeichnen muss. Vor allem
tritt dies bei der Datirung zu Tage, welche mit der Formel gar nichts
zu thun hat, daher auch in fast allen anderen Sammlungen wegge-
blieben ist; etwa die Hälfte der Briefe hat in A und B mehr oder
minder vollständig die Datirung. Vergleichen wir nun dieselbe in den
beiden Handschriften untereinander, so finden wir neben grosser üeber-
einstimmung doch auch einige Abweichungen. Zunächst hat A gegen-
über B in ep. 513 (:^ B XII ep. 473j selbständige Datirung und in
ep. 120 hat er ,11. Id. Dec*; während B in Gr. III ep. 126 nur
« Id. Dec. ^ setzt. Passt dies zu der ohnehin schon gefassten Meinung
über die Selbständigkeit von A, so erhalten wir nun auch umgekehrt
Beweise für die von B: In Gr. 111 und XI weist er nämlich in je
einem Briefe (epp. 53. 450) eine Datirung auf, die in den correspon-
direnden A-Briefen (epp. 47 und 508) fehlt, und in Gr. XIV hat ep. 515
,11 Kl. Dec* gegenüber ,K1. Dec." von A 533. Aehnliche Incon-
gruenzen begegnen uns bei jenen drei Gruppen, für welche wir die
Abhängigkeit von A aus andern Gründen schon unwahrscheinlich
gefunden haben >). Wir erhalten also als erstes Resultat dieser Ver-
>) In Gr. IV hat B selbetändige Datirung bei opp. 17S. 175; in Gr. VIII bei
epp. Soü. S60; in Gr. Xlll bei ep. 546. — Kine die Frage nicht berührende In-
congrucnz ist es, wenn B III ep. 119 >II Kl. Dec.'' A ep. HS dagegen >II. Id.
Dec* hat. — Kndlich ist noch anzuföhren, dass B in Gr. XII zweimal (ep. 464.
Römische Stadion III. 51
gleichungf dass wir dieselben (Gr. IV. YIII. XIII) nun als iinabhiingig
erklären und ihnen auch 6r. III. XL XIV anreihen. Aber auch die
Art der Uebereinstimmung gibt zu Erwägungen Anlass; so ist denn
doch auffallend, wenn B I und A I in gar keinem ihrer Briefe ein
Datum setzen, wenn in B VI und A III 1 unter 48 Briefen nur fönf,
in B VII 1 und A VII unter den 68 Briefen nur 16 Datirnngen auf-
treten und von diesen II auf die letzten 11 Briefe der Gruppe fallen
oder wenn in B IX und A III 2 alle Briefe mit Ausnahme von Einern
Datirung beigesetzt haben. — Nicht immer ist dieselbe in ihren drei
Bestandtheilen (Ort, Tag, Jahr) gegeben, sondern in * der Mehrheit der
Pälle ist sie bis auf die zwei ersten verkürzt Da herrscht nun in
den nach der vorgenommenen Ausscheidung in Frage kommenden
Gruppen vollkommene uebereinstimmung, die sich auch auf solche
Fälle erstreckt, in denen die Kürzung noch weiter um sich gegriffen
hat 1). Auch die nach Begistraturgebrauch angewendete Datirung mit
Verweisung auf den vorhergehenden Brief kommt in ganz überein-
stimmender Weise zur Anwendung, und zwar wieder auch in Fällen,
die von der gebräuchlichen Form abweichen^). Sicher sprechen alle
diese Wahrnehmungen iiir eine directe Abhängigkeit, aber ihre Be-
deutung wird sofort dadurch abgeschwächt, dass wir eben solchen
Uebereinstimmungen in jenen B-Gruppen begegnen, welche wir selb-
ständig von A stellen mussten^). Besonders lehrreich und uns der
Losung der Frage näher bringend ist nun das Verhältniss zu A in
jener Gruppe B XV, welche wol die gleichen Briefe aber in verschie*
dener Beihenfolge vne jener aufweist. Die Briefe stellen sich in nach^
stehender Weise gegen einander:
465) »Dat. ut Bupra*, A dagegen in epp. 420. 421 »Dat. ut in proxima guperiori<
schreiben ; aber das könnte doch auch auf Willkürlichkeit des einen oder des an-
dern Schreibers zurückgeführt werden. '
■} So hat B ep. 417 in Gr. IX übereinstimmend mit A 177 nur »Datum
Viterbü*, und der in beiden Handschriften vorangehende Brief nur »Datum XUL
Kl. Novembr.*, für welch' letztere« analoge Fälle auch in andern Gruppen be-
gegnen. Gerade in der eben erwähnten Gruppe stossen wir auch noch auf eine
weitere anfallende Congruenz: B 429 und A 189 haben »Dat. Viterbii V. Kl. Martii
guscepti etc.« *) So haben B 180 und A 207 (Gr. B V) fibereinstimmend »Dat.
Viterbii ut supra*, die beiden vorhergenden dagegen in beiden Handschriften
»Dat. ut supra*. ') Bezüglich der Kürzungen zeigen die Briefe von B Vlll voll-
kommene Uebereinstimmung mit A, unter andern sind yier aufeinanderfolgende
Briefe (B 402-405 = A 882— S85) nur mit »Dat. Viterbii« datirt, und in der-
selben Gruppe hat B 880 = A 860 gemeinsam »Dat. v. Kl. Angusti*. Aus einer
andern Gruppe wiederum können wir jener aufwenden congnienten Kürzung mit
eta bei B 429. A 189 eine ähnliche gegenüberstellen: B IV. ep. 160 hat so wie
A 244 »Dai etc. X. Kl. lunii p. n. a. II«.
4*
52 Kaltenbrunner.
A 431. 432. 433—439. 440—470. 471—473. 429. [419—421]. 430.
B 548. 516. 549—555. 517—547. 556-558. 559. [560— 562]. i) 563.
Die 2ialil der Datirungen ist in beiden Handschriften voUkommen
gleioh; insofeme nur begegnen uns Abweichungen, als A die Ver-
weisung auf ein vorliegendes Datum stets mit »ut in proxima' durch-
führt, während B diesen Ausdruck mit dem sonst üblichen .ut supra*
alterniren lässi Weiters begegnet uns in A dreimal und in B Einmal
die ausgeschriebene Datumzeile, während die andere Handschrift nur
den Verweis setzt. In den ersteren drei Fällen (A epp. 442. 443. 445)
hat das nichts zu sagen, denn die Torhergehenden Briefe tragen das-
selbe Datum; die Verweise bei B bedeuten also dasselbe wie die aus-
geschriebenen nur wiederholten Zeilen Ton A. Dort aber, wo B selb-
ständig Yon A eine Datumzeile setzt, ergibt sich eine zeitliche Differenz:
nachdem eine Reihe von Briefen in beiden Handschriften mit dem
durch die Datumzeile von B 537 ^^ A 460 beherrschtem « Dat. VII. KL
lunii* paralell läuft, setzt B zu ep. 546 ,X. El. lunii* und im nächsten.
Briefe 547 darauf wieder „ut supra*. A aber lässt im correspondirenden
ep. 469 diese Datumzeile ausser Acht und setzt so wie in den vor-
hergehenden sein ,ut in proxima*, datirt also diesen und den nach-
folgenden ebenfalls mit dem Verweise versehenen ep. 470 um drei Tage
später als B. Aehnliches begegnet uns noch an einer anderen Stelle:
indem B die inhaltlich enge zusammengehörigen Briefe A 432 — 437
dadurch zerreisst, dass er A 432 unter n^ 516, A 433 — 437 unter
n^ 549 — 553 einstellt, stimmt er doch mit A darin überein, dass er
dem ersteren «Dai III Non. Maii*, den übrigen allen «Dat ut supra*
beisetzt. Dieser Verweis muss nun natürlich in B auf ep. 548 be-
zogen werden, der aber «Dat. III. Id. Maii" hat, so dass also die
Briefe 549 — 553 in B um 8 Tage später datirt erscheinen, als die
correspondirenden epp. 433 — 437 in A'). Finden also in dieser Gruppe
einerseits Abweichungen statt, welche die Unabhängigkeit von B garan-
tiren, so begegnen wir andererseits einer Uebereinstimmung, die wir
jetzt nur mehr durch eine gemeinsame Vorlage erklären können, und
^) epp. 660—562 sind in B Wiederholungen aus Gr. XIL *) Aus diesen
Fällen resultirt zugleich die wichtige Thatsache, dass man den Datumverweifieii
bei A und B (einmal mussten wir dem einen, einmal dem andern Unrecht geben)
wenig Zutrauen schenken darf. Hiefir ist auch noch folgender Fall anzuführen:
B SOS = A 822 wird in derselben Gruppe (B VIl. 1. A Yll) in beiden Hand-
Schriften wiederholt unter n° 812. 826. An ersterer Stelle hat er in beiden »Bat.
Bellicardi Non. lub'i«, an der letzten »Dat. ut supra«, was auf den vorhergehenden
Brief bezogen in beiden »Dat. Yalentie XV. Kl. Octobr.*, also eine um 2Vt Monate
abweichende Datirung ergibt.
Römisclie Studien III. 53
zu dieser Annahme passen wol auch am besten alle vorher mitge-
theilten Wahrnehmungen; indem die beiderseitigen Schreiber ange-
wiesen sind, sich genau an die Vorlage zu halten und sie dieser
Weisung auch im ganzen Folge leisten, stimmen sie in der über-
wiegenden Zahl Yon Fällen überein; die Geltungmachung der Indivi-
dualitat und hie und da auftretende Lässigkeit aber bringen die von
vaia nachgewiesenen Abweichungen naturgemäss mit sich.
Nach der Datirung ist es die Behandlung des Protokolls, welche
zur Vergleichung der beiden Handschriften herangezogen werden muss.
Dasselbe besteht bekanntlich in den Papstbriefen regelmässig aus drei
Theilen : Name und Titel des Papstes, Name und Titel des Adressaten
und die Grussformel. Es hängt nun mit dem historischen Sinne,
welcher bei Anlegung unserer Sammlung obwaltete, zusanmien, dass
diese Theile nur insoweit verkürzt werden, als es die Individualität
der Briefe selbst nicht beeinträchtigt Während andere Formelsamm-
lungen das Protokoll ganz auslassen oder doch nur, um die Formel
näher zu fixiren, den Charakter des Adressaten, nicht aber auch seinen
Namen oder die individuelle Beziehung des ersteren auf eine Localität
vorsetzen, wird in unseren Handschriften mit wenigen Ausnahmen
Name und Titel des Adressaten so gesetzt, wie wir ihn bei den be-
treffenden Ausfertigungen der Briefe selbst voraussetzen können. Da-
gegen wird die gewöhnliche Orussformel (salutem et apostolicam
benedictionem) regelmässig ausgelassen, nur hie und da durch ein etc
angedeutet; bezeichnender Weise aber wird die Formel gesetzt, wenn
sie mithilft, die Stellung des Adressaten zum Papste näher zu kenn-
zeichnen, also bei Briefen an Ezcommunicirte und an Ungläubige. —
Verwickelter stellt sich die Behandlung des Papstnamens dar. Der-
selbe wird in der fortlaufenden Serie der Begisterbände imter den in
Betracht kommenden Päpsten regelmässig ausgelassen; nur beim je-
weiligen ersten Briefe eines Jahrganges oder einer Gruppe wird^er
gesetzt, und dies genügte auch vollständig, da sich ja für alle folgenden
der Name durch die räumliche Zusammengehörigkeit mit jenem von
selbst verstand. Anders ist dies nun in unserer Sammlung, in der,
wie wir sahen, die Pontificate vielfsich ineinander geschoben oder
sprungweise aufeinanderfolgend auftreten. Da musste eben der Zu-
sammensteller oder der Schreiber selbstthätig auftreten, wollte er anders,
seinem historischen Sinne folgend, jeden Brief auf den ihm zukom-
menden Papst fixiren. Gerade dadurch nun, dass wir hier eine gewisse
selbständige Thätigkeit voraussetzen müssen, scheint es, dass wir durch
die Vergleichimg der Art, in welcher sie in der einen und in der
andern Handschrift zu Tage tritt, eine werthvoUe Handhabe zur Lösung
54 Ealtenbrunner.
der Frage über das Yerhältniss von A and B erlangen. Führen wir
nun diese Vergleichung durch, so erkennen wir bald, dass ein ein-
heitlicher Gesichtspunkt in beiden obwaltet; es tritt nämlich das
Bestreben uns entgegen, den Beginn eines neuen Pontificates dadurch
'ZU fixiren, dass der betreffende erste Brief mit dem Namen des Papstes
bezeichnet wird; die weiteren haben allerdings denselben nicht mehr,
aber ihre Zusammengehörigkeit mit jenem wird durch den Verweis
mit ,Idem' hergestellt^). Stellen wir dies als Kegel für beide Hand-
schriften auf, so müssen wir doch auch zahlreiche Abweichungen
constatiren. Da dürfen zunächst einzelne Incongruenzen nicht allzu
sehr ins Gewicht fallen; die Auslassung eines iildem*^ in der einen
oder andern Handschrift, die ausgedehntere Setzung der Adressanten-
formel in der einen oder die Verkürzung derselben in der andern
können auch dem nach einer Vorlage mit dem andern arbeitenden
Schreiber beigemessen werden, und wenn wir diese einzelnen Fälle
nun gegen einander halten, so sehen wir die Abweichungen als gegen-
seitige auftreten; sie können also auch deshalb wenig Air unsere Frage
entscheiden. Anders ist es aber, wenn wir Abweichungen von dieser
Begel in beiden Handschriften gemeinsam vorfinden, wenn wir also die
Setzung des Adressanten ganz vermissen, oder wenn wir dort, wo wir
nach dem sonstigen Vorgehen den Papstnamen erwarten, ihn nicht
finden, endlich wenn wir demselben an Stelleu übereinstimmend be-
gegnen, wo wir ein „ Idem * als genügend erachten würden : So ist in
B XI und im Schreiberantheil L von B XII der Adressant ganz un-
berücksichtigt, womit Ä XIV, welche sich aus diesen zwei Gruppen
zusammensetzt, vollkommen übereinstimmt; im Schreiberantheil E aber
hat B XII in allen Briefen die ausgeschriebene Martinformel sowie
der oorrespondirende erste Theil von A XV. Ebenso hat A XV. 2.
(Honoriusprocesse) in den drei ersten Briefen die ausgeschriebene Formel,
im letzten nichts, und in gleicher Weise verfahrt bei den vier Briefen
B in Gr. XIV, wo er dann, weiters übereinstimmend mit A XVI, in
allen Briefen den Adressanten ganz ausser Acht lasst. — Auf eine
grössere gemeinsame Unregelmässigkeit stossen wir ferner in B I =^
A I : da hat der erste Brief keinen Adressanten, der zweite aber hat
„Idem*, und dieses setzt sich in A ununterbrochen, in B mit Aus-
nahme des leer gelassenen ep. II ebenso durch die ganze Gruppe forti
obwol mit B 1 1 A 13 die bis dahin laufenden Briefe ürban IV. durch
die Clemens IV. abgelöst werden. — Aehnlich sind in A VIII B VllI
•) Dieser Verweis wird bei Briefen an gleiche Personen auch auf den Adres-
saten ausgedehnt, was bekanntlich auch im Registruin gebräuchlich ist.
Römisclie Studien IIL 55
die beiden ersten Briefe oline Adressanten gelassen und begegnet uns
bei denselben Briefen innerhalb der Fontifieate einzeln oder gruppen-
weise das Fehlen von .Idem'*, und die Uebereinstimmung in dieser
Gruppe geht so weit, dass gleichmässig in A 378 und B 397 die
Formel nach Leerlassung eines Baumes .eps. seruus seruorum Dei'
lautet — Analoges Verhalten schlagen endlich ein B IX = A III. 2,
deren zwei letzte und einzige Martinbriefe nur in der zweiten Nummer
die volle Formel haben, dagegen sie ursprünglich übereinstimmend bei
der ersten auslassen (worauf allerdings der Schreiber sie in A am
Bande nachträgt) ; und B V = A IV (2. Nachtrag) + A V, wo die
beiden ersten Briefe ordnungsmässig „Urbanus* und ,Idem* haben, der
dritte aber in beiden ohne Adressanten gelassen ist. — Vielfach über-
flüssige Setzung der Formel finden wir sodann in B IV = A VI, indem
auch der zweite ürbanbrief (B 142 A 226) noch dieselbe und erst
die nächstfolgenden vier das ,Idem* haben; dagegen hat der zweite
Clemensbrief (B 148 A 232) „Idem", dafür haben aber die drei
folgenden wieder den Papstnamen selbst; von den Gregorbriefen aber
tragen die ersten vier dessen Namen selbst an der Spitze*). — Ueber-
achuHs und Mangel nebeneinander tritt auf bei B III in dem A II
entsprechenden Theile (während der mit A IV zusammenfallende über-
einstimmend mit diesem ganz nach der Begel vorgeht). Dort sind
die beiden ersten Briefe ohne Adressanten gelassen und erst der dritte
setzt mit «Idem* ein; dann aber begegnen wir 6 mal dem überflüssig
gesetzten Papstnamen übereinstimmend in beiden Handschriften, die
auch in der ferneren Ausserachtlassung des Adressanten und im XJm-
£EUig der mehrfach noch überflüssig gesetzten Formel vollkommen
gleich sind^). Nach einer andern Seite wird endUch die Frage be-
leuchtet in B II = A IX 4- A XI + A ep. 202: in B haben die
beiden letzten Briefe (44. 45), welche allein Martin IV. zufallen, dessen
ganze Formel; es begegnet uns also in ihm eine gegen die Begel
verstossendie, überflüssige Setzung; anders in A: dort ist der letzte
Brief von B als erster Nachtrag und alleiniger Martinbrief in Qr. IV
*) Auch das Ausmass der Formel stimmt in den Handschriflen überein:
B H9— 151 A 28S— 285 haben »Clemens eps. etc.«, B 147 A 281 dagegen nur
»Clemens*: B 158 A287 hat »Gregorius etc.«, die drei folgenden »Gregorius
epB etc«. *) Die überflüssige Setzung erfolgt in B 50. 52. 58. 56. 58. 59 =
A 44. 46. 47. 50. 52. 58, dagegen vermissen wir den Adressanten in B 49. 54. 60.
70. 125. 126 =r A 43. 48. 54. 65. 119. 120. — l'ür den gleichen Umfeng der
Formel mögen folgende Fälle angeführt werden: B 50 A 44 »Urbanus etc.«,
B 51 A 45 »Clemens eps etc.«, B 56 A 50 »Clemens etc.«, B 57 A 51 »Gregorius
epe etc.«, B 121. 124. A 115. 118 »Innocentius (resp. lohannes) eps servus servorum
Bei«, B 127 A 121 »Miseratione diyina etc.*
56 Ealtenbrunner.
»
gestellt,, hat also der Begel entsprechend die Formel^). — Fanden wir
bei den« bisher betrachteten Gruppen nur Uebereinstimmung, so er-
geben sich doch auch Abweichungen in anderen ; so im ersten Theile
von B XII, die im Gegensatze zu A XII, wo der Adressant durchweg
ausser Acht gelassen wird, bei einer Anzahl von Briefen „Idem** setzti
ohne dass sich eines derselben auf einen Torhergehenden Papstnamen
beziehen würde. Ferner in B XV, welche, wie schon bemerkt, andere
Folge der Briefe aufweist als A XIII ; da vemachlässigt nun A sehr
häufig das Yon B gesetzte «Idem*. Dafür begegnet uns aber auch wieder
eine auffallende üebereinstimmung : die Gruppe enthalt nur Martin-
briefe ; der Begel nach würde also die einmalige Setzimg der Formel
genügen, beide Handschriften aber setzen sie dreimal bei den gleichen
Briefen überflüssiger Weise, und diese üebereinstimmung wird dadurch
noch auffallender, dass die correspondirenden Briefe B 516 A 432 und
B 559 A 429 (der erste Brief der Gruppe) die volle Formel, B 549
A 433 und B 563 A 430 dagegen nur «Martiaus etc.* vorgestellt
haben. — Hie und da ergeben sich nun auch Störungen, welche denen
analog sind, die wir bei der durch «ut supra* ersetzten Datirung
constatirt haben: In B VI = A III 1 begegnen wir unter n® 206. 131
einem Briefe der Cardinäle mit Vorsetzung der entsprechenden Adres-
santenformeL Ihm folgen in beiden Handschriften zwei Briefe, die
ganz sicher Clemens lY. angehören und dennoch ,Idem* haben. Dieses
sinnlose «Idem* hat auch noch B 209, während in A 134 ein Papst-
name gesetzt war, der aber bis zur Initiale C wieder getilgt worden
ist *). Dies weist auf Clemens IV., während der Brief sicher Gregor X.
angehört; in A folgt hierauf eine lange Beihe mit .Idem* versehener
Briefe Gregor X., die sich nun fölschlich alle auf Clemens IV. be*
ziehen, wogegen die correspondirenden Briefe in B mit ihren « Idem '
noch immer auf die Cardinäle von ep. 206 weisen. Endlich macht in
B 231 und übereinstimmend damit in A 157 ein ,Idem Gregorius*
den Fehler gut, auf weiches dann bis zum Schlüsse der Gruppe die
aldem'' richtig in beiden Handschriften deuten, welche üeberein-
<) Die Congruenz erstreckt sich auch hier auf das Ausmass der Formeln : so
haben B 89 A 406 »Innoc. eps seryus seryorum Dei% B 42 A 408 »lohannes eps
servus servorum Dei etc*, und dieses etc tritt gemeinsam auch schon früher auf
bei der Gregorformel von B28A891. — Uebereinstimmend lassen auch die Hand-
schriften im 2. Johannesbriefe das >Idem* aus; der Schreiber yon B aber trägt
dann die ausgeschriebene Formel am Rande nach, so wie wir früher fanden, dass
einmal der Schreiber von A eine gleiche dort allerdings regelrechte Verbesserung
Yomahm. *) In A begegnen wir überhaupt beim Adressanten sehr häufig Rasuren,
meist so, dass der ausgeschriebene Name oder das »Idem* bis auf den ersten Buch-
staben getilgt ist. Grund hieför vermag ich keinen anzugeben.
Römifiche Studien III. 57
stiininung auch schon vor der Störung in ihnen obwaltete und zwar
auch bei einer Unregehnässigkeit, indem B 199 A 124 die Setzung
des «Idem*' gemeinsam verabsäumen. — Ein anderer Fall ist ebenso
bezeichnend : In B VII. 1 = A VII ist B 244 A 260 übereinstimmend
mit sUrbanus eps etc** versehen; dann setzt A seinem ep. 261 ,Idem',
ep. 262 «Gregorius'^ und allen folgenden bis ep. 271 «Idem* vor.
B aber läset bei den yier ersten der hiemit correspondirenden Briefe
(epp. 245 — 248) den Adressanten ganz ausser Acht und beginnt dann
mit der Setzung des .Idem*,* das er bis ep. 257 (= A 271) jedoch
mit einigen Unterbrechungen fortsetzt Während nun in ihm durch
die Lücken epp. 245 — 257 bO zu sagen in der Luft schweben, hat A
entschieden einen Fehler begangen, denn schon der zweite Brief der
Gruppe d. L der mit «Idem** auf ürban IV. yerweisende ep. 261 gehört
Clemens IV. an und erst mit ep. 272 setzt Gregor X. ein, dem in A
schon ep. 262 und durch die ^Idem* auch epp. 263 — 271 zugewiesen
sind. Der Fehler wird dann von A in ep. 272 durch neuerliche Setzung
der Gregorformel gut gemacht, während B durch dieselbe Setzung
zum correspondirenden ep. 258 nun erst seinen Briefen einen be-
stimmten Halt gibt; yon da ab herrscht in beiden Handschriften
Ordnung, man findet (mit Ausnahme bei B 271) stets das zu erwar-
tende auf Gregor X. weisende .Idem'^ vor.
So wie im B^^trum werden auch in unserer Sammlimg Briefe,
die in einer und derselben Angelegenheit an verschiedene Personen
erlassen werden, verkürzt in der Weise eingetragen, dass nach dem
Hauptbriefe nur die mit In eundem modum eingeleiteten Adressen —
eventuell unter Beifügung der durch die verschiedene Stellung dieser
Adressaten nothwendig werdenden Aenderungen im Texte — gegeben
werden. Auch in dieser Beziehung muss das Verhältniss zwischen A
und B festgestellt werden: von allen in A vorfindlichen B-Gruppen,
in denen solche I. e. m. Sätze auftreten (B III. IV. VI. VII 1. VIH.
XI. XIV.) weist nur B VIII Abweichungen auf; dort hat nämlich
ep. 367 einen Satz, der im correspondirenden A 348 fehlt, und um-
gekehrt vermisst man in B den I. e. m. Satz von A 362 im ent-
sprechenden ep. 382 ^). Alle andern Sätze decken sich und nicht blos
<) Der I. e. m. Satz von A S62 ist unter die eigene Nummer S68 gestellt,
welche also keine correspondirende in B besitzt; vgl. über die verschiedene Auf-
&fi8ung, welche bei der Numerirung dergestalt eingetragener Briefe zu Tage treten
kann R. St. I. 251. — Aehnliche fUlle begegnen noch mehrere: Der 1. e. m. Satz
Ton B 199 ist hl A unter die selbständige Nummer 124 imd umgekehrt der von
A 108 in B unter die eigenen Nummer 114 gestellt worden. — Die vielen 1. e. m. Sätze
58 Ealtenbrunner.
das, sie stimmen auch im Wortlaute und in der localen Anordnung
vollkommen überein ; nur in Bezug auf den Grad der Kürzungen ab-
weichender Textstellen ist mir eine wichtige Verschiedenheit aufge-
fallen, welche die Selbständigkeit von B III gegenüber A II wahrt ^)'
Ich beschränke mich jetzt darauf, die grosse auf engsten Zusammen-
hang hinweisende Uebereinstimmung unter Hervorhebung der Ab-
weichungen zu constatiren, da ich an anderer Stelle noch auf diese
Sätze zu sprechen kommen werde.
Es sind endlich noch jene Noten zu berücksichtigen, die wir in
A vorgefunden und deren Anbringung wir seinem Zusammensteller
zugeschrieben haben. Einige derselben finden sich auch in B, nämlich
die von A 215. 368. 369 = B 188. 387. 388, und es wurde schon
bemerkt, dass bei der Note zum letzten Briefe B einen in A fehlenden
Schlusssatz besitzt. B weist aber auch A gegenüber zwei ihm allein
gehörige Noten auf: zu ep. 382 ist beigeschrieben .Glaud(atur)'<>),
und zu ep. 137 (6r. III) d. i. einem Schiedspruch des Berardus (gedr.
Delisle p. 117) steht: „confirmata fuit per dominum papam cum in-
sertione tenoris'^. Auch die Noten von B sind vom Zusammensteller
des Codex angebracht, welcher sich hiebei, im Gegensatze zu dem
Cursive schreibenden Bedacteur von A, der Schrift der ihm dienstbaren
Schreiber anschmiegt 3). Beide Zusammensteller sind, wie wir dies
schon früher bei A constatirt haben und nun durch die Vergleichung
mit B bestätigt erhalten, nicht durchgreifend in der Herübemahme
der Noten aus den ihnen zur Verfügung stehenden Vorlagen gewesen,
und es ist nun bei B noch besonders hervorzuheben, dass jene «non
nach A 62 B 68 sind in A mit n® 68—65, in B mit n' 69. 70; die nach
A 268 B 262 in A mit n" 269. 270, in B mit n° 258—256 versehen. — Hier
mögen auch zweite weitere weniger wichtige Beobachtungen ihren Platz finden:
A 845 B 464 ist ein mit »Idem* bezeichneter stark mit Verweis aut den vorher-
gehenden gekürzter Brief, der in beiden Handschriften trotz der ihm gewahrten
selbständigen Stellung das I. e. m. vorgesetzt hat. Aehnlich sind in A epp. 10 S.
124. 344 selbständige aber mit I. e. m. bezeichnete Briefe, während bei den ihnen
entsprechenden epp. 108. 199. 868 in B das I. e. m. weggelassen ist.
') Im ersten selbständige Textstellen aufgleisenden I. e. m. Satze von A 62
(= P. 209G1 V. Theiner Cod. Dipl. I. 187) heisst es zu Beginn: >Carissimo in
Christo filio nostro etc usque ad presentiam nostram mittat*; in B 68 dagegen
steht: »Carissimo in Christo filio nostro Rudolfe Kegi Romanorum illustri de-
nominationem regiam cum fratribus nostris deliberatione prehabita etc. usque ad
presentiam nostram mittat*. Aehnlich wiederholt sich dies im nächsten I. e. m.-
Satze mit selbständigem Texte. ') Mitgetheilt von Delisle p. 122. *) Es ist
diese Bemerkung deshalb nicht Überflussig, weil wir ja beide Handschriften als
voii einer und derselben Person zusammengestellt ansehen könnten.
Römiscbe Studien II[. 59
processit' bei A 100 und 410 von ihin bei den entsprechenden
epp. 105 und 44 unberücksichtigt geblieben sind^).
Fassen wir alle diese Wahrnehmungen zusammen, so werden wir
in der schon nach der Betrachtung der Datirung ausgesprochenen
Vermutfaung, dass A und B auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen,
sicherlich bestärkt. Diese Vorlage könnte eine uns rerloren gegangene
Handschrift sein, welche wir aus den Concepten des Berardus zusammen-
gestellt annehmen müssten, denn dass diese die ursprüngliche Quelle
sind, ist völlig sicher durch die Art der Texte, durch die gewiss auf
Berardus selbst zurückgehenden Noten und durch das Vorkommen von
Privatbriefen desselben inmitten einzelner Gruppen. Es sprechen aber
gewichtige Gründe dafür, die gemeinsame Vorlage in den Concepten
selbst, nicht in einer sie zusammenstellenden Handschrift zu suchen.
Damit erklärt es sich Yor allem am leichtesten, dass Gr. XV Ton B,
welche sonst ganz gleiche Verhältnisse wie alle übrigen zu A aufweist,
andere fieihenfolge der Briefe als A XIII hat; damit erklären sich
überhaupt die Wiederholungen, die wir bei B nachgewiesen haben ;
durch die Benützung dieser yerschiebbaren Vorlage endlich können
am einfachsten die Oombinationen, die wir in einzelnen Gruppen von
B g^enüber A constatirt haben, gedeutet werden: nachdem aus den
Concepten nach verschiedenen Gesichtspunkten Zusammenstellungen
gemacht und diese einzelnen Schreibern übergeben worden waren,
konnten sie sofort nach ihrer Erledigung unter einander in
andere Verbindungen gebracht und neuerdings Schreibern zugewiesen
werden'). Diese Concepte aber hatten ursprünglich kaum alle die
Protokolltheile und sicher nicht in der Form, wie sie jetzt in den
beiden Handschriften zu Tage treten; ihre Setzung können wir dem
ersten Zusammensteller, als welchen wir aus bald anzuführenden Gründen
den von A anzusehen haben, zuweisen; er hat vor allem an die Spitze
der von ihm gebildeten Gruppen die Adressantenformel geschrieben
und die darauf folgenden Briefe mit «Idem'^ bezeichnet, und er mag
hiebei nicht immer consequent und soi^sam vorgegangen sein und
dadurch die gemeinsamen Ungenauigkeiten in den Handschriften ver-
*) Bezüglich der mehrfachen Tilgungen von Sätzen in A durch »vacat* hat
6 einige, andere wieder nicht; einmal hat er auch einen in A getilgten Satz gar
nicht geschrieben. >) Daes mehrmals A-Gruppen nach Lagen abgetheilt in
Terscbiedenen B-Gruppen auftreten, behindert diese Aimahme nicht ; wir conatatirten
bei emteren Raumbemessung, es wird daher auch Raumzahlung stattgefunden
haben; es konnten daher die Vorlagen für die einzelnen Lagen vom Zusammen-
steller des A abgegrenzt gelegt gewesen sein, als sie der Zusammensteller von B
zur Hand nahm.
60 Kaltenbrunner.
schuldet haben. Durch die obige Annahme erklärt es sich endlich
am einfachsten, dass B mehrere Gruppen hat, die in A fehlen; wir
dQrfen allerdings in Hinblick auf die Anlage von A den Gedanken,
dass ihnen entsprechende ursprünglich in A vorhanden gewesen seien,
nicht unbedingt zurückweisen, aber wir können auch gar wol an-
nehmen, dass bei der Zusammenstellung von B umfangreicheres Material
zur Verfügung gestanden habe. Für diese letztere Annahme spricht
zunächst der Umstand, dass wir bei drei von den vier nicht in A
stehenden Gruppen von B constatiren mussten, dass sie dem Anlage-
plane des gemeinsamen Bestandes A — B fremd gegenüberstehen^ indem
sie nur nach Fontificaten geordnet sind, während doch fest alle ge-
meinsamen Gruppen sich nach Materien zusammengesetzt zeigen.
Aber auch sonst stellen sich diese drei Gruppen fremdartig dar; jene
Verweise mit „Idem*, welche wir innerhalb der Fontificatsreihen den
einzelnen Briefen beigeschrieben fanden, fehlen hier durchgehends,
und die wenigen Setzungen der Adressantenformel selbst können nur
als regellose bezeichnet werden. Das weist darauf hin, dass wir in
jener ordnenden Hand des gemeinsamen Bestandes die des Zusammen-
stellers von A erblicken müssen, dessen Arbeit dann von den Schreibern
von B über Weisung seines Bedacteurs benützt worden ist. Dieser
verwendete also die von A zusammengestellten Gruppen^), und bildete
überdies vier Schreiberpensa aus weiterem Materiale. Als solches
können wir für Gr. XIII (die sicilischen Staatsurkunden Honorius IV.
und eine Bechtsurkunde Urban IV.) unbedenklich an der Curie zurück-
behaltene Originalausfertigungen ansehen'), das für die drei anderen
Gruppen (VII 2. XVL XVII) werden wir noch später kennen lernen.
— Dafür, dass derart B nach A entstanden sei, spricht auch noch
ein weiterer Umstand: A hat am Ende seiner Gruppen mehrmals
Nachträge, so dass es den Anschein hat, als seien, .nachdem man er-
kannt, dass das Fergament zu reichlich für ein Fensum bemessen
worden sei, diese als Nachträge auftretenden Stücke hinterher zuge-
zogen worden. Blieben diese nun nach ihrer Erledigung durch den
A-Schreiber mit dessen ursprünglichem Fensum vereint liegen, und
bestimmte das ganze dann der Zusammensteller von B neuerdings zur
Abschrift, so mussten sich die Nachträge von A so darstellen, wie sie
*) Die wenigen Briefe welcher innerhalb des gemeinaamen Bestandes die eine
oder andere Handschrift gegenüber der andern allein aufweist, können am ein-
fachsten dadurch erklärt werden, dass sie die Schreiber der entgegenstehenden
ausgelassen haben; namentlich gilt dies von B ep. 156 in Gr. IV. *) Die zwei
Bullae minores in ihr haben die Cardinalsunterschriften und leergelassenen Raum
für Rota und Beneyalete.
Römische Studien III. 61
es jetzt in B thun, in continuo nämlich mit der Hauptmasse nieder-
geschrieben. Lässt man dies alles gelten, so entfallt auf die Thätig-
keit des Zusammenstellers von B nur die Schreibung der angeführten
Bandnoten, welche er sowie der von A aus den Concepten herüber-
nahm, die Neuordnung des Ton A überkommenen Materials und die
Bildung der angeführten vier Schreiberantheile.
Wo diese Zusammenstellungen vor sich gegangen sind, wird uns
durch nichts bezeugt ; es ist aber gewiss keine kühne Annahme, wenn
man sie in die päpstliche Kanzlei selbst versetzt^). Damit stimmt
auch die Schrift überein, welche sowol bei A als bei B (vgl. Delisle
p. 106) in das Ende des 13. Jahrhunderts zu setzen ist; Delisle spricht
die Hände Ton B ausdrücklich der päpstlichen Eanzlei zu, und ich
kann mit Bestimmtheit für beide Handschriften dasselbe versichern
und auf die Aehnlichkeit einzelner Hände von A mit denen verweisen,
welche den zweiten Begisterband Nicolaus III. geschrieben haben
(vgl MittheiL V. Taf. II.)«). Für diese Annahme der Entstehung in
der päpstlichen Kanzlei selbst spricht (wenigstens für A) endlich auch
jene Note, die in seinem ep. 200 einen Hinweis auf die .Epistolae
nünores*, welche wir als die Litterae curiales des Begistrums gedeutet
haben, enthält; wo anders als in der Kanzlei selbst konnte man einen
derartigen Vergleich anstellen b).
Mit A und B steht in engem Yerhältniss eine spanische Hand-
schrift, die ich selbst nicht kenne, die sich aber Dank der genauen
Beschreibung, welche P. Ewald von ihr gegeben hat^), in ihrer Zu-
sammensetzung bis auf wenige Punkte gut erkennen lässt:
Codex des Escurial. P. IL 7. saec. XIV. (E).
Die Handschrift enthält auf den ersten 131 Blättern 238 Papst-
briefe, von denen sich folgende mit Sicherheit in A constatiren lassen^):
epp. 1 — 29 = A I; epp. 30 — 116 = A II (de negotiis imperii);
epp. 134—196 = AVIII (de unione Grecorum); epp. 197—207 =^
A IX (de concilio) und epp. 209 — 212 ^^ A XI. Alle diese Gruppen
<) Vgl. das, wa£ hierüber Delisle p. 120 schreibt. >) Auch andere Ana-
logien ergeben sich mit dem Registrum ; so begegnet uns bei mehrerei^ Schreibern
die Sitte, die SchSile der obersten Zeile einer Seite in die Höhe zu ziehen, ferner
die gleiche Raiimbemessung für die Rubricae u. a. *) Auch die Note vor
ep. 418 in A XV beziehe ich auf einen Vergleich der hier niedergeschriebenen Briefe
mit anderen Eanzleibeständen und nicht darauf, dass ihre Entlehnung von den
Originalausfertigungen und aus dem Registrum vor sich gegangen sei. ^) P. Ewald
Reise nach Spanien. Neues Arch. d. Ges. f. ä. d. Geschichtsk. Bd. VI. 262 ff.
*) Der Kürze halber lasse in B ausser Acht, da die hier zu besprechenden Ver-
hältnisse nur solche sind, in denen B und A ganz miteinander zusammen&llen.
62 Kaltenbrunner.
sind mit ganz geringen Ausnahmen erschöpfend in E wiedergegeben ;
ganz sicher ist dies bei A I und A VIII, und swar ist bei letzterer
sowie in A (und B) der 10 Briefe umfassende Einlauf aus dem Orient
mit aufgenommen. In Gr. XI (bestehend aus den Investituren In«
nocenz V. für Karl v. Anjou, dem Wahldekret Johann XXI. und einem
Martinbriefe A 410) ist es nur zweifelhaft, ob der letztere auch Auf-
nahme in E gefunden hat. Derselbe geht nämlich nach ep. 212 =^
A 409 ebenso wie A zu den Martinbriefen definitiv über, von denen
er 26 Nummern (epp. 213 — 238) bringt Diese Briefinasse kann keiner
der in A und B mit Martinbriefen gefüllten Gruppen angehören, auch
nicht zwei combinirten oder abgeschlossenen Theilen einer derselben,
wir müssen es daher dahingestellt sein lassen, ob der erste dieser
Beihe etwa A 410 entspricht und dadurch den vollen Anschluss an
A XI herstellt, und wissen überhaupt nicht, welche Bhefe Martin IV.
und wie an A anschliessend E in sich birgt. — Zu einigen Bemer-
kungen geben die Briefe der Gruppe II Anlass: sicher lag es in der
Absicht von E, sie ganz zu bieten, und in der That lässt sich nur
bestimmt nachweisen, dass er nach A 58 entweder 59 oder 60 aus«
gelassen hat. Nach der Darstellung von Ewald ergeben sich aber
noch weitere Differenzen, und zwar hat es in zwei Fällen den Anschein,
als ob E ein Plus gegenüber A aufweisen würde. Wenn £ 55 =-
A 65 und der nächste von Ewald bestimmte Brief £ 85 =: A 93 ist,
so liegen in E 30 in A nur 28 Briefe dazwischen. Das beruht aber
wol nicht darauf, dass E zwei Briefe mehr hat als A, sondern nur
auf einer verschiedenen Numerirung, die an den I. e. m. Sätzen von
P. 20990 =-- A 84 — 87 in A und E vorgenommen worden ist, sowie
dies schon früher bei den Sätzen von P. 20931 nachweisbar der Fall
ist, indem E sie den Nummern 51 — 55, A nur 62 — 65 unterstellt Das
gleiche ist der FaU bei der Differenz: E 100. 103 = A 108. 109, wo
also dem ersten Anscheine nach E epp. 101. 102 selbständige in A
fehlende Briefe wären. Aber A 108 (P. 21071) hat mehrere L e. m.«
Sätze, von denen zwei jene beiden Nummern in E erhalten haben
werden >). Endlich müssten wir auch eine Störung der beiderseitigen
Reihen annehmen zwischen E 94 A 102 und E 100 A 108. Innerhalb
dieser beiden Stützpunkte gibt Ewald £ 95 als fehlend in A an und
lässt E 96 mit A 107 correspoudiren^). E 95 ist aber sicher der
unter 1. e. m. nach A 102 eingetragene ep. 103; dann hat es nun
*) Die moderne Numerirung von B verhält sich in allen diesen Fällen auch
anders als die alte von A ; im Übrigen kommt sie natürlich bei dieser Frage nicht
in Betracht *) Ewald stützt sich bei Au&tellong der Gleichungen mit A auf
Palacky und Theiner.
Römische Stadien III. 63
den Anschem, als ob A 104 — 106 in E fehlen, dagegen E 97 — 99
selbständig von A wären. Da aber zwischen unseren festen Punkten
die gleiche Anzahl ron sieben Briefen in beiden Handschriften liegt,
so lasst sich wol yermuthen, dass nicht E 97 sondern E 99 mit A 107
correspondire, wobei wir dann vollkommen gleiche Beiheu erhalten
würden. — Eine Rechtfertigung bedarf weiters die Behauptung, dass
die Or. IX (de concüio) ToUkommen Aufnahme in E gefunden habe;
Ewald gibt nur die Gleichung E 197 = P. 20524 und schliesst die
Bemerkung an, dass neun Briefe Gregor X. noch folgen. P. 20524
lässt sich aber in keiner unserer Handschriften des Berardus sonst
nachweisen, wol aber das vom selben Tage ausgestellte P. 20525 d. L
A 391 der erste Brief von 6r. IX, von wo ab gerade auch neun Briefe
Gregor X. bis zum Schlüsse der Gruppe laufen. — Es erübrigt noch,
die bei der eingangs gegebenen Zusammenstellung übergangenen
epp. 117 — 133 und ep. 208 zu bestimmen. Letzterer soll nach Ewald
P. 19038 sein d. i die erste Investitururkunde Clemens IV. für Karl
V. Anjou; ich vermuthe aber, dass er P. 19434 d. i. die zweite und
definiftive Investitur sei, in welche P. 19038 inserirt ist. P. 19038
nämlich ist sonst d. h. als selbständiges Stück nicht in der Berardus-
sammlung enthalten, wol aber P. 19434 und zwar in A Gruppe X
bildend; ist dies richtig, so hätten wir also auch A X, und zwar in
dem gleichen durch den Inhalt der Briefe gerechtfertigten Anschluss
an A XI vertreten.— E> 122—124 fixirt endlich Ewald auf A 318-320, '
während er die vor- und nachstehenden epp. 117 — 121 und 125—133
unbestimmt lässt; construirt man nun von den drei bezeichneten
A-Briefen diese E-briefe nach vor- und rückwärts, so erhält man die
A-Briefe 313—329 d. s. die letzten Briefe von Gr. VII (de Terra Sancta),
und es spricht gewiss für das enge Verhältniss, in dem E au A steht,
wenn wir finden, dass diese Briefe in A gerade die letzte Lage der
Gruppe ausfüllen und zwar so, dass ep. 313 wirklich den Beginn der
Lage bildet, nicht etwa aus der andern übersetzt oder nach einem
Bruchstücke des vorhergehenden Briefes auf derselben zu stehen kommt
— Mach den 238 Briefen der Berardussammlung schliessen sich Varia
in der Handschrift an, und unter ihnen führt Ewald auch 13 Papst-
briefe an, deren letzter Martin IV. P. 21740 sei. Derselbe steht nicht
in A und B, wol aber in einer der Handschriften der Epistolae Nota-
biles, es ist daher immerhin möglich, dass auch die ihm vorangehenden
Briefe der Berardussammlung angehören.
64 Ealtenbrunner.
2. Die Dictamina.
Schon Delisle hat dem von ihm ausf&hrlich besprochenen Codex
Burdegallensis zwei Pariserhandschrifben gegenübergestellt, die er in
Anschlnss an den in einer derselben (Cod. 14173) auftretenden Titel
als «Dictamina* bezeichnet. Und in der That wird ihr Wesen da-
durch trefflich charakterisirt. Der historische Sinn, der bei der Zu-
sammenstellung Yon A und B obwaltete, hat dem Interesse des Formel-
sammlers Platz gemacht; wol sind auch hier nicht, wie dies in anderen
Sammlungen geschieht, die Briefe gänzlich ihres historischen Gewandes
entkleidet und sind statt der Namen jene den Historiker zur Ver-
zweiflung bringenden N und «ille* gesetzt, aber die Datirungen der
Vorlagen sind fast alle ausser Acht gelassen und bei der Aneinander-
reihung der Briefe tritt nicht mehr das Bestreben zu Tage, sie alle
auf die ihnen entsprechenden Pontificate zu fixiren. Zur weiteren
Charakteristik der jetzt bekannten Handschriften der Dictamina gehört
es ferner, dass sie entschieden über die Thätigkeit des Berardus hinaus-
schreiten und zwar nicht etwa so, dass sich diese ausserhalb fallenden
Briefe sofort auch in ihnen als Nachträge darstellen würden, sondern
dieselben sind zum grossen Theil in ihre ursprüngliche Anlage mit
einbezogen. Folgende drei Handschriften sind mir zugänglich gewesen :
1. Cod. Parisiens. lai 14173. saec. XIV. KL 4«. (vgl.
Delisle p. 89) = DP.
Der Codex hat 247 Blätter, die sich auf 23 Lagen yertheilen;
hie von sind aber die ersten zwei mit fol. 1 — 15 vom Index einge-
nommen, so dass die Briefsammlung selbst mit fol. 16 beginnend
21 Lagen umfasst. Dieselben sind gleichzeitig mit fortlaufenden auf
der ersten und letzten Seite angebrachten Nummeru versehen und auch
die dem jetzigen Bestände vollkommen entsprechende Foliirung ist
eine gleichzeitige >), und dasselbe gilt von der Numerirung der Briefe,
welche in lateinischen Zahlzeichen durch die 417 Briefe der Hand-
schrift hindurchgeht In der Begel bilden die Lagen Sextemionen ;
eine Ausnahme machen hievon L. 15 mit 14, L. 17 mit 10, L. 5. 14.
18 mit 8, und L. 11 mit 4 Blättern. Während bei den meisten der-
selben kein Grund für ihren ausnahmsweisen ITm&ng aus der Anlage
des Codex selbst ersichtlich ist, ergibt sich ein solcher bei L. IL 15.
18, welche Schlusslagen der einzelnen Theile desselben sind, also auf
Kaumbemessung für den Schreiber beruhen. Die Theilung an den
I) Dieselbe ist nur mehr bruchstückweise erhalten, indem de am äusseren
Rande stehend, vielfach weggeschnitten worden ist; merkwürdig ist ihre An-
bringung auf den Innenseiten der Blätter. Die Lagenzählung bezieht den Index
nicht ein, sondern beginnt fol. 16 mit I.
Römische Stadien III. 65
bezeichneten Stellen tritt nämlich dadurch vor Augen, dass Briefe a\if
den letzten Seiten dieser Lagen enden und zwar so, dass entweder
nach ihnen der übrige Best der Seite leer gelassen ist (bei L. 11. 15),
oder der letzte Brief auf dem untern Band aus Mangel weiteren Per-
gaments fortgesetzt ist (bei L. 18). Nur an diesen drei Stellen lassen
sich derartige Wahrnehmungen machen, während bei allen andern
Lagen unbehindert um ihren Wechsel die Niederschreibung der Briefe
Yor sich geht; wir erhalten also zunächst in Bezug auf die äussere
Anlage folgende vier Abtheilungen:
l)foL 16— 135. (L. 1— ll).epp. 1—249.
2) foL 136—181. (L. 12—15). epp. 250—339.
3) foL 182—211. (L. 16—18). epp. 340—392.
4) foL 212—247. (L. 19—21). epp. 393—447.
Der Zusammenhang derselben untereinander ist durch die alte
Lagenzählung und FoUirung sicher gestellt, zudem sind auch am Ende
Yon 1 und 2 Beclamanten noch vorhanden; bei 3 fehlt ein solcher
allerdings, das mag aber seinen Grund in der angefahrten Beschreibung
des ganzen unteren Bandes von fol. 211' haben. Finden wir also bei
einheitlichem äusseren Anlageplane eine Yiertheilung des Codex Tor,
so sehen wir weiter, dass drei Schreiber demselben dienstbar gewesen
sind, und es lässt sich hiebei erkennen, dass einer derselben yon den
zwei andern nur zeitweilig abgelöst wird.
Sehr. A nämlich beschreibt: fol. 16—135. fol. 160—211. fol. 228—247.
Hiezu ergänzen: Sehr. B fol. 136—159. Sehr. C foL 212—228.
Der Eintritt von B fällt mit dem Beginn der Abth. 2 zusammen, und
seine Thätigkeit endet am Schluss des 2. Sextemio derselben, aber sie
endet mitten in einem Satze des dort laufenden ep. 290, der auf die
3. Lage foL 160 übersetzt und dort von A fertig geschrieben wird.
Sehr. C beginnt seine Arbeit zu Beginn der Abth. 4 und wird —
wieder inmitten eines Briefes (ep. 438) und diesmal auch inmitten eines
innerhalb einer Lage (XX) fallenden Blattes — von A abgelöst
Fanden wir femer A thätig auf foL 160 — 211, so erhellt daraus, dass
seine Arbeit durch den Uebergang von Abth. 2 auf 3 nicht gestört
wird, was also zusammen mit dem andern auch fQr die Einheitlichkeit
der Anlage unserer Handschrift spricht^), und es wird dies um so
') Die Arbeit dieser Schreiber wurde auch mehr&cher C!ontrolle unterzogen.
Fast auanahmsloB weisen die Lagen am Ende neben dem Reclamanten zweimal die
Koten >Gor.< au£ und zwar in verschiedener Weise geschrieben; die eine erklärt
sich dadurch, dass der Codex von ^er Persönlichkeit und zwar sehr sorg<ig
Gonigirt worden ist ; ich kann aber in allen diesen Correcturen nur eine und die
selbe Hand erkennen, glanbe also das zweite »Cor.« nicht auf eine nochmalige-
liittheilaDgeii YII. 5
Gß Ealtenbrunner.
wichtiger, als wir, indem wir nun auf die Theilung nach den Briefen
übergehen, constatiren müssen, dass gerade bei dem letztberührten
Darchcorrigirmig beziehen zu müsseiif sondern darauf, dass der Corrector auch
den im Codex erledigten Stoff nach der Vorlage revidirt hat. Ausserdem ist eine
Controlle nach Peciae (abgek. p. p. pet.) angebracht; zuerst tritt sie auf fol. 6S'
mit IUI p, dann: fol. 79. V; fol. 97'. VI; fol. 108'. Vil; fol. 121. VllI; fol. 185.
li; fol. 150. X; fol. 162'. XI; fol. 178'. XIII; fol. 182. XUII; fol. 197. XV:
fol. 228. XVI. Man sieht daraus, dass hier die Peciae ganz verschiedenen Um&ng
haben, auch halten sie sich nicht an die Lagen des Codex und treten an ganz
verschiedenen Stellen meist inmitten der Seiten und der Briefe auf (vgl. Watten-
bach Schriftwesen 152); auch wenn wir den von den Rubricae einganommenen
Raum in Abzug bringen würden, kämen wir noch nicht auf gleiche Antheile.
Nur der ganz aussergewöhnliche Umfang von P. XIII (5 Bl.) und von P. XV
(82 Bl.) findet in der Anlage des Codex eine Erklärung: von fol. 178' nämlich,
wo der erstere Vermerk angebracht ist, laufen nur mehr fönf Blätter bis zum
Schlüsse von Abth. 2, welcher zugleich mit dem Ende von Th. I zusammenfallt;
diese Haupttheilung tritt also auch in der Vermessung der Peciae zu Tage. —
Die grosse Pecia XV aber lässt sich unschwer auf das den andern beiläufig ent-
sprechende Maass von 15 Blättern reduciren: innerhalb des jetzt von ihr be-
herrschten Raumes (fol. 197—228) feilen die von Sehr. C beschriebenen Blätter
fol. 212—228, welche nicht einbezogen worden sind; es wird dies fest zur Gewias-
he^t, wenn wir die P. XVI gerade dort, wo A inmitten eines Briefes auf fol. 228
wieder einsetzt, vermerkt finden; P. XV läuft also von fol. 197 — 211. — Beide
Fälle lehren zugleich, dass mit den Bezeichnungen der Beginn und nicht der
SchluBs der Peciae angezeigt wird, der letztere weist ferner darauf hin, dass wir
in ihnen nicht gut an ^ine Controlle, die an einer Abschrift unseres Codex ge-
macht wurde, denken können, denn der Wiedereintritt von A fällt mitten auf
eine Lage und inmitten eines Briefes, kann also kaum auch in einer Abschrift
zu Tage getreten sein. Wir haben also bei ihnen auf Raumbemessung der
Schreiberantheile A und B zum Zwecke der Entlohnung zu denken. — Auf eine
Vergleichung mit irgend einer andern Handschrift aber deutet die Note saec. XIV
zu dem inmitten einer Lage stehenden ep. 164 hin: »hie deficit nee inveni alibi*.
— Der Schreiber dieser Note hat auch andere angebracht, die zum Theil Kritik
an den vorliegenden Dictaten üben: so schreibt er zur Textstelle von ep. 288 »non.
sine discrimine nostro et c. i. Chi. f. K. Sicilie regis et firatrum nostrorum grar
vamine*: »non proponi regem collegio* und zu ähnlichen Zusammenstellungen
bei epp. 145 und 216: ,non proponi principes prelatis«. Zu ep. 205, der über
Vergehen des Canonikers Vicedominus von Laon handelt, setzt er: »hie yocat
ililcctum filium et tarnen supra tacuit in ca(pituli8) de ipso loquentibua* ; er be-
zieht sich daiuit auf ep. 193, der den Canoniker über dieselben hart tadelt und
bei seiner Adresse in der That das »dilecto filio* auslässt, war unser GrloBsator
auch durch die Worte »non dicitur dilectus filius* hervorhebt. So wie hier hat
er auch sonst und hat ausnahmslos sein Augenmerk auf die Titulaturen ge-
richtet, und wenn er an den angeführten Stellen t^ulelte, abstrahirt er an andern
aus den Dictaten Regeln für dieselben ; so bemerkt er zu ep. 29 : »No. quod electum
in Regem non vocat illustrem*; es bezieht sich dies auf Richard y. Comwallis,
Römische Studien III. 67
t
üebergange yon Abth. 2 auf 8 die Haupttheilang des Codex eintritt,
was auch äasserlich dadurch markirt ist, dass die erste Initiale von
Th. II grosser und reicher, entsprechend der ersten des Codex ausge-
führt ist Wir scheiden also:
Th. I -= Abth. 1. 2. epp. 1—339. fol. 16—181. Sehr. A B von
Th.n = Abth. 3. 4. epp. 340—447. fol. 182—247. Sehr. A C.
Die Briefreihe von Th. I (ep. 1 — 339) stellt sich mit Ausschluss
der f&nf letzten Briefe als eine Zusammenstellung einer Beihe von
Gruppen aus A — B dar und zwar als eine ununterbrochene, so dass
also der üebergang von der einen zur andern in unserer Handschrift
vollkommen verwischt ist Auch der zweimalige Wechsel der Schreiber
(A B A) fällt nicht mit dem üebergang auf eine neue Gruppe zu-
sammen und doch sahen wir, dass A bei Schluss der Abth. 1 eine
kleinere Lage zur Hand nahm, also * wol Baumbemessung für sein hier
zu bewältigendes Pensum vorgenommen hatte. Folgende Gruppen von
A^) sind dergestalt der Beihe nach in DP vertreten:
I in epp. 1-24. H i. e. 25-106. VII ine. 107-175. VI ine. 176-189.
V . epp. 190-208. III i e. 209-270. VÜI ine. 271-323. IX ine. 824-334.
Jedoch findet nur bei A II (de negotiis imperii), V und IX (de
concilio) vollständige Deckung statt; von-A VII (de Terra Sancta) fehlt
der letzte Brief, von A III (de pace) fehlen die ersten vier; von A VIII
(deren Beginn die gleichzeitige Note „incipit negotium super recon-
ciliatione Grecorum* beigeschrieben ist) sind nur die Papstbriefe auf-
genommen, d. h. es fehlt der A-epp. 349 — 357 umspannende Einlauf
während der neben ihm geetellte Alphons als castilischer König »illustria* genannt
wird. Andere Noten sind: ,No. non didtur iUnstris mortuiiB*. ~~ >No. rens non
yocator dilectos filius.* — »iSTo. non mortuutf episcopus vocatux yenerabilis frater*.
— »Qualiter nominantur eimul rex et regina* (de werden mit »illustres* zusammen-
ge&Bst). — Neben dieser gloesirenden Hand treten auch noch andere auf^ und
auch sie bezeugen, dass der Codex yon späteren Dictatoren als Formelbuch be-
nfitzt worden ist ; HeiTorhebimg besonders ansprechender Briefe, markanter Sätze
oder Worte, Gliederung des Inhalts, Verweise auf vorhergehende Briefe und
Hamdweiser wechseln in bunter Reihe; daffir, dasa die älteren wenigstens in der
päpstlichen Kanzlei selbst angebracht worden seien, scheint die Glosse zu sprechen
»Nota hoc prohemium pro Terra Sancta«. — Die* Briefe sind sämmtlich mit
Rubricae versehen, für welche eine Yorschreibung nicht sichtbar ist; sie treten
aJs Inhaltsangaben auch in dem gleichzeitig aber von anderer Hand (als ABC)
geschriebenen Index auf. Durchgehends sind auch Initialen abwechselnd blau-
roth und rothblau angebracht, und weiteren Schmuck bilden sehr reichhaltig
auftretende Randzeichnungen mannig&cher, zum Theil sehr zierlicher und humor^
ToUer Art
*) Ich lege wieder, um die Darstellung zu vereinfachen, wenn möglich bei
der Vergleichung ausschliesslich A zu Grunde.
o
g3 Esltenbrunner.
aus dem Oriente; von A VI endlich hat nur die erste Oruppe Ton
Gregorbriefen (epp. 238 — 252) und zwar mit Auskssij^g von ep. 239
Aufnahme gefunden, während die vorhergehenden Urban-Clemensbriefe
(225 — 236) und der Berardusbrief (237), sowie die nachfolgenden
wieder auf Clemens IV. zurückgreifenden epp. 253 — 256 und die Wahl-
akten Gregor 3L (epp. 257—259) fehlen.
Bei allen diesen Gruppen ist die Reihenfolge der Briefe in den
gegenüber gestellten Handschriften eine gleiche mit der geringfügigen
Ausnahme, dass A' ep. 375 in DP nach 376' und 377 zu stehen
kommt ^). Eine bedeutende Störung in der beiderseitigen Reihenfolge
tritt aber bei A I ein: zunächst fehlen in DP ganz A 1. 2. 5. 25. 26
und überdies stehen sich die Briefe folgendermassen gegenüber:
DP 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9—17. 18. 19—21. 22—24.
A 18. 8. 20^. 24. 3. 4. 6. 7. 9— 17. 19. 21 -23. 27—29.
Ein Grund für diese Abweichung ist in dem Inhalte und dem Zusammen-
hange der Briefe nicht ersichtlich ; sie ist aber insofeme weitgreifend,
als durch sie die Auleinanderfolge der Pontificate, welche in A eiuge«
halten ist, in DP gestört wird: A 18. 20. 24, denen wir an 1. 3. 4. Stelle
in ihm begegnen, gehören sicher Clemens IV. an. -r- Von den 5 letzten
Briefen dieses ersten Theiles endlich (epp. 335 — 339) ist nur einer in
A - B vertreten; ep. 337 correspondirt nämlich mit A 409 (Gr. XI =
P. 21162). unter einander stehen sie in keinem Zusammenhange;
ep. 335 könnte im Hinblick auf die nahen Beziehungen zu A 100
(P. 21038) in Gr. II, ep. 339, ein nach England gerichteter Kreuzzugs-
brief in A VII verwiesen werden; epp. 336. 338 endlich sind zwei
Briefe an den Cistercienserorden, und zwar hat ersterer den Berardus
selbst, letzterer Clemens IV. zum Adressanten.
Ganz anders stellt sich nun der von den Schreibern A und C besoi^^te
Theil II mit epp. 340 — 447 dar, dessen Briefe wir aber gesondert in
zwei Gruppen betrachten müssen. Die erstere mit epp. 340 — 400
repräsentirt sich uns als Briefreihe, welche von Urban IV. an chrono-
logisch die Pontificate bis inclusive Nicolaus III. durchläuft, so dasa
epp. 340—350 ürban IV.; epp. 351—356 Clemens IV.; epp. 357—385
Gregor X. ; ep. 386 Innocenz V. ; epp. 387—390 Johann XXI. ; epp. 391 —
395 der Sedisvacanz nach ihm; epp. 396—400 Nicolaus III. zufallen.
Alle diese Briefe fehlen ohne Ausnahme in A, wol aber finden sich
einzelne von ihnen in jenen Gruppen von B, die keinen Zusammen-
hang mit A aufweisen, und zwar in Gr. VU 2. XVI. XVII, das sind
') Die Numerirung hat dagegen in Anftchluss an eine gleichzeitige Correctur
die Reihe S76. Zlo. S77. hergestellt, vgl. das hierüber pag. 38 gesagte.
Römische Studien IIL 69
alle, welche ihrem Briefvorrathe nach hier überhaupt in Betracht
kommen können. Aber dieser Zusammenhang mit B ist ein völlig
yerschiedener von dem, welchen wir in Th. I mit A (und daher aucb
mit B) crmstatirt haben; während dort einzelne Gruppen derselben
ider Beihe nach in DP eingeschrieben sind, erscheinen sie hier in
einander geschoben, und während dort mit meist geringfügigen Aus-
nahmen vollständige Deckung mit den betreffenden Gruppeit statt-
findet, sind hier nur einzelne Briefe der "drei Gruppen in DP vertreten,
und andererseits steht diesen in DP eine beträchtliche ja überwiegende
Zahl von solchen gegenüber, die in B fehlen; so lückenhaft aber auch
diese Deckung ist, so lässt sich doch erkennen, dass die B-Briefe
numerisch geordnet in DP auftreten i). Sehen wir endlich die Briefe
auf ihren Inhalt hin an, so finden wir keinen einheitlichen Gesichts-
punkt, nach welchem ihre Zusammenstellung erfolgt sein könnte, und
auch hierin liegt ein entschiedener Gegensatz zum ersten Theile, in
welchem dieselbe in Anschluss an A-B nach Materien erfolgte, üeber
die Bedeutung dieser Gruppe werden wir jedoch erst bei Betrachtung
der dritten Bedaction, der Epistolae Notabiles, völlige Klarheit ge-
winnen.
Die Briefe nach dieser Gruppe (epp. 401 — 447) können nur unter
dem Titel . Varia ' zusammengefasst werden, schon aus dem Grunde, weil
ihre Mehrzahl solche sind, deren Dictat wir dem Berardus entschieden
absprechen müssen. Können wir nämlich in allen andern Handschriften
die Thätigkeit des Berardus nur bis Honorius lY. verfolgen, so ge-
langen wir hier zunächst bei einer beträchtlichen Anzahl von Briefen
in den Pontificat Nicolaus TY., dem wir geradezu die geschlossene
Gruppe von epp. 401 — 440 zuzusprechen berechtigt sind^). Die darauf-
*) Das Yerhältnias ist so, dass von den 60 Briefen des DP 88 in B fehlen
und 27 stehen, diese gemeinsamen Briefe sich aber auf 104 Nummern von B
vertheilen. Ich stelle den diesbezüglichen Auszug aus der Concordanz beider
Handschriften im folgenden zusammen: >
B Vn 2: 816. 817. 818. 819. 822. 828. 827. 885. 886. 840. 848 — 846. 848.
DP: 843. 845. 848. 849. 850. 851. 856. 860. 865. 891^892—895. 897.
B XVI: 569.574.
DP: 841. 842.
B XVII: 585. 589. 591. 597. 602. 608. 627. 682. 629. 605.
DP: 879. 880. 881. 882. 888. 884. 886. 887. 889. 898.
*) £p. 480 vermag ich als A. L ep. 185 des Registers Nicolaus lY. nach-
zuweisen; epp. 406. 407. 488. 440 sind unter seinen Briefen bei Potthast n® 28108.
28110. 22869. 22881 eingestellt; ganz zweifellos wegen ihres engen Zusammen-
hanges zu ep. 440 gehören daher auch epp. 484 und 489 ihm zu. Wahrschein-
lich auch ep. 482, ein Empfehlungsbrief för den von Petrus de Murone gestifteten
1
70 Ealtenbrunner.
folgenden Briefe scheiden sich wieder in zwei Theile, einerseits
epp. 441 — 444, andererseits epp. 445 — 447; die ersteren können als
Frocesse, die letzteren als Sicilische Staatsorkonden bezeichnet werden.
Diese (Clemens IV. P. 19434 und Innocenz V. P. 21104. 21103) sind
auch in A nachweisbar, aber nicht in einer geschlossenen Gruppe
sondern in A X und XI (B. X und IL 2). Von den ersteren steht
nur ep. 444 in A (Or. IV ep. 199) ; er ist der Process Gregor X
gegen die Mörder des Prinzen Heinrich (P. 20712); ep. 443 schleudert
den Bannstrahl gegen die Mörder des Bischofs von Silva und seiner
Gefährten; er fallt Clemens IV. zu (vgl. Baynald 1267. 20), kann also
wol Yon Berardus abgefasst sein. Sicher aber sind wieder die beiden
ersten der in Betracht stehenden Briefe demselben abzusprechen;
ep. 442 ist nämlich die « Sententia privationis lata contra Fridericum
imperatorem '^ Innocenz IV. F. 11733, und höchst wahrscheinlich ge-
hört auch ep. 441, der sich ,Constitutio contra capientes, percutientes
et insequutores B. E. Cardinales' bezeichnet, diesem an^). Können
wir auch Berardus als Curialen unter Innocenz IV. nachweisen'), so
ist es doch kaum glaublich, dass seiner noch wenig erprobten Feder
das Concept eines so wichtigen Aktenstückes, wie es F. 11733 ist,
anvertraut worden wäre.
Codex Vaticanus lat 3977. saec. XIV. 4». = DV.
Der Codex zeigt in seinem Hauptbestande, der bis foL 173 und
ep. 489 reicht, eine völlig einheitliche Anlage, die sich durch eine
Hand, gleich grosse Lagen (15 Sexternionen) und keinerlei Gliederung
der Briefe nach ihnen kennzeichnet Der 15. Sexternio endet auf
foL 179>), es sind also von ihm die letzten 7 Blätter nicht mehr der
ursprünglichen Anlage gewidmet Auf diesen schrieb eine andere Hand
Orden (der nachinalB der der Cölestiner, hier aber noch »Ordo Humilitarom*
genannt wird), yon dem ein anderes Exemplar unter P. 22787 eingetragen ist;
epp. 428—425 handeln von der Befreiung des in der Gewalt der Aragoneeen
befindlichen Karl IL v. Ai\jou; ep. 402 von den unter Nicolaus IV. ftUenden
Streitigkeiten Mainhards von Tirol mit Bischof Philipp von Trient; in ep. 421
wird HonoriuB 17. als Vorgänger genannt, und in epp. 418 — 420 sind Johannes
und Burcard als Vorgänger des Klage führenden Erzbischofs von Tours, der also
wol Regina! (1291-^812) ist, genannt. Ist in den zwei letzten Fällen Boni&z VUL
nicht ausgeschlossen, so ist er es aber wieder in ep. 418, wo er noch als Qar*
dinal Benedict auftritt ; kurz alles weist darauf hin, dass diese ganze Gruppe
von 401—440 Nicolaus IV. zuzuwiesen sei.
') Beide Briefe sind undatirt; ep. 441 hat das Incipit »Summi Providentia
principis«. *) Innocenz IV. Registr. A. XL ep. 816 und A. XIL ep. 108 ertheilen
dem Magister Berardus de Ijfeapoli »subdiaponus et capellanus (nicht notarius)
papae, iuris civilis professor« Pfründen^ ') Fol. 18 ist zweimal gezählt,
daher erscheint lücht als Endblatt 180.
Römische Studien IIL 71
derselben Zeit von fol. 173' an 8 Briefe (epp. 490—497) Clemens V.
ein, welche alle im Gegensatz zu den' Briefen der ursprüngliclien
Anlage datirt sind, und die alle mehr oder minder nach Bologna
weisen, was vielleicht ein Licht wirft auf die Provenienz der Hand-
schrift, die zu bestimmen wir sonst keinerlei Anhaltspunkt besitzen.
Dieser Nachträge liefernde Schreiber schloss dann noch einen Quaternio
an, auf welchem er ausnahmslos Wahlakten (epp. 489 — 505) und
Wahlanzeigen (Encyclicae epp. 506—517) niederschrieb, die, soweit sie
sich fixiren lassen, alle der Zeit von Gregor X. bis Clemens Y. ange-
hören^).
Der Hauptbestand des Codex (epp. 1—489) trägt die üeberschrift
«Incipiunt dictamina magistri Berardi de Neapoli domini pape notarii^,
was wörtlich mit der von Delisle 89 mitgetheilten Bubrica zu Beginn
(nnd zu Schluss) von DP übereinstimmt. Wird dadurch schon auf
den engen Zusammenhang der beiden Handschriften hingewiesen, so
tritt uns dieser in der That bei Vergleichung ihrer Briefbestände
deatlieh vor Augen. Es correspondiren nämlich:
*) Die Stücke vertheilen sich folgendermassen : Gregor X.: Anzeige der
Cardinäle n» 498; Wahlakt n« 508—505. Nicolaus IIL: Encyclica n^ 507. Hono-
riu8 IV.: Encyclica n® 509 (wobei im Rubrum das unsinnige »littere canoniza-
tioniB dni Honorii pp.^ erscheint). Nicolaus IV : £ncyclica n® 610. 511 (2 Exemplare).
Oölestin V.: Anzeige der Cardinäle n« 500; Wahlakt n^ 601; Enoyclic!^ n« 5 IS,
Bonifaz VIEL: Encyclica n° 514. Benedict XL: Encyclica n» 515. Clemens V.:
Anzeige der Cardinäle n® 499 ; Wahlakt n° 502. — Bei dieser Zusammenstellung
sind n^ 506. 508. 512. 516. 517 Übergangen; den beiden letzten Nummern (d .s.
die letzten des Codex) sind nur mehr Bubricae beigesetzt, die sich auf die vor-
hergehende Encyclica Benedict XI. beziehen: »Item eodem modo omnibus alüs
regibus Dat. ut supra* und »Super eodem prohemium. Interne dementia mqje-
statis*. Diese Deutimg lassen auch n^ 508 und 512 zu, welche beide im Bubrum
»Super eodem et aliter« haben und derart auf die ihnen vorhergehenden Ency-
clicae Nicolaus in. (507) und Nicolaus IV. (510. 511) Bezug nehmen. Die einfache
Deutung ist wol die, bei den beiden letzten an blosse Entwürfe zu denken, und
die beiden ersten als l. e. m. Sätze der Encyclica Benedict XI. aufEu&ssen. Jene
Entwürfe können durch die uns jetzt bekannten Fassungen (P. 21268 u. 22604)
verdrängt worden sein; es wäre aber auch denkbar, dass sie die Concepte für
Exemplare der betreffenden Encyclicae seien, die für andere Categorien von
Adressaten bestimmt waren; dagegen aber spricht, dass ihre Adressaten (der
König von England und ein König Heinrich, wol der von Jerusalem und Qypem)
derselben Categorie von Königen angehören, wie die von n^ 507 (König von
Frankreich) und n® 510 (König von Siciüen), und dass Potthast in den l. e. m.-
Sätzen der ersteren (21268) eben denselben König von England anzuführen
vermag. Es werden also wol doch nicht approbirte Entwürfe sein. Ep. 506
endlich: lUustri Romanorum Regi. »Immense Deus clementie* bietet in seiner
Tein rhetorificheai Fassung keinerlei Anhaltspunkt zur Bestimmung dar.
72 ^altenbrunner.
DV epp. 1—266 mit DP epp. 1—269 (270). A L U. VIL VI. V. IH.
DV , 307—367 . DP , 271—334. A VHL IX.
DV , 370—374 , DP ^ , 335—339. (5 Schlassbriefe von TL I).
DV epp. 383-- 390 mit DP epp. 441—447. 2. Varia.
DV , 391—429 , DP . 401—440. I.Varia (Nicolaus IV.).
DV , 430.31.33—489 . DP , 340—400. HauptbestanA
Wir sehen aus dieser Zusammenstellung, dass der durch die höhere
Gesammtziffer der Briefe sich ergebende üeberschuss von DV (489 : 447)
nicht etwa auf die Gesammtstrecke von DP vertheilt ist, sondern dass
derselbe, in mehrere geschlossene Gruppen gegliedert, ihm entgegen-
triti Es sind nämlich dem DV eigenthümlich
epp. 267—306. epp. 368. 369. epp. 375—382. ep. 432.
Diese Einschiebungen, welche bei DV in den mit DP gemeinsamen
Bestand gemacht sind, charakterisiren sich dadurch, dass sie ohne
räumliche Trennung jenem sich anschmiegen und weiters, dass sie,
obwol zum Grosstheil nicht dem Berardus angehörig, doch mit den
benachbarten Berardusbriefen inhaltlich einen Zusammenhang auf-
weisen: So ist ep. 432, welcher sich nach epp. 430. 431 einschiebt,
die Canonisationsbulle Ludwig d. H. von Bonifaz VIII. (P. 24561),
jene aber betreffen die durch ürban IV. vorgenommene Ganonisation
des Bischofs Bichard von Chichestre (vgl P. 18232); epp. 368. 369,
welche nach den A IX (de concilio Lugdunensi) entsprechenden
epp. 357—367 zu stehen kommen, sind zwei Ausschreiben des Concils
von Vienne durch Clemens V.; epp. 375 — 382 stellen sich vor die
Briefe, welche mit DP 441 — 444 correspondiren und die wir als
Processe characterisirt haben; wir erinnern uns, dass die beiden ersten,
weil von Innocenz IV. herrührend, den Berardus abgesprochen werden
mussten, dagegen die beiden letzten in die Zeit desselben fallen; die
jetzt neu hinzukommenden Briefe, die sich weiters vor die Berardus-
briefe 443. 444 aufbauen, sind nun Akten des Templerprocesses unter
Clemens V. Epp. 267—306 endlich, welche sich vor Beginn der Gruppe
A VIII -=^ DV epp. 307 — 356 einschieben, können in ihrem Haupt-
bestande geradezu als Orientalische Varia bezeichnet werden. Sehen
wir zunächst von den letzten 3 Briefen (304 — 306) ab, so gliedern
sich die andern in zwei Reihen, von denen die eine mit epp. 267 — 293
ausserhalb der Zeit des Berardus, die andere mit epp. 294 — 303 in
dieselbe tSWi. Der Grosstheil der ersteren behandelt die durch den
Lateinischen Kreuzzug geschaffenen Verhältnisse, gehört also in die
Zeit Innocenz UL^); einer derselben aber (ep. 281 also inmitten der
*) Epp. 267. 268. 270—277 u. 285 Btehen bei Potthast unter Iimocens UI.
n® 2498. 2574. 2458—2468. 2465. 2518. 2578 ; sicher beziehea flieh auf dieselben
Römische Studien IIL 73
Gruppe) geht noch weiter zurück, denn er ist die „Instructio fidei
catholicae ab Alexandre P. III. ad Soldanum Iconii missa^). — Die
zweite Beihe umfasst Orientalische Correspondenz Gregor X. und zwar
gliedert sich dieselbe wieder, indem epp. 298 — 303 einen Theil jenes
Einlaufes aus dem Orient bilden, den wir in A und B inmitten der
Or. yin (de unione Grecorum) gefanden haben, der aber in den ent-
sprechenden Brieireihen der Dictamina fehlt ^); epp. 294 — 297 aber
entsprechen der Beihe nach A 334. 336. 335. 342 und werden als
der Gruppe »de unione Grecorum' angehörig später in ihrem Zu-
sammenhange unter n^ 311. 313. 312. 342 (also in anderer Beiheu-
folge) wieder gebracht — Nur die 3 letzten Briefe der Gruppe 304 —
306 f&gen sich nicht in die Ton uns aufgestellte Begel, denn sie be-
treffen nicht den Orient sondern Sicilien und zwar fallen die ersten
zwei Ton ihnen in die Zeit E. Friedrich IL wahrscheinlicl^ unter
Innocenz IV., der letzte dagegen ist einer der Processe Martin lY.
gegen Peter yon Aragon (P. 21998). Sicilische Staatsurkunden im
Zusammenhange bringen DV und DP gemeinsam am finde der einen
Gruppe von Varia unter n» 388—390 (= DP 445^447), dort also
wäre fQr ihre Einschiebung unserer Begel nach der richtige Platz
gewesen.
Wenden wir uns nun von den DV eigenthümlichen Varia zU
jenem Bestände, welcher mit dem von DP zusammenfallt, so müssen
wir zunächst constatiren, dass man von einer vollkommenen Aufnahme
der letzteren in DV insoferne sprechen kann, als auch jene Berardus
nicht angehörigen Briefe Nicolaus IV. und Innocenz TV. Aufnahme
gefanden haben, und ferner, dass die Zweitheilung von DP sich auch
in ihm darstellt, nur dass sie nicht so wie dort* auch in der äussern
Anlage selbst gekennzeichnet wird. — Wenn aber auch der Bestand
derselbe ist, so ist doch die Beihenfolge der einzelnen Briefgruppen
desselben ein verschiedener; in Th. II von DV nämlich stellen sich
die 2 Varia in ganz anderer Weise um den Haupttheil wie in DP.
Verhältnisse epp. 269. 284. 286>-288; den Orient betreffen femer epp. 279. 28o.
t!89 — 292 ; ich kann de aber nicht bestimmt fixiren und bei der völligen Tilgung
der individuellen Bezichimgen vermag ich die noch übrig bleibenden epp. 278.
280. 292 überhaupt nicht zu bestimmen.
0 Gedr. unter diesem Titel in Petri Blesensis Opera ed. Giles U. XXI.
cf. Delisle p. 94. ») Sie entsprechen A 849. S50. 354. 855 = B 868. 869. 878.
374. Ich habe bei der Numerinmg der Briefe fälschlich die Subscriptionen
von A 854. 855 (y. Delisle p. 180) unter eigene Nummern gestellt, erhalte daher
6 Stücke, während thatsächlich nur 4 yorhanden sind; als ich zur Erkenntniss
des Fehlers gelangte, wäre eine Aenderung meiner Numerirung ohne yielßushe
Störungen nicht mehr möglich gewesen.
74 Ealtenbrunner.
In Th. I ist dies allerdings nicht der Fall, da auch hier wie dort
nach dem die A-Gruppen umspannenden Haupttheile die ausserhalb
des Zusammenhanges mit A stehenden 5 Briefe den Schluss bilden,
aber dafür haben wir bei ihm jene Orientalischen Varia in DV con-
statirt, welche sich wie ein Eeil in den von DP ununterbrochen
niedergeschriebenen Hauptbestand einschieben. — Vergleichen wir
nun die beiderseitigen Beihen, so finden wir, dass DP einige Briefe
hat, welche in DV fehlen, nämlich in Th. I: epp. 11. 161. 270. 286.'
292 ; in Th. II : epp. 353. 373. Umgekehrt aber schiebt DV unter
n^ 17. 19 zwei Briefe ein, welche die paralell laufenden beiderseitigen
Beihen unterbrechen; aber das ist nur ein scheinbarer üeberschuss,
denn sie sind nur Wiederholungen von epp. 1 und 3^). Dagegen ist
wichtig zu bemerken, dass die schon berührte Störung des Paralellismus
mit A-B bei DP epp. 306—308 in DV nicht stattfindet, indem hier
die Reihenfolge von A-B eingehalten ist; ferner enthält sich DV,
ep. 370 von A, den DP im ersten und zweiten Theile (n^ 335 und
378) bringt, im zweiten zu wiederholen. — Diese wenigen Abweichungen
genügen, um das Verhältniss der beiden Handschriften dahin zu
fiziren, dass keine von der andern unmittelbar abhängen könne;
offenkundig ist dies bei DP, der ja eine Anzahl nicht in DV stehender
Briefe hat; aber auch bei letzterem scheint mir für dieselbe Annahme
der e^ige Anschluss an A-B in der Beihenfblge der epp. DP 306— 308,
sowie die Ausserachtlassung [der Wiederholung des einen Briefes in
DP ausreichend zu sein, wenn man die ganze Anlage des Codex,
welche entschieden den Eindruck einer in continuo angefertigten Ab-
schrift macht, mit in Betracht zieht, wie denn überhaupt dieser Ein-
druck die Wahrscheinlichkeit zurückdrängt, dass sein Schreiber unter
mehrmaligiBr Verstellung einzelner Gruppen des DP neben ihm noch
eine andere Handschrift benützt haben sollte. Aber auch das Ver-
hältniss der Texte in beiden Handschriften ist, wie ich gestützt auf
eine Anzahl von CoUationen behaupten kann, ein solches, dass directe
Abhängigkeit der einen von der andern so gut wie ausgeschlossen
ist. Aber sicher besteht zwischen ihnen eine sehr nahe Verwandt-
schaft, die sich schon durch das gleiche Incipit und durch die durchaus
gleichlautenden fiubrieae documentirt, und ferner durch ihr Verhalten
zu den individuellen Beziehungen der Briefe, also vor allem zu den
') £p. 17 und ep. 1 haben allerdings yerschiedene Adresse, der eine »Regi
Anglorum*, der andere >Regi Aragonum*. Dass aber das erstere einfach auf
Irrthum beruht^ lehrt das vorgesetzte Rubrum: »Exhortatio ad Regem, ut Sara-
cenoB de terra sua expellat, iudeis publica oflBcia non committat« etc. — Eine
Erklärung dieser Wiederholungen wird später gegeben werden.
Bömiache Studien IQ. 75
Datirougen, den I. e. m. Sätzen und den Adressanten. — Sicher dient
Qs zur Charakteristik der beiden Handschriften gegenüber der Anlage
von A-B sQwol, als auch in Bezug auf ihr Yerhältniss zu einander,
wenn wir in ihnen nur bei je zwei und zwar correspondirenden Briefen
überhaupt eine Datirung vorfinden und zwar in gleichem Ausmaass
der Formel; ferner wenn wir oonstatiren, dass die Zahl und die
Disposition der L e. m, Sätze in beiden eine vollkommen überein-
stimmende ist. Noch beachtensweriher ist die Behandlung der Adres-
santen; haben wir bei A-B als Begel hief&r erkannt, dass bei Beginn
eines Fontificates der Fapstname und sonst das verweisende Jdem'
gesetzt wird, so können wir diese bei den Dictamina nicht festhalten ;
einerseits nämlich finden wir sie den Papstnamen ausser Acht lassen,
wo vnr ihn als Benutzer wünschen würden, andererseits sehen
wir ihn gesetzt, wo wir ihn nach obiger Begel als überflüssig be-
zeichnen müssen, resp. das .Hern« erwarten würden; und überdies
sind wieder diese Verweise so sorglos angebracht, dass wir, wollten
wir ihnen ahnungslos folgen, häufig die mit ihnen bezeichneten Briefe
auf falsche Päpste beziehen würden, eben weil die Anbringung der
Adressantenformel bei einem der vorhergehenden Briefe verabsäumt
worden war. Oonstatiren wir also im Allgemeinen eine grosse Sorg-
losigkeit für die richtige Zuweisung der Briefe an den Adressanten,
so gewinnt natürlich der Umstand sehr an Gewicht, dass sich die
Behandlung in beiden Handschriften als eine vollkommen analoge
darstellt; sie weisen im gemeinsamen Brief vorrathe die gleiche Anzahl
von 15 Adressantenformeln auf, aber von diesen sind nur 8 bei Briefen
angebracht, die einen neuen Pontificat einleiten, dagegen ist die
Setzung der Formel bei DP 27. 29. 177. 392— 39'> und in den mit
ihnen correspondirenden Briefen des DY überflüssig, und die Bedeutung
dieser analogen Behandlung wird noch dadurch erhöht, dass wir
durchaus bei allen 15 gleiches Ausmaass resp. gleiche Verkürzung der
Formel constatiren können^). — Nicht so vollkommene üeberein-
atimmung herrscht bezüglich der Verweise mit .Idem"; hier weist
nämlich DP gegenüber DV 7 selbständige Setzungen auf, während
dieser es jenem gegenüber in keinem Falle zu thun vermag; aber das
kommt bei dem Umstände, dass DV überhaupt und auch im Texte
häufiger Auslassungen von Sätzen und Worten beschuldigt werden
') So bei P 27. 29: »Urbanus etc.«; bei P 177 u. 444: »Gregorius epc. etc.«;
bei P 857: »Gregorius«; bei P 445 u. 446: »Clemens (Innocentius) epc. seru.
serooram Dei«; bei P 105 u. 391— S 95: »Miseratione diyina etc.«, hingegen bei
P 212: »MiBeratione diyina Epi. . . . Presb. . . . Diac. . . . Cardinales« und bei
P 897: »Nicolaus electos epc. etc.«
76 EaltenbTunner.
muss, wenig in Betracht gegenüber dem, dass in 26 Fällen gemein-
same Setzung erfolgt, und dass in 20 von denselben in der schcm
geschilderten Weise die ,Idem' irrig augebracht sind.
Es sind diese Wahrnehmungen, die wir hier bei den zwei Hand-
schriften der Dictamina macheu, ganz analog denen, die wir schon
bei A und B constatirten, und wenn uns dieselben bei jenen nöthigten,
eine gemeinsame Quelle fiir sie ^vorauszusetzen, so müssen wir dies
auch hier thun. Es handelt sich nun darum, dieselbe zu finden und
hiebei leistet uns eine dritte, dem ersten Anscheine nach recht unbe-
deutende Handschrift der Dictamina gute Dienste.
Cod. Parisiensis lai 4043. saec. XIV. (cf. Delisle p. 93)=^ DL.
Der Codex, welcher wahrscheinlich zwischen 1365 und 1387
geschrieben ist, und, wie die von Delisle mitgetheilte Note lehrt, um
1387 in Lucca war^), hat jetzt 104 Blätter, die sich auf 9 Lagen
vertheilen; von ihnen sind L. 5 und 7 Quinternionen, alle andern
Slexternionen. Diese seine jetzige Zusammensetzung ist aber eine
fragmentarische, denn wir können mit voller Sicherheit den Wegfall
von Blättern nach L. 6 u. 9 dadurch coustatiren, dass ein Brief an ihrem
Ende mitten im Text abbricht. — Inhaltlich scheidet sich die Hand-
schrift in zwei Theile, indem nur die ersten 8 Lagen Berardusbriefe
enthalten, die 9. dagegen 13 Briefe bringt, welche wol zum Theil
auch als Dictate des Berardus erweisbar sind, in ihrer Gesammtheit
aber als Varia bezeichnet werden müssen*). Sie also hat der eine
der beiden Verluste betroffen und wir sind eben wegen ihrer Eigen-
schaft als Varia durchaus ausser Stande, die Grösse desselben zu
fixiren. Die vorhergehenden Berardusbriefe, 206 an der Zahl^, stellen
sich als ein Auszug des ersten üaupttheiles der Dictamina dar, so
') Zu ep. S findet sich folgende Notiz, die gegen das Ende zu unlesbar
geworden ist: »Notitia, quod quando Pisani ceperunt Lucam, firegerunt cameram
apostolicam, que erat in 8. Fridiano, et abstulenint inde thesaurum Ecclesie
Romane, propter quod Luca fait interdicta annis XL vel circa . et hoc Luce
notorium est . £Ekctum est altare in honorem 8. Martini inde dotatum pro . . .
de mandato ecclesie ... * Die Einnahme Lucca's durch die toscanischen Ghibel-
linen und die Beraubung der Sacristei von S. Frediano föllt in den Juni 1314,
von dem Interdict Lucca's kann aber doch erst gesprochen werden unter der
April 1316 beginnenden Herrschaft Castruccio's ; bekannt ist nur eine Verdam-
mungsbulle v. SO. lY. 1825, womit allerdings nicht ausgeschlossen ist, dass nicht
auch schon früher Processe stattgefunden haben (vgl. darüber Wenck: üeber
päpstliche Schatzverzeichnisse. Mittheil. VI. 274). Da nach dep von Delisle mit>
getheilten Note der Codex i. J. 1887 vom Notar Thomas Petra gekauft wurde,
lässt sich also seine Hei-stellimg Jxiren : circa 1365— 1S87. •) Dire Rubricae
hat DeHsle a. a. 0. mitgetheilt. ■) Eine Numerirung der Briefe ist nicht
durchgeführt; wol aber eine alte Foliirung der BlAtter.
ROmiBclie Studien m. 77
das8 ep. 1 dessen ersten Brief entspricht und ep. 206 mit DP 313
DV 347 correspondiri;^). Diese Briefe fallen dort inmitten der Gruppe
A VIII de unione Grecorum (DP 271—323. DV 307—356), und es
sind jene orientalischen Varia, welche DV vor derselben unter n^ 267 —
306 bringt, beim vorliegenden Auszuge unberücksichtigt geblieben;
er ist also dem gemeinsamen Bestände der Dictamina entnommen').
Vergebens suchen wir nach einem Gesichtspunkte, der etwa bei der
Auswahl der Briefe massgebend gewesen sein könnte. AUmähllg ist
die Zahl der ausgelassenen Briefe am Ende der 6. Lage, nach welcher
wir den ersten Ausfall im Codex constatirt haben, auf 30 angewachsen
(ep. 173 =r DP 203); zwischen dem ersten Briefe der 7. Lage (174)
und dem correspondirenden in DP (238) erscheint dann plötzlich eine
Differenz Yon 64, worauf sie stettig bis ep. 202 auf 74 anschwillt,
dann aber bei den letzten Briefen rasch und sprungweise bis zum
letzten ep. 206 die Höhe yon 107 erreicht Eine Berechnung nach
obigem Verhältnisse ergibt nun, vorausgesetzt dass wir auch da den
Schreiber unseres Codex das gleiche Verfahren gegenüber seiner Vor-
lage einschlagen lassen, die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls eines
Quintemio. Der Schluss der Berardusbriefe fallt, wie wir sahen,
mitten in A VIII ; es fehlen also von dem ersten Theile der Dictamina
deren letzte (10) Briefe uD^d Gr. A IX. Es hat nun wirklich den
Anschein, als ob nach Lage 8 der Bestand der Berardusbriefe noch
weiter gegangen wäre und Delisle nimmt in der That auch zwischen
L 8 und 9 den Ausfall yon Blättern an. Nichts würde uns dann
hiudem, den Auszug auch auf den 2. Theil der Dictamina ursprüng-
lich ausgedehnt zu denken. Der Anhaltspunkt f&r Delisle ist der
Umstand, dass ep. 206 unvollständig (bis etwa iu seine Mitte) auf
foL 92 (dem letzten Blatte der 8. Lage) auftritt. Aber er ist doch zu
einem Torläufigen Abschlüsse dadurch gebracht, dass nach Schluss des
Linienschemas, welches trotz der sonstigen Flüchtigkeit des Schreibers
strenge eingehalten ist, die zwei letzten Worte des eben laufenden
Satzes unter der letzten Zeile angebracht sind, und es ist hiebei sicher
nicht an einen Beclamant^n für die folgende Lage zu denken, da sich
I) Die Reihenfolge der Briefe, so wie sie im DP auftreten, hat bereit«
Delisle mitgetheilt ; es ist hiebei nur zu bemerken, dass auch epp. 116 und 244
aufgenommen sind, und dass bei den ersten IS Briefen, die Delisle mit P 1— 14
correspondiren lässt, eine Störung in der Aufeinanderfolge der beiderseitigen
Btiefe auftritt, indem P 7 und 10 erst nach P 8. 9. 12 von unserm Codex ge-
bracht werden. ') Die Lücke zwischen L. 6 und 7 kommt hiebei nicht in
Betracht, denn sie BUi auf Briefe, die mit den vorhergehenden Gruppen A Y
und III correspondiren.
78 Kaltenbrunner.
solche sonst niemals im Codex finden, and auch die Stellung der beiden
Worte eine ganz ungewöhnliche fßr einen solchen wäre. Dazu kommt,
dass wir den Schreiber bei den letzten Briefen viel mehr Stücke seiner
Vorlage überspringen sehen als sonst, was also auch darauf hindeutet,
dass er zum Schlüsse eilt^). Für die Annahme nun, dass der Schreiber,
genöthigt durch Mangel an Raum oder Zeit, durch die eben geschil-
derte ' Massregel einen Abschluss beabsichtigt hat, dass also kein
Ausfall anzunehmen sei, spricht noch ein weiterer sehr gewichtiger
umstand: Zu Beginn der Gr. YIII (fol. SO') steht im Bubrum «Incipit
negotium de reconciliatione Greconmi^') und dem ist von derselben
Hand am Bande beigesetzt: ,et durat per XX folia*. Da Lage 8 auf
fol. 92 endet, müssten wir also noch 7 Blätter mit der Gr. Vm be-
schrieben annehmen ; nach den sonstigen Baum Verhältnissen des Codex
würden nun etwa 17 Briefe auf denselben zu stehen kommen, während
doch nur mehr 10 von Gr. VIII zu erledigen gewesen wären. Freilich
könnte man daran denken, dass dem Schreiber unseres Codex nach
Gr. VIII orientalische Varia, wie sie DV vor derselben bringt, vorge-
legen hätten ; das wird aber gerade durch die auf L. 9 stehenden
Varia widerlegt Die ersten 7 Stücke derselben sind nämlich Orien-
talia und enden auf fol. 100, bis wohin gerade jene 20 Blätter des
Vermerkes von fol. SO' an laufen; es unterliegt also wol keinem
Zweifel, dass sich auf diese derselbe bezieht, und damit stellt sich die
Lage 9 in die ursprüngliche Anlage des Codex ein, was auch schon
dadurch zu Tage tritt, dass sich bei ihr kein Wechsel des Schreibers
wahrnehmen lässt
Diese Varia haben aber auch noch andere Berührungspunkte mit
der Berardussammlung; mehrere ihrer Briefe nämlich lassen sich
dadurch, dass sie in andern Bedactionen derselben stehen, mit Sicher-
heit als Dictate des Berardus erweisen; so ep. .8, der Clemens IV.
P. 20205 ist^), sowie n<> 11 und 12^), welche zusammen mit dem
letzten Briefe des Codex weitere Bedeutung dadurch erhalten, dass sie
die Encyclicae Innocenz V. Johann XXI. und Alexander IV. sind^),
1) Während früher durchaus ein stetiges Zunehmen der Differenz wahr-
nehmbar ist, stellt sich das Ende folgendermassen :
DL: 200. 201. 202. 208. 204. 205. 206.
DP: 274. 275. 276. 288. 803. S12. 818.
*) Derselbe Satz steht in DP an derselben Stelle als Randnote. *) Er findet
sich in den »Epistolae notabiles* yor; die individuellen Beziehungen sind aber
alle getilgt. Aus demselben Grunde vermag ich n° 9 nicht zu fisiren. ^) £p. 1 1
steht im Cod. Paris. 8567 und ep. 12 in der vaticanischen Handschrift der
Epistolae Notabiles. ») P. 21102. P. 21159. 60. P. 15596—99; keiner der Briefe
Römische Studien m. 79
und dadurch ergänzend zu den Varia des DY (epp. 506 — 517) treten,
welche durchwegs Encyclicae (und zwar von andern Päpsten) sind.
Sowie ihnen dort Wahlanzeigen vorangehen, so steht auch hier yor
ihnen unter n^ 10 das Glückwunschschreiben eines Notars zur Pro-
motio eines Papstes ^). Auch bei den schon erwähnten Orientalia
besteht ein Berührungspunkt mit den "Varia der Dictamina; n^ 1 ist
nämhch jene Instructio fidei catholicae Alexander III., die wir in-
mitten der orientalischen Varia des DV vorgefunden haben. Die
andern hieher gehörigen Briefe n^ 2 — 7 bezwecken theilweise die
Bekehrung der Tartaren (2 — 4), theilweise sind sie nach Constantinopel
gerichtet^ und diese letzteren fallen nicht viel früher als die Abfassung
des Codex, selbst, wie die von Delisle mitgetheilte Note zu ep. 5 über
Johann (V.) d. Paläologen lehrt. Der früher geschilderte Anschluss,
den diese sicher dem Berardus nicht angehörigen orientalischen Briefe
an die von ihm concipirten in der Handschrift aufweisen, bestätigt
also den Satz, den wir schon bei DV ausgesprochen haben^ dass an-
knüpfend an Berardusbriefe die Dictamina andere Briefe verwandten
Inhaltes bringen.
Wenden wir uns nun wieder zum Hauptbestande, so stellt sich
derselbe als Auszug der Dictamina auch dadurch hin, dass er so wenig
wie die beiden andern Handschriften derselben eine Gliederung der
Briefe nach den einzelnen Gruppen der correspondirenden A-Briefe
durchgeführt hat^), dass der Wortlaut seiner Bubricae mit dem jener
ubereinstinmit, und dass die Behandlung der individuellen Beziehungen
der Briefe in ihm ebenso nachlässig wie in jenen und zugleich analog
mit ihnen isi Der Umstand, dass sein ep. 196 einer jener Briefe
ist, die DP gegenüber DV allein hat (DP ep. 270), schliesst die directe
Abhängigkeit vom Vaticanus aus ; ein derartiger Grund entfallt gegen-
über dem Parisiensis, und ein weiterer sehr gewichtiger Umstand hat
denn auch Delisle bewogen, denselben als Vorlage zu erklären. Zu
ep. 204 und 205 finden sich nämlich gleichzeitig die Nummern 303
und 312 beigeschrieben, und diese sind die der correspondirenden
, ■ <
bat hier einen Adressaten. Bei dem letzten, der fast unlesbar ist, sichert das
Indpit sowie die noch zu entziffernden Worte ,fel. reo. . . . pp. . . . predec.
nr. VIII. id. Decembr. apud Neapolim per . . . evadente . . .* die Identität.
1) Es lässt sich nicht ermitteln, ob der Schreiber dieses Briefes Berardus
ii>t ; ein derartiger Glückwunsch desselben an Gregor X. findet sich in seiner
Sammlung Yor. ') Am Rande der Blätter finden sich aber häufig Ausdrücke,
welche den Inhalt der eben laufenden Briefe schlagwortartig fixiren; so »de
imperio*, »de Terra Sancta*, »de Grecis* bei den Briefen, die mit solchen aus
A U. VIL Yül correspondiren, und von fol. 72 bis 80 steht auf jedem Blatte
»de pace*, welchen Titel wir der hier laufenden Gruppe A III gegeben haben.
80 Kaltenbrunner.
Briefe in DP. Dennoch macht eine nähere Yergleichung der Texte
diese Annahme unhaltbar und stellt den Codex unabhängig von ihm ;
ep. 82 hat nämlich eine vollkommen ausgeschriebene Datirung, während
dieselbe im correspondirenden Briefe DP 85 (und auch DV 86) gänz-
lich fehlt; auch bei den Adressanten begegnen wir zweimal ,Idem*-
Briefen (99 und 116) vorgesetzt, wo dasselbe in den beiden andern
Handschriften fehlt, und es ist dieser an sich geringfügige Umstand
deshalb heranzuziehen, weil sonst der Codex vollkommene Ueberein-
stimmung in der Behandlungsweise des Protokolls mit DP und DY
aufweist, und durch mechanische Nachschreibung seiner Vorlage ge-
radezu Fehler begeht^). Können wir also den vorliegenden Auszug
nicht aus DP entnommen ansehen, so müssen wii doch im Hinblick
auf jene beiden Nummern ihm dieselbe Vorlage zuweisen wie jenem
selbst, und da wir auch DV mit DP auf dieselbe Quelle zurückgeführt
haben, so sind wir wol berechtigt, einen Archetypus der Dictamina
anzunehmen, von dem Paris. 4043 ein Auszug, DP und DV Ab-
schriften sind.
Dieser Archetypus bestand aus zwei Theilen, von denen der erste
jener nach Materien vorgenommenen Zusammensiellung zu Grunde
lag, von welcher auch der gemeinsame Bestand von A und B abge-
leitet wurde, der zweite aus einer nach Pontificaten von ürban IV.
bis Nicolaus III. geordneten Briefreihe schöpfte, aus welcher auch
jene 3 vor Martin IV. liegenden Briefgruppen, die B unabhängig von
A hat, zusammengestellt worden waren. Er umfEksste im ersten Theile
etwa 339, im zweiten etwa 61 Briefe'). Das Verhältniss des zweiten
Theils zu jenen 3 Gruppen wurde schon dahin charakterisirt, dass an
eine Entlehnung beiderseits nicht gedacht werden kann; wol aber
steht zunächst nichts im Wege, den ersten Theil als von A oder B
abgeleitet anzunehmen. Der Umstand, dass er weder mit A noch mit
B in der Aufeinanderfolge der Gruppen übereinstimmt, ferner dass er
einzelne derselben nicht vollständig, sondern nur fragmentarisch bringt,
0 £p. 128 hat nämlich in Anschluss an DP 148 DV 147 die Adresse »Eidem*;
in ihnen bezieht sich dies auf den König von England, an den der vorhergehende
mit der Adresse selbst versehene Brief DP 147 DV 146 gerichtet ist; indem nun
unser Codex diesen Brief weglässt, bezieht sich sein »£idem< auf den König von
I'rankreich, an den sein ep. 127 (=r DP 145 DV 144) adressirt ist. Nichts
destoweniger aber Bteht im Bubrum Übereinstimmend mit den beiden andern
Handschriften »Hortatur regem Anglie* etc. ') Bestimmte Zahlen lajssen sich
deshalb nicht angeben, weil bei manchen Briefen verschiedene Auffoasung bei
der Numerirung sich geltend machen konnte; nur bis ep. 812 können wir aus
dem DP dieselbe sicher reconstruiren, da sie bis dahin mit seiner übereinstimmt,
wie wir aus dem Paris. 404S sahen.
Römische Studien III. 81
braucht gar nicht au&ufallen ; die Oruppen können ja, wie wir sahen,
in jeder der beiden Handschriften früher andere aneinander gereiht
gewesen sein, und das fragmentarische Auftreten einzelner Gruppen ist
doch immer so, dass geschlossene Briefreihen Aufnahme gefunden und
eben solche weggelassen sind, oder wir begegnen der Auslassung
einzelner Briefe, die auf Fehler des Schreibers im Archetypus zurück-
geführt werden konnte. Derselbe muss die Datirung sehr wenig
berücksichtigt haben (wir können nur 3 Formeln sicher in ihm er-
weisen) und muss auf die Fixirung der Adressanten wenig Gewicht
gelegt haben, ja die Bezeichnungen derselben müssen in ihm, wie die
vielen gemeinsamen und sinnlosen Setzungen in seinen Abschriften
lehren, auf mechanische Nachbildung der Vorlage und nicht auf
Ordnungssinn zurückgeführt werden. Eine Vergleichung dieser rudi-
mentären Setzungen mit A und B ergibt nun nichts, was die Ableitung
von einer derselben ausschliessen würde. Aber entschieden spricht
dag^en die verschiedene Form, in der sich Gr. I von A und B in
den Dictamina findet; diese Verschiebungen können wir kaum dem
Abschreiber einer auf Lagen wolgeordnet niedergeschriebenen Brief-
reihe zumuthen, sicher aber einem solchen, der übereinandergelegte
Schedae vor sich hatte. Diese konnte er entweder selbst während der
Arbeit in Unordnung bringen, oder sie konnten ihm schon nach er-
Uttener Störung in der uns nun in den Dictamina entgegentretenden
Beihe zur Verfügung gestellt worden sein ; denn dass dieselbe in ihm
gestört ist, sahen wir daraus, dass die Aufeinanderfolge der Pontificate,
die sonst eine der in den Gruppen zu Tage tretenden Begeln ist, im
Gegensatze zu A und B durchbrochen wird. Aus den Vorschreibungen,
die der Zusammensteller von A an den Schedae selbst machte (und
die auch schon B benützt hatte), sind in Folge mechanischer Nach-
bildung vom Schreiber des Archetypus einzelne herübergenonmien
worden, denn dass die Adressantenformeln der Vorlage entnommen
sind und dass diese mit A oder B im Zusammenhang steht, lehrt der
Umstand, dass in Th. II, der ausserhalb der Verbindung mit jenen
steht, kein einziger Verweis mit „ Idem * sich vorfindet, und im ganzen
überhaupt nur 7 Setzungen von Adressanten (darunter 4 überflüssige)
in DP und DV gemeinsam auftreten. Als das eigene Werk des An-
fertigers des Archetypus aber wird eventuell die Auswahl der Gruppen
sowie die Ausscheidung einzelner Theile derselben bezeichnet werden
können; sicher aber ist ein solches die Abfassung der Bubricae für
die Briefe, welche durchaus anderen Wortlaut haben als die in A und
B auftretenden. — Durch die Vorlage der Schedae selbst erklären
sich auch vielleicht am einfachsten die Wiederholungen von ep. 1
Mittheflfiiicen VII. 6
82 Ealtenbrunner.
und 3 unter n^ 17 und 19 in DV und von ep. 335 unter n^ 378 in
DF: bei der mechanisclien Nachbildung, die namenÜicb ersteren
charakterisirt, liegt es nahe, diese Wiederholungen schon in der Vor-
lage anzunehmen; dort konnten sie aber getilgt gewesen sein, was
einmal von der einen, einmal von der andern Abschrift ausser Acht
gelassen worden ist^).
Lassen wir also den ersten Theil des Archetypus in der Kanzlei
selbst aus den Schedae des Berardus zusammengestellt sein, so ver-
steht es sich wol von selbst, dass auch der zweite daselbst entstanden
sei, und direct wird dies auch verbürgt dadurch, dass dieselbe nach
Fontificaten geordnete Briefreihe auch dem in der Kanzlei entstan-
denen B zur Verfügung stand, und femer dadurch, dass der Tenor
der Bubricae derselbe ist wie im ersten Theile. Indem der Archetypus
nun in der Kanzlei verblieb'), und indem er speciell als Formelbuch
in ihr in Verwendung stand, ist es sehr gut denkbar, dass in ihn
andere Dictate eingelegt worden seien, die zum Theil auch von Berardus
herrührten, zum Theil aber vor und nach seiner Thätigkeit fielen
Dieselben mögen einerseits auf einzelnen Schedae geschrieben, anderer-
seits nach gewissen Gesichtspunkten schon in Gruppen zusammenge-
stellt gewesen sei. Indem sie ein flüssiges Element im Codex bildeten,
erklärt es sich, dass sie in ganz ve. schiedenem ümfiEuige von den
Abschriften des Codex aufgenommen wurden, und dass sie sich in
ihnen in verschiedenem Zusammenhange mit dien beiden Haupttheilen
und trotzdem in continuo mit ihnen geschrieben darstellen. Wenigstens
bei den einzelnen Schedae und den kleineren Gruppen werden wir
ihre Einschiebung mitten im Codex, dort wo sie jetzt inhaltlich Zu-
sammenhang mit Berardusbriefen aufweisend zu stehen kommen, von
*) Jedenfalls waren aber die beiden Wiederholungen in Tb. I nicht in die
Numerirung einbezogen; dies lehrt die Uebereinstimmung derselben in den
Paiiserhandschrifben, resp. die zwischen DP und der Vorlage des DL, welche
wir bei dessen epp. 204 und 205 constatirt haben. *) Wahrscheinlich ist
in folgender Angabe eines Inventars der päpstl. Bibliothek in Avignon v. J. 1369
der Archetypus gemeint: »in studio domini Camerarii sub custodia domini
(t. Alberti* unter anderm: »Dictamina magistri Berardi de Neapoli de littera
curiali, cooperta postibus sive pelle, que incipiunt in secundo folio fratris et
finiunt in penultimo folio a tota*. — DV vielleicht ist schon gemeint in der
Angabe des »Inventaxium scripturarum quae sunt in Bibliotheca secreta Vaticana
c. 1678 (Cod. Corsin. 671. fol. 8S): In capsa de cjpresso quarta: »Formulariom
in pergameno Magistri Bernardi de Neapoli*. Ob in der Angabe des Bibliothek-
verzeichnisses von Peruggia v. J. 1811 (Wenck, Ueber päpstl. Schatzverzeichnisse
a. a. 0. 16) ,Item unum formularium de litteris curie Romane scriptum de nota
subtili« überhaupt eine Berardushandachrift gemeint ist, muss dahin gestellt
bleiben.
Römische Studien HL 80
Anfang an vermuthen können; andere grössere werden wir zu An-
fang oder Schlass liegend denken. Von diesem Portleben des Codex
haben wir sichere Beweise unter Nicolaus IV., Boniüäz VIIL, Clemens V.
und endlich, wie die Varia des DL lehren, auch noch aus der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Zum Theil allerdings mag solche
Varia auch die Individualität des Abschreihers verursacht haben; so
wenn wir im Vaticanus speciell eine Gruppe von Briefen über Bologna
antreffen und zwar in Verbindung mit anderen, die wir sicher als
Beilagen des Archetypus ansehen mfissen^); da brauchen wir wahr-
lieh nicht zu denken, dass der Codex in Bologna entstanden sei, sondern
ein sich für Bologna interessirender Notar konnte in das von ihm
angefertigte resp. von ihm erworbene Formelbuch diese Gruppe aus
Schedae der Kanzlei zusammengestellt haben*). Die Dictamina mögen
mehrfach, sei es nach dem Archetypus, sei es nach den uns bekannten
Abschriften vervielföltigt worden sein. Das letztere ist der Fall bei
Cod. Paris, lat. 8581, den Delisle p. 92 als eine Copie des DP erweist.
Auch am Staatsarchiv zu Genua scheint sich eine Handschrift der-
selben zu finden, wenigstens schliesse ich aus den Angaben, die Pflugk-
Harttung (Iter Ital. II. 29) von derselben gibt, auf diese Bedaction^).
3. Die Epittolae Notabiles.
Wenn wir bei den bisher betrachteten Bedactionen der Sammlung
in überwiegender Weise das Streben wahrnehmen konnten, die Briefe
nach Materien geordnet zu geben, so zeigen im Gegensatze hiezu die
nun zu besprechenden Handschriften dasselbe nicht, sondern sie be-
gnügen sich, die Briefe nach chronologisch aufeinanderfolgenden Pon-
tificaten aneinander zu reihen, innerhalb welcher zunächst sich keinerlei
weitere Gliederung bemerkbar macht Delisle, welcher eine dieser
Handschriften in den Bereich seiner Untersuchung gezogen hat, be-
nennt sie ihjem Incipit und Explicit folgend mit ,,Epistolae Notabiles',
nnd ich wüsste daflür keinen besseren Titel an die Stelle zu setzen.
*) Die Briefe stehen nämlich, wie wir sahen, nicht am Schlüsse des DY,
sondern es folgen ihnen noch die Wahlakten nnd Encydicae, die also sicher auf
Kanzleischedae zurQckgefUhrt werden müssen, wie dies auch das Vorkommen
von solchen im DL lehrt. •) Die Bolognesergruppe gehört zum Nachtrage,
der zusammen mit den Wahlanzeigen und Encyclicae auf eigenem Quatemio von
einem anderen Schreiber in DV angefertigt ist. *) Die Handschrift bringt die
Briefe »ohne Namen der Päpste und ohne Datirung* und hat einen Appendix
saec. XrV. — Pertz Archiv V. 448 erwähnt eines zweiten »Exemplars* des Cod.
Vaüc. 8977 auf der Vaticanischen Bibliothek; dasselbe ist mir nicht zu Gesichte
gekommen und ich vermuthe, dass Pertz die Yaticanische Handschrift der'Epistolae
Notabiles (Cod. Vatic. 67 S 5) bei der Notiz im Auge hatte.
84 Ealtenbrunner.
Sind sie, wie wir sehen werden, einer sehr umfangreichen gemein-
samen Quelle entsprossen, so bringt eben dieser Titel sowol bei der
ihn aufweisenden Handschrift als auch bei den andern die subjective
Anschauung ihrer Zusammenst-eller zum Ausdruck; indem diese ans
den Dictaten des Berardus die beachtenswerthen geben wollen, lassen
sie sich weniger als die Bedacteure von A und B von historischem
Sinne leiten, sie drücken aber auch weniger, als die Dictamina es thun,
die Yon ihnen ausgewählten Briefe zur Formel herab, sondern bringen
sie in den meisten Fällen so, wie sie ihnen vorlagen; sie ffigen also
weder auf Ordnung hinzielendes Beiwerk an, noch tilgen sie etwas
an ihrer Quelle. Ganz rein und unyerwischt wird diese Richtung
dargestellt durch
Cod. Paris, lat 4311. saec XIV. 4». (cf. Delisle p. 95) =- NP.
Derselbe ist eine plaumässig und einheitlich angelegte Handschrift
von 198 Blättern^), die sich in 24 Quatemionen und eine Schlusslage
von 6 Blättern gliedern. Ein Schreiber hat gleichmässig von Anfang
bis zu Ende daran gearbeitet, und er hat sich den schliesslich noch
nöthigen Baum sehr gut berechnet, denn er kommt mit dem letzten
Briefe 5 Zeilen vor Schluss der B.ectoseite des letzten Blattes zu Ende,
worauf er den noch übrigen Baum säuberlich mit dem Explicit aus-
füllt^). Yon Anfang bis zu Ende sind die Briefanfauge mit abwechselnd
rothblauen und blaurothen Initialen markirt, und einen weiteren
Schmuck bilden zahlreiche zum Theil recht humoristische Feder-
zeichnungen am Bande; insoferne aber ist der Codex unvollendet
geblieben, als Bubricae nur bis ep. 1 gesetzt, und nur bis ep. 15 am
Bande vorgeschrieben sind, während Baum fQr sie vor den einzelnen
Briefen bis zum Ende gelassen ist. — Die 272 Briefe') sind in
continuo geschrieben derart, dass sich weder Wechsel der Tinte und
der Schriffczüge, noch eine Scheidung derselben nach Lagen bemerkbar
macht; auch das Eintreten in einen neuen Pontificat ist auf keinerlei
Weise äusserlich gekennzeichnet Die Gliederung nach Pontificaten
>) Der Codex hat jebst 199 Blätter; fol. 1 aber gehört nicht in die Ursprung-
Ijche Lage, sondern ist Vorsteckblatt. *) »Explicit ezpliciunt (foL 2. Incipit)
epistolae notabiles compositae aMagistro Berardo de Neapoli domini pape notario*.
— Auf fol. 199f das leer geblieben ist, wurde später die Bittschrift eines
Magisters der Theologie von der Pariser Universität um eine Pfründe eingetragen,
die aber keinerlei Anhaltspunkte zur Bestimmung der Persönlichkeit und der
Zeit gibt. *) Die aus ganz neuer Zeit stammende Numerirung zählt 271 J^won-
mem; nach n° 192 ist aber eine Störung eingetreten, indem der nächste Brief
mit n® 195 bezeichnet wird, welche Zahl dann aber an der richtigen Stelle noch-
mals gebracht wird; ich bezeichne den fälschlich ndt ihr versehenen Brief
als 192a.
i
Römische Studien IlL 85
ist ganz strenge eingehalten; es ist aber Tom Schreiber wenig Vor-
sorge getroffen, dass dies dem Benutzer sofort yor Augen trete, denn
nur der Beginn der Fontificate Ton Nicolaus III. und Martin lY. (so-
wie 2 Sedisvaeanzen) sind durch eine Adressantenformel angezeigt;
in den andern Fällen sind wir zur Fixirung der Uebergange auf den
Inhalt der Briefe oder auf die Yergleichung mit den Bestanden anderer
Bedactionen angewiesen. Auch sonst ist die Adressantenformel arg
Ternachlässigt; nur bei 21 Briefen tritt sie auf, so dass wir die bei
A und B auf sie bezügliche Begel als hier nicht geltend bezeichnen
mQssen. Dagegen ist die Datirung in 79 Fällen gesetzt, was etwa
dem Verhältnisse bei A und B entspricht, und jedenfalls die Bedaction
als im Gegensatz zu den Dictamina stehend erscheinen lässt. Die
Briefe gliedern sich folgendermassen :
epp. 1 — 56 Urban I V. ; ep. 57 Sedisvacanz ; epp. 58 — 70 Clemens IV. ;
epp. 71—144 Gregor X.; epp. 145—217 Nicolaus III.; epp. 218. 219
Sedisvacanz; epp. 220 — 272 Martin IV. Innerhalb dieser Beihen sind
epp. 15.26. 71. 188. 267 Priyatbriefe des Berardus. Wir finden also die-
selbe Zeit in den Briefen vertreten wie in A und B, in denen auch die
Hauptmasse nicht über Martin IV. hinausreicht ^). Im Gegensatz zu
jenen aber lässt die Bedaction die zwischen Gregor X. und Nioolaus III.
fallenden Fontificate Innocenz V. und Johann XXI. ausser Acht —
Wie schon bemerkt wurde, ist innerhalb der Fontificate eine Scheidung
der Briefe nach Materien nicht zu erkennen, womit aber nicht aus-
geschlossen ist, dass inhaltlich enge zusammengehörige Briefe nicht
auch räumlich zusammenstehen; aber — und dies dient zur Charak-
teristik des Gegensatzes zu A und B — die derartig gebildeten kleinen
Briefreihen stellen sich nicht in grösseren räumlich verbundenen
Gruppen dar, welche wie die von A und B mit einem Gesammttitel
bezeichnet werden könnten.
Cod. Vaticanus lai 6735. saec XIV. 4o. = NV.
Die Handschrift besitzt 212 Blätter, die 28 Lagen bilden, und
theilt sich ihrer äusseren und inneren Anlage nach in vier Theile:
Der erste (jetzt 7 Blätter zählende) Quaternio nämlich enthält Dinge,
die zum Grosstheil mit unserer Sammlung gar nichts zu thun haben,
die aber doch, wie wir sehen werden, einige Berührungspunkte mit
ihr aufweisen ; die zweite nur aus zwei Blättern bestehende Lage um-
ükBst sodann einen Index für eine Gruppe folgender Berardusbriefe,
und erst mit der dritten auf fol. 10 beginnenden Lage treten wir an
I) Wir fimden in A-B von Honorius IV. nur noch Frocease, in B anraerdem
nur noch von ihm sicilische Staatsurkimden vor.
86 EaltenbruniieT.
die Briefsanunluug selbst heran. Von da ab beginnt eine alte Lagen-
zählong, deren Yerfolgong uns lehrt, dass wir von Anfang an eine
Zweitheilung derselben machen müssen; es sind nämlich die ersten 16
derselben (L. 8 — 18 des Codex) mit fortlaufenden Zahlen versehen
und die folgenden 10 wieder mit solchen, und zwar ist die beider-
seitige Bezeichnungsart eine verschiedene. Diese Scheidung manifestirt
sich auch durch verschiedene Hände und durch andere Beschaffenheit
des Pergaments und dadurch, dass nur im ersten der beiden Theile
ein Bubricator thätig ist; ja sie erstreckt sich auch, wenn man so
sagen darf, auf ihre Geschichte, denn die zwei Theile sind in ganz
verschiedener Weise glossirt worden, so dass es also den Anschein
hat, als seien sie erst später in ihre jetzige Verbindung gebracht
worden. Diese Zweitheilung vollzieht sich zwischen foL 135 und 136,
so dass also Th. I gebildet wird aus foL 10 — 135 mit epp. 1 — 173,
Th. II aus foL 136—212 mit epp. 174—366. Es ist nöthig, sie ganz
gesondert zu besprechen.
Th. I besteht mit Ausnahme von L. 4 (L. 6 des Codex), die ohne
ersichtlicheii Grund ein Ternio ist, durchaus aus Quatemionen und
ist in continuo von einem Schreiber (A) angefertigt. Zu ihm gehört
der voranstehende Index auf foL 8. 9, der seine ersten 172 Briefe
verzeichnet; er selbst hat 173 Briefnummem, die aber 187 Briefe
repräsentiren^), von denen der letzte am Ende des letzten Blattes
mitten im letzten Satze vom Schreiber abgebrochen und dann von
cursiver Hand am unteren Bande beendet wird. Er ist nicht mehr
in die bis 172 gehende alte Numerirung der Briefe einbezogen und
da er, wie wir sahen, auch vom Anleger des Index ignorirt wird,
liegt es nahe, gerade diesem auch die Numerirung zuzuschreiben.
Die Briefe entfallen der Reihe nach auf folgende Pontificate.
epp. 1 — 42 ürban IV.; ep. 43 Sedisvacanz; epp. 44 — 78 Clemens IV.;
epp. 79—138 Gregor X.; epp. 139. 140 Innocenz V.; epp. 141—148
Johann XXL; epp. 149 — 153 Sedisvacanz; epp. 154 — 173 Nicolaus III.
Unterbrochen werden die Beihen durch die Berardusbriefe 15. 81. 154. 165.
Auch hier ist die Aufeinanderfolge der Pontificate der einzige
Gesichtspunkt, welcher bei der Zusammenstellung massgebend gewesen
sein kann, denn auch hier macht sich keinerlei Gliederung der Briefe
nach Materien innerhalb derselben bemerkbar, und auch die Behand-
lung der Adressanten und der Datirung ist eine mit NP analoge und
I) Einzelne Briefe sind zum Theil aus Nachlässigkeit zum Theil« weil sie
enge sich an die vorhergehenden anschliessen, ohne Nummern gelassen; es ent-
stehen dadurch epp. 88t. 90». 91». lOO. UU. 148«. 159a. 159b. 159c. 169d. 161».
162». 164*. 164b.
Römische Studien III. 87
«stellt die Sedaction zusammen mit diesem in Gegensatz zu A und B
einerseits, zu den Dictamina andererseits ^). Der enge Zusammenhang
zwischen NP und NV tritt aber noch mehr zu Tage, wenn wir finden,
dass zahlreiche Briefe des letzteren in derselben Beihenfolge sich mit
solchen in ersterem decken und zwar so, dass NY 1 und 172 cor-
respondiren mit NP 1 und 217, d. i mit dem letzten hiebei in Be-
tracht kommenden Briefe. Wie schon diese gegenübergestellten Nui^-
mem zeigen, weist NP ein bedeutendes Plus gegenüber NV auf, aber
umgekehrt sind durchaus nicht alle Briefe des letzteren in jenem
enthalten, sondern auch er hat eine grosse Anzahl selbständiger Briefe,
nämlich epp. 46 — 51; epp. 55 — 80; epp. 111 — 154; ep. 173. Bei
dieser ZusammensteUung muss schon aufiallen, dass diese Briefe in
geschlossene Gruppen zusammengedrängt auftreten, und dies wird
noch auffallender, wenn wir finden, dass ep. 55 am üebergang yon
L. 5 auf L. 6 zu stehen kommt, und dass ep. 80 der letzte der L. 8
ist, so dass also alle Briefe von L. 6 — 8 in NP fehlen ; weiters, dass
ep. 111, mit dem die zweite grosse selbständige Briefgruppe in NY
beginnt, der erste von L. 11 ist; worauf erst mit dem als vorletzter
Brief Ton L. 14 stehenden ep. 155 der Zusammenhang wieder eintritt
Wir können also geradezu im Bestände von NV eine Zweitheilung
derart machen, dass wir Lagen, deren Briefe durchwegs mit solchen
in NP zusammenfallen, gegenübersetzen denen, die ganz unabhängig
von ihm ihren Yorrath stellen. Zu ersteren gehören L. 1 — 5 (ai^
welch' letzterer auch schon mit epp. 46 — 51 der Zusanmienhang
unterbrochen ist) und L. 9. 10. 15. 16; zu letzteren L. 6 — 8 und
11 — 13. Nur L. 14 beugt sich nicht unter diese Theilung. — Die
Briefci welche in NP selbständig gegenüber NY stehen, treten nicht
derart gruppenweise auf, sondern durchsetzen entweder ganz verein-
zeint oder in kleinen Beihen den in Betracht kommenden Bestand
von NY, und es lässt sieh keinei^lei Zusammenhang zwischen ihnen
ond der Anlage des Codex selbst erkennen. Dagegen bemerken wir,
dass die Mehrheit von ihnen in inhaltlichem und zwar zum Theil
sehr engem Zusammenhange mit den Briefen von NY stehen, vor
oder nach welchen sie sich einschieben^).
') NY vemachlfiadgt die Markirung neu eintretender Pontificate bei Urban lY.
(ep. 1), QemenB lY. (ep. 4i), Ixmocexiz V. (ep. 189) und in ep. 166 bei der durch
denBerarduabiief (165) unterbrochenen Reibe der Nicolausbriefe. *) In anderem
Zusammenhange komme icb auf diesen Funkt noch zu sprechen; jetzt mögen eu
seiner Cbaracteristik einige Fälle genügen: Nach P 19 = Y 17, der einen
Streit des Grafen von Blois mit dem Capitel von CThartres betri£Ft) schieben sich
die dasselbe Thema behandelnden epp. P 20—22 ein. Nach P 89 t= V 80, der
88 Ealtenbrunner.
Diese Wahrnehmungen führen zur Yermuthung, dass NP in
directer Abhängigkeit von NV in der Weise stehe, dass ihm eine
Anzahl von Lagen desselben als Vorlage gedient habe, in welche er
bei der Abschrift einzelne oder in kleine Gruppen zusammengestellte
Briefe aus einer anderen Quelle einschob^). Aber eine Yergleicbung
der Texte der in beiden Handschriften gemeinsam stehenden Briefe
schliesst diese Annahme TöUig aus; schon die Thatsache, dass die
I. e. m. Sätze yon NF 19 und 98 in den correspondirenden Briefen
NV 17 und 91^ fehlen, kann zur Begründung dieser Behauptung ge-
nügen, ftir welche ich mich aber weiters auf eine Beihe von CoUationen
berufen kann, die zeigten, dass die Texte von NP entschieden besser,
in vielen Fällen auch vollständiger seien wie die von NY, welcher
überhaupt und namentlich in den Namensformen greuliche Verun-
staltungen aufweist. — umgekehrt ist die Annahme an sich zulässig,
dass NV dadurch entstanden sei, dass er auf einigen seiner Lagen
eine Auswahl aus dem Bestände von NP gemacht, und auf den übrigen
eine andere Quelle in der gleichen oder in ähnlicher Weise ausgebeutet
hätte'). Dem widerspricht aber wieder die Textvergleichung und im
speciellen, dass die Datirungen, welche NV in epp. 43. 84. 157. 159
aufweist, in den correspondirenden Briefen NP 57. 76. 151. 153 fehlen.
Als vorläufiges Besultat dieser Erwägungen ergibt sich daher, dass
!KV und NP in gegenseitigem Abhängigkeitsverhältniss zu einander
nicht stehen können.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen NV und NP liegt darin,
dass ersterer nicht mehr in den Pontificat Martin IV. eingreift, sondern
mit Nicolaus UL abschliesst. Aber es sind Anzeichen vorhanden, dass
dieser Unterschied nur ein scheinbarer sei, und in der ursprünglichen
Anlage von NV nicht bestand. Lässt schon das Abbrechen des ep. 173
an Lucca gerichtet ist, folgt selbständig in P hierauf unter ep. 40 der Befehl
an den Probst v. Mantua, ep. 89 nach Lucca zu überbringen. Die selbständigen
epp. P 214. 216 beziehen sich auf den Streit des französischen Eönigspaares mit
dem Biflchof von Bayonne ebenso wie epp. 218. 215, die in NV als epp. 170. 171
stehen u. s. f.
0 Auch L. 14 könnten wir mit Berücksichtigung des Anlageplanes ganz
von KP ausgenützt erklären, denn alle ihre Briefe bis zu ep. 155, mit dem der
Zusammenhang wieder beginnt, fallen in die von NP ausser Acht gelassene Zeit
zwischen Gregor X. und Nicolaus m.; resp. der letzte vor ep. 155 stehende ist
ein Brief des Berardus, den er wahrscheinlich in der Sedisvacanz vor Nicolaus HI-
geschrieben hat. *) Bei Beschreibung von L. 14 hätte NY zum Grosstheil noch
die andere Quelle vor sich gehabt und erst bei Angrifihahme der Briefe Nioolaus HI.
dann aber sofort NP herangezogen, denn sein erster Nicolausbrief ist auch der
Römische Stadien III. 89
auf dem normalmässigeu Quatemio die Annahme des Verlustes weiterer
Lagen zu^ so wird dieselbe noch näher gerückt durch folgenden Ver-
merk auf foL 10: ^Iste Über continet ducentas Chartas et est Quatarii
Solmonensis*. Da derselbe am ersten Blatte yon Th. I zu stehen
kommt, und da die Möglichkeit vorhanden ist, dass Th. I einst ganz
getrennt yon Th. II gewesen sei, so ist die nächstliegende Erklärung
dieser Notiz, dass entweder nach ep. 173 noch 27 Briefe oder nach
foL 185 noch 74 Blätter vorhanden gewesen seien ^). Es stellen sich
aber doch auch schwere Bedenken entgegen: Sicher gehört es nicht
zu den characteristischen Merkmalen der Epistqlae Notabiles, dass sie
sich auf eine ganz bestimmte Beihe von Pontificaten ausdehnen, denn
auch NF sahen wir (und zwar im Gegensatze zu NV) die Fontificate
lanocenz V. und Johann XXL ignoriren ; ebenso kann dies NV mit
Martin IV. gethan haben, und wirklich thut es der Codex Vallicel-
lianus, den wir als dritte Bedaction der Epistolae Notabiles noch
kennen lernen werden. Femer ist es nicht recht einzusehen, woher
denn der Schluss von ep. 173, der am unteren Bande in Cursive
nachgetragen ist, genommen sei, wenn schon der Verlust der denselben
tragenden nächsten Lage eingetreten war; es scheint mir viel wahr-
scheinlicher, diese Beendigung von anderer Hand dahin zu deuten,
dass der Schreiber trotz guter Baumbemessung plötzlich am Ende des
ihm zugewiesenen Fergamentes stand, und dass dann er oder sein
Auftraggeber den noch zu erledigenden Best nachgetragen und damit
den Codex zum Abschluss gebracht hat Freilich ist, wie wir sehen
werden, die Deutung des Vermerkes auf den jetzigen Bestand der
Handschrift nicht möglich ohne eine Erklärung, die sich den Vorwurf,
gewaltsam zu sein, gefallen lassen muss.
Nicht so einheitlich wie Th. I tritt uns Th. II gegenüber, denn
er nöthigt uns, 3 Abtheilungen zu unterscheiden, die sich sowol in
der Beschaffenheit der Briefe, als auch in der äusseren Anlage von
einander dadurch abheben, dass sie von verschiedenen Schreibern
herrühren, und dass an ihrem Schlüsse leere unbeschriebene Bäume
auftreten. Andererseits sichert die sie umfassende Lagenzählung ihre
Zusammengehörigkeit Sie stellen sich folgendermassen dar:
Abth. 1. fol. 186—171. (L. I— IV). Sehr. B. epp. 174—290.
. 2. fol. 172—199. (L.V— Vm). Sehr. C. epp. 291-337.
, 3. foL 200—212. (L. IX. X.). Sehr. D.KF.G.epp. 338—866.
t) Der Index auf fol. s. 9 könnte natürlioli in die Rechnung nicht einbe-
zogen werden, da er ja erst nach Eintritt des Verlustes angelegt sein könnte;
er yerzeichnet nämliek auch den fragmentarischen ep. 17S nicht mehr, obwol
für diesen und für weitere Briefe noch Raum vorhanden wäre.
90 Kaltenbrunner.
Während die beiden letzten Abtheilangen als Varia beseiclinet werden
müssen, enthält die erste nur Berardusbriefe und zwar ist sie ein
Auszug aus den Dictamina, welcher die Bestände der Gruppen I. IL
YII. VI. Y Yon A umspannt. Derselbe umfasst also nicht, wie es der
von Cod. Paris. 4043 thut, den Grosstheil von Th. I der Dictamina,
sondern er bricht mitten in demselben ab, und es ist dieser Abbruch
ein beabsichtigter; an den Verlust einer weiteren Lage ist nicht zu
denken, denn die in continuo niedergeschriebenen Briefe enden auf
der oberen Hälfte von foL 171', und der Best der Seite ist leer ge-
lassen. Der letzte Brief entspricht DP 193. DV 190; es ersdieinen
demgemäss 71 Nummern des DP ausgelassen. Ein hiebei obwaltendes
Princip lässt sich nicht erkennen, nur das eine ist wahrnehmbar, dass
Gr. II (de negotiis imperii) und Gr. VII (de Terra Sancta) besonders
im Auszuge berücksichtigt sind. Zur Gharacteristik ist ferner anzu-
führen, dass DP 11, der in DV fehlt, aufgenommen ist, was also die
Abhängigkeit von letzterem ausschUessen würde'). Aber nach aUem,
was wir bei den andern Handschriften der Dictamina gefunden haben,
ist es wahrscheinlich, dass auch dieser Auszug aus dem Archetypus
genommen ist, zumal da er auch einmal (in ep. 247) die selbständige
Setzung des «Idem" gegenüber DP aufweist, während er sonst in
seinen wenigen Setzungen die gleiche gedankenlose eben von der
Vorlage stammende Behandlung der Adressantenformel zur Schau
trägt ^). Diese Ableitung vom Archetypus wird nun weiter durch die
beiden folgenden Abtheilungen im höchsten Grade wahrscheinlich
gemacht, indem wir das Zustandekommen derselben einerseits auf die
Eanzlei zurückführen müssen, andererseits ganz die gleichen Wahr-
nehmungen an ihnen machen wie bei den Varia in den andern
Handschriften der Dictamina.
Abth. 2 (epp. 291 — 337), die in continuo von Sehr. C gearbeitet
ist, enthält durchwegs Briefe aus der Zeit von Avignon und zwar
fallen sie, soweit sie sich bestimmen lassen, in die Pontificate Inno-
cenz VL und Urban V.^) AbtL 3 (epp. 338—366) dagegen enthält
in sich Briefe, welche entschieden in engster Verbindung mit der
<) Dass der Auszug nicht aus Paris. 4048 genommen sein könne, beweisen
gleich epp. 175, 177 =: DP 12. 15, die dort fehlen. ') Datining kommt in
keinem der Briefe und auch in keinem correspondirenden Briefe in DP und DV
vor. *) Es finden sich darunter Briefe an Karl IV., an die eben im Kriege
begriffenen Könige Johann ron Frankreich und Eduard von England, an Ludwig
von Ungarn, an den Cardinallegaten Tallyrand in Frankreich u. s. f. Alle Briefe
haben den Datumansatz »Datum Avinione* oder »Datum ap. Villam novam«;
n^ S29— 332 sind »Missivae«.
RamiBehe Studien lU. ' 91
Berarduasammlung stehen; einmal dadurch, dass einer von ihnen
(ep. 338) den Berardus selbst zum Adressanten hat, weiter dadui'ch,
dass 8 von ihnen sieh in verschiedenen Sedactionen seiner Sammlung
nachweisen lassen, nämlich epp. 340, 361. 362. 363 in der Oruppe
A VUl (de unione Grecorum), epp. 339. 343 in A Y (Sententiae) und
epp. 341. 342 in andern Handschriften der Epistolae Kotabiles; in
die Zeit des Berardus endlich fallt sicher auch ep. 359^). Andere
Briefe dagegen lassen sich in Varia der andern Handschriften der
Dictamina nachweisen, so ep. 344 als n® 394 in DV innerhalb jener
Gruppe, die wir als Yaria aus der Zeit Nicolaus lY. erwiesen haben,
und epp. 351 — 353. 355. 356 unter n® 2 — 6 in den Yaria des DL,
und es ist hiebei wichtig, dass der dazwischen liegende in jenen
fehlende ep. 354 sich inhaltlich aufs engste an die zwei ihm folgenden
auschliessi YT^ährend die drei ersten (Tartarenbriefe) wahrscheinlich
in die Zeit Clemens lY. fallen, gehören die drei letzteren nach
Constantinopel gerichteten, wie schon bei Besprechung des DL
bemerkt wurde, in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, und in
diese werden wir auch verwiesen bei epp. 345. 346 (K. Johann von
Frankreich gefangen) und bei epp. 364 — 366, welche während des
grossen Krieges zwischen Yenedig und Genua 1378—1381 fallen.
Die noch übrigen Briefe 347—350. 357. 358. 360 vermag ich bei der
Tilgung aller individuellen Beziehungen nicht näher zu bestimmen.
Im Gegensatze zu den vorhergehenden Abtheilungen ist diese dritte
nicht einheitlich beschrieben, sondern es haben 4 Schreiber der Reihe
nach an ihr gearbeitet Sehr. D nämlich setzt auf foL 200. 201
epp. 338 — 345, welch^ lebsteren er auf der 7. letzten Zeile des Linien-
schemas unbeendet abbricht. Mit Ausnahme desselben sind alle Briefe
solche, welche wir theils als Berardusbriefe, theils in anderen Hand-
schriften unter Yaria stehend nachgewiesen haben. Sehr. £ beginnt
dann auf foL 202 den inhaltlich mit ep. 345 enge zusammengehörigen
ep. 346 und schreibt mehrfach absetzend bis fol. 211 die Briefe 346 —
363. Auf foL 212 stehen dann von Sehr. F die zwischen 1378—1381
fallenden epp. 364. 365, worauf von Sehr. G auf den zwei ersten
Zeilen von fol. 212' nur noch eine Adresse (n^ 366) gesetzt ist, welche
mit den beiden vorhergehenden Briefen wahrscheinlich inhaltlich zu-
sammenhängt').
^) Es wird darin der KOnig von 8icilien über den Tod seiner Gemahlin »B*
getröstet; damit kann nur die 1267 gestorbene Beatrix, Gemahlin Karl I. von
Ai^ou gemeint sein. ') Sie lautet: »Venerab. fratribus universis pat^archis
et archiepiscopis ac epiacopis per Italiam et Ungariam constituiis*. Diese Yer-
bindong italienischer imd nngarischer Fr&laten kann eben auf den Krieg zwischen
92 Ealtenbrunner.
Die drei Abtheilungen sind, wie schon erwähnt, durch einheit-
liche Lagenzählung frühzeitig mit einander verbunden worden, und
sie weisen auch gemeinsame textliche Gorrecturen auf. Dagegen ist
der Abth. I allein eigenthümlich, dass auch auf den Inhalt bezügliche
Olossen in ihr angebracht sind; ferner unterscheiden sich alle drei
dadurch Ton einander, dass Bubrieae nur in 1 und 8 vorgeschrieben
(aber nicht eingesetzt) sind, und dass diese untereinander ganz ver-
schiedene stilistische Fassungen haben ^). Das alles weist darauf
hin, dass die Anlage von Th. U denn doch keine einheitliche sei,
d. h. dass sie nicht gleichzeitig von verschiedenen unter einer Leitung
siehenden Schreibern angefertigt sei, sondern dass wir in ihm ver-
schiedene Arbeiten vor uns haben, welche erst später in die durch
die Lagenzählung repräsentirte Verbindung gebracht worden sind«
"Wir constatiren aber von jeder derselben, dass sie ihr Material direct
aus der Kanzlei selbst geschöpft habe, und das gleiche können wir
thun bei dem bisher ausser Acht gelassenen 1. Quatemio des Codex,
wenigstens für einen Theil seines Inhaltes. Es stehen nämlich unter
anderm*) auf fol. 3' und 7 zwei Briefe Innocenz VI. an Karl lY. über
den franzosisch-englischen Conflict, von denen der eine auch in Th. II
Abth. 2 als ep. 295 aufgenommen ist, und ferner auf foL 2' zwei
andere Papstbriefe, wovon der eine an Johann den Paläologen über
die Herstellung der Eircheneinheit gerichtet ist, der andere irgend
einen Conflict mit einem aragonischen Könige beizulegen sucht, die
ich nicht näher zu bestimmen vermag b). Diese so verschiedene An-
gelegenheiten berührenden Briefe stellen also die Verbindung des
Quaternio mit der Kanzlei her, und berechtigen, in gewissem Sinne
auch ihn unter die Varia der Berardussammlung einzureihen.
Unter diesen Gesichtspunkten müssen wir nun noch einmal aof
jenen Vermerk des Quatarins auf foL 10 zurückkommen, von dem
wir es als unwahrscheinlich erklärt haben, dass er sich auf einen
Venedig und Genua (IS 78— 1881) bezogen werden, in welchem Ungarn und der
Patriarch von Aquileja auf der Seite Genua's standen.'
1) Die vorgeschriebenen Rubricae in Abth. 1 sind die der Dictamina.
*) Die oben nicht angeführten Stücke sind folgende: fol. 1 Gedicht »Eloquio
sapiens discreto dirige*. fol. 2 »Epistola de mirabilibos montis Vesuvii* und
fol. 4—6 eine Legende mit Incipit: »Erat olim in partibus aquilonis«. Es ist dies
die merkwürdige Vita S. Albani (Potthast Bibliotheca 588), die sich auch im
Gk>d. Parisiensis 8567, der im directesten Zusammenhang mit der päpstlichen
Kanzlei steht, vorfindet. *) Die individueUen Beziehungen sind sonst alle ge-
tilgt, so dass auch die Regierungszeit der Herrscher, an welche die Briefs
gerichtet sind, nicht fisirt werden kann; allerdings trägst der zweite das »Datum
apud Montemfiasconem v. non. maü anno VIII* ; das ist aber sicher verderbt.
^ Römische Stadien m. 93
ursprQnglich grösseren Umfang von TL I beziehe. Thnn wir dies,
so ist es natürlich nöthig, zu versuchen, ihn in Verbindung mit
TL n zu bringen. Zwischen den beiden Theüen besteht nun ausser
der neueren Folürung noch eine Verbindung; die Numerirung der
Briefe nämlich ist später auch auf ep. 173 und über diesen weg in
TL n bis n<) 200 fortgeführt worden. Darauf könnten also die
.duoentae chartae* des Vermerkes bezogen werden; aber der Brief,
welchen die Nummer 200 tri£fl;, steht inmitten der in continuo ge-
schriebenen AbtL 1 auf foL 143 d. L dem ersten Blatte von L. 2
der Abtheilung. An dieser Stelle konnte also Quatarius doch kaum
das Ende seines Besitzes fixirt haben; es ist yielmehr wahrscheinlich,
dass ein späterer, eben durch den Vermerk verleitet, die Numerirung
fortgesetzt hat, ohne zu ahnen, dass er an einen derartigen Endpunkt
gelangen werde ^). Dagegen kommen wir auf beiläufig 200 Briefe,
wenn wir die 29 von TL 11 Abth. 3 zu den 173 Briefen des TL I
stellen, allerdings beiläufig, da ja die Bechnung 202 ergibt ; aber wir
könnten dies sofort auf 201 reduciren, da ja der letzten Nummer nur
mehr einer Adresse zuföllt, und könnten die noch bestehende Differenz
Ton 1 entweder auf einen Zählfehler oder auf andere Auffassung über
die Selbständigkeit des einen oder anderen Briefes zurückführen. —
Geben wir aber dem Worte charta die für diese Zeit wahrscheinlichere
Deutung , Blatt«, so müssen wir, da TL I 126 Blätter (fol. 10—135)
enthält, 74 Blätter des übrigen Bestandes der Handschrift in Bechnung
ziehen: Diese erhalten wir genau, wenn wir ihren ersten Quatemio (8),
die zwei Blätter des Index, und Abth. 1. 2 von Th. U (36 + 28 Blätter)
zusammenstellen. Auch noch eine andere Erklärung ist möglich:
Quatarius kann den von fol. 10 an laufenden jetzigen Bestand vor
sich gehabt haben, der aus 203 Blättern besteht Wir sahen, dass
AbtL 3 von Th. II successive von mehreren Schreibern angefertigt
ist; in einem Stadium dieses seines Werdeprocesses, in dem der Codex
gerade bei fol. 200 (jetzt 209) angekommen war, konnte also der
Vermerk gesetzt sein, denn wir wissen, dass unbeschriebene Blätter
häufig in derartige Blattvermerke nicht einbezogen wurden. Dieses
Blatt fällt in den Schreiberantheil von E, von dem wir constatirten,
dass er ruckweise seine Einschreibungen machte; da läge es nun im
0 Man könnte bei dieser Fortsetzung auch an den einzigen früheren Be-
nQizer der Handschrift, den um die Wende des 18. Jahrhunderts arbeitenden
päpstlichen Archivar Zaccagni denken, der gerade Briefe aus dieser Abtheilung
abdruckt. Aber Zaccagni citirt nicht nach Nummern und hringt überdies ep. 229
(P. 21181), müsste idso mindestens bis zu ihm die Numerirung fortgeführt
baben.
94 EaltenbrunneT.
"Feile der Richtigkeit dieser Erklärang geradezu nahe, Schreiber E mit
Quatarius zn identificiren. — Allerdings macht jeder dieser Annahmen
eine weitere nöthig, nämlich die, dass der Codex auch noch nach
seinem Uebergehen in den Besitz des Quatarius in der Kanzlei ge*
blieben sei, denn alle jene Theile, welche wir hiebei noch ausserhalb
seines Bestandes befindlich erklären, sind in ihr entstanden. Aber
diese Annahme ist vielleicht die am wenigsten gewaltsame von allen,
denn Quatarius konnte ja Beamter der Kanzlei gewesen sein, und in
dieser seiner Eigenschaft sowol den Codex erworben als auch die
weiteren Theile ihm angeitigt haben. — Wie dem auch sei, wir yer-
lassen die Handschrift mit der Erkenntniss, dass alle ihre Theile direet
auf die päpstliche Kanzlei selbst zurückgehen.
Codex Vallicellianus. C. 49. saec XIII. 40. = NO.
Der Codex, über dessen Geschichte wir nur wissen, dass er seit
langem der ehrwürdigen Bibliothek der Oratorianer angehörte (Bay*
nald nennt ihn mit Stolz ,, Codex noster"), enthält jetzt 164 Blätter,
von denen die ersten 4 einen Index über einen Theil der mit dem
5. Blatte beginnenden Briefisammlung enthalten, welche von da ab bis
zum letzten erst von einer Hand des 16. Jahrhunderts beschriebenen
Blatte reicht. Sie enthält demgemäss 160 (frühzeitig foliirte) Blätter;
dieselben zerfallen in 22 Lagen, welche mit Ausnahme von L. 6 u. 22
(je 2 Blätter), L. 9 (4 Blätter) und L. 10 (Ternio) alle Quatemionen sind.
Sie weisen 2 alte Zählungen auf, welche ebenso wie das geringere Maass
der eben angt3fbhrten Lagen mit dem Anlageplane des ganzen Codex
aufs engste zusammenhängen. Die eine derselben basirt auf einer alten
Zweitheilung, indem sie von L. 13 an wieder mit 1 zu zählen beginnt^).
Der ursprüngliche Zusammenhang dieser zwei Theile aber wird da-
durch sicher gestellt, dass Schreiber, welche in dem einen auftreteu,
auch in dem andern thätig sind, und der gemeinsame Plan, nach
welchem die Anlage derselben vor sich ging, dadurch, dass der Baum
für das den einzelnen Schreibern zugewiesene Pensum vorher berechnet
wurde, infolge dessen am Ende einzelner Schreiberantheile jene kleineren
Lagen auftreten, die bereits angefahrt worden sind. Diese zwischen
*) L. 2-5 tragen die n» II— V; L. 7—12 die n" VI-XI. Dass L. 1 mit I
bezeichnet war, ergibt sich durch ihren unmittelbaren Zusammenhang mit L. 2
(ein Brief setzt auf sie über) von selbst. Die Differenz von L. 7 an entsteht dadurch,
dass L. 6, die nur aus 2 Blättern besteht, keine selbständige Nummer zugewiesen
hat, offenbar, weil man sie nur als Anhängsel zur vorhergehenden ansah. In
Th. II sind L. 18—16 mit I— IV: L. 18—21 mit VI— IX versehen; för L. 17 er-
gibt sich durch ihre Zusammengehörigkeit mit L. 1 8 die fehlende n° V von selbst.
Wieder ist die letzte (22.) Lage von 2 Blättern ohne Kummer gelassen.
Römische Studien HI. 95
foL 84 und 85 fallende Zweitheilung characterisirt sich dadurch, dass
im eraien Theile dem Principe nach nur Briefe an Eonige und
Königinnen zusammengestellt sind, während im zweiten die andere
Correspondenz untergebracht ist; unter den 170 Briefen von Th. I
sind 32 an andere Personen gerichtet, unter den ld2 von Th. IT sind
nur 2 an Könige adressirt^). Das Princip ist so strenge durchgef&hrt,
dass Personen wie der Doge von Venedig und Prinzen Ton Oeblüt in
den Th. IX verwiesen werden; nur 3 Briefe unter jenen 32 sind an
Kronprinzen gerichtet, aber z. B. Karl v. Anjou findet sich, solange
er noch Graf von Provence ist, im Th. II. Wie wir übrigens sehen
werden, reduciren sich die 32 Ausnahmen in TL I dadurch auf 15,
dass wir bei gewissen Schreiberantheilen vollkommenes Durchbrechen
oder bedeutendes Schwanken, das wahrscheinlich im Anlageplane selbst
begründet ist, constatiren können >). Die Ausnahmen erklären sich
meist dadurch, dass die betreffenden Briefe im engen inhaltlichen
Zusammenhange stehen mit Königsbriefen, vor oder nach welchen sie
eingereiht sind. Andererseits opfert häufig der Zusammensteller seinem
Principe den engen Zusammenhang von Briefen, indem er sie je nach
dem Adressaten den beiden Theilen zuweist.
Theü I mit fol. 1 — 84, Lagen I— XII epp. 1—168 zerfällt
wieder in 4 Abtheilungen, die sich sowol durch den Inhalt ihrer
Briefe als auch durch die in ihnen thätigen Schreiber von einander
abheben:
1. epp. 1 — 72, foL 1 — 42. (L. 1 — 5 Quaternionen. L. 6.
2 Blätter). Sehr. A. B.
Sehr. A beschreibt in continuo die ersten 5 Lagen und gelangt
hiebe! bis zur Mitte von ep. 71; Sehr. B vollendet denselben auf der
kleinen letzten Lage und f> ihm noch ep. 72 bei; das letzte Blatt
ist hiebei leer geblieben. Die Briefe beginnen mit Urban IV. (epp. 1 — 18)
und schreiten dann zu den Pontificaten Clemens IV. (epp. 19 — 31),
Gregor X. (epp. 32—60; und Nicolaus IIL (epp. 61—72) fort Die
zwischen Gregor X. und Nicolaus III. liegende Zeit ist also so wie
in NP ignorirL
2. epp. 73— 13L foL 43—62. (L. 7. 8. Quaternionen. L. 9.
4 Blätter). Sehr. C. D.
Die beiden Schreiber theilen sich derart in die Arbeit, dass zu-
>} Die 862 Briefe sind nicht numerirt; ich musste natürlich eine solche
durchführen und gewann 858 Nummern und n<* 7 Ca. 111». 195a. 827a, «) Die
Ausnahmen sind in Th. I: epp. 20. 22. 86. 47. 70. 71. 72. 79. 104. 105. 116.
134. 1S5. 161. 166. Die Reductionen lassen sich vornehmen durch epp. 122—181
und 147—161. 168. 154. In Th. II: epp. 227. 241.
96 Ealtenbrunner.
I
nächst C den ersten Quaternio mit epp. 73 — 105 f&llt, sodann D auf
dem zweiten epp. 106 — 121 erledigt, worauf er inmitten derselben
Lage von C abgelost wird, der nun in oontinuo epp. 122 — 131 nieder-
schreibt und hieftir noch die kleine Lage 9 heranziehen muss, auf
deren 3. Seite er abschliesst Die leergelassenen 5 Seiten (foL 60' — 62)
wurden dann später von demjenigen, welcher auf den ersten 4 (nicht
zur ursprünglichen Anlage gehörenden) Blättern des Codex einen
Index fQr einen Theil der Briefsammlung anbrachte, zur Fortsetzung
dieser Arbeit benützt. Alle von C geschriebenen Briefe gehören
Gregor X. an; D dagegen bringt in seinen ersten Nummern (106 —
108) Briefe Nicolaus IIL, dann einen Oregorbrief (109) und drei
Schreiben Johann XXI. (110 — 111*^), worauf er wieder und zwar bis
zum Ende auf Gregor X. zurückgreift. Dort, wo C neuerdings ein-
setzt, begegnen wir nun dem ersten Durchbrechen des Principes der
Zweitheilung, denn unter allen 10 von ihm an dieser Stelle ge-
schriebenen Briefen ist kein einziger an einen König gerichtet
3. epp, 132—140. foL 63—68. (L. 10. Ternio). Sehr. D.
Der umstand, dass sich hier die Thätigkeit des Sehr. D anders
an die von Sehr. G anreiht als vorher die des letzteren an seine,
rechtfertigt, dass dieser Ternio als selbständige Gruppe gestellt wird,
und mehr noch die später zu besprechende zweite Lagenzählung,
welche ihn gesondert von den drei vorhergehenden Lagen einreiht
Alle Briefe bis n^ 138 gehören Nicolaus IIL an; die beiden letzten
fallen in die vor ihm eingetretene Sedisvacanz.
4. epp. 141—168. fol. 69—84. (L. 11. 12. Quaternionen).
Sehr. E.
Die Briefe des ersten Quaternio (epp. 141 — 155) fallen alle mit
Ausnahme von ep. 145, der ein Gregorbrief ist, Nicolaus IIL, die des
zweiten (epp. 156 — 168) bis ep. 162 Clemens IV. und von da ab
wieder Nicolaus III zu. Der Schreiber gliedert seinen StofiF insoferne,
als er erst am zweiten Quaternio mit den Clemensbriefen beginnt,
obwol er sie noch auf dem letzten Blatte des ersten unmittelbar den
Nicolausbriefen hätte anreihen können. Mehr als in den andern Ab-
theilongen begegnen wir hier dem Durchbrechen des Principes der
Zweitheilung, indem unter den 21 Nicolausbriefen am ersten Quaternio
7^ am zweiten 2 nicht an Könige gerichtet sind, und zwar- treten die
7 in fast geschlossener Reihe auf, so dass wir wol berechtigt waren,
mit ihnen die zweite Beduction der Ausnahmen für dieses Gesetz
vorzunehmen.
In ganz analoger Weise wie Theil I zerfällt auch Theil II mit
fol 85—160, L. XIll— XXII, epp. 169—358 in vier Abtheüungen:
Kömisclio Studien m. 97
1. epp. 169—221. fol. 85—101. (L. 13. 14. Quaternionen).
Sehr. F.
Die in coniinuo niedergeschriebene Briefreihe, welche in der
Mitte von foL 101 endet, wird mit ep. 169, einem Berardasbrief eröffnet,
worauf epp. 170—207 Gregor X.; epp. 208—210 Johann XXL;
epp. 211 — 215 der Sedisvacanz nach ihm und epp. 216 — 221 Nicolaus III.
za&Uen.
2. epp. 222—273. foL 102—117. (L. 15. 16. Quaternionen).
Sehr. £.
Der Schreiber, den wir schon in TL I Torfanden, hat hier im
Oegensatz zu allen andern Abtheilungen sein Pensum nicht in einem
Zage erledigt, wie die wechselnde Tinte und Dichtigkeit seiner Züge
deutlich zeigt. Den ersten Quaternio füllt er bis gegen Mitte der
letzten Seite mit Clemensbriefen (epp. 222 — 238) aus; während er
aber in Th. I, in die gleiche Situation versetzt, erst mit Beginn der
nächsten Lage eine neue Beihe beginnt, schliesst er hier unmittelbar
einen Gregorbrief (ep. 239) an und geht mit ihm auf den 2. Qua-
ternio über. Er fügt dem noch bis n^' 262 Gregorbriefe an, worauf
sich unter no 263—272 Briefe Nicolaus III. und unter n« 273 ein
Berardusbrief anschliessend).
3. epp. 274—328. fol. 118—141. (L.17.18. 19. Quaternionen).
Sehr. G.
Die in continuo niedergeschriebenen Briefe fallen der Beihe nach
auf UrbanIV. (epp. 274—290), Clemens IV. (epp. 291—294), Gregor X.
(epp. 295—321), Inuocenz V. (epp. 322—324) und Johann XXI.
(epp. 325 — 328). Bei dieser Abtheilung müssen wir nun den Verlust
einer weiteren Lage constatiren, denn ep. 328 wird auf foL 14r
mitten im Texte abgebrochen, ohne dass er auf der nächsten Lage
oder auf irgend einer des Codex Fortsetzung finden würde. Jedoch
gibt es einen Anhaltspunkt, der yermuthen lässt, dass diese nun ver-
lorene Lage ganz klein und sicher kein normalmässiger Quaternio
gewesen sei Die beiden alten Custodenzählungen nämlich gehen hier
unmittelbar mit ihren nächst höheren Zahlen auf die nächste Lage
über. Die Lage, welche nach fol. 141 folgte, wird also nicht be-
zeichnet gewesen sein, sowie wir schon constatirt haben, dass die
eine der Zählungen die beiden kleinen Lagen 6 und 22 ignorirt, was
die später zu besprechende zweite ebenfalls thui Diesen umfang von
2 Blattern werden wir nun dem verloren gegangenen Stücke bei-
^) £b ist beachtenswerth, dass die vorhergehende Abtheilung mit einem
Berardusbrief eröffnet, dieae mit einem solchen geschlossen wird.
MütbeUoDfui VU. 7
98
Ealtenbrunner.
messen, wenn wir weiter finden, dass die Lage yon 4 Blattern, die
in Th. I AbtL 2 den Schluss machte von jenen alten Zählangen mit
selbständigen Nummern bedacht worden ist.
4. epp. 329—358. fol. 142—160. (L. 20. 21. Quaternionen.
L. 22. 2 Blätter). Sehr. A.
Die Briefe entfallen in n« 329—350 auf ürban IV.; in n« 351
auf die Sedisvacanz nach ihm und in n^ 352 — 358 auf Clemens lY.
Der in continuo arbeitende Schreiber, der ein bedeutendes Pensum
auch in Th. I erledigt, ist beim letzten Briefe am Ende des 2. Qua-
temio angelangt; er muss daher noch eine kleine Lage zur Hand
nehmen, die er nach Schluss dieses Briefes nicht weiter ausnützt, so
dass foL 160 ganz leer geblieben ist
In diese complicirte Anlage erhalten wir nun näheren Einblick
durch die zweite alte Lagenzählung, welche eine einheitliche ist, und
unbekümmert um die Zweitheilung mehrfach von einem Theile zum
andern überspringt, dabei aber immer die Schreibetantheile zusammen-
lässt. Folgendermassen ordnen sich nach ihr die 8 Abtheilungen
des Codex:
L. 17 — 19. d. i Abth. II. 3. angefertigt von Sehr. 6.
no I— III.
no IV. V.
no VI— X.
n^XLXIL
noXIIL
no XIV. XV.
no XVL XVII.
L. 20. 21.
L. 1—5,
L. 13. 14.
L. 10.
L. 15. 16.
L. 11. 12.
nO XVIII— Xi L. 7—9.
Abth. IL 4.
Abth. L 1.
Abth. IL 1.
Abth. L3.
Abth. IL 2.
Abth. L4.
Sehr. A.
Sehr. A.
Sehr. F.
Schr.D.
Sehr. E.
Sehr. B.
Schr.CD. 1)
Abth. L2.
Ein Blick auf diese Liste genügt, um darüber klar zu werden,
dass die Zählung mit den Schreiberantheilen zusammenhängt, und
dass die beiden Theile des Codex nicht nacheinander, sondern neben-
einander gearbeitet worden sind. Dass aber ihre 8 Abtheilungen
nicht willkürlich erst bei Anfertigung des Codex gebildet worden
') Mehrere Nummern sind allerdings übersprungen, aber ihre Zuweisung
zu den nach obiger Zusammenstellung entfallenden Lagen ergibt sich dadurch
von selbst, dass Briefe von der vorhergehenden auf sie übersetzen. Es ist dies
der Fall bei n» V (L. 21) n» VKI (L. S) n« X (L. 5) und n» XX (L. 9). Nur für
die Zuweisung der fehlenden n^ XVI zu L. 11 kann dieser zwingende Grund
nicht angegeben werden, da wir sahen, dass Abth. I. 4 aus den zwei insofern selb-
ständig gestellten Lagen 11. 12 besteht, als ein Uebergreifen eines Briefes von
der ersten zur zweiten nicht stattfindet. Aber die Zuweisung ist doch sicher
erlaubt, da wir nur diese eine Nummer und diese eine Lage noch unterzubringen
haben. 8o wie die andere Zählung ignorirt auch diese die kleinen aus zwei
Blättern bestehenden LL. 6 und 22 am Ende der beiden Antheile des Schreibers A.
RSmiaohe Stadien IH 99
seien, Bondem daas sie auf eine schon vorher geordnete Biiefireihe,
in welcher die Scheidung nach Adressaten vorgenommen wurde, zu-
rückgehen, lehrt die Betrachtung der folgenden Listen, in welchen
I. 1. Sehr. A (B). epp. 1—72.
Urhan. 0. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9—12. 13. U. 15. 16. 17. 18. '
P. 6. 9. 8. 15. 16. 19. 23. 30. 33—36. 37. 38. 43. 5:.. 66. 61.
V. 6. 9. 8. 15. — . 17. 18. 22. 25—28. — . 29. 38. — . 42. — .
Clemens. 0. 19. 20—22. 23. 24. 25. 27.
P. 62. . 68. 70. — . — .
V. 45. 49—51. 52. 54. 73. 75.
ü 0. 32.33.34.35— 38.39.40.41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 50.
§1 P. 77.78.79.81—84.90.91.92.130.131.132.134.136.137.139. — .
J V. — .85.— . . 86.-87. — .104.104M06.108.109. —.111.
Nicolaus. 0. 65, 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72.
P. 210. 211. 213. 214. 215. 216. 217. — .
V. — . 169. 170. — . 171. — . 172. 17a
I, 3. Sehr. D. epp. 132—140,
NicoUos. 0. 132—136. 137. 138.
P. 150—154. 161. — .
V. 156—169». — . 148,
1, 4. Sehr. E. epp. 141—168.
Kicolaos. 0. 141. 142. 143. 146. 147. 148. 149. 150,
P. 189. 193, 198. 199, 194. 195. 196. 197.
V. — . — . 166. 167. — . — . — . — .
Clemens. 0. 156. 167. 159. 160.
V. 68. 62. 65.67.68.
NicolauB. 0. 163—165, 166. 167. 168,
P. 177—179. 180, 184. 186.
V. 164— 164»'. — . — . — .
I. 2. Sehr. C, D, epp. 73—105 (C); 106—121 (D); 122—131 (C),
Gr^or. 0, 73«, 77. 78. 81. 85. 86. 87, 95, 97, 102, 103.
V. il3. 116. 117. 118. 121. 123. 124, 129, 180, 133, 134,
NicolauB.0. 106. 107.108. Gregor,0,109,12U,121,JohannO,110,lll.lll*.
P. 146. 146. 147. P. — . — . — . P. — . — . — .
V.155. — . — . V. 138, 136, 137. V.143,143M44.
Gregor. 0. 131.
P. — .
V. 120.
7»
100 Ealtenbranner.
im AnscUuss an die beiden Lagensahlungen die oorrespondireudeu
Briefe von NF und NY denen von NO unterstellt sind. Dieselbe
IL 3. Sehr. G. epp. 274—328.
^ 0. 274—278. 279. 280—284. 285. 286. 287—290. g 0. 291—293.
J P. 1—5. 7. 10—14. 17. 18. 19—22, | P. .
P V. 1—5. 7. 10—14. — . 16. . § V. 55—57.
Gregor. 0. 295. 296. 297—300. 301. 805.
P. 137. 138. 140—143. 144. — .
V. 109. — . . 110.112.
Innocenz. 0. 322. 324. Johann 0. 326.
p p
V. 139. 140. V. 142.
n. 4. Sehr. A. epp. 329—358.
ürban. 0. 329—331. 332—834. 335. 336. 337. 338. 339. 340.
P. 24—26. 27—29. 31. 32. 37. 39. 40. 41.
V. , 19—21. 23. 24. — . 30. — . 31.
0. 341. 342. 343. 344. 345. 346. 347. 348—350.
P. 42. 44. 45. 46. 47. 48. 51. 52-54.
V. 32. 34. 35.. — . — . 36. — . 39—41.
Sedisvacanz. 0. 351. Clemens. 0. 352. 353. 354. 355. 356. 357. 358.
P. 57. P. 58. 59. 60. 63. 64. — . — .
V. 43. V. — . 44. — . — . — . 47. 48.
II. 1. Sehr. F. epp. 169—221.
Berardusbrief. 0 169. P 71. V 81..
^ 0. 170. 171. 172. 173—176. 177—182. 183. 184. 185—187. 188. 189.
|) P. 72. 74. 76. 85—88. 93—98. 99. 100. 101 - 103. 104. 105.
J V. 82. 83. 84. . 88-91». — . — . 92—94. — . 95.
0. 190—194. 195. 195". 196. 197. 198. 199—203. 204. 205. 206. 207.
F. 106—110. 111. 112. 114. 115. 117. 119-123. 126. 127. 133. 135.
V. . 96. — . 98. 99. — . . 101.102.105.107.
Sedisvacanz. 0. 211. 213—215. Nicolaus. 0. 217. 218. 219. 221.
F. — . . F. 153. 160. 162. 168.
V. 149. 151—153. V. 159. 160. 101. 163.
II. 2. Sehr. E. epp. 222—273.
i 0.222-224.225.226.227.228-230.232.235-237. ^ 0.239. 240.252.257.
Ip _ _ _ a,p
^ V. 59-61. 63. 64. 66. 69-71. 72. 76— 78.^5 V. 79. 80.131.135.
Nicolaus. 0. 270. 271. 272. Berardusbrief. 0. 273.
F. 179. 181. 187. F. 188.
V. 164b. _. _. V. 165.
ROmifiobe Studien HL 101
ergibt, dass NO ssu den beiden Bedactionen in einem ganz analogen
Verhältnisse stellt^ wie wir es schon zwischen ihnen selbst constatirt
haben. In jedem der Schreiberantheile decken sich einzelne oder
gruppenweise zusammenstehende Briefe in der gleichen Aufeinander-
folge mit solchen in NF oder NY, und stets schieben sich in diese
correspondirenden Briefe in NO sowol als in den gegenüberstehenden
Bedactionen selbständige Briefe ein. Die Beihen der ersteren aber,
welche einerseits zwischen NO und NF, andererseits zwischen NO und
NY gebildet werden können, decken sich nicht, sondern 0-Briefe,
die in NF stehen, fehlen in NY und umgekehrt; sie ergänzen sich
aber auch nicht derart, dass alle 0-Briefe, welche in NF fehlen, in
NY stehen und umgekehrt, sondern auch der vereinigten Beihe der
in beiden Bedactionen correspondirenden Briefe gegenüber weist NO
noch selbständige Stücke auf^). Wir schliessen aus allen diesen
Wahrnehmungen, dass derselbe einer gleichgeordneten Beihe von
Briefen wie NF und NY zu Grunde liegt, und gesellen ihn daher
diesen beiden Bedactionen der Epistolae Notabiles als dritte bei, und
constatiren, dass dieselbe im Gegensätze zu NF und übereinstimmend
mit NY den Fontificat Martin lY. nicht mehr einbezieht, dagegen die
von jenem ignorirten Fontificate Innocenz Y. und Johann XXI. mit
berücksichtigt. Die chronologische Beihe der Fontificate, welche wir
als charakteristisches Merkmal der Epistolae Notabiles erkannt haben,
tritt auch in NO zu Tage, denn geradezu nach Fontificaten gliedert
sich die Thätigkeit der einzelnen Schreiber : Wir sehen, dass Sehr. A
in Theil I sich über den ganzen Briefvorrath von NF und NY er-
streckt*); während er aber dies bei den Fontificaten bis Gregor X.
ziemlich gleichmässig thut, finden seine Nioolausbriefe nur mit den
letzten von NF (210—217) und NY (169—173) Deckung. Da treten
non die Schreiber D und E ergänzend ein, derart, dass die 4 Beihen,
welche sich entsprechend ihrer Thätigkeit aus den ihnen in NF und
NV gegenüberstehenden Nicolausbriefen bilden b), nicht in einander
geschoben sind, sondern neben einander stehen, und nach der Zuge-
hörigkeit zu den Schreibern in zwei grosse auf einander folgende
Beihen zusammentreten. Während also der Hauptarbeiter in Th. I,
') Das YerhältniBfl ist so, dass von den 170 Briefen des Th. I gemeinsam
in NP und NY 89, in NP allein 27, in NY allein SO, in beiden fehlend 74 sind;
und Ton den 192 Briefen des Tb. U gemeinsam in NP und NY 57, in NP 48,
in NV SO, selbständig von beiden 62 stehen. *) Bei NP natürlich über den in
Betracht kommenden Bestand, der mit ep. 217 (NV 172) schliesst. ') Sehr. D
ist in zwei Abtheilungen (8 und 2) vertreten ; ^ £ beschreibt in Abth. 4 zwei in
sich abgeschlossene Quaternionen.
102 Kaltenbrunner.
Sehr. A sich nur die letzten Nicolausbriefe vorbehalten hat, nahm
Sehr. D die ersten und Sehr. E die mittleren zur Hand. -^ So wie
die Dinge liegen, kann es nur im verschiedenen Grade der Intensität,
mit welcher einzelne Partien der Reihe von der einen oder andern
Handschrift ausgebeutet wurden, begründet sein, dass der ganze
Schreiberantheil von C in NP un vertreten ist; derselbe findet dagegen
Deckung in NV mit Briefen, die gerade in jene grossen Gruppen
desselben &llen, die wir ganz selbständig von NP gefunden haben.
Sehr. C stellt sich nun auch ergänzend zu Sehr. A dar; er erledigt
nämlich Gregorbriefe, welche, soweit sie in NV vorkommen, nach jenen
stehen, die mit den von A geschriebenen Briefen correspondiren.
Sehr. G hat also die zweite Hälfte der Gregorbriefe in der Beihe zu
erledigen gehabt. In dieser tritt aber auch noch Sehr. D ergänzend
ein, denn einige seiner Gregorbriefe kommen ganz am Ende der NV-
Beihe zu stehen. D ergänzt weiters auch insoferne A, als er den von
jenem nicht berücksichtigten Pontificat Johann XXI. in den Bereich
seiner Thätigkeit zieht, und ebenso thut dies E bei den ClemenB-
briefen, indem er eine Reihe herausgreift, welche sich in den mit
NY correspondirenden Stücken in die von A erledigte geschlossen
einschiebt^). — In Theil II finden wir die Schreiber in ganz analoger
Weise ergänzend zu einander treten: Die ürbanbriefe, welche von G
und A erledigt werden, reihen sich ebenso in zwei Gruppen getheilt
und nicht in einander geschoben in NP und NV an, wie es die von
F und E geschriebenen Nicolausbriefe thun. Die Clemensbriefe sind
der Reihe nach vertheilt unter A, G und E, und zwar sehreiben die
beiden letzteren nur solche, die in eine jener grossen Gruppen von
NV fallen, welche gegenüber NP selbständig sind. Die Hauptmasse
der Gregorbriefe ist von F und G erledigt, und zwar hat der letztere
die späteren der Reihe vor sich gehabt. Aber auch E hat solche ge-
schrieben, und zwar fehlen alle in NP; in die Reihe von NV dagegen
schieben sich die vier correspondirenden derart ein, dass zwei inmitten
des Antheiles von F (V 79. 80), die beiden andern dagegen ganz am
Schluss der Gregorbriefe von NV .zu stehen kommen. Die Briefe
Innocenz V. und Johann XXI. endlich erledigt in diesem Theile Sehr. G.
Die Betrachtung der Listen macht es femer nicht unwahrscheinlich,
dass die Zweitheilung der Redaction nach den Adressaten erst bei,
oder nach der Vertheilung der Reihe auf die Schreiberpensa gemacht
worden sei, denn wir finden, dass einzelne Schreiber sich innerhalb
I) NV 58 --69 schieben sich ein in die von A erledigten Clemensbriefe
NV 46—54 und 78. 75.
Römisclie Studien m. 108
derselben Grenzen in beiden Theilen bewegen: Am auffallendsten ist
dies bei Sehr. E der Fall ; derselbe bringt in Tb. I Cüemensbriefe, die
zwischen NV 59 — 78 zu stehen kommen und in Th. II solche, die
zwischen NV 58 — 68 fallen; seine Nieolausbriefe auf dem zweiten
Quatemio, den er in Th. I beschrieben hat, stehen in NP zwischen
epp. 177 — 185 und in Th. II zwischen epp* 179 — 187, und es ist
hiebei auch anzuAlhren, dass ep. 270 daselbst eine Wiederholung des
ep. 165 ist, an welch^ letzterer Stelle er gegen den Theüungsplan
rerstösst. Die von A geschriebenen Clemensbriefe in Th. I £Etllen in
NP zwischen epp. 62 — 70, in Th. II zwischen epp. 58 — 64, und wenn
wir fanden, dass in Th. I die Gregorbriefe aufgetheilt sind zwischen
A und C und zwar so, dass die des ersteren zwischen NV 85 — 111,
die des letzteren zwischen V 113 — 134 zu stehen kommen, so finden
wir ein ganz analoges Verhältniss in Th. II zwischen P und G, indem
die Briefe des ersteren zwischen NV 82 — 107, die des letzteren
zwischen epp. 109 — 112 fallen.
Es handelt sich nun darum, auf das Verhältniss dieser drei Be-
dactionen der Epistolae Notabiles näher einzugehen und ihre Ent-
stehung zu erklären. Als vorläufiges Resultat constatirten wir vorher
bei NP und NV, dass keiner derselben eine Theilquelle des andern
sein könne, und dasselbe müssen wir thun, wenn wir die Texte von
NO mit denen der correspondirenden Briefe in jenen vergleichen. An
sich ist es in Hinblick auf die Anlage desselben im höchsten Grade
unwahrscheinlich, dass die einfach geordneten Bedactionen — sei es
direct, sei es in ihrer gemeinsamen Quelle — von ihm als Theilquelle
abgeleitet sein sollten; ausgeschlossen aber wird diese Annahme durch
die Vergleichung der beiderseitigen Datirungen. Die Schreiber von
NO haben nämlich mehr oder minder die Gewohnheit, dieselben häufig
bis auf den Ort oder gar bis auf das Wort «datum* zu kürzen; da
haben nun in vielen Fällen die correspondirenden Briefe in NP und
NV eine vollere Formel, was natürlich f&r den Beweis ihrer Unab-
hängigkeit von NO genügt. — Umgekehrt wäre es möglich, dass NO
als Theilquelle eine oder die andere der gegenübergestellten oder deren
gemeinsame Vorlage benützt habe ; aber auch das wird durch die Ver-
gleichung der Texte im besondern der Datirung und der Adressanten-
formel zurückgewiesen. NO bat nämlich in epp. 133. 135. 137. 351
gegenüber NP und in ep. 305 gegenüber NV selbständige Datirung.
— Oefter als bei jenen tritt bei ihm die Pfiicht heran, den Üeber-
gang zu neuen Pontificaten zu fixiren ; fanden wir nun jene der ein-
fachen Aufgabe gegenüber lässig, so dass wir die vorkommenden
Adressantenformeln nur als regellose Setzungen bezeichnen mussten,
104 Kaltenbrunner.
SO ist dies noch in erhöhtem Maasse hier der Fall; 30 mal war der
Beginn eines Pontificates anzuzeigen und nur in 7 Fällen geschieht
es. Dagegen stossen wir in 18 Fällen auf Setzungen, die innerhalb
laufender Fontificate stehen, und die wol nur durch mechanische
Herübemahme von der Yorli^e erklärt werden können; begegnen
uns daher Setzungen, welche in den corr^spondirenden Briefen in NF
und N V fehlen, so folgt daraus, dass diese fQr die betreffenden Briefe
nicht Vorlage gewesen sein können ; dies ist nur der Fall : NF gegen-
über bei epp. 13 und 16, NV gegenüber bei ep. 227.
Schliessen wir hiemit die directe Abhängigkeit der einen Re-
daction von der andern aus, so müssen wir aber sofort constatiren,
dass üebereinstimmungen zwischen ihnen bestehen, die nur durch
eine gemeinsame Vorlage erklärt werden können. So wie bei Ver-
gleichung von A und B finden wir im besondern auch hier, dass das
Ausmaass der Datirungsformel resp. ihre Verkürzung in vielen der
correspondirenden Briefe vollkommen gleich ist^), und ferner, dass
auch Adressantenformeln das gleiche Ausmaass aufweisen, und dass
solche übereinstimmend an Flätzen auftreten, wo ihre Setzung nach
einem schon früher ausgesprochenen Gesichtspunkte auf mechanische
Nachbildung der Vorlage zurückgeföhrt werden muss').
Bei dieser gemeinsamen Quelle könnten wir zunächst an A-B
denken, und zwar entweder an ihren gemeinsamen Bestand oder an
1) Einige Fälle mögen genügen: NO setzt übereinstimmend mit NP in
ep. 42 »Dat. IL Id. Novembr.«, in ep. 48 »Dat. VI. Id. lulii p. n. a. 1®«, in
epp. 166. 271 »Dat. Viterbii Non. Augasti (resp. V. Id. Augusti)* und bringt in
ep. 40, seine Gewohnheit, die Datirung zu kürzen, ganz ausser Acht lassend, die
Tolle Formel. Dasselbe thut er übereinstimmend mit NV bei ep. 215, and bringt
ebenso wie jener in ep. 278 nur »Dat. Viterbii VI. Id. lunii anno quarto*, und
kürzt übereinstimmend mit ihm auf Ort und Tag die Formel bei epp. 50. 78. u.a.
Viel mehr Fälle ergibt die Vergleichung von NP und NV : übereinstimmend mit
NV bringt NP in ep. 145 »Dat. Viterbii Uli. Kl. Dec. s. a. n. a. o. anno primo*,
in ep. 150 dagegen »Dat. Rome a. S. P. s. a. n. etc.*; in ep. 200 nur »Dat.
Viterbii Non. Octobr.«, in ep. 154 nur »Dat. Rome a. S. Petrum« und in ep. 215
nur »Dat. Uli. Non. Decembr.« usw. Auch Briefe, die in allen drei Handschrülen
stehen, bieten derlei Gleichmässigkeiten dar: während epp. P S4. 74. 168. 179
und die in NV und NO correspondirenden Briefe die ganze Formel bringen,
setzten alle drei bei ep. P 198 nur »Dat. Viterbii Non. Octobr. anno !•«, bei
ep. P. 199 dagegen nur »Dat. Viterbii Non. Octobr.* *) So haben epp. P 74.
78. 85 und seine correspondirenden Briefe »Gregorius etc.*, dagegen ep. 88
»Gregorius eps etc* vorgesetzt, und während ep. P 57 und die correspondirenden
ep. V 48. 0 851 die Formel des Cardinalcollegfiums ganz ausschreiben und die
Namen durch Punkte ersetzen, verkürzen die in P fehlenden epp. V 161— 15S.
0 218—215 übereinstimmend dieselbe bis »Miseratione divina etc*. — Regellose
Setzungen begegnen uns unter anderm bei epp. P 52. 74. 78. 88. 85 und seinen
Römische Studien HL , 105
den um 8 Ornppen yermelirten von B i). Aber jeder derselben konnte
doch nur Theilquelle sein, denn jede der 3 Bedactionen weist ihnen
gegenüber eine beträchtliche Anzahl Ton selbständigen Briefen auf^).
Unzweifelhaft besteht zwischen ihnen ein enger Zusammenhang, wie
die folgende Liste zeigt, in der jene Briefe von A*), die sich in den
3 Handschriften vorfinden, zusammengestellt sind
Von A I finden sich in : *
P. 1—12. 14—17. 25. 26.
V. 1—5. 7-11. 13. 17—26. 28.
0. 1—18. 17—24. 26—29.
Sämmtliche A-Briefe sind vertreten; epp. 1 — 5. 7 — 11. 13. 26 sind
allen gemeinsam.
Von AH:
P. 40—44. 51. 122.
V. 40. 41. 43. 45. 55. 61. 67. 72—75. 78. 83. 91. 92. 96. 100. 122.
0.40-51.55.56.58-61.66-70.72.74.75.77.79-82.84-93.95-100.102.121.122.
Es fehlen: epp. 52—54. 57. 62—65. 71. 76. 94. 101. 103—120. AUen
gemeinsam: epp. 40. 41. 43. 122.
Von A III:
P. 123—132. 134—151. 178—189.
V. 123. 127-131. 133-138. 144-149. 151. 154. 171-173. 177-180. 186.
0. 123—156. 158. 159. 161. 171—176. 178-182. 185. 186.
Es fehlen: epp. 157. 160. 162-170. Allen gemeinsam: epp. 123. 127-131.
134—138. 144—149. 151. 178—180. 186.
Von A V :
P. 206—217. 222.
V. 214. 216. 222. 224.
O. 206. 210—217. 222. 224.
Es fehlen: epp. 218—221. 228. Allen gemeinsam: epp. 214. 216. 222.
Von A VII :
P. 260. 264 -266. 272—289.
V. 260—264. 267—271. 273. 285. 313.
O. 260 266. 268—270. 272—283. 285—288. 291—295. 311—321.
correspondirenden Briefen, und es ist bezeichnend, dass 0 bei dem ep. P. 74 ent-
sprechenden ep. 171 diese Setzung aufvireist, während sie zwei Nummern vorher,
wo der Pontificat beginnt, fehlt.
<) Die vierte selbständige Gruppe yon B (Gr. XIII) kommt nicht in Betracht,
da sie nur Briefe Honorius IV. (und einen hiemit in Verbindung stehenden Brief
Urban IV.) enthält >) NP: gegenüber A 124, gegenüber B 85; NV: gegenüber
A 97, gegenüber B 61; 0: gegenüber A 174, gegenüber B 115 Briefe. ') Der
Kürze halber lasse ich auch hier für den gemeinsamen Bestand B ausser Acht.
106 Kaltenbranner.
Es fehlen: epp. 296—310. 822—329. Allen gemeinaam: epp. 260.
264—266. 273. 285.
Von A VIII: Von A IX: Von A XI:
P. 378-386. P. 391.392. P. .
V. 378»— 380. V. 391. 392. V. 409.
0. 378. 379. 390. 0. 391. 393—395. 399. 400. 0. 408. 409.
Es fehlen Ton VIII: 330—377. 387-389; von IX: 396—398. 401;
von XI: 402—407.410.
Allen gemeinsam in VIII : 378». 379 ; in IX : 391. 392.
Von den A-6ruppen mit Martinbriefen hat nur Gr. XIV Deckung mit
NP und zwar mit ihren epp. 474 — 476. 478 — 510.
Or. IV. VI. X. XII. XIII. XV. XVI sind also in den Epiatolae Notabiles
gar nicht vertreten.
Ganz analoge Verhältnisse ergeben sich nun auch bei den drei selb-
ständigen B-Gtuppen.
Von B VII 2. finden sich in:
P. 315—322. äSO- 336. 838. 339. 348.
V. 316-319. 321-323. 325-328. 330-332. 335. 336. 340. 343-346. 348.
0. 315—323. 325—341. 344—347.
Es fehlen: epp. 324. 342. Allen gemeinsam: epp. 316—319. 321. 322.
330—332. 335. 336.
Von B XVI:
P. 564 — 581. (d. i. die ganze Gruppe).
V. 564—574.
0. 564—577.
Sammtliche Briefe sind vertreten. Allen gemeinsam: epp. 564—574.
Von BXVII:
P. 605—613.
V. 582. 585. 589. 591. 595. 597. 602. 603. 605—611. 613. 627—629.
632. 633.
0. 583. 584. 586-588. 590-607. 613. 614-618. 620. 623. 627. 630. 633.
Es fehlen: epp. 619. 621. 622. 624—626. 628. 629. 631. Allen gemein-
sam: epp. 605— 607. 613.
Bei näherer Betrachtung dieser Liste findet man, dass die Briefe
von A-B mehr oder minder als geschlossene Gruppen in den N-
Handsehriften auftreten, in Gruppen jedoch, welche sich in den
seltensten Fällen bezflglich ihres ümfenges nach den einzelnen Hand-
schriften hin decken, sondern meist sich durch das Hinzutreten oder
Wegfallen von Briefen am Beginn oder Schluss mehren oder mindern,
derart also, dass A-Briefe, die in der einen stehen, in der andern
fehlen und umgekehrt. Da die gegenüber gestellten Redactionen einen
Römiache Studien II J. 107
Terschiedenen Anlageplan haben, in dem A-B nach Materien, die
EpiBtolae Notabiles nach Pontificaten ordnen, so ist es natürlich, dass
die Gruppen von A-B in jenen nicht nach einander sondern neben
einander stehen; aber auch innerhalb eines und desselben Fontificates
findet dieses Ineinanderschieben statt, so dass auch da die Theil-
gruppen der A-6riefe sich über weite Strecken der in Betracht kom-
menden Bestände der N-Handschriften ausdehnen, und durchsetzt sind
nowol mit solchen aus andern Gruppen als auch mit Briefen, welche
A-B gegenüber jenen eigenthümlich sind. Zur Beleuchtung dieses
Verhältnisses mögen die ürbanbriefe von F(epp. 1 — 56) herausgehoben
werden; folgende Briefe fallen mit solchen von A zusammen:
P. 7.8.10.18. 19- 21.23.24. 27. 28. 82. 33.35-38.41.42. 43.54.55.56.
A.1.2. 5. 3.124-126. 4. 6.127.128.129.260.40-43. 7. 8.130. 9.44.10.
Es sind also selbständig Ton A: epp. 1-6. 9. 11-17. 22. 25. 26. 29-31.
34. 39. 40. 44-53.
Von diesen ent&llen aber auf Briefe aus den 3 selbständigen B-Gruppen:
P. 1. 2- 5. 9. 11- 16. 22. 25. 29. 31. 44. 45. 51- 53.
B. 564. 565-568. 569. 570-575. 576. 315. 316. 317. 318. 319. 320-322.
Es bleiben daher als selbständige Briefe über: epp. 6. 17. 26. 30. 34.
39. 40. 46—50.
Diese Verhältnisse machen die Benützung von A-B als Theilquelle
seitens der 3 N-Handschriften oder seitens ihrer gemeinsamen Vorlage
sicher sehr unwahrscheinlich; sie wird aber ganz ausgeschlossen durch
die Textvergleichung. Im besonderen weisen sie gemeinsam oder
einzeln A-B gegenüber I. e. m. Sätze ^) und Datirungen oder wenigstens
Formen derselben auf), die ihre Unabhängigkeit vollständig erhärten.
1) Ep. P 81. V. 28. 0 885 hat zwei L e. m. S&tze, die in B 817 (A bat den
Brief nicht) fehlen. *) Selbständige Datirungen weist allerdings nnr NP auf,
nftmlich in epp. 209. 214. 286. 269 ; das hat aber den gleichen Werth, als wenn
auch die beiden andern dies thun würden, da wir ja für sie eine gemeinsame
Quelle annehmen. — Die Datirung von ep. 0 28 würde, wenn wir überhaupt
noch zwischen A und B zu entscheiden hfittenf dies zu Gunsten des letzteren
thun, denn nur er weist in ep. 68 dieselbe auf, während sie im correepondirenden
A 47 fehlt. — Mehrmals stossen wir femer auf Fälle, wo die eine Redaction
das ausgeschriebene Datum, die andere nur den Verweis mit ,ut supra« hat,
and zwar liegt hiefÜr in keinem Falle die Begründung darin, dass durch die
Stellung des Briefes zum vorhergehenden in der einen die Ausschreibung nOthig,
in der andern der Verweis als genügend angesehen werden kann, sondern stets
correspondiren auch die yorhergehenden Briefe mit einander. So setzt ep. P 212
yut supra*, A 187 dagegen die Formel, und umgekehrt wiederholen epp. P 190.
191 und ep. P 200. V. 168. die Datirung des vorhergehenden Briefes, während die
oorrespondirenden Briefe in A (207. 208. 879) und B (180. 181. 400) den Verweis
bringen. Bei den Datirungen von NO endlich ist anzufahren, dass er trotz seiner
108 Ealtenbrunner.
Desgleichen Üiat dies die Yergleichimg der Adressantenfonnel, deren
Behandlung in den N-Handschriften bereits dahin characterisirt worden
ist, dass die Setzungen, wenigstens innerhalb der Fontificate, auf
mechanische Nachbildung der Vorlage zurückgeführt werden müssen.
Wenn nun jede der Handschrüten zum Theil übereinstimmend mit
den andern, zum Theil vereinzelnt Formeln aufweist, die in A-B
fehlen oder dort der in ihnen herrschenden Begel gemäss durch den
Verweis ersetzt sind, so ergibt sich daraus, dass A und B jene
mechanisch nachgebildete Vorlage nicht sein können^). Andererseits
aber ergibt gerade diese Vergleichung derartige Uebereinstimmmigen
im Ausmaass der Datirungsformel'), ferner in gemeinsamer überflüssiger
Setzung des Adressanten und dem Ausmaass seiner Formel'), dass
wir dieselben nur durch die Annahme einer allen gemeinsamen Vor-
lage erklären können. Da wir nun früher filr A-B als solche die
Concepte des Berardus selbst erkannt haben, so ergibt sich, dass sie
dies auch für die uns bekannten Handschriften der Epistolae Notabfles
sein müssen.
vielen sonstigen Kürzungen einmal bei ep. 165 A-B gegenüber eine vollere Formel
aufweist, und dass er zweimal im Gegensätze zu jenen eine richtige Namensform
bringt; er hat nämlich in epp. 115. 116 »Bellicadri*, während A-B übereinstim-
mend in den correspondirenden Briefen »Bellicardi* setzen.
0 £p. P. 78. 88. 85. 86 = 0 88. 87. 178. 174, welche alle innerhalb
laufender Pontificate stehen, haben die Formel, während die correspondirenden
Briefe in A-B das verweisende ,Idem* vorgestellt haben, und ebenso verhält sich
in NV der mit P 78 correspondirende ep. 85 und überdies ep. 182. «) Ich
hebe hier nur Beispiele heraus: Während ep. P 74. V 88. 0 171; ep. P 91. 0 40;
ep. P 184. y 182; ep. 0 326 Übereinstinmiend mit A-B die ganze Formel seteen,
thun sie dies mit Auslassung der Worte »pontificatus nostri* in ep. P 198. V 166.
0 148; ep. P 197. V 150; ep. P 194; ep. V 117. 0 78; ep. V 184; ep. 0 269.
Dagegen lassen sie das Jahr ganz aus in ep. P 177. V 164. 0 168; ep. P 210.
0 65; ep. P 218. V 170; ep. P 195; ep. V 48. 0 861; ep. V 128, und verkürzen
die Formel bis auf den Ort in ep. P 202; ep. V 146; ep. 0 112, und bringea
das blosse Tagesdatum in ep. P 180 0 42, während ep. 0 74 übereinstimmend
mit A-B demselben auch das Pontificat^ahr anfügt. *) So hat ep. P 77. O 82
innerhalb der Reihe der Gregorbriefe »Gregorius etc« vorgesetzt ebenso wie die
correspondirenden Briefe in A und B (ep. 242. 258) ; das gleiche ist der Fall bei
epp. 0 18. 16. 29 und A 42. 44. 50 (B 48. 50. 56) usf. Auch bei Vergleichung
der 8 selbständigen B-Gruppen ergeben sich solche Fälle : so hat ep. P 52. V 89.
0 848 übereinstimmend mit ep. B 821 »Urbanus etc*, und auch in B sieht der
Brief mitten in einer Urbanreihe; ebenso gilt dies von ep. P 88. 0 87, der sowie
ep. B 883 die Formel »Gregorius eps etc* hat. ~ Bereits in den angeführten
Beispielen tritt auch die Uebereinstimmung im Ausmaass der Formel zu Tage;
noch bezeichnender aber ist es, 'wenn wir Übereinstimmend in ep. P 57. V 43.
0 851 ~ A181. B 206 die Formel des Cardinalcollegiums vollansgeschrieben, in
ep. 0 140=:Al2lBl27 dagegen sie zu »Miseratione divina etc< zugestutzt finden.
ROmiflohe Studien ÜT. 109
Als diese Concepte ztit Zusammenstellung derselben verwendet
wurden, lagen sie in einer nach Pontificaten geordneten Beihe, aus
der NP und NV mehr oder minder willkürlich excerpirten und NO
die uns bekannten Schreiberpensa bildete. Willkürlich kann man bei
allen 3 Handschriften insofeme die Entlehnung des Materials nennen,
als sie häufig ohne Rücksicht auf den engen Zusammenhang neben
einander stehender Briefe durch ihre Griffe denselben zerrissen, sowie
wir ja auch schon früher sahen, dass sie auf die Fixirung der einzelnen
Briefe zu den Pontificaten wenig Gewicht legen. Sind wir durch die
erwiesene Gleichartigkeit der Entstehung der 3 Handschriften berech-
tigt, den YOn NP selbst gebrauchten Titel auf alle auszudehnen, so
können wir ihn nun dahin deuten, dass es entweder stilistisch an-
sprechende oder wichtig scheinende Briefe waren, die in ihnen vereint
werden sollten, und aus verschiedenem Geschmacke oder Neigung
ihrer Zusammensteller erklärt sich eben die Aufnahme und Ignorirung
in der einen und andern Handschrift^). Dürfen wir darüber, dass
ans dieselben nur eine derartige Auswahl aus dem ihnen zur Ver-
ftgung stehenden Materiale überliefert haben, nicht rechten, so müssen
wir doch eine andere ünzukömmlichkeit hier constatiren, welche
durch diese willkürlichen Griffe entstanden ist. Alle 3 Handschriften
haben nämlich bei nacheinanderstehenden Briefen, die an eine und
dieselbe Person gerichtet sind, meistens nur beim ersten deren Adresse,
bei den folgenden aber nur das verweisende . Eidem ', und ebenso bei
Briefen mit gleichem Datum den Verweis mit .Datum ut supra*. In
manchen Fällen werden wir dies auf die Schreiber selbst zurückfahren
können, f&r welche es nahe lag, statt gleiches zu wiederholen derart
zu kürzen >), in zahlreichen anderen aber werden wir annehmen dürfen,
dass diese Verweise auf der Vorlage selbst gestanden haben, denn es
ist sicher zu erweisen, dass Berardus enge zusammengehörige Briefe
auf einem Blatte vereint concipirt hat, und da lag es auch für ihn
nahe, gleiche Adressaten nur mit dem « Eidem '^ anzudeuten, und wir
sahen bereits an einem Beispiele, dass die Verweise mit «ut supra'
<) So läsflt sich bei NO ganz bestimmt eine Neig^g zum Cistercienser-
Orden und ein Interesse för Briefe cameralistisohen Inhaltes erkennen. ') Nament-
lich bei den Adressaten lag dies nahe; direct wird es aber auch bei ihnen
dadurch bewiesen, dass wir verschiedener Behandlung in den Handschriften bei
gleichen Briefen begegnen; so hat NV bei ep. 128 »Regi Castelle* und ep. 124
»fiidem*, während in NO die mit ihnen correspondirenden epp. 86. 87 beide die
ausgeschriebene Adresse aufweisen. — Dieselbe Gewohnheit haben auch die
Schreiber von A und B, es ist aber in Hinblick auf die folgenden AusfUhrungen
hier ausdrücklich zu betonen, dass alle 8 Handschriften der Epistolae Notabiles
derartige Kürzungen auch in Briefen haben, die in A-B fehlen.
110 Kaltenbrunner.
auf derartig zuBamm^igehöhgeu Briefen von ihm angebracht sein
können, ohne da88 im ersten, auf den damit verwieB^L wird, überlumpt
ein Datum schon vermerkt gewesen wäre, eben weil die gleichseitige
Approbation oder Expedition für alle sieh aus dem Inhalte von selbst
ergab ^). Die Sonderung nun, welche die Zusammensteller unserer
3 Handschriften, Geschmack und Neigung folgend, am Material vor-
nahmen, erstreckte sich auch auf solche auf einem Blatte zusammen-
geschriebenen Concepte, und indem sie einen Hauptbrief (so nenne
ich den ersten eines solchen Blattes, der entweder mit seiner Adresse
oder seiner Datirung die folgenden beherrschte) hiebei von der Auf-
nahme ausschlössen dagegen einen folgenden zuliessen, stiess ihnen
mehrmals der Unfall zu, dass sie, mechanisch den Verweis aus der
Vorlage herübemehmend, mit dem »Eidem* oder dem «Dat. ut supra'
sich auf einen ganz andern Adressaten oder eine andere Datirung
beziehen, als dies in der Vorlage der Fall war').
') Vgl. pag. 87. Auf keinen Fall ist ee zulässig, bei derartigen Verweisen
mit >ut Bupra*, vor welchen unmittelbar vorher keine Datirung steht, auf einen
früheren Brief mit Datirung zurückzugreifen. Denn abgesehen yon den fUllen,
wo eine verweisende Datirung auf der Vorlage anticipirt war, müssen wir auch
mit solchen rechnen, wo die eine oder andere Handschnfb eine Datirung der
Vorlage ein&.ch ausgelassen hat. Direct werden wir hierüber durch folgenden
Fall belehrt: NP ep. 152 hat »Dat. ut supra*, obwol ep. 151 keine Datirung
hat; wol aber hat ep. 150 »Dat. II. Id. Decembris*. In NV nun hat der mit
ep. 151 correspondirende ep. 157 »Dat. Id. Decembris*, auf welches sich das
»Dat. ut supra* in dem NP 152 entsprechenden ep. 158 bezieht Wir erhielten
also, wollten wir einft*ch den Verweisen folgen, aus den zwei Handschriften für
einen und denselben Brief yerschiedene Datirungen. *) So hat NV ep. 46 den
Verweis »£idem* und bezieht sich damit auf ep. 44 mit der Adresse »Oarolo
comiti Provincie*. Abgesehen davon, dass der Adressat von ep. 45 dem Inhalte
nach ein König ist, der Verweis für Karl y. Ai\jou, den hier der Concipist
scheinbar dem Grossator gibt, also für ungenügend erklärt werden müsste, er-
gibt sich auch aus demselben, dass der Brief nicht an Karl sondern an seinen
Bruder, den französischen König, gerichtet sein müsse. Wie dieser Fehler dem
NV unterlaufen konnte, wird uns sofort klar, wenn wir NO und NP heran-
ziehen; dort entspricht ep. 45 den epp. 19 und 62 eben&Us mit dem Adressaten
»Eidem*, der sich aber auf die Adresse der vorhergehenden Briefe »Regi Fran-
corum« ganz richtig bezieht NV hat also, indem er einen Sprung machte
— ep. 44 entspricht NP 59 (und NO 858) — den Fehler durch mechanische Nach-
bildung seiner Vorlage begangen. Der Inhalt der in NO und NP nebeneinander
stehenden Briefe 18. 19 u. 61. 62 ist derart, dass wir sie zusammen concipirt annehmen
können, denn in beiden wird der König um Unterstützungen aus- der ihm vom
Papste bewilligten Centesima angegangen. — Bezüglich der Datirung begegnen
wir einem derartigen Fehler in NO: Das »Datum ut supra* von ep. 155 besieht
sich dort auf das »Dat. Rome X. Kl. Februarü a. IIP.« von ep. 154. Der
erstere correspondirt nun mit B ep. 628, der auch den Verweis hat, aber von
RömiMhe Studien HL Hl
Die Beihe, welche dergestalt die Epistolae Notabiles benützten,
ist das Prodact reiflicher üeberlegung, welche von historischem Sinne
geleitet, inhaltlich eng zusammengehörige Briefe zusammenstellte, so
dass sieh innerhalb der grossen nach Pontificaten geordneten Reihe
eine ganze Anzahl Ideiner Gruppen bildeten, die zum Theil f&r sich
allein eine historische Thatsache oder eine Yerf&gong betreflTen, zum
Theil wieder in grössere Gruppen zusammengebracht werden können,
welche geradezu die Thätigkeit der Curie in den grossen Fragen, mit
denen sie es zu thun hatte, beleuchten^). In dieser Beihe muss,
wie wir sahen, auch der Grosstheil der Gruppen des gemeinsamen
Bestandes von Ä-B gelegen haben, und es fragt sich nun, wie wir
uns das Verhältniss dieser nach Materien ordnenden Bedactionen zur
grossen Beihe der Epistolae Notabiles zu denken haben. Es sind da
zwei Fälle möglich: entweder entstanden A-B (in ihrem gemeinsamen
Bestände) auch aus der grossen Beihe, oder dieselbe bildete sich erst
durch das Hinzukommen des Materials von jenen. Ersteres ist ent-
schieden die auf den ersten Blick einfachere Erklärung, und es wider-
spricht ihr auch durchaus nicht, dass A-B eine grosse Anzahl in dem
zusammengelegten Bestände der Epistolae Notabiles fehlender Briefe
aufweist, denn bei der Art des Zustandekommens ihrer Handschriften
haben wir ja gar keine Gewähr, dass derselbe das ihm vorgelegene
Material erschöpfe. Aber wenn wir uns des Eindruckes der ürsprüng-
lichkeit erinnern, welchen A Tor allem durch seine Noten und auch
durch seine sonstige Anlage auf uns machte, so werden wir von
dieser Erklärung doch abkomm'^n, da wir bei ihr gezwungen wären,
die Ibtetehung yon A-B und des Archetypus der Dictamina zeitlich
nach der der Epistolae Notabiles zu setzen, ausser wir wollten den
sicher erzwungenen Ausweg betreten, zu glauben, dass nach der Zu-
dem Datnm des in NO fehlenden ep. 622: »Dat. Rome X. El. Martii* beherrscht
wird. In ganz analoger Weise, wie der frflher angeführte, ist auch dieser Fehler
dadnieh entstanden, dass NO den Haoptbrief von ep. 155 übersprang, und ohne
dies 8u berücksichtigen den Verweis auf seiner Vorlage mechanisch nachbildete;
denn ep. 154 steht in B unter n^ 621 eingetragen d. i. auch in einer jener
8 selbetändigen Gruppen von B, welche wir, da sie ganz analoge Verhältnisse
wie die Epistolae Notabiles aufweisen, hier mit einbeziehen dürfen. — Aehnliche
Fehler wurden schon früher pag. 80 bei den Handschriften der Dictamina nach-
gewiesen.
') Vgl. pag. 87. Der Raum erlaubt es mir leider nicht, dies des näheren
an Beispielen auszuführen, ich muss daher auf die in der zweiten Abtheilung
dieser Abhandlung befindliche Liste der Sammlung verweisen, in der ich, so
weit es mein Kennen gestattete, die den Epistolae Notabiles zu Grunde liegende
Reihe zu constmiren suche.
112 Kal^tenbr anner.
sammenstellung und Anfertigung der 3 Handschriften das Material
wieder in derselben Ordnung in die Reihe rückerstattet worden sei
— So wenden wir uns denn zur anderen Erklärung, dass die Beihe
erst durch das Hinzukommen des Materials von A-B entstanden sei
Dies können wir uns aber nur so denken, dass, nachdem die Gruppen
von A-B und der Archetypus von D angefertigt waren, ihre Briefe
in eine nach Pontificaten geordnete Beihe auseinandergelegt, und diese
in eine andere vorhandene, ebenso geordnete eingeschoben wurde, und
zwar so, dass man auf die inhaltliche Zusammengehörigkeit der derart
ineinandergeschobenen Briefe eifrig bedacht war. Es lässt sich nicht
läugnen, dass dies alles recht complicirt klingt, aber es sprechen doch
dafür eine ganze Beihe von Gründen. Zunächst kommt der historische
Sinn des Zusammenstellers von A in Betracht: wenn er aus der
grossen Beihe nach Materien seine Gruppen bildete, ist nicht recht
einzusehen, warum er da nicht durchgreifend vorging, warum er üek
bei jeder derselben Briefe, die sich ihm darboten, unberücksichtigt
liess, und zwar Briefe, welche, wie die Epistolae Notabiles lehren, in
räumlichen Zusammenhang mit den von ihm gebrachten gestanden
haben müssten^). Der Einwand aber entf^t, da wir annehmen, dass
jene zweite Beihe, zu welcher A-B ergänzend trat, von ihm unbe-
rücksichtigt geblieben sei — Das Vorhandensein einer solchen Beihe
können wir aber auch direct nachweisen, nämlich durch jene 3 Gruppen
von B, die derselbe unabhängig von A aufweist und durch den zweiten
Theil des Archetypus der Dictamina. Jene schieben sich dadurch,
dass sie nur nach Pontificaten geordnet und nicht nach Materien
zusammengestellt sind, geradezu als fremde Körper in den gemein-
samen Bestand A-B ein; dieser stellt sich ab eine Beihe nach Pon-
tificaten geordneter Briefe dar, ebenso wie es die Epistolae Notabiles
thun. Es wurde bereits constatirt, dass diese Bestände von B und D
nicht in directer Abhängigkeit von einander stehen können, weil
jeder dem andern gegenüber selbständige Briefe aufweist; anderer-
seits ist aber ihr Yerhältniss zu einander ein solches, dass wir sie
auf eine gemeinsame Beihe zurückftLhren müssen, aus der D ein&ch ex-
cerpirte, B dagegen, die Beihenfolge der Briefe einhaltend, 3 Schreiber-
pensa zusammenstellte*). Allerdings muss hier angeftlhrt werden, dass
sich der Bestand von D vollständig in NV findet, so dass er sich auf
den ersten Blick als ein Excerpt desselben darstellt, wogegen auch,
0 Namentlich für die Gruppen De Terra Sancta und de Face bieten die
Epistolae Notabiles zahlreiche Ergänzungen; ich verweise diesbezüglich wieder
auf die Liste der Sammlung. *) Vgl. pag. 69.
Römisclie Studien m. 113
ao weit ich dies constatiren kann, die Textyergleiehimg nicht sprechen
würde ^)l Aber ein anderer sehr gewichtiger Umstand spricht dagegen:
alle Briefe von Th. II des D nunlich sind solche, die dem gemein-
samen Bestände von A-B fehlen ; wenn wir nun auch TL II als eine
Ergänzung oder einen Appendix su Th. I, der das Material yon A-B
benutzte, ansehen wollten, so wäre doch die Auswahl der Briefe aus
NY nach dem Gesichtspunkte, dass dieselben in Th. I fehlen, eine
Leistung des Zusammenstellers des Archetypus, die wir ihm kaum
zumuthen könnten; bei Benützung einer vom Bestände A-B gesondert
liq^den Beihe ergab sich aber das Besultat, das er mit Th. U er-
zielte, Yon selbst, da die A-fi Briefe entweder noch nicht in ihr lagen
oder schon aus ihr geschieden waren. — Zudem erweist sich das
Yorhandensein einer solchen Beihe mit^Sicdierheit aus den S Gruppen
von B. Auch bei ihnen laset sich als Prindip der Zusammen^Uung
erkennen, dass Ergänzungen zu dem übrigen Bestände der Handschrift
gegeben werden sollen, was sich auch schon durch den geänderten
Aiüageplan manifestirt, aus welchem wir schon früher schlössen, dass
die Anordnung der Gruppen, so wie sie uns im gemeinsamen Bestände
von A-B entg^rentritt, das Werk des Zusanmienstellers von A sein
mtüse, in dessenrFusstappen dann B getreten ist Allerdings be-
gegnen uns in si;wei von den 3 Gruppen eine Anzahl von Briefen, die
auch im gemeinsamen Bestände stehen, wofür ich eine bestinmite
Erklärung nicht zu geben vermag; jedoch ist diese Thatsache, mag
sie was immer für einen Grund haben, nicht darnach angethan, die
froher aooeptirte ErUärung, daas die 3 Gruppen auf eine von A-B
unberücksichtigt gelassene Beihe zurückgehen, zu werfen, da wir auch
bei der Annahme, dass A-B aus der grossen Beihe entstanden sei,
eine sich sofort darbietende Erklärung für diesen Umstand nicht zur
Hand haben'). Yergleichen wir nun die 3 Gruppen mit der Beihe,
welche den Epistolae Notabiles zu Grunde liegt, so finden wir aus
der schon früher pag. 106 gegebenen Zusammenstellung, dass sie
ganz das gleiche Yerhältniss aufweisen, wie die Gruppen des gemein-
samen Bestandes A-B : in derselben Beihenfolge stehen die Briefe der
ineinandergeschobenen nicht nacheinandergeetellten Gruppen in den
^ Du ZahlenverhSltniss der beiden Haadschriften^ergibti dass D nur ein
dürftigeB Ezoeipt auB NY sein könnte, demu dessen 178 Briefe Btehen nur etwa
59 Briefe des Archei^us gegenüber. Aber diese erstrecken sich dennoch ziem-
lich über den ganzen Bestand von jenem, indem der erste dort ep. 9, der letzte
ep. 160 entq>richt Sowol NP als NO gegenüber weist D selbständige Briefe
aii£ *) Den bei 6r. YIL 2 und XYII (p. 88 u. 87) angeführten 11 Briefon
stehen in den 8 Gruppen 98 Briefe gegenüber, die in A-B fehlen.
lüttMlaoiWi TD. 8
114 Ealtenbrunner.
einzelnen Handschriften der Epistolae Notabiles, ohne dass aber der
ganze Bestand Ton B dergestalt in ihnen aufginge, und Tergleichen
wir femer das OefÜge der B-Gmppen mit dem, welches die A-B-
Omppen in den Epistolae Notabiles bilden, so sehen wir es nicht
etwa vor oder nach jenem gestellt, sondern in dasselbe eingeschoben.
Alle diese Verhältnisse können wir uns dermassen erklären, dass
diese 3 Qruppen, sowie jene Briefe, welche die Epistolae Notabiles
unabhängig von ihnen und vom gemeinsamen Bestände A-B besitzen,
jene Beihe repräsentiren, welche vor dem Hinzukommen von A-B Tor-
handen war. Daftlr, dass diese sodann durch das Hinzutreten von A-B
zu der den Epistolae Notabiles zu Grunde liegenden wurde, spricht end-
lich noch folgender Umstand: Wir sahen, dass wahrscheinlich Tom
Zusammensteller von A die Concepte präparirt worden waren derart,
dass sie zu bestimmten Pontificaten fixirt wurden und zwar so, dass
er innerhalb der Pontificate nicht den Adressanten, sondern ein auf
ihn verweisendes ,Idem' setzte. In keinem Briefe der 3 Gruppen
von B xmd in kleinem Briefe von NV und NO finden wir solche
Verweise, wol aber finden sich solche in NP mehrmals, und zwar nur
bei solchen Nummern, die iu A Deckung finden und dort auch das
.Idem* haben, und es ist weiter ausdrücklich zu betonen, dass diese
Setzungen in NP in Folge ihres sporadischen Auftretens als regellose
bezeichnet werden müssen. Da ist es nun doch sehr wahrscheinlich,
dass diese auf mechanischer Nachbildung der Vorlage beruhen, welche
bereits durch die Hand des Zusammenstellers von A gegangen war,
namentlich wenn wir uns erinnern, dass eben solche auch die in den
Dictamina stehenden «Idem* verursacht hat.
Auf diese grosse Beihe, welche wir uns nach der eben geschil-
derten Weise entstanden denken, führt auch eine Handschrift zurück,
welche ihrer Sonderstellung halber erst hier eine Besprechung finden
kann, und welche uns belehrt, dass durch alle bisher betrachteten
Bedactionen der Sammlung der Vorrath an Goncepten des Berardus
nicht erschöpft worden ist
Cod. Paris, lai 8567. saecXIII. 8». (cf.Delisle p.lOO) = SS.
Die' aus 12 Lagen bestehende Handschrift lässt sich in 5 mehr
oder minder einheitlich beschriebene Gruppen zerlegen, welche mit
Ausnahme der (nur aus einem Blatte bestehenden) zweiten^) durchaus
von Notaren besorgte und an sie eingelangte Correspondenz ent-
^) Fol. 8S (L. 4) enthält eine »Forma privilegii iadicatos et tabellionatos«
und veno ein ganz metorisch gehalteneB Glückwunschsohreiben an einen neu-
gewählten Papst
Rftmisohe Studien III. 115
ludten^). Die Pessönlichkeiten, die uns hiebei aufstossen, befinden
sich in yerschiedenen Dienstverliältnissen, durchwegs weisen sie aber
entweder mit demselben oder doch, wie ihre vielfach auftretende
Privateorrespondenz beweist, mit ihrer Heimat auf das Königreich
Neapel; zeitlich umspannt ihre Thätigkeit die Zeit Friedrich IL, der
leteten Staufer und der Anjou's^). Einzelne derselben^ beherrschen
ganze Gruppen oder doch anunterbrochen Theile derselben'), an
anderen Stellen wieder ist die Gorrespondenz mehrerer vermischt auf-
genommen. Nach beiden Sichtungen hin begegnet uns nun auch
Berardns de Neapoli; in Or. 1 nämlich stehen inmitten von anderen
foL 23' — 25 vier ihm zugeschriebene Briefe, die alle in den zusammen-
hätigenden Bedactionen seiner Sammlung fehlen. Der zweite von
ihnen ist ein Frivatbrief des Berardus, in welchem ^r Karl IL von
0 Eine Ausnahme hievon macht nur Gr. 8 (L. 5), indem sie zu Beginn
(fol. 84— S4e) eine Legende bringt mit der Ueberschrift »Nativitas, vita et obitas
S. Albani, qui natus fuit ex patre et filia, postea accepit matrem in uzorem,
post hec occidit patrem et matrem, demum sauctus*. Derselben Legende haben
wir bereit» firüher in dem in der Kanzlei entstandenen NY begegnet; hier wird
in einer Randnotiz ein G. abbas Clarayallensis als ihr Autor genannt und ihr der
Ctdcül »optima est* beigelegt. (Bei Potthast a. a. 0. wird ein Transamundus (?)
als Autor genannt).
*) loh notirte ausser Berardus de Neapoli die Namen : Stefanus de 8. Georgio,
Nicolauft de Rocca und dessen gleichnamigen Sohn, Petrus de Vineis, Leonardus
de Benevento, Nicolaus de Sanctis, Petrus Grassus, Johannes de (Japua, Dominions
de Rocca. Ueberwiegend sind es die Briefe der beiden erst genannten, die uns
entgegentreten. Ersterer ist nach einander im Dienste des englischen Königs-
baufles, dann des Cardinal Hugo von S. Lorenzo in Ludna (eines EngUnders)
und Karl IL y. Ai^ou; im enrteren Dienstverhältniss condpirt er auch für den
Thesaorar des Königreiches einen Brief an Berardus de Neapoli, der sich fol. 18
mit der Ueberschrift ,T. Thesaurarius Anglie Magistro B. de Neapoli per
Stephanum« findet. Der Brief bietet kein historisches Interesse, ausser dass er
die angesehene Stellung erweist, der sich Berardus an der Curie erfreute.
Kicolaus de Rocca Überliefert zahlreiche von ihm im Dienste der Staufer ge-
sehiiebene Briefe, von denen einige zusammen mit solchen des Petras de Vineis
aas der Handschrift von Hnillard-Br^hoUes in »Vie et Correspondance de Pierre
de la Yigne* Paris 1865 publicirt worden sind. Eine erschöpfende Ausbeutung
des wichtigen Codex steht noch aus. — Auf seine süditalienische Prov^enz weist
Muwer den in ihm auftretenden Autoren auch der Umstand hin, dass für mehrere
■einer Lagen rescribirtes Pergament mit älterer beneyentanischer Schrift yer-
wendet ist *) Es ist dies der Fall in Gr. 1 L. 1, wo nur Stefimus de S. Georgio
auftritt, in Gr. 8, wo nach der Legende Nicolaus de Sanctis mit beneventanisohen
Briefen dominirt, und in Gr. 6 (mit den loteten 4 zusammenhängenden La^n
dei Godes), welche geradezu als Secretärregister des Nicolaus de Rocca beseichnet
werden kann. Alle drei begegnen uns aber auch in anderen Theilen der
Haadschxift
8*
116 Kaltepbruiiiier.
Anjou seine Ergebenheit bezeugt und seine guten, dem Vater schon
geleisteten Dienste anbietet; die andern 8 sind ton ihm in seiner
Eigenschaft als papstlicher Notar abge&sst, was in ihren üeber-
schriftm durch die Anhängung der Worte «per Berardum de Neapoli
notarium pape*^ zum Ausdruck gebracht wird, so wie auch sonst in
analoger Weise in der Handschrift die Autorachaft der einzelnen
Notare bei vielen Briefen bezeugt wird. Der erste Brief ist P« 21895
d. i die erste gegen Peter y. Aragon gefällte Sentenz, die sich hiemit
ergänzend den späteren in A*B überlieferten Processen g^en den-
selben vorstellt^). Die beiden letzten Briefs, welche Klagen fiber
die Bedrückung der schottischen Kirche aussprechen, yermag ich
keinem bestimmten Papste zuzuweisen; in Hinblick auf die beiden
andern Briefe gehören sie wahrscheinlich Martin lY. an.
Als in sich abgeschlossene Reihen begegnen uns sodann Briefe
des Berardus in der 4. Gruppe des Codex, indem die erste Lage
(foL 43 — 52) ganz, und die zweite auf den ersten 5 Blättern mit
solchen geftillt sind. Die Briefe sind auch nach den beiden Lagen
abgetheilt, denn abgesehen davon, dass andere Hand und Tinte und
anderes Linienschema in ihnen auftritt, ist auch jeder Beihe die Ueber-
schrift .Epistole domini Berardi de Neapoli domini pape notarii*
Yorgestelli Dieser Oesammttitel wahrscheinlich verursachte es, dass
dann bei den einzelnen Briefen nicht so, wie dies sonst fiEkst durch-
gehends der Fall ist, die Autorschaft des Concipisten mit dem .per*
eingeleitet ausdrücklich vermerkt ist Die erste der beiden Reihen
umfi^st 22 Briefe, von denen epp. 1 und 2 in die Sedisvacanz vor
Martin IV. fEJlen, ep. 21 ein Privatbrief des Berardus an den König
von England ist, alle übrigen dem Pontificate Martin IV. angehöreu.
Schon bei epp. 1 und 2 beginnt die Beziehung mit den Epistolae
Notabiles, deren Repräsentant hier natürlich nur NP sein kann, denn
sie finden sich in ihm ebenso wie dort unter n^ 218. 219 den Martin-
briefen vorgestellt Epp. 3 — 9, epp. 11 — 16 und ep. 20 entfallen
sodann der Reihe nach auf NP epp. 220. 224. 227. 230. 232. 234.
233. 237. 238. 239. 252. 247. 253. 260. Zum Theil finden sich dieselben
1) Der AnflchloBs ist ein unmittelbarer: w&hrend P. 21895 an der Asoensio
Domini 1282 promulgirt ist, fUlen die in AXV (epp. 618—518) vereinten 6 Prooesse
in geschlossener Reihe auf die ferneren Jabrestermine von der Dedicatio basilicae
Prindpis Apostolorum 1282 an bis zur Asoensio Domini 1284. Ueberdies gibt es
einen ausserbalb der Termine fiEdlenden Process v. 21. HL 1288. P. 21998; der-
selbe steht beseichnender Weise auch gesondert in A unter n® 202, und wir er-
innern uns, dass dort eine Randnote besagt, dass ein Tlfcil von P. 21895 sn seinem
Dictate verwendet worden sei (ygl. p. 84). Nun erhalten ynx durch SS auoh die
Gewissheit, dass Berardus hiebei nur seine eigene Arbeit benütit habe.
Bflmiache Stadien m. 117
auch in A-B, zum Theil feUen sie dort, andererseits haben ab^r noch
3 in NP fehlende Briefe der Gruppe Deckung in A-B, nämlich epp. 10.
17. 22 mit A epp. 477. 829. 414. Die zwei noch erübrigenden Briefe
«endlich, epp. 18 und 19 sind unserer Handschrift allein angehorig;
der erstere ist P. 21967, der letztere an den Prinzen Karl von Salemo
gerichtete ist ungedruckt und handelt über den beabsichtigten Zwei-
kampf seines Yaters mit Peter von Aragon; er ist entschieden nach
demselben Dietat gearbeitet wie P. 21981, in welchem Martin IV. in
derselben Angel^enheit an König Karl selbst abmahnende Worte
richtet
Die zweite Beihe umfasst 14 Briefe, von denen die letzten rier
eben&Us Martin IV. angehören; von ihnen correspondiren epp. 11
und 12 mit NP 254. 255 =^ A 494. 495, die beiden andern dagegen
(P. 22049 u. 22142) sind unserer Handschrift allein eigenthümlich.
Mit Ausnahme yon ep. 9, einem an den Erzbischof t. Tours gerich-
teten Exemplar der Encyclica Innocenz V. (P. 21102), welche sich
sonst, und zwar ohne Adresse, nur unter n^' 11 der Varia des DL
Torfindet, gehören alle übrigen Briefe Gregor X. an. Die ersten zwei
sind Exemplare seiner Encyclica, der dritte ist das Glüdkwunsch-
Bchreiben des Berardus an ihn. Jene stehen in NP an der Spitze
der Oregorbriefe, während dieses mehr sachgemäss dort der Ency-
dica unter n^ 71 vorgestellt ist So bringen auch NV und NO die
Briefe, aber sie lassen das zweite Exemplar der Encyclica w^, während
B in Qr. VII 2 (epp. 330—882) sowol bezüglich Ordnung und Zahf
als auch darin, dass die Nummern eine Beihe von Oregorbriefen er-
Qffiien, mit NP übereinstimmt^). Epp. 4. 5 des SS. correspondiren
') BeÜBle theilt a. a. 0. die ersten 5 Briefe der Reihe mit, und stellt hiebei
unter n* 8 eine Note über den Titel des Papstes vor der Gonsecration ein, welche
doch wol nur zur vorangehenden Encyclica gehört; sie findet sich in derselben
Verbindung (also nicht als Bandnote) gleichlautend auch in NF und B vor. —
Entgegen der Ueberüeferung im Registmm (A. I. epp. 1. 8 =s P. 20517. 18) stellt
flieh die Encyclica in allen 8 Etondschriften als yor der Gonsecration erlassen
dar, wie das »Dat. im. Non. Martü* b. a. n. a. o.* lehrt. Das erste Exemplar ist
in NO nnd B ohne Protokoll und Datinmg eingetragen, sowie in ihnen auch die
Adresse des zweiten (Regi Francomm) fehlt; in SS dagegen ist die zusammen-
fiusende Adresse »Prelatis* vorgestellt, während das »Gr. electns episcopns«
beweist, dass es ebenfiüls vor der Gonsecration abge&sst ist. Beim zweiten
Ezemlare verweist ein »Idem* auf die vorhergehende Formel, was der früher
aa%estellten Behauptong, dass derlei Verweise auf Vorschreibung des Bedacteors
von A beruhen, zu widersprechen scheint, indem sich die Encyclica in A nicht
vorfindet. Aber hier kajm das »Idem* vom Gondpisten gar wol gesetzt sein,
denn es galt, den Grossator auf eine immerhin seltene Titulatur, welche auch
den Ezcurs über das Formelwesen in der angeführten Note veranlasste, aufinerk-
118 Kaltenbrunner.
sodann mit NF 74. 75. NV 83. SS^"; dieselben fallen in A in die
Grappe De concilio (A epp. 391. 392), und indem nun nach ep. 5
der Zusammenhang mit NP und NY aufhört, setzt er sich innerhalb
derselben Gruppe zunächst bei ep. 6 noch in NO (ep. 122 := A 894)
und weiter bei ep. 7 nur mehr in A mit ep. 395 fort. Epp. 8 u. 10
endlich sind wieder dem SS allein angehörig; ersterer ist F. 20681,
letacterer ein sicher Gregor X. zuzuweisender Brief, welcher f&r A-B
eine Ergänzung zur Gruppe De Terra Saneta hätte liefern können ^)^
Diese Verhältnisse erweisen wol die Behauptung, dass SS Im
diesen Zusanmienstellungen die den Epistolae Notabiles zu Grunde
liegende Beihe benützt habe, und sie sind auch darnach angethan,
unsere Ansicht über das Zustandekommen derselben zu bekräftigen.
Bei Abschnitten der Epistolae Notabiles d. L beim Beginn von Fon-
tificaten, welche wir als das einzige ordnende Motiv in ihnen erkannt
haben, einsetzend, folgen beide Beihen ihrem Zuge, ohne in einer der
uns bekannten Handschriften au&ugehen, und dort^ wo der Zusammen-
hang mit denselben unterbrochen wird oder aufhört, spinnt er sich
fort mit A-B, und zwar in ganz analoger Weise, wie wir es bei jenen
Bedactionen selbst erkannt haben').
So wie bei ihnen lässt sich auch hier aus dem Inhalte selbst kein
leitender Gesichtspunkt f&r die Zusammenstellung- der Briefe erkennen;
auch sie ist durch willkürliche Griffe in das vorhandene Material ent-
standen, und indem diese zufälliger Weise auch solche Briefe er-
fassten, die in allen andern uns bekannten Bedactionen fehlen, geben
sie uns einen Fingerzeig daf&r, dass mit den uns überlieferten Briefen
des Berardus, in so stattlicher Anzahl sie auch auftreten, die Zahl
der von ihm verfassten nicht erschöpft sei.
sam EU machen. — Die Angabe von Delisle, dass SS ep. 2 identisch mit P. 2G510
Bei, beruht auf einem Irrthume bei Potthast, welcher das bei Rainald und Ounpi
aus Reg. Fragm. ep. S gedruckte Bruchstück eines Briefes in der Kreuszugs-
augelegenheit, verleitet durch gleiches Datum und gleiche Adresse, mit der toh
Martine A. C. II. 1270 aus SS gedruckten Enc^clica identificirte und den ge-
sonderten Inhalt beider in 4in Regest zusammenschmolz.
') Die Zuweisung an Gregor X. ist durch folgenden Sata gerechtfertigt:
»nos, qui transmarinis partibus premissa non tantum audivimus, sed occulis pro-
prüs aspezimus*. *) Am bezeichnendsten ist in dieser Beziehung das YerhAlt-
niss in der zweiten Reihe; aber auch in der ersten begegnet ein analoger Fall:
unter den 8 Briefen, die nur mit A-B, nicht aber auch mit N Deckung finden,
gehört ep. 10 =s A 477 in die Gruppe A XIV, die sonst fast durchgehends mit
NP zusammenftllt.
Briefe von Friedrich v. Gentz an den
Grafen Louis Starhemberg,
Mitgetheilt
von
A. Graf Thttrheim«
Am 27. Juli 1802 war Graf Louis Starhemberg, damals Ge-
sandter am Hofe zu Si James ^), nach zehnjähriger Abwesenheit mit
einem dreimonatlichen Urlaub in seine Heimat zurückgekehrt Zwei
Tage Yorher war der berühmte Publicist Gentz in Wien angelangt,
um seine Anstellung im österreichischen Staatsdienst zu betreiben^).
Diese stiess auf erhebliche Schwierigkeiten; Kaiser Franz lehnte sie
ab und erst den vereinigten Bemühungen der Minister Gobenzl und
CoUoredo gelang es durch den Vortrag vom 8. September, den
Kaiser zur Bücknahme seiner früheren Entscheidung zu bewegen;
Gentz erhielt den k. k. Bathstitel und einen Gehalt von 4000 fi.^).
Gentz beeilte sich mit dem österreichischen Gesandten am eng-
lischen Hofe in Verbindung zu treten. Er durfte hoffen, in ihm
einen Förderer seines Strebens und seiner Pläne, einen einfluss-
reichen Bundesgenossen in dem Kampfe, den seine Feder bisher mit
so grossem Geschick und Muth geführt hatte, zu finden. Beide be-
seelte der gleiche Hass gegen die Revolution, die gleiche Abneigung
gegen Bonaparte. Aber auch die Stellung des Grafen musste es
Gentz als sehr wünschenswerth erscheinen lassen, mit ihm nähere
Beziehungen anknüpfen zu können: England war der entschiedenste
*) Ludwig Graf; seit 1807 Fürst Starhemberg, geboren 12. Man 1762 zu
FaxiB, gestorben 1888 auf Beinern Schlosse Dümstein bei Krems, war seit Mai 1798
Gesandter in London. Er war ein bekannter Gegner Napoleons, der ihn mit
seinem Hasse yerfoJgte und 1809 seinen G^i^ralen ausdrücklich empfiüil, dessen
Güter in Ober- und Nieder^Vsterreich eu rerwüsten, ein Befehl, den Marschall
Massena getreulich ausführte. *) Foumier Gents und Cobensl 68 f. ') Die
Bekfe.bfii Founier 191—202.
120 TlifirlieiiiL
Gegner der franzosiflchen Expansion, England hatte audi die gegen
dieselbe gerichteten Artikel glänzend honorirt. Schon am 10. Angost
wandte er sich an Oraf Starhemberg mit dem Ersuchen, sich ihm
Yorstellen zu dürfen. Der Brief lautet:
Monsieur le Gomte!
J'ose me Satter que mon nom ne Yous est pas enti^ment
inconnu. Le Yötre m'est devenu precieux et interessant par tout oe
que dans les demi^res annees des personnes qui avoient Thonneur
de se trouyer en relation avec Yous, m^ont appris de vos prin-
dpes politiques, de la sagesse de vos vues, de la noblesse et de la
fermet^ de yotre caract^re. D^s que j'ai su que Yous etiez arny^
ä Yienne, je me suis livr^ ä Tespoir, de pouYoir mettre ä profit le
s^jour passager que je fäit dans cette capitale, pour aller Yous pre-
senter mes deyoirs; cependant, supposant ayec raison que le temps
que Yous passerez ici, sera absorbe par des occupations de toute
esp^, je n^ai pas voulu exdcuter mon projet, sans Yous ayoir demand^,
Monsieur le Comte, quels serait le jour et Theure, oü il Yous con-
yiendrait de me receyoir. Si cette proposition Yous parait indisor^te,
je Yous prie de lui &ire grace en fayeur du d^sir extreme, que j*ai
de Yous exprimer de bouche les sentiments distingu^ dont je yoos
präsente ici un premier hommage et ayec lesquels j'ai Thonneur d*etre
Yotre tres-humble et tr&s-ob^issant seryiteur
Gentz m. p.
Yienne le 10. aoüt 1802.
Ma demeure est: Obere Breunerstrasse,
Maisbn du Gomte Batthianyi Nr. 1206.
Einige Tage später hatte Graf Starhemberg seine erste Zu-
sammenkunft mit Gentz. Die üebereilistimmung ihrer^ Ansichten
festigte die Beziehungen, welche jener Brief angeknöpft hatte.
Gentz yerliess Wien bald. Statt nach Berlin zu gehen, um
seine Entlassung aus dem preussischen Dienst zu betreiben, reiste er,
einer Einladung Lord Elliot^s, des englischen Gesandten in Dresden,
Folge leistend, mit diesem nach London. Er fand hier die schmeichel-
hafteste Aufnahme und sah seine Erwartungen yollauf befriedigt. In
Wien hatte es unangenehm berührt, dass die deutschen Zeitungen
diese Beise zu einer politischen Mission machten. Gobenzl glaubte
daher, Gente Yorsicht empfehlen zu müssen^). Gentz hatte aber
^) Cobenxl aa den Legatioiisrath Baron J. Reigenfeld in Lcmdcm:
Monsienr le Baron!
Da die Reiae des Herrn Qents widriges Auftehen bei der franoOsiMheii
Regierung erregen dürfte, so habe ich das beiliegende Sohreib^ an ilm ge-
4
Briefe Ton Friedridi t. Genti an den Onfim Looib Starliemberg. 121
selbst Soige getragen, jene Gerttekte zu • dementiren^). Eni am
16. Febnuur 1808 kam er ra ständigem Aufenthalt nach Wien znr&ck.
Der briefliche Verkehr zwischen Oentz und dem Ghrafen Louis
Starkembeig seheint ein sehr reger gewesen zu sein. Gentz, in-
mitten der Stimmungen und Ereignisse am Wiener Hofe stehend, ist,
wie er nicht ohne ^Sdbstgef&kl betont^, ein wohl informirter Be-
richterstatter, der sich behaglich in ansfthrlidhen Darlegongen
eigehi In seinem Schreiben Yom 10. September 1806 erwähnt er
selbst die Briefe aus den Jahren 1804 nnd 1805. Die Yon 1804
fimden sich in dem cor Einsicht überkommenen Nachlässe des spateren
Forsten Lonis Starkemberg, meines GrossTaters, nidit mehr Yor, jene
Yon 1805 beginnen erst mit dem Yom 24. October. Wahrscheinlich
wurden sie mit anderen Schriften ans den Jahren 1807—1809 an-
lasslich der franzSeuBchen InYaaion Yemiditet
Die erhaltenen Briefe nmfiBMsen den Zeitraum kaum eines Jahres.
Oeschrieben unter dem unmittelbaren Eindruck der weltbewegenden
Ere^piisse liefern sie ein ebenso getreues Bild der Hoffiiungen, mit
denen man den Krieg Yon 1805 begann, der furchtbaren Enttäuschung
nach der Capitnlation Yon Ulm, die Erwartongen, die sich an das
angestrebte Bflndniss mit Freussen, der Yom Oerücht übertriebenen
Erfolge der russischen Armee knüpften, der politischen Plane, die
ttoftauchten und wieder Ycrschwanden, Der Brief Yom 8. NoYcmber
1805 gewinnt auch dadurch an Interesse, dass er ein Seitenstück
va dem gleichzeitigen Briefe Yon Gentz an Johannes y. Müller bietet
So zeigt die Charakteristik Mack's, welche Oentz in dem zweiten
Theil des^ Briefes Yom 16. NoYember in noch schärferem Umriss
wiederholt, wörtlichen Anklang. Am gleichen Tage (8. Noy.) schrieb
Oentz an Johannes y. Müller*): ,Mack hatte ich ergründet: ein
sekwacher, weinerlicher, fiist niedertrachtiger Charakter, eine Seele
ohne wahre Energie, ein Eopf yoII schiefer und halber Gedanken,
flisMutUch erlasaen und Aber Ostende abgehen Imwon. Zugleich wollen S. W.
demselben aniathen, in seinem dortigen Betragen eine grosse Behutsamkeit zu
beobachten. Ich benutze diese Gelegenheit, nm £. W. beiliegendes Schreiben
zur Besiiellimg anzuschliessen. (Nun folgen Yier 2^0en in Chiffiren.) J*ai llionnear
d*6tre SYCo nne parfidte consid^ration
Yienne le 8. ootobre 1802.
Monsieiiz le Baron
Yotre trds-hmnble et tr^ob^issant serritenr
Louis C. Gobensl m. p.
0 Bericht des Baron Reigersfeld an Gobenil bei Fonmier 66, Anm. 8-
*) Brief Yom 80. Jfianer 1806. ^ Schriften Yon Friedrich y. Gents. Hg. von
6. Schlesier 4, 189.
122 ThüTheim.
durch alie revolutbnäjre Tendenzen ToUends von allen* Seiten Teneni
und veiBchraubt — das war. der Mann, als Soldat durchaus nur
f&r den zweiten Bang geboren,, in diesem leicht der Erste unter
den jetzt lebenden. Aber ab man ihm unbeschränktes Gommando,
das Schicksal der Armee und des Staates übertrug, da mussten wir
besser Unterrichteten — Meerreldt, Fasbender und ich haben uns
tausendmal unsere ängstlichen Soif^en mitgetheilt — tot einem
bösen Ausgange zittern. So böse konnte fireiHch Niemand ihn er-
warten. * In diesem vernichtenden ürtheil spiegelt sich die allgemeine
Stimmung. Auch Erzherzog Joseph forderte die exemplarische fie-
strafung Mack's und ErzhenK>g Karl, der bei Galdiero Massena zurück-
geworfen hatte, äusserte, man müsse Mack, ,qui par ses betises est
cause d*un ^^nement si deshonorant pour Tarm^ et la monarchie,'
zum mindesten in ein Irrenhans sperren^). Nach seiner Bückkehr
hatte, wie Gentz am 16. November berichtet, Mack noch den Muth,
in Brunn in grosser Uniform zu promeniren und Besuche zu machen,
bis man ihm nach Ankunft des Hofes bedeutete, er habe nach
Theresienstadt zu gehen und dort seine Aburtheilung zu erwarten
Während Erzherzog Karl, die verzweifelte Lage klar über-*
blickend, schon am 10. November die einzige Bettung nur noch im
Abschluss eines Waffenstillstandes sah'), hoffte man am Hofe in
Brunn noch Bettung durch die Bussen und Preussen^). Wenige
Tage später wurde die Schlacht von Austerlita geschlagen. Gerade
ftir diese Spanne Zeit weisen die Berichte von Gentz an den Grafen
Starhemberg eine bedauemswerthe Lücke auf; man darf seiner Ver^
sidierung glauben, «dass über die Ursachen des Unglückes Niemand
besser unterrichtet gewesen sei, als er.*
Nach einmonatlichem Aufenthalt in seiner Vaterstadt Breslau
kam Gente zu Beginn des Jahres 1806 nach Dresden. Hier erö&ete
er am 20. Jänner wieder seine Gorrespondenz mit dem Grafen Star«
hemberg. Seine Briefe beschäftigen sich immer wieder mit der
politischen Lage, Während jene an J. v. Müller dieselbe nur noch
flüchtig streifen. Gentz war vom Prinzen Louis Ferdinand von
Freussen, mit dem er schon früher Verbindungen unterhalten hatte^),
in sein Hauptquartier nach Zwickau eingeladen worden und er
spricht jetzt mit der gleichen Begeisterung von ihm wie früher.
Mehr und mehr umdüsterte sich die Lage. Seine Blicke richteten
>) Wertheimer, Geaohiohte Oesterreich-UnganiB im ersten JaknDSfant des
19. Jahrb., 1. S04, *) Weriheimer 1, 818. ') Vgl^ den Brief you Genta an
J. y. Müller yom 22. Nov. Schlesier 4, 148. «) Wertheimer 1, 269.
Briefe von Friedrich ▼. Genta an dea Grafen Louis Starhemberg. 128
sich nun wieder nach England; er hai»te es aufgegeben, auf eine
Erhebung Freussens noch au hoffen. Er bot England seine Dienste
an und suchte sogar daf&r die Vermittlung des Herzogs yon Orleans
nach. Das Froject kam nicht zur AnsfiQirung. Mit Begeisterung
begrusste er dann den Bntschluss Freussens, den Kampf gegen
Napoleon au&uneWeiL tFost nubila Fhoebua -^ lux e tenebris*,
so beginnt er seinen Bericht vom 7. September. Der letote der uns
erhaltenen Briefe vom 10. September erörtert noch die Chancen des
beTorstehenden Eriegee. Gerade einen Monat später fiel Frinz Louis
Ferdinand bei Saalfeldf am 14. October wurde die preossische Armee
bei Jena und Auerstadt Tefnichtet Der erste und die beiden letzten
der hier TerCffentlichten Briefe sind vom Wiederschein der Hofihung
auf siegreiehen Erfolg bestrahlt «— sie hat sich weder an Oesterreich
noch an Freussen erfthllt.
Friedrich ton Gentz an den Grafen Louis Starhemberg;
1.
Vienne le 24. Octobre [1805] i).
Votre tres^'precieuse et tr^s-aimable lettre du 17. Septembre
m^est parvenue le Icr de ce mois, Monsieur le Gomte. J*en avois
re9u quinze jours plut6t une autre du 26 acut, remplie des memes
sentimens de bont^, mais dont Tobjet ^toit moins agräible et dont
j'anrai llionneur de vous parier separ^meni
Je Tous avois ^orit, il j a huit jouts, une longue lettre, pour
▼GUS ezprimer ma joie sur la tournure heureuse qu* avoient prises
noB affiiires, et ausai pour vous expliquer un peu ma longue et juste
incr^ulittf. Je supprime cette lettre, parce qu'elle contraste d*une
mani^re trop douloureuse avec ce que nous sommes condamnes i^
apprendre et ä sentir depuis trois jours.
8i la nouvelle de nos d^sastres ne vous ^toit pas dejk parvenue,
TOU8 Tanrez par le meme Courier qui vous porte la präsente. Je sais
que Paget a compose une longue depdche pour en informer son
gouTememeui Dans tous les cas la lettre ci-jointe pour Msgr. le
Dnc d'OrMans, oontient tout ce qu'il etoit possible de savoir avec
eertitude jusqu^ aujordhui, et en outre des r^flexions sur la cause de
ces revers et sur le parti a prendre pour Payenir. Msgr. le Duc
d'Orlea&s tous fera communication de tout, et comme je connois la
liaison intime qui subsiste entre, je crois mSme, Monsieur le Comte,
*) Bis Jahreszahl fehlt bei den meisten Briefen Grents\ Im Tagesdatnm
nmss m IrrUram liegen, da OetM schon am 8S. O^^tober an Johannes v. Müller
beriektet, dass BCaok in Ulm eingeschlossen sei, ScUesier 4, 121.
124 Thttrheim.
que si par hazard il ^toit h une ceriaine distanoe de Londres, voas
pourrez ouvrir ma lettre. Je suis snr cette foia qu*elle tous
int^ressera beaucoup.
J'ai pen de choses k ajouter ä oe que vous y trouverez. Je veux
seulement räpeter id, que rien ne me panutroit plus lache et en
meme tems pluB d^raisonnable que de se liTrer au d^uragement
dans le moment actuel.
Ceat certainement un grand malheur que de Yoir frugtrto d'une
maniire aussi cruelle hob premi^res et noB belleB espärances, car je
ne TOUB le cache pas, je suis tellement Autrichien jusqu'aux ongles,
quWe bataille gagn^ par Tarpi^ de Mack m^auroit üedt plus de
de plaisir que tous lea succte que les BuBses ou les PruBBieus peuvent
remporter danB trois ans. MaiB notre positioii fbndamentale, compar^
ä Celle de la derni^re guerre, CBt ezcellente. TouteB les grandes
puiBBances sont avec uoub; le beBoin de mettre des bomcB h Tatroce
uBurpateur est reconnu par tout, et quellcB que Boient encore a Berlin
IcB OBcillationB, Icb modifications, lea nuanccB entre la guerre defensive
et un BjBt^e de plein accord avec nous et la BuBBie, il est Evident
que dauB peu nous marcherons tous Bur la meme ligne.
n ÜAut donc etre debout au milieu de ccb premierB reyerB* D
faut Boutenir ou relever Topinion publique; il est Burtout indispensable
qu*on ne laisse pas tomber Mack, qu'on Tentoure d'une grande con-
Bid^ration, qu'on n'oublie pas tout ce qu'il a &it pour Thonneur et
la dignitd de Tätat depuis siz mois, que Tempereur aille au devant de
lui, comme le s^nat de Borne, qui apr^s la bataille de Cannes alloit
remerder le consnl Varon, de n^ayoir pas desesp^r^ du salut de la
patrie.
J'ai travaille depuis le moment que la guerre a ^t^ dteid^ a
un ouvrage: «Sur T^uilibre de TEurope^) que je comptois publier
dans quelques mois. Mais le besoin de diriger Topinion devenant
toi:gours plus pressant, j*en ai arrach^ le chapitre qui traite .des
relations entre la France et T Antriebe depuis la paix de Lun^nlle*,
et je le publiend ä part dans une huitaine de jours. ün peu disgra-
cie et repouBB^ pendant Fepoque de notre bumiliatLon, je suis rentre
en grace depuis la reyolution dans le syst^e politique, et si on
Youloit Buiyre mes conseils avec la moitiä de la bonne volonte qu'on
met dans tous les prooedäs envers ma personne, je serois le plus
beureux des hommes.
') Vgl. die Briefe von Geatz an J. ▼. Müller vom 25. Sepi, 85. Nor.«
U. Des. 1805 bei Schlener 4, 111, li7, 161 und Founiier Genis und Oobetud IBO*
Briefe toh Friedrich y. Gtentz an den Grafen Louis Starhemberg. 125
Donne^moi de tems en tema, Monsienr le Gomte, des signeB
anxqaeb je poisae reoonnoitre, qne yob Bentiments sont toajoan les
m§me8 pour moL Yotre bienTeUlanoe contribue bien-essentieUeineiLt
h mon bonbenr; youb arez ^tä et tous sereB tocgoors dans notre
pays le chef du parti pen-nombreux, mais d'antant plus respectable,
qni conoentre dans son sein tous les giands principes et tous les
sentiiiiens honorables et avec lequel, quoiqu'il arrive, je yeux yiyre
et moorir«
Agriez les hommages de
Votre trts-d^TOii^ et votre fidAe serriteur
Oents m. p.
2.
Vieime le 3. Novembre [1805].
Les mallieurs qui yiennent de fondre sur noosi sont d'an genre
si uniqae, qu'ils aneantissent Tarne et taent la r^ezioiL Tomber
du haut des plus helles esp^ranees dans rabime, oü nous nous
trouYons maintenanty perdre dans huit jours une magnifique arm^
de 80.000 hommes, Yoir Tobject de la guerre disparu dans un instant
et lemplac^ par la crainte de fidloir ÜYrer la capitale ä Tinsolenoe de
Tennemi — je suis sür que Thistoire ne präsente rien qui ressemble
a oette Situation. II ÜEiut pourtant YiYie aprte cette chüte, et tant
qu'on n'est pas tout-k-fiiit mort, quel bonbeur de rdtre, il £aut penser
sur le pass^ et s'occuper de TaYenir.
La cause fondamentale de nos däBastres a ^t^ la folie de donner
h Mack le commandement illimitj de Tarm^. Maok est un grand
tacticien, un organisateur militairef oonune il n^en eziste plus de
meilleur quartier maltre-g^näral de rESarope, mais le nonuner gäieral
en chef aYCC son caracttee de YieiUe femme, son ame €troite, son
esprit &UX, corompu sans r^mede par des tendences pbikntropiques
et i^Yolutionnaires, son manque absolu de connaissance d^hommes,
sa Pedanterie r^Yoltante, son entStement pueril — ah il fiJloit dtre
CoUenbach pour s'en aYiser. Au milieu de rentkousiasme et de
raYeuglement g^n^ral, inspire per la rapiditä .et Tadresse aYCO la queUle
il aYoit forme rannte, les hommes clair-Yoyans trembloient de lui
Toir confier le sort de la monarehie. Combien de fois nous nous
Bommes dits, MeerYold, Fasbender et moi — nous le con-
noiBsions ä fond, que ces applaudissemens qu*on lui prodiguoit pendant
quelquee mois, seront pay^es par bien des larmesi si on ne rcYenoit
pos ä tems de Vengouement foneste qu'il aYoit su inspirer it la cour.
n etoit couYenu aYec la Bussie, que rannte d'Allemagne resteroit sur
126 Thürheim.
In fronti^re de la monarchie jusqa' h ce que la premitoe arm^ Busse
f^t arrivee* Mack ett entre en Bavi^re, a alanne — puis niaiiqii^
Telecteor. Aprte oe ooup d'aflhire les gens aages le oonjoroient de ne
pas passer le Leoh. II est allä k Ulm pour neos perdre. La il est
devenu fou, car toat le reste de sa eondaite ne s^ezplique qne par
la folie la plus compl^te et la plus caracterisee
II est diffieile de dire ce qui arrivera dans hoit jours. Notis ne
connoissons pas encore la determination du roi de Prusse, aprts
Tarrivee d'une lettre que Tempereur Im a ecrite par Tarchiduc
Antoiney parti d'ioi le 26 et surtout apr^ Tarrivee de Tempereur de
Bussie ä Berlin. Si le roi de Frusse ne vient pas ä notre secours
avec toutes ses forces, ce qui me paroit peu croyable et ce que nous
avons peu de droit ä esp^rer, les Franfois marcberont sur Vienne.
Ils doivent etre entres a Salzbourg le 31. L^arm^ Austro-Busse se
retire et doit se retirer. La Situation de Vienne est indescriptable.
Le gouvemement a dejä tellement perdu la tete, qu^une fois chasse
de la capitale, il n'est plus possible qu*il se reläye. Je crois que nous
aurons une paix bonteuse dans moins de trois mois.
Au reste s'il est dif&cile de prevoir ce qui arrivera dans huit
jours, il Test beaucoup moins, de calculer ce qui arrivera dans deux
ans. Apres la coalition actuelle, il n'j en aura plus, il ne peut plus
y en avoir; je serois le premier ä protester contre tout projet pareiL
II est ä present demontre pour moi, que ce qui reste de TEurope,
meme r^uniene peut plus se mesurer avec Bonaparte. L*Angleterre
sera finie avant la fin de 1806, la monarobie universelle sera alors
proclamee. Je suis arrivä au point de ne plus pouvoir plahidre
TEurope. Elle a merite ses malheurs, au fond eile* sMtoit plac^
depuis long-tems la, oü ces demieres catastrophes la condamnent h
descendre. Des hommes tels que vous, Monsieur le Comte, une demi-
doujsaine que je connois disperses en Burope, et moi h lear suiie,
sentiront toute Tötendue de oes calamit^s; le reste s'y reooneiliera
bientöt et finira par les aimer.
Veuilles bien dire ä Hsgr. le duc d^Orläuis que Hack (en passant
pres de Vienne lundi pass^ — figorez-vous que par nn stngolier
bazard il a demenrä k Hfltteldorf dans la maison de Madame Dieiriob-
stein) m*a fait avertir par Maurice D . . .^) qu^il a re9u mes lettres
et Celles du Duc.
*) Graf Moriz Dietrichstein, der im neapoUtaiuscheii Feldzage 1798/d
Gtoend-A^utaat Mack*8 imr «nd mit diesdm das Loos franzGaiMher Gefieoigeii-
Bchaft iheilte.
Briefe von Friedrich v. Gents an den Grafen Louis Starhemberg. 127
Hais T0U8 sentez bien qu*U est inoapable ds fiure ii präsent la
moindre ohose. Ainai il fiuidroit reentamer oette afture par d^autres
voias, si tant est, qne Msgr. le dac d'Orl&uu» desire enoere de la
suiyre, apr&a tont ce qui Vest p^sse.
La chaneellerifi, les arohiTfiB, les oollactionB pr^eoses, YanAnsl^
totties les provisions de guarre se transportent tant en Hongrie qn
ä OUmütss. C^est ä ee demier endroit que Teniperear doit se rendre.
Beauooup de monde est dejä partl S^ü n^arrive pas an changement
d'ioi au 8 ä 10, je suppose que oe sera vers ce tems que la ddbäcle
generale aura lieiL Je.reBte jusqu' au dernier tems; mais mes yeux
ne verront pas les Franfois a Vienne.
BeceTea Thonunage de mon devouement ^ reepeettieux tendre et
iiiYiolable. Gentz m. p.
Celoi qui porte oette lettre est mon yalet-de*ehambre, que Msgr.
Paget a envoje en Courier ä Londres. II en repartira en huit jours.
C^est an komme extremement sür, aoquel toqs pouvez absolüment tout
oonfier.
3.
Brunn le 16. Novembre [1805].
Je suis arriv^ ici dimanche 10, le corps diplomatique, tous les
grands oorps de Ttftat s^y sont r^unis. Noas jouissions pendant
quelques jours d^une espice de calme, autaut qu^il est possible d^en
jouir ayec Tid^ affireuse, infernale de savoir les Franfois h Vienne.
Depois jendi 14 ce calme trompeur m#me a et^ troubM de nouveau.
L^ordre etoit donne de rompre les ponts du Danube, aussitdt
qne lea Fmn^ais seroient entr^s a Vienne. Cet ordre n'a pas 616
ex^cut^. Le Frince Charles Auersperg qui commandit le corps de
reserye de ce cot^-ci et qui devoit les &ire executer, a ^t^ le dupe
de quelques fables de Hurat, qui lui a &it dire qu'on alloit signer
la paix^). Les Fran9oi8 ont passe le Danube arec des forces con-
sid^rables. L'armee de Eutusoff, qui le 11 avoit remport^ un ayantage
brillant sur les Franfois, dont un corps de 8 ii 10 mille hommes
aToit longd le Danube depuis Linz pour attaquer les Busses apr^s
leur passage i Grems; Tarm^e de Eutusoff s^est yu menacte de
40.00& hommes.
La cour a medite de nouyeaux projets de fuite, 'et hier toute la
joumee on a d^ber^, s^il yaudroit mieux quitter le pajs et se jetter
^uTia la Sil^e Prussienne, ou se liyrer entre les mains suspectes des
Folonois en allant a Gracoyie.
0 VgL Weriheimer 1, 81».
128 Thürheim.
Heureuseoient hier au aoir il est arrire ime bonne nouTeUe.
L'arm^ de Eutusoff a gagn^ plnsieiirs marchee aur Pennemit eile
^toit entre Znaim et Brunn, eile ätoit mdme snr le point de faire la
jonction ayec le corps de r^serve aniaricliien de 18.000 hommee. Ce
demier corps commandd par le Prinee Auersperg, se troaya depois
deux jours sous les ordre» da Ftince Jean Liechtenstein qni, aprte
avoir longtems refosä de senrir, s^est k la fin prSte ä oe triste com-
mandement; enfin pour en rfavenir h KntasofF, il dcrivoit hier au soir
que rien ne pouYoit plus empecher sa rennion ä la seconde ann^
Busse, dont la premi&re colonne arrive demain k denx postes d'iei ä
Wischau.
Depnis oe momens-1^ nons sonimes an peu rendas ik la vie; on
se flatte qae les Fran9ois abandonneront le projet de poorsoitre le
Busses, et si le comte Haugwit^ arriTO aajourd'hui oa demain avee
les propositions et les menaoes de la Prasse (quel triomphe pour nous,
Monsieur le Comte, que oette r^Yolatiön prodigeose que s'est fiüte h
Berlin en d^pit de Collenbach etc.), on espire que dans huit joors
nous pourrons respirer de nouvean. II est oertainement facheux et
honteux que ce seront absolument les autres puissanoes qui traTaillent
ä notre ddivrance, car nous sommes morts; Tarmte de Parehiduc
Charles est sur le Tagliamento, et Meerveld est totalement d*etrait
et s'est refugi^ ik trayers les montagnes vers Neustadt et la Styrie;
mais enfin U vaut mieux que nous süyions sauvä ainsi que de perir.
En attendant une r^volution ätonnante s'est fidt hier dans notre
interieur, on ignore encore si cette mesure^) est le r&ultat de la
Situation gän^rale des choses et des reflexions salutaires que nos
incroyables malheurs ont du faire naitre.
Nous partons pour Ollmütz, non plus poor nous sauver, mais
puisque Fempereur de Bussie doit y arriTcr oe soir. Je yous äcrirai
incessamment toutce qui se passera. Nous sommes sans oommunication
avec Vienne; nous savons seulement que les Fran^ois y sont entrft
dans la matinäe du 18, et qu'ils se sont portal de suite ä des r^joi-
sitions exorbitantes en drap, yin, fourrage vianels etc. aucon autro
detail Nous ne savons pas meme si Beelzebub y est lui memo. Ah!
quelles grimaces il fera, lorsqu'il apprendra Pacoession entitee de la
Bussie ä la coalition et le trait^ de Potsdam.
Pardon du d^rdre de cette lettre, je n^ai pas meme le tems de
le relire. Gents m. p.
^) Diese Anapielong besieht sich wol auf einen FerBonenweohsel
im kaiaerlichen Cabinete und daa Abtreten der dermaligen Leiter.
Briefe von Friedrich y. Gentz an den Grafen LouIb Starhemberg. 129
4.
Meme date.
Le Courier ne partani que dana uue heure, j'ajouterai encore
quelques mots. Je vous adresserai cent feuilles que je serais loin
d^aYoir epuis^ les materiaux qui se pressent autour de moi.
Je ne crots pas que vous coanoissez d^jä les grands r^sultats de
Tentrevue entre Tempereur de Bussie et le roi de Prusse, je suis
presque sür que non, et je suis fier de ponvoir yous communiquer
le premier, d^aussi exeellentes nouvelles. La Prasse est entr^ dans
toutes les vues de la Bussie; eile propose ä Bonaparte restitutio^
enti^re de toutes les possessions de rAutriche, telles qu'elles ^toient
apr^s la paix de Lundville, indäpendance parfaite (particuli^rement
garantie par les puissances, fondee sur le droit de construire des
forteresses et de se mettre en dtat de defense) pour Tempire, la
Hollande et la Suisse (pour celle-ci meme le droit de se donner une
autre Constitution si eile le trouve conyenable), indemnite süffisante
pour le roi de Sardaigne, ou en lui donnant le royaume dltalie ou
Parme, Plaisance et tout l'etat de Oenes^
Si le royaume dltalie est refuse, il doit du moins etre com-
pl^tement et immediatement s^pare de la France; celle-ci doit retirer
ses troupes jusqu'au dernier homme de tous les pays qu'elle avoit
OGCupes etc. Elle ne conservera que le Pi^mont (Helas! c'est trop
deja mais que pouvons-nous faire!).
Si ces propositions sont rejetees, 180.000 hommes, sans les
Saxons et les Hessois, se chargeront des ndgociations ulterieures. Le
plan a ete fait par le duc de Branswia Une armäe de 50.000 hom-
mes a kquelle se joindra Tarmee, se postera sous les ordres du prince
Hohenlohe^) sur le Danube; une arm^e de 80 ä 100 mille hommes
se reunira aux Hessois et se placera le long du Main jusqu* ä son
embouchure — yoilä ce qui a ^te conclu, signe et ratifiä a Potsdam
pendant les deux jours que Tempereur de Bussie y a pass^').
II vient d'arriyer des nouyelles de l'arcliiduc Charles. II ^toit
ä Laybach. Son arm^e est intacte et dans l'etat le plus brillant,
c*est toujours quelque chose. Dieu veuille que, malgre les ordres
qn*il paroit avoir donn^s pour ävacuer le Tyrol, nous Tayions con-
aerye, je l'esp^re, puisque Tarchiduc Jean y est G'est un point
I) Friedrich Ludwig Prinz Hohenlohe-Oehringen, geboren 1746, gestorben
am 15. Februar 1818, Reichs-General der Cayallerie und k. preussischer General
der In&nterie. *) Der Vertrag yon Potsdam yom S. Noy. 1805 bei Harden-
berg Denkwürdigkeiten 2, 824.
]fittb«fliiofai Yll. 9
ISO Thürheim.
Capital dans la conjoncture präsente. Car si Bonaparte est attaque
par tontes lea foroes de la Prusse, quel avantage pour lüi, si son dos
est lirr^, si le Tyrol et la Snisse sont ä lui Qael embarras au con-
traire, si dous pourrons Tempecher d*operer de la sans cesse et
seconder les Operations des Prassiens vers la Baviäre et la Suabe.
II faut anssi qae je yous donne encore quelques d^tails sur
TafiFaire du 11; c^est la premifere que les Busses ent eue avec les
Fran9ois et eile a bien toume a la gloire du premier, Le fait est
proprement ceci. üne division Fran^oise de 8 ou 9 mille hommes
command^s par Mortier s* ^toit portee de Linz en cötoyant le Danube
sur Crems, probablement pour y attendre les Busses, que Tarm^
principale des Fran9ois forfoit ä passer le Danube pres de cette ville.
Comme les cbemins sur la riye gauche sont affreux, il paroit que
cette division est arrivee trop tard. Quoiqu'il en soit, les Busses ont
passe le Danube le 9. Le 10 leur arrieregarde a et^ atttaqu^e et
harceläe par la division franfoise. Le 11 le g^n^ral Eutusoff, guide
et conseille par le g^neral Schmidt, qui lui avoit 4b6 envoye comme
quartier-maitre gdn^ral deux ou trois jours aüparavant, s^est deter-
min^ ä attaquer les Franfois en trois colonnes, et ils ons ete com-
pl&tement battus, et ä-peu-pres detruits, ils ont eu 5 ou 6 mille
morts on bless^s, ou leur a fait environ deux mille prisonniers. Le
general Mortier lui-meme s^esit noye dans le Danube^). ün nombre
considerable a 6t6 pris encore au chäteau de Dürenstein, oü ils
s'etoient refugies. Bemarquez bien que le tout etoit un corps d^elite,
un corps qui avoit servi sous Bonaparte en Egypte et que Beelzebub,
lorsqu^il a appris ce revers, a dit: .Cest leur trop grande ardeur
qui les a perdus; ils ont bien faif ).
Ce succäs nous a coüte le brave General Schmidt, ä peine
rentre au service')et qui avoit &4 evidemment Tauteur de toute
r entreprise.
1) Das Gerücht Über Mortien Tod in den Wellen der Donau war an&ngs
verbreitet. Nach olficiellen Berichten hatten die Franzosen im Treffen bei
Dümstein 8000 Todte und Verwundete, 2000 Mann ge&ngen zu beklagen, nebst-
dem verloren sie 8 Fahnen, 4 Geschütze und sämmtliche Bagage ; aber auch die
Russen hatten anTodten und Verwundeten 4000 Mann. <)Ueber das Treffen bei
Dümstein vgl. Schönhals, Der Krieg von 1805 in Deutschliind. *) Feld-
marschall-Lieutenant y. Schmidt war theils aus Gesundheitsrücksichten, theils
Über einen erfolglosen Kampf mit Fehlgriffisn, Missverständnissen und Intriguen
verstimmt, Ende 1800 in den Ruhestaiid getreten. Der Ruf seines Monarchen
veranlasste um, bei Ausbruch des Feldzuges 1805 aus seiner ländlichen Zurflck-
gezogenheit wieder in activen Dienst zu treten. Vgl.. Üb^r ihn Wurzbäch Bio-
graph. Lezicon 80, 252—256.
Briefe von Friedrich y. Gentz an den Grafen Louis Starhemberg. 131
En revanche nous y avons gagn^ deox de nos g^u^raux, prison-
niers de guerre stir parole: Maurice Liechtenstein^) et Gyalai^
ont 6t6 ecfaanges contre denx b . . . . dont Tun s^appeUe le gen^ral
Grain d'Orge et Tautre je ne sais <comment. On a envoye de stdte
k Eutufioff le grand cordon de Marie Therese, et hier au soir, oti je
me suis trouve avec Gobenzl chez la Princesse Dolgoruki, il a dit
k quelques officiers Busses qui y ^toient aussi, qa^on attendoit les
noms de tous ceuz qui s^etoient distingues a cette affaire, puisque
Tempereur vouloit leur donner des preuves de sa bieuTeillanoe, comme
aussi une gratification a tous les soldats.
On ne peut pas trop le repeter, la position g^drale des affiüres
n*a jffinais it6 aussi bonne, jamais le concert* des puissances n^a 6i6
plus Taste et plus parfait, jamais la partie n^a ete plus completement
liee. Fonrquoi falloit-il donc qua tant de conjonctures süperbes
s^aneantissent, pour ainsi dire, pour nous et que nous perissons au
milieu de ces grandes perspectives. Helas! le choix d^un seol honune
nouB a jetes dans cet abime de malheurs.
J'ai re^u il y a deux jours, une lettre de Montjoye de Oon-
atantinople du 24 septembre, dans laquelle j'ai lu ces- mots : , Bravo !
Triomphe! vous savez que Vivat Mach a toujours eiS mon cri de
gaerre! Voilä Thomme qu^il vous faut!* etc. Je pardonne cet
aveuglement ä Monigoy« qui est un exeellent juge du m^rite militaire,
maiB qui d^ailleurs connoit peu les hommes.
J^ai 6t6 infiniment plus surpris de voir que M« le duc d'Orleans,
fort, edair^ et penetrant, en tout et par tout, ait pu donner aussi dans
oette etrange erreur, mais je presume qu^il a peu vu Mack, et qu'il
ne le connoit que du cöte de ses talents militaires, auquels je rendroi
toujours justice, düt-il perdre deux monarchies.
'<) Moriz Fftrst Liechtenstein, geboren 21. Juli 1775, gestorben 24. M&rz
1819, hatte 1601 als Oberst und Commandant des 2. Uhlanenregimentes Fftrst
Sehwaxaenberg för wiederholte Auszeichnung^! im Feldzuge 1799 und 1800, so
namentlich bei Stockach, Mannheim, Lohdor^ Mosskirch und Lambach, das
Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens erhalten; 1805 zum Generalmiyor be-
fördert, gerieth er in Folge der Capitulation von Ulm in Kriegsge&ngenschafb.
Hirtenfeld Geschichte des Maria-Theresien-Ordens 1, 686. *) Ignaz Qraf
Ojiüfii, geboren zu Hermannstadt 1763, gestorben zu Wien am 11. November
1881. Beit 1781 Soklai, erwarb er sieh als ObeiBtlientenant und Commandant eines
nach ihm benannten Freioorps für wiederholte Auszeichnungen im Feldzuge 1792
das Bitterkreuz (Promotion 7. Juli 1794) imd im Feldzuge 1800 als General-
msgor das Commandeurkreuz des Maria-Theresitn-Ordens. Hirtenfeld 1, 864.
9*
132 Thürheim.
Mais croyez-moi, Monsieur le Gomte, je ne suis pas un de
ces sots qui fönt les etendus apres TeT^nemeni J'ai des t^moins
respectables, j*ai consigne mon opinion dans les lettres qui peuvent
etre produites en tems et lieu; je crois mSme que je vous en ai dit
quelque chose, et Fautre jour Casimir Lubomirski, arrivant en Courier
de Vsjm6e Austro-Busse dans un moment de crise et desespoir, m^a
racontä, combien vous aviez ete fache contre moi, lorsque j'ai exprim^
des doutes et des craintes sur le succes de notre entreprise. Eh bien !
je n'ai jamais partag^ un seul instant Fenthousiasme universel que
Mack avoit inspire au public, avec lequel il avoit forme et organise
nos armees. Je n^ai eu que deux personnes de mon avis, mais au-
milieu des cris d'allägresse, au-milieu de la revolution la plus extra-
ordinaire que j'ai jamais tu se faire dans Topinion publique, je suis
rest^ in^ranlablement attach^ ä la conviction que, du moment que
Mack 6toit nomm^ chef de Tarmee avec des plains pouvoirs
illimit^s, notre ruine etoit certaine, si quelque singulier hasard
ne venoit pas nous sauver. Mack est lepr emier parmi les g^neraux
du second ordre, malheur k ceux qni ont cru pouvoir Fäever au
premier. Savez-vous donc ce que c'est que Mack? Msgr. le duc d^Orleans
le sait-il donc? Je m'en vais vous le dire. Je Tai dit depuis le
mois de fevrier jusqu^au mois de septembre, ensuite je me
suis tu, puisque j^avois risque d'etre jette par les fenetres; ä präsent
— h^las! — je puis donc le dire de nouveau. Mack est un homme
d'un caract^re foible, chancelant, capitulant (voilä sur ma parole
d^honneur le mot dont je me suis toujours servi en parlant de lui
ä Meerveldt et d'autres amis intimes, sans pr^voir que par une
seule capitulation il tueroit la monarchie Autrichienne), d^une äme
^troite, basse vulgaire, rampante, de Tesprit le plus essentiellement
faux qui ait jamais exist^, faux par sa nature, perverti encore par
des notions rövolutionnaires et philantropiques, dont il ne se yente
plus, puisqu^il les voit proscrites, mais que ceux qui s^y connaissent,
doivent retrouver partout, d'une ignorance totale dans tout ce qui
n^est pas proprement de son metier, cachant cette ignorance et toutes
les parties ignobles de son interieur sous un certain cant d^hypo-
crisie doucereuse, de sentimens alambiques, d'eloquence de mauvais
goüt, et en cas de besoin sous des larraes et des sanglots de com-
mande qui ne lui manquent jamais — voilä l'homme! Tel il est,
tel je Tai vu tonjours ! Tel je Tavois dejä juge, lorsque j^ätois encore
aasez ridicule, pour m^nager la ridicule adoration que Montjoye pro-
diguoit ä cette image de bouel Ses connaissances militaires sont
grandes, son coup d'oeil est admirable, la m^thode, la clart^, la
Briefe von Friedrich v. Gentz an den Grafen Louis Starhemberg. 133
nettete, la sup^riorite en an mot, avec laquelle il sait arranger et
exposer ses id^s sur les objets de guerre, surpassent toat ce
que j'ai jamais rencontre dans le monde, — voilä son seul
m^rite! II n'est pas meprisable, mais ce merite-meme est devenu
notre perte, puisque les imbeciles, qui n^ont tu que cela, ont
etd entraines jusqu* a mettre les destiu^es de Tempire entre les
mains de ce cbarlatan abominable.
Yoyez donc toute sa conduite. Nous etions li^s pai les engage-
mens les plus sacres a ne pas passer rinn avant Tarriv^e des Busses.
II enfreint ces engagemens. II ayance, il se conduit comme un €colier
yis-ä-vis de Telecteur de Baviere; il entre en Souabe. En Souabe,
demandai — je moi (pauvre tSte militaire, qui n'ai commenc^ que
depuis trois mois ä me former quelques notions g^nerales sur cet
objet). En Souabe? Avec 80.000 hommes? Gontre Bonaparte qui
loi en opposera 150? 0! laissez le faire! II sait ce qu^il fait. II
prend la position d'ülm? üne position? Gontre un ennemi qui
Tattaquera sans relache? Ayoit-il peut-etre la certitude de se
tenir quatre semaines? II le falloit au moins pour que les premiers
Busses 7 arrivassent — Oti est-ce donc la position de TlUer?
Les Fran9ois passent le Bhin. II sait des le 5 d'Octobre que la plus
gpraude partie de leur armde a traverse les Marggraviats; un sous-
lieutenant ne pouvoit plus se meprendre sur les projets de Bonaparte.
Qnittera-t-il enfin cette prdtendue position? Ou tächera-t-il du-moins
d'attaquer et de battre Celles des diyisions fran9oises, qui traversent
ie pays de Württemberg vor seiner Nase vorbey ? Ni Tun, ni l'autre !
Le 7 le 8 le 9, il voit enfin qu*il est completement tourn^. II loi
restoit encore un demier parti h, prendre. Par trois ou quatre
marcbes il gagnoit le Tyrol du cöte de Fuessen, il auroit 6te attaque
dans cette expedition, je le sais bien, je crois mdme qu^il auroit perdu
Tantre moitid de l'armee, mais il sauvoit l'autre moitie et surtout
rhonneurü - II n*en fait rien, il s^enferme dans Ulm. Dans Ulm,
comme si c^etoit Mantoue ou Luxembourg! II parle (lisez ses
proclamations) de la largeur des fosses qui empecberont les
Franfois de monter ä l'assautü Quand Gharles Scbwarzenberg,
Elenau, Gyulay, l'archiduc Ferdinand lui prouvent que tout est perdu,
II leur parle d'une contre-revolution qui s^est faite en France, du
debarquement des Anglois, de certains renseignemens secrets, que des
ennemis secrets de Bonaparte lui ont transmis! II se rend a la fin
aprte le depart de Tarchiduc; il ne se rendü pas avec le desespoir
qa'un ev^nement aussi unique dans Thistorie de tous les peuples
auroit du allumer dans son äme; il ne se jette pas dans le Danube;
134 Thürheim.
non! il proc^de ä toutes ces honteuses d^märches ayec le sangfroid
qui conTiendroit ä ane seance du conseU de gaerre ä Vienne, il
parlemente aTec le demonique quatre heures, il consent dans
cetie Conference ignomineuse ä fixer an 19 le terme de la capita-
lation qni etoit dabord fixe au 25, il part, il se montre partout; il
attaque la prinx^sse Charles Auersperg en route, et Ventretient deux
heures de son innocence et de ses hauts-faits; il dit ä Maurice
Dietrichstein qoe son seul objet sera de demasquer les traitres, il
arrive ä la terre de Sellowitz une poste de Brunn; il entre ä Brünn^
se prom^ne en grand uniforme, fait des yisites la, jusqu'-ä ce qu'enfin
la cour etant arriv^e, on lui annonce qu'il doit aller i, Thereaien-
Stadt, oü il sera juge avec ses dignes confr^res Auffenberg^) et
Wem eck! (Wemeck! comment se trouvoit-il donc a Tarm^ cet
bomme tare et conspire? C^est Mack qui Favoit place). Les troia
je Yote poar la mort et sans phrase, puisque les ev^nemena parlent,
et qu*il suffit de la gazette de Hambourg pour les condamner vingt
fois. II £Ekut finir. Je n^ai pas le tems d'ajouter ä ceci une explication
tres^int^esaante que je reserye pour une autre fois, oommeut il s^est
fait que Mack ait obtenu le pouYoir sans bomes, dont il a si scan-
daleusetnent abtts& Ceci me reconduiroit aux Collenbacb et autres
illustres. Mais toutes les fois, que vous sentirez dans votre coeur
quelque retour de tendresse ou de piti^ pour Mack, je yous pria de
Yous rapeller ces mots terribles: La CaYallerie Autrichienne
n'existe plus! — Et sans la Bussie et la Frusse Tempereur serait
aujourdbui dans Falternation ou de perdre sa couronne, ou de demander
pardon a Bedkebub, dem Obersten der Teufel.
J« YOUS enYoie ci-joint une piece qu'ils ont publice ici il y a
quelques jours. Elle est remarquable, puisqu^elle yous donne les
dätails de la negociation d^armisticc Elle est d'ailleurs plate et mau-
Yaiae. Comme je ne puis pas ftrire a Msgr. le duc d'Orleans, je yous
prie en gr&ce de lui communiquer cette lettre daus toute sa teneor.
Agpreez, Monsieur le Comte, Tbommage du deYOuement sans bomes
de Votre
Le 16. NoYcmbre 1805. Gentz m. p.
P. S. Pourquoi n'etes-YOUs pas ici? Je crois que nous touchons
a de grands changements et que — ne sera pas le seul qui sautara !
*) Franz Freiherr von Auffenberg, 1805 mit 10.000 Mann aus Tirol zu
Mack'8 Armee detachirt, wurde er am 18. October bei Wertingen von Murat,
den er beobachten sollte, angegriffen, sein Corps halb niedergemacht, halb g^
fongeu. Er wurde deshalb zu 4jfthriger Festungsstrafe und Caseation verurtlieilt^
Entlaflsen starb er nach einigen Jahren.
Briefe von Friedrich ▼. Gents an den Grafen Louis Starhemberg. 1S5
Foor YOQs j'aocepte, je demande xadme la place de Collenbach;
joaqu'ici Texil ou la prison m'aurait moius effraj^ que VoSre de oette
place; mais conyalncu, comme je le suis j'y feraie quelque bie{i; je
Taecepte poor an au si vous etes le ministre tout puls saut;
autremeiit pas. Je orainfi que Vempereur de Bosaie oa Gzartoryski^)
n'en proposent un autre, j'eatime et j'aimß cet aatre de toui m<m
eoeor, mais je ne seraia pas tranquille et surtoat je ue m'eng^gerais
pas avec loL Cependant^ une chose est süre, toat ce que fii^su-*
moffski') poorra faire pour mainteair ceux qui sont ik prdsenti il
le üura ! Ha ! les crises comme celles-d de yoilent toutes les ämes -r- in
einer solchen Feuerprobe bestellt nur was acht ist, und alle Schlacken
fidla& XU Boden.
5.
Dresde le 30 Janyier 1806.
Je Profite du quart d'heure qui me donne le passage 4u Colone}
Smith par cette ville, pour remouer ma correspondenoe avec vous,
Monsieur le Comte! Les malheurs que nous aroient tous dispers^s^
m'ayoient jettä d'abord ä Breslau, oü j'ai pass^ quelques semainss et
plus tard ä Dresde, oü je veux att^ndre le demier dänouement
Je suis intäress^ avant tout ä apprendre, si yous aves re9u les
lettres que j'ai eu Thon^ei^ de yous adresser le 24 octobre et le
3 novembre de Yienne et le 16 novembre de Brunn. Getto derniere
eioit un petit Yolume dans laquelle je yous ayois rendu un compte,
que je crois assez satis&isant, de toute la premiare partie des
^TenoHiens lugubres de cetto äpoque. Je serois d^le, si cette lettre
ne YOUS dtoit pas paryenua
Mon intention ätoit de lui üaire suocdder unc autre dans laquelle
je serois entr^ dans les ezplications sur la soite de ces^Y^nemens; et
qnoique les troubles et les yicissitudes continuelles dans lesquelles
j'ai Y^ou, depuis que je suis parti de Yienne. Tr^s-souYcnt aussi le
naanque absolu d'ocasions süres m'ait empeche d'executer ce projei
Je YOUS prie de ne le regarder que comme ajoum^ Je crois qu'il
y a peu de personnes, qui soient plus complfetement instruites que
BEioi de toutes les causes de nos malheurs, ^yant eu la elef iß
beauoonp de choses dont d'autres n*ont yu que la superficie, et ayant
siirtout Ydcu ayec tous les partis, j'ai compris ce que la plupart des
autres ont seulement yu passer deyant leur yeux et je me sens
<) Adaca Fürst C^artoryski war dan^als raeeischer Minister dßs Auswärtigen.
*} Andreas Cyrillowit^h Graf später FQrst Rasumoftsli^ war seit 17^ k* rassi-
scher Gesandter zu Wien.
186 Thürheim.
capable d*Stre rhifitoiien de ces meme8 ^t^nemeus, dont ceax-la xi*ont
6i6 que les instrumenB ayeugles ou les spectateurs stup^fidts.
Apres avoir fait mon cours ayec les Autrichiens et les Basses,
j'ai voulu connoitre ä fond ee qu'dtoient proprement les Pru89ieii8
dans cette grande [crise de TEarope. Heureusement j'ai trouy^ an
moyen precieux d'arriver a oe bat. Leprince Louis de Frusse,
commandant Tavantgarde de la premiere arxn^e Prassienne, m'a invite
ä yenir passer quelques jours avec lui ä son quartier g^n^ral ä Zwickau ;
c'est 1k que j'ai achev^ mes ^tudes. Le prince Louis — ne vous
arretez jamais ä ce que les traitres ou les pleutres vous diront oontre
lui — est un des derniers soutiens qui restent a la chose commone,
et un des hommes les plus emiments que TEurope possede actuellemeni
Aussitot que je trouverai le tems de r6diger une lettre comme il faut,
je Yous ferai mon rapport sur toutes les parties du tableau. Mais
Teuillez en attendant, Monsieur le C!omte, ne pas perdre un moment
pour me rassurer sur le sort de ma lettre de Yienne. Je resterai dans
tous les cas a Dresde pour quatre ou siz semaines. Tout ce que je sais
sur mes projets futurs, c'est que je ne suis pas proscrit de Yienne.
Mais ayant ^rit au comte Stadion depuis quinze jours, j'attends sa
r^ponse pour sayoir, comment et sous quelles conditions je dois j
rentrer. Si on ne me desire pas d'une mani^re bien prononcee, je
ne retoumerai point. Si on me traite, comme je le m^rite, ne fut-
ce que pour mon d^youement sans bomes pour le bonbeur et la
gloire de la monarchie, je me ferai un deyoir de lui consacrer mes
yeilles es mes forces, mais dans ce cas lä meme je demanderai la
permission de passer encore deux mois ä Dresde, puisque je ne yeux
pas partir d'id sans ayoir yu imprim& deux ouyrages, que je yiens
de liyrer ä la seule presse libre (eile est ä 6 postes d'ici) qui existe
encore dans toute TAllemagne ! ! !
Je yois continuellement Msgr. de Zicby^), qui me comble de
bont^s et d'amiti^, qui me donne a diner, qui me communique ses
nouyelles, qui me rend tous les seryices imaginables, qui me traite
enfin comme un homme que la bienyeillance et la bonne opinion de
sou beaupere — titre prdcieux dont j'aime a me yanter souyent — rend
interessant h ses yeux. C'est meme ici que j'ai parl^ pour la premiere
fois au prince Starbemberg'). Le s^jour de Dresde est en g^n^ral
') Der damalige k. k. Gesandte in Dresden Graf Stephan Zichy, Schwieger-
sohn Starhemberg's, des Adressaten dieses Briefes. *) Fürst Georg Adam
Starhemberg, Vater des Adressaten, ein damals 82jähriger Greis, befEuid sich,
anlftsslich der französischen Oocupationi bei seinem Enkelschwiegersohn, dem
Gesandten Grafen Zichy, in Dresdea.
Briefe Ton Friedrich y. Genie an den Grafen Lonis Starhemberg. 137
infinimeni agr^ble pour moi dana les circonstanoeB präsentes et r^anit
presque toos les avantages. Je Toas sapplie de dire ä Msgr. le duc
d'Orleans qae la demiere leüare qua j*ai refue de lai, est celle par
laqaelle il m'a adress^ le general Dumoarier mais je u'ai pas yu
celui-d, il s'^it rendu au th^atre de la guerre, lorsque la bataille a
jamais ex&^rable d'Austerlitz, m'aToit deja relega^ k Breslau, k Zwickau
j'ai YU des lettres qu'il aYoit toites au prinoe Louis, et comme il ne
lui reste ä pr^nt que de s'en . retoumer re infecta. Je me flatte
qu'il passera par Dresde, et que je le renoonterai quelque part,
nous nous entendrons ä merYeille j'en suis sür, et je serois au
d^sespoir, si je le manquois tout-ti-fait, non-seulemeut pour mou
compte, mais aussi, j'ose le dire, pour le sien. Engagez Msgr. le
duc d'Orleans ä m'derire quelques lignes, mais surtout ecriY6£-moi vous
mSme la premiere fois que yous ferez partir une lettre pour le comte
Zichy. Je ne däsespere pas du salut commun, je soutiens que nous
aYons encore d'immenses resources, et je vous ezpliquerai dans son
tems les raisons pour lesquelles je crois notre position actuelle infini-
ment moins decourageante, que le public Timagine partout Mais
il faut finir. Agrfez l'assurance renouYell^ du deYOuement iuYiolable
de Yotre fid^le SerYiteur
Gentz m. p.
6.
Dresden le 2. AyhI 1806.
De toutes les lettres que j'ai refues de yous, Monsieur le Comte,
Celle qui m'est parYenue Hier, m'a le plus YiYcment, le plus sensible-
ment touche, et je Youdrois pouYoir yous exprimer la reconnoissance
profonde dont eile m'a penetre. Yous oublier seroit un des signes
aYant-coureurs de mon extinction prochaine, physique ou morale.
Yous fltes trop parfaitement amalgame aYec tout oe qu'il y a de bon
dans mon äme, pour ne pas] etre präient ä toutes mes occupations
serieuses et partie int^^rantes, si j'ose m'exprimer ainsi, de chaque
meditation ä laquelle je me livre. Lorsque j'ai euYoy^ k Londres le
malbeureux memoire dont yous me parlez (je Tappelle malheureux,
non pas que je regrette un seul mot de ce que j'y ai mis, mais
poisqu'il est arriY^ mal-ä-propos, puisque le sot ^diteur du M. Port
Ta gatd par une mauYaise traduction et compromis et presque ddtruit
par les inconccYables et degoutantes platitudes qu'il y a ajout^es pour
fiur mon flöge, enfin, puisqu'il a exdtä contre moi les ^criYains du
parti aujordbui tout puissant) lorsque j'ai envoy^ cette pi^ ä Londres,
mon intention ätoit qu'elle fut publiee, maisd'une maniere discrete
et raisonnable. Je ne pouYois pas alors pr^Yoir la mort de Mr. Pitt;
138 Thürheim.
le publiof d'Angletorre me parroissoit plonge dans im sombre d&soi^
ragement par rapport aux affidres continentales, je vouloia fiüre une
diyersion en preseniant na tablean consolani apr&s tant de uoires
exquisses de l'^tat desespäre de TBiirope. Ayec un projet piareil j'aurois
cru manquer de däicatesee en yous oonstituant Tintennediaire de
Pexecution, j'aurois eraint qne oette pnblicaidon n'eut re9a trop de
poids, si eile avoit passä pav tos maina, c'est pour cela, Monsieur la
Comte, que je n'ai pas touIu yous la transmettre, et lonque oinq ou
six jouxB aprts son d^part, j^ai appris les grands ebanganifttts qai
s^^toient feits en Angletenre, je n'aYais plus le ooosage de yous en
parier et je me flattois bonnement que celui qui aYoit ^t^ le depo-
sitaire de mon ^orit, auroit assez de tact pour ne plus le livrer a
l'impression.
Lorsque je dis dans ce memoire qne nous avious le droit de
presumer, que teile ou teile chose, se feroit en Antriebe, en Prusse,
en Bussie etc. je n*ai certainement pas Youlu ayancer que cela arri-
Yeroit aYec les bommes qui gonyement ces differens ätats, mus que
cela dcYroit arriYer, et surtout que cela pouYoit encore se &ire,
si les gouYememens ne se depouilloient pas du sens commun« Si
qnelqu*nn m'aYoit demand^ en confidence, mais croyez-yous que ces
gouYcmemens auront assez de lumieres ou assez du courage pour
ne pas courir ä leur perte totale? je sais bien ce qne j'aurais repondü,
et voi^s le saYez aussi, mais ces explications-lA ne se fönt pas aYec
le public
En attendant Monsieur le Duc, Yotre Yoisin^), yous aura com-
muniquä (j*espere du moins qu^il aura re^u, buit jours aYant TarriYee
de cette lettre) une pi^ plus francbe et plus secrete, qui n'est que
la conclusion d'nn ouYrage fort etendu, dans lequel j*ai t4cbe de
deYclopper completement les causes qui ont produit les malbeurs de
la demiere guerre'). On traYaille dans ce moment & copier une
autre part^e de cet onyr^e, celle qui a pour objet les fautes qu'on
a commioes relatiyement a la Prusse, et si une occasion particuli^re,
que j*attends d*un jour ä Tautre, ne me surprend pas trop tdt, je
YOUS adresserai cette partie dans tr^s-peu de jours — peut-dtre
qu'elle YOUS parriendra m§me aYant cette lettre.' Je suis sür que yous
rendrez justice ä l'impartialit^ s^Y^re aYec laquelle j*ai trait^ ce grand
') Der HerEOg Louib Philippe yon Orleans, mit welchem Gentz gleichMls
in regem Bchriftlichen Verkehre Btand, war Graf Starhemb6rg*8 Nachbar in
Twikenham. ^ VgL die Briefe yo« Qents an J. y. Mflller Yom 5« und
21. September. Schleeier 4, 207, 217.
Briefe von Friedrich v. GcBtai aa dea Grafen Lonis Starliemberg. 139
procte; jo d^fie de pr^noneor, )u qt^eÜB eqp^ dHnteret celui qai y
parle s^eat ¥oae, Les opixiioiie (^e j*ai pre«eii14es aar la Pruase, sont
eneote ei seront iii?ariablemmJt les Boieane», et ai les. iulame«
doBarehiea de oe cabüiet que iqqb eomiaimee eu m^ecriTaoit votre
dend^re lettre, ni oaUea biea plus atrocee que vous aurez apprises
plus tard, ne m^engogeroBt jamaie « zoe letvacter. Le Systeme de la
cowr de BerUn a ^te dqpuis 179ß an sydiäine foneste, houteux,
d^UmiUe; il eet redeveno ce qaHl etoit depiUB le mois de döcemlure
1806 ; mais je suie trop iaattuit de oe qui s'eat pass^ daw le courant
de Taim^ 1805, et sartont dana lea iiu)is de Beptembrer octobre et
BOTembre, po»r qu^il me reste aQcuMesp^ de douie anx ce, que ce
Systeme anroit pu etre ebaiig^, qu^ a 6U changi, et que le ohan-
gemeai seroit derena total (du moias poar la temst oU aooa eu
a^ions besoin), si les oabinets direotemeiit intdress^ )k ce ehaageaaent
aToieat su profiter des dreoastaacesY si par les &ntes les plus im-
pasdoaables, les plus po^riles, le» plus extravagaates ils n^avoieat pas
cotttraire eoz Hi6nies les r^ltata qa*üa vouloieat prodaire. Cette
Terite, je crois Favoir tellement prouy^ dans ce que j'aorai rboanear
de TOtts präsenter, qu'aucan bomme raisonnable qoi me lira, conser-
Tera la moindre incertidude. Je sais d'ailleors que roas afes ea cette
meme opinion, et il n'y a pas huit jours, que j'ai r^t^ au eomte Z. ').
Ce que je lui avois dit vingt-fois, que ce qui m^avoit le p4us con-
yaiacu, que vous ^tes un grand bomme d*^t dans toute la force du
terme, dtoit le mani^re dont vous aviez invariablement jug^ la Prnsse.
Les äv^nemens qui nous revoltent aujord^ui, ne doivent pas renverser
notre Systeme.
n ^it fcicile ik prevoir que, dfts qu'on auroit Iftcbe la Prusse,
qu^on Vauroit abandonnde ^ ses propres conseib, le parti des scel^rats
triompberoit, et que le signal une fois donntf, eile feroit des progrte
tont aussi rapides dans le mal, qu'elle en auroit fait dans le bien, si
nous avions sü la conduire.
Les mesures contre le commerce Anglois ne m^effirayent au reste
que m^ocremeni Les relations commerciales de TAngleterre arec
le continent sont ind^structibles par la nature, et si d'ailleurs le
diable en personne gouvemoit la Prusse, soa int^ret et les dangers
auxquels il s'expose, le forceroient de capituler sur Tex^cution. Comme
symptömes d'ayilissement et de d^cadence, ces mesures sont borribles
ä la yerit^, mais leur effet r^el ne peut devenir pemicieux, qu^au cas
') Der Name nicht ausgeschrieben, zweifelsohne Starhemberg*8 Schwieger-
sohn, Ghraf Stephan Zichy, Gesandter in Dresden.
140 Thürheim.
que moyennant Talarme qu^elles repandront n^oeBsatrement ä Londres,
elles contribuassent ä decourager le ministöre, et ä fiävoriser des
projets pacifiques. üne mauTaise paix est le seul danger r^l qui
menace TAngleterre. Chaque mot que rous me dites pour eloigner
la crainte de ce danger, est un bäume qae vons mettez sar mon
coeur. La conservation de TAngleterre et le r^tablissement de TAlle-
magne Toilä les deux grands objets de mes Toeux et de mes sollici-
tudes. Tont ce qui peut encore etre fait pour arreter le torrent de
la destruction universelle, doit resulter d^une sage r^union des forces
de rAUemagne et de TAngleterre. Je compte peu sur la Bussie. Je
ne con^ois pas, comment Tbistoire de la derni^re campagne n'a pas
dessille les yeuz de tout le monde ä cet ^gard. Je ne con^ois pas
comment on peut placer la moindre esp^rance sur le cabinet de
Petersbourg, tel qu'il est compos^ aujourd^hui. Ignore-t-on donc
ik Londres ce qui me paroit plus clair que la lumi^re du jour ? J^ecTirois
Cent pages, si je voulois entrer dans ce sujet avec toutes les
donn^es que je poss^de. Mais comment ne les auriez-yous aussi bien
que moi?
Je Yous exposerai dans ma lettre prochaine, dans quelles relations
je me trouve ä präsent avec Yienne. Quant a Teffet que pourroit
produire le memoire en question, rappelez-vous seulement, Monsieur
le Gomte, qu^on ne lü, qu'on ne connoit jamais dans ce pays ce qui
se pubHe a Londres. Je rdserve le peu de tems et de place qui me
reste aujord^bui, pour yous remercier du fond de mon äme de tout ce
que Yotre excellente lettre contient pour moL Ayant cru un moment
que j^ai pu yous oublier, Yotre generosite, Yotre bienveillance, votre
d^catesse, se sont montrees envers moi avec d^autant plus d'eclat,
et j'en ai ete plus que jamais pen^tre. Je sais appr^cier le bonheur
de jouir de Testime, et puisque yous me permettez de le dire, de
Tamitie d^un homme tel que yous. Je compte sur yob bontes, pour
le reste de mes jours; je ne puis jamais rien faire qui m^expose
ä les perdre, et dans tous les cas qui peuYcnt se presenter dans
TaYenir incertain et t^n^reux, qui m^attend avec tous ceux qui
soutiennent une cause presque perdue, je m^adresserai a yous avec
cette confiance iUimitee que yos nobles proc^es m^ont inspir^. Je
me trouYe beureux de Yoir de tems en tems madame Yotre fille^),
dont les traits me rappellent les Yotres. Yeuillez presenter mes
«) Die Gräfin Fanny Zichy.
Briefe von Friedrich v. Gentz an den Grafen Lome Starbemberg. 141
respects ä mad. sa mtee et mUfi ses soeurs et agr^ rhommage du
d^TOuement ^temel atec lequd je suis
Yotre serviteur jusqu k la mort
Qentz HL p.
7.
Dresde le 3 Avril 1806.
Par la poste de hier je yous ai ecrit, Monsieur le Comte, une
lettre qui yous arnYera peut-etre plus tard que la presente, ou en
meme tems aYec eile. Dieu sait ce que deviendra notre correspondance
et nos Communications aYec rAngleterre, car si ce que l'on dit
aujoid'hui est Yrai, la Frusse pousseroit Tinfämie jusqu ä arreter
meme les couriers et les lettres pour TAngleterre. Je ne puis le
croire, mais tout est possible.
Le Courier qui doit empörter ceci, ne me laisse qu'un quart
d^heure de tems. Je me borne donc a yous dire, ce que c'est que
la piece ci-jointe. C^est une partie de la troisiöme partie de ce
memoire »sur les causes des malheurs de la demier — qu^m* —
dont j'ai parle dans une de mes demi^res lettres. Msgr. le duc
d^Orleans en aura re9u et yous aura communique le resume; je
Youlois fair passer aujourd^hui la partie qui traite «la conduite r^ci-
proque des allies et de la Prusse", mais le tems et les moyens
phjsiques ont manqu^; yous n'en reccYCz donc qu^ä peu-prös la
moitie, et je tacherai de faire suiYre la fin de ce morceau par la
premi^re occasion süre. J^ai dejä dit dans ma lettre d'hier que,
malgre la conduite atroce de la Prusse dans ce moment-ci, je ne me
retracte sur rien de ce que j^ai dit dans ce memoire (oti au reste la
Prusse n'est certainement pas^enagee) une fois rentree dans la carriere
da mal, et cela par la faute de tous nos amis, j^ai su y aYoir
caicule d'aYance qu^elle la suiYroit jusqu'aux derni^res extremites.
Des personnes tr^s-instruites m^ecriYcnt, qu'on ne saurait se faire une
idee de ce que c^est que Berlin dans ce moment. Le public est dans
tine rage de desespoir et d'indignation, considerablement augment^
par Fordre donne ä tous les employ^s militaires et ciYils de ne plus
parier sur les afiaires publiques, ordre que tout le monde sait aYoir
6te donnd aprfes une requisition de ce gueux de Laforest^), et qui
bien loin de fermer les bouches n^a fait qu'accroitre la fermentation.
Le roi est comine aneanti, il pleure souYent. Mais le parti dominant
a jete son bonnet par-dessus les moulins. Ilestddcid^ä faire tout,
absolument tout ce que Bonaparte pourra lui demander, et cette belle
rösolution, on Tannonce hautement; une personne qui m^dcrit, Ta
') 0er damalige französische Gesandte in Berlin,
142 Tliürheim.
eütenda difd a LottbarcL Jtigez qod etfieft ptidduiroü iiu ^niliMi de
cela ane d^claration de gaerre de la "ph^ <le rAjigMeüfre^ «t oa s'y
attend & BeirliU. Je c<müois trd^ peu le Systeme actuel du cabinet
de Londres pour sattroir, Eli on a raison ou non. Comme calculateur
politique, je crois que je voteiids contre cette guerre; comme
homme, j^avoue qu'elle me feroit plaisir.
ÜDe des choses que je desirerois le plus de savoir, c*est oom-
ment cette &mease nöte de Msgr. Hardenberg, qae le Journal de
Francfort et les gazettes angloises ont publiee le meme jour, a
trouve son chemin dans le public. On diroit que le gouvernement
Anglois a lui meme fayoris^ cette publication, car comment expliqaer
autrement cette apparition simultande ? Et pourtant, lorsque je pensei
combien le ministre actuel et ses amis ont d^saprouve Pimpression
des pi^s officielles sur la demi^re guerre, queUe sortie violente
Lord Holland entr'autres a üslite ä ce sujet, peu plus tard que le 3
de mars, je ne puis croire que le gouvernement ait consent! ä la
publication d^une pi^, cent fois plus compromettante que toute
la collection livree par les anciens ministres. Quoiqu^il en soit, je ne
Youdrais pas etre responsable de cette publidiation, mais je ne puis
pas m^empecher de m^en rejouir.
Quel desaveu solennel pour tous les infames mensonges que ces
brigands ont avances, pour faire croire que la Prusee n'avoit jamais
vari^ dans ses affections! £t quelle rage cette note dolt leiir avoir
causee, ä en juger d^apr^s Tinfernale diatribe qulls ont yonue contre
Mr. de fiairdenberg. J'espere que ce ministre, qui dans tous les cas
ne pouYoit pas rester en place aiprha le retour de cet archi-scel^rat
de HaugwitK ä Berlin, s'en consolera. Quanta dementia!
Je Yous prie de Youloir bien communiquer a Msgr. le dac
d^Orl^ns le fragment d-joint, avec mos tr^-humbles liommages, et
d^agreer ceux du döYouement et des respects sans bornes avec les
quels je suis
Yotre fid^le serYiteur
Gentz m. p.
A-t-on eu i^ Londres la brochure du Comte d^Antraiguea:
, Fragments du 18 livre de Colybe'. Si yous ne la connoissez
pas, YOUS n^aYCz qu^ädemander a Mr. Baring, pour qui a ete le paquei^
que je prends la liberte de joindre a cette lettre. Cette brochure
(extremement piquante) y est
Beilage dieses Briefes ist das folgende Schreiben Yon Gentz an
den Herzog you Orleans:
Briefe von Friedrich y. Gentz ati deb Grafen LoniB StarHemberg. 143
Dresde le 26 Mars 1806.
Monseigneur!
Trop Icmg-tems j'ai ete mort pour yotre Altesae Serenissimei
mab voos ne m^aves pas obli6, MoBseignenr: je le aais, je le sebe
d'tme mani^iB bien positiTe et bien doace. Les empüres peavent
s'ecronler, les goavememens et les prindpes peuvent ehanger, mais
mie»äme belle que la yöire est k Tabri de tous les bouleyerseüAeiis ;
et säehaotmie fois quel d^^ d^nt^ret et de bienveillanoe yoaz m^avez
aocord^, je sais sör d^en jouir jasqu* k ma mort
Voici Monseigneur la demi^re partie d^un memoire d'une
graade ätendae qne je yiens d'adresser ä Lord OrenyiUe. J'y ai
traitä, aatant qae j*ai ebe capable de le fiüre »les eauses qui ont
amenä les malheiirs de la demiäre gaerre*. Ge qoe vous trouverez
2k la fin de ce r^smn^, yons indiquera les objeta, que je me propose
de tndter dans une seconde partie de oe mi^moire. Jusqu' id per-
sonne n*a tu ce que j'ai Thonneur de yoas enyoyw ioi, et comme je
ne Tondrois pas me compromettre le knoins du monde ayec des
ministres que je ne oonaois preeque pas, je yous supplie Monse^eur
de ne communiquer eette pi^ce & personne, votre voisin^) ezoepte,
poiir leqael je ne Tenx avoir ancun mysttee.
Les moyens physiques m'ont manque poor faire oopier la totalite
da m^oire, mais je desiirerois beauoonp que yous pussiez en lire le
reste, surtout la troisi^me partie, oüi je crois ityoii^ trait^ k fond tout
oe qoi eonceme la conduit^ de la Pruese. Yous yärres dejii par ce
que je tous pr&ente aujord'hui, que je n'ai menag^ aucun parti, que
j^ai dit les verit^s les plus särieuses sur tous les oabinets int^resses
et que je n^ai pas fait grace a eelui de Londres. Mais le moment
est arriy^ oü il faut ou se taire absolument ou dire (lorsqu^on parle
confidentiellemeiit) la yerit^ toute entiere.
Je Mb partir oe memoire, je yous ecris eette lettre, Mimseigneur,
dans une des diq)ositionB les plus lugubres, les plus noires, oü je me
sois trouY^ de ma Tie. Jamals, je tous l'ayouerai firanohement, jamais
je n^ai tfte plus prte d'un ddcquragement oomplet, jamais plus prds
de la rt&solutiou de quitter le thdatre du monde et de me retirer dans
qudque coin obscur, pour oublier dans les ^dee abstractes et ayec
des otijets d*un ordi« plus ^ler^ et plus pur les malheurs et la honte
de mon sitele. Getto disposition est beaucoup moins Teffet des a£Freuses
catastrophes dont j*ai 4i6 le triste t^moin, — non, je puis dire ayec
beaueoup de satisÜEUstion que je me suis roidi eontre les ^venemens
0 St vhemberg.
144 Thürheim.
et que plus le malheur a augment^, plas j^ai senti moD coorage
s'accroitre et se consolider. Mais ce qui ' m^opprime et m^aneantit,
t^^est ce qui s^est passe et ce que je crois pressentir en Angleterre. Je
n'ai certainement pas 6i6 Tadmirateur aveugle de Mr. Pitt; la pi^
que Yous lirez aujord^hui, tous le prouvera surabondamment. Je ne
suis pas non plus capable de me'Uvrer ä une areugle pr^yentioii et
de d^sesp^rer du salut, puisque des hommes qui avoient eu fiutre
fois, ou qui ont meme conserv^ jusqu a präsent une mani^re de Toir
differente de la mieune, arrivent au timon des affaires. Pour yous
en donner, Monseigneur, une preuYe bien conyainquante, je yous dirai
ici, et je yous Tatteste sur ma parole d^onneur, que la premiere
nouYcUe que j'ai refue de la composition du nouYeau minist&re, m^a
fait le plus sensible plaisir, que je me suis dit tout-de-suite : .Ges
hommes, quelque soit la nuance de leur principes, sont d^abord
Anglois, ensuite des hommes a caract^re, enfin des hommes qui
reunissent entr'eux les talens le plus incontestables. Quoiqu^ils JEissent,
ils ne donneront pas dans les partis faibles. Le bien qu'ont fiüt leur
pr^d^cesseurs, ils seront obliges de le consiarYer. Le mal, ils le
r^pareront. Ils feront peut-etre des demarches que ne seront pas
toujours de mon goüt, mais ils gouYemeront, et Tetat des choses est
tel, que Tapathie est dcYenue le premier des maux. ■ Yoila comme j^ai
raisonn^. Mais depuis quelques semaines j'ai yu ou j'ai cru Yoir les
symptomes qui m^annoncoient un ayenir funeste. Je ne Yeux pas les
sp^cifier ici, je n^ai pas encore le droit de juger, rien n'est mür, rien
n'est arret^.
Je parle ici de mes pressentimens. S^ils sont &ux, personne
n^est plus en-^tat que yous Monseigneur de les rectifier; s^ils sont
fondes, personne ne pourra m^ofito des consolations plus efficaoes.
Mais un point que je crois pouYoir toucher aujourd'hui, est celui
qui me conceme moi-meme. J'ai long-tems regprde comme le oomble
du bonheur et de la gloire de pouYoir serYire TAngleterre, ne fät-oe
que de la mani^re la plus indirecte. Je suis (tout amour propre ä
part) de tous les hommes du continent celui qui pourroit rendre les
plus grands serYices aux Anglois, si on Youloit, si on saYoit m^employer.
Je reunis a peu-prto toutes les conditions qu^on peut exiger ponr
Pint^dt de la chose. Mais mes principes sont oonnus, et je ne yeux
je ne puis jamais condescendre k des capitulations ä des aooomodemens
quelconques. Mon int^ret personnel n'est pour rien dans ce que je
dis icL Qui penseroit ä soi-meme, autrement que poor maintenir sa
dignit^, et rester en paix aYCC sa conscience dans une epoque comme
celle, oü nons YiYons! Si on ne Yent plus de moi en Angleterre, je
finefe von Friedricli ▼. Qeniz an den Grafen Lotus Starhemberg. ^45
fem oe qiiNm pendant Beeret, et contre leqtiel je Intte depxxis lon^
tems, me dicte d^tme mani^re assez intelligible. Abandonner gni-
tuiiement ma cause sacr^ pour se livrer au repos et ä la retraite, ne
conyient qu*& an l&che ^oiste. Mais se soostraire ä un monde
d^goutant, lorsqu*!! n^ya plus aueun moyen d'y trayailler, s^accorde
arec les meiUeors prindpes. La r^ponse que je recevrai de Lord Gren-
yffle k la lettre qne je lui ^cris aujord^hui, d^cidera pour moi de
Payenir. Je ne oonnois pas les autres ministres. Je n^ai aucune
raison pour croire, qu^ils s'int^resseront k moi le moins du monde^
J^en ai mallieureusement beaucoup pour craindre de leur etre positire-
ment odieux. Si Lord Grenville a enoore de moi la meme opinion
que je luis ayois inspir^e autrefois, s'il est capable de ramener ses
coll^gues ä cette opinion, ou assez puissant pour faire par lui-
mdme, oe qu^il juge conyenable, et si je yois des cbances &yorabIes
pour oonsacrer toutes mes forces a la cbose publique, je ne m^effirayerai
de rien, je ferai tout ce qui sera dans mon pouyoir, et plus indepen-
dant que januds (car il depend m^me de moi de dissoudre mes enga-
gemens ayec la cour de Yienne) je me youerai jusqu* ä mon demier
soupir k la cause agonisante et ezpirante — mais pas encore an&ntie —
de FEurope et de TAngleterre.
Si la r^ponse de Lord Orenyille est froide, ^uiyoque ou d^cli'-
natoire, yous n^entendrez pas parier de moi pour long-tems. Je
trayaülerai pour la posterit^, mais je serai mort pour les contem«
porains.
En yous £Eusant cette penible confidence, Monseigneor, j^ai ind^
pendamment du d^sir de me montrer tel que je suis, un motif que
j'i^pellerois interesse, si je ne sentois pas au fond de mon ooeur, que
rini&ret de la chose publique est le seul qui m'anime dans ce moment
yous oonnoissez les nouyeaux ministres, yous etes particali^rement
]i6 ayec plusicurs d'entr'eux, et ayec beauooup de personnes qui le
sont, yotre ayis, yotre jugement a son poids, et je erois que ce que
yous direz ä mon sujet, ne laissera pas que de produire son e£Fet
Yous troayerez pent-etre l'occasion de me faire oonnoitre dans mon
ynu jouT, de d^truire quelques prdyentions injustes, d'^tablir Topinion
qa*on doit ayoir du parti que Ton pourroit tirer de moi La bien*
yeOlance partieoli^re dont yous m^honorez, et yotre ardeur pour le
bien de la choser se r^uniront, j'en suis stlr, pour yous engi^per i^
une demande pareille. II me suffit de yous l'ayoir indiqu^
Ce n'est quid, et pas plutöt qu'au commencement de feyrier, que
yai re^a la demiire öu une des demi^res lettres, que yous m'ayes
ecrites, au mois d'octobre passe. CSette lettre est saus aucune com-
yn. 10
146 Thfirheiiii.
paraison ce que j'ai lu de plus fort et de plus gri^xid de jbouiea les
productions ik moi de votre' plume. Elle est na chef d'oeuTre que je
conserrerai religieusement comme ane des oonsolations les plus pi^
deuses, avec lesquelles j^abordend le triste aveoir. Haas! Ciomiiie
toutes les belles esp^ranees, que yous noorrissiez alors — je ne pou-
Yois pas les partager, et yous ne les auriez pas nourries Yous-mdme,
si YOUS YOUS etiez trouye ä nia place — comme elles se soat rapide-
ment ^Yanouies. Et dans quel abime d^horreur nous languisaoss
aujourd'hui. Mais je n'ai pas le tems d'entaqier cet affireuz sujei.
Et d'ailleurs que pouYois-je douc yous appendre encore!
J*ai eu une lettre de M. ^) de Constantinople, mais j'aYOue qu*il
7 a bien longtems que je ne lui ai ecrit. Au milieu de tant de
choses qui me pressent, qui me Yexent de toutes parts, une correspon-
dance aussi lointaine est toujours en soufiFrance. II a cru ä Hack
jusqu'au demier momeni M. ne connoit pas les hommes. Je oonfois
le d^sespoir dans lequel il doit etre aujord*huL
Je suppUe Yotre altesse de m^ecrire le plutdt possible, ne flit-oe
qu^une demi page. Dans un moment comme oelui-ci, le bienfiüt que
YOUS me oonf^rerez par U^ est au dela de tous yos calculs.
Ne le refiisez pas, Monseigneur, ä celui qui sera jusqu* k la mort
de Yotre Altesse S^renissime
le trte-deYOu^ et jb^-fid^le serYiteur
Gentz m. p.
8.
Dresde le 31 ayril 1806.
Yoioi, Monsieur le Comte, la suite de ce que je yous ai adresa^.
Bientdt j'espfere de pouYoir yous präsenter les autres parties de oet
ouYrage et les Supplements que j'y ai ajout^. En attendant, le moroeau
introdnctoire que je joins ici s^parement, yous ezposera le plan et la
marche que j*ai suiYis. Lorsque le tout sera sous yos yeuz, j'ose me
flatter que yous n'en serez pas absolument mäconteni
Je Yiens de faire imprimer sous le titre: Fragmente ans der
neuesten Oeschiohte des politischen Gleichgewichts in Enropa, doB
obserYations sur l'origine de la demiöre guerre. Cet ouYrage a äte
composj dans le mois de septembre et d^octobre; mais j'y ai ajoniä
une pr^ÜEUie calculee sur le moment actuel'). Cette pre£BM» est saus
aucone oomparaison la meilleure production de ma plume; j*y ai
traYaill^ d§ coeur et d'ame et en mdme tems j'ai tout &it| poor faai
^) VgL 8. 181. >) Auch erwfthnt in dem Briefe Yoa Gente an J. y« MllUer
Yom 5. ApriL Bcblesier 4, 807.
Bxielb'TOiL Friedrich y. Gentz an den Grafen Louis Starhemberg. 1^7
doxmer le degr^ de perfec^iaii qm j^ sniB oapable d*atteindre. CTe^
»or ce morcei^-1^ que je yeax §tre ^ jug^ par m^3 epift^iogQXfÜJis,;
et si je meura dßnuimt ou si ma main est pour jamaia F^niJjgffSe» J^
eroiiai ayoir paj^ ma dette enyera le public Auaacitöt g\ie, j'^^i^^
refu niee ozempIaireB de Leipsic, je toub adressecai cet ouTiaip» aTj^o
une aagnrance que je n'ai jamais encore eentie dß^ un oasDari^
car cette fois-ci je suis sür de yotre suffirage,
V&Bi des choses se compliqae tous las joura d^yanti^f les
Bimges a'äpaissiasent autpur de nousi et je crois qu^ da(^^^u i^
tempetp honjble ya ^cl^ter. Cen^eat pas ce qui se po;^ pux bouelÜMB
da Gattaro^) qni d^dera du sort de TEurQpe; c'est. df^x^ le jg^or4 de
rAllemagne, que uous serons dans peu ou finalemeut au^tis. ou
sauves. La position de la Frusse est davei^ue si cntiquei qu'e|l^ doit^
amener incessament les explosious les plus, terribles. Les f^o^^ipi)^
qu*eUe a lachement faites a la France, ne saurpient lui ((Sl^tir le
repoB pour trois mois ayec chaque ayantage gagn^; l'ambition insatiable
de Bonaparte^ le demon qui le poursuit et qui ne lui permet p)us de
s'arreter, en&nte de nouvelles prätentions et la disposition du^pays,
le mecontentement de Panu^e, Tavilissement et le m^pris dans leguel
le gouyeruement est tomb^, les remords et les. terreurs auxquelles le
roi lui-meme est en proie, sont tels que meme ayec U yoloAte.la
plus prononqee, de ne plus rien refHser au tjran,. il ne peut psp
aller plus loin« Dans tous les cas, il touche dejii ä la cruelle alter-
natiye, ou bien de r^sister au torrent ayec des moyens afiaiblis et
decr6dii& au milieu des murmures du peuple, et dans des conjonctures
Cent fois plus mena9antes que celles qu'il a n^lig^s, ou bien de se
demettre de sa couronne et de porter li^ monarchie aux pieds ae
Bonaparte. Je sais positiyement qu*il commence ik se ßuniliariser
ayec cette demi^re perspectiye; ila 6crit a Scbulenburg, qui deman-
doit ik grands cris d^etr<e rappele de Hannoyre: ,Ne m^abandonnez
pas dans un aussi cruel moment, pensez que je soufire bien plus
que yous; n^ me refiisez pas yotre assistance, lant que je serai
encore au timon du gouyernemeni' Yous pouyez compter sur
la yerit^ de 03 que je dis icL Et de combien sa Situation deyiendra-
t-elle plus desesp^ree, depuis que TAngleterre a pris des mesures
hostiles con^e lui! Je ne crois pas, comme tout le monde le dit,
>) Als im Mftrz 1806 der OsterreichiBclie General Ghiselieri GEtttaro, das
neb Franloreicb im Pressbnrger Frieden ansb^dtmgen balte, dem nmisdhen Ge-
sdiwader und den yerbündeten Montenegrinern Übergab, forderte Napcdeon <jate-
gorisch yom Wiener Miniateriam die bewaffiiete Beclamation dfesee wi^fertigeii
Postens am mteren AdriarMeere bei Ruasland.
10'
l48' l'hiitböim;
qae la Büsdld lui d^clarerala guerre, mais üne Idttre que j^aire^oö
ce maiin de Stralsund, m'assure, et cela de bonne source, que le roi
de SuMe est d6ciA6 h &ire yenir sa flottille et ä rarager toutea les
cOtes et tons les ports de la Baltique. — Voos sentee bien qne de
tont cela doit naitre quelque crise mortelle et quelque r^lution
d^sesf^rft, qni acheyera la ruine du continent ou qni Ini pr^aiera
des destin^ plus heorenses.
Kons avons 6t6 mis^blement priyto de toute nouyelle d*Angle-
terre, pendant trois ou quatre semaines. D'apres les joumaux fran^ois
je m*6tois flatt6 que les propositions de paix ayoient 6t6 d6finitiyeinent
et p^remptoiifement rejett^, mais il paroit que la chose n'est pas tant
aussi daire. Ce n^est que lorsque je connoitrai ayec un peu plus de
certitude les v^ritables dispositions du gouyemement Anglois, que je
nie pennettrai de prononcer sur Tayenir qui nous attend.
Agir^ez lliommage renouyel^ de mon d^youement sans bomes
GentsB.
P. S. Je yous prie, Monsieur le Comtei de youloir bien enyoyer
la lettre d-jointe ä Msr. V. et de remettre celle adress^ h P. Janssen
ä Ksgr. le duc d^Orl&tns, en lui disiant, qu*il n'y a pas de ma &ute,
si oetie lettre est extrSmement yieille, puisqu'elle a probablement fiiit
le tour de l^urope ayant de m'arriyer icL Yeuillez ajouter s*il yous
plait, que j^attends ayec la plus grande impatience des nouyelles
directes de Msgr. le duc d'Orl^ans.
Le passage de Mettemicb par Dresde^) m^a procura, quoiqu^ne
se seit arret^ que deux jours, une des jouissances les plus satisfiusantes
que j*ai eues depuis long-texns. Aussi instruit ceriainement que qui
ce soit, sur ce qui s*est passe en Europe, et surtout ä Berlin, pendant
r^poque funeste qui a decid^ de nos malbeurs, il m*a complitement
oonfirm^ dans tous mes apperfus; il a approuy^ chaque point de oe
que j^ai dit et ^crit sur ces ^y^nemens, et dans une s^ance de 4 heuxes
que j*ai eue ayec lui, tout en me foumissant de nouyeaux deyeloppemens
predeux, il a souscrit a tout ceux que j'ayois produits ayec mes donnees
fragmentaires. Jamais je n'ai senti une satisfiaction plus compl^te.
n me paroit a peu prfts döcide qu*il ira h Petersbouig, oü Meeryeld
ik ce que j'apprends, est austi mecontent que mal-yu.
Bier Wallmoden'), en passant par id pour se rendre ik Han-
0 In den Tagebfldieni yoa Friedrich y. Oenfas auB dem Naoblaase Yaza-
bageii> dApng, BrookhaoB 1861) wird 8. 5S der fi^udige Eindruck dieser Zu-
Mauaniknaft mit Giraf MeUemioh bestätigt >) Ludwig Graf Wallmoden*
Gimbczn, einer der auageieichnetBten Qener&le der kaiserlichen Armee,
damals Ob«st bei Meeryeld-Uhlaaen.
Briefe Ton Itiedrioli ▼. Oenti an dm GraAn Louia Starliemberg. 149
noTre« m*a fiut de IMiat de la monarchie Autriehiennd an tableau^
n diti qne toai ce qui ^toit mauyais avant la g^ene, Test cent fois
nliis aitjoaxd^hiiL et qn^en ontre le m^nteniement est an comble»
WaUmoden croit entr'antres qa^on ignore absoldment tontes les dia-
tiibe0 qoe Bonaparte fut lanoer contre Hoxudeur de Stadion,
et tont le monde Teut fiiire accroire qne toui ya k merreille. Lee
Franfois passeront par le pays, pour se rendre en Dalmatie. Dans
la eonespondance qni ä ea lien k ce sujet entre le cabinet et Bazou-
moflbky, il xkgne xm ton d'aigreur, assez remarquable, s^il n'y a p^
an pea de com^e, dans la n^ociation. Enfin il n'y a ancone loeor
d'eepäranoe d'aaoan cdt& On m*ecrit de Stralsandt qae Bonaparte a
enToyj Mr. Baf&n h Petersboarg avec des propositions de paiz, qa*on
dit trte-ayantageases. Voos sayez oe qae ce cela yeat dire, Bonar
parte ne rendra pas et ne peat pas rendre an seal Tillage; seß
propositions ne peayent donc dtre qa*an projet de oompensation pour
la Bossie, dont Tempire Ottoman sera le th^tre. Arrangement par&it
poor r^blir l'Earopeü
9.
Dresde le 30 avril 1806.
Je Toos envoie d-joint, Monsiear le Gomte, Tan des deax oaTrages
qua je Tiens de pablier. L'aatre, dont les ezemplaires ne spnt pas
enoore entre mes mains, le saiyent par la prämiere oocasion» G*eat
oe demier qai se rtfere plas directement k Tepoqne actaelle et k nos
malhears domestiqaes. Gelai qae voas recerez aajoardliai, oompoa^
Tannee demiere, ne sera cependant pas sans interSt poar voas. Je
Tons sapplie de Yoaloir bien le commaniqaer k Msgr. le dac d^Orltfans,
car le coarier ne peat se cbarger qae d^an ezemplaire. 11 ne fiut
d^flillears qae Toler par Dresde et ne me permet pas d'qonter la
moindre chose. J'ai re9a avantbier yotre aimable lettre da 11, j'esp^
quo toates Celles, qae je yoas ai adress^, seront entre yoa mains.
Je me recommande k yos bonnes graces ayec des sentimens inyariables
Yotre d^yoa^ et fid^le seryitear
Qenta.
10.
Dresde le 7 septembre.
Poet nabila Phoebas — lax e tenebrisl La r^yolation la plas
^tonnante s^est op^r^ dans Titat de TAUemagne; La Prasse a pris
lee armes, et oette fois-ci poar ne pas les qaitter, ayant qne qnelqae
changement essentiel n'ait ^t^ amen^, soit par le gaerre, soit par les
n^odations. — Je yoas ^cris cette lettre, Monsiear le Gomte, dans
laqaelle, poar plas d'ane raison, je ne pais pas dire la centi^me jMurtie
ßb V- ' : • THürlieiöi.
di^^'qne 'je skts, ttniquemeili pour yoos metiäre eu gaitie denitre un
etd^s 'Ä^ l^htcr^tOiM, qxü Ms-paii^doänaiyie en Itd m§me, pöntrott
cetli^'''fois^ci Vous entraineir dfluis de fhneslteis erreurB^ et 1l^ fkmmifc
d^äMitaüt plus qu6 j*id de bönniäs rtiisons peur eroire, qae jus^ei' k
TÄ6 epöque trte-aranö^, tons ceui qai ont un iiMm majMT ä «fee
iüMroitt, Öht cönseH^ ^ dotttes sür la tMitö de oef ^ se jMfeese
eÄ BussiÄ;
Sifue gfflriditifi pas raveniTf pas m^e rävenir le plus pinelUtiiL. Leuum^
remeiii pi^^gietcr peut V ^vaporer eneore et ne pröduira aiiean graüd^AM;
did^ iüciflents d'uue natizre oppoB^ petivent d^tniire, &^ fue le pliie bis*
^(Dlier eöüeourä^ de drconstanoes avöit amen^; mau il importe de ne
I^as se nn^reüdre sttr äe qui existe' atijliurd^m; et aujourdlui T^tet
d^ dioseili est fei, qu^ & meins que Bonaparte ne se potto^ ^h den aotos
de oonde^oeudaiioe peu rraisemblableB, et ineonipaftibled avefc l*id^ que
tdtft U mondcl ddit ardi^ da son earäe^re, xme gnen« eäiMue,
safigltmt^y a^eifidTe en bien ou en mä\ doit ^dirter ineeBsan&eni, et
aura probablement ^clate au moment, oü youb liitt öette 'ktti^.
II 7 a quinze jours seulement que, quoique sufiSsament instroit
des ^Y^nemens qui deYoient prodaire cette guerre, un soeptlcisme,
qä» iötiB n<^ me repfodieite pas, Monsieur le Oomte, poisque yous
Fiorieki bien partagfl avec moi, m^empddioit d 'y ajouter fei La chose
me parüt ri inezpUeable que je ne eessois de soupfonner qiMlqiie
d^sous de eartes; j'aurais presque eu honte d'l&YOuer que je erojois
h to que j^aVöb yu. Hais depois que je possMe non-senlenMait
TenseAible deäf Mts qui se sont sueeM^s depuis les demiers joum de
jioBI^f, mais eneore la def de ees fiuts et une quantite de donnto
lAstrttctiYesi qu^ tems et lieo, je ne manquerai pas de yous oom^
ifauniqüer — je stüs diSfinüiYement conYsrtL Je le r^pMe enoore nne
fbi^ tes biases de oe que lious YOyons h präsent, peuYcnt ehaager;
le pkn peut €tre renYers^ ou paralys^, mais tel qu'il est ik pt^äMmt,
il dbtt cm aitiitaer la d41ivranoe g^n^rale, s*il r^ussit, ou nous enaeYelir
tous sous les detniir^s ndnes de Fanden ^difioe.
La Prusse parott entrer dans oette nouYelle carri&re sans autre
alli^ que la Saxe et la Hesse qui sous un certain rapport ne peuYent
etre consider^ que comme des brandies de sa propre poissanoeb Mais
eUe rie resiem pas sans aili& L'empereur de Bussie Test par le
hii mSme du refus qu'il a donn6 au soi-disant trait^ de Mr. Oabrfl^).
La eour de BerHn fera sa padx aYec k Suido et si tont ne me trompe,
0 Der. kaiaerl. nufliBcbe Gescfaftftstrftger su Pads, Herr ▼. Oubril, hatte mit
der französischen Begionng lub spe lati Verhandlungen abgesohloBsen (Jnli 180S),
wel(d|(9 Kaiser Alezander L nicht genehmigte.
Briefe von Friedrich y. Gentz an den Grafen Lotds Starbemberg. 151'
atec TAn^leterre. Qtiaat a noofi, je n^ose pae Totu dire ici oe
qae je pense, läflia je suis loin de d^sesptfrer. Enfin la meillettrev la^
plus poissante des alli^es, l'opinion publique est tellement prononc^
et ieUement dectris^ partout, qu'il est raäsouitable de oompter sur
des suoc^ Dans quatre ou einq jdurs tüie ann^ de 65.000 hemmes,
eommaiidft par le prinee Hobenlolie et le prince Louis, tous les deux
aniTes ^ Dresde, se trouvera r^uide entre Dresde et Torgau ; une autre
se forme en Hannovre et yers la Westpbalie, le centre et les r^serves
a Msgdebouig, oh le roi se r^dxa en personne. Entre le 28 et 80
d*aoftt Bonaparte ^toit instruit de tout ce qiü se passöit; il le
soopfonnoit quinze jours phitdt, et c'est une ehose bien surpvenante
qtte, loin de prendre quelque gtiinde mesure, il i^bcte plut6t de donner
h totttes ses armdes Tordre de retoumer en France. Ce phtoom^ne
s'expliquera en peu de jours ; s^il se retire nous avons d^ji^ gagn^ une
grande Tictoire, en attendant chaque d^lai, est un bienfidt pour nous^
car TOus sentez bien que 220.000 honunes ne peuvent pas Stre vsssm-
VÜB dans trois semaines. B^unissans nos yoeux et nos pritoes, ced
est la demi^re carte que nous jouons ; si nous ne fiusons pas saater
la banque de l'enfer, il ne nous reste qu*äi nous pr^piter nous-m£mes
dans rabtme qui englputira tout ce qui nous est eher.
OeniE.
11.
P. S. du 8 septembre.
Je re9oi8 dans ce moment Totre admirable lettre du 29 et celle
de Msgr. le duc d^Orl^ans, auquel je vous supplie de communiquer ce
que j'ai Thonneur de vous ecrire, en lui remettant la petite lettre ci-
jointe. Faites donc de gräce, qu^il lise aussi les demieres parties du
memoire en question. Quel grand moment que celui-d ! Comme tous je
tressaillis de joie, en royant s^ouvrir cette perspective si peu attendue!
Et comme tout doit cbanger de face par une guerre, dont la Prusse
se fiait Tauteur principal!
n n^est pas possible de vous peindre quel esprit anime Tarmee
F^nsaienne! Tout ce que le prince Louis m*a dit depuit ayant-hier,
est &it pour ranimer le courage des plus foibles. Jusqu^id rien ne
a^esi passe du eöte des arm^es firan9aises ; nous attendons le däaouement
d'un instant a Tautre avec une impatience que yous imaginez aisimeni
Je m'expliquerai sur certains passages du m&noire d*une manitee
satisfiaisante. Dans tous les cas, Monsieur le Comte, quand mdme tous
ne connoitriez pas Tattachement personnel dont je suis p6nAist6 pour
tous, tous ne me croiries jamais asses bom^ pour que je pnisse tous
162 Thürheim.
eonfondra avec qoi qae qe soit de tos oompairiotes, et pour ne pas
toujoiirs fiure nne dasse k part lorsqu^il s'agit de youb.
12.
Dresde le 10. septembre.
J'espdre, MonBieur le comte, que ma letiare du 8 yous sera heu-
veosement parYenue. Noob ne sojnmes pas fort aYances depuis trois
jcmai Dieu Y^oille que noTxs ne recolions pas. Je m^explique. Tout
ee qae je yous ai dit sur la Prusse, est inYariable, la reYolution qui
■'est oper^ daas son Systeme, est compl^te; le xnauYais parti, reduit
a trois oujquatre personnes, ne peut plus arrSter le mouYemeni
La guerre sera nationale dans toute la force du terme; eile le
deYiendra dans peu dans toute TAllemagne, les demiers attentats des
Fran^ois (surtout celui dont la nouYelle Yient dMpouYanter tootes
les &meS) le sort d'un malheureux libraire d^Augsbourg, qui pour
ayoir Yendu — pas meme public — des ouYrages opposes aux Francis,
a 4i6 iraduit dsYant une commission militaire et fusill^ ä Braunau^)
ont tellement souleYe la nation« que k la suite du premier suce^s des
Prussiens il y aura des Yepres Sioiliennes par tout
Mais Yoili^ que pour frustrer encore une fois nos esperances, il
piaroit que ce sofl^rat a resolu de retirer ses troupes. La chose n'est
pas sAre enoore, car son infame decret du 26 ne suffit pas pour la
constater. Mais nous sommes aujourd'hui au 10. Le 26 il a refu
la d^claration de la Prusse, et le 29 la nouYelle du refus de l'empereur
de Bussie. S*il Youloit la guerre, comment nous laisseroit-il un jour
pour pousser nos pr^paratifsP On^ a meme aujourd'hui re^u TaYis,
que sur plusieurs points les Franfois ont effectiYement commenc^ leur
retraite. Si d^ici a deux jours la guerre n'est pas dedarde, il est
certain qu'il ne la Yeut pas, il a mille et mille raisons pour ne pas
l'accepter, et si cette fois-ci le calcul l'emporte sur la fureur, il la
refusera. H est Yrai que ce seroit toujours un grand aYantage mo-
mentanö, et d'autant plus que personne ne sera la dupe de l'expli-
cation qu'il donnera & cette demarche, que tout le monde Yerra bieni,
poürquoi ihretire ses troupes. Mais je orains qu^on ne näglige les
mesures, qui deYroient aceompagner ce premier aYantage. Si, profitant
du d^part des armees firan^aises, TAllemagne se r^unit pour proposer
ses conditions, Theure de notre d^liYrance a sonne. Si au contraire
t>n s^ndort de nouYeau, si le mauYais parti trouYC le moyen de
<) Der Buchhändler Johann Philipp Palm, den Napoleon wegen Yerbieitang
der FlugBchrift »Deaischland in seiner tie&ten Erniedrigung* Yon Gendarmen
ergreübn und nach Braunan bringen Hess, wo er durch kriegsgeriebtUehen Sprach
am 26. Augast 1806 ohne YerbOr erechoBsen wurde.
Briefe von Friedrich y. Gentz an den Grafen Louis Starbemberg. 153
xeprendre' son ascendant en Prasse, si toat reprend las anoiennes
aUnres, ks Fran^ois reparaitront bientöt^ et nous serons perdus saus
xessource. G^est pour oela que je preföre la guerre avec tous les
dangen qa'elle pr^ente aujourd'liui ; et qae je prie Dieu qu^ü dispose
le ooenr du tigre de mani^re, qae n^^coaiant qae sa rage, il noas force
h fiiire les demiers efiforts. Dans la prenütee lettre que je yous ^crirai
aprte oelle-ei, je yous rendrai compte da r&altat de notre attente et
de nos angoisses actuelles.
Depois qaaire joars je passe ma Yie avec le prince Louis qui,
independamment de son merite militaire, est, oomme yous savez, un
des hommes les plus &sl^ires, les plus interessens et les plus aimables
de son tems. CTetoit un bien singolier hasard, qu'en m^^orivant Yotre
demi^e lettre, Monsieur le Comte, dans un moment, oü oertainement
YOUS ne YOUS doutiez pas de ce qui se passoit ici, yous ayez si fort
ixisisi^ sur la necessite de cultiver la Frusse, yous ayez dit tant de
bien de ce qu'elle pouYoit fiedre pour la cause et particuli^rement
du prince Louis. Aussi lui ai-je lu tous ces passages de votre
lettre, et oomme nous aYions employe bien des heures k discuter la
possibilit^ du concours de TAutriche, ses dispositions probables, les
moyens ä choisir pour les d^Yelopper etc. — yous sentez bien que
oette lettre ^toit pour moi d'un ä propos inappredable. Voilä comment
les bien&its sont quelquefois r^compens^s d*une maniire inattendue!
Yous n*aYiez eu d^autre intention que celle de me pr^server du d^cou-
ragement, et maintenant Yotre lettre peut Yraiment deyenir une source
d'aYantages incalculables pour la cbose pubKque, Elle a prouYe au
prince Louis (qui dans ce moment-ci, yous pouYez m^en croire, est
lliomme le plus interessant, et sera dans peu le plus puissant en
Prasse), que TAutricIie possMe des bommes d^^tat qui ont secoud le
jong de toutes les anciennes pr^Ycntions, et eile a une fois pour toutes
fix^ Topinion de Yotre merite. Je sais ce que je dis en yous assurant
qu'il peut en r^sulter Teffet le plus beureux!
Aprte cela il &ut absolument que je m^explique encore sur ce
passage de mon memoire, qui m*a yoIu une petite le^on de Yotre
part; lefon tr^s-gradeose et tr^s-aimable ä la Y^rite, mais dont le
fond oi'en est pas moins injuste. II s'agissoit dans ce passage de
r^foter Tobjection, qu'ü auroit ^te diffidle de remplacer Pancien
ministire. Si je yous aYois nomm^ seul, ma th^se en auroit 6i6 moins
forte et quant h, des distinotions et du Classification, ce nMtoit pas
Tendroit pour y entrer. Mais ai-je besoin de yous assnrer, Monsieur
le Comte, que si ma tache aYoit et^ de caradieriser et de classer les
honmies propres aux grandes affaires, je n^aurois jamai^ eu la betise
154 Thürheim.
•
de vdtiid mettre stir lä m6me ligne avec aticuB d^ ceüx que j^ai dMs
dans c6 passage? Bappelez-vons, s^il totus platt, les lettres qae j^ai
eu rhonnenr de tous ecrire en 1804 et 1805? Gombieu de foisTOus
ai-j)e pr^seüt^ mon opimon snr ce que voos ponviez, et stir oe que
YOUB deriez faire ! Gombien de fdis vons ai-je conjurtf de prendre piti€
de Yotre patrie, et de vous sonvenir que yous ^tiez le seul homme
capable de la sauYer ! II est Yrai que yous n'aYez pas toujours räpondu
a mes sollicitations, comme je crois que yous auriez du le fidre. Yous
m'aYez oppos^ souYent des Ileus communs, dans lesquels je n^ai reconnu
que des ^happatoires, quelque fbis m£me une froideur däK)lante. Yous
aYez presque toujours pris un ton, dont se trouYe )a trace dans Yotre
demiöre lettre (toute aimable qu'elle est), lorsque yous dites: «Si
j'aYois le malbeur de me trouYer au tiinon etc.*, phrase que je ne
laissend jamais passer impunement de la part d'un komme de Yotre
sup^riorit^. Mais tout cela ne m*a pas fait changar d'aYis, comme
bien yous pouYez croire ; car yous direz miUe fois que yous ne Youlez
pas gouYcmeur la monarchie, je sais que yous doYez la gouYemeur,
et YOUS finirez par la, ou tout finira pour nous.
lugez donc, Monsieur le Gomte, si aYCc cette conYiction impertur-
bable il entrera jamais dans ma tete, de yous confondre aYCC les N. N. N.
Yotre ami D . . .^) est apr^s yous, j'en conYiens ^galement, celui
ik qui je confierois le plus Yolontiers les interets de la monarchie, si
la force de son caract^re r^pondoit ä celle de son esprit, et s*il n^aYait
pas trop aliän^ Topinion publique. Mais un seul homme me suffit;
que la proYidence le motte seulement ä la place qui lui conYient! Et
qu^elle ajoute h ses autres grandes qualit^s celle de sentir, qu*il doit
tout faire pour arriYer k cette place. Le tems, oü nous YiYons, n'est pas
celui de la modestie; il faut que chacun s'^^yc aussi haut que ses
titres le permettent, sans quoi nous tomberons plus bas encore, que
nous ne le sommes aujourd'hui.
Mille graces pour tout ce que Yotre lettre contient pour moi de
preuYOs de bienYeillance ! Je ne cesserai jamais de regarder comme
un point des plus essentiels de r^pondre ä Yotre bonne opinion, Mon-
sieur le Gomte!
Aussitöt que yous aurez une id^ plus ou moins precise des grandes
mesnres que le gouYemement Anglois paroit mediter, pour le cas qua
la paix ne se fasse pas (et Dieu nous en pröserYora dans les droon-
stances aotuelles) je yous supplie de m^en faire une oommunicatioii.
i) Didtriohitem.
Briefe YOn Friedrich ▼. Gentz an den Grafen Louis Starhemberg. 155
CPest an des objets qui ezeitent le plus ma cariosiie, et qui d6cideront
le plüs de ravenir.
Venülez de grace, remerder encore Msgr. le duc d^Orl&uis de la
lettre anssi instnictiye, que noble et high-spirited, qa'il m'a £Edt>
rhonnenr de m*^rire, et agr^ rhommage du devouement respectaeox
et inyiolable de
Yotre trte-fidile serriteur
Gentz m. p.
Eleine Mittheilungeiu
ZiffiMbnin. nttdMrTMlIgtefaiM^^ Ptolomaos Ton Luoca
erzahlt in seiner Eirchengeschichte lib. 23 Gap. 32: Papst Nicolans DX
hat mit Eonig Bndolf verhandelt über eine Theilong des Kaiserreiches
in vier Königreiche. Das eine derselben, das Königreich Deutschland,
sollte Badolf yerbleiben, um als Erbreich auf seine Nachkommen über-
zugehen. Das Königreich Arelat sollte ab Hitgift von Rudolfe Tochter
an Karl Martell von Anjou gegeben werden. In Italien wurde die
Bildung von zwei Königreichen neben Sicilien beabsichtigt^ das eine
in der Lombardei, das andere in Toskana. Wem die beiden so pro-
jectirten italienischen Königreiche bestimmt, wurde nicht ausgesprochen ,
doch war zu Yermuthungen darüber Ghrund genug. Ich habe diesen
Plan früher ausführlich behandelt, und nachzuweiBen gesucht, dass die
betreffende Angabe des Ptolomius im Wesentlichen glaubwürdig ist,
sowie dass Budolf den Plan, Deutschland zu einem Erbreich zu machen,
wiederholt wahrend seiner B^emng in^s Auge gefielst und auf ver-
schiedenen Wegen zu verwirklichen gesucht hai Bezüglich der zwei
in Italien geplanten Königreiche habe ich die Yermuthung au%estelli,
dass Nicolaus HL dieselben seinen Nepoten, den Ondni, bestimmt habe ^).
Zu diesen meinen Ausführungen will ich hier einen kleinen Nachtrag
liefern nach einem Zeugniss, dass ich damals übersehen hatte. Das-
selbe findet sich in einem undatiHen Briefe Budolft an einen nicht
naher bezeichneten Adressaten*). Der Herau^ber desselben, Bod-
mann, vermuthet, dass der Brief an eine italienische Stadt gerichtet
sei^, und nach dem Eingang desselben: Dum considerationis nostrae
Volumina volvimus, dum cnnctomm fidelium nostrorom et prindpum
sub imperio Bomano degentium fidem et merita, quibus eidem fiuna-
lentur imperio regalis drcumspectionis Providentia contemplamur,
ad vos, tanquam fide, devotione et opere dariores, benignum oon-
*) Die Idee des deutschen Erbreichs und die ersten Habsburger, Sits. Ber.
der kaia. Academie LXZXYm, 6S5 iL •) Bodmann Ood. epiitolaris 8. 106
nro. 95. *) Becredentislee, com reiponsione dilatoitt ad pieees ab Itsla qnadam,
ut videtor, dvitate Rudolfo B. R. porrectas. ^
2o Kicolans IIL Plan einer Theilnng des KaiiierreicheB. 157
TertimuB nostrae considerationis intuiium, sedula meditatione pen-
santea, qnaliter haiosmodi dan^yestrae devotionis insignia, quibus nos
et imperiom IiactenusooImBtis, condignae retributionis maneribus bono-
reinuB, quo magis accensa vestra deyotio continuatione laudabili floride
perseveret erscbeint diese Yermuthung ganz annebmbar. Budolf bat
nach Beinen Angaben in diesem Brief eine Botscbaft des Adressaten
erbalten, auf die er aber aus angegebenen Gründen zonScbst nicht
definitiT antworten kann: Sane N. ad majestatis nostrae presentiam
in yestrae legationis officio desidnatom benigne suscepimus, et ea
quidem, que nobis yestro nomine referre yoluit, adyertimus diligenter,
siqmdem de facto super quo frater H. yobiscum nostro nomine con-
toliase dinoscitur, prout etiam N. plenius nos instruxit, response finali
yobis ad praesens non possumus respondere, maxime quamdiu causa
seu quaestio, quae inter nos et marchionem Brandenburgensem emersit,
hoc tempore non est ad partem alteram terminata; qua statim, ut
credimuB, expedita, soUempnes nuntios super bis es alüs plenius in-
formatos ad yestram presentiam e yestigio dirigemus, affectuose rogantes,
quatenus interim taliter yestra negotia dirigatis, ut, si per ipsos ad
nostra seryitia yocari contigerit, ad ea reperiamini expeditL
Die Erwähnung einer Oesandtschaft des Frater H., bei dem an
Heinrich yon Isny, Bischof yon Basel, der dem Minoritenorden an-
gehSrte, den yiel yerwendeten Staatsmann Budolfs, zu denken am
nächsten liegt, und eines zwischen dem König und dem Markgrafen
Ton Brandenburg obwaltenden noch unausgetragenen Zwistes sind
willkommene Anhaltspunkte f&r den Versuch einer chronologischen
Einieihung des undatirtrn Briefes. Für diesen Versuch muss dann
noch hinzugenommen werden der Schluss des Briefes: Super facto
antem Tusdae, yestrae petitioni annuissemus de fadli, immo nostra
et imperii utilitate pensata fedssemus idipsum procul dubio non rogati,
si non summi ...patris petentis ibidem quendum cogna-
tum suum per quandam conyenientiam collocari prae-
cnrrens petitio, yos in ipfto negotio praeyenisset Nach
dieser Stelle dürfte unfraglich anzunehmen sein, dass yon Seite des
Adressaten an Budolf unter anderm auch eine Au£forderung gerichtet
worden ist, in Toskana einzugreifen, wahrscheinlich durch Entsendung
eines Beichsyerwesers dahin.
Uit dem Markgrafen Otto dem Langen yon Brandenburg hat
Budolf zweimal ernstliche Zwistigkeiten gehabt. Zuerst, ab nach der
Niederwerfimg Ottokurs yon Böhmen durdi Budolf ihm neuer Kampf
mit Otto yon Brandenburg drohte, October-Noyember 1278^). In
0 Beg. Budolfii nach n« 467.
158 Kleine IflEtUheilniigön.
diesen zeitiichen Zuflammenbang^^liesee sich unser Brief ungezwongei^
bringexL Der BiBchof Qeinrich von Basel (Frater H.) w^ 1276 you
Budolf nach Italien gesendet worden zu Verhandlungen mit König
Karl Yon Sicilien^). Er war damals aufgebrochen vor dem 4. Aprfl
1276 >). Sehr leicht könnte nun Heinrich bei Gelegenheit dieser Beise
auch Ueberbnnger der dreissig Mark Silber gewesen sein, die Budolf
dem am 24. Mai 1276 zu Pisa tagenden Generalcapitel der Domini-
kaner gespendet hat^). Da könnten nun zwischen Budolfs Gesandtejpi
und der Stadt Pisa, aufweiche die hohen Lobsprüche, welche dem
Adressaten unseres Briefes wegen stets treuer Anhänglichkeit an das
Reich gespendet werden, diejenigen Verhandlungen gepflogen sein,
auf die in unserem Brief Bezug genommen wird. Solche Verhand-
lungen konnten damals allerdings nur einen mehr akademischen
Charakter haben, da factisoh damals der Einfluss, den Earl von Anjo^i
als BeichsYcrweser in Toslama ausübte, jeden Versuch einer I^-
mischung der Beichsgewalt ausschloss. Den Anlass ftlr den Adressat
— sei es nun Pisa oder ein anderer — auf zwei Jahre früher mit
einem Gesandten Budolfs gepflogene Verhandlungen zurückzukommen,
namentlich aber ein Eingreifen Budolfs in Toskana zu urgiren, böte
dann ungezwungen die totale Schwenkung, welche Nicolaus IIL die
bisherige Politik der Curie gegen den sicilischen König machen liees.
Earl Yon Anjou musste im Jahre 1278 dem Papste das Versprechen
abgeben, bis zum 24. September das BeichsYicariat in Toskana nieder-
zulegen^). Kunde Yon diesem Versprechen oder auch Yon der Er-
füllung desselben^) durch den sicilischen König wäre gewiss ein sehr
naheliegender Anlass zu der nach unserem Briefe an Budolf gerich-
teten Aufforderung, sich nunmehr Toskanas anzunehmen. So geneigt
ich bin, unsem Brief in den hier dargelegten Zusanmienhang zu
bringen, da mir nach dem Wortlaut des Schlusspassus des Briefes das
Hindemiss gegen des Königs Eingreifen in Toskana als noch bestehend
angenommen werden zu müssen scheint, muss ich doch noch darauf
hinweisen, dass, daYon abgesehen, a)^ch eine andere Einreihung des
Briefes sich rertheidigen Hesse.
<) Idee des Erbreiehfl 8. A. 8. 16 n. 4. •) Kopp Beiohsg^escbiohte I, ItS n. 7.
Er kam am 17. September hrank ans Italien nach Basel zurOok: Ann. BasümseB
M. G. Scr. Xyn, 200. *) Ann. Baailiensee ibid S. 200 : Res Ruodolphus ad oapi-
tulum praedicatonun, I^sae celebratum, miait triginta marcas. ^) Kopp BeichB-
geschichte I, 226. ') Nach den Annales Piacentini M. G. Scr. XVin, 571 er-
folgte sie sa Viterbo am 22. September 127S. Auch anter dieser Tomiminlamiy
liegt das EintreffiBn einer Botschaft aus Toskana bei Rudolf bis sa denkobeii aos
der Erwähnung seiner noch anaoogetrageam Diftrensen mit Otto vpn Qxandea*
bürg ermittelten Termin durchaus nicht ausser dem Bereich des Möglichen.
Zu NicolaiiB m. Plan einer fnKeilung des Kaiseneiolies. 15d
Zum zweiten M*l ^r Rudolf mit «Otto von Bv»i)dMib«irg in
ernstem Confliat im Jahre 1280;] Budolf zog im September gegen
Otto zu Felde — An&ng Winters kehrte er nach Wien zurflck^).
Heinrich Yon Basel hat auch im Jahre 1279 eine Beise nach Italien
als Gesandter Budol& gemacht'), die auch Gelegenheit zu Verhand-
lungen) wie sie der Brief erwähnt, geboten haben könnte. Den Tod
Papst Nicolaus III, am 22. August konnte man dann als Anlass fUr
den . Adressaten yermuthen, auf diese Verhandlungen zurückkommend
an Budolf sich zu wenden, und in der am 5. Januar 1281 erfolgten
Ernennung des Bischofs Johann Yon Gurk und des Hofkanzlers Budolf
zu Generalvioaren des Beiches in Toskana durch König Budolf ') die
Erf&Uuug der dem Adressaten gemachten Zusage, nach Bereinigung
des Anstandes mit dem Brandenburger: soUempnes nuntios nostros
snper his et aliis plenius informatos ad^vestram presentiam e yestigio
dirigemns erkennen«).
Abgesehen yon der doppelten Einreihung unseres Briefes, die
mCgUoh scheint, abgesehen yon all^ den Vermuthungen, die ich ge-
wagt habe, bietet jedenfalls der Schlusspassus unseres Briefes eine
willkommene Ergänzung zu dem leider nur zu dürftigen Material,
aus dem allein wir unsere Kenntnis der grossen Pläne, die zwischen
Nieolaus in. imd Budolf yerhandelt worden sind, schöpfen können.
Ohne dies Zeugniss zu benutzen, konnte ich früher nur auf die That-
sache hinweisen, dass Budolf sich während des Pontificates Nicolaus III.
jegUeher Einmischung in Toskana enthalten habe. Diese Stelle lehrt,
dass Budolf diese Enthaltung beobachtet hat wegen des yom Papste
an ihn gestellten Begehrens, dass ein Verwandter desselben in Tos-
kana als Leiter eingesetzt werde ^). Diese Notiz unseres Briefes
erscheint mir besonders wichtig als Beweis daf&r, dass zwischen Budolf
und Nioolaus UI. manches yertraulich yerhandelt worden ist und als
eindringliohe Warnung yor übertriebener Skepsis gegen das yon
Ptolomäus yon Lucca überlieferte, wie sie wol beobachtet worden ist
lediglich aus dem Grunde, weil in den f&r weitere E^reise bestimmten
Actenstücken directe Beziehungen auf den Beichstheilungsplan fehlen^),
Arnold Bussen.
<) KofTp BeichflgcBcliiclitel, 849 £F. *) Idee des Erbreiclui S. A.S. 86 und n. 1.
*) BObmer Beg. Bud. 566. *) Da ich yermathongBweiae oben an Pisa erimiert
habe, will ich daranf anfinerksam machen, dass die Stadt am 81. Juli 1281 dem
Bofkaazler den Eid der Treue für das Beich geleistet habe: Kopp Beichs-
geschichte II, 8 S. 191 n. 6. *) Ueber die Ausführung dieses yon Budolf ge-
machten ZugestfindaiaaeB ygL Kopp Beichsgeschichie II, 8 S. 166 IF *) In meiner
angefthrten Arbeit habe ich auch das Nationalconoil yonWAizborg als eine Phase
160 Kleine llittbeilmigen.
Kl hril to MltspredlUg d« Rtidultlsmdlts. Bei einer im
Sommer 1885 mir gestatteten Durchsicht der älteren Urkunden des
ftlrstbischöflichen Hofarchivs in Brixen stiess ich zu meiner üeber-
raschung auf das erste der nachstehend veröffentlichten Documente,
das merkwürdiger Weise dem fleissigen und umsichtigen Sinnacher
ganz entgangen war. Es ist das Ordinal eines Schreibens Bisehof
Bruno's von Brixen, worin er dem König Budolf die Berufung zweier
Leute an das Beich mit dem Ersuchen um eine Entscheidung . des
königlichen Hofgerichts übermittelt; Pergament, das Siegel, das jetzt
fehlt, hieng an einem Streifen, der vom Pergament der Urkunde von
rechts nach links abgeschnitten isi Als die höchst willkommene Er-
gänzung dazu &nd sich in einer von Besch angelegten Gopiensamm-
lung TonBrizener Urkunden im hiesigen Ferdinandeum (DipauL 678
n. 80) die Entscheidung des königlichen Hofgerichts. Besch's Gopie
ist nicht nach dem Originale gefertigt, das also zu seiner Zeit schon
nicht mehr vorhanden gewesen zu sein scheint, sondern i^h einem
Vidimus beider in Bede stehenden Urkunden, das 1813 von Propst
Albert von Neustift und dem Domcäpitel von Brixen ausgestellt ward.
Auch dieses Yidimus, das im älteren, jetzt im Innsbrucker Statt-
haltereiarchiv befindlichen Bepertorium des Brixner Archivs zu Lade 44,
1 A freilich in ganz irreführendem Excerpt verzeichnet steht, liess sich
bisher nicht auffinden. Das Brixner bischöfliche Archiv ist infolge
der Saecularisation sehr zerstückelt worden; möglich, dasa sich das
Original der Hofgerichtssentenz oder doch jene Vidimirung noeh
irgendwo vorfindet, f&r den Zweck der ersten Bekanntmachung des
inhaltlich sehr interessanten Documentes wird auch die Abschxifl
Besch's, dessen Gopien recht verlässlich sind, vollkommen genügen.
Ueber die in rechtshistorischer Beziehung nach mehiBren Seiten
hin nicht geringe Bedeutung dieser Urkunden hat mir Heir Pro!
von Zallinger freundlichst die Bemerkungen zur Yerffagung gestellt,
inRudolfs Bemühungen um das deutsche Erbreich behandelt, a. a. 0. S. A. S. 54 ff. Zur
Geschichte desselben sind inzwischen zwei neue Zeugnisse verOfientlicht in den
Mores Temponun MG. Scr. XXT, 249, das nahe verwandt ist mit Johann von
Winterthor, der nur einen gar zu krftftigen Ausdruck dieser Quelle (Conrad von
Toul: se ipsum permerdavit) abgeschwächt hat. In der Notiz in Sifridi de
Balnhusin Gompendium historiamm M. G. Scr. XXY, 711 wird mitgetheilt, daas
der Cardinallegat, der mit seinem Familiennamen (Pocomatius, PfcolomaeusLucensiB
bist. Eccles. Mur. Ser. XI, 1198: BoccamaÜus). genannt wird, von den deutschen
Eirchenftirsten den Fünften begehrt habe. Besonderer Beachtung werih aber ist
die Angabe: BpOx Romanorum Rudolfus tuno ibidem colloquium habuit cum pria-
dpibus et nobilibus Theotonie, die immerhin eine gewiaae Stütze für meine Aus-
führungen über die Bedeutung' dieser Würzburger Verhandlung bildet.
Ein Fall der Rechtaprechuüg des fteichshofgerichtB. Ißl
«
die ich nach dem Texte zum Abdruck bringe. Im Uebrigen füge ich
noch folgendes zur Orientirung bei. Die Zeit des undatirten Schrei-
bens B. Bruno's ist natürlich durch das Datum der hofgerichtlichen
Entscheidung begrenzt und wird demnach wol in die ersten Monate
des Jahres 1282 zu setzen sein. Der Spruch des Hofgerichts erfolgte
am 22. Mai — an dem vritage phingesten ist, wenn nicht etwa blos
die Copie «nach* ausgelassen hat, doch jedenfalls als Freitag nach
Pfingsten anzusehen — zu Ulm. Hier weilte um eben diese Zeit
König Rudolf selbst; vom 13. bis zum 26. Mai sind seine Urkunden
aus Ulm datirt und nach den Ann. Sindelfingenses, MG. SS. 17, 302,
hat er am Sonntag nach Pfingsten (wenn es nicht eher, wie Böhmer
Reg. imp. 1246—1313, 113 glaubt, zu Pfingsten selber war) daselbst
einen Hof tag gehalten. Der Hofidchter ist Bertold von Truchburg
(Trauchburg bei Kempten), der auch in Urkunde Rudolfs vom
15. März 1282 als curie nostre iusticiarius unter den Zeugen erscheint
(Böhmer Reg. Rud. 653). Der eine der Urtheilsfinder am bischöf-
lichen Gericht, Graf Eberhard von Kirchberg, war ein Bruder
des Bischofs Bruno. Der andere, Jacob von S. Michelsburg,* gehört
dem Ministerialengeschlechte derer von S. Michelsburg bei Bruneck
an, einem Schlosse, das ursprünglich Brixen gehörig schon seit 1232
dem Hochstift durch Verleihung an die Andechser, entfremdet war
und seit 1271 sich im thatsächlichen Besitze des Grafen Albrecht
von Görz befand. Die beiden Maier Albrecht und Dietmar von Yintel,
die seit 1270 in Brixner Urkunden vorkommen (v^L die demnächst
erscheinende Ausgabe der Brixner Traditionen, Acta Tirolensia 1,
215, 232) Sassen als villici. Maier auf dem bischöflichen Küchen-
maierhof zu Niedervintel zwischen Mühlbach und Bruneck.
B. Bruno von Brixen an K. Rudolf (vor 1282 Mai 22).
Minem genaedigem herren dem hochgelobten und dem werdesten
kunige Rudolf von Rome enbiut ich bischof Brune von Brihssen mit
aller wirde und ere minen getriwen und bereiten dienst ze allen
dingen. Ich t6n iwer genade kunt, daz mine maier Albreht und
Dyetmar von YintuUe die mir dienent mit dem schefel, vor mir einen
Albreht und sinen brüder Dietrich, ir swester und alle ir mage an-
sprachen und iahen, si waeren ir aigen und heitens in rehter gewer
so manek iar und tak herbraht, daz si in als aigen liute selten dienen.
Do antwurten die zwene bruder Albreht und Dietrich vur sich und
vur ir mi^e und iahen, si waeren min und mins gotzhuses si und
alle ir vordem. Darüber vraget ich graven Eberhart von Kyrch-
perch ; der erteilte, daz kein gewer hülfe an liuten und waeren mine
maier solche] liute, daz öi aigen liute ze rehte mohten gehaben,
MitUirilaiigen YIL U
162 Kleine Mittheilungen.
iha^hten si daime dise liute umbestellen mit ihr mAter magen den
naehsten, daz si in heiten gedienet lebende und tote mit den yaellen^
so solten si des billich geniezen. Die der urteil mit grave Eberhart
rolg^tön, der waren ailve. Do ertailte herre lacob von sant Michels-
burch, sit mine maier heiten die liute gehabt in nutz und in gewer
manek iar und tak, man solte si bi ir gewer lan beliben und solten
in die liute dienen vur aigen. Die der urteil volgeten mit hem
lacoben, der waren zwelve. Diser urteil dingeten Albreht und Dyetrich
Tur daz rieh hinz iwem genaden. Und davon bitte ich und ylehe
iwer hochgelebte edelkeit, swaz iwer hof hieuber erteile, daz ir daz
gerfichet mir heizen schriben under iwerm insigel, wan des ist mir
und dem lande not, wan alsogetaniu clage dike vur mich kumet.
Entscheidung des königlichen Hofgerichts»
Ulm 1282 Mai 22.
Meinem genaedigen herren herren Braunen dem bischof von
Brihsse enbiut ich Br.^) von Druchburc^) der hofrichter mins herren
des kuniges Buodolf von Bome meinen getrewen dienst und enbiut
ew umb die urteil die ir mir hant^) geschriben an iwerm brief, die
grave Eberhart von Eirichperch sprach und herr lacob sprach Ton
sant Michelspurch umbe die liwte. Do vragt ich umb herren . . .^)
Yon Tillendort, waz recht waere. Der erteilte uf seinen eit: swie
lange ein man hat Uwte in gewalt und in gewer, mag er ir nicht
umbestellen mit den naechsten ir muter magen, daz diu gewer niht
hel£Pe, und swer si umbestellet mit den^) naechsten ir muter magen,
der hat recht zu denselben liwten. Und wart im daz gefolget gesam-
nöter urteil und ist grave Eberharts urteil von Eirichperch reht und
ist herren lacobes von sant Michelsburch urteil nicht recht Der
urteil gib ich ze gezeuoge^ dez gerichtes brief besigelt mit dez ge-
richtes insigel. Der brief wart gegeben ze Vlme, an dem vritage
phingesten, in dem niwnden iare do mein herre der kunik wart
gekroenet.
Prof. von Zallinger bemerkt hiezu folgendes: «Die beiden
vorstehend gedruckten Documente sind zweifellos von hohem Werthe
und Interesse f&r die rechtsgeschichtliche Forschung.
Ohne hier den Inhalt derselben einer gründlichen Untersuchung
und Würdigung zu unterziehen, möge nur kurz auf jene Punkte hin-
gewiesen werden, durch welche sie mir die besondere Beachtung von
Seite der Bechtshistoriker zu verdienen scheinen. Wir haben hier
») Copie. b) Braohburt Cop. c) sant Cop. d) Lfloke in der Cop.
•) dem CSop. t) Gop.
Ein FW der RecHtsprecbtmg des Reichaho^erichta. 163
ein sehr anschauliches und nicht gewöhnliches Beispiel des Bechts-
zuges von einem ftirsiUchen an das königliche Ho^ericht und der
Wirksamkeit des leteteren.
Unter den hei Franklin «Das Beichshofgericht im M. A. 2,
204 — 211 angeführten Fällen findet sich kein ähnlicher. Die Be-
rufung an das Beich stützt sich hier weder auf eine formliche ürtheils«-
schelte — wenigstens ist davon keine Bede — noch erscheint sie ab
nachträgliche Appellation gegen ein gehörig zu Stande gekommenes
UrtheiL Nach der Theorie der Bechtsbücher (Ssp. IL 12 §. 10 Schwsp.
(Lassb.) 116 b.) wäre allerdings der Urtheilsvorschlag des Herrn von S.
Michelsburg durch die , mehrere Folge ^, die er gefunden, ^ul^ rechts-
kräftigen ürtheil erhoben worden. Es scheint aber, dass die geringe
Torhandene Majorität, 12 gegen 11 Stimmen, nicht als ausreichend
betrachtet wurde, demselben eine solche höhere, siegende Kraft zu
verleihen, dass yielmehr bei solchem Yerhältniss die Frage nichts-
destoweniger als eine offene, unentschiedene angesehen ward; umso-
mehr, als die Meinungsverschiedenheit der ürtheiler sich auf die
Geltung eines objectiven Bechtsgesetzes bezog. Es ist nun aber weiter
zu beachten, dass das Ansuchen um Entscheidung durch das Beich,
das in diesem Fall den Charakter einer Bitte um Bechtsweisung,
Bechtsbelehnmg, um Erlangung* einer Beichssentenz hatte, weder von
dem uneinigen Gerichte selbst noch von dem Bischof in Verfolgung
seiner durch den besser unterstützten ürtheilsvorschlag bedrohten
Interessen, sondern von den beiden Eigenleuten ausgieng (Diser urteil
dingeten Albrecht und Dyetrich vur daz rieh), die doch streng ge-
nommen gar nicht als Subject, als Partei, sondern nur als Object des
Rechtstreits gelten konnten, da sie ja gegen die Ansprache nicht ihre
Freiheit, sondern nur ihre Zugehörigkeit zu einem anderen Herrn
behauptet hatten. Und für einen solchen Fall bestimmt der Ssp. IIL
32 §. 9 aSve so eme herren sik untseget unde dem anderen sik to
seget, Yorderet man ine vor gerichte unde ne kumt sin herre nicht
vore, deme se sik to seget, dat he ine Yorsta mit rechte jene
die up ine sprict behalt ine selve dritte siner mage *, womit Schwsp.
a 295 YoUständig übereinstimmt. Dagegen wird nun aber in Schwsp.
c. 293, und zwar durch einen selbstständigen Zusatz zu dem sonst
genau wiedergegebenen Text der entsprechenden Stelle des Ssp. (III.
32 § 5), in der That gerade speziell der Fall hervorgehoben, dass der
angesprochene Eigenmann einem Gotteshaus anzugehören behauptet,
und einem solchen dieselbe selbstständige Stellung und das selbst-
ständige Beweisrecht zuerkannt, wie bei der Behauptung der Freiheit:
»Mag aber der mensche sine Yriheit behaben und bereden, oder daz
ir
164 Kleine Mittheilungen.
er ander swar uffen ein gotes hus hoere mit seehsen sinen
magen, drie von vater drie von miier, so hat er ir aller gezioge
▼erleit unde hat sine yriheit oder ander sin reht behebei* Von einem
solchen Beweis ist nun allerdings in unserer Urkunde keine Bede.
Aber abgesehen davon, dass derselbe in| der angegebenen Form (durch
Vater- und Muttermagen) nur für den ersten (im Ssp. allein ge-
nannten) Fall, fbr den Erweis der Freiheit passend erscheint, war er
nach der besonderen Lage des Falles auch gar nicht erfordert, denn
wie es scheint, behaupteten die beiden Maier gar nicht, dass die Ge-
nannten und ihre Magen durch Geburt ihre und nicht des Bischöfe
Eigenleute seien, sondern dass sie durch Ersitzung (im Sinne des
römischen Rechts) ein Becht an ihnen gewonnen hätten (und heitens
in rehter gewer so manek iar und tak herbraht, daz si in als aigen
liute solten dienen; sit mine maier die liute gehabt in nutz
und in gewer manek iar und tak, man solte si bi ir gewer lan beliben
und solten in die liute dienen yur aigen). Die Urkunden erscheinen
uns demnach als ein sehr interessantes, weil frühes Zeugniss fär das
Eindringen des romischen Bechtsgedankens von dem Erwerb eines
Bechts durch dauernde Ausübung in deutsches, freilich Italien nachst-
gelegenes Bechtsgebiet, denn es kann wol nicht zweifelhaft sein, dass
der Ausdruck .rechte Gewere' hier nicht in der technischen Bedeu-
tung des deutschen Bechts gebraucht wird« Dagegen spricht schon
die Zeitbeiftigung «so manek iar und tak", überhaupt aber, dass
die rechte Gewere ja immer nur als Fundament der Abwehr, nicht
des Angriffes im Eigenthumsstreit dienen kann.
Wir sehen nun aber auch, wie diese fremden Grundsätze noch
mit dem widerstrebenden nationalen Bechtsbewusstsein im Kampfe
liegen und wie das königliche Hofgericht in präjudicieller Rechts-
sprechung dieselben ablehnt (swie lange ein man hat liwte in gewalt
und in gewer , dass diu gewer niht helffe), indem es ausspricht,
dass ein originärer Anspruch auf den Besitz resp. das Behalten yon
Eigenleuten allein nur auf die Thatsache ihrer Geburt von einer dem
Ansprechenden eigenhörigen Mutter gegründet werden könne, wo-
für der Beweis durch .Umstellung' mit den nächsten Muttermagen
zu f&hren war.
Schliesslich mag noch erwähnt werden, dass die Wendung .und
waeren mine maier solche liute, daz si aigen liute ze rehte mohten
gehaben" auffallend an den Schwsp. erinnert, wo es in c. 69 yon
den Inhabern der yier Fürstenämter heisst : .Die yier die mfizen yon
erste Bebte yrie liute sin, die mugen wol eigen liute gehaben.
Und mac dehein dienstman, daz sine yordem yri waren, do si sich
Zum Eanzleramte. 165
an daz forsten ampt gaben, oder ob er sich selbe an das fursten
ampt gegeben bat, ob er fri was, die bant mit rebte wol eigen
linte. (cf. auch c. 68c: Nieman mac eigen liute haben wan yrien
und die gotshuser).
Eine solche Uebereinstimmung kann nun leicht auf Zufiall be-
ruhen; wenn aber nicht, und dafür könnte sprechen, dass jene
Bedingung eigentlich an sich nicht recht verständlich erscheint, so
hatten wir hier auch eines der frühesten Zeugnisse für die Verbreitung
und BenütEung jenes Bechtsbuches. *
Innsbruck. Oswald BedlicL
Zu Imileruita. In der kürzlich von Gonrat neu heraus-
gegebenen Epitome ezactis regibus heisst es 1 §84: «Gancellarii no-
men a cancellando descendit, quia cancellare litteram est eam damp-
nare linea per medium ducta; unde dicitur cancellarius: cuius est
officium rescripta (al. scripta) responsa principum et (imperatorum)
mandata inspicere et male scripta cancellare et bene scripta signaculo
sigilli imprimere.' Da, wie Conrat S. CVI bemerkt, der Ganoellarius
im Justinianischen Becht nichts weiter ist, als ein ThürsteheTi besten
Falls ein Kanzellist, so schliesst er wohl mit Becht, dass der Verfasser
das S[anzleramt, wie es zu seiner Zeit gestaltet war, im Auge hatte.
Halt der Herausgeber S. GCG eine nähere Bestimmung der Entstehungs-
seit der Schrift mit Sicherheit nicht für möglich, erklart er aber Ent-
stehung um 1125 fQr das wahrscheinlichere, so dürfte sich doch manches
für Entstehung schon im eilften Jahrhunderte geltend machen lassen,
wie denn auch der Herausgeber selbst die Annahme vorirnerischen
Ursprungs wenigstens nicht als unzulässig behandelt — In der Hof-
ordnong König Peters von Aragon von 1844, CoUeocion. de documentos
in^itoB del archivo geneiral de la Corona de Aragon (Barcelona 1840)
4, 109 ff. finden sich ausführliche Angaben über die Aemter des
Kanzler, Vicekanzler und Protonotar.
J. Ficker.
Literatur.
Heuere Literatar Aber dentsohea Btildteweseii.
L
Publicationen der Gesellschaft f&r rlieinische Geschichiskunde. L
Kölner Schreinsurkunden des zwölften Jahrhunderts.
Quellen zur Bechts- und Wirthschaftsgeschichte der Stadt Köln;
herausgegeben von Bobert Eoeniger. Erster Band, erste Liefe-
rung. Bonn 1884. Eduard Webers Verlag (Julius Flittner).
Vor 81 Jahren ist Arnolds epochemachendes Werk über die Yerfiissungs»
geschichte der deutschen Freistftdte erschienen. Wenige Jabre verstrichen
und es folgten Nitzsoh* werthyoUe Untersuchungen über Ministerialitat und
BürgerthuuL Dann hat noch einmal y. Maurer in ausfclhrlicher Darstellung
denselben (Gegenstand behandelt. Jeder dieser Oelehrten hatte den gleichen
Stoff unter anderem (Gesichtspunkte betrachtet^ aber jeder hatte es Ar
nothwendig gehalten an die Geschichte der einzelnen Stttdte anzuknüpfen
oder sie zum Belege heranzuziehen. Darin lag ein werthvoller Fingexieig
für die weitere Forschung. Was an allgemeinen Anregungen geboten worden
war, sollte an der (Geschichte der deutschen Städte untersucht und geprüft
werden, die aufgestellten Hypothesen sollten in Zusammenbang gebracht
werden mit den wirklichen Verhältnissen : Diese festzustellen war somit die
nfiohste Au^be. Aber nur in wenigen Fallen schritt man zur LOsong
derselben. HeuslersYerfiEissungsgeschichte von Basel blieb lange Zeit vereinzelt;
die Einlei tungeUi -welche Hegel den Stttdtechroniken vorausschickte, haben,
da sie sich lediglich auf das gedruckte Materiale stützen konnten, sehr
verschiedenen Werth. So kam es, dass Heusler i. J. 1872 nicht etwa eine
abschliessende Darstellung, sondern nur eine allerdings sehr eingehende,
kritische AbwSgung der einander entgegenstehenden Ansichten erscheinen
lassen konnte.
Die Ursache dieser aoAülenden Erscheinung können wir nur in der
Theilnahmslosigkeit der Stftdte erblicken. Ihre Aufgabe wftre es gewesen,
die in ihren Archiven verborgenen reichen Schätze zur allgemeinen Kennt*
niss zu bringen. Man sollte meinen, die Stftdte selbst hfttten das grösste
Interesse daran, dass Anlass und Art ihrer Entstehung erforscht, ihre Ent-
wicklung aufinerksamen Sinnes verfolgt werde, dass jede sich einer ge-
sicherten, wissenschaftlichen Darstellung ihrer (Geschichte erfreue. Feste
Sicherheit in der Behauptung wolerworbener Bechte, unbe&ngenere Erkennt-
niss der natürlichen Lebensbedingungen würden solcher genauen Betraohtang
literator. JQ^
deoisohen Stftdtewesens entsprangen sein. Aber allen derartigen ErwSganjBpQ
hat man sich mit seltenem Gleichmuthe nnd nicht geringer Sorglosigkeit
verschlossen. Man war isoMeden, wenn fElr die Unterhaltung des städtischen
Lesei^creises durch allerhand topographische und genealogische Arbeiten,
durch mehr oder weniger pikante, angeblich kulturhistorische > Studien ^
gesorgt wurde. Das blendete und beruhigte, hat aber, wie wir heul^
deutlich zu erkennen vermögen, die Geschichte deutsehen Stftdtewesens i|i
keiner Weise gefördert Nur f^r den Norden und Osten Deutschlands isteine rühi^-
liehe Ausnahme zu machen. Der tüchtige historische Sinn, der uns die Sammlung
der Hanse-Becesse und das Hansische ürkundenbuch schuf, wirktß^uchauf d^m
Gebiete städtischer Einzelforschung, wir ^ben daher seit Jahren für Brennen
und Lübeck gute Urkundenbücher. Dann kamen auch die preussische und die
sächsische Archivverwaltung etlichen Provinzialstftdten zu Hilfe. Aber eine
besondere Bedeutung für die Erkenntniss der Entstehung deutschen Stftdte«
Wesens kann diesen Sammlungen nicht zugeschrieben werden. Da treten
die rheinischen Communen in den Yordeigrund, ihnen schliessen sich
jene Süddeutschlands und Oesterreichs an. Diese alle blieben aber in der
Yerwerthung ihrer Archivalien ganz zurücL Nicht einmal auf die äussere
Instandhaltung der Archive wurde überall die erforderliche Sorgfalt ver-
wendet, erklärlich ist daher, dass ohne diese Vorarbeit unternommene
Publicationen weder in Bezug auf Vollständigkeit noch auf Genauigkeit der
Wiedergabe Vertrauen erwecken konnten. So fehlte es der historischen
Forschung an ausreichendem Hateriale, auf Grund dessen sie über die be-
reits gewonnenen Besultate hinausschreitend in dem Widerstreite der
Meinungen zu sichern Ergebnissen gelapgen konnte.
Da wurde endlich der Bann gebrochen. Die neue Anregung gieng
von den grossen am Bhein gelegenen Communen aus, in denen zuerst die
schöne Blüthe mittelalterlichen Stadtlebens sich entöltet I^^t. Bereits
liegen uns zwei Bände des musterhaft bearbeiteten Strassbnrger ürkunden-
buches vor^) und nun ist auch das Kölner Stadtarohiv iiiit einer trefflichen
Ausgabe der Schreinsurkunden hervorgetreten. Unter Höhlbaums umsich-
tiger Leitung herrscht da reges Leben. Die techni^e Einrichtung, die er
b^^nnen und in kurzer Zeit sehr weit geMhrt hat, wird ihrer klaren
üebersichtlichkeit und leichten Handhabimg wegen die Anerkennung jedes
Fachmannes finden ; sie beweist, dsss auch mit geringen Mi^tt^ln eine sorg-
fältige, genaue Ordnung durchgeführt werden kann. Viel wichtiger aber
ist, daes Höhlbaum mit Hinweis auf Franzosen und Belgier, denen sich in
neuester Zeit die preussische Arohiwerwalt;ang ai^geschlossen, die Forderung
aufgestellt hat, auch der Inhalt der ^tad^c^chive solle in pla^i^nässiger,
wolüberlegter Folge dem gelehrten Publikum zugänglich gemacht werden.
Man darf hier nichts mehr dem Zufall überlassen, der etwa einen Ge-
lehrten an ein städtisches Archiv verträgt oder irgend ei^en Gegenstand in
den Vordergrund des allgemeinen Interesses drängt Diese Forderung, welche
die technischen Arbeiten nicht als die Hauptsache, sondern ;al8 noth-
wendige Vorarbeiten erscheinen lässt, wird durch dje Wichtigkeit, die dem
Inhalte der Stadtarchive unbedingt zukommt, vollauf gerechtfertigt Ge-
^) Soeben ist aueh Hilgard, Ürkundenbuch mir Gesch. der Stadt Speyer
(Stramburg 1885) erschienen.
168 Literatur.
wftliren uns die Staatsarchive die werthvollsten Aufschlüsse über die Ver-
waltung des Staates, die Ansichten und die Thätigkeit der führenden Personen,
ermöglichen sie die politischen Beziehungen der Völker und Staaten zu
einander in klarer Anschaulichkeit darzulegen, so führen uns die städtischen
Archive in das Leben des Volkes selbst ein, zeigen uns, wie sich der Ge-
danke bürgerlicher Freiheit allmählich entwickelt hat, lehren uns die Be»
dingungen er&ssen, welche diese Entwicklung gehemmt oder gefördert haben.
Freudigen Sinnes vermögen wir dann bis in*s Einzelne zu erkennen, welch*
grossen Einfluss selbst in den absolut monarchischen Zeiten des IGttelalters
neben den mächtigen Gewalten der Landesfursten und der Geistlichkeit die
rührigen, lebendigen Kräfte des Bürgerthums geübt haben.
Das Interesse an der Erforschung dieser Verhältnisse wird noch ver-
stärkt, wenn die Stadt, deren Geschichtsquellen den Gegenstand des Studiums
bilden, eine hervorragende Bolle auf politischem und geistigem Gebiete
gespielt hat Das trifft nun vor allem bei Köln zu. Sowol die Verfassungs-
geschichte dieser grossen Handelsstadt als auch die Darstellung des innern
Lebens wie ihrer äussern Schicksale sind seit jeher als würdige Ziele
für den Historiker betrachtet worden. Eine werthvoUe Gabe ist es
daher, die uns über Anregung Höhlbaums von der Gesellschaft für rheinische
Geschichtskunde in würdiger Ausstattung geboten wird. Schon i. J. 1782
hat Mattheis Glasen in den »Ersten Gründen der kölnischen Schreinspraxis*
auch über die ältesten Anschreinungen berichtet, welche zum Unterschiede
von den spätem in Buchform angelegten auf einzelnen mehr oder minder
sorgfältig ausgestatteten Pergamentblättem vorgenommen worden sind.
Vorher wurden Verträge, Käufe, überhaupt Besitzveränderungen aller Art,
um ihre Giltigkeit zu sichern, in mündlicher Verhandlung vor den hiezu
berufenen Personen erledigt; etwa um die Mitte des 12. Jahrhunderts gieng
man von dem mündlichen zu dem schriftlichen Verfahren über. «Für
diesen Zweck war an bestimmten Tagen »der Schrein* geöffnet, hier
wurden diese Au&eichnungen, ausserdem aber auch andere Urkunden^
denen man besondem Schutz angedeihen lassen wollte, aufbewahrt Es
sind die Anfänge des Grundbuchwesens. Seit jeher ist die grosse Bedeutung
erkannt worden, welche diese Schreinskarten und Schreinsbücher besitzen,
ausdrücklich hat schon i. J. 1861 Arnold ihre Veröffentlichung gefordert,
erst heute wird dieser Forderung entsprochen. Aber dafür erfolgt die
Publication heute nicht unter dem beengten Gesichtskreise local-antiquarischer
Forschung, sondern in voller Werthschätzung ihrer Bedeutung ftLr die
deutsche Bechts- und Wirthschaftsgeschichte, für die Geschichte städtischen
Wesens überhaupt Dem entsprechend ist auf die Herausgabe grosse Sorg-
falt verwendet worden, Bobert Hoeniger, der sie besorgt und viele Hübe
daran gewendet hat, den ungefügen Stoff in entsprechender, übersichtlicher
Form benutzbar zu machen, verdient volle Anerkennung. Die Behandlung
des Textes erfolgte nach den vom Gelehrten* Ausschuss der Gesellschaft ver-
öffentlichten Grundsätzen, etliche vom Herausgeber vorgenommene Aende-
rungen und Zusätze waren durch die Besonderheit des Stoffes bedingt
Köln gehört zu jenen Städten, deren Verwaltungsbezirke sich mit den
kirchlichen, den Pfarreien deckten. Jedenfalls reicht diese Uebereinstimmnng
in die ältesten Zeiten zurück und hatte sich in das Bewusstsein der Stadt-
bevölkerung so fest eingeprägt, dass der Name parrochia auf die einseinen
Literatar. 169
Bezirke übertragen wurde. Jede dieser Parroohien hatte ihren eigenen
Schrein. Die wichtigste war die von S. Martin, die Wohnstätte der sehr
zahlreichen Eanfleute, denen der grOsste Antheil an der Begründung
st&dtisoher Autonomie zugeschrieben werden muss. Die 14 ßchreinskarten
Ton 8. Martin, welche in das 12. Jahrhundert fallen, sollen das 1. und
2. Heft der Ausgabe Allen. Im 1. Hefte, das hier besprochen wird, sind
7 Karten aus den Jahren 1135 — 1172 veröffentlicht. Li dieser Zeit hatte
das städtische Selbstregiment die schweren Schlage, die Brzbischof Anno
gegen dasselbe gef&hrt hatte, bereits verwunden und war unter einsichtigen
Erzbischöfen zu neuer Kräftigung gediehen.
Eine bestimmte, sichere Ordnung der Eintragungen vorzunehmen war
die schwierigste Aufgabe des Herausgebers. In den Karten selbst ist zwar
ein Versuch dazu gemacht worden, einmal mit Bücksicht auf die Örtliche
Lage, ein anderes Mal mit Bücksicht auf den Character des Geschäftes,
oonsequent durchgeführt wurde weder der eine noch der andere. Auch
die andern Hilfsmittel versagen, die sonst dem XJrkundenherausgeber zu
Gebote stehen. Dauergeschäfte sind zumeist ohne Datirung, Zeitgeschäfte,
bei denen sie häufiger vorkommt, fehlen in den ersten vier Karten ganz,
offenbar, da sie für die erste Zeit nicht der schriftlichen Au&eichnung
gewürdigt, sondern dem mündlichen Yer&hren überlassen wurden. Die
Fassung ist nur in der 1. Karte etwas ausführlicher, später beschränkte
man sich auf ein gedrängtes' Bögest und kürzte das Formular sehr
stark ab. Auch die Scheidung nach Schreibern bot erst ftlr die späteren
Karten geeignetere Anhaltspunkte. So konnte der Herausgeber seine Auf-
gabe nur lösen durch ein eingehendes Studium der Anschreinungen und
durch die Heranziehung des gesammten kölnischen XJrkundenvorraths dieser
Jahre. Die Ergebnisse dieser mühevollen .Vorarbeiten, über die er bereits
an anderer Stelle berichtet hat^), sind in der Einleitung, den Vorbemer^
kungen zu jeder Karte und den Noten niedergelegt.
Es wäre verlockend, den Inhalt der Schreinsurkunden in zusammen-
hängender Darstellung vorzufuhren. Aber es muss dem Herausgeber vor-
behalten bleiben »in das Verständniss des reichen aber spröden Materiales*
einzuführen. Hier möge nur eine kurze üebersicht des werthvoUen Inhaltes
Platz finden.
Ueber die ver&ssungsgeschichtliche Bedeutung, die Organisation des
SchreineB und ähnliche Fragen wird in einem zweiten Artikel nach dem
Erscheinen der folgenden Lieferungen gehandelt werden. Etliche vorläufige
Bemerkungen werden aber doch zum Verständniss des Ganzen dienen können.
Vornehmlich als Angelegenheit der Bürger und ihrer Meister wird die
Beglaubigung der vor ihnen abgeschlossenen Geschäfte betrachtet. So wird
die Zeugengebühr — anfangs regelmässig Naturalleistung, die ama vini —
als ins civile, ins civium bezeichnet; das Amtshaus, die curia (domus) rerum
agendamm, wird domus civium genannt; die Vollziehung des Geschäftes
erfolgt civili executione, sie erscheint als Ausfluss der statuta civium, wird
durch den bannus civium gesichert Doch betheiligen sich die Stadtvor-
steher, oomes und advocatns, an der Verhandlung.
<) Mittheilungen aus dem Kölner Stadtarchiv, 1, 85 ff.
170 Litwalm.
Die schriftliche Anffl^ichnniig der Handlung hat keineswegs alle EOrm-
lichkeiten, die dem mündlichen Verfisihren anhafteten, beseitigt Namentlich
die Aoflassong eines Gutes, der Verzicht auf einen Anspruch bei Erb-
theilungen, Vergleichen und Käufen erfolgte noch immer in der alten
feierlichen Form; häufig genug wird uns erzählt von: ezfestucare, calamo
abnuere, iactu calami abdicare, manu et iactu stipule abdicare. Der leb-
haften Bechtsanschauung einer vergaAgenen Zeit entspricht es, dass ein
Kölner, dessen Brüder seine Fähigkeit zur Vornahme einer rechtsgiltigen
Handlung wegen körperlichen Unvermögens anfochten, sie durch die That
widerlegte: absque mora eques domum oiviua^ pecii et in presencia om-
nium ingratis fiätribus meis propositum stabilivi (1, I, 7).
Der lebhafte Handelsverkehr, der ja die Grösse der Stadt be-
gründete, hatte auch die Bande, durch welche der, Besitz gefesselt
war, frühzeitig gelockert Wir finden keinen Hühnerzins mehr und auch
der Grundzins wird nur selten erwähnt*). Da das G«ld bereits das wich-
tigste Mittel geschäftlichen Verkehrs geworden war, so darf uns das seltene
Vorkommen der Erb leihe nicht Wunder nehmen. Doch ist eine Scheidung
zwischen freiem und geliehenem Eigen überhaupt sehr schwierig, da die
Rechte des Obereigenthümers nicht besonders angemerkt wurden und auch
der Sprachgebrauch, wie ja immer in lateinischen Urkunden dieser Zeit»
sehr schwankend ist So kommt das Wort hereditas vor filr erbgeliehenes
Gut, für ererbten Besitz, für die (Jesammtheit der Erbberechtigten, für
einen Häusercomplez und bei Eheverträgen fär Liegenschaft. Ich ziehe
daher nur jene Ajischreinungen in Betracht, welche sicher als Erbleihen zu
betrachten sind*). Als Leiheherm treten am häufigsten Klöster, einmal
die Parrochie selbst, vereinzelt auch Private auf. Gegenstand der Erbleihe
waren Häuser, Verkaufsstände und Tische, Keller und Lauben. Der Leihe-
herr, principalis heres (1, VI, 4), tritt bei der Handänderung ein; dass er
bei einer Veräusserung nicht herangezogen worden war, hatte die Ungiltig-
keit des Geschäftes zur Folge. Eine (Gebühr ftlr die Handänderung, eine
Vorheuer, wird bedungen (7, n, 24 vgl. auch 4, IV, 10). Bückkauf durch
den Leiheherm wird in 2, I, 49 angeschreint Die Haftung für die Ver-
schlechterung wird dem Beliehenen auferlegt; Vernachlässigung dieser Ver-
pflichtung zieht den Anfall an den Leiheherm nach sich (3, V, 14), ebenso
auch die säumige Zinszahlung. In dem letzteren Falle kann aber auch
eine Geldstrafe genügen. Für den Zins scheint bei normalen Verhältnissen
die Hark zu 12 Schilling als Grundtaxe gedient zu haben. Der Hofzins
wurde in die Zinssumme einbezogen, er betrug 1 solidus und wurde asi
die alten Grundbesitzer, den Erzbischof und die Stadtklöster, gezahlt (1, VI, 4;
4, IV, 10; 4, VI, 8). Als Zinstermine werden verbunden: Johaunesiag —
Weihnacht; Christi Himmelfahrt — S. Martin; Maria lichtmess — Maria
Himmelfahrt.
Belastungen mit dauernden Beuten werden zu Gunsten einzelner
Personen, häufiger aber, und zwar zumeist durch Verfügung von Todes-
*) Htihnerzinse kommen nach Ennen Gesch. der Stadt Köln 1, 408 in den
andern Parrochien häufiger vor; ist diese ohne Beleg gebotene Behauptung riohf^g,
dann würde ihr Fehlen in den Karten von S. Martm durch die freiere Stellung
der Kauflente zu erklären Bein. ») Zu verweisen ist auf Jos. Gobbers' Abhand-
lung in der Ztschr. der Savigny-StiftuBg. i,< German. Abth. S..I81 fi.
tAteratur. 171
w^gen, zu Önnsten kirchlicher öäer woläi&tiger Stifttingen vorgenommen
(Seelzins). Die Bente haftet auf dem hiezu bestimmten Besitze» doch ist
üebertragnng auf einen andern ebensowenig ausgeschlossen wie Ablösung
zu einem bei der Stiftung festgesetzten Betrage. Im allgemeinen erscheinen
so belastete Häuser zu völlig freier VerftLgung des Besitzers, nur in einem
Falle hat das Kloster Obereigenthumsrechte ausgeübt 8, II, 24. Die Bente
wird fast regelmSssig in Geld gezahlt, etlidie male werden Kerzen
gestiftet, doch auch statt deren konnte eine vorher bestimmte (Geldsumme
gegeben werden.
Sehen wir von Erbleihen und Seelgeräthen ab, so tritt die (Geistlichkeit
fast vollständig in den Hinteigrund. Freilich waren die heimischen Klöster
wolbegütert, auch fremde Stifter hatte die mächtig emporblühende Stadt
zum Erwerb von Grundstücken und Häusern innerhalb ihrer Mauern an-
gelockt; neben den benachbaiien Klöstern Bolandswert, Knechtstedten, Yillich,
Deutz, Königsdorf u. a. finden wir auch entferntere wie S. Trond und
Hirschau. Doch war ihr Besitz viel zu fest gebunden, als dass sie sich
lebhaft an Kauf und Verkauf betheiligt hätten. Sie beschränkten sich, wie
bemerkt, auf Geschäfte, die ihnen ihr Obereigenthum beliessen: Erbleihen,
Uiethe, Pacht Dass einzelne durch die herrschende Kapitalsnoth zu Ver-
pfandungen genöthigt wurden, ist leicht erklärlich. Schenkungen an sie
werden selten verzeichnet Die freigebigen Hände, welche einst die Aus-
stattung der Klöster geschaffen hatten, waren geschlossen, und fand sich
noch jemand bereit sein Seelenheil auf diese Weise zu sichern, dann wurde
die Schenkung mit solchen VorbeWten und Bedingungen verknüpft, dass
ein unmittelbarer Yortheil für das Kloster daraus nicht entsprang.
Unter den übrigen Dauergeschäften beanspruchen namentlich die zahl-
' reichen Eheverträge etwas ausführlichere Erwähnung; denn in der
frühen Zeit, in welche die Schreinsurkunden zurückreichen, fliessen die
Quellen, die uns einen Einblick in das eheliche Güterrecht gestatten, sehr
spärlich. Die Verträge wurden geschlossen Über einzelne Theile des Be-
sitzes oder über die Gesammtheit desselben, das ist bei der kurzen Fassung
der Schreinsurkunden niqht immer fest zu scheiden und erschwert sehr die
sichere Deutung. Auch der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist schwer, oft
gar nicht festzustellen. Schröder^) hat nachgewiesen, dass in Köln das
Prinoip der Gesammten Hand und das Verfangehschafbssystem die leitenden
Grundsätze fer das gesetzliche Güterrecht der tlhegatten bildeten. Sie be-
herrschen auch die Verträge, die vornehmlich dazu geschlössen wurden, die
Bechte der Kinder und des überlebenden Gatten bei Auflösung der Ehe
zu sicUerh. Bei Aulflöstiiig der beerbten (bükindeten) Ehe kbnfnten Schwierig-
kÄüsti listiin '' ctetyt^hen : die Kiüder traten m d^ Eigenthum der verfan-
genen'Güter eS^, deln'paretis s^^^^rstes blieb die Leffbzuoht daran, die freie
Veirftlgniig üblsr die'Fahmibs. Es kommt vor, dass auch die Fahmiss, zu
der inin die'tibualia, das supellectile, und die mobilis pecunia rechnete,
dnter Leibzucht ^e^llt würde, im allgemeinen ist das 'nicht beabsichtigt
worden, wie 'sich aus der 'Fassung der Verträge ergibt, ftlr 'die ich als
BeSApiel ahführe: si prolem genuerint, hereditat^m fllam öbtineat (sc. proles),
si Vefo hon gdnuerint, uter eörton isilfüin siti^rvixerit hereditatem illam
*) Geschichte lies' ehelichen Güterrechts in Deutschland II, 2 S. 5, 82 ff.
172 literatnr.
totam et mobilem peconiam (sobstantiam) obtineat ... 7, lY» 17.
anderer Weg wurde eingeschlagen, indem ein bestimmter YermOgenstheil
for die Kinder ausgeschieden, für den Best dem parens superstes freies
Verffigongsrecht zugesichert wurde (3, V, 17, vgl. auch 4, VI, 14).
Das Princip, dass die Kinder bei Auflösung der Ehe in das Eigenthom
eintreten, wurde auch bei der Wiederverheirathung des überlebenden Theils
festgehalten. Das Becht der Kinder erster Ehe darf in keiner Weise ge-
schmälert werden, wol aber erhalten sie Warterecht fGLr den Fall der un-
beerbten Auflösung der zweiten Ehe (2, II, 40 ; 2, IE, 47). Beschrftobing
erlitt ihr Becht durch die dem Leibzüchter ertheilte Tollmacht in nach-
weisbarer und unverschuldeter Nothlage den Besitz zu veräussenL
Grössere Mannig<igkeit zeigen die Heiräthsvertrftge mit Bücksicht
auf die Auflösung einer unbeerbten Ehe. Nothwendiger Weise mosste es
hier zu einem Kampfe zwischen den Ansprüchen der Verwandten und dem
freien Verfügungsrechte der Ehegatten kommen. Für die Fahmiss wurde
das letztere dem üeberlebenden stets vorbehalten, dagegen wurden die
Liegenschaften verschieden behandelt Häufig wird den Verwandten eines
jeden Gatten ihr Erbrecht an dem Vermögensantheil desselben gesichert, so
dass der parens superstes daran nur Leibzucht hat. Aber ebenso ofb ge-
währen sich die Gatten gegenseitig freies VerfQgungsrecht über den ganzen
Besitz. Vereinzelt kommt es vor, dass ein Theil der Liegenschaften ausge-
schieden wird, an dem der Ueberlebende nur Leibzucht erhält, während
der andere Theil mit der Fahmiss zu seiner Verfügung bleibt. Dagegen
war es fast allgemein üblich, dass den Verwandten des Mannes Warterecht
zugestanden wurde an dem zur Leibzucht der Wittwe bestellten Gute.
Durch besondere Umstände konnten allerdings auch da einzelne Beschrän-
kungen zu Gunsten dieser eintreten (z. B. 4, V, 17; 6, IV, 7; 7, ü, 22).
Die Verrückung des Witwenstuhls hatte keine Aenderung zur Folge, üeber^
tragung an den zweiten Gatten war jedoch nicht gestattet
Bereits habe ich die grosse Bedeutung erwähnt, welche das Geld in
Köln früher als in andern deutschen Städten gewonnen hat In den
Heirathsverträgen wird es oft erwähnt, auch zum Gegenstände eines be-
sondem Vertrages gemacht (6, IV, 8; 7, III, 1). Den mittelalterlichen
Verhältnissen entspricht dass wir auch schon in dieser frühen Zeit von
Münzverschlechterung hören. Es gab versohiedenwertige Marken (zu 12 Sdiil-
ling: 5, VI, 8; 6, VI, 4; zu 11 Schilling 3 Denare 5, VI, 16) und es war
wol keine überflüssige Wortmacherei, dass in 6, I, 1 der Summe beigefügt
wird: argenti non maculosi.
Ein anderer Mangel, wol geeignet, den Verkehr zu hemmen, war die
empfindliche Kapit^lsnoth. Ihr entsprangen die sehr zahlreichen Verpftn-
dungen. Fast ausschliesslich wird Geld begehrt, neben ihm verschwinden
die geliehenen Waaren und Produkte. Die Fristen sind meist sehr kurz.
Von 14 Tagen steigen sie bis zu der häufigsten von einem Jahre; Ver>
Pfändungen fär mehrere Jahre kommen seltener vor, mir scheinen sie mehr
als zeitliche Bentenkäufe gegolten zu haben. Ziehen wir nun in Betracht»
dass S. Martin die Parrochie der Kaufleute war, so ist die Vermuthmig
gestattet, dass das Geld nicht inuner zur Besserung der Häuser verwendet
wurde, dass es sich vielmehr um kaufmännischen Credit handelt. Der
Gläubiger sichert sich oft die Nutzung des Pfandobjekts oder einen Theü
Literatui*. 173
des Zinsertrags, bei kürzeren Fristen tritt dies Recht manchmal erst nach
yersSnmter Bückzahlong ein. Zins and andere Nntzung dienten in ein-
zelnen F&llen anch zur Abzahlung des Capitals (5, I, 13; 5, 11, 17; 5,
TI, 2). Aach noch in anderer Weise konnte der Gläubiger auf das Pfknd-
object Einfluss nehmen. Die Vermiethung desselben wurde von seiner
Zustimmung abhängig gemacht, das Yorkau&recht wird ihm zugestanden,
ebenso das Beoht zu offenbar billigerem Zinse auch nach der Bückzahlung
das verpfändet gewesene Haus nutzen zu dürfen. Die Versäumniss der
Erstattung des Capitals hatte mandierlei Folgen. Die häufigste und
schwerste war der An&ll an den Gläubiger; sie wurde auch wirklich zur
Geltung gebracht, noch sind uns Besitzeinweisungen dieser Art erhalten
(z. B.: 2, J, 37; 2, III, 19). Die Erben des P&ndgläubigers kauften dann
den verfallenen Besitz wieder zurück (2, U, 87). War Batenzahlung be-
dungen, dann hatte die Versäumniss der einen den Verlust der bereits ein-
gezahlten zur Folge. Der Schuldner' haftete für die Verschlechterung des
verpfändeten Gutes, auch hier zog Versäumniss den Anfall an den Gläubiger
nach sich (5, III, 1), umgekehrt schlug dieser, wenn er in die Nutzung
des Pfandobjects eintrat, alle auf seine Kosten erfolgte Besserung zum ge-
liehenen Capital. Die TJebereinstimmung mit den bei der Erbleihe üblichen
Bestimmungen ist hervorzuheben.
Diese üebersicht, welche selbstverständlich nur das Allerwichtigste
besprechen konnte, wird erkennen lassen, wie grossen Nutzen aus dieser
Sammlung die Geschichte des deutschen Privatrechts ziehen wird. Nicht
geringer aber werden die Ergebnisse sein, welche die Namensforschung, die
wissenschaftliche Topographie Kölns, die (beschichte seiner edeln Bürger-
geschlechter zu gewinnen vermögen. Eine Ausbeute für die Kunstgeschichte
war bei diesen ältesten Karten kaum zu erwarten, erst die späteren Bücher
bieten auch für sie, wie van Merlos Arbeiten daigethan, reiches Materiale.
Wien. Karl Uhlirz.
öelakovsk^ Jar., Codex iuris municipalis regni Ho-
he miae. TomusI: Privilegia civitatum Pragensium. Sbirka pramenu
prara möatak^o kralovstvi öeskAo. Dil L Privilegia m^t Pra^k^^ch.
Prag 1886. Im Verlage der Prager Stadtgemeinde. Qr. 8». CLXVI
u. 811 S.
Der durch seine rechtsgeschichtlichen, im Pr^vnik und der Zeitschrift
des böhmischen Museums veröffentlichten Studien auch in weiteren Kreisen
bekannte Herausgeber legt uns den ersten Band einer grossen Quellen-
publication vor, welche die Bechte und Privilegien der sämmtlichen Städte
Böhmens umfassen soll. Der erste Band bringt die Privilegien der Prager
Städte von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage. Der Herausgeber
weicht in dieser Beziehung von anderen Editoren, welche nur ältere Perioden
berücksichtigen, ab, indem er von der begründeten Voraussetzung ausgeht,
dass die Stadtrechte auch noch heutzutage nicht ohne practische Bedeutung
und rechtliche Geltung sind, wie denn die Prager Stadtgemeinde, von ihm
aufmerksam gemacht, das Heimfallrecht auf freivererbliches Vermögen und
das Eigenthumsrecht auf die Prager Moldaustrecke nicht ohne Erfolg geltend
174 Liteiatnx^
zu machen wnsste. Da di^ PabUcation die Bechte d^ fl»nzen ^tfidtü^n
Standes in Böhmen bringen soll, sind zugleich in diesem Bande die Landes-
privilegien, soweit sie die S14dte betreffen, und diejenigen iJrkunden ent*
halten, welche für alle Stttdte Geltung hatten. Der 2. B|^d soll die
Privilegien der übrigen königlichen Städte, der 8. die der Berg- und
Eammerstädte, der 4. der unterthänigen Städte, der 5. die Statuten oder
Verträge der Prager Gemeinden, der 6. je^e der übrigen Stäcite, äer 7.
die Urtheile und Belehrungen des Prager Altstädter Obergerichts^ der 8.
jene des Ma^eburger und Leitmeritzer Oberhofs, der 9. der fahrigen Ober-
gerichte, der 10. die Privilegien und vrichtigeren Docum^te der Prager
Zünfte, der 11. jene der übrigen Zünfte, ier 12. die städtischen Bechia«
bücher, welche in Böhmen im Gebrauche waren, der 13. wichtigere (besetze,
Verordnungen und Entscheidun^n der i^rrscher, der höheren Aemter un4
Gerichte in städtischen Angelegenheiten, der l4. Varia enthalte^. Öela-
kovsk^ hofft, das die Kräfte eines einzelnen übersteigende Unternehmen
mit Hilfe vo)i Localforschem und durch materielle Unterstützung der be-
treffenden Städte glücklich zu St^de z]i bringen. Die Prager Stadtg;emeinde
gieng den übrigen Städten mit gutem Beispiel voran, indem sie den 1. Band
nicht nur im Selbstverlag erscheinen liess, sondern auch die übrigen Bände,
soweit sie Prag betreffen, zu Subventioniren vei^prach ; auch das Unterrichts-
ministerium unterstützte das Unternehmen zum Behufe der Durchforschung
einheimischer und fremder Archive durch einen Beitrag. Wegen der OrOsse
der Arbeit musste sich der Herausgeber auf das Stadtrecht in Böhmen
beschränken und Mähren, obgleich dort die Entwicklung der Stadtrechte
analog vor sich gieng, unbeachtet lassen.
Da die Publication in böhmischer Sprache geschrieben ist» glaube ich
den Pflichten eines Beferenten dadurch am llesten zu entsprechen, daas ich
die gewonnenen Besultate i^ Kürz^ wiedergebe.
In einer umständlichen Einleitung spricht der Herausgeber zunfichat
von der Entwickelung des Stadtrechtes in Böhmen Über-
haupt Das einheimische slaviscbe Becht entsprach den einfachen Verhält-
nissen und Bedürfnissen der ackerbauenden Bevölkerung, die keine Städte-
anlagen kannte. Von fiscalischen, politischen und volkswirthschaftlichen
Gesichtspunkten geleitet, riefen die Herrscher des Landes deutsche Colonisteh
ins Land aus Gegenden, in denen die Städteverfiassang schon entwiekelt
war. Das ihnen verliehene Stadtrecht regelte, pfl^^ und sohützl» die
Verhältnisse dieser Bewohner, deren Erwerb in Handel, Gewerbe, H^n^^erk
und Bergbau bestand, deren Existenzbedingungen daher viel oomplicirter,
mannigfaltiger und auch vorgeschrittener waren. Indem so die Herrscher
eine jede Stadt mit einem besonderen Becht bewidmeten oder dieselbe auf
ein schon bestehendes Becht verwiesen, legten sie den Grund zu einer
particularistischen Entwicklung desselben. In den fOx mehrere oder alle
Städte erlassenen Normen der Könige, in den durch dieselben Lebens-
bedingungen erzeugten identischen Existenzformen, in dem überwiegenden
Einfluss der grösseren Städte des Landes (wie Prag, Leitmeritz, Iglaa und
Eger, welche für die übrigen Städte Oberhöfe bildeten) auf die kleineren
erblickt man das einigende nivellirende Band, welches zuerst die einzelnen
Städte zu Gruppen (das süddeutsche und das Magdeburger Becht) vereinigt
und schliesslich zu einem einheitlichen Stadtrecht führt.
literatar. 175
Mach diesen allgemeinen firörtenmgen bespriidit öelakovsk^ die
Privilegien der einzelnen Prager Städte. Von den Prager Stftdten
erOffiiet als der älteste Theil die Altstadt den Beigen. Sie entstand
unter Wenzel I. (1258) auf dem redhten Ufer der Moldau in dar Prager
Yorburg doroh die Vereinigung und Befestigung melirerer Glemeinden,
deren üm&ng und Name wahrscheinlich mit einzelnen Pfarrsprengeln zu-^
sammenfällt und unter denen die deutsche (Gemeinde von St Peter am
Pahö und das s{Atere St. Gallusviertel die ältesten sind. Die bisherigen
Forscher sahen das den Deutschen am Pofiö von Sob^law verliehene Pri-
vilegium (1174 — 1178) als Grundlage des Altstädter Bechtes an und
meinten, dieses habe sich durch mitgebrachte Bechtsgewohnheiten weiter
entwickelt; dagegen glaubt öelakovsln^ dies bestreiten zu können und die
Verleihung eines eigenen Bechtes an die Altstadt von Seite des Königs
annehmen zu sollen. Während nämlich das Soböslaw'sche Privilegium der
Deutschen am Pofiö die Wahl des Bichters zusichert und sie von allen
Lasten und Giebigkeiten befreit, habe im 18. Jahrh. auf der Altstadt ein
vom Könige ernannter Bichter mit den ans der Bürgerschaft gewählten
SchOffeili auch die höhere Gerichtsbarkeit ausgeübt, welche nach dem Sobös-
law'schen Privilegium dran Könige reservirt war. Die Altstädter seien wol
freie, aber doch zu bestimmten Lasten und Giebigkeiten verpflichtete Leute
gewesen; das erwähnte Privilegium sei auch i. J. 1274 nur für die »Präger
Deutschen^ von König PtonysI Otakar U. confirmirt worden, ohne der
Altstädter Bürger auch nur Erwähnung zu thun; wenn aber trotzdem dies
Privilegium wieder und wieder erneuert wurde, so hätten die Prager
Deutschen auch nach der Gründung der Altstadt dies Vorrecht behaupten
wollen, um namentlich in Kriegszeiten von häufigen Oeldforderungen des
Königs verschont zu bleiben; aber im ganzen hätte es, als schon veraltet^
auch nach der Gonfirmation nie gegolten; diese Incongruenz der faotischen
Verhältnisse mit dem Soböslaw'schen Privilegium lasse sich nicht anders
erklären als durch die Annahme» es sei schon bei der Gründung der Alt-
stadt, wie es bei Brunn und Iglau der Fall gewesen, oder bald darauf
vom Kjömg derselben ein umfiMsenderes Becht, in dem die bekannten
libertates civium nicht gdehli, verliehen worden. Der Herausgeber iührt
für seine Ansicht als urkundliche Belege in*s Trefifen das Diplom König
Pfemjsl Otakars U. vom Jahre 1264 Okt 21, vermöge welchen derselbe
dem Städtchen Hirschbeig iura civium Pragensium et libertates, quas ha-
bent dvitates et opida regni nostri verleiht, und die in einer Bechtsbelehrung
aus dem Jahre 1888 enthaltene Notiz, dass König Pfemysl Otakar II. 1263
den Prager Privilegien gab und bestätigte^); er weist noch darauf hin,
daas, da 1807 Znaim mit dem Bechte der Präger Altstadt bewidmet wurde,
diese selbst doch ein geschriebenes Becht gehabt haben müsse; er nimmt
daher ein verloren gegangenes Privü^um an, welches bereits i. J. 1871
unbekannt war. Erachteich mich auch nicht alscompetent diese strittige Frage
zu entscheiden, so finde ich es doch nicht wenig auffallend, dass, wenn
ein geschriebenes Becht der Altstadt existirte, es sich nicht da oder in einer
I) Das f&r Eberhard ausgestellte, auch anffsf&hrte Diplom v. J. 1265 Aujg. 25
■pricht nur im Allgemeiuen von jnribus et libertatibus, quibns aliae dvitatea
regni nostri soliiae sunt gaudere.
176 Literatur«
der mit ihm bewidmeten Stttdte wie Znaim, Neustadt, Taus etc. erhaltfiii,
oder dass die Stadt im Ealle des Verlustes sich nicht um die Emenemng
desselben bemüht haben sollte. Und schliesslich, wenn die Altstadt noch
im 14. Jahrh. ohne geschriebenes Becht ihr Fortkommen fand, warum
hätte dies nicht auch im 13. Jahrh. der Fall sein können?
Bis 1547 wuchsen die Befugnisse und Bechte der Gemeinde; der
König hatte blos Einfluss auf die Einsetzung der Schöffen, wenn er im
Lande war, das Urtheilsrecht bei Appellationen, die Bewilligung von Qe-
meindeversammlungen, Schuldenoontrahinmg und Anspruch auf einige
Zinsungen; alle übrigen landesfursilichen Bechte giengen an die Gemeinde
über. Wegen Anschlusses an den Schmalkaldischen Bund wurden der Ge-
meinde 1547 alle Privilegien genommen, nur 23 minder wichtige erhielt
sie wieder zurück. Die Gemeinde blieb wol ezimirt von dem Einfluss des
kgl. Unterkämmerers, unterstand pro forma direct dem Könige, in Wirk-
lichkeit aber den landesfürstlichen Beamten, dem Oberstkanzler der könig-
lichen Eanmier, dem Stadthauptmann und dem königlichen Bichter. In
Abwesenheit des Königs setzten die königlichen Bäthe die Schöffen ein,
dem Gremeindegericht präsidirte der königliche Bichter, der Stadthauptmann
übte die Polizei aus und hatte in Gemeindeversammlungen die erste Stelle;
die höhere Gerichtsbarkeit wurde dem Gtomeindegericht genommen und,
indem ein eigenes Appellationstribunal geschaffen wurde, hörte der Alt-
städter Schöffenhof auf für die übrigen städtischen Gerichte Obergericht za
sein. Dazu kam die Gonfiscation fast aller Güter.
Bis 1620 gelang es der Gemeinde wieder, die frühere Autonomie zu
erringen; aber Kaiser Ferdinand 11. bestätigte 1627 die Privilegien nur
so weit, als sie mit der erneuerten Landesordnung nicht im Widerspruche
standen, und behielt sich das ins legis ferendae vor.
Die Neustadt wurde L J. 1348 von Karl IV. gegründet und mit
dem Altstädter Bechte bedacht, sie unterstand also direot dem König. Die
Geschichte dieser Gemeinde ist mit Anläufen zur Vereinigung mit der
Altstadt (1867—1377, 1421—24, 1518—28) und Ck>mpetenz8treitigkeiten
zwischen beiden ausgefallt, indem die Neustadt der Altstadt das Becht der
Appellation bestritt und die unmittelbare Abhängigkeit vom Könige an-
sixebte. Schon 1436 setzte Kaiser Sigismund einen königlichen Bichter
ein. Ferdinand I. stellte 1534 das Appellationsrecht der Altstadt wieder
her, bestimmte aber, dass vom Urtheil des Altstädter Oberhofs eine Berufung
an ihn statthaft sei. 1547 traf auch die Neustadt dasselbe Loos wie ihre
Mutterstadt; von den abgelieferten Privilegien erhielt sie blos 12 zurück.
Der einzige Yortheil bestand darin, dass das Becht. der unmittelbaren Ap-
pellation an den König der Gkmeinde zugestanden wurde.
Die Zweitälteste Stiftung ist die Kleinseite. König Pfemysl Ota*
kar II. gründete sie i. J. 1257, befestigte sie mit Mauern und übergab
sie Colonisten aus Norddeutschland, welchen er höchst wahrscheinlich das
Magdeburger Becht verlieh. Merkwürdigerweise hat sich auch diese StiftungS"
urkunde nicht erhalten. Die Einsetzung der Schoflen war Saohe des kOnig*
liehen Unterkämmerers. Der landesf&rstliche Bicbter sass mit den Schöffen
nicht nur zu Gericht, sondern leitete auch die Gemeindeverwaltung. Wegen
der Uebergriffe des Ünterkämmerers bei der Einsetzung der Schöffen und
selbst in die niedere Gerichtsbarkeit verfügte König Johann 1337, dass
litexatnr. 177
die HAlfte der Schöffen jährlich ahEutreten und die Greriohtsbarkeit der
Qemeind^erichie auch auf Mord sich ta ersirecken habe, sowie daBS der
Unierkftiiimerer bei der fiinaetsang der Schöffen an den Yorsdhlag der
Bürgerschaft gebunden sei. Wahrscheinlich bestimmte schon die Gründongs-
nrkande den Sdhöfbnhof zu Leitmeritz als Obergericht in AppeUationssachen.
König Wenzel lY. verbot 1887 die Berofong nach Magdeburg. Da der
Instanzenzag nach Leitmeritz im 16. Jahrb.. ganz aufhörte, bestimmte
Ferdinand L 1547, dass die Appelation an ihn zu gehen habe. In diesem
Jahre verlor auch die Kleinseite alle ihre Privilegien und Güter; von jenen
botam sie nur 16 Stücke zurück. Der Unterkftmmerer behielt noch weiter
seinen Einfluss auf die Einstoung der Schöffen und die Gemeindeverwaltung,
aber in diese griff der Stadthauptmann immer mehr ein und die richter-
liche Gewalt ging an den königlichen Bichter über. 1628 wurde die
Kleinaeite den zwei Prager Stftdten, Alt- und Neustadt, gleichgestellt und
von dem Einfluss des ünterkftmmerers befreit.
An die Kleinseite schliesst sich das St&dtchen Hradöin an. Es wurde
wahrscheinlich unter König Johann von einem Prager Burggrafen gegründet,
der auch hier die Jurisdiction ausübte und die Schöffen einsetzte. Es galt
auch hier das Magdeburger Becht und die Kleinseite als Oberhof. Die
Bürger waren aber nicht freie Leute, sondern robot- und zinspflichtige
Unterthanen der Prager Burg. Budolf IL erhob das Städtchen zur könig-
lichen Stadt, entzog es der Botmässigkeit des Oberstburggrafen, indem er
es sich direct unterstellte, uud verlieh ihr 1598 die Bechte der übrigen
Freistftdte. Von der Verpflichtung zum Wachdienst bei der Daliborka und
der Heumahd wurden die Bürger erst 1628 befreit Leopold L unterstellte
Hraddin in politischen und militärischen Dingen der Kleinseite, in Ge-
meindeangelegenheiten aber dem Dnterkämmerer. 1754 ward Hraddin
endlich zur 4. Prager Stadt erhoben.
Josef n. decretirte 1783 eine allgemeine Gerichtsorganisation mit eineo
einzigen Appellationsinstanz und vereinigte schliesslich 1784 die 4 Städtr
zu einer einzigen Gemeinde Prag. Der Herausgeber verfolgt die weiteren
Schieksale der Stadt bis zur Eingliederung der ursprünglichen jüdischen
Cultusgemeinde Josefrtadt als 5. Stadttheil (1850), zur Bildung des frei-
gewfthlten Gemeinderathes, dem Anschlüsse von Vydehrad und Holedovic-
Bnbna und erörtert die Frage, welche von den bestätigten Privilegien noch
in Geltung sind.
Im letzten Abschnitte bespricht Celakovsk^ die Grundsätze der
Edition, die Urkunden und handschriftlichen Quellen. Die
Grundlage der Publication bildet eine Privilegiensammlung im Prager
Stadtarchiv ; leider existiren nur die Altstädter Privilegien in der Urschrift;,
während die übrigen Stadttheile ihre Bechte und Freiheiten nur abschrift-
lich besitzen. Ein besonderes Augenmerk widmete der Herausgeber der
Auffindung der i. J. 1547 abgelieferten Urkunden, aber ohne Erfolg; sie
scheinen vernichtet worden zu sein. Er musste sich mit anigeiundenen
Copien begnügen. Beiche Ausbeute gewährten endlich alte Stadtbücher,
an der Zahl 18; das älteste Manuscript ist das Altstadter Stadtbuc|;L aus
dem Jahre 1810, das Zweitälteste stammt aus der Zeit Kaiser Karls 17.
Bei dieser mangelhaften und vielfach incorrecten Ueberlieferung war die
Teztherstellung nicht ohne Schwierigkeit. Der Herausgeber druckt Intei-
imtiwaiisftti vu. 18
178 Literatar.
niaehe und dentadhe OrigimliirkuflidaiL ad liieram ab ; nur die InteqNUtetion
und der Qebvanch der grossen und kleinen Buchstaben — in deutaehm
Stücken sind nur die Eigennamen mit grossen Anfangsbuohstaben ausge-
zeichnet — werden nach modernen Prindpien geregelt. Dagegen worden
die meist ans späterer Zeit stammenden böbmischeD Urkunden nur trans-
scribirt wiedergegeben. Copien werden nach Alter und Werth geprüft, die
als best befundene Abschrift wird zur Grundlage der Edition genommen
und von den übrigen Exemplaren werden die wichtigsten Varianten unter
dem Strich mitgetheilt. Ich erwfthne schliesslich noch, dass uns der Heraus-
geber über den Aufbewahrungsort einer jeden Urkunde und ihr Schiokaal
genau unterrichtet, sowie dass ein sorgfältiges Personen*, Orts« und Sachen-
register die Benützung des Buohes erleichtert; CelakDysk;f hat also doi
heutigen Anforderungen einer Quellenpublication Genüge gethan.
Franz Mared.
Fritz Johannes, Das^Territorium des Bisthams Strass-
bürg um die Mitte des XIY. Jahrhunderts und seine Ge-
schichte. Mit einer Specialkarte« Inauguraldissertation zur Erlangung
der philosophischen Doctorwürde an der Kaiser- WilhdimB-UniTeraitat
Strassburg. Strassburg, Heitz & Mündel, 1885. 80. 224 SS. (6,50 Mark.)
Das Stiefkind unserer historischen Forschung ist bis heute noch die
historische Geographie. Wol hat man sich dem Studium der Gaugrenzen
und Bisthumseintheilungen zugewendet, aber für die späteren Zeiten des
Mittelalters ist das Feld noch &st ungebrochen ; für die Zeit der Ausbildung
der Terriiorialhoheit ist bislang fast nichts geschehen. Es hiesse nun freilidi
etwas Unmögliches versuchen, wenn man von einem beliebigen Lande den
Znstand z. B. um das Jahr 1850 aus Urkunden herstellen wollte. So mag
es kommen, dass Richter seine ausserordentlich verdienstlichen Untersuchungen
über das ehemalige Hochstift Salzburg (Ergänzungsband I zu dieser Zeit-
schrift) schliesslich auf die Feststellung der Gerichtsbezirksgrenzen beschrftnkte.
Ich stimme seinen Ausführungen über den möglichen Umfisuig und Aus-
dehnung der mittelalterlichen Geographie zwar im wesentlichen bei, aber
ganz so resignirt wie er bin ich nicht. Abgesehen von seinem Yeriangen
nach Beigabe von Karten zu bestimmten Quellenwerken, wie es in den
Quellen zur Schweizer Geschichte geschieht, die uns den Wirkungskreis eines
Klosters oder Stiftes darstellen, glaubt Bichter die Ziele der historischen
Kartographie auf die Darstellung der Gerichtsgrenzen beschränken zu müasen.
In allen Theilen Deutschlands — nicht einmal in der grösseren Hfilfte
— wird es wol nicht möglich sein mehr zu erreichen, wol aber in einer
Beihe von Territorien, in denen ein besseres Quellenmaterial vorliegt als
für Salzburg. Für diejenigen Gebiete, aus denen uns die alten Urbare
und Lehensbücher erhalten sind — und das sind gerade im Süden die
wichtigsten, Oesterreich, Bayern, die habsburgischen Stanunlande — ist ee
möglich genau den Umfang der Hoheits- und Eigenthumsnechte karte-
gn^hisch darzustellen, den die Urbare ja Ort für Ort angeben. Das ist
bisher nicht geschdien und muss geschehen, soll nioht die historische
Geographie, vrie sie das heute noch ist, eine sehr leichtfertige Tochter der
Literatur. 179
GMoUebte bleiben. Wer einigermassen mit der Qesdüchte Süddeatschlandg
vertraat ist, der wird immer mit 8ohreckeii die Territorialkarten des Spniner-
lfttneke*8Qheii Atlasses betraohten und Fehler neben Fehler, Hypothesen neben
Hypothesen finden. loh will damit keinen Torwarf gegen dieses Werk er-
heben; die Fehler liessen sich nicht vermeiden, wenn man nicht dessen
FertigsteUung allzn lange hinausschieben wollte.
Ein glüoklicher Zofidl brachte vor wenigen Jahren im Bezirksarohiv
des ünterelsasses das Urbarbach des Strassbarger Bisthams zom Vorschein,
deasen ich in dieser Zeitsohrifb ErwShnang that, and heute liegt uns nan
die historische Beorbeitang desselben vor. Diesmal ist der Edition die Be-
arbeitang vorausgeeilt.
Frita'ens Arbttt erhebt sich weit über das Darohschnittsmass der
Dianriationen, nicht leicht ist von einem Stodirenden eine annähernd so
sdiweie and complidrte Aafgabe in Angriff genommen and gleich tüchtig
dorehgeführt worden, als es hier der Fall ist. Historisch-topographische
Arbeiten sind immer dem am leichtesten, der die Geschichte eines Landes
kennt and in ihm aufgewachsen isi Beides ist bei dem Terf. nicht der
FUL Es würde leicht anbillig erscheinen, wenn ein Aelterer da in
nörgelndem Tone die Fehler auflesen wollte; wenn ich gleich wol eingehend
meiae Coiiecturen anbringe, so weiss der Yerf. wol, wie hoch ich seine
Arbeit sdhAtze.
Die feste Basis, ohne welche es unmöglich wäre die Arbeit zu unter-
nehmen, bot das erwähnte Urbarbuch von 1351 bis 1858; von hier aus
war es müglich, rückwärts die Verbindung mit dem Üteren urkundlichen
Material anzaatoben. Leider hat aber die Strassbarger Kirche in der
älteren Zeit kein ausgebildetes Urkundenwesen gehabt, ältere Traditions-
bodier usw. sind uns nicht erhalten; aber das steht der Arbeit doch nicht
so hinderlich im Wege, da erst im 12., 13. und 14. Jahrhundert die
Biadiüfe den grOaseren Theü ihres Territoriums erwarben. Eine Verfolgung
der weiteren Entwicklung nach 1350 war nicht die Absicht des Verf.; für
die Zeit von 1648 ab liegen ja auch die vortre£flidien Karten von Kirchner
vor, so dass nicht leidit mehr die historische Kartographie eines Landes
die des botitscheokigen Elsasses übertrifft
Das Urbarbuch hält der Verf. far eine Abschrift eines älteren
OrigiBals, das mindestens auf die ersten Begierongqahre Johanns von
(1806 ' 28) zurückgeht In dieser Fassung kann ich das Urtheil
f&r richtig ansehen. Es hat auf Grundlage des Johanneischen Urbar-
boches Bischof Berthold von Buoheok (1328 — 1858) ein neues anlegen
laasen, wobei ans dem älteren auch nicht mehr zutreffende Verweise herüber-
genommen wurden. Als den Verfasser hat eine Fritz unbekannt gebliebene
Diaaertation des vorigen Jahrhunderts, welche bereits dieses Urbarbuch be-
hsndelte, den Chronisten Cloeener bezeichnet, ohne Beweise dafür vorzu-
bringen. & Itesi skh auch lediglich dafür nur die Gleichzeitigkeit anführen.
VgL Johannes Fraatz in der Dissertation: Feudorum ambachtae in Alsatia
porimae lineae. Arg. 1787. S. 6: »jussu Bertholdi episcopi a Friderioo
Cloaneio preabitero Argentinensi et chori mi^oris praebendario descripta
sunt*.
Für die Fritz*8ohe Untersochung bildet die Hauptgrundlage der erete
Tbeily das eigentliche Urbar, das District fiir District, Ort für Ort die bez.
18*
180 literator.
EäiUünfto aaffü}irt> leider aber dem GeriehisweBen nicht ^,
wie das habeburgische Urbarbuch. Für die Lebensverbftltnisse bot das
alpbabetiaoh geordnete Yerzeiohnis der Lebensinhaber eine reiche QaeUe.
Sind schon in das Urbarbueh selbst einzelne XJrkonden aa%enommen| so
hat doch der Yerfiisser inr seine Zwedce hat das ganze Bezirksarebiv des
Unterelaasses durcbgearbeitet» wenn auch lange nicht alles, was der Ver-
fasser nach dem Lagerort im Archiv dtirt, nngedmckt ist Es ist also die
denkbarst weiteste Gnindlage für die Arbeit genommen; nnr hätte etwa
noch einen kleinen Beitrag die Donaoesohinger Handschrift Nr. 512, über
fratnun Argentinensiam geben können. Er gibt hie und da Zengniss für
den bischoflichen Grundbesitz und enthält ein Yerzeichniss der Lehen der
Domherrn (feoda claostralia). Der Vert hat die Geschichte des Domkapitels-
gntes ganz nnberooksichtigt gelassen and das scheint mir denn doeh ein
Mangel zu sein. Domkapitels- wie Bisthnmsgat gehen ans der gemain-
sdhaftüchen Wurzel des ältesten Grandbesitzes hervor.
In der Litezatarbenützang ist leider von der rechtsrheinischen vieles
übersehen. Hätte der Verf. das Fürstenbeiigiscbe Urkondenbach benützt»
so würde er nicht die drei Orte Allmendshofen, Eimbarg und Töhrenbadi
vom Erdboden vertilgt haben (S. 148), von denen letztere z. B. heate noch
eine Stadt ist; er würde die kleine Barg Fürsteneck nidit zar Stammbarg
der Eürstenberger gemacht haben, die erst 1286 ihnen vom Beiche sa
Lehen gegeben warde; im 18. Jahrhundert nicht einen deutschen Grafen
auf den Namen Ferdinand getauft haben. Er hätte dort für die Lehens-
orte Herbolzheim und Herdem bei Freiburg wichtiges Material gefunden.
Die Geschichte der rechtsrheinischen Strassburgischen Besitzungen würde
durch Benützung der Biezler*8chen Geschichte des Hauses Fürstenberg wesent^
lieh gewonnen haben; eine genauere Karte Badens, nicht einmal die neue
im Maassstab Vasoooy ^^^ ^^ gezeigt, dass eine Beihe von Namen des
Bezirkes Ettenheim Flurnamen sind. Aus Baumanns Gaugrafschaften im
Wirtembergischen Schwaben hätte sich die wahre Grenze zwischen Ortenau
und der Grafschaft Sulz ergeben. Ein badisches Ortslexikon würde gezeigt
haben, dass ein Kloster zu Altdorf bei Ettenheim nie bestanden. Auch
für die Darstellung der Streitigkeiten zwischen den Bischöfen, denr lotsten
Zähringer und Friedrich IL über die Besitzungen des letzten Grafen von
Nimburg wäre es von Nutzen gewesen, wenn dem Yerfiisser die Unter-
suchungen von Werkmann und Bader im Freiburger Diöoeean-'Ardiiv
Band X bekannt gewesen wären ; schwerlich würde er dann mit dem An-
kauf dieser Besitzung dieUebertragung derGra&chaft im Breisgau von 1077
in Verbindung gebracht, den Besitzungen der Strassburger Kirche eine Aus-
dehnung gegeben haben, die sie nicht besassen. Auch far die üebertr»-
gung von Kyburg u. s. w. seitens Grafen Hartmanns an die Strassburger
Kirche von 1244 ist dem Yerf. die neuere Literatur unbekannt geblieben.
Aber damit habe ich die schwächste Seite der Arbeit hervorgehoben, Uk
habe die Mängel so scharf gezeichnet, um zu zeigen, dass mein ürtheil
nicht für den Yerfiuser einseitig befimgen ist
Die gerügten Mängel einer mangelhaften Benutzung der Idterato^
treflfen nicht zu für die elsässischen Theile. Im Elsass ist der TerfeissiBr
ganz zu Hause und dort liegt auch der Schwerpunkt seiner Arbeit
Das bischöfliche Territorium ist aus kleinen Anfängen im 12. and
literaiur. 181
18. Jalirhandert weniger durch Schenkongen und Kauf als dnroh eine ziel-
bewusste Politik der Bibchöfe, die sich Yon der Last der Yogteien loszu-
machen, die absterbenden Eaxnilien auszunützen bestrebten, und durch
einen geschickten Widerstand gegen die Staufer zu grosser Bedeutung ge-
langt erst im 14. Jahrhundert nach dem schweren Bückschlag, den die
Schlacht bei Hausbergen 1262 zeigt, wird durch Kauf eine Arrondierung er-
8trebi> bis im Jahre 1350 eine Herrschail von der GrOsse des heutigen Herzog-
thums Sachsen- Altenburg zusammen gekommen war. Gerade dieser per-
manente Widerstreit mit den staufischen Interessen, der zu zahlreichen
Kftmpfißn führte, der Antheil an sftmmtlichen Erbfolgekriegen der ober-
rh^inisöhen Tiefebene erheben die Arbeit zu einem wichtigen Beitrag zur
Beichs^eschiohte. Freys Buch: Die Schicksale des königlichen Gutes in
Deutschland unter den letzten Staufern seit König Philipp, wird in allen
elsBssisohen Birtien weit überholt. Tor allem nach vier Seiten hin kommt
die Ausdehnung des bischöflichen Territoriums mit der Beichsgeschichte in
Gontakt: in der Erwerbung des alten Grafschaftsgutes des Nordgaues; in
dem Anttieil an der Dsgsburg-Egisheimer Erbschaft; in den Verhandlungen
-mit den Staufem und schliesslich in den Beziehungen zu den Habsburgem.
Viel Kopfzerbrechens hat man sich bislang die Erklttrung der Graf-
fichaftsdörfer kosten lassen, eine besondere Grafschaft hat man oonstruirt
tmd andere ErklArungsversuche gemacht. Fritz hat die Vermuthung auf-
gestellt^ dass die Dörfer das Grafschaftsgut der grossen Landgrafedhaft Unter-
elflass darstellen. Bechte habe dann die Strassburger Kirche darauf wol
erworben in der 'Zeit vom 1175 bis 1197, in der wir keinen Landgrafen
nachweisen können, sondern wissen, dass die Grafechaft wenigstens eine
Zeit lang beim Beiche selbst behalten wurde. Dieser ansprechenden Hypothese
kann ich nur zustimmen, aber ergftnzend noch hinzufügen, dass wohl die
Erwerbung der Bechte in die Zeit des Bischöfe Konrad von Huneburg fll90
bis 1202) itillt, der mit Heinrich VI. eng verbunden war und dem Hause
angehörte, dem der letzte alte Landgraf Gottfried entstammte. Yon diesem
heÄssb es, qui domicilium habebat apud Huneburch. Würdtwein Nova
sabe. dipl. X, 60. Es mag also sein, dass Friedrich L die Grafechaft nach
Gottfrieds Tode einbehielt, vielleicht ihm sogar nahm, an dem Grafechafts-
gnte aber dem Bisthume gewisse Bechte einräumte. Vielleicht ist darin
eine Entschädigung für die dem Bisthum 1191 gemachte, 1192 aber zurück-
ftenammene Schenkung der Beichsabtei Erstein zu sehen. Ygl. Urkunde
Heinrichs TL. von 1192 März 4. Strassburger Urkundenbuch I, 106.
Es sind also nicht Grafechaftsrechte, nicht Hochgerichte, durch deren
Erwerb das Bisthum sein Territorium vergrösserte, sondern Eigenthums-
reehte und niedere Gerichtsbarkeit, welche das Fundament der späteren
lAndeshoheit bilden. Ich betone das hier mit aller Schärfe, da in jüngster
Zeit R Bichter in der angeführten Arbeit die Quelle der späteren Landes-
hoheit in dem Besitz der hohen, der Grafengerichtsbarkeit gesucht und für
Salzburg auch nachgewiesen hat. Für Bayern erkenne ich die Bichtigkeit
dieses ]&gebni8ses an; sobald man aber nach Oberschwaben kommt, dreht
aich das Verhältniss um, obwol dort die alte Gerichtsverfassung noch ver-
liftltnissmässig lange bestand; im Elsass ist vollends der Besitz der Grafen-
gmehtsbarkeit ohne jede Bedeutung fär die Entwicklung der Landeshoheit
gewesen. Bei allen verfassungsrechtlichen Untersuchungen ist es dringend
182 Literatur.
ncth wendig aaf die StammesiinterBchiede Obaoht zu haben; eine glftjfihmfcwige
Entwicklung über das ganze deutsche Gebiet hinweg hat es nichtge-
geben. In der obenerwähnten Urkunde Heinrichs VI. wird der Schenkiuig
des allodium nostrum speziale Milzeche in Metensi episoopatu sitnm gedaehi»
wo Fritz in den Berichtigungen Milzeche richtig als Mulzey bai Dieoze er-
klärt^ Fritz hat übersehen, dass vorher schon nicht allein Otto UI. sondern
schon Karl der dicke aus diesem Ort der Straasburger Kirche schenkte, was
bislang, soweit ich sehe, von allen Forschem unbeachtet geblieben ist In
dem ca. 4180 geschriebenen Anniversarienbuch des Strassbnrger Domkapitels
heisst es unter dem 18. Januar: »Earolus imperator obüt» de Mikäoha
plenum seruitium et in medio Maio deferentur ad cellarium iratrum 10 modii
salis et in Nouenbre similiter, insuper libras sex Metensis monete.^
Die Darstellung des Dagsburg-Egisheimer Erbschaftstreites» der 1228
zur Schlacht bei Blodelsbeim, 1229 zur Belagerung Strassbuigs durch
Heinrich YII. ffthrte, legt die oompliderten Verhandlungen und EBmpfe
klar zu Tage. Von noch hervorragenderem Innterresse Ar die Beichqgnv-
schichte ist der Streit um die Strassburger Eirehenlehen der ßtanfer, der
mit dem Jahre 1196 beginnt, um erst 1308 definitiv beigelegt zu werden,
nachdem der Handel sich auch auf staufisehes Allodialgut ausgedehnt hatte.
Die ältesten Beziehungen der Habsbuiiger gehen auf die Zeiten Bisdiof
Wemhers I. zurück (1002 — 1027). In meinen Habsburger Studien I habe ich
gezeigt, dass dieser wirklich ein Habsburger war und dass dem Chron. Ebero-
heimense, das von Beraubung des Klosters durch Wemher uud seinen
Bruder Badbot erzfthlt, doch mehr Glauben beizumessen ist, als bislang
geschah. Auch Fritz ist dazu geneigt und regt abermals die PrüAiag der
Urkundenftlschung dieses Klosters an. Sein Zweifel, ob in diesen Berichten
Wemher L oder IL gemeint sei, ist durch nichts begründet. Später haben
dann die Habsburger die Yogtei über die in ihrer Grafschaft gelegenen Be-
sitzungen der Strassburger Kirche, das Mundat Bufach, erworben. Vis Budolf
1269 seine Bechte gegen Erwerbungen im Albreohtsthal au%ab. Unter
Friedrich dem Schönen hat Bischof Johann L von Dirbheim den Versuch
gemnoht» dieses ganze Thal, das an den grossen habsbuigischen Banqoier
Heinrich von Mülnheim verpfibidet war, für seine Kirche zu erwerben;
die bezügliche Darstellung bei Fritz musste so verwirrt werden» weil er
von der auf die notae historicae Argentinenses fussenden VoraossetsaBg
aufigieng, auch Heinrich von Mülnheim sei Anhänger Ludwigs des Bayern
gewesen, während er doch der Banquier Friedrichs des Schönen war, wie
Fritz aus dem dritten Band des Strassburger ürknndsnbuches hätte ersehen
können. Entgangen ist auch dem Verlasser, dass im hababurgisolv-öeterr.
ürbarbuch von 1808 (BibL des lit. Ver. Band XIX), Ensisheim, der spAtoe
Mittelpunkt der österreichischen Vorlande, als Strassburger Lehen beseidmet
ist; im Berthold*schen Urbarbuch ist seiner freilich keine Erwähnnag
geschehen. Auch die bez. Angaben über Embrach übersah dar Vert
Besondere Schwierigkeiten bot dem Verfisaser die Bestimmung der
Ortschaften, deren vielleicht 300 im Ufbarbuch erwähnt sind. Wenn ich
auch nicht überall einverstanden bin, so sind doch die weitaus aeiaten
Bestimmungen im Elsass richtig und damit ftb: dis Dopogrsphia d#8 üadse
ein gutes Stück Arbeit gethaa. Einen von Grandidier durch Weiland
und Schricker übernommenen Irrthum, als sei Species in der geflUacUen
literatnr. IgS
ürkimde König Dagoberte von 662 2. April di9 Boxg Spfisbiug wizd ri«hidg
dahin oorrigirt» dass damit Spiez am Thimer See gemeint ist Dooh ist der
oondtatna Bazgensis nicht ein Theil des Aargaues.
Die beigegebene lithographirte Sparte im Maassstab 1 : 820.000 onter-
«dieidet zwichen dem Allodialbesitz, Lehensgat und dann wieder in ver-
schiedenen Abstafixngen, ob es sich nur mn Theilbesitz bez. Theilbelehnnng
handelt. Es gibt femer die Grenzen der einzelnen Yerwaltongsbezirkey die
Lage der Bnrgen o. b. w. an, so dass ich nicht anstehe, sie als ein Master
för Detailkarten zor Geschichte des Mittelalters za bezeichnen, die sich der
▼ortrefiPlichen Siezler-Baomann'schen Karte der Förstenbergisohen Lande an
die Seite stellen darf, wenn sie anoih schon bescheidener ausgestattet un*
coloriert nnd anf lithographischem Wege beigestellt auf den ersten Blick
dagegen abfilUl Nicht ge&llen will es mir, dass bald die moderne, bald
eine mittelalterliche Foim der Ortenamen gewählt ist Anch im Texte
wiederholt sich das, der dazu leider durch eine grosse Zahl von Druck-
fehlem, Verschiebungen der Anmeikungen u. s. w. enteteilt ist Trete der
Sprödigkeit des Stoffes ist es dem Verfiisser gelungen eine ziemlich gelfiufige
Darstellung bez. Unteräuchung zu geben.
Ein Anhang gibt eine üebersicht über die Hoheite- und Besiterechte
sowie die Einkünfte des Bischofs innerhalb des bischoflichen Territoriums,
ein zweiter behandelt in Kürze nicht <$hne Fehler in der Auffassung des
Boigmanneninstitutes die bischöflichen Burgen, eine Schlussbemerkung ist
dem derzeitigen (1850) Stand der bischöflichen Einkünfte gewidmet. Auf
dieee Theile will ich hier nicht n&her eingehen, da ich in einem bereite
seit Iftngerer Zeit abgeschlossenen Aufsate über die Verwaltung der habs-
burgischen Lande im Elsass diese Verhältnisse näher berühre und vielleicht
noch nachtrSglich für einige Aubeinandersetzungen mit Frite'schen An-
Behauungen Plate finde. Auch diese leteten Theile sind sehr dankenswerth,
erregen aber aufs Lebhafteste den Wunsch das ganze ürbarbuch selbst
durcharbeiten zu können. Im Elsass selbst wird schwerlich ein Verleger
den Druck desselben wagen, ich glaube aber dass der literarische Verein
in Stuttgart in der Publikation desselben sich eine dankbare Aufgabe stellen
konnte; zumal ein tüchtiger Bearbeiter in Frite sink von selbst darbietet
Karlsruhe. Alojs Schulte.
Bruder Adolf, Dr. jar., Custos, Studien über die Finanz-
politik Herzog Budolfs IV. von Oesterreich (1358 — 1865).
Mit Benützung zweier ungedruckter Gutachten des XIV. Jahrhunderte.
Innsbruck, 1886, Wagner (VIII, 132 S. S«).
Die Veranlassung zu vorliegender Arbeit war ein ungedrucktes Gut-
achten des berühmten Theologen Heinrich Langenstein aus Hessen, seit
1383 Professor in Wien, über das Bentenablösungsgesete H. Budol& IV.
(welches Gutachten nach den Ausführungen Bruders in den Jahren 1394
bis An&ngs 1397 abgefasst sein dürfte), wodurch die Aufmerksamkeit des
Verf. audi auf eine kurz vorher geschriebene Abhandlung des Juristen
Johann Beutter und spätere Gutechten der Stadt Wien. und des Gardinais
Philastrius gelenkt wurde. Der Titel erklärt sich dadurch, dass der Verf.
]g4 Literatur.
dieses Gesetz wie andere Verordnungen niobt so sehr durch national-
ökonomische, als vielmehr durch finanzielle Motive, durch das Streben, die
Steuerkraft der landesfürstlichen Stftdte zu heben, veranlasst sein Itat.
Ehe der Verf. die Gesetze Rudolfs IV. selbst bespricht, untersucht er ein-
gehend, freilich nicht auf Grund neuer Ueberprüfung des urkundlichen
Materials, aber mit um&ssender Benützung der ausserordentlich reich-
haltigen juridischen und national-ökonomischen Literatur, die mittelalter^
liehe H&userbelastung, Erbleihe und Bentenkauf und die Begriffe Burg-
recht, Grundrecht, Ueberzins und dergl. An die Erörterung der Verord-
nungen Budolfs IV. fügt der Verf. Auszüge aus den oben erw&hnten
Gutachten und schliesst mit einer üebersicht über spätere verwandte Ge-
setze besonders in Oesterreich bis in die neuere Zeit
So sehr Bef. die Gelehrsamkeit des Ver£ anerkennt, muss er doch in
einem wichtigen Punkte von ihm abweichen, in der Baurtheilung der
Gesetze Budolfs IV. über die Ablösung der Beuten und Grundzinse in
Wien und anderen landesfärstliohen Stttdten. Der Herzog hat darin ver^
ordnet, dass die Ablösungssumme das Achtfache der jährlichen Abgaben
betragen sollte. Bef. hat in seiner »Geschichte des H. Budolf IV.* S. 122
auf Grund urkundlicher Untersuchungen sich dahin geäussert, dass dies
auch ungefllhr dem damaligen Bentenpreise (von Häusern in den öster-
reichischon Städten) entsprochen zu haben scheine, jeden&lls im Durch-
schnitt keine übermässige Begünstigung der Verpflichteten gewesen
sei. Der Verf. dagegen behauptet S. 41: »Die Begünstigung der Pflichtigen
war gross*, und beruft sich dafür später auf Aussagen Beutters und
LangeQsteins, andererseits auf urkundliche Belege. Nun behauptet aller-
dings Beutter (S. 72), ein Pfund Beute sei oft das Sechzehn&ohe werth.
Auch Langenstein sagt einmal (S. 85), es sei sogar zweifelhaft, ob das
Achtfache auch nur ungefähr die Hälfte des gerechten Preises von einem
Pftind Beute sei. Aber an einer anderen Stelle (S. 75) sagt er, vor dem
Gresetze von 1860 seien die Beuten theils unablöslich, theils rückkäuflicfa
gewesen, viele um das Zehn&che, andere um mehr, andere um weniger,
und zugleich gibt er (S. 82) zu, dass das Achtfache in einzelnen Fällen
der gerechte Preis sein möge, aber es ungerecht sei, dies auf alle auszu-
dehnen, indem er zugleich bemerkt: >Da ich in Oesterreich Fremdling bin^
kenne ich nicht den höchsten und niedrigsten Bentenpreis. * Dabei darf
man nicht übersehen, dass beide Professoren, die auf dem Standpunkt des
canonischen Bechts standen, principielle Gegner des Gesetzes überhaupt
waren (da es das Zinsnehmen befördere I S. 78), also nicht ganz un-
parteiische Zeugen waren, und dass von 1860 bis 1890 gewiss der Zina-
faaa gesunken, also der Bentenpreis gestiegen war. Die urkundlichen
Belege aber, die der Verf. (S. 95) dafür anführt, dass der Bentenpreis das
Zehn-, Zwölf-, Sechzehn-, Zwanzig&che der jährlichen Abgabe betragen
kabe. sind nicht beweisend. Ich habe in meiner >G^eschichte H. Budol& IV.*
S. 122 N. 8 darauf hingewiesen, dass es darauf ankomme, zu erforschen,
wie hoch der Preis der Benten und Grundzinse in der Zeit kurz vor 1360
und zwar nicht von beliebigen Gütern, sondern von städtischen Häusern
gewesen sei, da sich das Gesetz ja doch nur auf diese bezog, und habe aus
den Jahren 1851 bis anfangs 1860 einige Beispiele fElr Käufe um das
8-, 8%-, 8V4-, 9- und 10%ofeohe angeführt Der Verf. greift nun aber
Literatur. Ig5
bis an das Ende dos dreizehnten Jahrhonderts zorüok und bringt ver-
schiedene Belege auch von Bentenkäufen auf dem Lande, wo naoh den
zahlreicben Beispielen^ die ich mir bei den Vortirbeiten für die Oeschicbte
Badol& IV. ans verschiedenen österreichischen Urkondenbüchem gesammelt
habe, der Preis offenbar im allgemeinen ein höherer gewesen ist, als in
Wien. Ich will nicht leugnen, daas auch hier nuinchmal Bent» theorer
Torkanft worden sef, als tun das Achtfache. Aber nach den vorliegenden
Urkunden wird man nicht behaupten können, dass der Durchschnittspreis
nm jene Zeit ein viel höherer gewesen sei. Wenn man aber für die Ab-
lösung einen Normalpreis festsetzen wollte, so war es doch vom politischen
und nationalöoonomischen Standpunkte aus gerechtfertigt, nicht die Beuten-
besiiier, sondern die Pflichtigen einigermassen zu begünstigen.
A. Huber.
Jahrbuch der kunsthisiorischen Sammlungen des
allerhScbsten Kaiserhauses, herausgegeben unter Leitung des
Oberstkämmerers Sr. k. u. k. apostoL Majestät Franz Ghrafen Folliot
de Crenneville^), (Ferdinand Grafen zu Trauttmannsdorff- Weinsberg)*)
vom k. k. Oberstkämmereramte. I. bis IV. Bd. Wien 1883—1886.
Thufk und Y^lag von Adolf Holzhausen.
Schon im Jahre 1876, als eine systematische Neuorganisation der
kunsthistorischen Sammlungen des österreichischen Kaiserhauses nach einem
vom Kaiser genehmigten Greneralprogramme durchgefOihrt wurde, war auch
die Herausgabe eines wissenschaftlichen periodischen Organs, welches mit
den Zielen und Zwecken der Sammlungen aufs Engste verbunden sein
sollte, in Aussicht genommen. Der Plan des Jahrbuches ist demnach be-
deutend älter als dessen Ausführung, denn erst im Herbste 1882 konnte
der erste Band erscheinen. Seitdem aber gelangte jeder folgende Band
pünktlich am 1. November eines jeden Jahres zur Ausgabe. Wer die
Schwierigkeiten der Herstellung eines periodischen Druckwerkes von der
Art des Jahrbuches zu beurtheilen und zu schätzen weiss, wird dem
Bedacteur desselben, Hofrath Qu. E. v. Leitner, und seinen jedenfalls
nicht geringen Bemühungen für diese Pünktlichkeit alle Anerkennung
zollen müssen.
Das Jahrbuch gliedert sich in zwei Theile. Der erste Theil bringt
historisch-kritische Abhandlungen, welche sich auf Gegenstände der kaiser-
lichen Haussammlungen und auf die Kunstbestrebungen der Mitglieder des
habsburgischen Geschlechtes beziehen. Sie rühren fast durchaus von den
an den verschiedenen Sammlungen angestellten Beamten her. Für den
Inhalt und den Werth dieser Abhandlungen sind sie allein verantwortlich,
da sich die Bedaction dem Programme gemäss jeder Einflussnahme auf
dieselben entschlagen hat, denn sie sollten ein unbeeinflusstes Zeugniss
ablegen, wie für die Sachkenntniss, so auch für den Geist und die Auf-
fassung, mit welcher die zur Leitung der verschiedenen Specialsammlungen
Berufenen den kritischen Anforderungen der Kunstwissenschaft gerecht zu
werden suchen.
<) Bd. 1 und 2. >) Bd. t und 4.
186 tiiteratur.
üebe]4)liokt man die in den vorliegenden vier Jahi^gfSngen gebotenen
wissenschaftlichen Abhandlungen, so bieten sie sowohl intensiv wie extensiv
eine bedeutende Bereicherang der kunsiarchäologisohen und knnstgesobicbt-'
liehen Literatar. Sie bringen nicht nur sehr viel Neaes, sie sind nicht
nnr grösstentheils gehaltvoll, sondern sie stehen andi fast dorchaos auf
der Höhe der Wissenschaft. Bei ihrer bedeutenden Anzahl und bei der
so grossen Mannigfaltigkeit der in ihnen behandelten Stofie kann es sich
hier nur darum handeln, eine allgemeine üebersicht über dieselben zu geben.
In*s Gebiet der Aegyptologie gehört die Arbeit von E. R. v. Be r g m a n ti ; sie
verbreitet sich eingehend über den Sarkophag des Propheten Panehemisis
(c. 860 — 280 V. Chr.). Mit Gegenständen der antiken Ardiftologie be-
schäftigen sick der Aufeatz vonE. Freih. v. Sacken: >ü«ber einige rdmisdie
Metall- und Emailarbeiten ^ und der erste Theil der Abhandlung »Zur
Gemmenkunde*, dann die Arbeiten F. Eenner*s >Bömische Medaillons*
und B. Schneider 's »üeber zwei Bronzebilder des gehörnten Dionysos*
und »Ueber zweiunedirte griechische Bronzen*. Der zweite Theil von Backens
Att&atz zur Gemmenkunde berührt die altohristliohe und mittelalterliche.
Archäologie. Die Mehrzahl der Abhandlungen schlägt jedoch in*d Gebiet
der neueren Eunstgeschichte ein. In die üebergangszeit vom Mittelalter
zur Neuzeit f^Ut die Arbeit von E. Hartmann v. Franzenshuld
»Ein höfisches Eiartenspiel des 15. Jahrhunderts'*; sie liefert eine ausfOhr-
liehe Beschreibung dieses einzigen und voUstäoidig erhaltenen Exemplares.
Die Aufsätze »Madonna mit dem Eonde*, »Marmorrelief des Bossellino*,
»Adrian de Fries*, »Das Spielbrett von Hans Eels* und » Giovanni da Bologna
und seine Beziehungen zum kaiserlichen Hofe* von A. Ilg verbreiten sich
über Werke der neueren Sculptur. Auch die Abhandlung von Kenner
»Cun^/een und Modelle des XYL Jahrhunderts* f&VLt in dieses Gebiet Ein-
gehend handelt E. Chmelarz über den erst vor Kurzem bekannt ge-
wordenen zweiten Theil des »Diumale oder Gebetbuches des Kaisers Maxi-
milian I.*, welches zugleich vollständig reproducirt ist. Mit Werken der
Malerei beschäftigt sich der Director der kaiserlichen Gemäldegalerie im
Belvedsre, E. B.v.Engerth, indem er » Ueber die im neuen kunsthistorisohen
Museum neu zur Aiästellung gelangenden Gemälde* Bericht erstattet und
ihre Einreihung unter die übrigen zu rechtfertigen sucht. Als erläuternde
Clommentare zu den von Kaiser Maximilian I. veranlassten grossen Hdbs-
scbnittwerken, welche in Neuabdrucken als Beilagen zu den einzelnen
Jahrgängen ausgegeben werden, sind die Abhandlungen von F. Schestag
»Kaiser Maximilian I. Triumph*, von E. Chmelarz »Die Ehrenpforte
des Kaisers Maximilian I.* und von S. Laschitzer »Die Heiligen aus
der Sipp- Mag- und Schwägerschaft des Kaisers Maximilian L* zu betrachten.
ExWgnissen der Kmistindustrie sind gewidmet Ilg*s Besprechung der
» Limousiner Grisaillen * und die Arbeiten von E. B. v. B i r k und W. B o e h e i m.
Ersterer liefert ein sozgfUltig gearbeitetes und genaues »Inventar der im Bedtae
des österreichisdien Kaiserhauses befindlichen Niederländer Tapeten und
Gobelins*, letzterer handelt »Ueber einige Jagdwaffen und Jagdgeräthe.^
Endlich schildert D. Schönherr in einem allgemein gehaltenen, ge-
diegenen Artikel »Die Kunstbestrebungen Erzherzogs Sigmund von Tirol. ^
Wie man aus dieser Zusammenstellung ersieht, schlagen die Abhand*
lungen in die verschiedensten Gebiete der Archäologie und Kunstgeschidite
Literatur. 187
ein, sie stehen also oaf demselben uniTersellen Standponkt, wie die
liehen Sammlungen s^bst Die im Prognunm aufgestellte und auf den
eisten lUiok etwas looalpatriotisQh sdheinende Beachiftnkung yersdhwindet
somit in der AnsAhrung fast ganz.
Was den Werth der Abhandlungen in dem Jahrbnidie besonders
erhöht und worin dieses allen tthnlidien Unternehmungen gegenüber einzig
und unübertroffen dasteht» ist der Umstand, dass &st sftmmtliche be-
sprodienen Knnst^egenstünde in Yorirefflidien und getreuen Abbildungen
beigegeben sind. Dadurch ist jedem auch femstehenden Sacdiyerstttndigen
eine ihst roUstlindige Controle der in den Aufsätzen entwickelten Besulsate
der Forschung ermögUdit. Neben yereinielten Originalradirungen sind zur
Beprodnction mehrere Arten der photo-diemigraphisGhen Yerrielfiütigung
gewfthlt. Für eine solche Art der Publioation zu rein wissenschaftlichem
Zwecke sind dieee ganz wohl am Platze und insbesondere, was die Ge-
osnigkeit der Wiedexgabe anbelangt, der manuellen Nachbildung in den
meisten itlllen vorzuziehen. Welche Fülle der Abbildungen die vier vor-
liegenden Bände enthalten, zeigt am deutlichsten die Angabe, dass in ihnen
293 Teztillustrationen erscheinen und ausserdem noch 212 selbstständige,
in Heliogravüre, Photolithographie und Badirung hergestellte Blätter von
der Orüsse des JahrbudMS beigegeben sind. An Beicd^haltigkeit, Vortreff-
Ikhkeit und Zweckmässigkeit der lUustrationea wird so das Jahrbuch von
keiner anderen periodischen wissenschaftlichen Publication übertroffen, ja
es reicht an dasselbe nidit eine auch nur entfernt hinan. Mit der Zeit
wird auf diese Weise nicht nur ein grosser Thül der wichtigsten und
intereseantesteB Kunstgsgenstände der kaiserlichen Sammlungen in getreuen
und brauchbaren Abbildungen der wissenschaftlichen Forsdiung zur Yer-
fnguQg stehen, sondern beim gleichmäasigen Fortsehreiten des Jahrbuches
in den eingesdilagenen Bahnen wird es nsch einer Beihe von Jahren viel-
leicht ermöglicht sein, mit Hilfe der aufbewahrten Platten einheitliche und
snsammenftssende wissenschaftliche Publicationen nach den verschiedensten
Oesiditspunkten und Zweigen der Eunstwiesenschaft zu veranstalten und
so das jetzt vereilieelnt und zerstreut Gebotene systematisch in ein ein-
heitliehes Ganzes zusammenzuihssen. Es ist dies ein so practischer GFe-
danke, dass ihn die umsichtige und sachkundige Leitung und Bedaction
des Jahrbuches gewiss schon in vorhinein in*s Auge gefasst haben wird.
Der zweite Theü des Jahrbuches enthalt Quellen zur Geschichte der
kaiserlichen Haassammlungen und dar Knnstbestrebnngen des habsburgischen
Geschlechtes. Ueber die hiebei befolgte Methode heisst es im Programm:
»Um das bisher zumeist brach gelegene historische Quellenmaterial mit
mögtiehster Beschleunigung in den kunstwissenschaftlichen Literaturkreis
einsobexiehen und zum Gemeingut f^ die au&trebende Sunstforschung
zu machen, hat ee sich empfohlen, die Publidrung der Forsohungsresultate
nicht auf jenen Zeitpunkt zu verschieben, wann dieselben, aus allen hier
in Betracht kommenden Archiven gesammelt, als abgegrenztes Gkmzes vor-
liegen, weil dadurch, im Gegensatze zu der in diesem Jahrbuche befolgten
Methode, die VeröffentUehung dieses insbesondere far die Geschichte der
kaiseriidien HiussammluAgen grundlegenden Qqellenmoterials auf unab-
sehbate Zeit hiniMifigesehoben worden wäre. Die Publioation der Quellen
nach dea einseinen Arohi7en, so wie sie hier durchgeführt wurde, gewährt
188 Literatur.
den Yortheil, dass die von eixuselnen Forscbem jeweilig erzielten Beealtale
ohne Bücksicht auf den Gtosammtfortschritt dieser Arbeiten sofort und un-
unterbrochen bis zur gftnzliohen Ausbeute eines ArohiYS im Jahrbnehe
veröffentlicht werden kOnnen.* Diesem Standpunkte der Bedaction moss
man als dem einzig richtigen unbedingt beipflichten.
In dieser Beziehung ist das Programm des Jahrbuches zugleich durch-
aus originell. Es gibt keine periodische Zeitschrift^ welche eine systematiadie
und ununterbrochene Yeröfientlichung Yon urkundlichem Material bringt
Gerade hierin aber liegt der unvergängliche Werth des Jahrbuches und
seine eminente Bedeutung für die Wissenschaft. Denn erat das Henror-
holen der auf die Eunstbestrebungen der Habsburger bezäglichen Urkunden
aus dem Staube der Archive i|ird es möglich machen, ftber sie .ein all-
seitig richtiges und gerechtes ürtheil f)&llen zu können.
Die bis jetzt publicirten Urkunden umfassen bereits 4000 Nummern
und gehören zum grössten Theile in die Periode der Begierung Kaiser
Maximilian L Es wurde die Ausbeutung mehrerer Archive zugleich in
Angriff genommen. Die Urkundenauszüge und Begesten aus dem Wiener
Staatsarchive sind unter Mitwirkung von J. B. v. Fiedler und J. Paukert
herausgegeben von Heinrich Zimerman. Sie beginnen mit dem Jahre
1804 und reichen bis 1580. Bis zu dem gleichen Jahre gehen auch die
von Zimerman und F. Ereyezi bearbeiteten und mit dem Jahre 1488
beginnenden Urkunden aus dem k. und k. Beiohsfinanzarohiv. Die Periode
von 1490 — 1540 umfassen die von Schönherr aus dem Innsbmcker
Statthaltereiarchive mitgetheilten Begesten; das filtere urkundliche Material
dieses Archives wurde von ihm in der bereits erwähnten Abhandlung »Die
Eunstbestrebungen Erzherzogs Sigmund von Tirol < verwerthet. Von einem
etwas über das Programm des Jahrbuches hinausfidlenden Gesichtspunkte
aus sind die Wiener-Neustädter Archive ausgebeutet worden, denn die von
W. Boeheim aus dem Stadtarchiv (1805 — 1667) und die von J. Mayer
aus dem Ereisgerichtsarchiv (1480 — 1497) publicirten Begesten beziehen
sich auf das gesammte Eunstgewerbe dieser Stadt Ebenso sind auch die
Auszüge aus den in der niederOsterreichischen Landesbibliothek und dem
Staatsarchiv aufbewahrten Codices des Arlbetger Bruderschaftsbuches von
H. Zimerman mit Bücksioht auf die Eunst und das Eunstgewerbe über-
haupt gemacht worden. So liegt schon jetzt eine ausserordentliche Fülle
des interessantesten Quellenmaterials vor, aus welchem nicht blos die
Eunsthistoriker allein, sondern insbesonders auch die Culturhistoriker, deren
Aufinerksamkeit diese Publication auf das angelegentlichste empfohlen sein
soll, schöpfen können.
Eine besondere Aufmerksamkeit wird der Veröffentlichung von älteren
Inventaren der kaiserlichen Sammlungen zugewendet In dieser Beziehung
ist für die Geschichte der kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere von grund-
legender Bedeutung die von A« Berger besorgte vollständige Edition des im
fürstlich Schwarzenberg'schem Centralarchive aufbewahrten »Inventars der
Eunstsammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Oesterreich vom Jahre
1659.« AlsGouvemeur der spanischen Niederlande (1646 — 1656) hatteer,ein
feinsinniger Eunstliebhaber, Gelegenheit, sich einen bedeutenden Schati von
Eunsfgegenständen, vor allem von Gemälden, zu erwerben, der dann nach
seinem Tode (1662) durch Testament in den Besitz des kaiserlichen Hauaes
literatar. Ig9
übeigieng und einen Hauptstock der jetzigen berühmten BeWederegalerie
büdet
Aber nicht blos orknndliohes Qaellenmaterial ist zur Pablication be-
stimmty sondern auch künstlerisches wird insoweit herangezogen, als es
in den allgemeinen Bahmen des Programmes hineinfallt. In dieser Be-
ziehung sollen in erster Linie Zeichnungen und Miniaturen berücksichtigt
und in guten Facsimilereproductionen veröffentlicht werden, &lls sie nicht,
wie das erwähnte Gebetbuch Kaiser Maximilians L, eine zusammenfassende
Behandlung er&hren. Begonnen erscheint diese Art der Publication mit
den auf Kaiser Maximilian I. bezüglichen Dürer^Zeichnungen der Albertina.
Einen nicht zu unterschätzenden Vorzug für einen leichten und be-
quemen Gebrauch des Jahrbuches bilden die von H. Zimerman äusserst
soigfilltig und genau, fär die beiden Theile getrennt gearbeiteten Begister.
Insbesonders sind die Personenregister zu den Quellenpublicationen für die
Forschung eine nützliche Hilfe, solange nicht auch die beabsichtigten Sach-
register vorliegen werden, die jedoch erst »nach vollendeter Durchforschung
der in Aussicht genommenen Archive und Sammelstellen* ausgegeben
werden sollen.
Die Ausstattung, abgesehen von der Beichhaltigkeit der Illustration,
ist auch sonst eine äusserst splendide und noble : festes geschöpftes Papier,
schöne und angenehme Benaissancelettem, ein sorgfältiger, reiner und
durchaus correcter Druck, der dem Unternehmen, der Bedaction und der
Druckoffidn A. Holzhausens alle Ehre macht
Endlich ist noch ein Punkt des Programmes zu berühren. Nach dem-
selben sollen mit jedem Bande separate künstlerische Beilagen zur Ausgabe
gelangen. Zunächst sind dafür die vom Kaiser Maximilian L veranlassten
grossen Holzschnittfolgen, von welchen sich die Originalholzstöcke noch
erhalten haben, in Aussicht genommen. So liegt den beiden ersten Bänden
je die Hälfte des monumentalen Holzschnittwerkes »Triumph des Kaisers
Maximilian I.* bei, so dass derselbe nun in 187 Blättern, insoweit er
eben jemals vollendet worden war, wieder vollständig neugedrnckt ist.
Davon sind 135 Blätter mit den in der k. k. Hofbibliothek auf-
bewahrten Originalholzstöcken, Tafel 90 und 132 aber mit Platten ge-
druckt, welche von Angerer und Göschl nach den in der k. k. Kupfer-
stichsammlung befindlichen Originalabdrücken der 1. Ausgabe vom Jahre
1526 durch photozinkographische Hochätzung hergestellt wurden. Daselbst
unvollständige Exemplare der ersten Ausgabe fast gar nicht mehr vor-
kommen und auch die späteren Ausgaben sowohl die vom Jahre 1777 wie
auch die von A. Bartsch im Jahre 1796 veranstaltete, schon sehr selten
und, obwohl schlecht im Drucke, auch theuer geworden sind, so war ein
guter Neudruck dieses Prachtwerkes schon lange höchst wünschenswerth.
Dasselbe gilt auch von der Dürer*8chen Ehrenpforte Kaiser Maximilians L,
welche nun neugedruckt in 36 Blättern dem 3. und 4. Bande als Beilage
beigegeben ist, und von den österreichischen Heiligen, von welchen der
4. Band 100 Blätter enthält. Den Best wird der nächste Band bringen.
Der von A. Holzhausen besorgte Druck aller dieser Neuausgaben ist
so meisterhaft gelungen, dass er, was Klarheit, Reinheit und Gleich-
mftaaigktit der Drucke und Schönheit der Druckerschwärze anbelangt, alle
früheren Aufgaben, vor allem aber die von A. Bartsch veranstalteten, weit
190 liteimtar.
in den Schatten stellt. Es ist dies eine Leistong der modernen Bach-
drackerkonst» die so recht aogenfllllig ihren grossen Fortschritt und ihre
grosse technische Yollendong in unseren Tagen zeigt; freilich muss ein
A. Holzhausen die Sache in der Hand haben.
Ich kann diese Anzeige nur mit dem aufrichtigen Wunsche schliessen,
es möge das Unternehmen für eine lange Zukunft — unter der jetsigen
umsichtigen und sachverständigen Leitung und Bedaetion ist dies salbei-
verständlich — zum allgemeinen Nutzen der Wissenschaft einen ebenso
gedeihlichen Fortschritt nehmen wie bisher und von der eingescUagenen
streng wissenschaftlichen Bahn nicht abweichen.
Simon Laschitzer.
Gustav V. Buchwaldf Deutsches GeBellschaftsleben
im endenden Mittelalter. Erster Band: Zur deutsehen BiUung»-
geschichte. Eiel, Ernst Homann, 1885, XII und 224 S.
Dieses SchrifUshen fahrt uns in zehn Vorträgen Bilder aus der Ge-
schichte und Cultur des deutschen Volkes am Ausgange des llittelalters
vor. Der Verf. handelt zuerst von der Bildung der unteren und höhereu
Classen, die damals noch nicht durch eine solche Kluft getrennt waren,
wie jetzt; er sucht durch zahlreiche Beispiele darzuthun, dass die Kunst
des Schreibens und deren praktische Anwendung damals weiter verbreifet
war, als man gewöhnlich meint. Ausführlich wird dann von der mittel-
alterlichen Erziehung gehandelt, besonderd mit Bücksicht auf Butzbachs
höchst interessantes Wanderbüchlein^ der CLronik eines fahrenden Schülers,
in welcher Johannes Butzbach sein überaus bewegtes Leben schildert und
aus der B. sehr ausführliche Mittheilungen macht. Vom Leben des alten
Adels, dem Emporkommen eines neuen, vom Wirken des Schwanenordena
und ähnlichen Dingen wird im fünften und sechsten Abschnitte gesprochen,
während das folgende der Beligion und dem Volksglauben gewidmet ist,
ein sehr lesenswerthes Gapitel. Die nächsten Abschnitte beschäftigen sich
mit verschiedenen religiösen Anschauungen, mit dem Lesebedürfnisse der
damaligen Zeit, mit dem Lesestoffe, dem Drängen nach Bildung, dem
Bücberdruck, den Universitäten und den Studenten, deren Leben und
Treiben. Dieser reiche, anregende Inhalt wird dem Leser in angenehmer
Sprache geboten. Besonders dankbar werden die zahlreichen Hittheilungen
aus Incunabeln und seltenen Drucken aufgenommen werden. Erwähnt
muss aber werden, dass B.*s Buch, wenn darin auch Süddeutschland nicht
ganz vernachlässigt wird, vorzugsweise einen norddeutschen Charakter an
sich trägt; aus süddeutschen Quellen wären noch manche beachtenswertfae
Einzelheiten zu gewinnen. Hoffentlich wird der Verf. bei seinen Dm>
Stellungen aus der deutschen Wirthschaftsgeschichte, welcuC den zweiten
Band seines Werkes bilden sollen, Süddeutschland in ausgedehnterer Weise
berücksichtigen. — Philippine Welser » mit ihrem erzherzoglichen Gemabl *
unter die liebenswürdigen Frauengestalten »des endenden Mittelalters*
einzureihen (S. 9), wird wohl nicht gestattet sein.
Graz. F. M. Mayer,
Literahii;. 191
Die historiBchen Programme der österreichischen
Mittelschulen im Jahre 1885.
Bin gnt Theil der diesrjfthrigen Jahresberichte unserer Mittelschulen
bringt Abhandlungen aus dem Gebiete der Greschiohte, deren Hilfswissen-
schaften und den yerwandten Disciplinen; in erster Linie heben wir von
diesen Arbeiten diejenigen heraus, welche auf Quellen, yomehmlich auf
bandsdiriftlichem Material beruhen: Die Herren von Sunnberg von
L. Pröll (Schluss; Staatsgymnasium zu •Oberhollabrunn). Diese bereits
im 6. Bd. der »Mittheilungen* (S. 320) als vorzüglich bezeichnete Ab-
handlung wird hier mit der länzelgesohichte der Sunnberger fortgesetzt.
Mit Hans U. (gest ca. 1394) hört die Bedeutung dieser mächtigen Mini-
stmalen auf; sie starben entweder aus, oder blühten nur noch in Neben-
linien fort S. 74 gibt P. die Stammtafel der Sunnberger und knüpft
daran eine übersichtliohe Darstellung über die späteren Besitzer der ehe-
mals Sunnberg*schen Güter Sonnberg, Basduda und Oberhollabrunn. Das
meiste kam in die Hände der Tursen, später erscheinen hier die Gileis,
von denen der grosse Eriegsmann Wolf Georg »Gillus von Sonnenbuig*
1574 von Max IL für Oberbollabrunn ein Iforktprivileg erwirkt, das P.
im Anhange aus dem Original abdruckt (S. 98), und »Andre Gilleis* dem
Orte eine »Hantwerckhs*Ordnung* gibt, welche S. 94 — 96 auszugsweise
angegeben wird. Auf die Gileis folgten 1663 die Dietrichsteine und 1864
Erwin Graf Schönbom-Puchheim. Ein Ezcurs ergeht sich schliesslich über
die Geschichte der Schönbom, die im 12. Jahrh. im Westarwalde, später
in Franken reich begütert waren und seither bedeutende Stellungen in
Kirche und Staat einzunehmen pflegten. Ein Schönbom hat 1711 als
Churfürst von Mainz Karl YL gekrönt, und Philipp Franz Seh. begleitete
1810 Marie Luise nach Paris. — Bischof Heinrich IL von Trient
(1274 — 89)y insbesondere sein Streit mit Meinhard IL von
Xärnten-Tirol von J. Egger (Schluss; Staatsgymnasium zu Innsbruck).
Nach dem Schiedssprüche £. Budolfs zu Ulm (1276) verzögerte sich die
Ausführung des Friedensvertrages wegen Mangels an gutem Willen und
aus gegenseitigem Misstrauen, und der Streit brach bald wieder aus, ja
erlangte eine unerwartete Ausdehnung, als sich Bischof Heinrich an Padua
anschloss und Meinhard 11. die Situation trefflich auszunützen verstand, da
die Trientiner über ihren Landesherren unwillig geworden waren. Der
Bischof gerieth 1282 sogar in die Gefangenschaft der Ministerialen Mein-
hards; 1284 wurde zwar zu Bozen ein Frieden geschlossen, allein Mein«
hard, seit 1286 Herzog ron Kärnten, gewann bald auch unter dem Clerus
von Trient Anhang, der Bischof, der Bann und Interdict ausgesprochen,
mnsste nach Bom fliehen und starb dort 1 289 im Bewusstsein, trotz seiner
Energie, die an Nicolaus Cusa erinnert, dem niBchtigen Landherm unter-
l^ren zu sein. Diese Darstellung ist durch ein reiches Urkundenmaterial
geetfitzt. Im zweiten Theile des Programmes finden wir einen Nekrolog
des Schulrathes P. Wallnöfer von F. Stolz. — Die Kämpfe gegen
die Franzosen in Graubünden im Jahre 1799 von PI. Genelin
(Oberrealschule zu Triest, 53 SS.). Auf Grund zeitgenössischer Aufzeich-
nungen, die dem Verfasser, der selbst Schweizer ist, theilweise als Manu-
scripte vorlagen, schildert er uns zuerst die missliche Lage der Eidgenossen-
192 Litezatur.
Schaft zwischen Frankreichs Aspirationen und Oesterreichs Wachsamkeit
(1797); 1798 rückten Osterreichische Trappen in Banden ein, worden
aber von den Schweizern, von' denen die »Patrioten* firanzösisch gesinnt
waren, nicht unterstützt, and kfimpften daher anglückliöh am Laciensteig
(März 1799, nicht 1798, wie S. 15 steht 1). Von hier ab bringt der Ver-
fasser angemein reiche Details, die dem Gegenstande oft über den Kopf
wachsen, and schildert in aasführlicher und interessanter Weise den Kampf
bei Disentis, den Zog Leooarbe's von BeUinzona in*s Hinterrheinthid and
nach Rngadin, wo London zarüiikgedrftngt wird and Yinstgaa den Fran-
zosen offen lassen mass. Die Greael der Franzosen rufen aber einen yer-
zweifelten Aufstand dar Bündener hervor, wobei das Kloster Disentis sammt
der Bibliothek verbrannt wurde. G. fährt uns da zahlreiche Episoden nach
den Au&eichnungeu von Augenzeugen vor; mit der vorübergehenden Wen-
dung des Kriegsglückes zu Gunsten der Oesterreicher und Bussen schliesst er ab.
Quellenpublicationen von mehr localem Interesse bieten: Aus dem
Böhmisch-Leipaer Stadtarchive. IL Nachrichten zur Ge-
schichte Leipa*s v. J. 1660 bis zum Beginn des 18. Jahrb.
von J. Mü nz berger (Oberrealschule zu B.-Leipa), eine auf engstem Boden
sich bewegende Darlegung, die namentlich culturhistorisches Interesse er-
weckt. — Die Urkunden des Troppauer Stadtarchivs nach dessen
Neuordnung von G. Kürschner (Staatsgymnasium zu Troppau), theilt
das Sogest von den 60 ältesten Urkunden und druckt das ftlteste lateinische,
deutsche und böhmische Instrument ab (12 SS.). — Die Troppauer
Zünfte und Bathsherr Hans Günter, ein Beitrag zur Geschichte
der Stadt Troppau in der 2. H&lfte des 16. Jahrh. von J. Zukal (Ober^
realschule in Troppau), nach den Acten in einem handschriftlichen Folio-
bande der dortigen Museumsbibliothek. — Materialien zur Geschichte
des Protestantismus im Herzogthum Teschen von K. Badda
(Staatsrealschule zu Teschen). Mit Benützung einer Urkunde^ deren Lager
der inzwischen verstorbene Ver&sser nicht angibt, entwirft er eine kurze
Geschichte der Beformation und Gegenreformation im alten Herzogthume
Teschen vom westphftlischen Frieden bis zur Convention von AltranstAdt
und schliesst mit der Durchführung des Katholicismus um 1690 ab. —
Geschichte der Yogtei von Weidenau von Fr. Schauer (Staats-
gymnasium zu Weidenau in Schlesien). Zur Darstellung der Geschichte der
Vögte vom 18. bis 19. Jahrh. benützte Seh. Ezcerpte der »Neisser Land-
bücher*, Abschriften von »Privilegien von Weidenau* und die »Schriften
der Yogtei*, und druckt in den Anmerkungen auch etliche Urkunden ab.
— Graf Josef Kinskj, Herr auf Burgstein und Schwojka, von
A. Paudler (Obergymnasium zu B.-Leipa); hauptsächlich auf Grund des
Familienarohivs der Kinsky auf Burgstein und des P&rr- und des Gemeinde»
archivs entwirft der Yerf. ein Lebensbild des genannten Grafen (1703 bis
1780), der sich um die Industrie des nordöstlichsten Böhmen ungemein
verdient gemacht» Dörfer und Städte, darunter das glaserzeugende Haida,
gegründet, den Glashandel gehoben und demselben neue Absatzgebiete ver-
schafft, Kirchen und Spitäler gestiftet und seine Unterthanen geschätzt und
frei gemacht hat — Geschichtliches über die Gotteshäuser der
Stadtpfarre Freistadt in Oberösterreicb von J. Jäckel (Staats-
gymnasium zu Freistadt). Auf Grund von 1884 au%edeckten kirchlichen
LReratof. 193
Acten, der Begistratur und des Pfarrarbars werden die Ortskirohen historiach
beedhrieben, die Stiftongen aufgezählt und im Anhange zwei bisohOfliehe
Urkunden fär Ereistädter Gotteshftuser abgedmdki
Themen der allgemeinen Geschiehte oder Oebiete der philologischen
ffistorik behandeln: Istriani e Bomani nell'anno 178 a. C. Studio
di 0. Benedetti (Staatsgymnasium zu Hitterburg-Pisino). — Cenni
storici sulle Absirtidi, da Augusto fino alla caduta delTim-
pero romano d*occidente, studio di St. Petris (Forts, des Progr.
▼. 1883; Gymnasium zu Gapodistria). — Beziehung des Königs
Mathias von Ungarn zu Georg Podöbrad undWladislav von
Böhmen von A. Wurscher (Oherrealschule im 2. Bezirke Yon Wien).
— Der Streit zwischen Kaiser Friedrich III. und seinem
Bruder Albrecht YI. von J. Katzer (Landes-Oberrealschule in Mäh-
riseh-Ostrau), eine lichtyolle Zusammenstellung auf Grund der einsohlfigigen
Literatur und des gedruckten QuellenmaterialeSi die mit Albreohts Tod
1463 ^^ wahrscheinlich infolge der Pest — absdiliesst. — Die Papst*
wählen von 1484 und 1492 Yon Th. Hagen (Priyatgymnasium
Yincentinum zu Brixen). Nach den Gesandtsohaftsberichten^ die einer Kritik
unterzogen werden, untersucht H. die Wahl Innocenz YJil. (1484) und
Alexanders YL (1492) und weist yor allem die dabei untergelaufenen
simonistisdien Yorgftnge nach. — Die Kaiserkrönung Karls lY.
und ihre Bedeutung Yon D. Loebmann (Communal-Gymnasium zu
KomotauX eine recht anerkennenswerthe DarsteUung auf Grund der vor-
handenen Literatur. — Eiiifluss des öffentlichen Lebens in Bom
auf die Entwicklung und den Charakter der Beredsamkeit
yon N. Gatsch er (Obergymnasium zu Seitenstetten). — Das gesellige
Lebeu der Bömer zur Zeit des Horaz, nach dessen Gtodichten übei^
sicihilich dargestellt von H. Strimmer (Gymnasium zu Meran). — Zur
Prosopographia Horatiana, L Th. von F. Hanna (Personen- resp.
Stiobnamen in den Satiren des Horaz; Obergymnasium zu Krems). —
König Pyrrhus iu seiner Stellung zu Bom uudCarthago von
A« Kissling (Sohlnss; Staatsrealschule zu Jftgemdorf), behandelt S. 8 fg.
den Fbldzug des abenteuerlichen Aiadden gegen Blom 280 — 279 und
Oarthago 278 — 275 und dessen letzten Kampf bei Haievent (275) nach
den Quellen; wesentlich Neues, was nicht schon Niebuhr und Bänke haben,
finden wir nicht. '— Die Begierung des Kaisers Claudius L, mit
KriÜk der Ouellen und Hilfsmittel von A. Ziegler (Schluss; Ober-
gjmnasium zu Kremsmünster). — Zur Kritikde^ Scriptores historiae
Angustae von IL Petschenig (IL Staatsgymnasium zu Graz); der
GodaxAdmontensis 297, insoribirt: Gesta Bomanomm imperatoruin et eorum,
qni Gaesaaree seu Augusti simpliciter appellati sunt ecc (des Jacob de Laqua,
Brescia) wird veiglichen mit der Ausgabe Peters. — Eine neue Hand-
schrift von Arrians Anabasis (Lqden) von S. Lederer (Ken*
stSdter Staatsgymnasium in Prag). — Zur Würdigung des Thuki-
djdes vom ethischen Standpunkte aus von J. Müller (Gym-
naaimn zu Feldkirch)* — Die griechischen Papyri der kaiser*
liehen Sammlungen Wiens von K. Wessely. — Zum I. Buche
der Commentarien Gftsars über den gallischen Krieg von
H. Baumann (Franz Joseph-Gymnasium in Wien). — Aus Cultur- und
IfitthifhiBcan Tu. 18
194 LHerattur.
BeohiBgeschiohte: Das Gerichtswesen and die Ekehaft-Tädi-
gungen des Gerichtes zum Stein auf dem Bitten von J. Au
Heyl (Staatsrealschnle zu Bozen). Der Schluss dieser im Toijahre be-
gonnenen nnd damals an dieser Stelle gebührend hervoi^ehobenAn rechts-
historischen Qaellenforschnng bringt einen Anhang, enthaltend die wich-
tigsten aus der Tergleichung älterer Tädigungs-Protooolle mit dem im
5. Bande der Osterr. Weisthümer veröffentlichten >Schlass-urtl^ fiir die
Jahre 1767 und 68 sich ergebenden Varianten und Zusätze, welche in
das Programm von 1884 nicht mehr angenommen werden konnten. S. 19
bis 21 sind die Hofhamen im alten Gerichte zum Stein auf dem Bitten
au%eftihrt (vgl. Mittheü. YI, 822). — Zur Beform der öster-
reichischen Patent-Gesetzgebung von A. Werunsky (mit einer
üebersicht über die gesdiichtliche Entwicklung des Erfindungsschutzes;
Handelsaoademie zu Prag). — Ueber Maximilian als Jäger und
im besonderen über das Abenteuer des Kaisers auf der
Martins wand von E. £irchlechner (Staatsoberrealschule zu Linz).
Mit Heranziehung des mannigfachen gedruckten Materiales und einzelner
ungedruckter Urkunden im Statthalterei-Archive und Ferdinandeum zu
Innsbruck schildert uns der Verfasser in recht interessanter Weise die Jagd-
liebhabereien Mazimilian*s, gibt 2. eine örtliche Schilderung der Martina-
wand und bespricht 3. das Abenteuer auf der Martinswand. Ausgehend
vom 20. Abenteuer des Teuerdank glaubt E. zum Schlüsse zu gelangen,
dass die Sage eine historische Unterlage habe, die später ausgesdimückt
und erweitert und schliesslich zu der mythischen Form geführt worden,
in der wir sie jetzt kennen. Die ausgebildete Sage begegnet uns aber
nicht erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh., sondern bereits 1572. —
Die Pflege der Musik, Dichtkunst und Wissenschaften in
der Elosterschule zu St Gallen von J. Neuwirth (Deutsohes
Staatsgymnatium in Prag-Altstadt). Verf., der unlängst auch eine Mono-
graphie über die »Bauthätigkeit* alamanischer Klöster veröffButlicht hat»
bietet hier eine gründliche, culturhistorisch wichtige Arbeit, zu der er die
vorhandene Literatur geschickt heranzuziehen verstanden hat. — EinBei-
trag zur Geschichte des gemeinen Arbeislohnes vom Jahre
1500 bis auf die Gegenwart von Fr. Scheichl (Handelsacademie
in Linz); ansehend vom Münzwesen behandelt der Verf., weldier jüngst
auch eine Monographie über den > Aufstand der protestantisehen Salz-
arbeiter und Bauern des Salzkammergutes 1601 — 1602* geschrieben bat»
nach »ungeülhren Schätzungen* die Erwerbsverhältnisse der Bauhand-
werker und Zimmerleute in Oberösterreich seit 1500 und bringt statistische
Tabellen, die nach archivalischen AufiEcichnungen zusammengestellt sind und
eine wünschenswerthe Üebersicht gewähren. — Boger Bacon, eine cultur-
geschichüiche Studie (aus dem 18. Jahrh.) von L. Doublier (Gonununal-
Oberrealsahule auf der Wieden in Wien). — Schulwesen: Das erste De-
cennium der Anatalt (Communal-Bealgymnasium zu Teplitz). — Ge-
schichte und Statistik des f. e. CoUegiums Borromaeu^i
(1886 — 1884) von J. Wildauer (mit Abbildung des PrivatgymnasiuniB
Borromaeum in Salzburg).
Biographisches: Oberstlieutenant Georg Freiherr v* Yoga
(1754^1802), sein Leben und Wirken von A. Wretschko (I. d. Staats*
Literaior. ^95
gyipoAsiazn zu Brüxin). Hit Benützung angedruckten ActenmaterialeB wird
hier ein kurzes Bild des berühmten Mathematikers und tapferen Offiders
gezeichnet, der 1789 vor Belgrad und im 1. Coalitionskri^e hervorragende
militärisohe Thaten vollbracht hat — Josef Cardinal Mezzofanti,
der grosse Polyglott (gest. 1849), Lebensskizze mit Porträt von J. Chr.
Mitterrutzner (Gymnasium zu Brixen). — Kant e Bosmini (geb.
1796 zu Bovereto, gesi 1855 zu Stresa) e il problema gnoseologico von
B. Yisintainer (Staatsgymnasium zu Bovereto).
Aus dem Gebiete der Chronologie und Epigraphik: Die wichtigsten
Kalender der Gegenwart Eine Darstellung des gesammten Ealender-
wesens von W. Enobloch (mit histor. Einleitung, astronomischen Be-
rechnungen und Behandlung auch des jüdischen und türkischen Sjalenders,
90 SS.; Staatsrealschule in EaroUnenthal-Prag). — Epigraphisches
aus Aquileja von H. Maionica (Staati^gymnasium in Gtörz), ein weiteres
Augment zu den Addidamenten des Corp. inscript. lai, die Ettore Bus im
Auftrage der Berliner Academie herausgibt — Mythologie: Der Belenus-
Cult mit besonderer Bücksicht auf Oesterreich von J. Ur-
walek (Bealgymnasium zu Stookerau). Der Yerf, weist dem Cult des Bel-
Belos-Belis-Belenus (Sonnengott-ApoUo-Jupiter) im Allgemeinen für Europa
naehy nimmt die Druiden als Belenuspriester in Anspruch und sucht diesen
Gült in Britannien, in Deutschland (BieleMd von Belenus?) und vornehm-
lieb in den Donauländem nachzuweisen, wo Belenus als Grannus vor-
kommt^ dessen Spuren bei den Camem, am Bisamberg, sowie im Johannis-
feuer und in anderen Yolkaigebräuchen zu finden seien.
Mit Pädagogik der Geschichte belassen sich, wenn wir die zahlreichen
AufsStze über die neuen Instructionen für den Gymnasialunterricht ausser
Acht lassen: Der historische Unterricht als Grundlage einer
religiösen Weltanscltauung von W. Ladenbauer (deutsches Staats-
gymnasium zu Budweis). — Die durch den Zeichenunterricht an
den österreichischen Mittelschulen erlangte Kenntnis der
classischen Kunstdenkmftler ist ein wesentliches Förde-
rungsmittel zur Kenntnis und Beurtheilung der antiken
Welt von J. Nowak (Staatsoberrealschule in Olmütz). — Heber die
Vorbildung zum Lehramt an den Mittelschulen von B. Chr.
Biedl (mit einer kurzen Geschichte des Schulwesens, 110 SS., Gymnasium
Tberesianum in Wien).
Geographie und Meteorologie : Das Land der Skythen bei Hero-
dot und der Eeldzug des Dareios in demselben (mit 1 Karte).
Eine gepgr. Untersuchung von G. Mair (IL Theil, Staatsgymnasium zu
Saaz). Der Feldzug des Dareios soll im nächsten Programm nfther aus-
geführt werden. — Ueber die hydrographischen Yerhältnisse
der Continente (Zusammenstellung) von Fr. Bheinthaller (Landes-
lehreraeminar zu St Polten). — Sibirien. Eine hurzge&sste geogr.
Skizze von J. Ho ff mann (Communal-Oberrealschule auf der Schottenbastei
in Wien). — Die Colonien des deutschen Beiches von Th.
Cioalek (Wiener Handelsacademie). — Meteoritenfälle von J. Dimter
(Gymnasium zu Brannau in Böhmen), wo auch einige Beispiele ans dem
Alterthum angeführt sind.
ir
\QQ Literatur.
Aus anderen wissensohafüichen Gebieten, die in irgend einer Weise
mit den bistoriBchen Disdplinen zosammenbängen, beben wir endlicb ber-
Yör: Cbateaubriand (gest 1848) über die Engländer und Fran-
zosen von Y. Beranek (Staatsoberrealscbule in Bielitz). — Shakes-
peare*s »Pericles* und George Lillo's »Marina* von P. v. Hof-
mann-Wellenbof (mit biograpbiscben Daten über Lillo, gest 1789; Landes-
oberrealscbule in Graz). — Die Darstellung des Todes in der
griecbiscben Kunst und Lessing's Scbrift »Wie die Alten
den Tod gebildet* von 0. Adamek (IL StaatagynmaBium zu Graz,
S. 17 fg.). — Zur Gescbiobte und Literatur des Meister-
gesanges in Oberösterreicb. Mit Benützung bisber unedirter Hand-
scbriften von Hans Widmann (Oberrealscbule zuSteyr). — Zu Goethe*s
Spracbgebrauob im »Götz von Berlicbingen* von S. M. Prem
(mit literarbistorisober Einleitung; Oberrealschule im 8. Bezirke in Wien).
— Yocabular spaniscb-pbilippinischer Ausdrücke und
Bedensarten (darunter vieler geographischer und historisober Namens),
mit einer Bibliotheka pbilippina 11. Th. von F. Blumentritt
(Gommunal-Oberrealsohule zu Leitmeritz). — Versuch einer Geschichte
der Botanik in Krain (1754—1883), IL Th. von W. Voss (Staats-
oberrealscbule zu Laibach). Behandelt unser Jahrhundert und gibt ein
Verzeichnis der wichtigeren Bücher über Botanik im Musealverein zn Lai-
bach. — Thomae Mitis idyllion de thermis Teplicensibus
(mit Noten) von E. Hocbreiter (Realgymnasium zu Teplitz). — Eine
Probe aus der Dichtung des neugriechischen Dichters Ari-
stoteles Valaoritis von H. v. Elebelsberg (mit Biogri^hie und
histor. Noten; Gymnasium zu Elagen^irt). — Digenis Akritas. Nach
dem byzantinischen Epos wiedererzählt von A. Luber (Sta^tsgymnasium
zu Salzburg).
Aus slavischen Programmen führen wir schliesslich an: Die Stadt
Pisek in der ersten Hälfte des 18. Jahrb. von J. Matzner
(Mösto Pisek v prvni polovici 18. stoleti; Bealscbule zu Pisek). — Joachim
von Hradec von Tb. Bechof (J4cbym z Hradoe, ein einflussreicher
Adeliger unter Ferdinand I. und Max 11.; Gymnasium zu Neuhaus in
Böhmen). — Die £irche der hl. Barbara in Euttenberg, eine
gemeinsame Studie von J. Zach und J. Branis (Chr4m sv. Barbory v
Hofe Eutn^y prvni doba stavby. SpoleSna studio J. Zacha a J. Branid;
Oberrealscbule zu Euttenberg). — üeber einige Sagen und Er-
zählungen aus der mährischen Geschichte des 10. Jahrb.
von E. Hrastilek (0 ndkter^cb zabadÄch a domnSnkäch tykajfcfob so
d^jin moravsk^^cb X. stoleti; Gymnasium zu Wallachiscb-Meseritech). —
D^r Ghynover Ereis vor alten Zeiten von A. Sedlacek (Eraj
Ch^ovsky v d4vn;^ch dobach; Bealgymnasium zu Tabor). — Von der
Wahl des Erzherzogs Maximilian, Bruder des Eaisers Bu-
dolf IL, zum Eönig von Polen; nach Originalquellen mitgetheilt
von J. äramek (0 volbd aroikniSete Maximiliana, brata dsdFe Budol& U^
na kr&lovstvi polsk6. Podle ruznych pramenu vypravige; Gymnasium zu
Pisek). — Herkunft und Nationalität des Simon Simonowicz
Bendonski von S. Uranowicz (Pocbodzenie i narodowos6 Szymona
Szymonowicza Bendonskiego, mit Stammtafel; Gymnasium zu ZIoczow). —
Literatur. 197
Die heatigen Gymnasien in Oesterreich mii dem im ehemaligen
Königreiche Polen dnrch die Commission für Unterricht and
Erziehung eingerichteten Gymnasien in pädagogischer and di-
daktischer Beziehang zusammengestellt von U. Wagilewic?
(Pordwnanie organizacyi dzisiejszycb gimnazyöw aastryackich pod wzgl^
dem pedagogicznym i dydaktyncznym z gimnazyami w Polsoe przez Eomisya
edakacyjna zaprowadzonymi; Bealgymnasium zu Drohobycz). — Die
Balkan-Halbinsel, Skizze von J. Petr (Balkdnsky poloostrov, obraz
[»Bild*] napsal J. P.; Bealgymnasium zu Elattau).
Linz. S. IL Prem.
Bericht des Istituto Austriaco di studi storici in
Born.
Zu der grossen Zahl von Historikern, welche in diesem Jahre im
Vaticanischen Archiv arbeiten, stellt Oesterreich-Üngam ein besonders
starkes Contingeni Unser Unterrichtsministerium hat diesmal vier ehe-
maligen Institutsmitgliedem (Dr. Skodlar, Dr. Faber, v. Falke und v. Yoltelini)
römische Stipendien verliehen. Deren Arbeiten in Person zu leiten und
auch sonst die Interessen des Istituto Austriaco di studi storici wahrzu-
nehmen, hat sich B. v. Sickel selbst auf einige Monate nach Bom begeben.
Auch die Krakauer Akademie der Wissenschaften lässt durch Dr. L. Abra-
ham zunächst Umschau im Vaticanischen Archiv nach Material zur Ge-
schichte Polens im Mittelalter halten, um dasselbe später planmässig aus-
beuten zu lassen. Dr. B. v. DembiAski, welcher sich behufs eigener
Arbeiten nach Bom begab, wird dieser Akademie auch über die Bestände
des Vaticanischen Archivs f&r Geschichte Polens im 16. Jahrhundert Be-
richt erstatten. Des weiteren ist Ungarn stark und gut vertreten. Die
Fortsetzung der Monumenta Vaticana Hungariae vorzubereiten, weilt der
Generalsecretär der ungarischen Akademie der Wissenschaften, Monsignore
Dr. Praknöi, mit den Pester Archivaren Dr. v. Fej6rpataky und Pettkö
(beide einst ausserordentliche Mitglieder des Wiener Institutes) ebenfalls
in Bom. Ihnen hat sich Prof. Dr. v. Thallöczy, welcher Material zur
Geschichte Bosniens sammelt, angeschlossen. Auch in Bom ansässige
ungarische Geistliche betheiligen sich an diesen Arbeiten. Auch Geistliche
aas Oesterreich arbeiten hier im Aufkrage des Papstes, so P. Gottfried
Friess aus Seitenstetten und ein Ordensgenosse an den Begistem Clemens V.
Endlich hielt sich dort Prof. Baron Boszner eine Zeit lang auf, um cano-
nistische Studien zu betreiben.
Hatten nun unsere Stipendisten der früheren Jahre unter anderem
aaoh festgestellt, welche Abtheilungen des einstigen Archivbestandes ent-
weder noch nicht wieder aufgefiinden worden sind oder bisher der For-
sehong noch nicht zugänglich gemacht werden konnten, so haben sich
jetzt Fraknoi und Sickel besonders angelegen sein lassen, weitere Infor-
mationen über den Verbleib gewisser Gruppen einzuziehen und andererseits
noh Zutritt zu den bisher mehr oder minder verschlossenen Archiven zu
▼erschaffen. In letzterer Hinsicht haben sie bereits einen Erfolg gehabt
Was ^. Ottenthai in den Mitth. Erg. 1, 495—498 über den Grundstock
X98 literatar.
der Begistra cancellariae des 15. Jahrh. bemerkt hatte, war von mehreren
Seiten bestätigt worden. Es war, ogleich ein Bericht darüber bisher
noch nicht vorlag, bekannt geworden, dass der sflchsische Staatsarchivar
Dr. Posse gelegentlich seines letzten Aufenthaltes in Bom im vergangenen
Frühjahr von dem Prodatar Card. Sacconi, welchem auch die im Lateran
befindlichen Archive der Datarie nnterstehen, die Erlanbniss erwirkt hatte,
das dortige Archivio di boUe, wie die Sammlangen der Begistra cancellariae
benannt wird, in Augenschein zu nehmen. Femer hat Card. HergenrOther
in dem letzt erschienenen Hefte der Begesten Leo X. die Begisterbftnde
des Lateran als sehr ergiebige Quelle oft citiri Zu gleicher Zeit gab
P. Denifle im 1. Bande seiner Oeschiohte der Universit&ten im Mittelalter
(Einleitung XXI und S. 419) genauere und bestinmitere Auskunft über das
Archiv der Bullen im Lateran, unter Hinweis auf diese zuverlfissigen
Angaben thaten Fraknöi und Sickel, sobald sie in Bom eingetroffen waren,
Schritte, die betreffenden Begister gleich&lls benutzen zu können. Aller-
dings stiessen sie dabei auf einige Schwierigkeiten, zumal auf die, dass in
dem Lateranensischen Archiv kein geeigneter Arbeitsraum zu beschaffen
war. Doch Dank den bekannten und auch in diesem Falle wieder den
Ausschlag gebenden Intentionen S. H. des Papstes Leo XIII, wurde ihren
Wünschen bereitwilligst entsprochen und ein Ausweg getroffen, welcher
nicht allein den Forschem aus Oesterreich-Ungam, sondern auch allen
anderen Historikern die Benutzung jener Lateranensischen Schätze ermög-
licht. Es wurden nämlich auf besonderes Ansuchen von Fraknöi und
Sickel grössere Partien dieser Bände aus dem Lateran leihweise in den
Yatican geschafft und ihnen dort unter Beobachtung der für das Vatica-
nißche Archiv giltigen Beglements zur Yerfögung gestellt. Die betreffende
Serie beginnt mit dem Jahre 1389 und bietet» obgleich bedeutende Ver-
luste constatirt worden sind, z. B. für P. Boni&z IX. 109 und für
P. Eugen lY. 130 Bände, so dass die Anzahl der Bände bis 1500 vor-
läufig auf 1000 geschätzt werden kann« Diese Bände sind im wesent-
lichen so angelegt und eingerichtet, wie die von Ottenthai L c. 417 mit
M. 10 und M. 11 bezeichneten und als Theile der Serie erkannten Bände.
Da die Durchsicht derselben sehr viel Zeit erfordert, sind Fraknöi und
Sickel zunächst übereingekonmien, dass unsere Genossen aus Ungarn bei
Prüfung der Begister Boni&z IX. auch die uns interessirenden Stücke ver-
zeichnen, unsere Stipendisten dagegen, welche die Begister Eugen lY. zuerst
in Angriff genommen haben, auch verzeichnen, was sich auf die Geschichte
Ungarns bezieht "ffie gross die Ausbeute für historische Zwecke sein
wird, darüber wird sich allerdings erst später ein Urtheil ftUen lassen.
Sechsundzwanzigste Plenarversammlung der histo-
risclien Gommission bei der kgL bayer. Akademie der
)¥'i886n8chaften.
München, im Okiober 1885. In den Tagen vom 1. bis 8. Okt.
hielt die historische Gommission ihre diegjährige Plenarversammlung.
Anwesend waren von den ordentlichen Mitgüedem Geh. Begierungsrath
Waitz aus Berlin, Hofrath Prof. v. Sickel aus Wien, die Professoren Baum-
garten aus Strassburg, Dümmler aus Halle, Hegel aus Erlangen, \; Eluck-
Liieratar. 199
höhn aoB OeHtingen, Wattenbaoh und Weiasfioker aus Berlin, y. Wyss ans
Z&rioh ftnd der stftndige SecretKr der Commission, GeheimraÜL v. Oiese-
breoht, der in Abwesenheit des Vorstandes wirkL Oeheimraths ▼. Bänke
die Yerhandlongen leitete.
Von den ansserordentliohen Mitgliedern der Commission nahmen an
der Plenarversammliing Theil Prof. v. Bezold ans Erlangen, Frofl Heigel,
Oberbibliothekar Biezler und Prof. Stieve von hier.
Die Verhandlangen ergaben, dass die Unternehmungen der Com-
mission im beäten Fortgange sind. Seit der yoij&hrigen Plenaryersamm-
long sind folgende neue Pnblicationen der Commission in den Bachhandel
gekommen :
1. Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit.
Bd. XVni. Abtheilung 2. — Geschichte der deutschen Bechts-
wissenschaft von B. Stintzing. 2. Abtheilung.
2. Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit.
Bd. XX. Geschichte der deutschen Historiographie seit dem Au^
treten des Humanismus. Von Dr. Fr. X. ▼. Wegele.
S. Jahrbücher der deutschen Geschichte. — Jahrbücher des deut-
schen Beichs unter König Heinrich I. Von G. Waitz. 8. Auflage.
4. Deutsche Beichstagsacten. Bd. V. — Deutsche Beichstagsacten
unter König Buprecht. 2. Abtheilung. 1401^1405. Heraus-
gegeben von J. WeizsIIcker.
5. Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrb.
Bd. XIX. — Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Lübeck.
1. Band.
6. Forschungen zur deutschen Geschichte. Bd. XXV.
7. Allgemeine deutsche Biographie. Liefg. 97 — 106.
Ausserdem erschien im Druck die von der Commission gekrönte Preis-
achrift: F. A, Specht, Geschichte des Unterrichtswesens in Deutsdbland.
Auch in diesem Jahre muss die Commission mit dem wärmsten Danke
die ausserordentliche Gefitlligkeit anerkennen, mit welcher die Vorstände
der Archiye und Bibliotheken des In- und Auslandes alle Arbeiten der
Commission zu unterstützen fort&hren.
Die Geschichte der Wissenschaften in Deutschland hat wesentliche
Bereioherungen er&hren. Die Geschichte der deutschen Historiographie
yön Prof. y. Wegele ist erschienen und der yon dem yerstorbenen Stintzing
noch selbst publicirten ersten Abtheilung der Geschichte der deutschen
Bechtswissenschaft hat eine zweite Abtheilung aus Stintzings Nachlass hin^
zogefögt werden können, deren Herausgabe dem PriyatdocentenDr. £. Lands-
berg in Bonn zu yerdanken isi Man ho£ft in nächster Zeit einen her-
yorragenden Gelehrten für die Vollendung des Werkes zu gewinnen. Mit
der Geschichte der Kriegswissensohaft ist Oberstlieutenant M. Jahns unaus-
gesetzt beschäftigt und wird sie yielleicht schon im nächsten Jahre yoll-
enden können. Nur wenige Abtheilungen des grossen Unternehmens
stehen noch zurück, und wird die Commission einen baldigen Abechluss
desselben zu erreichen auf alle Weise bemüht sein.
Von dm deutschen Beichstagsacten ist yor kurzem der 5. Band aus-
gegeben worden, der 2. aus der Begierungszeit König Buprechts, wacher
die Jahre 1401 — 1405 um&ssi Die Herausgabe dieses Bandes hat Prof.
2()0 Literatur.
WeixsKokeri der Leiter des ganzen Unternehmens, mit Unterstfizong des
Ur. Quidde in Frankfurt a. IL, selbst besorgt Im Druck begfiffen ist
der 9. Band, welcher aus der Zeit König Sigmunds die Jahre 1427 — 1431
um&ssen wird; der Herausgeber dieses Bandes ist Oberbibliothekar Dr.
Eerler in Würzburg, der leider mit der Vollendung desselben seine Thfttig-
keit ftlr die deutschen Beichstagsacten einstellen wird. Auch der 6. Band,
der dritte und letzte aus der Zeit König Ruprechts, ist in der Handschrift
nahezu vollendet und wird sogleich nach Vollendung des Drucks des
9. Bandes der Presse übergeben werden; mit seiner Bearbeitung waren
ausser Pro£ Weizsäcker besonders Prof. Bemheim in Grei&wald und
Dr. Quidde beschäftigt Auch für die späteren Bände ist bereits ein
grosses archiyalisches Material gesaomielt Dr. Quidde hat eine grosse
Zahl süddeutscher Archive bereist und auf Grund der erworbenen Ueber-
sicht über das Material zahlreiche Acten nach Frankfurt kommen lassen,
wo sie unter seiner Au&icht besonders von Dr. Fronix^ und Dr. Jung
für die Herausgabe der Beichstagsacten vollständig ausgenützt wurden.
Dank dem überaus freundlichen Entgegenkommen des Stadtarchivars Dr.
Grotefend konnte Frankfurt zu einem Mittelpunkt aller Arbeiten für die
Beichstagsacten gemacht werden.
Von den deutschen Städtechroniken ist der 19. Band, der erste der
Lübecker Chroniken, bearbeitet vom Stadtarchivar Dr. Koppmann in Rostock,
im abgelaufenen Jahre erschienen. Li Angriff genommen wurde die Aus-
gabe der niederrheinischen und westfUlisohen Chroniken, welche im 14.
und 15. Jahrh. in deutscher Sprache geschrieben sind. Solche Chroniken
• sind nur von Neuss, Soest und Dortmund — letztere noch ungedrucht —
vorhanden. Mit der philologischen und historischen Bearbeitung waren
die Germanisten Dr. Franck in Bonn und Dr. Jostes in Münster, sowie die
Historiker Dr. Hansen in Bonn und Dr. Ulrich in Köln beschäftigt Der
Anordnung und Leitung dieser Arbeiten hat Prof. Lampredht in Bonn, im
Einverständnis mit Prof. Hegel, dem Leiter des ganzen Unternehmens, sich
unterzogen. Vorbereitet, jedoch noch nicht in so naher Aussicht stehend
ist das Erscheinen eines 8. Bandes der Braunschweiger Chroniken, be-
arbeitet von Stadtarchivar Hänselmann in Braunschweig, sowie das des
3. Bandes der Augsburger Chroniken, für welchen die Chronik des Heotor
Mülich nebst ForfaBctzungen aus dem 15. Jahrh. bestimmt ist. Der Text
dieser Chronik ist bereits vor längerer Zeit durch Prof. Lezer festgestellt
worden; die historische Bearbeitung hat Dr. Schulte in Donaueschingen
übernommen.
Von der Sammlung der Hanserecesse, bearbeitet vom Stadtarchivar
Dr. Koppmann, war bereits vor längerer Zeit der Druck des sechsten
Bandes, welcher für die Zeit von 1411 — 1420 bestinmit ist begonnen
worden, musste aber wegen dienstlicher Behinderungen des Herausgebers
eingestellt werden. Der Druck wird demnächst wieder aufgenommen
werden und sich hoffentlich ohne Störung fortfEUiren lassen.
Die Jahrbücher der deutschen (beschichte werden voraussichtlich in
der nächsten Zeit nach verschiedenen Seiten vervollständigt werden. Pro£
Meyer v. Knonan in Zürich, welcher die Jahrbücher Heinrichs IV. und V.
bearbeitet, stellt in Aussicht dass der erste Band der Jahrbücher Kaiser
Heinrichs IV. alsbald der Presse wird übergebeu werden können. Hofrath
Literatur. 201
Fn>£ Winkelmann in Heidelberg hoffb im Jahre 1886 den ersten Band
der Jahrbücher Kaiser Friedrichs U. in der Handschrift zu vollenden.
Die Bearbeitnng der Jahrbücher Kaiser Friedrichs 1. ist dem Seoretfir der
hiesigen Hof- and Staatsbibliothek Dr. H. Simonsfeld übertragen worden
tmd sind von ihm die Vorarbeiten bereits begonnen. Bekanntlich sind
mehrere früher veröffentlichte Theile der Jahrbücher nicht mehr durch
den Buchhandel zu beziehen und deshalb neu revidirte AujBagen nöthig
geworden. Ton den Jahrbüchern König Heinrichs L, bearbeitet von dem
Qeh. Begiemngsrath Waitz, ist die 3. vom Verfasser selbst revidirte Auf-
lage vor kurzem erschienen. Mit der Revision der Arbeit des verstorbenen
H. £. Bonnell: »Die AnfiKnge des karolingisohen Hauses« ist Pro£ Oelsner
in Frankfurt a. M. beschftftigt und hoffb dieselbe alsbald zum Abschluss
zu bringen. Der Bevision des von dem gleich&lls verstorbenen Sigurd
Abel bearbeiteten ersten Bandes der Jahrbücher Karls des Grossen unter-
zieht sich Prof. Simson in Freiburg i. B., und wird voraussichtlich der
Druck der neuen Auflage im Laufe des nfichsten Jahres beginnen. Die
von Prof. Dümmler bearbeiteten Theile der Jahrbücher werden von ihm
selbst revidirt werden.
Die allgemeine deutsche Biographie^ redigirt von Klosterpropst Frei-
herm v. Liliencron und Ptof. v. Wegele, ist im verflossenen Jahre um
den 20. und 21. Band bereichert worden, auch ist vom 22. Band bereits
eine Lieferung ausgegeben. Das Unternehmen hat seinen regelmfissigen
Fortgang und erfreut sich allgemeiner Anerkennung.
Die Zeitschrift: Forschungen zur deutschen Oeschichte, von welcher
der 25. Band erschienen ist, erweist sich nach wie vor als ein BedürMs
und wird in der bisherigen Weise imter Redaction des Geh. Begierungs-
raths Waifz und der Prof. v. Wegele und Dümmler fortgesetzt werden.
Die Arbeiten fär die Wittelsbachischen Correspondenzen haben im
verflossenen Jahre grössere Unterbrechungen er£Ahren, da die für dieselben
thfttig^i Prof. V. Bezold und Stieve durch ihre amtlichen GeschSfle in
hohem Masse in Anspruch genommen waren. Prof. v. Druffel hat die
Arbeiten für den abschliessenden 4. Band der BeitrSge zur Beichsgeschichte
(1546 — 1555) fortgesetzt, und wird der Druck dieses Bandes im Laufe
des nflchsten Jahres begonnen, vielleicht auch vollendet werden können.
Die Nachforschungen nach Actenstücken zur Geschichte Kaiser Lud-
wigs des Bayern im Vaticanisohen Archive, welche auf Anregung des Ge-
heimraths v. Löher schon in zwei früheren Wintern begonnen waren, sind
im letzten Winter durch Oberbibliothekar Biezler unter Beihilfe der Archiv-
practikanten Franz Löher und Dr. Jochner zum Abschluss gebracht worden.
Die Comission beschloss die Veröffentlichung des so gewonnenen Materials,
welches in vielen Einzelheiten werthvolle neue Aufschlüsse über die Ge-
schichte Ludwigs des Bayern gewährt, möglichst zu beschleunigen und
beauftragte Oberbibliothekar Biezler mit der Herausgabe.
Seit längerer Zeit hat der Secretfir der hiesigen Hof- und Staats-
bibliothek Dr. H. Simonsfeld zahlreiche Urkunden zur Geschichte der
deutsch-venetianischen Handelsbeziehungen und des deutschen Kaufhauses
in Venedig gesammelt Da der Druck dieser wichtigen Sammlung ohne
eine Unt«^rsiüzung sich nicht wohl bewerkstelligen iMsst, glaubte die Com-
mission einen Druckzuschuss für dieselbe befürworten zu sollen.
202 literatur.
üebersiclii der periodischen Literatur Oesterreich'-
Ungarns.
Arohiv für österreiohisohe Geschichte. Hg. von der hist
Commission der k. Akademie der Wissenschaften. 65. Bd. (Wien 1883.)
2. Hälfte: Loserth, Das Necrolog des Minoritenklosters in Olmütz. —
Bossen, Salzburg und Böhmen vor dem Kriege von 1276. — Dadik,
Tagebuch des feindlichen Einfalles der Schweden in das Markgrafkhom
Mahren während ihres Aufenthaltes in der Stadt Ohnütz, 1642 — 1650,
geführt von dem Olmützer Stadtsohreiber nnd Notar Magister Friedrich
Flade; üeber Nekrologe der Olmützer Domkiiche. — 66. Bd. (Wien 1884/85):
Haber, Ludwig L von Ungarn und die ungarischen Vasallenländer. —
Höfler, Depedchen des venetianischen Botschafters bei Erzherzog Philipp,
Herzog von Burgund, König von Leon, Castilien, Granada, Dr. Vincenzo
Quirino 1505—1506. -^ Zwiedineck-Südenhorst, Graf Heinrich Mathias
Thum in Diensten der Bepublik, Venedig. Eine Studie nach venetianischen
Acten. — Wertheimer, Erzherzog Carl als Präsident des Hofkriegsrathes
1801 — 1805 nach ungedruckten Quellen. — Friess, Die ältesten Todten«
bücher des Benediotinerstiftes Admont in Steiermark. — Huber, Die Oe-
fangennehmung der Königinnen Elisabeth und Maria von Ungarn und die
Kämpfe König Sigismunds gegen die neapolitanische Partei und die übrigen
Beichsfeinde in den Jahren 1386 — 1895.
Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Er-
forschung und Erhaltung der Kunst- und historischen
Denkmale. KjBd. Dr. Karl Lind. Neue Folge 10. Bd., 1884, 8. und
4. Heft: Lübke, Der Dom von Aquileja. — Bziha, Beiträge zum Studium
der Steinmetz-Zeichen. — Schönherr, Die Archive in Tyrol, I und II. —
Beckh-Widmanstetter, Die Grabdenkmäler der Keutschacher zu Maria Saal
in Kärnten. — Hg, Kunstnqtizen aus Laibach. — Dahlke, Das Dreikönig-
Bild zu Mitter-Olang. — Wussin und Ilg, Kunsthistorisohe Beiträge ans
dem Gleinker Archiv in und Nachtrag. — Lind, Archäologische Notizen
in Kärnten. — Franz, Holzkirche in Hotzendorf. — Frimmel, Beiträge
zu einer Ikonographie des Todes n und IIL — Much, Die prähistorischen
Funde von Sta. Lucia im Küstenlande. — Kaiser, Die Grabungs-Ergebniase
von Stammersdorf in Kärnten. — Dr. Franz Schestag, Nekrolog. —
Petschnig, Die Burg Biggersburg. — Wimmer, Die ehemalige Stiftakiidie
in Spital am Pym. — Neuwirth, Goldenkron. — Kisa, Mährisch-Trübao.
Beitrag zur Geschichte der Benaissance in Mähren. — De Gampi, Antike
Funde im Val di Non. — Bergmann, Ueber ein Gebetbuch mit Miniatur
aus dem 15. Jahrhundert. — Hg, Aus Meran. — Häuser, Insdhriftston
bei Feistritz-Patemion. — Euine Weinegg. — Hauser, die diesjährigen
Ausgrabungen im Grabfelde zu Frögg-Yelden. — Deininger, Das St Jaooba-
Kirchlein in Hall. — Lind, Archäologische Notizen in Kärnten. — Notizen.
Begister der Personen-, Orts- und Sachnamen. — 11. Bd. Wien 1885:
Helfert, CJonservatoren-Tage. — Neuwirth, Zur Geschichte der Miniatur-
Malerei in Böhmen. — Schönherr, Das Schloss Velthums. — Klodi6,
Die Ausgrabungen auf Ossero. — Frimmel, Beiträge zu einer Ikono-
graphie des Todes IV u. V. — Neuwirth, Goldenkron II. — Schtoherr,
])ie Archive in Tyrol (Forts.). — Lind, Der St. Wenzels-Leuchter im
literatur. 203
Prager Dome. — Leicht-Lychdorff, Die k. k. Burg in Grfttz. — Newald,
Die Kirche zu St. Wolfgang bei Waitra. — Wichner, Ein Sleinodien-
YerzeichnisB des Chorherren-Stiftes St Nicolans in Bottemnann. — Haaser,
Weitere Ergebnisse der Ausgrabungen zu FrGgg in Eftmten. — Schneider,
üeber eine bakhische Maske aus Cilli. — Jenny, Ghr&ber der Bronze-Zeit
in Oemprin-Bendem (Ffirstenthum Lichtenstein); die römische Heerstrasse
£rigantium-Ad Bhenum. — Petschnig, Buine Deutschlandsberg und Schloss
HoUenegg. — Hg, Kunsttopographisches aus TyroL — Janouaek, Denk-
male der Stadt Tel6 L — Wastler, 11. Nachtrag zur Oeschichte der Schatz-,
Kunst* und Büstkammer in der k. k. Burg zu Grätz. — Gregorutti,
Strassenzüge bei Aquileja. — Czemy, Die Stiftskirche von Garsten in
ObeorOsterreich. — Hg, Kunsttopographisches aus Süd-Tyrol. — Much, Die
Kupferzeit in Europa und ihr Yerhältnis zur Cultur der Indogermanen.
— Riewel, Die Kirche zn SchOndorf. — Notizen. — Begister der Per-
8onen-y Orts- und Sachnamen.
Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Yereines
zu Wien. 23. Bd. 1. u. 2. Heft, Wien 1884/85: Hg, Die Pfarrkirche in
Laxenburg. — Lind, Die Losensteiner Graber in Garsten. — Newald, Ein
archfiologischer Ausflug. — Lind, Nachträge zum archäologischen Weg-
weiser durch das V. 0. W. W. — Newald, Medaille auf Niclas Herrn von
Rrmian. — Berger, Die Schwarzenberggruft bei den Augustinern in Wien.
— Biewel, Die Pfarrkirche in Haag. — Lind, Die Stephanskirche in Wien.
— Hg, Der Sacristeibrunnen im Stephansdome. — Amon, die Trauerfeier
Wiens nach Kaiser Joseph II. — Hg, der Wiener Architect F. S. Bosenstingl.
— Aus Klostemeuburg. — Lind, urkundliche Beitrage zur Geschichte der
St. Stephanskirche in Wien IL u. IIL — Hg, Gumpoldskirchen ; Franz von
Bottiers. — Widter, Die Teufel zu Winzendorf. — Hg, Die Allio. —
Lind, Erinnerung an die culturhistorische Ausstellung in Steyr. — Bosner,
Daa Schmidfsche Denkmal in den Promenade- Anlagen der Stadt Krems. —
Nachtrag. — Teufel von Krottendorf, Freih. zu Gunderstorf-Eckharts-
au eta — Boeheim, Notizen, gesammelt auf einem Ausflüge in Nieder-
öeterreich.
Jahrbuch des heraldisch-genealogischen Vereines Adler
in Wien. IX. Jahrgang (XIL Jahrgang der Zeitschrift). Wien 1882:
Yereinsnachrichten. — Grf. v. Pettenegg, Zur Genealogie des Hauses Echan.
— Beckh-Widmanstetter, Eine kamtnerische Familienfehde 1591. —
Querfurth, Das dänische Beichs- xmd Königswappen. — Steiger-Münsingen,
Die erblichen Gesellschaften (Zünfte) im alten Freistaate von Bern. —
Nabujs, Das Wappen des Papstes Adrian VI. — Altmann, Ueber das
Adelswesen auf den jonischen Inseln. — Goeckingk, Das Wappen der
Stadt Wiesbaden. — Klemme, Das Wappenbuch der Grafen von Liechten-
stein-Casteloom. — Alphabetisches Begister der Standeserhöhungen Kaiser
KarFs V., welche in den im k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchive auf-
bewahrten Begistratursbüchem Kaiser Karls Y. eingetragen sind (Forts.).
— Goeckingk, lieber den Adel im Königreiche der Niederlande. — Weyhe-
Smke, Zwei YermKhlungen im Hause Longueval in der Linie Yaux-
Baquoy. — Leitner, Freydal. Des Kaisers Maximilian L Turniere und
Mummereien. — Dachenhausen, Die kaiserlichen Wappenbriefe und Adels-
204 Literatur.
diplome, beziehungsweise Adelsbestätigangen der verschiedenen Familien
Winkler. — Klemme, Die Sires von Neufchfttel. — Qrf. v. Pettenegg,
Das Stammwappen, des Hanses Habsborg; Anhang. Das Wappen »Neu-
Oesterreich. * — liebenaa, Die Anfänge des Hauses Habsburg. — Literatur.
Organ der k. k. heraldischen Gesellschaft »Adler*. Xm.
Jahrg. der Zeitschrift, X. des Jahrbuches. Bed. unter Leitung des Yioe-
Prasidenten Dr. Ed. Gaston Pöttickh Grafen von Pettenegg. Wien 1888:
Gesellschafts-Chronik und Geschäftsberichte. — Hartmann-Franzensbuld,
Die Potenoe des Toison d'or und ein Wappenbuch des Ordens vom goldenen
Yliess. — Liebenau, Beiträge zur Geschichte der Familie von Tegerfelden.
— Franzenshuld, Brabb^. Eine bürgerliche Genealogie von 1700 — 1888.
— Eindler v. Enobloch, Die Herren von Hohenstein im Elsass. — Frh.
V. Hohenbühel, Alphabetisches Begister der in sämmtlichen drei Tfaeilen
von Wiguleus Hundts bayrischem Stammbuche enthaltenen adeligen (Ge-
schlechter. — Franzenshuld, Die rheinische Tumiergesellschaft vom ge-
krönten Steinbock. — Wisgrill, Schauplatz des niederösterreichischen land-
sässigen Adels vom 9. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. — Klemme,
Ueber einen Zweig der Choiseul in Oesterreich. — Heilmann, Divii von
Serlink. — Daohenhausen, Genealogie der von Dachenhausen. — Benoit^
Extraits des actes de baptdme ä la Mairie de Lunöville. — Querfurth,
Ueber Wappen-Entstellungen. — Kolaf , Die ältesten Siegel des böhmischen
Adels. — Weyhe-Eimke, Die Erhebung des Freiherm .von Vaux aus dem
Hause Longueval in den Grafenstand als Grafen von Buquoj mit einigen
weiteren Notizen über diese Familie. — Dobner und Klemme, Das Stamm«
buch des Johann Paul Geymann, etc. enthaltend die Eintragungen seiner
Freunde und Studiengenossen an den Universitäten zu Tübingen und
Strassburg. — Luschin von Ebengreuth, Heraldische Findlinge. — , Fehren-
theil und Gruppenberg, Zwei Ahnentafeln der Grafen von Sylva-Tarouca.
— Heilmann, Standeserhöhungen und Gnadenacte unter der Regierung
seiner Majestät des Kaisers Franz Josef L (1880—1882).
Numismatische Zeitschrift, herausgegeben von der numis-
matischen Gesellschaft in Wien durch deren Bedactions-Gondt^. XY. Jahrg.
Wien 1888: Peez, Eine neue Münze von Celenderis mit dem Bilde des
Trajan Decius. — Kenner, Münze von Ninive. — Bahrfeldt, Geschichte des
älteren römischen Münzwesens bis circa 200 vor Christus. — Stickel, Eine
der älteren armenischen Münzen. - Müller, Venezianer Münzen im XIIL Jahi^
hunderte und ihr Einfluss auf das mitteleuropäische Münzwesen. — Meyer,
Die Münzen der Stadt Dortmund. — Numismatische Literatur. — XYL
Jahrg. Wien 1884: Hoänann, Beiträge zur Geschichte alter Legirungen.
— Schott, Ein unedirter Aureus des Kaisers Licinius. — BoUet, Der
Pfa&tätterer Fund von Wiener Pfenningen. — Luschin von Ebengreuth,
Die Wiener Pfenninge zu Zeiten König Ottokars. — Schalk, Der Wiener
Münzverkehr im 16. Jahrh. — Joseph, Die Münzen des gräflichen und
farstlichen Hauses Leiningen. — Meyer, Die Münzen der Familie Sdiutz-
bar„ genannt Milchling (Nachtrag). — Imhoof-Blumer, Griechische Münzen
aus dem Museum in Klagenfurt und anderen Sammlungen. — Peez: Zar
cyprischen Münzkunde. — Bahrfeld, Die gefütterten Münzen aus der Zeit
der römischen Republik. — Markl, Ueber die Bedeutung der SiegeamdnzeA
liieratar. 205
VICrrOSIA a mi und YICTOBIA GESMAN von ClaadioB II.; Die Beichs-
xnüxizstfttteii unter der Begierung Claudius TL. Gothicus und ihre Emissionen.
— Luschin yon Ebengreuth, Die Wiener Pfenninge zu Zeiten König
Ottokars. — Meyer, Die Medaillen der Familie Bantzau (Nachtrag). —
Bahrfeldt, Das Münzwesen der Stadt Luckau in der Niederlausitz. —
Qebert, Münzgeschiohtliches zu den Burgmilchling'schen Ausprägungen. —
Traohsel, Neues Verzeichnis der Mflnzsorten der Grafen von Montfort. —
Numismatische Literatur. — Jahresbericht der numismatischen Gesellschaft.
Mittheilungen des k. k. Kriegs-Archiys. Hg. u. red. von
der Direction des Kriegs- Arohiys, Jahrgang 1884, Wien 1884: Angeli,
1812. Die Theilnahme des k. k. österr. Auxiliar-Gorps unter Commando
des G. d. G. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwarzenberg im
Feldzuge Napoleon L gegen Bussland. — Wiener, Das Corps deia FML.
Friedrich Freiherm von Hotze im Feldzuge 1799. — Gömörj von Gömör,
Eine Herausforderung des Grafen Nioolaus von Zrin (Zrinyi) durch Machmet
(Mehemed) Pascha von Bosnien ^bbi. — Jihn, Der Feldzug 1761 in
Schlesien und Sachsen. — Wetzer, Waldstein und die Pilsener Beverse
1634. — Aus der Jugendzeit Kaiser Josef 11. — Ausserordentliches
Avancement. — Trauerlied der Soldaten am Begräbnisstage der grossen
Theresia. — Wiener, Die Schlacht bei Poddubie (Gorodeczno) am 12. August
1812. — Suwarow. Beiträge zu dessen Characteristik nach bisher noch
nicht edirten Schriftstücken des k. k« Kriegs-Arohivs aus dem Feldzuge
1799 in Italien. — Die Alt-Piccolomini'schen Cürassiere. Ein vergessenes
Blatt Begimentsgeschichte. — Ein Memoire Badetzky's, das Heerwesen
Oesterreichs beleuchtend, aus dem Jahre 1809. — Gömörj von Gömör,
Besitzergreifong des Gebietes von Cattaro durch General-Mi^or Millutinovich
1814. — Angeli, Der Feldzug gegen die Türken im Jahre 1684. — Der
hohe Adel im kaiserlichen Heere einst und jetzt. — Verzeichnis m — ^YI
der vom k. k. Kriegs- Archive erworbenen Bücher und Kartenwerke.
Organ der militär-wissenschaftliohen Vereine, heraus-
gegeben vom Ausschüsse des militftr-wissenschaftlichen Vereines in Wien,
XXVn. Band^ Wien 1883: Behm, Die Belagerung und Vertheidiguug von
Wien 1683. — Horsetzky, Feldmarsohall-Lieutenant Freih. von Gallina.
— Dunoker. Mustergiltige Darstellung einer Begimentsgeschichte ftir Unter-
offiziere und Soldaten. — XXVllI Bd, Wien 1884: Sachsen und Polen
vor Wien 1688. — Mflhlwerth-Gärtner, Die Operationen des kaiserlichen
General-Lieutenants Carl V. von Lothringen im Feldzuge 1688. — Angeli,
Das Oeterreidiische Auxiliar-Corps unter G. d. C. Fürst C. Schwarzenberg
im Feldzuge 1812. — IXIX. Bd., Wien 1884: Bühlers, Das Beglement
ftlr die künigL prenssische In&nterie vom 11. Juni 1750. — Zemin,
General Graf von Todleben.
Streffleur*s österreichische militärische Zeitschrift.
Bed von Moriz Bitter von Brunner, XKV. Jahrg., Wien 1884, Bd. 1:
Lustig, Beiträge zur Geschichte des k. k. Heeres. Die Militär-Bildungs-
anatallen. — Janko, Georg Bimpler, Christoph BOmer, Chefs des Genie-
nnd ArtiUeriewesens während der Türkenbelagerung Wiens 1683. —
Traub, üeber nächtliche AngrijQfe, beleuchtet durch die Kriegsgeschichte.
«^ Bd. 2: S. von B., Das Gefecht von Weissenburg. Eine taktisch*
206 Nekrolog von W. Diekamp,
kriegsgeschiohtliohe Stadie. — Bd. 8 : Die Pl&ne der Oeq/oi^e Da<}i:ot und
Wimpffeu wflbrend der Sohlaoht bei Sedau. — WieÄkowaki, Das militSriadlie
ErziehungEh und Bildimgsweseii. Versuch einer Daratelliiiig seiner Eni-
wickelang und gegenwärtigen Yerbftltnisse. — Fonna^ek, ^iUtftriadhe
Coriosa. Ein Beitxag zur Qesohichte des altkaiserlichen Heerwesens. —
Bd. 4: Ans der österreichischen Kriegsgeschichte: Die Belagerang nnd
Einnahme der Citadelle (St Victor) von Tortona dardh die Oesterreicher
1799. — Carl Sonklar Edler von Innfitftdten, k. k. General-Major, Nekro-
log. — Literatnr-Blatt.
Nekrolog.
Am 25. December verschied in Bom Wilhelm Diekamp. Geboren
am 13. Mai 1854 za Geldern am Niederrhein^ kam er noch in früher
Jagend in die Heimat seiner Eltern, nach Westfalen, zorück. Nach
Absolvirai/g des Paolinischen Gymnasiums in Münster i. W. bezog er 1872
die Universitäs Würzbarg and widmete sich hier nnd dann darch vier
Semester an der Akademie in Münster dem Stadiam der Theologie. 1875
wandte er sich, darch Gewissensbedenken vom Eintritt in den geistlichen
Stand abgehalten, den historischen Stadien za. Schon 1877 warde er,
nachdem er die yon der philosophischen Facnltftt in Münster gestellte
Preisfrage: »Widakind, der Sachsenfahrer, nach Geschichte and Sage*
(Münster, Theissing, 1877) gelöst hatte, zam Dr. ph. promovirt and bestand
mit glänzendem Erfolg die Staatsprüfung fiir das höhere Lehramt In den
nächsten Jahren an den Gymnasien in Münster, Arnsberg nnd Aachen
thftüg, gab er seine Stellang aaf, am mich Giefers* Tod die Fortsetzung
and Ergänzung des West&lischen Urkandenbnches za übernehmen and
sich ganz der Wissenschaft za widmen. Im Frühjahr 1882 habilitirte er
sich als Privatdocent an der Akademie in Münster. Unmittelbar daraaf
kam er nach Wien, am bei Sickel Diplomatik za hören nnd aioh in den
historischen Hilfswissenschaften za schalen. Darch zwei Semegter gehörte
er als aasserordentliches Mitglied anserem Institute an, allen lieb und
werth darch die Ehrenhaftigkeit seines Charakters, seine Liebenswürdigkeit^
die Ehrlichkeit seiner Ueberzeagang, welche auch anderer Ansohaaong
ihr Recht beliess. Schon hatte er angewönliche Vorkenntnisse mitgebracht»
die, mit rastlosem Fleisse erweitert and in gewissenhafter Arbeit Tertieft» ihn
bald in die erste Beihe der jüngeren Diplomatiker stellten. Die mit
»Dr. A* gezeichneten Artikel »Zar literatar der Diplomatik* (Liter.
Handweiser Nr. 282, 238), die beste Uebersicht, welche wir besitzen»
hatten bereits 1878 die Aafinerksamkeit der Fachmänner, erregt; 1881
waren als 4. Band der Geschichtsqaellen des Bisthams Münster die »Yitae
S. Liadgeri* (ygl. Mittheilangen 2, 6 85), »eine masterhafte Edition S er-
schienen« Eine Fracht seiner in Wien mit Vorliebe fortgeführten und
erweiterten Stadien über päpstliche Diplomatik sind die beiden Abhand-
langen »Zam päpstlichen TJrkandenwesen des XL, Xu. and der ersten
Hälfte des XTTT. Jahrhunderts^ und »7on Alezander lY. bis Johann XXIL*
(1882, 1888, « Mittheüungen 8, 565—627 mit einer Tafel Bullen-
abbildungen; 4, 497 — 540), die eine Fülle feiner und schar&innig yer«
Nekrolog von W. Diekamp. 207
wertheter Beobachtungen bieten. Ihnen schloss sich der Ao&aiz an »Die
neuere literatar zur pftpetlichen Diplomatik* (Histor. Jahrbach 1883,
Heft 2, 3), besonders werthvoll dorch die vollst&ndige Beherrschung des
weitausgedehnten Stoffes nnd dorch besonnene Kritik. Daneben publicirte
D. eine Beihe kleinerer Aofiätze, theilweise noch Ergebnisse seiner viel-
seit^ea Arbeiten in Wien, wie »Die Wiener Handschrift der BonifaciriB-
Briefe* (Neues Archiv Bd. 9), und eingehender Besprechungen, nament-
lich der diplomatischen Literatur. Eine derselben brachte noch das letzte
Hell unserer Zeitechnft, eine Anzeige der Mon. G^rm. Diploma^ta das gleich-
zeitige Heft des Histor. Jahrbuches mit der massvollen Abwehr eines
hfimischen Angrifis. Ein anregender Lehrer war er auch einer der be-
rufensten Vertreter der Diplomatik an den deutschen Hochschulen, der Disciplin,
die, in zünfligen Kreisen oit scheel angesehen, noch viel&ch berufener Ver-
tretung ermangelt. Seine aussergewöhnliche Arbeitskraft wandte D. zuletzt
grCfisteniheils der westfälischen Geschichte zu, fUr die sein früher Tod
em kaum zu ersetzender Verlust ist. Das eben abgelaufene Jahr brachte
ausser einigen kleineren Arbeiten (»Fürstbischof Christoph Bernard und
die Erhebung der h. Thiadhild in Freckenhorst» Ein Marienfelder Biblio-
theksverzeichnisa aus dem XIII. Jahrhundert^ Verzeichniss der in Wigands
Archiv und der Zeitschrift für westfiH. Gesch. u. Alterthumskunde bis
1885 veröffentlichten Aufsätze und Mittheilungen* im 43. Bd. dieser Zeit-
schrift) als letzte Gabe auch die erste Lieferung des Supplements zum
»WestfUischen XJrkundenbuch * (bis 1019), eine geradezu mustergiltige
Leistung, die, auf breiter handschriftlicher Grundlage ruhend, überall sorg-
<ig sichtend und berichtigend, auch das unscheinbarste Detail der
Literatur beachtet, sich inmier selbständige Prüfung und unabhängiges
Urtheil wahrt, ein beredtes Zeugniss für das, was D., wäre ihm ein längeres
Leben beschieden gewesen, noch hätte leisten können. Ende September v. J.
kam er nach Bom. Er hatte umfassende Arbeiten im Vaücanischen Archiv
geplant: Sammlung der Kanzleiregeln und zwar Bearbeitung des Liber
diumus mit Anhang bis Johann XXII, der päpstlichen Constitutionen,
Erlässe der Vicekanzler, Schreiberau&eichnungen usw. aus der avigno-
nesischen Zeit, des Liber cancellarie des Dietrich von Niem, in zweiter
Linie Feststellung der Taxen. Schon hatte er die Bearbeitung des Libe:*
diumus beendet und war an seine weitere Aufgabe geschritten. Da ergrif<
ihn Mitte Dezember ein typhöses Fieber, dem er am Abend des Weih-
nachtsfestes erlag, fern von der ihm theuren Heimat Schon am nächsten
Tage wurde er bestattet Unsere römische Colonie erwies ihm die letztt:
Ehre. Möge dem Freunde die fremde Erde leicht seini
£. Mühlbacher.
208
Personalien.
Hofratli Th. ▼. Sickel wurde zum Ehrenmitglied der R. Sodetä di ftoria
pairia in Rom, geh. Justizrath H. Brunner zum w. Mitglied der Berliner
Akademie gew&hlt.
Prof. Ottokar Lorenz wurde nach Jena bemfen.
Fr. Wickhoff wurde zum a. o. Profeasor der Eunstgeschichte an der
üniyergität Wien befördert
£. y. Ottenthai wurde zum Consenrator, 0. Redlich zum Gorrespon-
deuten der k. k. Central-Commission zur Erforschung der Kunst- und historischen
Denkmale für Tirol ernannt. \
E. Schrauf wurde zum Dr. ph. h. c. der Uniyersitftt Wien promoyirt
Ernannt wurden E. Chmelarz zum Custoe der k. k. Hofbibliothek,
J. Lampe 1 zum Concipisten am k. u. k. geh. Haus-, Hof- und Staatsarchiy in
Wien, 8. y. Barabäs und A« y. Pettkö zu Beamten am ungarischen Landes-
Archiy in Budapest, A. Riegl am Ost. Museum für Eunst und Industrie.
Den XV. Curs des Instituts (1888—1885) absolyirten als ordentliche
Mitgli^er:
Donabaum Joset
•RTiglittflun Wilhelm.
Falke Otto y.
Steinherz Samuel, Dr. ph.
Voltelini Hans y.
Als a. 0. Mitglieder:
Eehr Paul, Dr. ph. (1884 -'$5).,
Pettkö Adalbert y.
Portheim Friedrich y., Dr. ph.
Thommen Rudolf Dr. ph.
Als Thema der Hausarbeit wählten :
Donabaum, Die Wiederbesiedlung NiederGsterreichs nach der Unganmoth
«
bis zum Inyestiturstreit.
Englmann, Der Eanzler Easpar Schlick im Dienste EOnig Albrecht IL
y. Falke, Die Register Eaiser Sigmunds.
Steinherz, Die Beziehungen Ludwigs I. yon Ungarn zu Earl IV.
y. Voltelini, lieber Trienter Urkunden des 12. und 18. Jahrhunderts.
Die Olausurprüfungen fimden yom 6.— 12. Oki 1886 statt, die mflndlichen
Prüfungen am 16. Okt und 20. Noy.
Aufgenommen wurden 6 ordentliche und 1 ausserordentliches Mitglied.
Beiträge zur Erklärung und Geschichte der
peutingerschen Tafel.
Von
B. Hotz.
Die grroBse Oelelursamkeit und der ungemeine Scharfeinn, welche
von Desjardins bei dessen Ausgabe der Tabula Feuidngeriana (Paris
1869 f.) sind aufgewendet worden, haben über die bis jetzt yon diesem
ausgezeichneten Forscher behandelten Partien der Karte klarstes Licht
verbreitet. Um so mehr ist es zu bedauern, dass das Werk ins Stocken
gerathen ist Etwas mehr als die Hälfte der Tabula ist noch nicht
bearbeitet, und es ist sehr fraglich, ob das Werk überhaupt wird zu
Ende geführt werden. Hatte bisher der Name Desjardins jeden Anderen
von einer selbständigen Erforschung der Karte abgehalten, so föUt
nun dieser Grund dahin, und es dürften in Zukunft auch wieder
Forscher deutscher Zunge sich mit der Peutingeriana beschäftigen.
Einige Beiträge hiezu zu liefern ist der Zweck nachfolgender Arbeit.
Die peutingersche Tafel ist durch drei Vignetten ausgezeichnet,
welche zur Versinnbildlichung der Städte Bom, Constantinopel und
Antiochia dienen sollen. Eine zutreffende Erklärung dieser, drei Vignetten
ist bis jetzt doch nicht geliefert worden. Wol hat Mannert in seiner Ausgabe
die Vignetten Antiochias und Gonstantinopels in scharfsinnigster Weise
zur Datbrung der letzten Copiatur der Karte zu verwerthen gesucht;
allein, wie mir scheint, nicht mit durchaus überzeugender Beweiskraft.
So namentlich, was die Vignette für Antiochia anbetrifft (Seg-
ment IX G der Ausgabe Desjardins). Hier sitzt eine weibliche, mit
rothem üeberwurfe bekleidete Gestalt auf einem Throne, ihr Haupt
trägt eine Krone und ist mit einer rundlichen Scheibe, offenbar einem
Heiligenscheine umgeben. In der rechten Hand hält die Gestalt einen
Stab (Scepter?), während die Linke auf der Stuhllehne oder auf dem
Haupte einer daneben befindlichen Gestalt zu ruhen scheint. Zur
sitzt nämlich eine kleinere, nackte männliche Gestalt, die wol
]|ittiieflimg«ii TU. li
210 Hotz.
am ehesten als Jüngling aufeufassen ist Er hält in seiner Linken
einen Erug, aus welchem er Wasser ausgiesst. Dieses fliesst über
einen Aquädukt nach einem Yon einem Haine umgebenen tempelartigen
Gebäude, das auf einem Hügel zu liegen scheint und durchaus mit
keiner Strasse in Verbindung steht, was doch sonst bei allen anderen
Tempeln und Gebäudeinsignien der Tabula der Fall zu sein pflegt,
so dass wir kaum einen eigentlichen Tempel darunter werden zu ver-
stehen haben.
Mannert glaubte nun, dass die beiden Gestalten die Mutter Gottes
mit dem Jesusknaben darstellen sollten; f&r die übrigen Theile der
Vignette weiss er aber keine Erklärung. Er sagt nun, es weise diese
Auszeichnung Antiochias gegenüber den anderen Städten (durch Dar-
stellung der Mutter Gottes mit dem Jesusknaben) auf die wichtige
Bolle hin, welche Antiochia in den Ereuzzügen gespielt habe; nun
fiel aber Antiochia 1268 in die Gewalt des Mamelukensultans und
wurde yon diesem zerstört; also sei daraus zu schliessen, dass die
Feutingeriana in ihrem jetzigen Zustande vor 1268 sei gezeichnet
worden.
Ebenso benützt Mannert auch die Vignette Constantinopels,
um die Zeit der letzten Copie der Karte herauszufinden. Segment VIII A
(ed. Desjardins) bietet nämlich das Bild einer auf dem Throne sitzenden
Gestalt, die in der Linken Schild und Lanze 'trägt, mit der Bechten
aber auf einen daneben befindlichen Thurm hinzudeuten scheint, auf
welchem eine Bildsäule steht, die in der Bechten die Weltkugel und
in der Linken eine lange Lanze trägt. Diese Vignette nun erklärt
Mannert als einen Hinweis auf die Gründung des latinischen Kaiser-
thumes, und er identificirt die auf dem Throne sitzende Gestalt ge-
radezu mit Balduin von Flandern.
Diese beiden Vignetten also nebst der Form der Schrift bestimmen
Mannert, die Zeit der letzten Copie der Karte in die Mitte des 13. Jahr-
hunderts zu setzen, und diesen Schluss zusammenhaltend mit der
bekannten Notiz des sogen. Kolmarer Mönches (M. G. SS. 17, 191
a. 1265) «mappam mundi descripsi in pelles duodecim pergameni*,
kommt Mannert zu dem Schlüsse, es habe dieser Mönch eben die
Feutingeriana copirt Dieser Schluss ist seitdem fast allgemein ab
richtig anerkannt worden und auch Desjardins hat, so viel aus den
bis jetzt erschienenen Lieferungen seiner Ausgabe zu ersehen ist,
keine andere Meinung hierüber, da er zu wiederholten Malen den
Kolmarer Mönch als Autor des in Wien vorhandenen Exemplares der
Feutingeriana nennt.
Beiträge zur Erklärung und Geschichte der peutingerschen Tafel. 211
Was nun zanäclist die beiden Vignetten betrifft, so lässt sich
nicht leugnen, dass sie in ihrer vorliegenden Gestalt der Ikonographie
des 12. Jalirbunderts angehören, und dass somit die Deutung, die
ihnen Mannert gegeben, der Wahrheit nahe kommen kann. Doch
vermag dieser Forscher nicht uns die Gesammtheit der einzelnen
Vignetten zu erklären, sondern er begnügt sich jeweilen nur mit der
Deutung der Hälfte. Eine ySllige Erklärung gibt uns nur die An-
nahme, dass diesen Vignetten ursprünglich andere zu Grunde gelegen
haben, die dann vom copirenden Mönche in ihre jetzige Form um-
gewandelt worden sind.
A.uch die Vignette Borns weist Aehnliches auf. Innerhalb
eines grossen Ejreises sitzt eine der antiochenischen sehr verwandte
Gestalt auf einem Throne, das Haupt Ton einer Erone überragt, eine
Weltkugel in der Linken, den Scepter in der Bechten haltend; zur
linken Seite des .Thrones hängt ein kleiner Bundsohild, während auf
dem Throne selbst ein Gegenstand liegt, der wol als Helm zu denken
ist Diese Vignette hat grosse Aehnlichkeit mit denjenigen der beiden
andern Städte und ist sicherlich gleichen Ursprunges mit diesen.
Offenbar wollte der ursprüngliche Zeichner die drei Städte in gleicher
Weise heryorheben, da sie für ihn von aussergewöhnlicher Bedeutimg
waren. Für Bom und Konstantinopel sind weitere Nachweise nicht
nöthig, da diese Städte eben als Hauptstädte der alten Welt für jeden
Yon eminentester Wichtigkeit gewesen sind ; aber auch von Antiochia
ist es zur Genüge bekannt, dass diese Stadt als ihetropolis orientis
nächst Bom und Eonstantinopel als die dritte des Erdkreises gegolten
hat und ebenfalls Eaiserresidenz gewesen ist. Es wollte also der
Zeichner diese drei Städte vor den anderen als gleichwerthig hervor-
heben. Die Erklärung, wie er das gethan hat, schafft uns ein Zu-
rückgreifen auf das Alterthum.
Bekanntlich verehrten die Griechen und Bömer die Tyche (t&xiQi
Fortuna, genius loci) als Hort und Pflegerin der Städte, und es pflegte
jede Stadt gleichsam « ihr ideales Selbst' in Gestalt einer solchen tox^)
zu verehren. Die Tyche wurde meist als schöne, reichgekleidete Frau
dargestellt ; gewöhnlich trug sie verschiedene Attribute : als waltendes
Geschick hält sie das Steuerruder des Lebens in den Händen, die
Kugel, um die Veränderlichkeit des Zufalls zu bezeichnen; als Geberin
des Glückes trägt sie im Arme das Hörn der Amalthea, oder den
Plutos oder Attribute ländlicher Fruchtbarkeit, wie z. B. Mohn oder
Aehren. Als Stadttjche trägt sie sodann eine Mauerkrone; hiezu
können ferner^ noch Zeichen bestimmter localer oder landschaftlicher
Charakteristik treten, was den Künstlern Anlass zu sinnigen Bild«
212 Hotz.
werken bot Tyche, die Sehutzgottixi, stellt schliesslich ^e Stadt
selbst Yor, sie wird als personificirte Stadt aufge&sst und ihr Bild
gilt geradezu als Wahrzeichen der Stadt Besonders berühmt war in
dieser Hinsicht die Tyche Antiochias, von der uns noch ver-
schiedene Nachbildungen erhalten sind. Alle diese zeigen uns eine
reichbekleidete Frau mit Mauerkrone, in nachlässiger Haltung auf
einem Felsen sitzend, Aehren oder eine Palme in der Bechten haltend;
zu ihren Füssen hebt sich eine (halbe) Jünglingsfigur empor, die den
Fluss Orontes vorstellt (Siehe Visconti : Vatikan, Museo Pio Clement III.
pL 46; Duruy, Histoire des Bomains IV, 663.) Der Jüngling ist
bald zur Linken, bald zur Bechten der Tyche .und macht auf den
^hlreich erhaltenen antiochenischen Münzen, welche eben&lls die
Tyche darstellen, eher den Eindruck, als schwimme er. (Siehe G. 0.
Müller, Denkmäler der alten Kunst, Göttingen 1854, 1, 42; 2, tab. 49.)
Diese Tyche nun, wie sie oben als Wahrzeichen den Stadt auch auf
Münzen Anwendung fand, hat der Zeichner der Tabula ganz einfisich
zur Bezeichnung der Stadt auf seine Karte übertragen. Es stammt
also sicherlich diese Vignette aus einer Periode, da heidnische An-
schauungen noch vorherrschend waren. Die innere Verwandtschaft
dieses Tychebildes und der Vignette, wie sie die Peutingeriana auf-
weist, wird uns beim ersten Blicke klar. Der christliche Copist hat
eben die (heidnische) Bedeutung des Bildes nicht mehr verstanden
und hat dasselbe seinen Anschauungen gemäss umgewandelt Aus
der Mauerkrone machte er einfach einen Heiligenschein mit gewöhn-
licher Krone, die Aehre (Palme) wandelte er in ein Scepter um, den
Fels gestaltete er zum Throne und den jugendlichen (halben) Orontes
ergänzte er zu einem Knaben: so. erhielt er eine Mutter Gottes mit
dem Jesusknaben und nahm also (wol in aller Naivetät) den gleichen
Process vor mit der heidnischen Stadtgöttin, welchen die christlichen
Glaubensboten den Gottheiten germanischer und keltischer Völker-
schaften hatten angedeihen lassen.
Allein hiemit ist noch nicht die ganze Vignette Antiochias er-
klärt ; es bleiben noch unerläutert das Wasser, der Aquädukt und der
WassertempeL Da in der Geschichte dieser Stadt während der Kreoz-
Züge oft eiaer auf Pfeilern ruhenden eisernen Brücke Erwähnung
gethan wird, glaubte Mannert, dass unsere Vignette eben diese Brücke
wiederzugeben beabsichtige. Ernstliche Zweifel an dieser Aufih^sung
Mannerts hat schon Dionys Grün erhoben in einem Aufsatze: «Die
Peutingersche Tafel' in den Mittheilungen der k. k. geogr. Gesell*
Schaft in Wien 17 (1874), 467 f. Die vermeintliche Brücke wird
eben jeder unbefangene Beobachter sofort erkennen als einen Aqua-
Beiträge zur Erklärung und Gescliiclite der peuidngerBchen 7afel. 213
dukt, da das Bauwerk mcht über den Oronteä f&hrt und zudem das
Wasser nicht unter jenem hindurch, sondern darüber hin flieasi
Wie nun ein Zurückgehen auf das Alterthum uns das Bathsel
von der Bedeutung der Frau und des Knaben gelost hat, so dürfte
auch der Sinn dieser Zeichnung aus dem Alterthume zu erklären sein.
Antiochia trug den Beinamen das , daphnische *, i^ knl Ai^VT]^;
Daphne war nämlich der Name eines 40 Stadien (7,4 Eilom.) von
Antiochia gelegenen Lustortes, der eine Art Vorstadt von Antiochia,
in einem 80 Stadien im Umkreise haltenden Haine von Cypressen
und Lorbeerbäumen gelegen und durch zahlreiche frische Quellen aus-
gezeichnet war^). Dieses Daphne war berühmt und berüchtigt durch
den ganzen Erdkreis hin als Hauptsitz antiochenischer Lustbarkeit
Man glaubte diesen Ort wieder zu erkennen in einer südwestlich von
Antakieh gelegenen Oertlichkeit Beit-ul-Mei (d. L Haus der Wasser),
und es will F. v. Bichter (Wallfahrten im Morgenlande 284) daselbst
noch üeberreste eines Aquäduktes gesehen haben« Nun wird uns von
einer grossen Anzahl von Wasserleitungen, theils in Antiochia, theils
in nnd von Daphne berichtet Der berühmteste Aquädukt wurde von
Kaiser Hadrianus erbaut (Chronographia des Malalas ed. Dindorf 278).
Nach dem Chronisten Malalas errichtete dieser Kaiser ein Bauwerk,
to dsatpiv T&y iCTj^ä^v Ai^ yif]^, in welchem das aus verschiedenen Quellen
stammende Wasser gesammelt vnirde. Mit diesem Quellenhause stand
in Verbindung ein den Najaden geweihter Temi>el. Von da führte
eine Leitung das Wasser nach Antiochia: unterwegs durchquerte diese
Leitung eine d^ Verheerungen durch Bergbäche ausgesetzte Gegend
und es musste daher zum Schutze der Leitung ein förmlicher Aquädukt
angelet werden. Es ist nun in die Augen springend, dass der ur-
sprüngliche Zeichner bei der Ddrstellung Antiochias eben auch den
Hain Daphne sammt QueUenhaus und Aquädukt dargestellt hat in der
Weise, wie sie' uns durch den christlichen Copisten noch ist erhalten
worden, einzig vielleicht mit dem Unterschiede, dass der Mönch das
Wasser vom Jünglinge (dem segenspendenden Christus) weg in das
Quellenhaus fliessen lässt, während sein Gang ursprünglich wol der
umgekehrte wird gewesen sein.
Gehen vrä nun über zur Vignette Boms.
Die Personification Boms, die Koma dea, wurde ursprünglich dar-»
gestellt als eine Amazone. Die noch erhaltenen Bildwerke (Duruy n, 72)
*) VgL hierüber die Abbandlimg v. E. Ottfr. Müller, De antiquitatibus Antiocb.,
nenerdingB berauBgegeben in der Gesammtausgabe der kunstarcbäolog. Werke
dieses Autors (Berlin, Calvary & Cie.)} Band 5.
214 Hotz.
zeigen sie meist mit aufgeschürztem Gewände, mit völlig entblösster
rechter Brust, auf aufgethürmtem Waffenhaufen oder doch wenigstens
auf einem Panzer sitzend und mit Waffen, die sie in der Hand trägt
oder zur Seite liegen hat, ausgerüstet. Von den Nachfolgern des
Kaisers Commodus an tritt jedoch eine etwas andere Darstellung auf
In diesen Zeiten konnte die bereits alternde Matrone sich folglich
nicht mehr als ein Heldfpmädchen tragen und kleiden. Boma erscheint
daherauf späteren Darstellungen (Duruy II, 627 ; IV, 703) als sitzende
Pallas, mit einer bis über die Füsse hinabwallenden Tunica und einem pur-
purenen Eriegsmantel, der in grossen weiten Falten übergeworfen ist
Der behelmte Eopf, der Speer oder das Scepter in der Linken und
der Schild zur Seite bezeichnen dabei Kom noch immer als die £ri^-
göttin ; auf der rechten Hand hat sie, wie die Pallas des Phidias, eine
vorwärts schreitende Siegesgöttin^).
Diese Art der Darstellung Roms findet sich bis zum Jahre 400
n. Chr. Es enthält nämlich die sogenannte Notitia dignitatum,
ein um 400 abgefasstes statistisches Verzeichniss der hohen kaiser-
lichen Beamtungen des römischen Kaiserreiches unter anderen sym-
bolischen Darstellungen der yerschiedenen Magistraturen auch die-
jenige eines praefectus annonae der Stadt Bom. (Notitia dignitat ed-
Böcking 1, 541).
Vergleichen wir nun diese Bilder mit der Vignette Borns der
Peutingeriana, so wird unwidersprechUch diese Vignette erklärt werden
dürfen als ursprünglich die Boma dea darstellend. Der mittelalterliche
Copist dachte sich dann diese Figur als Personification des deutsch-
römischen Eaiserthums, umsomehr, da ja Scepter, Schild und Beichs-
apfel in den Insignien /der Pallas-Boma bereits angedeutet erschienen.
Auf gleichem Wege findet auch die Vignette Gonstan-
tinopels ihre Erklärung. Die Tyche dieser Stadt wurde bis auf
Constantin d. Gr. verehrt Jak. Burckhardt erwähnt hierüber in
seinem ausgezeichneten Werke «Die Zeit C!onstantin d. Gr.* Fol-
gendes: Im letzten Jahrzehnt seines Lebens liess Constantin neben
einer grossen Anzahl stattlicher Kirchen in der nach ihm benannten
Stadt auch heidnische Tempel erbauen, unter diesen einen Tempel
der Tyche Constantinopels, in welchem das Bild dieser Göttin einen
eigentlichen Cultus genoss (1. c 403). Am Jahrestage der Einweihung
der Stadt selbst sollte eine grosse vergoldete Ötatue, welche Con-
stantin vorstellte, mit der Tyche auf der ausgestreckten rechten Hand^
in feierlichem Fackelzuge durch den Gircus gefahren werden, wobei
*) Böttiger, Kl. Schriften 2, 287 f.
Beiträge zur Erklärung und Geschichte der peutiogerschen Tafel. 215
der jeweilige Kaiser sich von seinem Sitze erheben und yor Con-*
stantins und der Tyche Bildnis« sich niederwerfen musste (L c. 469).
Ausser dem grossen Tychebilde Gonstantinopels werden noch mehrere
kleinere erwähnt Merkwürdig sind auch die Versuche, welche Con-
ataniin machte, um die Tyche ihrer rein heidnischen Bedeutung zu
entkleiden. So Hess er schon bei dem Einweihungsfeste der Stadt
(330) die Anbetung der Tyche und das Eyrie eleison durcheinander
klingen, und später lies er der Tyche geradezu ein Kreuz auf der
Stime anbringen. Es ist mir nun aUerdings keine aus dem Alter-
thum vorhandene Nachbildung dieser Tyche bekannt und ich bin
daher nicht im Stande, einen directen Beweis daf&r zu erbringen, dass
die sitzende Gestalt unserer Vignette Gonstantinopels ursprünglich die
Tyche dieser Stadt dargestellt habe. Ich glaube aber ganz wol, dass
man nach der Analogie der beiden anderen Vignetten diese Annahme
als eine ziemlich gesicherte hinstellen dürfe.
Fragen wir nun, warum denn gerade die drei Städte Born, Gon-
stantinopel und Antiochia auf der Karte so sehr ausgezeichnet wurden,
so haben wir eine allgemeine Antwort bereits früher (S. 211) erhalten^
allein es lag noch ein besonderer Grund vor; es waren nämlich die
drei Städte zwischen 350 und 353 gleichzeitig Kaiserresidenzen
unter den Söhnen Gonstantins, und zwar Bom unter Magnentius,
Constantinopel unter Gonstantius und Antiochia unter Gallus. Der
Beflex der kaiserlichen Besidenz spiegelt sich in den drei Vignetten
in durchaus identischer Weise wieder und gewährt uns so einen Licht-
strahl, mit dessen Hilfe wir wenigstens eine Etappe in der Geschichte
der Karte fixiren können.
Was endlich das andere zu Gonstantinopel gehörige Bild, näm-
lich den röthlichen Thurm betrifiPt, auf welchen die Tyche hinweist,
so stellt dieser ganz sicher ein bestimmtes Bauwerk Gonstantinopels
▼or, das eben, sei es vermöge seiner Grösse, sei es durch seine Pracht,
ein Wahrzeichen dieser Stadt bildete. Constantin hatte aus einem
grossen, 100 Fuss langen Stücke Porphyr eine Säule errichten lassen,
damit sie seine Statue trage; diese soll ursprünglich ein ApoUscoloss
gewesen sein, dem Gonstantin seinen eigenen rundlichen Porträtkopf
habe aufsetzen lassen. Unter die Säule soll er das heimlich aus Bom
entwendete Palladium haben beisetzen lassen, um Plagen abzuwenden
und das Glück zu bannen. Mit der Zeit wurde dieser Säule ein ge-
wisser Gultus zu Theil, indem man Lichter und Weihrauch davor
anzündete nnd Nothgelübde that^). Diese Säule befindet sich jetzt
*) Siehe Jak. Barkhardt a. a. 0. 805, 467, 469, 47S.
216 Hotz.
auf dem Atmeidan (d. L Pferdeplatz) oder Hippodrom in Constantinopel
Diese Säule war in der That ganz geeignet, als Wahrzeichen der
Stadt zu dienen. Da nun, wie wir auf S. 215 gesehen, die Vignetten
fär die drei Städte kurz nach Gonstantins Tod sind gezeichnet worden,
so dürfen wir wohl annehmen, dass damals auch die Gonstantinssäule
vom Zeichner mit auf die Vignette sei gesetzt worden.
Zum Schlüsse ist noch hinzuweisen auf die grosse üeberein-
stimmung, welche in der Darstellung einzelner Städte wie Aquüeja
(Segment III G), Thessalonike (VII A), Nikaea (VIIB) und Nikomedia
(ibid.) herrscht mit den Signaturen, wie sie die Notitia dignitatom
f&r eine ganze Beihe von Städten wiedergibt Offenbar ist die Notitia
hierin die Vorgängerin und die Tabula hat die Signaturen f&r die
oben erwähnten Ortschaften der in der Notitia angewandten Dar-
stellungsweise entlehnt; denn wären diese Bilder ursprünglich der
Tabula eigenthümlich gewesen, so würden sie sich in viel grösserer
Anzahl auf ihr vorfinden. So aber tragen sie durchaus den Gharakter
einer anderswoher hineingetragenen Zuthat, und die Quelle hiezu war
eben die Notitia dignitatum oder doch wenigstens die in ihr an-
gewandte Darstellungsweise. Desjardins erklärt im Texte zu seiner
Ausgabe der Tabula Feutingeriana^) die Vignette von Bavenna dahin,
dass sie die Kirche S. Vitale von Bavenna darstelle, deren Bau im
Jahre 547 begonnen worden ist. Auch für Thessalonike, Nikaea und
Nikomedia lässt sich nachweisen'), dass unter Justinian grosse Bauten
in diesen Städten ausgeführt werden, was eben den Anlass dazu
gab, dieselben auf der Karte bildlich auszuzeichnen.
Aus dem bis jetzt erschienenen Texte Desjardins (Britannia, Gallia,
Hispania, Italia p. 1 — 254 sowie ein kleiner Theil Osteuropas p. 254
bis 260) ist deutlich zu entnehmen, dass die Karte nicht auf einmal
entstanden ist,* sondern dass verschiedene Jahrhunderte an ihr ge-
arbeitet haben. Das augusteische Zeitalter, die Perioden Tngans,
Gonstantins und Justinians, alle diese haben, wie theils Desjardins
nachweist, theils aus unseren Auseinandersetzungen hervorgeht, ihren
Antheil an der Karte, heidnische und christliche Anschauungen haben
ihre Niederschläge auf ihr z.urüc^elassen; aber wesentliche Ver-
besserungen und Neuerungen an dem genialen Entwürfe des Agrippa (?)
hat keine spätere Zeit anzubringen vermocht
Die letzte Hand, die daran gerührt hat, ist unstreitig diejenige
eines mittelalterlichen Mönches gewesen, und zwar nahm man bisher
*) 8. 156. ») Ib.
Beüx&ge zur Erklärung und Geschiclite der peutdngerschen Tafel. 217
den Eolmarer Mönch als den Copisten an, eine Annahme, der auch
Desjardins beipflichtet Es ergibt aber eiae genaue Prüfung der-
jenigen Jahrbücher, aus welchen man glaubt, das Autorrecht des
Kolmarer Mönches ableiten zu dürfen, dass dieser Mönch im Jahre
1265 gar nicht in Eolmar gewohnt hat. Jaffe gibt in den Monumenta
Germaniae Bd. 17 in der Vorrede zu den Annales Golmarienses einen
kurzen Lebensabriss eben dieses Mönches, aus welchem hervorgeht,
dass dieser von 1256 — 1277 im Predigerkloster zu Basel gelebt hat.
Es ist also entschieden fQr die letztere Stadt das Becht in Anspruch
zu nehmen, der letzte Geburtsort der Peutingeriana gewesen zu sein,
und man sollte ip Zukunft nicht mehr ron einem Eolmarer, sondern
Yon einem Basler Mönche als dem Copisten der Tabula sprechen.
Aber ich glaube überhaupt Grund zur Annahme zu haben, dass die
Karte, welche dieser Mönch gemalt hat, nicht identisch ist mit der
Peutingeriana. Schon JafiPe hat a. a. 0. Zweifel an^ dieser Identität
ausgesprochen. Band 17 der Monumenta Germaniae enthält nämlich
auch noch eine Beschreibung des Elsass (descriptio Alsatiae) und eine
solche Deutschlands (descriptio Theutoniae). Diese beiden descriptiones
sind nach Jaffe (ib. 187, 20) am Ende des 13. Jahrhunderts yerfasst
worden, also um die Zeit, da man gewöhnlich die Copie der Peu-
tingeriana ansetzt. In der descriptio Alsatiae nun heisst es (p. 237, 15):
, Est (Alsatia) terra modica in Europae partibus, quae polum an-
tarcticum penitus ignorat; polum yero arcticum super se in gradu
50 credimus possidere. Haec est terra Alamaniae. Haec habet Con-
stantinopolim, civitatem Graedae, yersus Orientem quae secun-
dum mappam mundi sub meridionali linea continetur.*
Und in der descriptio Theutoniae (p. 238, 47): «Sita est Theutonia
in Uttoribus Oceani, inter Bhenum et Albam fluTios, ut in mappa
mundi depingitur, et opponitur vento, qui Gircinus seu Tracia
nominatur.* Endlich heisst es ebendaselbst (p. 233, 35): , Magister
de Sacro-Bosco (f 1244 oder 1256) fecit sphaeram magistris ceteris
meliorem. • *
Man muss gestehen, dass diese mappa mundi, welche in den
beiden descriptiones erwähnt wird, ganz anderer Natur gewesen ist,
als die Peutingeriana, da man ja aus jener ganz genau die Himmels-
gegend ersehen konnte, und da auf ihr die Elbe verzeichnet war, was
alles der peutingerschen Tafel nicht kann entnommen werden. Allem
nach müssen die Elsässer Mönche für ihre Zeit ganz tüchtige geo-
graphische Kenntnisse besessen haben, und die Peutingeriana war
jedenfalls nicht die mappa mundi, welche ihren Anschauungen und
Stadien entsprach.
218 . Hotz.
Einen weiteren Grund des Zweifels bietet mir nun der Umstand,
dass der Mönch (a. a. 0. 200, 8) zum Jabre 1276 schreibt: aMappam
mundi correxi." Unbedeutende Verbesserungen in Beziehung auf
Flussläufe sind zwar in Oberitalien an drei Stellen des Segments III
der Desjardin'schen Ausgabe zu bemerken (die anderen Ausgaben der
Tabula lassen nichts hievon erkennen), von einer wichtigen Gorrectur
aber, welche der Erwähnung in den Annalen werth gewesen wäre,
lässt einem weder Desjardins noch eine andere Edition etwas wahr-
nehmen, so dass wir, so lange nicht eine nochmalige genaue Prüfung
des Originales wirklich eine grössere Gorrectur aufweist, den obigen
Passus als wichtiges Verdachtsmoment dürfen gelten lassen.
Dem Yon anderer Seite erhobenen Einwände, dass der Mönch
von 12 Tafeln spricht, während die Peutingerische Karte deren nur
11 aufweist, lege ich kein Gewicht bei, da ja offenbar einmal bei
dieser 12 vorhanden' gewesen sind. Ich betrachte also diese Nicht-
übereinstimmung als YÖUig irrelevant, freilich in dem Sinne, dass
ich sie weder für noch gegen die Identität sprechen lasse. Der Mönch
kann ja ebensogut eine andere mappa mundi als gerade die peu-
tingersche in 12 Fergamentblättem gemalt haben.
Der Umstand, dass gerade der Schwarzwald und die Vogesen auf
der peutingerschen Tafel mit Bäumchen besetzt sind, während sonst
die anderen Gebirge dieses Schmuckes entbehren, ist ebenfalls als
gewichtiger Beweis für die Identität der mappa mundi des Eolmarer
Mönches und der Peutingeriana verwendet worden. Man sagte: Diese
Gebirge waren dem Mönche täglich vor Augen, darum hat er sie mit
besonderer Vorliebe behandelt Dieser Grund gieng an, so lange die
Annahme, dass der Mönch in Eolmar gelebt, als richtig galt. Nun
aber hat ja der Zeichner in Basel gelebt. Warum hat er denn
da den Jura ausgelassen, der ihm doch von Basel aus viel näher lag
als die beiden anderen, den er mindestens ebenso gut kennen musste,
als diese? Man wird einwenden, der Jura finde sich auf der Karte
gar nicht verzeichnet Nun macht aber die Silva Vosagus (Vogesen)
sowol in Zeichnung als Benennung einen stark verdächtigen Eindruck ;
denn abgesehen von den Bäumen ist schon die Gebirgszeichnung hier
wesentlich anders als bei den anderen Gebirgen ; sodann ist der Name
«Vosagus* erst von der Mitte des 6. Jahrhunderts an beglaubigt^),
während frühere Schriftsteller immer von einem Mons Vogesus
oder Vosegesus, nie aber von einer Silva Vosagus reden. Die
letzten Spuren selbständiger Bearbeitung der Karte weisen nun aller^
^3 Forbiger, Alte Geogr. v. Europa 87 und 88.
Beiträge zur Erklärung und Geschichte der peutingerschen Tafel. 219
dings, wie wir gesehen, auf die Zeit Juatinians; doch betrifft diese
Bearbeitung lediglich einige orientalische Städte, am übrigen wurde
kaum etwas geändert, namentlich ist nicht abzusehen, wie die Vogesen
zu der Ehre hätten kommen sollen, von einem kaiserlich byzan-
tinischen Hofkartenfabrikanten einer eingehenden Behandlung ge-
würdigt zu werden. Ich vermuthe daher stark, die Vogesen seien
ursprünglich nicht auf der Karte vorhanden gewesen, sondern von
einem copirenden Mönche, der aus dem Elsass stammte, eingezeichnet
worden. Dieser Mönch ist aber nicht der sogen. Eolmarer d. i Basler
Fredigermönch gewesen, denn sonst hätte er auch den Jura ein-
getragen, Platz dazu war zur Genüge vorhanden.
Femer ezistirt auf der Basler Universitätsbibliothek noch ein
4
Yerzeichniss der Bibliothek des Fredigerklosters in Basel. Dasselbe
ist erst nach der Beformation, im 16. Jahrhundert, abgefasst worden,
also zu einer Zeit, da die peutingersche Tafel bereits gefunden war.
Es enthält nun die Notiz: «Mappa mundi, item chronica quaedam.*
Viele mappae mundi pflegte man in einem Kloster nicht gerade zu
besitzen, man begnügte sich, namentlich in kleineren Klöstern, wie
das Basler eins gewesen, mit einem Exemplp«r. Da nun die mappa
mundi des Basler Klosters sich noch vorfand zu einer Zeit, da die
pentingersche Tafel bereits in Nürnberg war, sind diese beiden jeden-
falls nicht identisch mit einander«
Wo ist nun aber die peutingersche Tafel wirklich copirt worden?
Schon Scheyb erwähnt in seiner Ausgabe (Tab. peui p. 31) einer
Stelle, welche diese Tafel kurz vor ihrer Entdeckung durch Konrad
Geltes meteorartig vor unseren Augen vorbeiziehen lässt. Es schreibt
nämlich der Zürcher Chorherr FeUx Henmierlein (1389—1456?)
Folgendes in seinem Tractate de nobilitate^): „Et haec omnia, vide-
licet maria, insulae, montes, provindae, civitates, oppida, flumina et
gentes, singulariter singuli et singulae proprüs nominibus sunt in
Itinerario Urbis Bomae notabiliter conscriptae prout diligenter
vidi et pe.rspexi. Etiam cum leucis et milliaribus distan-
tiarom. ' Die Ausdrücke vidi und perspexi weisen deutlich darauf
bin, dass es sich hier um eine eigentliche Karte, nicht blos um ein
einfaches Distanzenverzeichniss nach Art des Itinerarium Antonini
handelt. Und alles das, was der Zürcher Chorherr auf diesem
Itinerarium urbis Bomae gesehen hat, findet sich eben auf der peu-
tingerschen Tafel verzeichnet Den besten Beweis aber daf&r, dass
<) P. 104 b, Zeile 8 v. o.
220 Hotz.
I
Hemmerlein, wenn nicht unser Exemplar, so doch wenigstens ein
anderes dieser Karte gesehen hat, finden wir in dem Passus «cum
leucis et milliaribus distantiarum. '^ Die Leuga ist ein Längen-
mass, das sich ursprOngUch bei den Galliern vorfand (franzos. Heue)
und hatte eine Länge von 2 Eil. 426 M.; später kam die gallo^
römische Leuga zur Anwendung, welche 2 Eil. 222 M. betrug, also
etwa das iVg fache des römischen milliarium oder milliare (= 1 EiL
481,5 M.). Nun sind in der That auf der Tabula ftir Gallien (mit
Ausnahme der Narbonensis) die Wegmasse nach Leugen angegeben,
während das ganze übrige Beich dieselben nach Milien auff&hrt^),
so dass, wie HemmerUn sagt, auf ihr die Distanzen in Leugen und
Milien angegeben wird. Auch das sogen. Itinerarium Antonini ent-
hält die Distanzen f&r Gallien in Leugen, dass aber Hemmerlin nicht
dieses kann gemeint haben, geht aus den Worten ,maria, insulae,
montes u. s. w.** deutlich hervor. Es kann also gar kein Zweifel
darüber herrschen, dass Hemmerlin ein Exemplar der sogen. Peu-
tingeriana wirklich gesehen hat. Auch auf p. 37 b, Zeile 3 v. u.,
erwähnt er nochmals ein Itinerarium Julii Caesaris («Hamm autem
gentium nomina taliter per Albertum Magnum in sua cosmographia
et in itinerario Julii Caesaris comprehensa novissimis diebus saepe
sunt mutata") und p. 38, Zeile 4 v. o.: «Item septem maria et septem
montes proeminentes, et flumina famosa 22, quarum omnia nomina
videre poteris in itinerario supradicto.* Diese Citate weisen nicht
minder auf unsere Earte hin und zwar in einer Art, der man eot-
nehmen kann, dass jenesmal dieses Itinerarium doch nicht so gar
selten gewesen sein muss. Hemmerlin hat längere Zeit (7 Jahre) in
Bologpia studirt, ebenso hat er sich auch in Bom aufgehalten. Er
kann also die genaue Bekanntschaft der Earte in Italien gemacht
haben; er hat al)er auch 1421 in Erfurt studirt^) und kann also auch
in Deutschland die Earte kennen gelernt haben. Am Basler Goncil
(1431 — 1448) hat er thätigen Antheil genommen^), er könnte also
auch hier seine Eenntnisse der Earte gewonnen haben, zumal ja die
Concilväter viel&ch mit den Baslerischen Elöstern verkehrten, wie das
verschiedene Schenkungen beweisen, welche unseren Elöstern jenes-
mal vermacht worden sind; allein gleichwol glaube ich nicht, dass
Hemmerlin's Eenntniss der Earte einzig dem Basler Aufenthalte zu
verdanken ist Das Buch De nobilitate wurde geschrieben 1444 bis
>) E. Roth, Gescliichte der Leuga im 29. Bd. der Jahrb. d. Vereines von
Alterthumsfreunden im Rheinlande (Bonn 1860). ') Vgl. Balthas. Beber, Felix
Hemmerlin (1846), 08. *) Ib. 98.
Beiträge zox Erklärung und Gescbiclite der pentmgerschen Tafel. 221
1450^) und enthält so ziemlich den gesammten üm&ng des damaligen
Wissens, compilirt aus allen möglichen Schriftstellen des Alterthums
und der Scholastik. Hemmerlin besass eine« für jene Zeit ungemein
reichhaltige Bibliothek von über 500 Büchern*). Er kann also ganz
wol selber ein Exemplar der Karte besessen haben, zumal aus den an-
gefahrten zwei Stellen auf ein ganz genaues Studium derselben zu schliessen
ist. Es scheint mir daraus wenigstens das hervorzugehen, dass das
Itinerarium auch zu Hemmerlin's Zeiten noch nicht so gar selten war,
dass man es nicht hätte citiren dürfen. Man vergleiche hiemit eine
ebenfalls von Scheyb^) citirte Stelle aus des Herrn, y. Nuenar Gom-
mentariolum de Gallia Belgica p. 15: Diese berichtet nämlich von
einem « Itinerarium Theodosianum (offenbar die Bezeichnung für die
Peutingeriana) in Spirensi Bibliotheca et clarissimi viri Conr. Peu-
tingeri aliud itinerarium vetustissimum. " Das beweist denn doch
deutlich, dass ausser der eigentlichen peutingerschen Tafel noch ein
zweites Exemplar in Speyer vorhanden war. Und ebenso^ mag, wie
wir schon aus Henmierlin glaubten schliessen zu dürfen, noch die
eine oder andere Elosterbibliothek eine solche mappa mundi auf-
bewahrt haben. Ich halte daher die Angelegenheit noch nicht für
spruchreif, bis der Charakter der Schriftzüge der Peutingeriana ganz
genau geprüft isi Soviel aus der Desjardinschen Ausgabe zu ent-
nehmen ist, sind die Buchstabenformen durchaus nicht einheitlich,
sondern sie weisen theilweise auf sehr hohes Alter hin, während
daneben auch junge Formen vorkommen, die entschieden später als
1300 sind. Es ist nun ganz begreiflich, dass der fleissige Mönch, der
die Karte eher abmalte als abzeichnete, eben ganz getreu auch viele
alte Schriftzüge nachgeahmt hat, und dass daneben auch neuere sich
einmischten. Nun sind die Mannert^sche und die ScheyVsche Aus-
gabe in dieser Hinsicht ganz unzuverlässig; aber auch diejenige Des-
jardins, der zwar in der Vorrede (p. 4 u. 5) behauptet, er habe eine
möglichst genaue Wiedergabe des Schriftcharakters bezweckt, darf
nicht den Anspruch auf völlige Zuverlässigkeit erheben, sagt er doch
selber (p. 5): »Je me suis affranchi de la puerile con-
formit^ qu'eüt entrainee le calque servile du document
originale.* Eine ganz getreue Wiedergabe der Karte gibt es also
bis jetzt noch nicht, und doch kommt es für den Paläographen, der
hier das entscheidende Wort zu sprechen hat, vor allem darauf an,
eine ganz genaue, womöglich auf lichtbildnerischem Wege her-
«) Ib. 197. «) Ib. 125. ») Pag. 82.
222 Hotz,
*
gestellte Beproduction der Karte zu haben, um über das Datum der
letzten Umschreibung zu entscheiden.
Der YerÜEtöser vorstehenden Aufsatzes erlaubt sich daher, behufs
Ausfüllung dieser Lücke den Wunsch auszusprechen, es möchte eine
dazu berufene Körperschaft eine auf lichtbildnerischem Wege her-
zustellende Ausgabe der Feutingeriana veranstalten oder doch
wenigstens eine solche Ausgabe an competenter Stelle anregen und
befürworten.
Der Mondseer Codex traditionum.
P. WiUibald Hanthaler.
Das alte agilolfingische Kloster Mondsee in Oberösterreich bewahrte
bis zn seiner gänzlichen Aufhebung am 20. October 1791 1) einen alten
Traditionscodex, welcher seinem Alter und seinem Inhalte nach zu den
wichtigsten Quellenschriften dieser Art gehört, ist er ja die älteste
derartige Handschrift, die wir in Oesterreich im Originale besitzen
Derselbe kam nach der Aufhebung des Klosters zunächst nach Linz,
1853 aber in das Haus-, Hof- und Staatsarchiv nach Wien. Nach
einer Notiz des Archivars v. Meiller war der Codex damals un-
gebunden und erhielt erst im Jänner 1863 den gegenwärtigen Ein-
band. Der Codex wurde im 17. oder 18. Jahrhundert mit Tinte
paginirt, was um so grössere Bedeutung hat, als derselbe heut zu
Tage grossentheils nur aus Einzelnblättem besteht, die durch Falze
zu Lagen verbunden sind. Beim Einbinden 1863 wurde nun gianz
nach der alten Faginierung vorgegangen, nur die Folia 119/120 und
121/122 (alt) sind vertauscht und mit Bleistift neu paginirt worden.
Zvnschen diesen zwei Blättern befindet sich noch ein selbständiges
nicht gezähltes Blatt mit Urkunden und Schriften aus der Zeit des
h. Wolfgang, Ende des 10. Jahrhunderts.
Obgleich der heutige Codex, wie erwähnt, grossentheils nur
aus Einzelnfolien zusammengefalzt ist, so sind doch nur zwei Lücken
bemerkbar: am Schlüsse der Seite 44 fehlt der Schluss der Nummer 46
und ebenso fehlt der Schluss zu S. 118, bezw. zur Nr. 138. Die im
Abdrucke des oberösterreichischen ürkundenbuches manke Nummer 47
und der Schluss der Nummer 117 daselbst gehören zusammen, so dass
diese zwei zusammen eine vollständige Nummer ergeben. Während
B. Pez im Thesaurus anecdotorum (VI, 1) und später der Verfasser
des Chronicon Lunaelacense (1748), Abt Bernhard Lidl (1729—1773),
einen grossen Theil des Codex ausgehoben und bei dem fast voll-
ständigen Mangel anderer chronikalischer Nachrichten zu den einzelnen
1) Tgl. Otto Schmid, Beiträge zur Gresch. des ebem. Benedictaner-Stifles
Mondsee in Studien u. Mitth. a. d. Ben.- u. Gisi-Örden 2 (1888), 825.
224 Hauthaler.
Aebten, freilich höchst mangel- nnd fehlerhaft, abgedruckt hat, wurde
endlich der gesammte Inhalt des Codex im ersten Bande des Urkunden-
Buches des Landes ob der Enns (1852) S. 1 — 110, und zwar ziemlich
correct wiedergegeben und allgemein benutzbar gemacht, nur ist
leider über die genauere innere Beschaffenheit des Codex und der
verschiedenen Eintragungen nahezu gar nichts gesagt, so dass die
Ausnutzung desselben doch wieder grossen Schwierigkeiten unterli^t
und ohne Einsicht des Originals vielfach völlig unmöglich ist, zumal
darum, als bei den Nachträgen weder die Reihenfolge der Vorlage
noch die chronikalische festgehalten isi Diesem Mangel soll nun
folgende Abhandlung einigermassen abhelfen. Noch muss ich hier
gleich bemerken, dass Meiller nachträglich die Nummerirung im
Urkunden-Buche mit rother Tinte an den Seitenrändem des Codex
angemerkt hat, wodurch das Aufsuchen doch einigermassen er-
leichtert isi
Der Mondseer Codex zerföllt zunächst in zwei Theile, nämlich
in den alten Codex der ursprünglichen Anlage und in Nachtrage.
Der alte Theil begiimt S. 13 und reicht bis S. 118, wovon das
Blatt S. 47/48 wegzudenken ist. Bei Beginn von S. 13 steht oben
in grossen rothen Majuskeln der Haupttitel : Incipit liber traditionum.
Darunter folgt dann auf zwei Zeilen in rothen kleinen Majuskeln:
[ ] h[omin]es tradiderunt ad istu scm locvm [in pago]
quod dicitur Matahgauue. Unten am Schlüsse von S. 13 steht in
schwarzen Majuskeln: COPLT DE MANINSEO.
Der ganze Codex ist in extenso geschrieben, nur dass bei Beginn
eines Abschnittes auf der ersten Seite eine Columne von der Breite
eines Drittels einer Textzeile für die übersichtliche Zusammenstellung
der Oertlichkeiten benützt isi Die Schrift zeigt durchgehends ziem-
lich gleichen Charakter, nur ist sie die ersten Seiten hinein, zumal
bis Schluss von S. 17 oder n^' 7, mehr zart und fein und wird später
etwas derber und viel weniger sorgfaltig. Die Ueberschriften sind
meist in rothen Majuskeln geschrieben, partienweise aber auch schwarz,
wie insbesonders alle im Abschnitte des Attergaues. Von besonderen
charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Schrift bemerke ich das
bis gegen Ende sehr häufig vorkommende, anfanglich geradezu vor-
herrschende offene Minuskel-a, das sich nur im letzten Abschnitt
9 Salzburggau' fast ganz verliert; ferner das eigenthümliche Uncial-N;
dann die häufigen Formen (l, rt, £1 und die verschränkte Form von
& (= et) in der Mitte und am Ende der Wörter, die Verbindung
von NT bei Ausgängen u. dgl. Zieht man diese charakteristischen
Eigenthümlichkeiten der Schrift im Verein mit dem allgemeinen
Der Mondseer Codex traditionum. 225
Orandcharakter derselben in Betracht und beachtet man, dass die
zwei jüngsten Stücke der ganzen Sammlung dem Jahre 854 an-
gehören, nämUch n<> 182 von 854 Apr. 24 und n<) 97 von 854 Mai 5,
sowie auch, dass Abt Hitto (878 — 894), ein Neffe (Vetter?) des
Bischofs Ambricho von Begensburg, mit Urkunde von 883 April 5
unter Bestätigung des Kaisers Karl d. D. vom genannten Bischöfe
die Abtei Mondsee gtfgen die Darbringung von 30 Hüben an der
Baab (in Ungarn) an die Klöster Si Michael (zu Mondsee) und Si
Emmeram unter unwiderruflichem HeimfaU des Gesammten an letzteres
Kloster auf Lebenszeit zugesichert^) und dadurch als Abt von Mond-
see, seit 831 zum ersten Male wieder, eine festere Stelle zuerkannt
erhielt, so bin ich der Ansicht, dass in dieser Zeit, also Ende des
9. Jahrhunderts, der Abt von Mondsee zunächst das Bedürfniss
fühlen mochte, die alten Bechtstitel der weit zerstreuten Besitzungen
übersichtlich zu sammeln und einen Traditionscodex in der yor-
liegenden Form anzulegen. Damit stimmt eben auch der gesammte
Charakter der Schrift überein, der auch nach Bedlich^s ürtheil dem
Ende des 9. und nicht erst der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts
angehört, wie im ürkundenbucfae angegeben ist^).
Bezüglich der formellen Ausstattung des Codex bemerke ich, dass
er ganz ohne allen Schmuck vorliegt, nur auf S. 49 (Atargauue),
79 (Sundargouue) und 89 (Trungauue) yersuchte man eine kleine
Verzierung anzubringen, indem man zur Abtrennung der topographi-
schen üebersichtscolumne und des Textes an erster Stelle mit schwarzer,
an den zwei letzten Stellen mit rother Tinte eine Verticallinie zog
und diese oben und unten in einen kleinen Knoten sich auflösen liess.
Die Fergamentblätter wurden ursprünglich in Quaternionen, also zu
je 4 Lagen oder 8 Folia zusammengelegt, doch sind im Laufe der
Zeit die meisten Lagen in der Mitte auseinandergerissen worden, so
dass sie bei Gelegenheit des Einbindens zum grossen Theil eigens
ge&lzt werden mussten.
Die stoffliche Anordnung des alten Theiles ist eine ausgesprochen
topographische. Der ganze Yorrath von Friyaturkunden bis zum
JaJire 854 herab wurde nach Gauen gruppirt und dann nach Ort-
schaften aufgeführt Die Urkunden jedes Gaues bilden daher inhalt-
lich wie formell je einen Abschnitt, und innerhalb eines solchen sind
wieder gewöhnlich alle Urkunden desselben örtlichen Betreffs unter
einer Ueberschrift der Beihe nach eingetragen. Der topographische
*) Jänner, Geach. d. Bisch, v. Regenaburg 1, 282. *) Bairische Traditions-
bücher in Mitth. d. Inst. 5, 7.
MitÜieÜQXiiren TU. 16
226 Hauthaler.
Gesichtspunkt der ersten Anlage wurde selbst auch in der äusseren
formellen Ausstattung des Codex zum Ausdrucke gebracht, indem man,
wie die Fublication im obderennsischen ürkundenbuche noch ersicht-
lich macht, die örtlichen Betreffe eines jeden Abschnittes zur linken
Seite der ersten Urkunde scalaförmig untereinander übersichtlich zu-
sammenstellte. Nach heutiger Zusammensetzung enthält der alte Theil
folgende Abschnitte: I. Matahgau mit Quinzingau und Donaugau, IL Atar-
gau, III. Botahgau, lY. Sundargau, V. Trungau, YL Salzpurggau.
Der erste Abschnitt umfasst also vorerst S. 18 — 24 (1. Zeile) in
den Nummern 1 — 17 die Vergabungen im alten Matahgau zu Mun-
derfing, Heipfau, Steindorf, Teichstätt, Irrsdorf, Strasswalchen, (bei)
Eöstendorf, Mattighofen, Astätt, an der Enknach bei Neukirchen
(eine solche Vergabung fehlt aber unter den folgenden Nummern),
Treubach, Mayrlupp, Ourten und Haiming, woran sich dann un-
mittelbar yon S. 24 — 44 in den Nummern 18 — 46 die Vergabungen
im alten Quinzingau und Donaugau an der Vils und unteren Isar
und deren Nebenflüssen anschliessen und zwar auffallender Weise
ohne eine eigene Aufschrift und ohne einleitende scalaförmige Zu-
sammenstellung der Hauptortschaft«n, wie es sonst bei allen Oruppen
des alten Theiles der Fall ist. Es werden insbesonders da Traditionen
au%ef&hrt zu Wallerfing, Sulzbach, Bossbach, Rimbach, Mistelbach,
Walchsin, Eolbach, mehrere an der Vils, (Eirch-)Matting, Rott,
Neussling, Aldersbach, Beutelsbach, Sattling (Satalaron), Buch, Müuch-
hausen (Meginharteshuson), Thilbach (b. Beutelsbach). Ob Biutilespah
und Hiotindorf (n^ 24), die ich im Quinzingau nicht finde, etwa
Buedersbach (zwischen Ostermiething und Wildshut) und Ottendorf
nw. Fischeisdorf im Innviertel sein sollen, muss ich einstweilen
dahingestellt sein lassen, solches angenommen, wäre dies das einzige
auffallende Beispiel einer Verschiebung, far die wol kein anderer
Grund als etwa Irrthum des Schreibers angeführt werden könnte.
Die Nummer 46 auf S. 44 bricht in der Mitte ab, ohne irgend eine
Fortsetzung zu haben.
Im Codex folgen nun zwei Folia, 45/46 und 47/48, die jedenfedls
heute, und zwar seit älterer Zeit, wie die Paginirung beweist, un-
richtig eingereiht sind. Das erste enthält n^Al {= Schluss von n^ 117)
und n^ 48, welche den Schluss der Gruppe des Traungaues bilden,
und das zweite enthält die Nummern 188, 187 und 189, und zwar
in dieser Beihenfolge, doch davon unten an den passenden Stellen.
Mit S. 49 und n° 49 beginnt inhaltlich der dritte, formell der
zweite Abschnitt, dessen Ueberschrift in kleinen rothen Miguskeln
lautet: Inc[ipiunt capitula de pago] Atar[g]auue, wovon das Ein-
Der MondBeer Codex traditionum. 227
geschlossene ganz verwaschen ist und das Gesperrte in moderner
Zeit mit Bleistift (wie mir scheint) ergänzt wurde. Die örtlichen
Betreffe sind folgende : Buchberg, Einwalchen ^), Mühlbach, Stein-
bach, Ader (Agira), Steindorf, Oampem, Föndorf, Schärfling,
Pichlwang, Begau, Alkersdorf, Eemating, Filsbach, Ohlstorf, Pattin-
dorf (wo?), wozu ich bemerke, dass die gesperrten Namen in der
vorau%eschickten Uebersicht übergangen sind.
Am Ende von S. 64 steht dann im Anschlüsse an n^ '69 auf
den letzten zwei Zeilen die Aufschrift für den nächsten Abschnitt in
rothen Majuskeln, nämlich: Incipiunt capitulea (sie!) de pago Botah-
goyye, und auf S. 65 folgen gleich wieder nebeneinander die scala-
förmige Ortsübersicht und der Text der n^ 70, so dass die ursprüng-
liche Aufeinanderfolge dieser zwei Abschnitte Atargau und Botahgau
zweifellos isi Die vorkommenden Ortschaften sind der Beihe nach
folgende: Bott(-thalmünster), Wolfa-(kirchen), Schöfbach (Schefauua),
Berg (südl. Eggenfelden), Essenbach, Mühlbach, Eirchbach, Harbach,
Pocking, Intinstegon (wol bei Weihmörting, nicht bei Inzing, wie
B. ▼. Eoch-Stemfeld annahm), Hplzbruck (Holtsbvrk, - bei Frauenhofen,
wesÜ. Eggenfelden), oder sollte man etwa nach der Namensform in der
topographischen Uebersicht — de Pohe — an ein Buch (oder Holz-
buch) denken, Yon welch' ersteren Apian eines im Gerichte Eggen-
felden (bei Bimbach) und eines im Gerichte Pfarrkirchen, südL von
Wald, aufführt? — Graf Fr. H. Hundt bezog es wie Koch-Sternfeld
auf Eolzbruck. Vgl. Abhandlungen der III. GL der Akademie in
MOuchen 12, 286 n» 10.
Seite 78, d. L auf der Bückseite der letzten Nummer des Botah-
gaues, beginnt gleich oben der vierte Abschnitt mit der rothen Ma-
juskel-Ueberschrift: Indpivnt capitv[le]a de pago Svndargovve
woran sich unmittelbar die Ortsübersicht und daneben die n^ 84 an-
schliessen. Die örtlichen Betreffe sind: Töging (ö. Mühldorf), A schau
(n. Fraham a. Inn), (Becht-)Mehring, Burgkirchen a.Alz, (Aufhausen,
Bretzen, Wörth) an der Sempt *), Buch bei Burgkirchen a.Alz,
Wornbach oder Warnbach (Forhanpach) a. Inn bei Griesstätt,
Forchöd (Forchheid) bei Lengmoos westl. Gars (also nicht bei Vöckla-
markt in Oberösterreich !), Halsbach, Phetarah mit einem Wald (dieses
ist nach Hundt im Sundargau unermittelt, aber zwei Orte des Namens
Pfetterach und ein Fluss finden sich im Westergau, der eine nw. von
Moosburg und der andere nw. von Landshut, wo Freising besonders
*) Im Cod. wie auch im Register des ÜB. heisst es einuualhesdorf, nicbt
dnuiaalhesdorf. >) Vgl. n^ 158.
15*
228 Hauthaler.
Besitzungen hatte — yielleielit ist doch eines von diesen gemeint,
zumal sie auch nahe an der Isar, der Grenze des Sundargaues sind — )j
Langkampfen (südL Entstein). Von letzterer Nummer stehen die letzten
4 Zeilen auf S. 87 des Codex, deren übriger Theil, sowie die Bück-
seite 88 von einer andern aber ähnlichen und gleichzeitigen Hand
benützt wurden, um zwei Nachträge yom Matahgau unterzubringen,
nämlich n° 95 mit der rothen Majuskelüberschrifb : Item de Matah-
goyye, und n^ 96 ohne eigene Aufschrift. Die ortlichen Betreffe sind
Hainüng und Machendorf bei Simbach am Inn, also im unmittelbaren
Anschlüsse an die nordöstlichsten Oertlichkeiten des Sundargaues.
Seite 89 ganz oben beginnen die Vergabungen im alten Tmon-
gau und üfgau mit der rothen Majuskel-Üeberschrift: Incipivnt capi-
tvlae de pago Trungavue. Unmittelbar darunter steht in gleicher
Ausstattung die Theil- Aufschrift: De Yfgauuae. Hierauf folgen wieder
in scalaformiger Anordnung links die örtlichen Betreffe und daneben
rechts der Text yon n^ 97. Die erste Vergabungsurkunde umfitfst
drei yerschiedene Handlungen und Oertlichkeiten, nämlich solche zu
Qrünbach (ö. Gaspoltshofen), dann an der Vüs im Quinzingau und
eine im Botahgau. Die folgenden Urkunden betreffen Trogindorf
(wol Trindorf, w. Hörsching), Hörsching, Kaufing (ö. Schwanenstadt
am, r. Agerufer), Offering (w. Hörsching), Thening (n. Hörsching),
Ostarperhtesdorf im Ufgau (wo ?), Holzheim (n. Schwanenstadt) und
Hugine (Hungberg ö. Nattembach ?), Bohrbach (nw. Si Florian), Schwein-
bäck (in N.-Fraunleiten, s. St. Florian), Aschach (sw. Steyr), Bach-
maning und Laufen. Im Codex reicht dieser Abschnitt nach heutiger
Anordnung bis S. 104 n^ 117 Mitte, doch daran schliesst sich nach
Form und Inhalt das Blatt 45/46 mit n» 47 (= IL Theil yon n» 117)
und n^ 48, was yom Herausgeber des ÜB. ganz übersehen wurde.
Auf Seite 46 blieben am Schlüsse noch 5 Zeilen leer, die man dann
im 12. Jahrhundert benützte, um einen Theil der Mondseer Ge-
markung daraufzuschreiben, nämlich den Abschnitt Nezzeltal — ad
Liubensperch (~= II. Theil yon n^ 188, womit die Seite 47 b^innt).
Der sechste und nach heutiger Zusammenstellung letzte Abschnitt
des alten Theiles reicht yon S. 105—118 und umfasst n^ 118—138
(Mitte). Die rothe Majuskel-Üeberschrift lautet: Incipiunt capitvlae
de pago quod (sie!) dicitur SalzpurcauuL Die örtlichen Betreffe sind
hier folgende: Eöstendorf, Ffongau, Irrsberg (s. Irrsdorf), Weng,
Surheim, Hilgertsham, (Alten-)Tann, (Beichen-)Hall (mit 2 Nummern,
woyon die zweite nur noch zur Hälfte yorhanden ist). In der Colunme
der örtlichen Betreffe auf S. 105 (ÜB. 1 p. 71) lauten die zwei letzten :
De Halle, De Bupindorf, und sind mit etwas schwärzerer Tinte, wie
Der Mondseer Codex traditionum. 229
es scheint auf Basar, geschrieben. Da eine Bupindorf betreffende
Urkunde nirgends erscheint, so wird hier ausser dein zweiten Theile
von n^ 138 jedenfalls noch ein Stück, yielleicht auch mehrere, ver-
loren gegangen sein. Bupindorf selbst weiss ich nicht zu finden.
Wie die Publication im obderennsischen ürkundenbuche zeigt,
sind alle Urkunden ohne Zeugennennung eingetragen und es ist am
Schlüsse der einzelnen Stücke meist nur das vage «testes multi' bei-
geftgt^). Als Ersatz dafür sind aber die meisten dieser Eintragungen
noch mit einer urkundlichen Datirung yersehen, welche mit verhält-
nissmässig geringen Ausnahmen eine bestimmte Einreihung der ein-
zelnen Stücke zulässt, zumal als auch der betreffende Abt meist
genannt ist. Auch stimmen die meisten Daten im allgemeinen ziem-
lich zusammen, so sehr einzelne Angaben auch jeder Vereinigung
widerstreiten.
In den ältesten Stücken bis zum Sturzeder Agilolfinger ist
oft das herzogliche Begierungsjahr angegeben^ Von den 36 Nummern
dieser Periode geben 16 dieses an, daneben 6 Stücke auch noch die
Indiction, welche aber nur in einem (n^ 70) mit den übrigen Daten
stimmt Die zeitliche Fixirung der aus dieser Periode datirten Stücke
hat Graf Hundt in ausserordentlich sorgfaltiger Weise vollzogen, der
dabei constatirt hat, dass die allgemeine Aera Herzog Tassilo's mit
Ende Jänner 748 beginnt, in den urkundlichen Angaben der Begie-
rungsjahre aber auch öfters Abweichungen von der Hauptära, und
besonders einigemale um 2 Jahre, wahrzunehmen seien'). Im Be-
sonderen bemerke ich zu n^ 1, dass darin das 30. Jahr Tassilo*s auf
778 zu weisen scheint, doch das Vorkommen des Bischofs Wisurich
von Passau, gestorben 774 Apr. 30, bestimmte Hundt, das Stück
seinem Hauptinhalte nach zu 772 als dem 30. Lebensjahre Tassilo's
einzureihen, wofür wol auch die sonst nicht vorkommende urkundliche
Ausdrucksweise «et tunc erat Thessilo XXX annorum'^ zu sprechen
scheint. Dabei mache ich noch aufmerksam, dass nach der Unter-
schrift dieses Stückes Abt Atto, als Schreiber und Zeuge der Ur-
kunde, die ganze Au&eichnung erst nachträglich, d. i. zwischen 799
und 803, in welche Zeit nach alter Mondseer Tradition seine Begie-
rung fällt, gemacht haben wird und dass nach derselben Unterschrift
die Haupthandlung etwa 772 zu Ostermiething vollzogen und in einem
späteren Jahre am Silvestertage zu (Alt-)Oetting erneuert worden sein
dürfte. Durch den erwähnten Zusatz wird zugleich auch die Angabe Holder-
*) Vgl Redlich, BairiBohe Traditionsbüclier in MiUh. 5, 8. >) Siehe Ab-
handlungen etc. 12, 168 u. 171.
230 ' Hauthaler.
•
Egger's (MG. SS. 13, 365 n. 1) berichtigt and die Abtswürde Atto's
ausser allen Zweifel gesetzt.
Zu n^ 4 ist zu bemerken, dass dieses Stück durch den Zusatz
«die dominico* zu XII. Eal. Feb. wol sicher zu 776 Jänner 21 statt
zu circa annum 770, wie die Begister des oberSsierr. Urkundenbuches
angeben, eingereiht werden kann.
Aus der Zeit Karls des Grossen will ich die Stücke vor
und jene nach der E^aiserkrönung auseinanderhalten. Von ersteren
sind nur 5 Nummern mit Jahresdaten versehen und zwar n^ 15 mit
798 und der dazugehörigen Indiction VI;. ferner je eine bloss mit
Angabe des fränkischen Begierungsjahres (n^ 10) und bloss mit der
Indiction (n^ 56), deren Angaben daher nicht controlirbar sind;
weiter ein Stück (n<^ 99), wo neben der Indiction (IIII) noch die
fränkischen und italienischen Begierungsjahre (XXV und XVIIII) und
endlich eines (n^ 7), wo neben der Indiction (VII) nur das fränkische
Begierungsjahr (XXXII) angegeben ist. Dazu ist zu bemerken, dass
in -dP 7 die Zahl der Begierungsjahre gegenüber der Indiction um
eins zu hoch ist, während bei n° 99 die Zahl der italienischen Begie-
rungsjahre gegenüber jener der fränkischen auch um eins, die Zahl
der Indiction aber um 3 zu hoch ist. Letztere Nummer (99) gehorte,
Yon den Jahren in Italien abgesehen, nach den fränkischen Begie-
rungsjahren zu 793, nach der Indiction hingegen zu 796, der ich
hier den Vorzug geben mochte.
Untersucht man nun die datirten Stücke aus der kaiserlichen
Zeit Karls des Grossen, so gibt es im alten Theile des Codex im
ganzen 20 Stücke mit Jahresdaten und zwar 18mal mit vierfEu^en
Jahresdaten, nämlich anni imperii, regni in Francia, in Italia und
Indictio. Dabei stimmen diese vierfachen Daten 3mal yollkommen
zusammen, nämlich in n^ 21, 102 und 107, die übrigen Male fehlt
es gegenüber den kaiserlichen Jahren bald nur bei den fränkischen,
bald wieder nur bei den italienischen Jahren oder auch nur bei der
Indiction, dann bald bei zweien dieser Kategorien, bald auch bei
dreien und zwar wieder bald in gleichem, bald in Terschiedeneia
Grade, doch überall meist nur insoweit, dass die betreffende Zahl das
einemal um 1 oder 2 zu hoch, dann wieder um ebensoviel zu niedrig
angesetzt ist Im besondern bemerke ich, dass in n^ 21 alle Jahrea-
daten stimmen, wenn man die Indictio Bomana, das ist die Weih*
nachtsindiction, zu Grunde legt, und dass es bei n^ 101 im Codex
richtig heisst Indictio Xü, statt wie der Druck angibt XU, was
wieder auf die Weihnachtsperiode hinweist, die darum der ganzen
Berechnung zu Grunde liegen dürfte, da auch bei n^ 51, die Zu«»
r
Der Mondaeer Codex traditionum. 231
sammenatiminung der Indictio XY mit dem kaiserlichen Jahre VII
vorausgesetzt, die Weihnachtsindiction berücksichtigt ist
Aus der Zeit nach Karl dem Grossen, yon 814—854,
haben von 58 Nummern 43 Jahresdaten, und zwar 34 die Zahl der
Incamationsjahre, 36 die der Indiction, 9 die der kaiserlichen Begie-
nmg Ludwigs des Frommen und 4 die der Regierung Ludwigs des
Deutschen, ein einziges Stück, das erste dieser Beihe auch noch das
fränkische und italienische Begierungsjahr, nämlich n^^ 110 von 81 4
November 30. Ausserdem haben von 820 ab fast alle Stücke, die
überhaupt Zeitangaben enthalten, auch das Mondalter angegeben,
nämlich 32 Nummern. Was das Zusammenstimmen dieser Daten
betrifR;, so stimmen die 36 Indictionen alle bis auf 3, nämlich in
no 19 vom Jahre 817 März 28 soll stehen X statt XIIII, in n® 61
Ton 824 Aug. 11 soll stehen II statt III und in n» 77 von 823 soll
stehen I statt XY. In n<) 64 stand ursprünglich, ähnlich wie in
n^ 101, richtig Xü und wurde Von späterer Hand in XII verändert,
yne es im ürkundenbuche gedruckt ist Bei n^ 66 ist das Incamations-
jahr 824, die Indiction I und das Mondalter zum 26. December XX
angegeben. Alle diese Daten stimmen unter der Bedingung zusammen,
dass das Stück zu 823 statt 824 gehört, woraus hervorgienge, dass
der Schreiber das Incamationsjahr schon mit Weihnachten umsetzte, die
Indiction aber erst zu Neujahr. Die Mondalterangaben anlangend
ist zu bemerken, dass deren regelmässige Anführung 820 beginnt.
Vor 820 kommen dieselben nur vereinzelt vor und da entweder falsch
oder nicht controlirbar. Dieselben kommen nämlich nur vor bei
no 2 von 813 Febr. 12, wo es statt XVII heissen soll VII; dann bei
nP 19 von 817 März 28, wo es heissen soll VI statt XXVIII und
bei n« 70 von 759 JuU 18, wo statt VIR stoben soll XVIIL Bei
n^' 40 von circa 750 luni 18 weist das Mondalter XXI, die Bichtig-
keit vorausgesetzt, auf das Incarnationsjahr 743 oder 762. Von 820
bis 854 kommen 32 Mondalterangaben vor, wovon 3 nicht controlir-
bar, 10 mit den anderen Angaben unvereinbar, 19 aber vereinbar
und zusammenstimmend sind. Dabei ist noch besonders zu beachten,
dass von 826 ab alle 9 Angaben stimmen. Bei n® 50 von 824
Mai 19 soll die Luna lauten XVI statt XV, bei n» 61 von 824
Aug. 11 XI statt Vim, bei n« 64 von 822 luni 1 VH statt VHI,
bei no 80 von 821 Feb. 23 XVII statt XVIIII, bei n« 81 von 820
Oet 6 XXmi statt VII, bei n«. 106 von 821 Apr. 30 XXIHI statt
XXX, bei no 116 von 824 April 19 XV statt XX, bei n» 121 von
825 Oct 7 XX statt VHU, bei n« 129 von 824 Mai 26 XXIII statt
Xn und bei n« 133 vqu 825 luni 5 XIUI statt XIIL Hinsichtlich
J
232 Hauthaler.
der 3 nicht controlirbaren Lunaangaben bemerke ich, dass n° 85
aus der Zeit des Abtes Lantperht mit dem Monatsdatom März 7 zum
Jahre 829, n^ 112 mit Lona XIII und October 8 zu 827 und n» 131
mit Luna XÜI und Juni 8 zu 822 gehört.
Von den Begierungsjahren sind aus der Zeit Kaiser Ludwigs des
Frommen 9mal die anni imperii und wie schon bemerkt nur einmal
und zwar bei der ersten Nummer (110) auch die regni in Franda
und regni in Italia angegeben. Die Angaben der anni imperii stimmen
hier mit den übrigen Daten ganz überein, nämlich bei n^ 19 mit
817 März 28, 110 mit 814 Nov. 30, 120 mit 820 Nov. 22 und 124
mit 816; bei n^ 105, welche nach dem Mondalter zu 820 Juni 13
gehört, sollte als Segierungsjahr YU statt YI und bei n^ 106 mit
Bücksicht auf das Incamationsjahr 821 und die Indiction XIIII als
Luna Vill statt VIT angegeben sein. Die Nummern 23 und 35 mit
anni imperii Uli und Jänner 18 und 19 gehören natürlich zu 818
statt 817, wie in den Begistem des ürkundenbuches angenommen
ist, weil die kaiserlichei^ Jahre Ludwigs des Frommen erst am
28./29. Jänner umsetzen^). Die Nummer 28 ist hinsichtlich des
Begierungsjahres IT mit Mai 21 selbstverständlich auch nicht con-
trolirbar, da keine andere Jahresaugabe vorkommt
Es erübrigen also jetzt nur noch jene Stücke, welche die Begie-
rungsjahre König Ludwigs des Deutschen angeben. Es sind solche
nur vier, nämlich n^ 6, 20, 125 und 132. Davon stimmen die
Originaldaten in n^' 6 und 20 von 837 Mai 5 vollkommen, nur sind
hier gegenüber dem oberösterreichischen ürkundenbuche mehrere
wichtige Correcturen anzumerken. Bei n^ 6 lautet nämlich das Origi-
naldatum DCCCXXXoVIIo Hludouuici regis VnH, indict XV., IIL
non. mar., feria IL, Dignus n(omine) scripsii üeber Villi, das durch-
strichen wurde, schrieb aber eine Hand wie mir scheint des 14. Jahr-
hunderts YYftft und der Corrector gab damit seinen Irrthum kund,
dass er nämlich das ganze Datum auf Kaiser Ludwig den Frommen
beziehen zu müssen glaubte. Ausserdem verlas der Herausgeber das
zum Datum ganz passende fr 11^ als &ater. Auch in n^ 20 stimmt
alles zusammen, nur ist als Indiction XU statt XII zu lesen. Ebenso
stimmt auch in n^ 125 alles nach der ersten Aera Ludwig's des
Deutschen, welche von 826 Mai 1 ab läuft') und auch in n^ 132
vom J. 854 April 14, nur ist hier der Begierungsantritt in Franconia
orientali, das ist 833 Juni, zum Ausgangspunkte der Zählung genommen«
*) Böhmer-Mühlbacher, Regesten S. 214. «) Sickel in SB. 86, S48.
Der Mondseer Codex traditionum. 233
Als Anhang zu diesem Abschnitt mag es auch gestattet sein^
einiges über die älteste Abtsreihe yon Mondsee anzu«
schliessen. Die Quellen hiefÜr wie fiir die ganze altere Geschichte
dieser altehrwürdigen Agilolfingerstiftung sind sehr spärlich, sie redu-
dren sich fast ganz auf den behandelten Theü des Traditionscodex*
In jüngster Zeit sind daf&r nun manche schätzenswerthe Beiträge
geliefert worden, ich verweise auf die eingehende und besonders hin-
sichtlich der letzten Schicksale des E^losters interessante und werth-
Yolle Abhandlung 0. Schmid's in den Mittheilungen und Studien aus
dem Benedictiner- und Gistercienser-Orden^), femer auf den yon
Holder-Egger veröfFentlichten Catalogus der Aebte aus dem 15. Jahr-
hundert >) und endlich auf das Beichenauer Yerbrüderungsbuch^), das
imter andern auch tflber viele Klöster Altbaiems, wie insbesondere
über die alte Tassüonische Stiftung Mattsee, ganz überraschende Auf-
schlüsse gewährt^).
Der erste Abt ist bekanntlich Opportunus, welcher im Tra-
ditionscodex von der Zeit des Herzogs Ottilo, gestorben 748 Jänner 18^),
bis zum Jahre 783 vorkommt (vgl. nP 39 und 44) und nach den
Si Enmieramer Annalen, der einzigen Quelle, welche das Todesjahr
überliefert hat (MG. SS. 1, 92), im Jahre 785 und zwar, wie die Mond-
seer üeberlieferung lautet, am 1. Jänner gestorben ist^). Obwol
mm der hL Virgil, Bischof von Salzburg, dessen Tod in den erwähnten
Annalen neben dem des Abtes Opportunus zum Jahre 785 eingesetzt
ist, nach den Salzburger Quellen schon 784 gestorben ist, so wird
als Todesjahr des Opportunus doch das Jahr 785 festzuhalten sein,
da sicherlich die kurze Aufeinanderfolge der Todestage November 27
und Jänner 1 den Annalisten veranlasst haben wird, den Hingang
beider zu demselben Jahr einzureihen. Die Mondseer Chronik gibt
als Todesjahr 781 an, doch dies verbietet schon n^ 44 des Codex,
welche mit dem 36. Jahre Tassilo's datirt ist, weshalb Opportunus
damals, nämlich 783/84, noch gelebt haben muss, und ebenso dürften
auch alle jene Angaben neuerer Werke unrichtig sein, welche dieses
Todesjahr auf 783 oder 784 setzen. Der Nachfolger des Opportunus
war Hunrich (Heinrich), aus dessen Zeit im Traditionscodex nur vier
mit Jahresdaten versehene Urkunden vorkommen und zwar von 793
^ Jahrg. 1882 U 129—189. 288—296; 1883 198—106. 824—888, II 102 bis
108. S19— 880. «) MG. SS. 18, 865. ») MG.Lib. confrat. 1, 18 7. *) Vgl. Salz-
burger Zeitung vom 2. Aug. 1884 Nr. 176 S. 8. »Zur ältesten Geschichte des
Stiftes Mattsee.« •) Hundt in Abhandlungen d. b. Ak. 12, 168. •) Chron.
Lunaelac. p. 21.
234 Hauthaler.
bis 799 April 1 1 (n^ 7). Honrich war bekanutermassen neben Biscliof
Arno Mitglied der Gesandtschaft, welche Herzog Tassilo 787 im Früh-
jahre nach Born sandte^). Auf Honrich folgte nach den alten Auf-
zeichnungen Yon Mondsee Abt A 1 1 o , welcher durch die Unterschrift
yjou b9 1 des Traditionscodex sichergestellt ist. Da nach Codex n<^ 11
bereits 803 März 18 der kaiserliche Gaplan Hiltipald, Erzbiachof
von Köln (784 — 819 Sept. 3), als Commendarabt im Besitze der Abtei
war, so wird Atto zu dieser Zeit bereits (und nicht erst 804) ge-
storben oder doch sonst yon der Abtei entfernt worden sein. Was
Hiltipald betrifft, so ist unter den datirten Urkunden die zeitlich
späteste, wo er im Besitze der Abtei vorkommt, n^ 23 von 818
Jänner 18, in welcher es heisst: . . . Maninseo ubi preest Hiltipaldus
archiepiscopus et Lantperhtus regere videtur. Aber die zeitlich nächst
folgende Urkunde n^ 35 von 818 Jänner 19 beginnt: Domino gloriosi (!)
Lantperhto abb. und macht von Hiltipald keine Erwähnung mehr.
Die Stellung Hiltipalds zu Mondsee wird in den 30 Urkunden des
Codex, wo er angeführt ist, meist damit bezeichnet, dass es von ihm
heisst (wie oben): ubi preesse (auch regere) videtur oder dass er geradezu
rector genannt wird. Da ihn aber seine Berufsgeschäfte als Erz-
bischof von Köln und als kaiserlicher Hofcaplan meist in der Feme
festhielten und er das Stift nicht persönlich verwalten konnte, so
hatte er in Mondsee immer Stellvertreter, als welcher in n^ 75 von
805 bereits Lantperhtus, damals noch -Diakon, vorkommt und zwar
unter dem Titel missus eins, während im gleichen Stücke der Mönch
Eamalo als constitutus prepositus, wohl als ökonomischer Verwalter,
genannt ist. In n^ 124 vom Jahre 816 kommt nun Lantperht zeit-
lich zum erstenmale als Abt vor ; denn der Eingang dieser Nummer lautet :
Domino inlustri et in Christo patri Lantperhto abbati de monasterio
Maninseuue .... et ubi preesse videtur venerabilis vir Hiltipaldus
archiepiscopus — woraus wol hervorgeht, dass das factische Ober-
haupt und der geistliche Vater bereits Lantperht, der rechtliche Vor-
stand aber und Nutzniesser Erzbischof Hiltipald war. Ob aber Hilti-
pald diese Stellung bis zu seinem Tode 819 Sept. 3 behalten habe^
lässt sich wol nicht mit Sicherheit angeben. In n^ 19 von 817
März 28 wird Lantperht als wirklicher Abt gekennzeichnet, wenn es
da heisst: . . . Lunalaco, et ubi venerabilis vir preesse Lantperhtus
abbas et regere videtur in omnibus. Zum Schlüsse dieses Stückes
geschieht dasselbe nochmals mit folgenden Worten : Ista paginola fuit
factum (!) ad Maninseo . . . coram omni congregacione et ibi fuit
0 Siehe Böhmer-Müblbacher Reg. p. 104,
Der Mondseer Codex traditionunu 235
yenerabilis vir Lantperhtas abbas et alios multos tesies — ofiine dass
irgendwie des Hiltipald noch Erwähnung geschähe. Aus diesem Um-
stände mochte man wol mit Grund annehmen, dass Erzbischof Hüti-
pald schon etwa 816 von Mondsee sich yöllig zurückgezogen habe
und dass desselben in n^ 23 nur etwa formhalber, wenn nicht gar
irrthümUch, noch gedacht ist. Auch muss hier erwähnt werden, dass
in den Abtsreihen von Mondsee Hiltipald's gar keine Erwähnung
geschieht, was insbesonders von dem aus dem 15. Jahrhundert stam-
menden Gatalogus gilt, der in den älteren Partien auf viel frohere
Zeit zurückgeht^). Lantperht stand nach dem Traditionscodex dem
Kloster als wirklicher Abt Tor von c 816 bis 829. Die jüngste
Urkunde, worin er noch als solcher handelnd* genannt wird, ist nP 24
von 829 März 16. Ueber Abt Lantpert haben wir ausser den im Codex
enthaltenen Urkunden gar keine Nachrichten und doch muss er für
Mondsee von grösster Bedeutung gewesen sein, da er das Kloster
ohne Zweifel zu sehr bedeutender Höhe und zu grossem Ansehen
gebracht hat. Seit 803 oder 804 bis 829 war er, wie es scheint, die
leitende Seele und beachtet man die grosse Anzahl der Erwerbungen
durch 'Widmungen und Tauschhandlungen, so kann man einigermassen
sich ein Urtheil bilden über die grossen Verdienste, die sich Lantperht
lun Mondsee erworben haben muss. Nicht weniger als 70 Stücke
Yon den 132, welche der alte Theil des Codex ftir die Zeit von 748
bis 829 enthält, gehören sicher der Zeit von 803 — 829 an, wozu noch
mehrere kämen, die wegen Mangels zeitlicher Anhaltspunkte nur bei-
läufig eingereiht werden können.
Ueber die Nachfolger Lantperhts wissen wir lange Zeit gar nichts,
es sind uns meist nur die nackten Namen überliefert.
Für die Zeit nach 829 bis 854 kommen im alten Codex
nur noch 6 Stücke vor: n« 125 von 834, n« 6 und 20 von 837,
n^ 71 von 853, n^' 97 und 132 von 854. Die Ursache dieses raschen
Stülfitandes und des dadurch eingeleiteten Rückganges liegt unzweifel-
haft darin, dass das Stift mit 831 Februar 13 an das exdiöcesane
Hochstift Begensburg gekommen ist, bei dem es bis zur gänzlichen
Aufhebung 1791 verblieb. Als Aebte sind durch die häuslichen Auf-
zeichnungen des Stiftes der Beihe nach überliefert: Meingaudus,
Adelradus, Erkanbertus, Benedictus, Helembertusi
Erkinfridus, Guntherus (so statt Sjntherus !), Hitto, wozu zu
bemerken ist, dass von Abt Erkenbertus ab in dem alten Catalogus
des 15. Jahrhunderts je die entsprechende Ordnungszahl 7 — 12 bei"
I) MG. 68. 18, 865.
236 Hauthaler.
gesetzt isL Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass man in Mondaee
Erzbischof Hiltipald nicht unter die eigentlichen Klosterrorstande
rechnete. Nebenbei will ich hier noch anmerken, dass in dem Ver-
zeichnisse der Mondseer Mönche im alten Yerbrüderungsbuch ?on
Beichenau nur Eunrichf Opportunus und Adalleoz als Aebte ein-
getragen sind^), wobei man Adalleoz wol mit Adalredus wird identisch
halten dQrfen. Da die Namen der obigen Aebte ausser den Haua-
katalogen nirgends vorkommen, bei diesen femer in älterer Zeit keine
Jahrzahlen beigefügt waren und für deren Begierungsjahre keine
urkundlichen Belege zu Oebote stehen, so wird man wol von der
Angabe bestimmter Begierungsjahre um so mehr Abstand nehmen,
als die häusliche Tradition auch bei den ersten und durch Urkunden
fixirten Achten bedeutende Abweichungen aufweist
Soviel mag hinsichtlich des alten Theiles des Mondseer Codex
genügen; im folgenden werden daher nur noch die Nachträge und
gelegentlichen Ergänzungen kurz erörtert
Im Codex folgen auf n^ 138 zunächst die 2 Folia 119/120 und
121/122, die nebst ihrer heutigen Umstellung bereits oben erwähnt
wurden. Das erstere Blatt enthält die Nummern 156 — 160 und das
letztere 144 — 148. Zwischen diese 2 Blätter ist ein nicht paginirtes
Blatt mit einem Authenticum aus der Zeit des hL Wolfgang (772 bis
994) eingesetzt (= n^ 149 von c 980)«), dessen leere Bäume von
verschiedenen Händen ftir Nachträge aus der Zeit von c 1150 (n<^ 150
bis 155) benützt wurden. An n^ 149 schliesst sich zeitlich zunächst
n^ 156 an, ebenfalls aus der Zeit des hL Wolfgang, und ist gleich-
zeitig (a 980 an einem 21. August) in den Codex eingetragen worden.
Nr. 157 und 158 sind von einer etwas jüngeren Hand eingetragen.
Nr. 157 gibt die älteste Au&eichnung der Gemarkung von Mondsee,
die in etwas veränderter Gestalt im 12. Jahrhundert in n^' 188 wieder-
holt und in der Fälschung von n^ 172 verarbeitet wurde. In
no 158 hat die gleiche Hand der n^ 157, etwa um das Jahr lOOO,
den stifüschen ürbarialbesitz im Sundargau zusanmiengestellt, die
daher eine Art topographischen Commentars bilden kann zum Ab-
schnitt Sundargau, und am Ende dieser Nummer fügte ein Schreiber
des 15. Jahrhunderts bei: Anno dni etc. YI^ obiit Chunrat, abbas,
was wohl auf Chunrat III., gestorben 1406 October 6, zu beziehen
ist (YgL Chronicon 193). — Die folgenden Nummern 159 und 160
sind von Schreibern aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts:
n^ 159 enthält die Grenzbeschreibuug der niederösterreichischen Pfiirre
>) MG. Lib. confrat. 1, 187. *) Redlich^ Bairische TraditionsbQcher 22 n« 2.
Der Mondseer Codex tradiidonum. 287
Steinakirchen ander kleinen Erlaf, welche im Jahre 1107 durch Bischof
Hartwig Ton Begensburg an Mondsee gegeben wurde (ÜB. 2 n<> 90)
und n^ 160 gibt die Aufzeichnung, wie Bischof Heinrich von Begens-
burg (1132 — 1155) seine Ministerialin Benedicta in Mondsee das
Ordenskleid nehmen und ihr Gut Dichenhaihe übergeben liess, wozu
zu bemerken ist, dass die Worte »dictam ministerialem suam et yeste
oenobiali indui« auf Basur stehen. Das Blatt 121/122 (alt 119/120)
enthalt die Nummern 144 — 150 aus der Mitte des 12. Jahrhunderts,
die alle von gleichzeitigen Händen eingetragen sind. In n^ 144 sind
Vergabungen von Hörigen und Gütern zu Irmprechting beurkundet,
welche zu Ostern und zur Eirchweihe 1141 (März 30 und Mai 9)
vollzogen worden und mit n^ 176 identisch sind, nur gehört letztere
Schrifk der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an. — Zwischen
n^' 144 und 145 ist eine Textzeile radirt und die Namen von n^ 145
sind von gleicher Hand als wie n^ 146 geschrieben und es dürfte
daher die Muthmassung des Herausgebers im TTrkundenbuche wohl
richtig sein, dass nämlich diese Namen die in n^ 146 nicht näher
bezeichneten Hörigen seien, doch ist hier kein Yerweisungszeichen
ersichtlich. Nummer 147 ist eine Gopie ebenfalls aus der Mitte des
12. Jahrhunderts und ebenso auch nP 148. Am Schlüsse der S. 122
(alt 120) oder nach Schluss yon n^ 148 folgt nach einer leeren Zeile
von gleicher Hand . Heinrich Gerloch — prediorum fuit', was dem
Schlüsse der letzten Nummer auf dem unpaginirten Blatte, nämlich
n^ 155, entspricht, nur dass hier die Schrift etwas alter aussieht;
auch ist zu bemerken, dass der Eingang dieser Nummer 155 , Memoria
— esse* auf Basur steht.
Von S. 123 an bis zum Schlüsse des Codex folgt ein Quatemio
mit 8 Folia, nur ist das letzte zu mehr als ZweidrittheUen weg-
geschnitten. Bis über die Hälfte dieses Quatemio, d. i. von S. 123
bis 131 schrieb eine Hand aus dem Ende des 12. Jahrhunderts eine
Beihe von Yergabungsurkunden, die alle in die Mitte des 12. Jahr-
hunderts und theils vor und theils nach derselben gehören. Diese
Stücke, die im TTrkundenbuche ganz vermengt sind, sind nach der
Beihenfolge im Codex folgende: n<> 172 yon 748, n» 173 von 1170
Mai 5, n^ 174 von c 1190, n» 175 (= n^ 155) von c. 1150, n« 176
(= 144) von 1141, no 178 von c. 1180, n^ 179 aus der Zeit Abt
Chanrads IL von 1127 — 1145, n^ 181 aus den Zeiten der Aebte
Walther und Heinrich (1145—58 und 1158—98), n9 182 von c 1150,
n« 183 ebenfalls von c. 1150, n« 177 von c 1140, n» 184 ebenfeUs
von c 1140, no 180 aus der Zeit Abt Chunrads IL (1127—45), n^ 185
(= no 143) aus der Zeit Abt Heinrichs IL (1158—98), n^ 186 von
238 Hanthaler.
c. 1150. Soweit schrieb hier die eine Hand des 12. Jahrhunderts.
Im Besonderen bemerke ich zu n^ 172, dass dieselbe angeblich die
Bestiftnng des Klosters durch Herzog Ottilo vom Jahre 748 enthalt
und aus zwei Theilen besteht: Im ersten wird n^^ 39 bis über die
Hälfte wiederholt und im zweiten wird die Oemarkung der Stifts-
herrschaft um den Mondsee herum ganz gleich n^ 188 und ähnlich
wie in n^ 157 beurkundet Beachtet man den Inhalt der Urkunde
Bischof Chuno's von Regensburg von 1184 April 2 (ÜB. 2 n« 264),
so bestand bis dahin ein langwieriger Streit um das grosse Wald-
gebiet zwischen Mondsee, Attersee, Weissenbaoh, Traun, Ischl und
Abersee, der durch jene Urkunde mit Berufung auf ein kaiserliches (!)
Diplom, gemeint ist die Urkunde Ludwigs des Deutschen von 829
(ÜB. 1, 82 n» 139 und 2, 12 n<> 8), entschieden und worin die ge-
nauen Grenzen übereinstimmend mit der angeblichen Urkunde von
E. Ludwig dem Deutschen und dieser n^ 172 von Herzog Ottilo
angegeben wurden.
Auf n^' 186 folgt auf S. 131 noch ein Nachtrag n^ 161 aus dem
Jahre 1150 von einer Hand aus dem Uebergange des 12. in das
13. Jahrhundert und ähnlich auch n^ 162 auf S. 132, woran sich
dann verschiedenhändige Nachträge aus der Mitte des 13. Jahrhunderts
und bis zum Ende desselben anschliessen, nämlich von einer Hand
n^ 163. 164. 165, die in den Begistem des Urkundenbuches auf
c. 1250 gesetzt sind, die aber der Schrift nach etwa noch Abt Hein-
rich IIL 1198—1223 statt Abt Heinrich IV. 1245—1267 angehören
dürften. Die folgenden Nummern 166. 167. 168 werden im ÜB. auf
c. 1250 eingereiht und sind von drei verschiedenen Händen aus der
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eingetragen, sowie auch n^ 169.
170. 171, die dem Ende des 13. Jahrhunderts, der Zeit Abt Otto*s IL
1280 — 1299 angehören. Den Schluss des ganzen Codex bildet das
paragraphirte Stiftrecht von einer Hand des 14. Jahrhunderts von
S. 134—136 (ÜB. 1, 108—110).
Noch ist der Anfang des Codex zu besprechen. Dem Beginne
des alten Theiles ist ein Temio mit 6 Folia vorgesetzt, welcher zuerst
S. 1 — 10 oben die bekannte versificirte Geschichte Mondsee's bis zur
Bestauration unter Kaiser Heinrich II. enthält (ÜB. 1, 102 — 108.)
Sie ist von einer kräftigen Hand des 12. Jahrhunderts geschrieben.
(Vgl darüber W. Wattenbach GQ. 11», 265.)
Hierauf folgen auf S. 10 — 1 1 von der gleichen Hand n^ 139, näm-
lich die Notitia über die Schenkung des Abersee^s und des grosaea
anliegenden Forstes durch König Ludwig den Deutschen von 829^
mit deren Benützung zur Zeit des grossen Streites mit den Bischöfen
Der Mondseer Codex iraditionum. 239
V
von Begensburg wegen des Waldbezirkes am Abersee, also vor 1184
April 2, das Diplom E. Ludwigs des Deutschen mit Datum Bantestorf
829 (ÜB. 2 n^' 8) hergestellt wurde. Die noch folgenden Nummern
140 — 143 sind sämmtlich aus der Zeit des Abtes Heinrich IL 1158
bis 1198 und sind alle von verschiedenen gleichzeitigen Händen ein-
getragen. Nummer 143 ist identisch mit n^ 185, nur dürfte die
letztere Eintragung etwas älter sein.
Schliesslich sind noch n^ 187 und 189 auf foL 47/48 zu erwähnen.
Erstere stammt von einer schweren und alterthümlichen Hand des
12. Jahrhunderts und enthält eine Widmung aus dem Jahre 1002
und die letztere beurkundet die Widmung des Outes Intling bei
Föcking am linken Innufer durch den Stiftsvogt Oebhart von Burg-
haosen, wobei zu bemerken ist, dass die Aufschrift desselben überein-
stimmend mit dem Gontexte lautet: «De predio Yntilignen* statt
,. . . in Tilignen*, wie der Druck im ürkundenbuche h%t^).
Zum Schlüsse erfüllt der Verfasser eine ihm heilige Pflicht,
indem er hier der hohen Direction des k. u. k. Haus-, Hof- und
Staatsarchives den verbindlichsten Dank für die zeitweilige üeber-
sendung des Codex nach Salzburg ausspricht, da es ihm nur so
mogUch war, die Handschrift in allen Theilen eingehend zu unter-
suchen und zu prüfen.
<) Nach einer nachträglichen brieflichen Mittheilung des k. k. Bezirks*
Hchters Julius Strnadt wäre das oben S. 227 yorkommende Pattindorf
eine Cormmpirung von Palindorf, das er für Palnstorf bei St. Georgen am
Attersee hält, und Ostarperhtesdorf (S. 22 8j wäre sicher Osterberg bei
Offenhaiisen. Vgl. dazu die Bemerkungen von J. StÜlz, Notizenblatt (1851)
1, 851.
lieber die bei der Absetzung des Königs
Wenzel verlesenen Artikel.
Von
Theodor Lindner.
Karl Hegel hat in dem 18. Bande der Chroniken der deutschen
Städte eine von ihm aufgefundene Mainzer Chronik yeröffentlicht,
welche von dem höchsten Werthe ist, da sie uns lebhaft in die An-
schauung jener Zeiten versetzt Es ist deshalb sehr dankenswerth,
dass dieses Chronicon Moguntinum neuerdings mit verbessertem Text
in die Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum etc. auf-
genommen wurde.
Der Ver&sser berichtet da von der Wahl Ruprechts und der
Absetzung Wenzels: ,In eadem privatione principes electores undecim
articulos objectivos contra eundem privatum habuerunt, quorum unua-
quisque ad depositionem regni Bomanorum sufficiebat Quorum unus
fuit articulus, quod civitatem Januensem ab imperio alienavit, dominum
Mediolanensem in ducem creavit, cum infidelibus latenter contra
christianos tenuit, doctores sacre theologie occidit, innumera mala,
que omnia scribere tediosum foret, peregit.* In der ersten Ausgabe
S. 239 hat der Herausgeber als Anmerkung beigefügt: «Hier ein un-
verwerfiiches Zeugniss für die Echtheit der 11 Artikel in der FasBung,
wie sie Trithemii Chronicon Sponheim. Op. II, 340, anführt, wozoit
die von Lindner, Geschichte des deutschen Beichs etc. II, 523 da-
gegen erhobenen Bedenken sich erledigen; vgL die kritische Erörterang
über die abweichenden Bedactionen von J. Weizsäcker B. T. A. S. 231.*
Dieselbe Anmerkung, nur in ein lateinisches Zopfchen umgeflochten,
gibt die Schulausgabe S. 79.
Ich denke nun noch unverwerflicher nachzuweisen, dass vielmehr
diese Anmerkung sich als irrig erledigt, und sie bei der für die Zu«
kunft beabsichtigten Aufiiahme der Chronik in die Monumenta G^r«
maniae entweder wegfallen oder ganz umgestaltet werden muss.
Ueber die bei der Absetzung des Königs Wenzel verlesenen Artikel. 241
Der SachYerhalt ist kurz folgender. Die Gründe f&r die Ab-
setzung Wenzels sind einmal angegeben in der von den Kurfürsten
ausgestellten officiellen Urkunde, welche vom 20. August 1400 aus
Oberlahnstein datirt ist und in doppeltem Texte, deutsch und lateinisch,
yorliegt (Beichstagsakten III n. 204 und 205), und in mehreren Auf-
zeichnungen, von denen jedoch die eine, Bta. n. 218, nur ein Auszug
aus der eben erwähnten Urkunde ist und daher hier ausser Betracht
bleiben kann. Die anderen weichen von der eigentlichen Absetzungd-
urkunde vor allem darin ab, dass sie mehr Punkte enthalten, als
jene, welche nur sechs anführt.
Die erste Au&eichnung, Bta. n. 212, deutsch, ist ein noch am
Tage der Absetzung an den Frankfurter Schöffen Johann Weibe
geschriebener Brief, der unzweifelhaft von einem Augen- und Ohren-
zeugen herrührt. Die zweite, lateinisch, Bta. n. 213, stammt eben-
falls aus dem Frankfurter Archive. Sie trägt die Ueberschrift : «isti
sunt articuli, quos electores imperii habent contra regem Wenczeslaum
Bohemie' und fahrt nach Aufzählung der Punkte fort: acta et lecta
sunt hec in Lanstein etc. und berichtet dann kurz von der Absetzung
Wenzels und der Wahl Buprechts. Die dritte, Bta. n. 214, entstammt
der von Eberhard Windeck verfassten Geschichte Sigmunds, während
die vierte, Bta. n. 215^ deutsch, dem Strassburger Stadtarchive an-
gehört Auch sie beginnt ähnlich, wie n. 213: Dit sint die artickele,
die die fursten imme riehen habent wider den konig etc. und schliesst
ebenfalls mit einer knappen Mittheilung über Absetzung und Neuwahl.
Obgleich wir nur von dem ersten dieser vier Schriftstücke sicher
wissen, dass es durchaus gleichzeitig entstanden ist, während die
anderen undatirt sind, zeigen sie doch sehr grosse Aehnlichkeit unter
einander. Alle führen neun Klagepunkte an und zwar genau die-
selben. Zu den sechs, welche die kurfürstliche Acte enthält, fügen
sie noch drei hinzu, welche die Entfremdung Genuas vom Beich, das
Bündniss mit dem polnischen Könige gegen den deutschen Orden und
die wülkürlichen, zur Gelderpressung erfolgten Vorladungen vor das
Ho^ericht tadeln. Auch Anordnung und Beihenfolge ist in den
ersten drei die gleiche, nur n. 215 hat die Artikel 4 bis 8 umgestellt
Sämmtliche, wenn auch bei n. 212 die Briefform etwas ändernd ein-
g^ewirkt hat, tragen protocollartigen Charakter. Gleichwohl ist, wie
ein Vergleich leicht erkennen lässt und deswegen hier nicht weiter
audgeführt zu werden braucht, jedes von den anderen unabhängig.
In der von Windeck herrührenden Fassung lässt sich, so gross die
sonstige Uebereinstimmung ist, zuweilen erklärende Zuthat des Schrift-
stellers nicht verkennen, wie in Artikel 3 : das er on die kurfursten
JfittheUungen VU. 16
242 Lindner.
nit zu tun hat, oder in 7 : des er doch zu den heiligen geswom hatte
zu tun.
Eine fünfte und sechste Ueberlieferung, Bta. n. 216 und n. 217,
stammen aus Tritheim^s Schriften, die eine aus dessen Chronik von
Sponheim, die andere aus der Hirschauer Chronik. Die erstere zahlt
11 Artikel, die zweite, welche auch den Wortlaut weiter ausgef&hrt
hat, deren 16. Die letztere, fQr deren Authenticität bisher Niemand ein-
getreten ist, können wir bei Seite lassen, doch nicht ohne hervor-
zuheben, dass sie deutlich beweist, wie wenig Tritheim Bedenken
trug, %eine ursprünglichen Vorlagen durch eigene Zuthaten zu er-
weitem.
N. 216 hat eine kurze Einleitung über die in Loinstein superiori
erfolgte Absetzung Wenzels, in welcher die Tagesstunde ähnlich wie
n. 213 und 215 circa horam 10 vel quasi bezeichnet wird, während
die kurf&rstliche Urkunde: paulo ante nonarum angibt, dagegen ist
statt 20. August irrig der 20. September genaunt; als anwesend
werden nur die vier Kurfürsten erwähnt. Daun folgen die ersten
sechs Artikel, wie in n. 212, 213, 214, nur mit manchen Abweichungen
im Wortlaut, auf welche noch zurückzukommen ist. Der in sämmt-
lichen anderen Abfassungen folgende Titel, welcher die Nachlässig-
keit Weuzels gegenüber dem Schisma rügt, fehlt hier, so dass Ab-
schnitt 7 und 8 der Tritheim^schen Ueberlieferung die Paragraphen
8 und 9 der anderen Redactioneu sind. Für diesen Ausfall bietet
Tritheim Ersatz durch drei Artikel, welche nur bei ihm zu finden
sind. Sie lauten:
Item quod illam laudabilem universitatem Pragensem, quam pater
ejus instituit, quasi penitus ad nichilum redegit, expelleus doctores
et odio habens viros litteratos et nobiles, quod multi de co testa-
bantur injuste expulsi bonisque spoliati.
Item quod commessationibus et ebriebitibus et luxuriae semper
intentus negotia regni non curavit sed in Omnibus remis:)e agens bella
fovit et seditiones.
Item quod super praemissis et multis aliis criminibus et negli-
gentiis saepius admonitus a principibus palam et occulte nunquam se
vel in uno emendare curavit.
Am Schlüsse steht: acta sunt haec in Lonstein superiori anuo
— 1400 die 20. mensis septembris circa horam 10 vel quasL
Diese Fassung der Absetzgründe hält nun Hegel entgegen meinen
Ausfährungen ftir echt. Ihn bestimmt offenbar in erster Stelle, dass
die Mainzer Chronik von elf Artikeln redet und n. 216 die einzige
Hedaction ist, welche diese Zahl aufweist, doch beruft er sich auch
Üeber die bei der Absei zung des Königs Wenzel verlesenen Artikel. 243
auf die Auseinandersetzungen, welche Weizsäcker in den Reichstags-
akten S. 231 seiner Zeit gegeben hat Ich weiss nun freilich nicht,
wie weit Weizsäcker jetzt noch das früher Gesagte aufrecht erhalten
will, aber da Hegel diesem beipflichtet und es gewissermassen per-
sonlich aufnimmt, so muss ich auf die dort angeregten Gesichtspunkte
eingehen.
9 Die n. 216 hat dieselbe Beihenfolge der Artikel wie n. 212,
213, 214; nur dass Art. 7 dieser drei Bedactionen hier weggefallen
ist und drei andere Artikel hinzugefügt sind. D.er lateinische Wort-
laut klingt vielfach an n. 213 an. Diese Bedaction n. 216 ist ihrem
Hauptinhalte nach sicher auch einem Protokoll entnommen, also echt,
soweit jenes der Fall ist. Auch die Fassung macht den Eindruck der
Ursprünglichkeit. Ich kann mich nur in Betreff der drei dieser
Bedaction eigenthümlichen Art. 9, 10, 11 noch nicht entscheiden,
sie fehlen in n. 9^) und in n. 212—215 so gut wie n. 204, der Vor-
wurf wegen der Prager Universität Ari 9 nimmt sich bei dieser
Gelegenheit ganz sonderbar aus, da er eine blos böhmische Sache
berührt, und Art 10 und 11 sind nur sehr allgemeiner und un-
wichtiger Natur. Anderutheils will mich doch bedanken, als sei Stil
und Fassung dieser drei Artikel aus dem Anfange des 15. Jahr-
hunderts und nicht aus der Zeit des Trithemius, an den man eben-
falls denken müsste, da er fiir uns der Fundort ist. Sind diese drei
Artikel echt, so bezeichnen sie ein Stadium der Verhaudluugen, das
wir vorläufig noch nicht näher fixiren können, das aber wohl älter
wäre, als n. 212—215.«
Bleiben wir zunächst einen Augenblick stehen bei der Angabe
der Mainzer Chronik, dass die Zahl der Artikel 11 betragen habe.
Wir sahen oben, dass in der Tritheim'schen Fassung ein Artikel fehlt,
welclier in den anderen als der siebente steht, des Inhalts, dass
Wenzel sich nicht für die Einheit der Kirche bemüht habe. In
dem grossen Absetzungddecret der Kurfürsten wird diese Klage in
allererster Stelle mit den schärfsten Worten hervorgehoben. Sollte
sie demnach in den Artikeln gefehlt haben, obgleich diese sonst noch
drei Punkte hinzufügen, welche in der officiellen Erklärung keine
Aii&ahme gefunden haben? Dass das nicht der Fall war, beweisen
nicht nur alle anderen Abfassungen, sondern auch Ulman Stromer,
welcher in seinem « Büchlein von meinem Geschlecht*') gleichfalls
') £b sind das die IS 97 von den Fürsten aufgestellten Elageartikel, welche
icli in meiner Reichsgeschichte II, 499 näher besprochen habe. *) Chroniken
der deutschen Städic I, 51.
16*
244 L i n d n e r.
der Beweggründe der Kurfürsten und darunter der Trägheit des
Königs in der Kirchenfrage gedenkt. Dass er dabei unsere Artikel
benutzte, zeigt die Erwähnung des deutschen Ordens.
Also darüber kann kein Zweifel sein, dass der fragliche Artikel
in der echten Fassung gestanden haben muss. Mag ihn nun Trit-
heim aus Versehen oder mit Absicht^) weggelassen haben, der aus-
gefallene Titel muss zu den elf hinzugezählt werden. Dann wären
es aber zwölf, also kann Tritheim^s Yerzeichniss nicht das von der
Chronik benutzte sein, da diese ausdrücklich die Zahl elf angibt.
Wenden wir uns nun zu den Artikeln, welche Tntheim allein
anführt. Unter ihnen ist am wichtigsten der über des Königs
Stellung zar Prager Universität. Er ist auch Weizsäcker aufge&llen,
der ihn , sonderbar' findet, ,da er eine blos böhmische Sache betrifft*
Das möchte ich nicht zugeben, da die Prager Universität ihrer ganzen
Geschichte und Verfassung nach für das Beich und die deutsche
Nation die grösste Bedeutung hatte. Ebendeswegen erregte der Ge-
waltstreich, welchen Wenzel gegen dieselbe führte, ungeheuere Ent-
rüstung im ganzen Beiche, wie damalige und spätere Geschichtswerke
genugsam zeigen. Aber die durch die königlichen Massregeln hervor-
gerufene Auswanderung der deutschen Professoren und Studenten
erfolgte erst 1409, und dass Tritheim diese meint, wird nach dem
Wortlaut — penitus ad nichilum redegit, expellens doctores — wol
Niemand bezweifeln. Eine derartige Anklage war im Jahre 1400
noch unmöglich. Es bleibt nichts übrig, als die Annahme, dass diese
Stelle nachträglich eingeschoben ist.
Geringere Bedeutung haben die anderen beiden Artikel, welche
im Ganzen nur eine allgemeine Endsumme der vorgebrachten Be-
schuldigungen und der gesammten Begierung Wenzels ziehen. Gegen-
über den genau bezeichneten anderen Vorwürfen erscheinen sie als
überflüssig.
Auf Weizsäcker macht die Fassung „ den Eindruck der Ursprüng-
lichkeit.« Darüber ist freilich schwer zu rechten. Dass der Wortlaut
sich öfters mit der lateinischen Fassung n. 213 berührt, ist natürlich,
da eben beide lateinisch sind und verhältnissmässig so einfache Ge-
danken und Verhältnisse, wie sie hier in kurzer Formulirung vor-
liegen, auch von verschiedenen Verfassern recht ähnlich ausgedrückt
werden müssen. Aber darüber kann überhaupt kein Zweifel serQi
dass Tritheim eine echte Vorlage protokollarischen Charakters benutzte.
') Ich vermuthe, dass er diesen Punkt wegliess, weil er, lange nach der
Wiederherstellong der Kircheneinheit achreibendf ftir denmlben kein IntereBse hatte.
üeber die bei der Absetzung des Königs Wenzel verlesenen Artikel. 245
da acht seiner Punkte mit den anderen Berichten übereinstimmen.
Er hat jedoch diese Vorlage willkürlich umgestaltet. Sie enthielt am
Anfang oder am Schluss ähnlich wie n. 213 und 215, welche, ob-
gleich von einander unabhängig, beide die zehnte Tagesstunde angeben,
eine Aufzeichnung über Zeit und Ort, nur dass Tritheim das Jahr
seines Kloster-Abtes hinzufügte, irrthümlich September statt August
sagte und die eine Angabe in zwei Theile zerriss ; denn seine Schluss-
notiz ist nichts anderes als ein Auszug aus der Erzählung am Ein-
gang. Dass er erstere noch einmal hinzufügte, deutet darauf hin,
dass auch in seiner Quelle, wie in n. 213 und 215, der ganze Passus
am Schluss stand.
Doch auch sonst ist er ganz willkürlich verfahren, so dass ich
seine Fassung nicht als eine ursprüngliche anerkennen kann. Ich
will nicht die einzelnen Paragraphen durchnehmen; es mögen einige
Beispiele genügen. Der Art. 2 lautet bei ihm : Item quod yicecomites
Hediolanenses sine consensu principum creavit in duces assignando
eis totam Lombardiam in titulum. Die Bezeichnung yicecomites ist
ja richtig, aber sie kommt weder in den anderen Stücken, noch im
Absetzungsdecret vor, welche alle nur von dem Mailänder oder dem
Herrn von Mailand reden. Der an sich unrichtige Schlusssatz ist
missYerständlich aus dem Decret zusammengebraut, wo es heisst:
Romanum Imperium — dimembrare permisit, signanter Mediolanum
et provinciam Lumbardie — — in quibus ille Mediolanensis
extitit quem — ducem — creavit — contra suum titulum.
Ebenso ist für Ari 3 : item quod fovit praedones, qui mercatores
et quoslibet Itinerantes spoliaverunt, nuUique tutum erat quoquam
ambulandi nee in aqua sub ejus regimine, das Decret benutzt : — nee
mercatores — pace in terra vel in aquis pociuntur.
Ich denke genugsam gezeigt zu haben, dass Tritheim^s Artikel
nicht die von der Mainzer Chronik gemeinten sein können. Aber ist
denn deren Angabe über die Elfzahl überhaupt richtig? Darin liegt
ja ein wesentlicher Fortschritt unserer neuern Kritik, dass die er-
zählenden Quellen hinter der urkundlichen Ueberlieferung zurück-
tieten müssen, und letztere haben wir in unserem Falle sogar^ recht
reichlich. Denn n. 212, 213 und 215 müssen wir dahin rechnen.
Der Charakter von 212 ist durch sein Datum gesichert, und damit
auch der der beiden anderen Fassungen in Folge ihrer genauen
Uebereinstimmung; sie sind offenbar Berichte von Augen- und Ohren-
zeugen, an Ort und Stelle aufgenommen. Es mag sogar (gegen meine
frühere Annahme) zweifelhaft sein, ob in n. 213 und. 215 auch noch
das Absetzungsdecret benutzt ist, da n. 213 einige Zeugen mehr.
246 Lindner.
n. 215 einige Zeugen weniger anf&hrt, als dieses. Auch n. 214 ge-
hört, wenigstens seinem Ursprünge nach, wahrscheinlich zu dieser
Gruppe, wenn auch Windeck sich kleine Aenderungen erlaubt hat
Alle diese Aufeeichnungen kennen nur neun Artikel und das gewich-
tigste Zeugniss, n. 212, beziffert sie noch ganz ausdrücklich. So yer-
muthe ich denn, dass deren auch nicht mehr gewesen sind und der
Irrthum auf einem Fehler des vorliegenden Textes beruht Die Hand-
schrift, welche Hegel benutzt hat, ist nach seiner eigenen Be-
schreibung sehr fehlerhaft; der Abschreiber konnte seine Vorlage
nicht einmal gut lesen und wir wissen nicht, ob diese das Original
oder auch bereits eine Abschrift * war. Bekanntlich sind Zahlen am
leichtesten beim Lesen und Schreiben dem Irrthum unterworfen; wie
leicht wird XI aus ursprünglicher IX!
Wie dem aber auch sein mag: die Absetzungsartikel, wie sie
Tritheim gibt, sind weder in der Fassung, noch in wesentlichen
Theilen ihres Inhaltes echt und ursprünglich!
Kleine Bcitiage zur mittelalterlichen
Quellenkunde.
Von
F. T. Krones.
Ich biete hier eine Aehreulese aus einigen Handschriftenbänden
der Münchner k. Hof- und Staatsbibliothek, welche ich in den Herbst-
ferien 1881—82 durchsah.
L Geschichtliche Notizen von 1404—1437 (Wien).
Cod. German. nr. 317 (fo. rother Lederband, 158 Bl.). Im
Kataloge (Deutsche Hdschr. Schmeller) S. 45 verzeichneL Darin
f. 141 und 156 , Geschichtliche Memorabilien von 1404 — 1437, zu
Wien geschrieben*^).
a) f. 141. (1) Herzog Albrechts lY. Heereszug vor Znaim, Heim-
kehr und Tod vor Klostemeuburg (1404).
(2) Von der Theuerung in Oesterreich : . . . und galt ain meczen
weicz czu Wyenn drey Schilling und wert die tuerung in dem land
uberal wol zway ganczew jar uncz auf das newen; anno quadrin-
gentesimo quarto da galt ein mecz weycz wyder zu Wyenn
XVIII den.«»).
(3) Huldigung an Herzog Albrecht Y. ,an s. Larenczen tag*
*) Die bezüglichen QueUenvergleiche folgen. *) Vgl. die kl. Klostemea-
borger Chronik (KL Chr.)S. 288 z. J. 1405, wohin sie auch gehört und zum gleichen
Jahre Anonymus Viennensis (A. V.) 8. 548, aber nicht mit Detailangaben.
Kl. Chr. bezeichnet die Epoche der Theuerung mit: ,yon weynachten unoz auff
die emdt*; A. V. mit »das jähr uncz anf das endt (!)*, Ann. Austriae (Ann. A.)
S. 696 (Kai. Zwetl.) z. J. 1404; S. 515 (Ann. Mellic.) z. J. 1406. Thomas Eben-
dorfer (Th. E.) col. 826. Was die Angaben über die Theuerung betrifft, so sagt
Kl. Cka,: »ein metz waicz p. 8 es. d. oder 80 dl, zum münsten umb 70 dl. . •
ein meczen habern 4 d. — Kai. Zwetl.: »Frumentumpro 8 solidis et 10 den. . .
triticnm pro */, tal. . . avenapro 45 yel. 50 den.* Ann. Mellic: »Modius tritici
• . pro 15 tal. denar. . . . modius siliginis 11 tal. den. et den. . . modius ordei
pro 8 tal. den. . . modius avensB pro 4 tal. den.*
248 Krone 8.
(10. Aug.). Bestellung Herzog Leopolds IV., seines Vetters, znm Vor-
munde auf 4 Jahre «und auch lenger* (1406) 3).
(4) 1406 «An aller czwelifyoten tag-, so si von einander sind
geschaiden* (15. Juli) Tod Herzog Wilhelms, »am Chyenmarkch in
des Stazzen haws und ist auch czu sand SteflFan wegraben. ■ — Eück-
kehr seiner Witwe Johanna überTriest, wo sie Ba^ hielt, nach Neapel*).
(5) »In demselben jar, da man pirgloken lewt, czu Wyenn am
freytag nach aller heiligen tag (5. Nov.) huob sich ain fewr unter
den Juden und alles volkch was auf und truegen aus den Juden, was
sie funden, chlainat, hausgeret, wein, mel etc. und wert uncz an den
sampstag den ganczen tag und geschach grosser schadn Christen mer
denn den Juden ^) die new phant verliehen habn.*
Von anderer Hand und anderer Tinte z, J. 1437, 1438:
(6) Anno domini millesimo quadringentesimo tricesimo septimo
des freytags vor Judica in der yassten (15. März) hora 3^ vor tags
do chamein grosser dornslag tmd plekchicz^).
Anno dom. M. CCCC 37 in vig. Marie Magdalene (1437, 21. Juli)
• . gross weter und dornsieg vnd plekchicz, das nyemant ains solichen
gedacht und yeder man gedacht, es wolt got die weit vertilgen, und
der schaur tet grossen schaden an dem newen turn ze Wyenn,
und darniKch nach Cholomani da wart der turn gar volpracht per
Helbling maister vud Veltlein Fe v man kirchmaister*^).
(7) »Anno domini 1437 f. 2* post conc Marie virg.» (1437,
9. Dez.) Tod E. Sjgismunds in Mähren.
(8) »Erichstag über acht tag« (17. Dez. 1437)8) Albrechts V.
Wahl zum Könige Ungarns und Krönung in Gemeinschaft mit seiner
*) Ueber die Huldigung die Notiz bei A. V. a. a. 0. und El. Chr. 2S9.
— Th. E. 828, Ann. A. (Ck)nt. Claustroneob. V) S. 515, überdies w. u. Abs. e).
*) Vgl. Kl. Chr. undA. V. a. a. 0., Ann. A. S. 515 (Ann. Meli.), Th. E. 827-8.
B) Vgl. Kl. Chr. a. a. 0. ziemlich detaillirt, Th. £. 829. <) »dornslag und
plekchicz« = Donnerschlag und Blitz. Vgl. die vollere mittelhochd. Form von
»blicze« = blikize (Lezer, Mhd. Wtb. 1, 806). Vgl. auch die Formen blecze,
blitzge. ^ ') Ueber den bez. Thurmbau des Stephansdomes g. Perger's Mono-
gpraphie und K. Weiss, Gesch. Wiens, 2. A. 1. Bd. Ulrich Helbling war seit lSd8
Baumeister. *) Eigentlich war es der »pfincztag* 3e= feria quarta = 18. Des.
Kovachich, Vertigia comitiorum 1, 471. Doch findet sich das gleiche Datum
(17. Dez.) auch in der kleinen Chronik v. Oe. (a. a. 0.) S. S66: Anno eodem
(1487) tan dem directe in die octavo proxime sequenti (d. i. 8 Tage nach dem
Ableben K. Sigismunds, 9. Dez.) in Pusonia (Pressburg) electus est. Vgl. über
die Deputation der Stadt Wien nach Stuhlweissenburg zur Krönung Albrechts
und seiner Gattin die Wiener Geschichtsquellen I. Abth. 2, 270 und über die
Festlichkeiten die mit obigem genau übereinstimmende Aufzeichnung bei
Schlager, Wiener Skizzen 8, 81—85, und Weiss, Gesch. Wiens 2. A. 1, 218.
Kleine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde. 249
Gattin: «Im 1438 newn jar (1. Jänner 1438) und slueg wol II <^
(200) ritter und slueg purger von Wyen ze ritter, herm Hansen
Steger, die zeit burgermeister, herm Chunraten Holczler, seinen
sun, herm Steffan den Wirsing, die zeit baid des rats der stat ze
Wien, und hem Hannsen den Würffl, des Paul Würffl seeligen
sun, und darnach am samcztag (5. Jänner) do komen die mär gen
Wien, wie der künig gekrönt war. Da prennat man fewr an allen
plaezen und man sung ,Te Deum laudamus'' nach der yesper mit
trometten und pawkhen mit zwain orgeln und dapey was die gancz
universitet, und am abent da czünttat man frewdenfeuer und man
hieng die hincz dem newn turn herus. Und am suntag (6. Jänner)
da gieng man mit dem heiligtum umb, als man get am achtisten tag
gots leichnams über den graben und über den hohen markcht von
allen klostern.'
(9) f. 153— 154MJeber die Mühldorfer Schlacht und deren
Folgen: Es ist die von Böhmer in Fontes r. Germ. 1, 161 — 166
doppelt, das zweitemal mit y. Earajan's Verbesserungen abgedruckte
Erzählung, von ihm (Vorr. XVIII, n. 5), und mit Recht, zu den
Ferien der deutschen Geschichtschreibung gerechnet.
(10) 154^ — 155*. Der »puntbrief der prelat und herren*
(rof h). Schluss : « gebn ist czu Wyenn am freytag vor sand Larenczen
tag nach Christi gepurd vierzehn hundert jar darnach underm sechsten
jar' (6. Aug. 1406). Es ist dies eine zeitgenössische Abschrift der
bekannten Urkunde, womit die Stände Oesterreichs, zunächst die
obersten, sich zu Gunsten Albrechts V., des minderjährigen Sohnes
Albrechts IV., als rechtmässigen Nachfolgers in der Landesregierung
gegenüber den Ansprüchen der Leopoldiner einigten ^^).
(11) 155*>— 156». .Verzeichbrief« Leopolds IV., Ernsts und
Friedrichs IV., der drei Herzöge des leopoldinischen Habsburger-
zweiges. »Wyenn am freitag vor dem palmtag anno M^^CCCOIIII®*
(21. März 1404). Es ist dies eine gleichzeitige Copie der gleichfalls
bekannten Urkunde, worin zufolge des Schiedspruches Herzog
Albrechts IV. die drei Leopoldiner ihren Verzicht auf das Herzog-
thum Öesterreich ob und unter der Enns aussprechen und das gegen-
seitige Erbrecht beider Habsburgerzweige seine Feststellung erfährt.
b) Daran schliessen sich (f. 156^) von gleicher Hand nachstehende
chronistische Angaben:
Herczog Albrechts (IV.) abgang (roth).
Nota, in demselben jar an des heiligen chrucztag in dem heribst
*^ Diese und die folgenden Urkunden b. b. Kurz, G. Oesterreichs miter
Herzog Albrecht IV. 1. Bd. (Text u. Beil.)
250 Krones.
(14. »Sept. 1404) starb der vorgenant herczog Albrecht zu Neuburg
und ward der pracht von Znaym^^).
Herczog Wilhelms abgang (roth).
Item darnach anno M^CCCCVI^ an aller zwelfspoten tag, als si yon
einander gescheiden sind (15. Juli 1406), starib herczog Wilhelm czu
Wyenn am Chienmarkch in seinem haws, und leitauch zu sand Ste&n^').
lurameutum civitatis (roth).
In eodem anno in die sancti Larencii (10. Aug. 1406) hat die
stat vnd prelaten und hem gesworen dem jungen hern herczog
Albrecht (V.) in der purkch zu Wyenn *•) und laut der ayd also:
»Wier sweren unserem genedigen hern, herczog Albrechten den
Jungen also unserm rechten erbleichen hern in und seinen erben,
das . . .• (folgt der Treueschwur).
c) f. 156^ — 158*. Der brief der tayding ze Holinburg
(roth). (22. Nov. 1395). Der Holenburger Vertrag zwischen Herzog
Albrecht IV. und Herzog Wilhelm, dem ältesten der Leopoldiner.
Abschrift von zeii^enössischer Hand bis zu dem Passus: »Auch ist
beredt, wenn unszer ainer den andern darumb monet, so sullen wir
paid diselben eindlif unszer gesprüchlewt zusanmidingen an verzihen,
die sullen dann unverczogenleich darumb ansprechen als den ge-
schriben stet* Von »auch geloben wir pey unseren furstleichen
wirden und eren*' folgt jüngere Hand und andere Tinte. Die Copie
bricht bei den Zeugen « Ulrich von Dachsperg, Pilgrein* ab.
II. Zur Handschriftenkunde und inhaltlichen Würdigung
der sog. Hagen'schen Chronik Oesterreichs und des «Aus-
zugs österr. Chroniken* (von der Urzeit bis 1439).
Cod. German. 375, 425 und 1134. Diese Codices bieten nicht
uninteressante Beiträge zur Handschriftenkunde dor Oesterreichischen
Chronik des sogen. Hagen ^) und Vergleichung derselben mit dem
9 Auszuge Ost Chroniken.*
1) Cod. 375. 40, Holzband, 289 fol. (Katalog S. 55, 1. Stück
f. 1—225 Oesterr. Chronik, 2. Stück f. 226—289 das Schachzabel-
buch des Joh. V. Cessolis). Die öst Chronik mit farbigen und rothen
Initialen, 15. Jahrb., bricht f. 225 ab mit der Sempacher Schlacht:
. . . »Er (Leopold III.) sand hin für ein hauffen, dy fanden die
Sweytzer von gesiebt auff dem veld, do wurden ettleich cze fraydig
<») Vgl. Kl. Chr. 287—8, A. V. 547, Ann. A. 516, 787 (Ann. Mellic and
Clans» roneob. Cont V). »«) Vgl. 0. die Citate(Anm. 4). *») Vgl. 0. die Gtate
(Anm. 8). >) Vgl. Dr. F. M. Mayer, Untersuchungen über die österr. Chronik
des Mathäus oder Gregor Uagen, Axchiv f. öst. Geach. 60, 298— S42, 802 Anm* i>
Kleine Beiträge zar mittelalterliclien Quellenkunde. 251
(Pez SS. 1, 1144) . . . Deo gracia (roth). Trenbach (roth). Es fehlt
also der ScUuss der Chronik, der sich bei Pez a. a. 0. 1154 — 1158
abgedruckt findet.
Bietet dieser Codex, ursprünglich einem Bürger von Stadt Steyr
gehörend, eine textlich mit dem Abdruck bei Pez im wesentlichen
ganz übereinstimmende Handschritt ohne alle bemerkenswerthen Eigen-
thümlichkeiten, so zeigen sich solche bei allem üebereinstimmenden
bei dem
2) C. 1134, fo., Holzband (Katalog S. 173; enthält 5 Stücke)
als I. Stück S. 1 — 236: Oesterr. Chronik. Schmeller bezeichnet den
Codex als v. J. 1465 herrührend. Doch bezieht sich das nur auf die
Abschlu&szeit des ganzen Codex, denn die Schrift der ost. Chronik
kann, was den Text betrifft, ebenso gut dem ausgehenden 14. als
dem beginnenden 15. Jahrh. zugewiesen werden. Er ist schön ge-
schrieben, mit farbigen Initialien, zahlreichen Bandglossen jüngerer
Hände und 11 hübsch gemalten Wappenbildern.
Zum Schluss S. 236 findet sich von jüngerer Hand: « Diese
cronica muss ohngefaehr im Jahr 1400 sein geschribn worden, wie
bey kayser Wenzelln und bey herzog Leopoldts beschreibung im
andern platt vor disem abzunehmen ist.'
S. 1 beginnt mit: »Seneca der maister schreibt., in dem puech
der vier angeltugend: Ob du weis sein wellest" . . (Pez 1052 — 53).
S. 3 — 5: »Von der taylung der puecher* (Pez 1054 — 56).
S. 5 — 6: 9 An dem anevanck Helyon, daz ist got, der au ane-
vanckh in der ebigchait ist an ende, beschueff von nichts himel und
erde« (Pez 1056).
S. 7 (roth) : « Von den funff zeitn vor christi gepuerdt und zwain
darnach . . Yon der ersten zeit der weide« . . bis S. 21 (bei Pez
weggelassen).
S. 22 f.: «Yon der kroniken des edlen landes ze Osterreich und
von den herren, die vor christi gepuerdt sein gewesen.« (Pez 1056
nur der Eingang, das übrige weggelassen.)
S. 22 — ^^43: Die 64 Herrschaften im Lande Oesterreich (bei Pez
weggelassen).
S. 43-^61: »Von der tauff unnsers herrn Jesu Cristi: — Von
der martler unsers herrn. — Von Gayo dem Eayser. — Capitulum
von den pabsten, von den kaysern* usw.
S. 61 ff. Von der 65. — 81. herrschafb in Oesterreich (bei Pez
weggelassen). Was (S. 83 — 89) von der 82. Herrschaft im Lande an
geschrieben ist, findet sich nun im Zusammenhang bei Pez abgedruckt
(nur fehlt das S. 90 der Hs. mit ,von den pabsten« überschriebene
252 Krön 6 8.
Capitel bei Pez). Die Capiteleintheilung zeigt überhaupt Verschieden-
heiten. Auch bietet der in der Hs. S. 95—286 mit Pez 1060—1158
fortlaufend zusammenfallende Text manches Abweichende, allerdings
ohne alle sachliche Bedeutung. So heisst es z. B. S. 235 der Hs.:
«Damach sy haben hie auff erden als ritterleuth gestriten, das
das geschech mit wunigkleichen freiden. Amen.* Bei
Pez 1158 (Schluss des vorletzten Capitels) heisst es bloss: «. . darüach
er hie auf erde als ritterlich hat gestriten.'
Dagegen fehlt wieder in der Hs. der lange moralisirende Passus
des Textes im Pez'schen Abdruck im vorletzten Capitel (1156 — 1157)
von 9 und seindmalen die heilig geschrifft spricht' bis « Der edel f&rst
hat hincz got gross lieb behabt ', von wo ab beide wieaer zusammen-
laufen. Jedenfalls bietet diese vollständige, schöngeschriebene und
relativ frühe Hs. einen Behelf zur Textcorrectur des Abdruckes bei Fez.
Ganz anderer Art ist:
3) Cod. 425, 40 (Katalog S. 69; im Ganzen 52 Bl), bestehend
aus zwei verschiedenen Bestandtheilen: a) 18B1. Oesterreichische
Chronik bis zum Tode K. Albrechts IL (f 1439) und b) 30 Bl.
eines fEbr den Unterricht eines jungen Fürsten bestimmten
Tractates über Adelswesen, Fürstenthum, dessen Pflichten, Tugenden
usw. Beide Stücke gehören der Schrift nach dem 15. JahrL an,
doch zeigt b) eine von a) etwas verschiedene Schrift und blassere Tinte.
Math. Eoch hat in SchmidPs Oesterr. Blättern f. lii u. Kunst 2
(Wien 1845), S. 458—463 und 471— 472 unter dem Titel: »Der Aus-
zug der Eroniofken des Landes Oesterreich (aus der Handschriften-
sammlung der Münchner Hofbibliothek) dies Manuscript ausf&hrUch,
aber ohne alle genaue üebersicht des Textes nach seiner hand-
schriftlichen Anlage und ebensowenig mit vergleichsweiser Bücksicht
auf den Text der Hagen'schen Chronik bei Pez besprochen, er begnügte
sich, die Geschichtserzählung nach deren Eigenthümlichkeiten zu
reproduciren. Koch schliesst seine Erörterungen mit der Annahme,
dass der Verfasser, der noch die römische Königswahl K. Friedrichs IIL
erwähnt, also um diese Zeit (1440) gelebt haben muss, .etwa der
Lehrer des jungen Ladislaus Posthumus* gewesen sein y^iti, «Sein
Geschichtsbuch kömmt mit Hagens Chronik darin überein, dass beide
Werke^ Auszüge aus den älteren Chroniken sind, doch ergänzt jenes,
obgleich es kürzer ist, diese in wesentlichen Theilen, auch schrieb
unser Verfasser viel bündiger als Hagen.* Indem wir uns eine
diesfällige Bemerkung für den Schjuss aufsparen, sei nur noch con-
statirt, dass Koch von jeder Specialisirung des Inhalts der zweiten
Kleine Beiträge zur mittelalterliclien Quellenkunde. 253
mit der osterr. Chronik im bezeichneten Codex verbundenen Hand-
schrift absieht, welche wir weiter unten bieten wollen.
Schon der Umstand, dass unsere Chronik auf 18 Quartblättern
nicht blos die ganze Geschichte des Landes Oesterreich von der
fabulosen Urzeit an bis ans Ende des 14. Jahrh. skizzirt, bis wohin
auch der Hagen^sche Chronikentext reicht, sondern auch bis 1404
sich erstreckt, ja überdies, allerdings nur mit 13 Zeilen (f. IS*^) die
Jahre 1404 — 1439 abfertigt, beweist, dass wir es hier mit der Arbeit
eines Chroniken-Epitomators zu thun haben. Daher heisst es auch
(f. I): , Vermerkt den ausszng der kronigken des landes ze
Oesterreich, wie vil es namen hat gehabt, und wie vil herschaft
nach dem kurtzigisten ausgezogen.'
Wir wollen nunmehr die Gliederung des Textes verzeichnen und
eine und die andere Yergleichsprobe f&r den Text unserer Handschrift
und des bei Pez beif&gen.
f. 1. Die fabulose Urzeit des Landes Oesterreich: Die Ansiedlung
des «Juden* um Stockerau und die Folge der einzelnen Herrschaften:
vom Jahre 860, dem 12. Tage des Brachmonats, als dem Zeitpunkte
«nach der Fintflut", in welchem jener Jude Stockerau, 70 deutsche
Meilen yon der nächsten menschlichen Behausung entfernt, er-
baute; die jüdische, heidnisch-römische Epoche des , Markgrafthums *
Oesterreich, seine Dreitheilung als »Osterlant*, Wiederherstellung als
• Markgrafschaft " durch Herzog Erhart (!) bis auf die ffftinfiPt Sipp*
des ungarischen Herrschergeschlechtes, die Herzoge «Feter* und
»Johanns* (!). — Dieser Theil der Hagen^schen Chronik ist im Ab-
druck bei Pez weggelassen.
f. 2. Die Zeiten von den Herzogen «Peter* und «Johanns* bis
auf Markgraf Leopold den «Frummen* (Heiligen). — Pez 1056 — 59.
Eine theilweise Gegenüberstellung der Texte wird das Verhältuiss
derselben zu einander klarlegen.
Hs. f. 1 Schlass u. f. 2.
Darnach das gesiecht re-
girert onczt an die funfit sippt.
Herczogen Peter und Jo-
hanns die starben auch an
eriben, und was Wienn zu
derselben zeit ain geiaidhoff und
Tulden die hawbstat. Do
ward das laimd aber zu ainer
nLirgkaschafiPt (sie) und ward
verlihen ainen markrafen (sie) der
hies Albrecht der regierert
nur XVI jar.
Pez 1, 1056.
(Nu sagt ditz buch fürbas aber von
dem edlen land ze Oesterreich vnd von
seiner herschafit).
Nu chum ich hinwider an daz Edel
Land zu Oesterreich. Es ist zu wissen, ee
Wienn gepawt ist wurden, do waz Tu In
die Hauptstat in Oesterreich; vnd do nu
dise Stat leyt. do waz ee ain gaiadhoff, der
noch hewt haist der Perckhoff; do lagen
offt durch gelüstes willen die Fürsten. Die
Erst kirchen zu Wienn waz die Kirche zu
Sand Ruprecht.
254
E r 0 n e B.
Hs. f. 2.
Darnach sein • sun markraff
Ernst auch zw seinen frewnten
gein Sachssen zu hilff (raitt)
und wart da yn ein veldtstreit
erälagen nach Christi gepurd
tawsent und XIII jar und liez
II sun. Ainer seczt sich gein
Gars, der ander gein Pernegk.
. . Margkraff Lewpolt nam des
kaisers tochter, die im sein
brueder beslieff mit gewalt;
das tet er seinem brueder hin-
wider und öffenlich und fochten
darnach ain streit cze Marperg.
Der kaiser verriebt sy, das marg-
kraff lewpolt sein teil am Land
von seinem brueder muest ze
lehen nemen, umb das er öffen-
lich sein brueder gesmacht hat,
nach Christi gepurd tawsend
unndt X jar. Er lies ain sun,
den man in allen (f. 2^) landen
den frummen marcgraff Lewpolt
nant ; der nam kayser Heinrichs
tochter und pawt das Kloster
Newnburg nach Kristi gepurd
XI hundert und XIII jar, dar-
nach das heilig Krewcz XI hun-
dert und XXV jar, er het XVIH
kinder ....
(Die czwa und achczigist Herschafft des
Landes zu Oesterreich.)
Do Oesterreich von Herczog Petern
und Herzog Hansen gebruedern ward ledig,
darnach ward Oesterreich wider zu ainer Mar-
graffdcliaffl vnd ward Albrecht Margraflf
zu Oesterreich. Er waz weisse, Erber und
Mendleich, und waz Herr zu Oesterreich
Sechzehen jar. Er liez ainen Sun, der hiez
Margraff Ernst.
Pez 1, 1056—57 (83. Herschafft).
Ernst ward Marggraff zw Oesterreich.
Er war mild und freudig und mit tu
andern tugenten geziret. Er rait gen
Sachssen durch ritterschafft willen do £r
in ainen streit ritterlich ward erslagen.
Den in seinen Land paide man und frawen
durch seiner grossen tugent willen sere
chlagten. Marggraff Ernst liez zwen San,
ain hiez Lewpolt vnd der ander Albrecht
(Die vier vnd achcigist Herschafft des landes
zu Oesterreich.)
Margraff Lewpolt vnd Albrecht wurden
Herren zu Oesterreich nach Christi gepurd
tausent zway vnd funfczig jar. Die teilten
das Land vnd ainer saz auf der Vesten
Perneck, der ander zu Gars auf der Borgk.*
(Von da an liefert der Hagen'sche Text
eine ausführliche Geschichte der
Bekanntschaft und Heirath des Markgrafen
Leopold mit der Kaiserstochter, deren
Schändung durch den Schwager, Markgraf
Albrecht, dem dann Leopold in gleicher
Münze zahlte, ihres Streites und des kai-
serlichen Schiedspruches, vom Tode des^
Markgrafen Leopold und dem Regierangs-
antritte seines Sohnes Leopold.)
Pez 1, 1059.
(Die fünf und achczigist Her^schafft diz land
zu Oesterreich.)
Margraff Lewpolt liez ain Sun, der hie?
Lewpolt, Er ward der frumm Margraff
Lewpolt genennet. Er nam ain Selige
gotvorchtige frawen, die hiez fraw Agnesz,
Chaiser Hainreichs tochter. Er pawt das
Münster und Probstey des Ordens Sannd
August ins der Chorherrn zu Chloster Newn-
Kleine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde.
255
bürg, daz er aach reichleich bat begabt
nach Christi gepurd taasent hundert und
dreyzehen jar. Damach pawt er aber ain
Chloster, daz huist daz Heilig Chrewcz
Sand Bernharts Orden der Grraben Münche,
daz Er auch stifPte gar reichleich, nach Christi
gepurd tausent hundert funff und zwainzig
jar. Der frumm vnd andechtig Margraff
Lewpolt hett mit seiner andechtigen frawen
Agnesen achcehen Erben, die alle vil ge-
lückes gewunnen.
• Aehnlich verhält es sich gleich weiter, wo uns beide, Hagens
Text und die Handschrift, das wunderliche Histörchen von der kaiser-
lichen Begebung Heinrichs (Jasomirgott) mit dem Land ob der Enus,
Krems (und Stein) für den Spass mit dem Ochsenfell auftischen.
Hs. f. 3.
Der (Herzog Heinrich) bracht
das lanndt ob der Enns und die
stet Krembs und Stein mit
der ochsenküräen ze wegen, dasz
er die vor den kaiser trueg, die
man im von Wienn hat bracht,
die solt örczen sein gewesen.
Das het der pot nit recht ver-
nomen und bracht ein ktirsen
von ochsenhewt.
Pez 1, 1060.
All fursten für den chaiser do wurden
geladen, dar cham auch Herczog Heinreich
von Oesterreich, und daz geschach Winter-
zeit. Der sant umb Luxe in kürscn und
pelicz gen Oesterreich. Der pott vernam.
Er hies yn vmb Ochszein kürszen ge-
sendet. Der pott cham gen Wienn und
warb an die Burger und an die Chürszner
sein pottschafft, desz die Burger verwundert,
und spräche zu dem potten, daz er viel-
leicht nicht recht biet vernomen des Herrn
maynung. Der pot sprach, Er biet seines
Herrn potschafft wol aufgenomen. Die Burger
gedachten, wie die Ochsenhewt zu swerwern
zu tragen Herzog Heinreichen: und liezen
jm von Jungen Chwhewten Chürsen vnd
pelicz machen, die der pott Herzogen Hein-
richen gen Napels pracht. Do die Chürsen
und pelicz wurden derfiir getragen, da be-
gan der Herr zu zürnen auf dem poten.
Die Sache alle cham fär den chaiser. Der
chaiser des sere lachte undsandumb Hertzog
Hainreichen, und pat yn, daz Er den pelicz
und chürsen trag ains Yeiertags, darum
wolt Er ym dazLendell beyder Ensz
und Cremsz da miltiglich verlieben. Mit
dem schympf also Hertzog Hainreich daz
Lendell bey Ensz und Cremsz prucht
gen Oesterreich zu dem Lande.
Man sieht, wie dies bei Hagen ziemlich umständlich erzählte
Histörchen hier inhaltlich zusammengedrängt wird und überdies Ab-
256 Eronee.
weichungeu in Nebenumständen vorkommen. Während bei Hagen
» luxein "knrsen, also Lux-Pelz, den Gegenstand der herzoglichen Bot-
schaft an die Wiener ausmachen, sind es hier , örczen * (wahrschein-
lich = nörcz, nurcz = Otter-Felle). Ausserdem erscheint nicht bloss
Krems, sondern auch Stein hier als Erwerbung des Herzogs genannt
Auch in der Wappengeschichte Oesterreichs findet sich neben dem im
Wesen der Sache Uebereinstimmenden Abweichendes in der Fassung:
Bei Hagen col. 1064 heisst es: «Man sagt, daz herczog Lewpolt
dem Lande ze Oesterreich den lobleicheb schilt, ainen strich mitten
durch die rotten Yeldung ynd auf dem heim ain gülden Chron mit
ainen buschen der pfaben-fedem in der Haydenscha£Pt hat ervochten,
Ton des Schilts vnd Helms Bedewtnus zum letzten an dem fünften
buch diser kroniken ich aigenlich geschriben hab.'
Dagegen in der Hs. f. 4: «1192 brachte Leopold ins land den
schilt mit dem weissen strich durch das rotte feld verkehrt den
alten schilt mit den 5 adlern.**
Die Erzählung von der Schlacht zwischen E. Ottokar und Rudolf
von Habsburg (das Gefilde am « Weidenbach " wird beiderseits ak
Kampfplatz bezeichnet) bietet ebenso wie die Erzählung vom Tode
des Böhmenkönigs manches Abweichende. (Hagen 1089 — 92, Hs.
f. 9 — 10). Zunächst sagt die Hs. ausdrücklich: ^Eünig Akchar
(Ottokar) hat vil mer volk denn Eünig Buedolff'; sodann heisst es
hier, was sich bsi Hagen gleichfalls nicht findet : , Do riet ainer von
Meissen ze fechten und sagt Budolffen, wie er und andere herrn sich
mit den Pehaimb unterett bieten, das sy den Otokar nit helffen
wurden, wann er manigen ze Beheim als unrecht het getan als ym. '
Den Ausgang der Schlacht und den Fall Ottokars drängt die Hs.
in nachstehender Weise zusammen : « und als man den streit anhaeb
mit dem hofgesind Atochars (!), do riten die Fehaim mit macht davon,
und komen die kunig im streit selb ze einander. Do het der Atochar
einen grossen guet verlobt, er solt versuechen künig Rudolfiea ze
tod stechen, den stach Budolff selbs ze tod. Do gab der Atochar die
Flucht; den eilt nach einer von Senck (offenbar « Schenk") und
ainer von trugsatz von Emerwerg, den er sein frewnd, den von
Merenburg, hat ze Frag auf den galgen smiden lassen und darauf
ze tod slahen, die stachen in an der flucht ze tod und ward von den
pueben ganz entplosst und nacket gefiert gein Laa und begraben.
Darnach in der röm. kunig erlaubt ze ffiren gein Znaym, von dan
er erst gefürt gein Frag.*
Bei Hagen heisst es (1091) nach dei ausführlicheren Schilderung
der Schlacht: «Do chunig Ottacker sein besten trost verloren hett;
Kleine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde. 257
do mocht er mit vieren ab dem felde zu kommen. Dos sahen etleich,
den er Tormaln ongnetlicli gethan hett ab der Steyermarch, die ym
besimderleich vast nacheilten. Do worden zwen erslagen der fiierer
und Ton seinem ross chünig Ottacker wart gefellet. Der chünig gross
yerhaissen tat, damit er gern hiet sein leben gefristet Daz yn alles
nichtz halff, wann ainer zu ym sprach : Er hielt ym sinen frünih den
Merenberger getöttet on alle schuld, darumb er auch leiden müsste
den tod. Und aoner« durchstach yn mit seinem swert; der ander stach
yn in den hals mit ainen messer, do der chünig alszo starb. Die _
zwen ritten hinwieder zu dem here ynd tetten dem nyndert gleich. Die
haben kilnig Ottackem gar entbloesten *. Dann folgt eine der Beimchronik
Ottokar's, der Grundlage Hagen's (Sefiher's), entnommene moralische
Betrachtung, die Schlussphase des Schlachttages nach der vollständigen
Flucht der Böhmen, welche die «armen Gäste ** in Nöthen stecken
Uessen, und der Aufbruch E. Budolfs nach dem dritten Tage. «Die
zwen konig, Budolff vnd der von Yngem, schieden sich liebleich.
Den dritten künig (Ottokar) fürt man totten gen Laa, da er
ermichleichen word begraben (!) *. Man sieht, wie gleich unrichtig die
Hs. vom Geschick der Leiche des Böhmenkonigs handelt
Hs. £11^ gibt zu dem Augsburger Hoffte, wo die Belehnung
der Sohne Rudolfs I. stattfand, das Datum XIII (C) und XXX jar
= 1380, offenbar verschrieben für XII C und LXXX =■ 1280 (1282) ;
bei Hagen (c 1095) fehlt es ganz. Gleiches ist der Fall Hs. f. 11^,
wo der Erzfund „auf dem Chutten", d. i. die Entdeckung der
Kuttenberger Silbergruben, mit «XIII hundert und XXXIIII jar'
= 1834 als Jahreszahl verzeichnet erscheint Sie ist allerdings fakch
oder als Versehen statt 1234 au&ufassen. Die böhmische Tradition
bezeichnet 1237 als Gründungsjahr Euttenbergs. Bei Hagen (c 1096)
heisst es: «Die Zeit das arczt auf dem Guttenberg ist erfunden* ohne
Jahresangabe. Jur Wahl Adolfs von Nassau setzt die Hs. (f. 15) die
Jahreszahl 1298 (st 1292), Hagen (c. 1121) keine ; als Todesjahr E. Hein-
richs VII. bezeichnet die Hs. (f. 16») XIHC und XI = 1311 (statt
1313); Hagen (c 1141) gibt 1311 (statt 1308) als Jahr der Wahl,
aber kein Todesjahr an.
Verhält sich die Hs. zum Hagen'schen Texte regelrecht wie ein
Auszug zur umfassenderen Vorlage, so ist dies dagegen bei der Er-
zählung von der Mühlberger Schlacht (f. 16) nicht der Fall, denn da
ist die Hs. detaillirter in ihren Angaben als der Text der Hagen*schen
Chronik (c 1141): so in Bezug der Eriegslist des Burggrafen von
Nürnberg. Es heisst dort: »Do kam der burkgraf zu Nürnberg und
Ton Baiem wider sein oheim zu helffen und hat die panir
HittheUimcen VIL 17
258 Krones.
OeBterreich aufgeworffeu' und weiter «do warf er sein
panir auf und druckt die panir Oesterreich unter.' Die
Ha. enthalt auch einen Fassufl über die Lösung der gefangenen öster-
reichischen Herren und Bitter, die unter anderem auch ihre Güter
zu diesem Behufe verkaufen mussten, und schliesst mit der Be-
merkung: «Daz kaufften die kloster in Bairen, dasselb
guet sye noch in dem land haben*. Von all' diesem hat
Hagen's Text nichts.
Noch mehr tritt diese Selbständigkeit der Hb. 4m Vergleiche
zum Hagen'schen Texte dort zu Tage, wo von Herzog Albrecht^s IL
und Rudolfs IV. Begierung (f. 16 — 17) die Rede ist In der Hs,
findet sich z. B. die Angabe, «der krumpp hertzog Albrecht
entzweit sich mit seinem brueder Otto der landt wegen
und strafft, die seinen brueder wider in hulffen' (fehlt bei Hagen
c 1142)'). Sie erzählt, dass Herzog Rudolf IV. «mit der landtherren
willen" das Ungelt eingeführt habe (fehlt gleichfalls bei Hagen
c. 1149^50), und verzeichnet über das Verhältniss dieses Habs-
burgers zu seinem Schwiegervater Karl IV. Folgendes: Der Kaiser
habe ihn nach Prag vorgeladen und «mit taeding überkommen'
wollen, « das im (dem Herzoge) nit nutz war, do tracht er in gehaim
davon und zoch gein Lamparteu und warf (warb) die gros
gesellschaft (ein Söldnerheer, eine condotta) vnd woeltden kaiser
überzogen haben. Do (in Mailand) ward im vergeben*'). (Dies
Alles fehlt bei Hagen.)
Hagen (c 1151 — 52 und 1155 — 56) hat auch nichts von der
Vergiftung Herzog Albrecht's III.; die Hs. sagt, ihn habe ein Arzt
zu «Lachsendorf' (= Laxenburg) vergiftet. Hagen erzählt dagegen
(c. 1155 — 56), der Herzog sei vor der Heerfahrt gen Böhmen »mit
ainer kranchait vervangen worden und rait gen Lachsenburg und
lag da etleich zeit: und do die arzt an im verzweifelten, beraitt
er sich mit grosser rew und andacht und empfieng seligleich die
heiligchait, und starb an sand Johannestag Gots Tauffer, alz er ent-
hawpt ward', jedenfalls das Richtigere.
Die Schlussepoche vom Ableben Herzog Albrecht's IV. (1404) bis
zum Tode Albrecht's V. (K. Albrecht IL) 1439, für welche Hagen's
Text vergleichsweise nicht mehr herangezogen werden kann, drängt
') üeber dies Zerwüriniss zwischen Albrecht II. und dessen Bruder Otto
(abgesehen von dessen hieher nicht gehörigen Ansprüchen v. J. 1828) wissen die
massgebenden Quellen (so der Job. Victoriensis) nichts. ') Vgl £bendorfer
a. a. O. coL 807 über den Bündnissvertrag H. Rudolfs IV.
Kleine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde. 259
ansere Hs. (f. 18<^) in wenige Zeilen zusammen; so heisst es von
dem genannten Habsburger (Albrecht IV.): «hat lassen ain sun,
hiez Albrecht, der nam kaisem Sigmunds tochter und ward nach
seines sweher tod künig ze Ungern, ze Fehaim krönt und romischer
kQnig erweit, alles in ainem jare. Er zoch gein Ungern wider die
haiden, da starb er und ist begraben cze Weissenburg nach Cristi
gepurd XIIII<^ und XII L (1439) jar an sand Simonis et Jude tag*'
(28. Oct).
Diese Proben sind erschöpfend genug, um n^achstehendes Ver-
hältnis zwischen dem Texte der Chronik des sog. Hagen und der
besprochenen Münchner Handschrift festzustellen:
1. Der Umfang der sogen. Hagen'schen Chronik, mögen wir diese nun
als eigene Compilation oder mit F. M. Mayer als blosses Ezcerpt, be-
ziehungsweise als Abschrift einer .Chronik Dr. Joh. Seffner's ansehen,
übertrifft den der Münchner Hs. mehr als um das Zehnfache.
2. Die Münchner Hs. erscheint als gedrängt bearbeiteter Auszug
jener bis 1406 reichenden Chronik, für deren Verbreitung*) und Be-
nutzung die zahlreichen bisher bekannt gewordenen Handschriften
sprechen.
3. Die sachlichen Abweichungen und Zusätze der Münchner Hand-
schrift, deren VerfiEtöser unbekannt ist, nöthigen keineswegs zu. der
Annahme, derselbe habe eine ihm und dem sog. Hagen (beziehungs-
weise Sefi&ier) gemeinsam vorgelegene, uns bishej* unbekannte Chronik
benützt, da dieselben viel einfacher als gelegentliche Besonderheiten
des Epitomators aufzufassen sind, der neben seiner Hauptquelle auch
andere Nachrichten und Histörchen benutzte.
Anhang.
Der Tractat über adeliges und fürstliches Weisen.
Im unmittelbaren Anschlüsse an diesen „ ausczug der koronigken
des landes Osterreich *', der ganz wohl die Bestimmung haben mochte,
einem jungen Fürsten Habsburgs (Ladislaus FosthumusP) die Ge-
schichte seines Stammlandes und seiner Vorfahren beizubringen, findet
sich der moralisch-politische Tractat über adeliges und fürstliches
Wesen (f. 18 — 52), yorzugsweise zur Erbauung und Belehrung fürst-
lichen Sinnes angethan. Wir begnügen uns begreiflicherweise nur
niit einer vollständigen Inhaltsaugabe und mit der wortgetreuen
Wiedergabe des Anfanges und Schlusses dieses Tractates, der sehr
gut den gleichen Zweck verfolgen konnte, wie der vorlaufende
Chronikenauszug.
^) Vgl. über die relative Menge dieser Hb. die oben angeführte Abhandlung
von F. M. Mayer 8. 802 Anm. 1.
17*
260 Eronesf
Der Anfaug lautet: ,Adl ist staete Tnd bruederliebe lieb. Adel
ist Tolkomene tugent in aller gescheph gottes, nit allein in dem
menschen, auch in aUen czamen und wildeii tiern, die in irer genoss-
schaiK tugentper sind, auch in erczt, in stain, in ertrich, in wasser,
in lufit, in fewr und in allen anderen creaturen, in den sich aine
breiset über die ander mit kraft, mit schein und mit allerlay ander
tugent \
Nun folgen die einzelnen Hauptstücke mit mennigrothen üeber-
schriften, und zwar: f. 18/18 (1) Von dem adl, (2) von wann der
adl ist hommen, f. 20 (3) von dem fuessvolkch (« Antape* oder .turba'),
(4) von dem hamaschvolkch (« cabellarium '), (5) von den erbern
knechten (ntabellarien'), f. 20/21 (6) yon dem dienstherren («nüniste-
rialen, barones, bannerherren '), f. 21 (7) von den burgkrayen, (8) Ton
den graven, (9) von den margkraven, (10) von den landtgraven,
(11) von den herczogen, f. 22 (12) von dem künig, f. 22/23 (13) von
dem kayser, f. 23/24 (14) von den perfecten, f. 24 (15) von den
klaidern des kaisers und seiner unttertaney, f. 24/25 (16) von den
Wappen. — f. 25/26 (17) Von der tugent regel, f. 27 (18) An
dem ersten, wann ain f&rst aufstet, (19) darnach sol er sprechen ein
Pater noster und ain Ave Maria ; der tisch-segen, f. 27*> — 30* (20 — 28)
ohne Ueberschriffc — Moralsatzungen für einen Fürsten in 8 Ab-
sätzen. — f. 30/31 (29) Von der fürsten kantzley, f. 31/32
(30) wie sich der fürst sol halten gein der channczley, £ 32/33 (31)
von der fürsten kappellen, f. 33 (32) des fürsten stat in der kappein,
f. 33/34 (33) des fürsten leben cze tisch, f. 34 (34) des fürsten all-
muesen, f. 34/35 (35) der fürsten leben in dem haws, f. 35 ■ (36) von
des fürsten ambtlewten, der kamrer, f. 35/36 (37) von des fürsten
ambtlewten des rechten, f. 36/37 (38) des fürsten ambtlewt cze krieg,
f. 37 (39) des fürsten liger ze veld, f. 38 (40) des fürsten streit,
f. 38/41 (41) wie der fürst vfich (sie) und saelig wird, f. 41 (42) des
iürsten &eidhoff, f. 41/48 (43) Das sein die vier angltugent (weis-
hait, sterck, innhaltigkeit, gerechtikait), f. 49/52 (44) verschriben ain
gesiebt, das ain andachtiger an dem auffart abent gesehen hat. Schloss:
„Und wer die vorgeschriben ding ze bedencken bey seiner czeit wü,
so ist es da maist alles beschehn, und das nicht beschehen, das hebt
sich yeczund alles an'.
Aus dieser Inhaltsangabe erhellt, dass wir es in obigem Tractate
mit einem vollständigen Compendium über den Adel und die Bang-
stufen des FürstcLithums, insbesondere aber über das fürstliche Heer-
und Dienstgefolge, Verwaltungswesen, Tugend und Weisheit zu thuB
Kleine Beiträge zur mittelalterlichen Quellenkunde. 261
haben, wie er der Denkweise des ausgehenden Mittelalters entsprach
und die Variation eines geläufigen Themas genannt werden kann.
IIL Zeitungen von der Türkennoth aus demXY. Jahrh.
• Cod. lat. nr. 14668.
Dieser Sammelband (Eatal. IV, 1, 213—214) enthält zeitgenos-
sische Copien yon sog. .Zeittungen* oder .Hofmären', die sich auf
die Türkengefahr beziehen. Das meiste Interesse mit Bücksicht auf
die österreichischen Länder erregt f. 56^ — 58^, eine Au&eiohnung
über den Türkeneinfall in Kärnten v. J. 1478 (Hochsommer), da sie
dem ungleich ansf&hrlicheren Berichte des Zeitgenossen und Land-
sassen ünrest^) in seiner . Oesterreichischen Chronik' (S. 637 f.)
an die Seite tritt. Beide sind von einander ganz unabhängig und
ergänzen einander.
Die bezüglichen Hauptstellen dieser Märe ,Vonden Thurcken
etlich ergangen tat* lauten:
.Als man zalt nach Christi vnsers liehen herren gepurdt (1478)
an sandt Jacobstag >) sind dy Thurken chumen in Flizsch^ durch
eyn posen enngen weg und durch drei clausen, das man in nicht hat
moegn weren. Dy Thürken sind oben gewesen und haben stein herab
gelassen, das dy cristen haben muessen fliehen und . . weichen, da-
mit haben sy durchprechen. Item da sind sy chumen an die Eoka^),
da sind vil erzknappen und paum^) gewesen und haben mit einander
geschlagen und sind auf paiden taflen umbchomen auf IIII C (400)
man. Wern die pauren nit geflohn, so wer den der Türken mer
umbchumen • ^,
^) VgL über denselben meine akademische Abhandlimg »Die Ost Chronik
Jakob ünreet's«, Arch. f. M. Gesch. 48, 428—580 (1872) und die Studie »Jakob
UnreeVs Bmchstack einer deutschen Chronik von Ungarn* in MittheiL d. Inst,
f. Ost 6F. 1, 889—402, was insbesondere die Ab&sBungszeit dieser Chronik be-
trifil. Dass Unrest 1500 starb ist nunmehr durch das Urbarfragment (Gärinthia
1880) sichergestellt. ') Das Datum ist hier gewissmngenau. Unrest a. a. 0. hat:
An dem suntag nach sannd Jacobstag des ZwelfiFboten (26. Juli). *) Unrest S. 687 :
ainen fremden weg durch das Flitscli untz an das Predt und klaine Terues
(TarvlB) undt an die Koka. ^) Unrest 688. ^) Unrest: Do waren der pundt-
lewdt pey sechs hundert. «) Unrest spricht nur yon der fast gänzlichen Ver-
nichtung der »pundüewt«, die von den Türken »überschlichen« wurden : »und
wa den sechshundert kamen wenig dervon*.
262 Krones.
Sodann wird der weitere Türkenritt an die Gail, in's y^oos'^,
Beddendorf ^, Arnoldstein ^ und weiter nach Paternion ^o) und SpitaP^)
kurz berichtet und vom Auslassen des «sackman" (der Beutemacher) ^')
gen Mühlstadt ^>), nach Mallentein, an die Erems, gen Döbriach^^)
und MabpücheU^) gesprochen.
(f. 57^) «Damach ist chumen kuntschafft gen Lüencz an
sand Feterstag ad vincula^^) (1. August) umb zwaj nach mittentag,
wye di turcken seind für Luenz chumen, und ist ein solche aoflauf
und erschrecken gewesen, das man nit gar gewisst, was man thun
soll. Da ist Yor schrack dy Andre Leyenholtzerin in ainer stund
lebendig und tod gewesen und andere schwangere frawen mer, und
ain paur hat sich ze tod gelofPen. Darnach ist wäre kundschafit
chumen, das das nicht gewesen ist und sind wol sechs meyl Ton
Luentz gewesen '^.
Nun folgt f. 57^—58^ die Erzählung von der Türkengefahr
Yillachs : „ Auch habn sy gein Yillach geschickt eyn paurn mit eynem
pluetigen pfeil, ob yemandt drynnen sey, der dy kristen loesen well,
di wellen sy ze losen geben* *^. Nun wird erzäht, wie man die
Plünderung der Frauenkirche durch Lösegeld vermeiden wollte. Man
gab den Türken 25 ungarische Gulden, 1 Saumlast '.Beyfal" und
1 Wagen Brod, doch half dies Alles nichts. Denn die Unholde
brannten nichtsdestoweniger die Kirche aus und tödteten sowohl die
zu Losenden als auch die Kundschafter.
Wir erhalten somit durch die Hs. interessante Details ftir die
Türkenplage Oberkämtens im älteren Sinne, insbesondere för die
Gegend von Villach und Lienz, woher vielleicht der Bericht stammt,
da der verfrühte Schrecken dieses Ortes und seiner nächsten Um-
gebung so lebendig geschildert erscheint. Unrest's umfangreichere
Erzählung hat wieder im westlichen Draugebiete Kärntens ihren
Schwerpunkt.
2) f. 59 — 62. „Ein andere tat dy(!)cristen densig*. Am
sambsztag vor sand Kolomanstag (9. Okt.) sein chomen dy Türken
') Findet sich bei Unrest nicht. *) Ebensowenig. ") Unrast: Arlotstein;
die Hb. hat Ällstein. «>) Fehlt bei Unreet. Hb. hat »Patrian.« ><) Auch
bei Unreat. <>) Die gewöhnliche, auch Unrest geläufige Bezeichnung der leichten
Ranbschaaren, der »Renner und Brenner* der Türken. Vgl. das magyar-tfirkiflche
»zsakmäny* = die Beute. >') Auch bei Unrest S. 689. ^*) Diese drei Namen
fehlen bei Unrest. *^) Ebenso, dagegen verzeichnet Unrest S. 689 eine Menge
anderer Orte des westlichen Kärntens. <■) Unrest S. 640. <') Unrest S. 640
sagt bloss: Und chamen vorrer an die Geyl und chamen oben wider über die
Traa und zogen auf demselben landt ab uncz für Villach, da zogen sy aber
wider über die Traa«.
Kleine Beiträge zur mitielalterliclien Quellenkunde. 26S
yn ^, landt Sibenburgen« . . . Dise tat ist geschehen im neun und
sibenczigisten jare. Göt hat lob und ere*. (Vgl. ünrest's Bericht
8. 643). Hier findet sich der Türkeneinfall in Siebenbürgen und der Sieg
BathorjB und Paul Kinizsis am^ , Brodfelde* (Kenyennezö) über die
Osmanen erzahlt. Dieser Sieg wird von den ungarischen Quellen auf
den 13., Yon der Eronstädter Eircheninschrifb auf den 14. October
gesetzt ^®).
«
3) f. 79* — 84^ «Ein andere tat(!) und cristen den sieg*.
Brief des Bertold Mayer von der Freienstatt, landtsverweser der hawpt-
manschafft des fürstenthumbs Erain^^ an Georg pfalzgraf v. Bein
and herzog von ü. und 0. Baiem in Türkensachen über den Sieg in
Zagorien*. Es ist dies eine Copie des offenen Briefes, welchen der
genannte Landesverweser, wie der seltene Druck ^®) vom J. 1483 be-
sagt, , uff Eraspergh tzu Ziliy***) , geben* ward »am Sonabend nach
Allerheiligen Tage* (2. Nov. 1493). ünrest handelt von diesen
Ereignissen, der Wirthschaft der Türken in Eärnten und Erain und
ihrer Schlappe in Zagorien auf dem Heimzuge gen Bosnien S. 689 — 690.
Als Zeitpunkt des türkischen Einfalls nach Eärnten und s^war in's
Jaunthal bezeichnet er den 16. Oci 1483, jenes Sendschreiben
ald Zeitpunkt ihres Einbruches in*s Erainer Land die Woche vor
Simonis und Juda (28. Oci), also die Zeit vom 19. bis 25. October.
ünrest spricht von 3, der Brief von 5 Haupthaufen (in der Gesammt-
stärke von 8000 Beitern). Als siegreiche Eämpfer gegen die Türken
erscheinen hier die ^Hauptleuth* des ungarischen Eönigs: «4er von
Jer auss windischen Landen*, «der Dispot*, «der Graff im Sager* und
der Jachinger ; ünrest bezeichnet als solche den ,der » Dispot was Wann
(Banus) in windischen Lannden, Graff Werediu, auf teutsch genant
Graff Bernhart (Graf Steffens sun von Erobatten), Graff Kinschitz
auch Graff zu Erobaten, Marmolasch (Blasius Magyar = Magyar
Balazs), ,ein Erobat, genant Parusitz, Herr von Erobaten, genannt
*•) Schwandtner SS. rer. Ung. 1, 886 ; Wiener Jahrb. der Litt. 84, Anzbl. 26,
Hammer 1, 584, Zinkeiaen 2, 878. '*) Der Titel »landtsverweser der hawpt- ^
manscbafit des fürstenthumbs Erain* macht einige Schwierigkeiten, denn Landes-
hauptmann Erains war 1482 Wilh. v. Auersperg (Dimitz, Gesch. Erains 1, 828).
Andererseits bezeichnet ünrest S. 692 und 1hl zu den Jahren 1484 und 1488
den Perchtold Mayer als Landesverweser Kärntens. — Eertbeny's Ungarn be-
treffende deutsche Erstlingsdrucke 1454—1600 (Budapest 1880), führt S. 11 n. 88
den betreffenden Druck (6 S. und 2 leere) an und hat irrthümlich »Wager« statt
Mayer. <o) Kertbeny bezeichnet als Unicum das Exemplar im Pesther National-
mnsenm. ««) Was für ein Ort unter »Eraspergh t<zu Ziliy« (Zilli) gemeint sei,
i&t nicht recht erfindlich. Dürfte man etwa an Eraberg im benachbarten Gono-
bitzer Bezirke (Ortsgemeinde Lotsche) oder an Eraschenberg in Erain denken?
264 Erones.
Waldeckh' und' .ein Erobat genant Wolff* («der war lanng under
den Torkhen gowesen*).
4) f. 82 — 84. «Ein andere clegliche tat der turckeii
Wilhelm von Awersperg, hawptmann yn Chrain, schreibt einem
deutschen herm disen brief.* Michelsabend (28. SepL) MeÜing.
.D. Laibach an sannd Frandscentag (4. Oci) im (14) 91. jar. 6ot
erparms.'
Ünrest schildert diesen verheerenden Einfall S. 750 — 51 und
setzt als dessen Beginn .zehen tag vor sannd Micheistag* (19. Sepi)
an. Das Schreiben Auersperg's ist abgedruckt bei Valvasor, Ehre des
Herzogthums Crain, XY. Bach, S. 892, und Badics, Herbard VIIL
Ton Auersperg (1862) S. 38 f.
r
Die Belagerung von Kanizsa dui^cli die
christlichen Truppen im Jahre 1601.
Von
Albreeht Stanffer^).
, Wenn die Festung Kanizsa verloren gienge, könnten die Türken
mit ihren feindlichen Schaaren fast ohne Hindemiss nach Wien und
nach Graz rücken. Was aber daraus dem Erzherzog Ferdinand für
Schaden erwüchse, lässt sich kaum sagen. Möge Gott ein solches
Unglück von dem guten Fürsten fernhalten*. Diese Worte schrieb
der päpstliche Nuntius in Graz an den Herzog Maximilian von Baiern,
als die Türken im September des Jahres 1600 Kanizsa belagerten^.
Ein Kleriker aus Pressburg aber wies den Erzherzog mit dem
warnenden Wortspiel auf die Wichtigkeit des bedrohten Platzes hin:
sSerenissime princeps, yere vere dico: si amittimus Ganisam, amit-
timus camisam!*^)
Als dann die Hoffnungen, welche man auf den Entsatz der
Festung gesetzt hatte, sich als trügerisch erwiesen und Kanizsa den
Türken in die Hände fiel, empfand die gesammte Christenheit diesen
Verlust als ein grosses Unglück, während die osmanische Macht über
die werthvolle Errungenschaft frohlockte. Vier Tage lang dauerten
0 Die nachfolgenden Materialien zur Gfeschichte der Belagerung Kamzsas
durch die christlichen Trappen sammelte ich bei Gelegenheit der Vorstudien zu
meiner Abhandlung über »Hermann Christoph Grafen vonllusworm, kaiserlichen
Feldmarschall in den Türkenkämpfen unter Budolf 11.*, welche vor einiger Zeit er-
schienen ist (München, Ackermann, 1884). Wie zu jener Arbeit, so verdanke ich
aach zu dieser die Anregung dem Herrn Professor Dr. Felix Stieve, dem ich
hiefür, sowie ftir die während der Arbeit geleistete Unterstützung hiemit in ge-
bohrender Weise meinen wärmsten Dank ausspreche. *) Hieronymus von Portia
an Maximilian von Baiem, den 18. September 1600. Ma (Staatsarchiv in Mün-
chen) 408/7 f. 20 Gr. *) Hans Ambros von Thum erinnerte in seinem Schreiben
an den Hieronymus von Portia vom 21. Mai 1605, bei Gelegenheit des' gefiüir-
lichen Au&tandes in Ungarn an diese Worte. Mc (Reichsarchiy in München)
Fürstenaachen Bd. 89 £ 860 Gr. Anreden und Unterschriften ausgestrichen.
266 Stauffer.
in Eonstantinopel die Festlichkeiten zur Feier der Eroberung. Der
Sultan selbst ergab sich so eifrig der Festesfreude, dass er in Folge
des übermässigen Bennens, Fechtens und Eugelwerfens Blutspeien
bekam und in eine gefahrliche Krankheit verfiel ^). Der Gurierf
welcher die Nachricht von der Eroberung Eanizsas und das An-
erbieten Ibrahim Paschas, im nächsten Sommer nach Wien zu ziehen,
überbrachte, wurde mit reichen Geschenken zurückgesandt'). In Born
aber klagte der Papst «mit weinenden Augen* über den herben Ver-
lust, der die ganze Christenheit betroffen^). Demgemäss erlangte auch
der junge Erzherzog Ferdinand von Steiermark bedeutende Hilfe-
leistungen von auswärtigen Fürsten, als er einen Zug zur Wieder-
gewinnung Eanizsa's plante. Der Papst, Toskana und Spanien unter-
stützten die Unternehmung mit Truppen und Geld^). Mit den Con-
tingenten, zu welchen sich der Eaiser, die Erblande Ferdinands und
verschiedene Herren in Ungarn und Istrien verstanden, ergab die
Heeresliste*^) eine Gesammtstärke von 27,500 Mann, worunter vier
und ein halb tausend zu Boss.* Da übrigens die einzelnen Ab-
theilungen des Heeres nicht ganz in der versprochenen Starke er-
schienen und zudem die tausend Beiter des Heinrich Mathias von
Thum, die sich vielmehr in den Eämpfen vor Stuhlweissenburg her-
vorthaten, gänzlich ausblieben^), so wird das Belagerungsheer kaum
mehr denn 24,000 zu Fuss und zu Boss betragen haben ^. Wenn
<) Hartmann, 1601, 1, 128. Stieve, üeber die ältesten halbjfiliiigen Zei-
tungen oder Messrelationen etc. Abband], der baier. Akad. d. Wias., 16, 1
Nr. 120. «) Meurer 1601, 1, 51. Stieve Nr. 128: »Der Groastürk hat 4 Tag
lang groflse Fest und Triumpff gehalten und gedachten £ylcourier wieder mit
einem gantz güldenen Stück oder Bock sampt einem Regimentstab mit köst-
lichen Edelgesteinen besetzt an ermelten Ibrahim Bassa zurückgesand, weiln er
sich erbotteu, auff den FrüHng gar für Wien zu rücken, es wolte ihm dann der
gross Türk ein andere Impresa anbefehlen und gefallen laasen«. ') Hartmann
1601, 1, 78. Stieve Nr. 120. Vgl. auch Stieve, Briefe und Acten zum dreiadg-
jfthrigen Kriege 5, 650 ^ ^) Ueber die Verhandlungen, die wegen der Unter-
nehmung Ferdinands gepflogen wurden, vgl. Hurter, Eerdinand IL 4, 860 £und
Stieve, Briefe und Acten 5, 550 f. >) Dieselbe findet sieh bei OrteliuB, Chro-
nologia oder Historische Beschreibung aller KriegsempOrungen imd Belagerungen
in Oberungam etc. etc. Nürnberg 1616 p. 515 f. •) Vgl. unten Peter öwal,
6. September. Damals wurden sie noch erwartet, sp&ter spricht Casal nicht mehr
davon. Thum befand sich denn auch yor Stuhlweissenburg, wo er sich aus-
zeichnete (Tgl. ürtelius 1. c. 618). Nach Casal (9. November) waren jedoch die
Thumischen Reiter unter den Entsatztruppen, welche Rusworm von Weiasenburg
nach Kanizsa führte. ^) Nach Casals Bericht vom 81. August kamen statt
der versprochenen 10,000 Mann päpstlicher Truppen kaum mehr als 8000. Bei
dem Bericht (12. September) über den Anzug der florentinisohea Mannsofaaft'en
sagt Oasal: »Die anzal ist in disem regiment ebensowenig als in den andern
Die^ Belagerung yon Kanizsa durch die cbristl Truppen i. J. 1601. 267
auch zum grösseren Theile mit ausländischem Gelde geworben, be-
standen die Truppen gleichwohl in überwiegender Anzahl ans deutschen
Söldnern. So waren die von Spanien gestellten Mannschaften durch-
wegs aus Deutschen zusammengesetzt Anders aber yerhielt es sich
mit den Anf&hrern. Hier überwogen die Italiener bei weitem; die
deutschen Obersten, wie Herberstein und Trautmansdorf, hatten nur
Stellen dritten Banges inne.
Zwar war der Erzherzog Ferdinand Oberfeldherr, aber er war es
durchaus nur dem Namen nach. Er war un&hig, die einzelnen
Truppentheile flurch eine straffe Mannszucht zusamm^izuhalten und
die hochfahrenden italienischen Generale zu einem einheitUohen Wirken
ZQ vereinen. Ja, er versuchte es nicht einmal. Bei den Ereignissen,
welche während der Belagerung vorfielen, war er nie mehr als ein
Zuschauer. Als man am 28. October^) endlich einen Sturm gegen
die Festung unternahm, ritt er hinaus, um den Sturm zu sehen, nicht
rOlHg.* Bern gegenüber muss die Bemerkung (6. September) zurQcktreten, dass
das Heer wol nicht viel unter 87,000 Mann zählen werde, wenn die Erainer,
die Florentiner und andere Contingente, sowie die ThumiBchen Reiter gekommen
wären. Die Tbumisohen kamen nun aber nicht und die übrigen Abtheihmgen
jedenfells ebensowenig vollzählig wie die bereits eingetroffenen. Die Angaben
Hurters und Ilwois (Die Einfölle der Osmanen in die Steiermark, Mittheilungen
des bist. Vereins f&r Steiermark 16, 141), die 87,500 als Heeresstä^ke angeben,
sind danach zu berichtigen. Desgleichen Fessler-Klein, Geschichte Ungarns 4, 78
und Hammer, Gesch. der Osmanen 4, 816, die gar von 80,000 Mann sprechen,
Istbvänfi^ folgend.
*) Hurter 4, S78 bezeichnet den 18. October als den Tag des Sturmes.
Diese Nachricht stammt aus Khevenhüller (2S68). Dieser schöpft, wie ich im
Anhang meiner Abhandlung über den Feldmarschall Rusworm ausgeftlhrt habe
(Zur Kritik der Quellen IE S. 212 f.) aus Ortelius, der ebenfalls den 18. October
als den Tag des Sturmes bezeichnet. Es dürfte das aber wol auf einen Druck-
fehler zurückzuführen sein, denn die Relation von Jakob Frey (Sfcieve 1. c. Nr.
127, 15 f.), die Quelle des Ortelius für^diese Stelle hat den 28. October. Auch
Isthvinfly, De rebus Hungaricis 776 und die Relation Meurer 1602 1, 82 (Stieve
Nr. 180), deren Bericht über den Sturm wir unten geben, haben dieses Datum.
Allen Zweifel muss übrigens der Umstand heben, dass Manhart am 12. November
1601 an den Herzog von Baiem berichtet: »Von zeitung waiss ich meines thails
auf dismal mehrers nit, als dass der generalsturmb vor Kanizsa beschehen, aber
dannoch weren die unsem mit zimblichen schaden abgetrieben und die Türken
damit vil beherzt worden*. Man hat aber dennoch wegen des Entsatzes, den
Kuaworm bringen wird, die Hoffiiung nicht fahren lassen (Mc. Fürstensachen
Bd.. 88 f. 146 Or.). Die Nachricht vom 12. November kann sich, wenn sie ftlr
den Herzog eine Neuigkeit sein soll, nur auf einen gegen Ende October ab-
g'ebaltenen Sturm beziehen. Schliesslich bemerke ich, dass die Differenz zwischen
Ortelius und Frey sich nicht durch den alten und neuen Kalender wird erklären
lasaen, da beide stets dem verbesserten Kalender folgen.
268 Stauffer.
um ihn zu leiten oder durch sein Eingreifen die Kämpfer anzufeuern^).
Jene geistige Lebendigkeit und Schmiegsamkeit, die auch eine bisher
nicht besessene ^Eenntniss sich anzueignen sucht, die einer einmal
übernommenen grossen Aufgabe um jeden Preis gerecht zu werden
bestrebt ist, fehlte ihm vollständig. Dabei war ihm der Erfolg der
Unternehmung keines w^^ gleichgiltig. Ganz' im Gegentheile gab er
gern alles her, was die Sache fordern konnte, seine Bosse, die Lein-
wand der Zelte und sein Oeld'). So matt sein Geist war, so gütig
und wohlwollend war sein Herz. Es that ihm wehe, wenn die Soldaten
Hunger und Frost litten. Er empfand es bitter, wenn er sah, wie die
italienischen Söldner träge und nachlässig waren und nichts Besseres
zu thun wussten, als zu prahlen. Aber er trug es und that nichts
dagegen. «Was will einer mit diesen Leuten an£Emgen, als mit Ge-
duld alles zu übertragen.' Klingt aus diesen Worten des Geheim-
schreibers des Erzherzogs nicht die Stimmung seines Herrn au&
klarste wieder? 5)
Der Tadel für seine Haltung blieb Ferdinand nicht erspart Unter
den Soldaten liefen üble Beden über ihn um und di<B Feinde, die er
sich durch seine Bestaurationsmassregeln gemacht hatte, giengen so
weit, ihn in offenem Druck anzugreifen. Der baierische Agent Johann
Manhart meldete darüber folgendes dem Herzog Maximilian: «Das
Volk, welches vor Kanizsa gelegen, beklagt sich sehr und redet gar
verächtlich von derselben Belagerung, wie ich denn selbst ein PaaquUl
davon gesehen, in welchem J. F. D^ zu Graz der Kindheit beschuldigt
wird, dass sie unverständiger Leute, so mit dem Ejriegswesen nie
wären umgangen, der Jesu^ter und Weiber Bat gebraucht hatte *^).
Der Feldmarschall Busworm aber, welcher im November der Festung
Entsatz brachte, schrieb in seinem Berichte an den Erzherzog. Matthias
nicht ohne einen Anflug von Ironie : « Ihr D^ haben als ein löblicher
Fürst ihr Vertrauen auf ihre welschen Kriegsofficialen gestellt, sich
auch beflissen, alles das zu verordnen und zu vollziehen, was die-
selben begehrt und haben wollten und ist sich hoch zu verwundem,
dass Ihre D^ mit so grosser Geduld in einem so unversicherten und
^) Maurer 1602, 1, 82; Stieve Nr. 180. •) Hurter 4, 879 undRaswonns
Schreiben an den Erzherzog Matthias über den Abzug von Kasizsa bei J. Frey;
Stieve 1. c. Nr. 127 ; endlich Casal unten an verschiedenen Orten. — Die ganze
Haltung des jugendlichen Ferdinands vor Kanizsa bestätigt zugleich die Auf-
faeaung yon Ferdinands Charakter, die Felix Stieve in der »Allgemeineii Bio>
graphie« bietet. ') Casal, 2. November. *) J. Manhart an Maximilian von
Baiem, den 7. Januar 1602 Mc. Fttrstensachen Bd. 88 11 156 Or. — Aua dem
von Manhart angezogenem Pasquill wird auch die von Harter 4, 882 A. 1&4
beanstandete Stelle in Pfisters Geschichte der Deutschen 5, 884 stammeiu
Die Belagerung von Eanizsa dnrcli die christl. Trappen L J. 1601. 269
übel g^Uagenen Lager, wo ihre ^ Person in höchster Gefahr und an
der ^Spitze dem Feind ausgesetzt war, so lang bei dem vergeblichen
Au&ug ausdauern mögen *^).
Im OeftQile seiner eigenen ünkenntniss vertraute Ferdinand blind-
lings den italienischen Heerführern und liess sich noch bis zuletzt
durch deren leere Vorspieglungen über den Stand und die Aussichten
der Belagerung tauschen. Es entgieng ihm vollständig, dass die
Italiener durch ihre Lässigkeit, ihren Leichtsinn und ihre Pflicht-
Vergessenheit den Fortgang der Belagerung verhinderten und dem
Feinde geradezu in die Hände arbeiteten. Dass diese es in der That
waren, welche es den anderthalb tausend bis zwei tausend Türken in
Kanizsa ermöglichten, einem ganz unverhältnissmässig grösseren Heere
Trotz zu bieten, wird kaum bezweifelt werden können. Den Führern
wie den Soldaten der Italiener muss gleichmässig dieser Vorwurf ge-
macht werden. Die ersteren machten durch ihre Uneinigkeit und
Grosssprecherei den gänzlichen Mangel an Eriegsverständniss und
Belagerungskunst, den die Veranstaltungen verkünden, noch un-
erträglicher. Die letzteren erwiesen sich "als träge und lässig, als
feig und untreu'). Niemals während der ganzen Belagerung hört
man von einem Entlaufen deutscher Soldaten. Die Italiener dagegen
entliefen erst einzeln, dann einmal zu zwanzig und dreissig. Das
gieng so weit, dass einige Italiener sich bei dem in Kanizsa be-
fehligenden Pascha mit dem Erbieten einstellten, ihm bei 800 ihrer
Landaleute, die zu ihm überzugehen geneigt seien, zuzuführen; er
möge ihnen eine weisse Fahne zu diesem Zwecke übergeben. Nur
das Nein des Janitscharen-Agas verhütete das schimpfliche Schauspiel^).
') Rusworm an Matthias bei Frey, Stieve 1. c. Nr. 127. *) Manhart i
fahrt in dem bereits S. 269 A. 4 citirten Briefe also fort, den Inhalt des Pasquills i
anzugeben: »Der itaÜanischen nation wird tu gedacht, wie sie das werk mit
anbedacht sowol beschiessung der vestung als einer zu kurzen bruggen zum
stürmen, zagheit, entlaufung ires volks auch mit dem abzug und verlust geachatz,
leut, sylber und golt hatten angangen und ir Dt in unwiderbringlichen schaden
gefürt, land und leut in ge&hr gesezt und den Türken ain grosse^ herz gemacht.
Dabei boyü eingemischt wirdet wegen der Religion, dads sie solchen verlauf
ainer straf gottes zumessen, als wenn ir Dt unrecht betten, indeme sie die
ketzerischen leut verfolgt. Solche unverschempte reden seind bei yilen neidischen
leuten, welche fClmemblich der erwirdigen sodetet Jesu schimpflich gedenken,
vast gemain; Gott verzeih inen*. Ausserdem verweise ich auf Casal und Rus-
wormB Brief an Matthias. ') Zu Aussgang dess Monats Decembris (1601)
haben die Türken über 200 Wägen mit Proviant mit 600 Türken begleitet nach
Kanizsa geführt, welche aber von den üussam bekommen, der Türken viel
niedergehawen, bej denselben eine gute Beuth gefunden und unter andern ge-
fangnen ein Spachi eingebracht worden, welcher auf beschehen examinieren aus-
270 Stauffer.
»
Das Unternehmen war zu spät begonnen worden <), es fehlte bei
demselben jede verständige Leitung, nirgends war ein zielbewusstes
Vorgehen zu spüren. Der Oberfeldherr unfähig, die anderen Führer
uneinig, untüchtig und lässig, die Truppen zum grossen Theile ohne
Eifer und Treue. Nirgends Erafb, Hingebung und Begeisterung.
Dazu ein Herbst, der schon früh Regen und Frost bi*achte, endlich
zeitweise Mangel an Proviant. Wie hätte das Unternehmen da einen
glücklichen Erfolg haben können. Wenige Tage nach dem Beginne
der Belagerung, am 15. September, konnte ein nüchterner und scharfer
Beobachter der Verhältnisse bereits den üblen A.usgang voraussagen').
Die Betrachtung dieser Umstände erst macht es begreiflich,
warum die kleine Besatzung in Kanizsa so lange den bedeutenden
Streitkräften der Christen widerstehen konnte. Wäre man nur einiger-
massen thatkräfüg und einheitUch vorgegangen, so hätte der Erfolg
für die Christen wahrlich nicht ausbleiben können. Denn die Lage
der Belagerten war bei aller Trefflichkeit des türkischen Befehlshaber«
keineswegs sehr ermuthigend, Ihre, Hoffnung auf Entsatz wurde von
Woche zu Woche getäuscht und je länger je mehr machte sich ein
drückender Mangel an Lebensmitteln geltend. Auch hatte die Festung
unter den Schüssen der Belagernden doch nicht unerheblich gelitten').
Schon Ende October verlangte man darum dringend nach Entsatz
truppen und man schrieb an den Vezier, dass man die Festung über
gesagt^ dass der unsem Stücken, als sie Kanizsa beschossen, durch und durch
die Vestung gangen seyen, und grossen scbadeu haben, sejen auch der Türken
darinnen in allen 400 todt geblieben mit weiterm vermeldeiif dass sie allbereit
an Proviand solchen grossen Mangel gehabt, duss sie Rossfleisch essen müssen,
an. Pulver haber (!) sie wol noch was im 7orrath gehabt, welches sie aber aoff
einen Sturm gespart. Zeigte auch an, dass erbtlich zween Welsche, zum ander
mahl 4 und zum dritten mahl 20 Soldaten in die Vestung kommen (vgl. darüber
auch Casal) und also alles, was in unserm Läger förgangen, dem Bassa an-
gezeiget; der meiste Theil seyen von unserm Läger, da ihre f. Dt losirt gewesen
und die andern auf der einen seiten hinein kommen, welches den Türken
darinnen jederzeit ein gutes hertz gemacht. Dessgleichen weren etliche Welschen
hineinkommen, welche von dem Bassa ein weissen Fahnen begert, mit dem Er-
bieten, dass ihrer in 800, die alle mit einander hienein und ihnen zuiaUen
wolten. Darein aber der Janitschar Aga nicht bewilligen noch ihnen getrawen
wollen.« J. ihcej 1602, 1, Stieve L c. Nr. 127 und bei Ürtelius p. 681 L c, der
Frey für 1601 als Quelle benutzt. YgL in meiner Abhandlung über Buswona^
Anhang: Zur Kritik der Quellen II: Die halbjährigen und Einzelzeitungen sIb
Quelle zeitgenössischer Chronisten (p. 211 f.).
*) Vgl. Oaaal und Rudolphi Boterei in magno Franciae ooncilio advocati:
CJomentariorum de rebus toto pene orbe gestis 1610 üb. VIEL p. 299 »serioa
quam par est »Canisa cingitor« etc. *) Es ist Hans Ambros TOn Thura, dessen
merkwürdiges Schreiben wir unten geben. ') Vgl. Anm. 8 S. 34>9.
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 271
neun Tage nicht mehr werde halten können i). Daaa es nun aber trotzdem
nicht zur üebergabe kam, lag einestheils an den geschilderten Miss*
siSnden im christlichen Lager, zumal an der Haltung der Italiener;
andemtheils aber Terhinderte die Anwesenheit einer verzweifelten
Schaar Ton christlichen Renegaten in Eanizsa die Üebergabe der
Festung und machte den Türken jedesmal von neuem ^ einen freudigen
Math und Herz.* Es waren das jene meineidigen Wallonen, welche
bei dem entsetzlichen Kampfe vor Papa im vergangenen Jahre durch-
gebrochen und also dem grauenvollen Schicksale ihrer gefangenen Ge-
nossen entronnen waren. Jetzt vergass der Sultan nicht, ihnen die
schimpfliche Zähigkeit und Standhaftigkeit, welche sie bei der Be-
lagerung Kanizsas bewiesen hatten, mit klingender Mfinze zu bezahlen >).
üeber den Verlauf dieser verhänguissvolleu und naoh manchen
Bichtungen hin bemerkeuswerthen Belagerung, welche in der Kette
der Ereignisse des Türkenkrieges auch deshalb ein bedeutungdvollea
Glied bildet, weil durch dieses Unternehmen der Hass zwischen den
Italienerh und Deutschen im Heere und am Hofe gesteigert wurde^
waren wir bisher durchaus ungenügend unterrichtet^). Man war fsk»t
ausschliesslich auf die gedruckten Nachrichten angewiesen, die über-
dies weder von Hurter noch auch von Hammer und Ilwof vollständig
au^ebeutet wurden. Die nachfolgenden Briefe Peter Casals, des Qe-
heimschreibers des Erzherzogs, werden dagegen in Verbindung mit
dem übrigen archivalischen und gedruckt vorliegenden Stoffe, der hier
>) In ei Der Zeitung ans Prag vom 8. November 1601 heisst es : Ein Schreiben
wurde einem ge&ngenen Türken «abgenommen, darin uegehrt Kanizsa Hilfe.
Wenn sie in 9 Tagen nicht erfolgt, wird man die Belagerung aufheben müssen.
Der Teffterdar hat ein ähnliches Schreiben bekommen und es im Lager publiciit,
aber die Soldaten wollen nichts davon wissen. Türkische Zeitungen : k. Ereis-
arebiv in München. ') »Der Baasa sampt seinen Türken hetten zum dritten
mahl die Veetung anffgeben wollen, welches aber die Wallohnen darinnen jedt^r-
zeit verhindert und den Türken wieder ein Hertz eingesprochen. Derowegen der
Türkische kayaer, dem ungefer 800 gewesen, durch den Bassa daselbst jedem
100 Soldanimi verehren lassen, auch ihrem Obersten versprochen, ihne zu einem
Bassa zu machen*. Fortsetzung der Anm. S S. 269 citirten Stelle aus Frey. — Ueber
die meineidigen Franzosen und Wallonen, die durch ihr Beispiel so verderblich
wirkten, vgl. Barthold, Hermann Christopher von Rosswurm, (Räumers bist.
Taschenbuch 9. Jahrg. 1888) 76 f); femer Fessler-Klein 4, 46 f ; Beispiele der
furchtbaren Martern, welche die gefangenen Empörer zu erdulden hatten, bei
Orteliufl 1. c. 476 fiF. ■) Vgl. Anm. 2 S. 269. Weitere Belege in meiner
Abhandlung Über Rusworm (88 f.). Vgl. auch Botereus 1. c. 800: »Germani
rem infectam. Italia tribuunt, illi ad Germanos regerunt. Galli tarn immunes
sunt ab iUo probro Canisae obsidionis derelictae quam Albae regalis gloriosa
recnpeiatione decorantur.*
272 Stauffer.
gesammelt und gewürdigt wurde, ein hinreichend deutliches Bild zu
geben im Stande sein.
Die Schreiben Peter Casals sind an den Grazer Hof und zwar
entweder an die Gemahlin oder Mutter Ferdinands gerichtet; an welche
von beiden lässt sich nicht entscheiden, da immer nur im Allgemeinen
9 Erzherzogin'' als Anrede gewählt ist^). Diese Briefe nun wurden
dem Herzog von Baiern in Abschriften mitgetheilt, die gegenwärtig
das münchener Staatsarchiv bewahrt und welche die Vorlage dieser
Veröffentlichung bilden *). Leider ist aber in dieser Vorlage eine
bedeutende Lücke vorhanden, da nämlich fiir den Monat October nur
ein einziger Brief mehr erhalten ist Um jedoch dadurch den Zusammen-
hang nicht zu empfindlich zu stören, wurde ein bisher unbenutzter
Bericht über das Hauptereigniss des Monats aus einer der halbjährigen
Zeitungen an der betreffenden Stelle eingeschoben.
Hier möge noch gestattet sein, mit einigen Worten auf die Art
und Weise der Briefe Casals hinzuweisen. Die von Tag zu Tag fort-
schreitenden Berichte zeigen uns einen Beobachter, der zwar gewiss
keinen militärischen Blick besass, aber die Ereignisse meist einfach
und wahrheitsgetreu berichtete. Sie geben ziemlich genau den Ge-
sichtskreis wieder, den sein Herr umfasste. Von dem Stand der
Belagerung und den Aussichten derselben hatte er so wenig wie jener
eine klare Vorstellung und die Grundfehler der Veranstaltung blieben
ihm ebenfalls verborgen. Ebenso wie sein Herr zeigt er sich ziem-
lich abhängig von der eitlen Prahlerei und Grosssprecherei der
italienischen Führer. Dies schliesst nun freilich nicht aus, dass bei
ihm zuweilen ein Gefühl von der Be4enklichkeit der Lage durch-
bricht; ja manchmal kann man sich des Gedankens nicht erwehren,
als schreibe er nur so fröhliche Zeitung, weil sein Herr es wünscht
lieber die Langsamkeit der Belagerung, über die Lässigkeit des christ-
lichen Heeres gegenüber der Besatzung der Festung, entschlüpfen
ihm Klagen. Und wenn er es auch nicht wagt, die italienischen
Heerführer direct zu tadeln, so beklagt er doch die Trägheit, Lässig-
keit und Untreue der italienischen Söldner. Aber bei alledem ist er
doch so befemgen, dsss er noch bis zuletzt, trotz aller ungünstigen
Verhältnisse an der Hoffiiung durchaus festhält, man werde Kanizsa
noch erobern.
Je weniger aber Casal ein scharfer Beobachter im militärischen
Sinne ist,- desto mehr ist er ein sachgemässer Berichterstatter der
äusseren Vorgänge im christlichen Heerlager. Das Aussenbild der
*) Danach ist Stieve: Briefe und Acten 5, 567* zu berichtigen. *) Ma AOZfl»
Die Belagerung von Kanizsä dur6h die chrisü. Truppen i. J. 1601. 273
Vorgänge zeiclmet er zudem nidit selten ganz anschaulich und manchen
seiner Schilderungen wird man ein culturgeschichÜiches Interesse nicht
absprechen können. Angenehm berührt zugleich die warme, mensch-
liche Empfindung, die er öfters bekundet; so, wenn er seinem Be-
dauern Ausdruck verleiht, dass ein so grosser Friedhof vor Eanizsa
gemacht werde ^). Man f&hlt das Aufwallen seines Herzens, wenn er
erzahlt, dass die «Madruzzischen Knechte* so gar nichts Ton ihrer
Besoldung bekamen. Wenn dann einmal der Jammer der armen
Soldaten, die unter Frost und Hunger leiden, gar zu gross wird und
er selbst nicht viel zu hoffen wagt, so setzt er sein ganzes Vertrauen
auf Gott
So fähren uns seine Berichte als treue und ansprechende Be->
gleiter bis zn den letzten Tagen der Belagerung, zum 9. November.
Hier verlassen sie uns. Sie über dieses Datum hinaus zu ergänzen,
unterlasse ich hier, da ich den vorhandenen Stoff bereits an anderer
Stelle verarbeitet habe*).
Durchleichtigste Erzherzog^, Oenedigste Fraw ! Dise nacht haben
wfir schon was krumpes und einen plündten lärmen gehabt, welicher
dan daher ervolgt: nachdem der Orpheo^) mit dem geschüz nach dem
Wasser herabgefahren und gleich gegen Neuhof^) über, ain viertl meil
wegs darvon gelegen zugelendet (darum wür aber nichts gewust) hat
sich zuegetragen, das die seinigen was wenigs die trumel gerühret
und etliche schuz gethon; da vermeinten nun die unserigen in dessen
anherung, es wehre dess feindts uberfallung; ir viel machten sich auf
und indem man lärmen geblassen, rüstet sich vast ein yeder in
unserm leger und die hoffannen war in der Ordnung und weliches
noch erger gewest, hetten die fuerleith vasst allenthalben eingespant
und renneten mit den hoerwägen an underschiedliche orth auss, wie
dan etliche in ainer lacken vil stundt der nacht steckend verbliben
') Hurter 4, 878 will der Angabe Kheyenhüllers, dass schon gegren Ende
September gegen 500 Mann durch Frost und Hunger umgekommen, nicht trauen»
Der Bericht CasalB yom 28. September wird hinreichender Beweis sein, dass
Kheyenhüllers Gewährsmann das Elend nicht im mindesten übertrieben hat.
Wenn in dem Madruzzi'schen Regiment, das an&ngs sicher Über 5000 Mann
zählte, nur mehr gegen 8000 gesunde Soldaten waren, so eröj&iet das einen er-
schreckenden Einblick in die jammervolle Lage der Mannschaften nach Ausbruch
der nassen und kalten Jahreszeit. ') Vgl. meine Abhandlung Über Bus-
worm 88 f.
*) »Orpheus Gallion, oberster Zengwarth*, wie die üeeresüste Ortelius
L c. p. 516 angibt. ^) Jenseits der Mur Tumiche gegenüber, das damals auf
der Murinsel lag.
Mitttieaniifeii VIL Ib
274 Stauffer.
sein sollen; und dessen war die ursach, das man innen fuehrleithen
den abent zuvor bevolchen bette, in sobcber beraitscbaft zu sein,
damit sy zum ersten trometenzaicben yortzieben mögen; und weil
man nun lärmen geplasen, dess sy aber zum tbail nicbt yerstanden,
ist dise Unordnung begangen und mein g.^) herr unnotberweiss sambt
den seinigen aufgeweckt und in den barniscb gejagt worden und ist
nocb das beste, das es obne scbad^i abgangen.
Frue sein wür im regen aufgewest und in schönen wetter hier-
ber ankommen.
ünderwegs kbam meinem g. berm fein ordenlicb nacbeinander
entgegen, erstlicb der berr obriste von Eerberstein, nacbmals der berr
Hans Eridericb von Trautmanstorf sambt dem personlicben zuezug
der pferdt; über ein kleines erscbien.der Carl Formentin, Yolgendts
berr Don Giovanni de Medici und der berzog von Mantua, letztlicb
der graf von Serin sambt etlicb wenig zu ross, die belaiteten meinen
g. berm biss zu dem flecken; wür sassen aber nicbt ab, sondern
weil der oberste von Herberstein sein untergebne reitterey der acbt
steyeriscben fiEinnen und windiscben busaren aubb seben und Ibr D^
empfacben lassen wolte, ritten wir aufs feldt weitter binauss; da
erscbine dise reuterey in 3 squadroni abgetbailt auss ainem wald
berftlr gar lustig und rennete ain compagnia nacb der andern wol-
geputzt vor Ibr D^, welicbes dan ein wackere sacb zu seben gewest.
Ain knab, so im besten rennen under die pferdt kumben, die ine
aucb nidergerendt und gleicbsamb über inne gefallen, ist auss sondern
glick allerdings ungescbediget davon komen. Nacbmals baben sieh
ermelte pferdt widerumb in die Ordnung geriebt und ordentlicb nach-
einander lossgeprennt: also das Ibr D^ gar spatt zum essen gangen
und solcbes fruemal baben sy im scbloessl albie eingenomben, darzue
dan mein g. berr den berzog und Don Giovanni geladen und nun-
mebr sein^ general obriste stell eingenomben. /
Meines g. berrn beatige ankonflt bat albie im leger menigUch
verwundert und unglaublicb fnrkomen woellen, dan sy vermainen
Ibr D^ sollen vor dess ganzen volcks ankonfb ins veldt nicbt erscheinen;
sy haben aber ir guette begür durch disse eyl erzaigen und den andern
zur befürderung ein guetes exempel geben wellen. Nacb dem fruemal
und etlichen volbrachten conversationen sein Ibr D^ ins leger komben,
nngeacht die zeit nit alle aufgericht waren, darmit dan ain grosse
zeit zuegebracbi Mein g. berr erzberzog Max*) bat in seinem zeit
am hineinziehen ain wachtl mit den bendten gefangen und sich darob
') Gnedigster. ») Maximilian Ernst, Bruder dos Ferdinand.
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Trappen i. J. 1601. 275
hoch er&eyet; bin guetter hoffnung, es werde ein guets glick be-
deutten.
Zue unserer ankonft hat der herr graff von Serin ^) drei gefangene
Türken, so man gar neulich bekommen zum examinieren f&rstellen
lassen, die sagen yast alles dasjenige auch aus, so E. f. D^ ich an-
gestem geschriben; mein g. herr will E. f. D^ ire aussagen uber-
schicken; sonst gefeit Ihr D^ das yeldtleben gar woU und sagen, es
sey undter den gezelten lustiger als in den heusem, solt aber ain
guotter Begen komben, wurden wür yilleicht änderst davon halten.
Datum im feldtleger bey Dornische, den 29. tag augusti A^. 1601 etc.
30. August. ,Heut frue nach der Mess ist herr Don Giovanni
zu meinem herm komben Ihrer D^ bevelch zu erwarten und zu ver-
nemben. Aber ehe man Ir D^ hinein beleitet, haben sy mit mir
allerlay geredet und undter anderm gemeldet, es sei troefiflich guett
gewesen, das unser Steyrisch yolck in das feldlager so yasst geeylet,
danne wanne man dise ankonfft nur umb 3 oder 4 tage yerlengert,
betten wür die yerwiestung diser firuchtbaren inssl und darüber einen
mercklichen schaden zu erwarten gehabt; seytemal die Tfirggen in
die fünfzehen hundert zue ross und 500 zu fuess beysamben gewest
und herenwerts fallen und alles yerhergen woellen, auf yermerkung
aber unsers volcks haben sy sich weitter gar nit wagen wellen.
Meine g. herm haben abermallen zum heutigen fruemal den
herzog von Mantua und Don Oioyanni zue gast gehabt. Nachmittag
seindt sy hinauss geritten und gesehen, wie das herm Herberstein
undergebene fuessyolck ankomben, weliches dann gleichfiEdls wie
gestern mit sshöner Ordnung beschehen und wie sie nunmehr ir
quartier neben unserm, leger eingenomben, also würdet auch mein
g. herr alle nacht durch ain sonderbares fendl knecht yerwacht
Mein g. herr hat etliche zue besichtigung des wegs gehen TTanizHa
ausgeschicket, damit man sehen möge wo man unser pmggen am
besten hinyber schlagen und wie das geschuz gelegensamb eingebracht
werden koendte. Dann herr Orpheo noch gestern zu unss komen.
Ich bin disen abent mit dem pater Scherer') hinauss zue der schif-
pruggen, wo das Tyrolisch oder yilmehr spaenisch yolck ligen thut,
geriten, alda haben mier schür mehr weiber alss maenner gesehen und
gedoncket mich khain so aussbindiges yolck zu sein, wie man hievor
<) Ans dem bekannten Geschlecht der Zriny; sie besassen ak Gapitfine der
Morinflel eine selbetfindige militäriBche Stellang. Vgl. Zwiedineck-Sfldenhoist,
Ruprecht von Eggenberg. XXVL Heft der Mittheilungen des hisi Vereines für
Steiermark p. 105 A. 48. ") Der bekannte Jeauitenprediger in Wien. Vgl.
Stievc, Briefe und Acten Bd. V. 5 80*.
18-
276 Stanffer.
darvon gesagt; sy betten woU heut zu unss stossen sollen, aber herr
von Madruzzi ist komen und etlicbe ursacben yermelt, das es biiss
auf morgen eingesteli '
31. August, umb 10. ubr yormittag. Aus meinem vorigen Brief
yemebmen £. D^ dass nur die verspätete Ankunft des fremden
Kriegsyolks den Marscb verzögert; yor Montag werden wir nicht
aufbrechen. Nacbricbt kam, dass Abdobrandini übel auf ist und er
morgen deshalb nur sein Volk senden wird.
,Der herr Madruzzi hat vermeldet, wie die vorgestrige nacht, da
wür unsern unnottwendigeu Urmen gehabt, bei ihnen im leger wol
ain rechter gewest, dann ein weissgeklaidter Türk zue ross bis an
die wacht komben und sy auf ine geschossen, darauf er entritten.'
Yor zwei Stunden ist I. D^ mit den vornehmsten Herrn zur
Schiffbrücke geritten, um das spanische Eriegsvolk herüberziehen zu
sehen, was eben jetzt unter Schiessen vor sich geht I. D^ haben
ihnen gestern zur Labung Brot imd Wein zum besten gegeben.
,In meinem gestrigen schreiben hab ich zu melden vergessen,
das herr pater Scherer, alss wür anhaimbs geritten, von einem zu
besuechung aines krancken aufgehalten und^ erbeten worden und wie
er nun volgundts zween langwürige lütteraner bekert und in irer
kranckheit beicht gehert Gott verleihe, das dises oft beschehe.*
' 31. August «spatt*. ,Der fürzug des päpstlichen volckes hat in
die vür stundt gewehret und jederzeit irer neun sein in ainem glidt
gangen; der fendl sein wol fünfzig, aber alle mit 200 knecht bei-
weiten nit ersezt, wie ihr dan wol in die tausent kranker dahinden
blieben sein sollen, ausser der gestorbenen und entloffnen; sonst ist
ihr au&ug und geschaffenheit zimblichermasen zue passirn allain das
under den vier thailen.wol die drei jung unpartete leuth sein."
Die Abgesandten wegen der Auskundschafbung des Weges nach
Eanizsa sind mit 2 verschiedenen Meinungen wiedergekommen: .dann
etliche wellen, man soll die prucken zum hiniberziehen auf ein theil
wegs gegen Eanizsa schlagen, die andern aber woltens des bessern
wegs hflJber nur ein halbe meil von hinen haben', «also schicken
L D^ morgen in aller frue zue dem ende und gar E^anizsa zu berenen
den colonel Orpheo, den obristen von Herberstein, den Oaeller^) und
andere, die werden einen zimblichen umbschwaif brauchen und dise
besechung mechte unss in disem leger desto lenger aufhalten.
Mit dem spaenischen volck mechte es noch einmal übel g^en,
bissher haben si nur ain monatsoldt empfangen und weil si in grosser
>) Oberst Gall.
Die Belagenmg von Kanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 277
not stecken und aller zerlumpter guete thails ankörnen, schicket der
herr von Madruzzi zwen haubtleith morgen firue nach der post gehen
Mailand die richtige bezallung embssig zu solicidiern. '
1. September, Feldlager , Turnische*. . . «Sovil nun die üngem
und gehuldigte pauern anlangt, dabey ich wol auch der meinung, sy
sein der türkischen nachtparschaft wegen sehr verdaechtig und ist ihnen
nit zum besten zue thrauen ; aber weü man ihrer bedarf und nicht ent-
rathen kan, muess man innen guete wort geben, sonst erzaigen sy
sich ob unserer ankonft nit so freudenreich, wie sy gegen denen
ihnen sollen, die zue errettung ihres yaterlandts erscheinen.
Wann die florentinischen* komen waiss man nit gewiss, aber ich
hoff, sy werden über 4 tage nit aussbleiben; sonst schaeze ich unss
aufs wenigste zwainzig tausent nunmehr gewiss im veldt und unser
leger ist wol so anssgepraitt, dass ainer ein starcke meil wegs herumb
zu reitten hette.
Ainer von Spanien so mit dem madrutschischen regiment komben,
hat mier disen morgen erzellet, wie der Türk auf ihr volk, da es
noch enthalb des wassers dise tage gelegen, laum lassen, und ain
anzal Türken zue ross hetten von ainer hoech zugesechen, wie es
fein in der Ordnung f&rgezogen und nachdemselben sy, die Türken,
zugefahm und gegen Semini und der orthen die gehuldigten paum
sehr übel tractiert und sonderlichen soll der richter oder suppan zu
-Semini hergenomben und geviertelt worden sein; welliches darumben
geschehen sey, das sy, die gehuldigten, den Türken nit kundschafl
geben, das sovil Yolck der unserigen ankomen waere und hat die
entschuldigung, das sy sich der infection halber Zeitungen auf Eanizsa
zn bringen geftircht, gar nit statt gefunden.
Gegen den abent sein die windischen hussaren und graenizer
ankomben; und gleich daraufhaben meine g. herren das ganze leger
umbritten, da ist es ohn ein starckes schuessen nit gangen; ich wolte
das sy das pulver auf den feindt spareten.
Der herzog von Mantua hat den herrn Aldobrandini zue Waras-
din, allda er ligen thuet durch den margrafen von Malaspina be-
saechen lassen, der hat unter anderm von ime sovil im verthrauen
erfahren, das ime L paepstliche Hit geschriben und bevolchen haben
solle, wofehr er spüre das die canischerische impresa iren glicklichen
fortgang nit erraichen wurde, das er nit weiter fortziehe. Im anderm,
das angefangen zu practicieren, damit ime ainer Eanizsa gegen erlegung
ainmal hundert tausent taller übergeben wolte. Wann wür unss nun
mit dergleichen bagatelle aufhalten lassen und Eanizsa solicher gestalt
i
278 stauffer.
«
za erobern vermainen wellen, werden wür die zeit bey disem schoenen
Wetter yerlyren und wenig ehr und nuz eriagen.'
Die Leute, die den Weg nach Eanizsa besichtigt, kommen zurück
und sagen, der. Weg auf diesem Land sei sehr b5s und man werde
auf der andern Seite reisen müssen.
4. September, .im yeldleger beiLetina.* «Hiemit will ich kürz-
lich beschreiben, wass sich mit uns am gestrigen tag ungefaehr zue-
getragen und ist wunderlich genug zugangen. In aller frue hat das
teutsche fiiessYolck den aufbruch Ton Tomische gemacht, denen die
reütter, Italianer und in summa das ganze leger gevolgt; anGängs
betten wür durch lautter velder einen zimblichen guetten weg, dessen
gleichwol die armen underthonen, umb das wür gar oft durch iren
schoenen hiersch^) und haiden^ reitten müessen, ainen schlechten
nuz gehabt; yolundts aber betten wür einen lauttem waldt biss in
diss leger, so gar an dem wasser ligt; und schaidet unss nunmehr
von dess feindts landt allain die Mur und in zwaien stundten koendte
ainer gehen Kanizsa reutten. Der weg ist durch den wald sehr bess
gewest, darauss dann nachvolgunde beschwerliche inconyenienzen ent-
standen; die knecht haben etlich mal durchs wasser und tiefFe sumpfige
lacken über knie waten müessen. üeberdiss seindt die hoerwa^en
o£Etermals steckendt bliben und haben unss reitende in den engen
paessen merklich yerhindert; man hat zwar für die munition ainen
andern weeg zurichten lassen, aber die hoerwaegen betten uns nach-
yolgen sollen« Bey disem leger fanden wür auch über ain tiefPen
arm dess wassers ain sehr bese prucken, die war nit guet dariber
ohne gefahr zu reutten, geschweigendt waegen dariber zu bringen;
dise prucken musste man etlich mal flicken, dann es fielen leith and
ross doch ohne schaden hinundter und diss verursachte auch einen
mercklichen schaden der (!) Verhinderung.
Wür emdchten das leger gar zeitlich, ungeacht wür auch dasselb
i^b ein staroke halbe meil weiter richteten, alss vormals beschlossen
gewest, dahero dann eben die maisten Unordnungen entstanden und
verhoffte unserer fuehren ankonflt, zumal dess herm von Herber-
stein zuvorderist aber dess herzog von Mantua waegen, so mit
stareken eseln und rossen angespannet, beraiih gekommen waren;
aber es wolte halt nichts ankomben, da liehe der . obnste seine
zelte her.
Die Madrutschischen knecht sein fein hurtig ankomen und in
solichem iren durohzug hab ich woU in die 30 weiber nur mit jung
^) Hine. >) Buchweizen.
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 279
gebomen klainen kindern, die sy oberhalb der kraecbsen^) tragen,
gesellet, wie dann am negsten %ine auss inen gleich danullen alss
mein g. herr iren ersten durchzug. bej Tomische über die prucken
gesehen, ordenlich niderkommen ; . es tregt maniche soyü plunder und
kiichelgeschür auf dem puckl, das sy ainem zue erbarmen bewoegen.
Aber die italianischen knecht sein dahinden und an dem orth
verbliben, wo sonst das leger erstmals destiniert gewoesen. Es waere
aber ftbr das ganze hoer ungelegen und gar eng gewoesi Gegen den
abent haben allberaith ange&ngen, die pruckschiff herabzukommen,
damit man die prucken unyerzogenlich zuristei^ kann.' ^
5. September, Feldlager bei Letina. «Erst heutt erfuhren wür,
dass unsere hoerwaegen meistenthails auf Lutoerin gefahren und über
nacht daselbst yerbliben und obgleich wol soliches orth nur ein halbe
meil von hinnen ligen thuet, so hat man doch des umbwegs halber
etliche stuujdt dar^n zu fahm.
Underdess kam ein khundschaffter, welicher erst gestern yon
Eanizsa weg gangen, der sagte, die Türken und sonderlich zue ross
weren auss Kanis^a umb profant und der mangl sey so gross, das er
ain ross zue der menschenspeiss hernemben sehen; aber es stehe
gleich daran, das man inen mit profant beyspringen solle, und es
sein über 700 personen der zeit darinnen nicht Yorhanden; diss
weren wol guete Sachen, wann nur der halbe thail zu glauben.
Mit machung der prucken hat man nit gefeurt, inmassen dan
dieselbe ungefaehr umb 3 uhr nachmittag fertig worden; die fürst-
lichen personen seindt yolgundts hinüber, aufs flOidere landt geritten
und haben ain wacht und yerhietung yon 800 italienischen knecht
dahingesetzL Wass besser gegenden abent ist der Eheglonitsch (!)
sambt seinen 100 husaem und andern 500 teitschen reuttem hinüber
und biss auf Eanizsa zu straiffen gezogen, damit würdet die be-
legerong algemach angefangen und yon dem feindt noch gar nichts
widerwertigs geheri*
6. September, bei Letina. Heute wird das meiste Volk über die
Brücke ziehen und wir folgen morgen nach.
6. September, bei Letina. . „ Der graf yon Serin beklagt sich hoch,
wie in und die seinigen die Wallonen sehr danneggiert nnd entblest,
darumben er dann so starck zu unss ins' yeldt nicht werde rucken
mügen, wie er* wol wünschte, sonst will er unss nachziehen, wann
wür schon über die prucken sein werden und soyil ich gespürt, ist
er an seinen füssen gar pawfellig; man hat ine beschuldigen wellen,
^) Tragkorb.
280 Stauffer.
er bete disen besen weg hierherwerts yerorsacht, dann er eÜiche
seiner derfer auf der andern selten verschonen wellen. Aber thaet
darüber seine starke entscbültigong. Der Orpheo mit Don Giovanni
ist zu im übers wasser; sie sind wieder, da und finden guten weg
hinzuziehen, aber sie haben nicht weiter wollen.' . . .
.Der herr Aldobrandini will sich neben veraenderung dessluSts
zu dem feldÜeger nahnen und ebenyezo haben wür den herm grafen
von Serin geschriben, er welle im sein guet Goritschaen auf etliche
tag darleichen.
Täglich sollen die Erainer und die zway tausent Florentiner
kumben, also erwarten wür auch die benachparten spanschaften und
dess bans von Windischland ; komben nun die aintausent Thumischen*)
pferd auch, so werden wür under 27,000 mann zu ross und fuess nicht
yil sein, wiewol die langsambe procedierung und ungelegenhait irer
nit wßnig von tag zue tag hinweck nemben thuet und ich trag sorg
wür mochten mit diser yerweillung vill guete gelegenheit verab-
säumen.*
7. September. .Im feldleger bey und gegen Weytschae.* Don
Giovanni und Orpheo, welche die Wege ausgekundschaftet haben,
kommen um Frühmahls Zeit mit der Nachricht, dass gute Wege da
seien.
.Also erraichten auch die andern vorher abgefertigten Eheglo-
nitschen und andere pferdt umb vesperzeit unser leger am zurück-
ziehen; die brachten auch khain zungen, ja sy, die hussaem, hoben
gar eine gespraech mit denen vor der vestung gehalten und die auf-
gebung begert. Sy bekamen aber zur antwordt, wür sollen nur
komben, sy erwertten unser mit friden und woellen die vestung so
geschwindt nit auf^ben, alss wie die Teitschen gethan.
ünder den hussaern im leger hat sich ein Uneinigkeit erhoebt,
die so weit eingerissen, das einer unredlich nidergehauet worden;
dahero nun der herr obriste von Herberstein den thaetter an einem
paumb heut frue (mit gnaedigster erlaubniss zu schreiben) aufhencken
lassen.'' . . .
.Sonst sein wür mit dem ganzen leger aufbrochen ausser der
knecht, so wür zue beschüzung der prucken dahinden gelassen; wür
sein numehr für etliche allerdings zerstoerte derfer geritten und er*
*) Gemeint ist Heinrich Mathias von Thum, der auch am 16. September
(gemäss dem Schreiben des Hans Ambros von Thunii vgl. unten) noch in Knniw»
erwartet wurde, aber thaisächlich später auf dem Schauplatz von Stuhlweiflsen-
burg sich heryorthut. Als Rusworm der Festung Eanizsa Entsatz zuführte, be-
gleitete ihn auch Thurn mit seinen Reitern. Vgl. unten Casal 9. November.
Die Belagerung von KanizBa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 281
zaiget sich gegen Eanizsa ain sehr lustige landtschoft, ' wie unss dann
die Türken auss den benachtporien gebürgen gar wol sehen moegen
und gewiss nit imderlasaen werden, underschiedliche zne ross und
sonst aoszoschicken und unsere leger zue besichtigen ; gott verhQette,
das sy nit ehe von uns alss wür von inne zungen bekomben.
Disen abent erwarten wür der krainischen pferdt deren vier
hundert sein, darauf ich mich alss auf yersuchte gute kriegsleith nit
wenig freye.
Die Florentiner künen nunmehr auch nit lang mehr aussbleiben.
P. S. Wass ich mir traumben lassen, das ist widerfahren, dann
alss etliche gefraessige Soldaten auss dem quartier gangen und
Strespen^) und anders ops abbrechen wellen, haben sich etliche
Türeken zue ross stracks sehen lassen und solichen zugerent, aber
sj sein inen dennocht im entlauffen zu geschwindt gewest, wiewol
etliche sagen woellen, es sey so gar laehr nit abgangen; jedoch hat
man noch kein gewissheii Es ist des hinausslauffens wegen starcks
verpott geschehen, wer sich nit hütten will -^ sein schadt . . .
Wür haben alhie ein sehr feines quartier und wol accomodiert
und morgen sollen mir vormittag aufbrechen. '^
9. September, , bei Weytschaewoer. '^ . Gestern frue sein wür zeit-
lich auf; aber es ist ein zimblich starcke tagndss gewoest, dann
zuedem wür zwo guete meyl wegs yolbracht, haben wÜr vast auf
halben weeg ain tieffen sumpfigen pesen pass durch die schanzgraeber
yerschüten und zurichten lassen muessen, under welichen wür unss
dann wol in die drey stundt aufgehalten.* Dort liessen sich etwa
20 Türken sehen, die reissaus nahmen, als sie unsem Vortrab sahen.
9 Wür haben ain schoenes sehr lustiges quartier in dieser hoech,
dami unden herumb ligt das volck, welches dann ein feines ansehen
macht und ist sich nicht wenig zu verwundern, ungeacht ringssweiss
auf etliche meyl wegs die prospectif des schoenen frachtbaren landts
vorhanden, das doch nur lautere verwiestung und kain ainiges hauss
zu sehen.*
Etliche unserer Bittersleute sind • bis an Kanizaa gerannt und
haben gefunden, dass es wahr sei, wie 25 Wagen Proviant hinein-
gebracht worden, jede Fuhr von 4 Beitem geleitet
Zwei gefangene Türken werden vom Grafen Serin gesandt, der eine,
ein Späher, wird eines . pissigen Todes* sterben müssen.
Viele der unserigen sind heute auf Streifen gegen Kanizsa aus.
') Zwetschen.
282 Stauffer.
«Die naelmere prucken igt auch fertig und die schanz darbey
BoU heut auch Tolbracht und von dannenhero das geschüz hierher
gef&rt werden und. eben dasselbe sambt dem profant yerursachen unss
den Verzug, dann mit dergleichen sachen in ainer grossen menig
nicht kan geeylet werden; wie aber dem allem [ist guette hoffiiuog
Eanizsa werde in wenig tagen voellig belegert werden.*
Die krainerischen Beiter sind gestern abends spät angekommen;
die Florentiner werden wol übermorgen kommen.
10. September, «Weytscha in eyL' Oestem Nachmittag ist der
Orfei mit dem Geschütz angekommen; Abends ist er mit dem Herzog
von Mantua und Johann von Medici zur Becognoscirung nach Kanizsa.
,ünd weü nunmehr (gott lob) khain sondere Verhinderung im weg
ligen thuet und das ander geschuz auch hernach kumbt, inihassen
dann auch der weeg auf Kanizsa nicht so bess verbanden, brechen
wür gleich alle anyezt in des allmechtigen namen auf und belegem
noch heut die festung, darzu der allmechtig sein gnad verleihe und
unser leger soll an einem lustigen orth ainer anhoeh sein. '
10. September, «geben im feldleger vor Eanizsa.* «üngefaehr
umb mittags zeit sein wür heut alhero gelangt, dann der weg ist
guet und kurz gewoest; der allmechtig woell unss nur guet wetter
bescheren. Alss wür die vestung Eanizsa von weitten recht ins ge-
siebt bekomben, hat sich befunden, das der feindt hievom eben an
dem goestiigen orth, da der herzog von Hantua fraydt^ recog^osdert
und der Don Giovanni zugleich vermaint haben, daselbst ain guetes
ort zuer beschüssung zu erwoellen, ain schanz nicht ohne Verwunderung
dise nacht au£^eworffen, dann er unser vorhaben gemercki Wie nun
300 Italiener noch vor unser nicht weith darvon zue einnembung
einer stoell zur schanzung gelegt worden, hat es zwischen inen und
den verschanzten Türken vil kuglwechseln auss mossgethen ynd
andern roehren geben, darunder dann nur 30 oder 40 knecht blieben^
aber der Türken würdet man gewiss auch nit gefeit haben; sonst
tragen sy die knecht ditsfals ain zimblichs lob; ain hauptman ist
durch die handt und ain anderer ohne gefahr geschedigt worden.
Wür kamen noch zue soUchem schormizl und hilten dannoch so weith
nicht von der vestung, das unss nicht etliche grosse kugeln oben
uberpfeiffen und nicht weit von uns füllen und auss grossen stucken
hat der feindt ung^efaehr 40 schüss gethon, aber man waiss (gott lob)
von kainem schaden; allain ist einem ross ain {iiess abgeschossen
worden.
Jetzt würfft man die schanz, wo ermelte knecht ligen tapfer auf^
damit das geschüz hineingericht werden moege.*
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 283
Abends werden 2 Jungen vor die F. D^ gebracht; keiner der-
selben über 16 Jahre alt; am Samstag sind sie aus Eanizsa entlaufen;
sie wollen ihren christlichen Eltern zurückgegeben werden.
«Sie sagen auss^ es sey eben am gemelten sambsti^ das profant
hineingebracht worden; etliche sagen von 300, aber die maisten nur
von 60 waegen und alle diejenigen, so es hineingefÜrt, haben sy
sambt dem vich darin behalten, üeber 2000 personen in allem sein
darinnen nicht vorhandten; es sterben von der bessen krankheit nicht
mehr; alle hoch und niedere personen muessen tapfer arbeiten und
sy befestigen sich nur hierherwerts, wo yesst unser leger geschissen
und auf der andern seyten gar nichts, dann sy vermainen vüleicht
nit, das wür Eanizsa auf beeden seyten belegern wellen. In diser
gegent, wo wür ligen, spürt man gar fein das fertige^) türkische
leger gar weitschichtig und man findet ein grosse anzall irer groeber,
auch ihres umgefallenen yiechs als rose, camein. Item wunder vill
grüben, die im reitten gefarlich, die sy zue prunnen und sonst ge-
braucht und soliche komben nun unserm Yolck auch zu guete.
Es steht noch im zweifei, ob wür morgen stracks unser leger
hinyber schlagen und veraendem werden. Woellen wür unser leger
auch hinyber schlagen, so müssen wür bei ainem pessen pass ain
prucken nicht allain schlagen sonder auch yerschanzen, damit unss
der feindt des profandts wegen nicht ainen possen rieisse imd also
ain leger dem anderen beyspringen mige.
Gleich, wie ich disen priefiP schreibe, here ich auss unser stucken
zum allersten moU mit grossen freyden in die vestung Schüssen, wie
dann diss eben das erst Ave Maria ist, so man solicher gestalt mit
den stucken zum zaichen geben. Sonst hat man bissher nur mit den
trometten und hoerpauggen frue und spatt ehrmohnet
Der guettige gott verleihe vaetterlich, das der an&ng guet und
das endte noch bpesser sey.*
12. September, im Lager bei Eanizsa.
vin der nacht hat ein kugl auss einem grossen stuck aus der
▼estung ainem hauptman dess aldobrandinischen volcks den ainen
faess hinweck genomben und derjenige franzoss im rotten mantl, der
E. D^ Yon der herzogin von Mantua ainen prief gebracht und den
arm damalss in der schlingen gewest, der hat under tags in einem
scliannizl ain mossketenkugl in fuess bekomben, darbei aber ain
grosses glick gewest, das das gebain gar nit yerlezt worden und
wann er nur über sechs tag auss wirdet, will er wider wagen, dann
') Torig^ährige.
284 Stauffer.
s
*
er und etliche andere franzosen wolten gern den von ihren landts-
leithen fertiges jars zue Papa empfangnen spott und schandtfloecken
wider abloeschen. Nachmittag sein die florentinischen knecht ainist
ankomben, sy sein nicht allain in klaidung stattlich, sondern aach
mit guetter gesundthait aufgezogen, wi dan ir yil bezeugen miessen^
sy betten nit so baldt ain schoeners aussklaubters volcks gesehei;
aber die anzal ist in disem regiment eben so wenig alss in den
andern voellig.*
Bei Tag ist der Feind sehr still gewesen, nachts aber hat ei
yiel geschossen, vielleicht weil er sich rächen wollte, dass von den
Aye Maria Schüssen ein paar getroffen wurden.
.Sonst befinden sich noch finf geschaedigte Italiener, die nit alle
aufkomben, hergegen sein der Türken auch etliche wissentlich bliben;
den ganzen tag lassen sich die bestien hervom auss der yestongniit
zechen und mehr fendl ersechen, wann aber die nacht herzue streichet,
verkriechen sy sich alle widerümb in die vestung, man heret sy auch
nit allein munder schreyen, sonder auch tapfer arbaithen.*
Strassoldo war krank, jetzt geht es besser.
«Heut vormittag sein die fümembsten heupter alss Mantaa,
Medid, Orpheo und der obriste von Herberstein abermal hinauss-
geritten, die paess aufs fleissigst zu erkundigen, welichen w^ war
noch entlich hin Aber haben werden; die pringen antwort, man miesse
den weg auf der linken handt, der zwar der weiteste ist, for die
handt nemben; dann zudem sich der feindt desselben ferten auch
gebraucht, ist der ander dess pesen pass halben also geschaffen, das
man in zwelf tagen die darzuegeherige prucken hart aufschlagen
mochte und eben diss wirdet (meines vermainens) die hauptorsach
sein, das man den feindt die pro&nt nit abiegen moegen, sonder nur
von weitten zusehen miessen.* . . .
14. September. «Disse nacht haben die un^serigen ir schanz
zum geschüz gemacht und auffgeworffen. Das Ave' Maria ist mit
denen darein gelegten vür stucken gehert worden, weil aber diser
morgen einen ducken nebel mit sich gebracht, hat es noch verrer
gar wenig schüssens abgeben, sonst sein auss kleinen stickleia vaat
die ganze nacht vill schuss gehert worden, dann sy die aufwerfixng
der schanz ohn zweifei wol gemerkt, aber es kan kein grosser schaden
geschehen sein, weil es in der nacht stark geregnet und zimblich
finster gewest Vorher hat man des herm von Madruzzi regiment
zu verhiettung dess pass wo die prucken und weg gemacht wirdt^
hinüber geschickt, darunder mir diss übel gefallen, dass sy in irem
quartier in aufpruch etliche knecht unbegraben uud in zügenligendt
Die Belagerung yon Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 285
dahinden gelassen, darauf nun der pater Scherer, ain Gappuzziner und
andere frombe Christen zu dem zusprechen und begraben zue inen
komben . . .'
9 Die Italianer haben ir leger zimblichennassen verschanzt und
wie man auf diser selten mit dem geschüz je lenger je mehr rucken
wirdet, also werden auch sy algemach fortrucken. Gleich yezo wirdt
am besten auss unserer schanz geschossen und man yermaint dem
feindt sein geschüz von den woehren zu nemben.«
14. September. .Der herzog von Mantua und Don Giovanni
sein nach eimrenomben fruemal weit hinauss sambt meinem ff. herm
geritten, wo die pruggen und der pass zue unserm hinüberzog zu-
gericht würdet und eben diss ist die pruggen, so der feindt ferten
gemacht, die gehet über das gemoess und mechte bey tausent schrütt
lang sein. Er, der feindt, hat dieselbe zwar an einem orth wol ab-
tragen, das maiste aber ligen, weliches wür nun anjezo widerumb
zurichten lassen und hoffen innerhalb zwen tag hinüber zu rucken.
Underdess haben die madrutschischen knecht ain fürtrefiiche,
guete schanz auf derselben gegend und zu bewahrung dess pass auf-
geworfen. Ire weiber miessen auch tapfer arbaithen, damit sein sy
sicher.
Man spüret, das unser auss den grossen stucken abgehendte
Bchu8s nit wenig operiem, dann die Türken haben das dach von
irem pulverturn abgetragen und man sichet bissweilen die drimer
über sich springen, wie dann under anderm auch die grossen stuck
der vestuHg verlezt worden.*
Die Ünsem wagen sich ziemlich hinaus, dann treffen die Türken
zuweilen einen oder den andern.
Eeglonitsch derjenige, der anfangs zunächst an die Festung ge-
ritten, ist stark verletzt worden. Meinem Herm und jedem ist das
wegen seiner »redlichkeit* sehr leid.
bEs werden nunmehr gar vill waegen brots, wein, kaess und
andere victualien ins leger gefÜrt uud wann dasselb nit waere, be-
stündte das kriegsvolk übel; dan der profantnudster die zugesagte
schuldige fürsehung nit gethon, sondern verlasset sich auf meinen
g. herm; gibt unss vil bemiehung.
Sonst bringt man ain soliche menig zwespen und epfl ins veld,
das sich zu verwundem ; allerlay gesindl gehet auf ein halbe, ganze
und piehr meil wegs hinauss mit grossen stecken zue den opspaumen,
wo die zerstörten derffen ligen, procken ab und lesen gelt; es ist
aber nichte desto boesser, dann ir vil werden krank sonderlich die
hungerigen und so kain mass im naschen haben.*
i
286 Stanffer.
15. September. , Dise nacht haben die unserigen an ainer naheten
schanz yleissig gearbeitet und sein eben an dess feindts fertige komben,
die sy boesser zugericht und noch die proetter gefunden. Auss der
vestung hat man vast die ganze nacht, aber ohne schaden geschossen,
dann die unserigen disen betrag und vortl gebraucht, das man an
einem orth weit von den arbeitenden schanzgraebem ain feur auf-
gericht und bissweilen mundter darbei geschriren und wiewol der
feindt nit änderst vermaint, an demselben orth dess feurs werde die
schanz aufgeworfen, hat er nur dorthin seine schuss gericht. Damit
sein die rechten arbeiter unverlezt daryon komben und diese letzte
schanz ist umb etliche hundert schriter naeheter bei der yestung alss
die gestrige, darmit wirdet der Türck algemach eingespert und würdet
heryom nicht mehr also brayiem; wie ich dann yememben miessen,
das auss unserm heut lossgeprenten stücken ain türm in der yestang
durchsichtig gemacht worden.'
16. September, ^.yormittag." Graf Serin mit seinen Husani ist
angekommen, das Fussyolk wird folgen. — Falscher Allarm in der
Nacht.
^Der Carlo Bossi sein rittmeister ist Warlich ain küner tapferer
held, hat sich die ganze naht nnd ainen gueten thail dises tags bey
aufworfung der schanzen finden lassen. Die schanzen aber sein zwifach
und also nahet zur yestung aufgeworfen worden, das man alles hin-
weck geraumbt und sich kain Türk mehr plicken lassen darf und
yon einer schanz zur andern kan man durch einen aufgeworfenen
laufgrabon sicher und so nachet gehen, das man diser enden die
l^ürken gar mit gemaine spern niderpürschen kann, überdiss sein auf
der andern seithen die madrutzischen knecht so weit kumben, das sy
die yorstadt oder markte erraicht hetten ; denselben audi leiehtlich
erobern und behalten migen.
Disen morgen hat man starck geschossen und die Türken ziemblich
geaengst^
Wür wünschen nur zu wissen, wie es inen darin gehet und was
sy inen weiter traumben lassen.
Zue aines kecken gemüts erzaigung haben sy zwar dass schloss*
thor yor diesen wol offen gelassen, aber hergegen die prucken am
gemoess zum thail abtragen.
Unsere leuth machen dennocht yill buschen, damit man soUches
gemoess füllen und boesser mit aller notturft hinzueracken kan.
Der aUmechtig yerleih weiter seinen goetÜichen segen."
16. September, »gegen mittnacht* ^ Nachmittag hab ich (sambt
dem p. Villenio die schanzen besichtigt und befunden, das sy nicht
Bie Belagerung von Kanizsa darch die christl. Truppen i. J. 1601. 287
so nahet bey der yestimg sein, wie wür verhoffi) haben, sondern die
naegste mechte dennocht wol bey fünfhundert clafter weit dorvon
sein und ob ja wol die kugebi leichtlichen raichen und wass richten
(wie dann [durchloecherte daecher und verlezte gepew zu sehen) so
effectuiem doch die schuss nicht also, wie es die notturft erfordert,
weliches dann das entzwischen ligende gemoess verursacht; dann an
disen orth das geschüz nicht weiter yortgeschoben werden kann, aber
wass boesser hinundter, hat man ein andere schanz vil naecheter,
darron oben angemelt worden, aufgeworfen, darein erst dise nacht
das geschüz gef&rt und zugericht werden solle.'
Auch sehen wir, dass die Türken noch zwei Schanzen vor der
Festung haben und dieselbe noch mehr bewehren, „daher nun auf
diser seiten mehr arbeit vorhandten, alss ir etlich yermaint haben.'
sDiss aber freyet mich nit wenig, alss der Orpheo und andere
disen abent auf die andere seiten geritten und die .vestung boesser
alss zuTor nye' gar auss dem ort des marckts besichtiget, das er sich
hoch er&eyet und zu verstehen geben, die impresa sey ine bey weiten
nit so Bchwoer, als er ime vormals imaginiert hette und was die ge-
legenheit und vortl dess gemoess anbelangt, stimmt des Orpheo
mainung allerdings mit dess herrn grafen von Serin opinione und
bericht ; von dem ort wo der marckt gelegen, kann durch ain schanz
die Testung nach allem gefallen bezwungen werden.
Zudem hat mier der Formentin obrister * feldquartiermaister an-
gezaigt, man wüsste im gererach^) ain hussel') und verborgne an->
hoech an zwayen orten, wo das geschüz gar nochent zur vestung
kenne accomodiert werden und wann der Türk dise vortl ferten ge-
wüsst, hette er Kanizsa (der vermuettung nach) in zehen tagen laicht-
lich einemben moegen.' i
üben boxe ich, dass ein getaufter Türke, der bei uns im Heere
gewesen, in die Festung entlaufen isi Wir haben heute schlecht
Wetter. Morgen früh werden wir auf die andere Seite rücken.
Hier wird der beste Ort sein, den Bericht eines Beobachters der
Yorgäxige vor Eanizsa einzuschieben, der nicht wie Casal von den
prahlerischen Vorspiegelungen eines Orfei und Formentin beeinflusst
ist; eines Beobachters, der kühl und nüchtern die Aussichten der
Belagernden und Belagerten prüft _und sich nicht durch leere HoflF-
nongen trösten lässi
«) Stelle mit Schilfrohr. ») Wohl gleich : Hauschen.
288 Stauffer.
Das Schreiben, datirt vom 15. September, lautet wie folgt:
»G . . . Graf von Portia etc. lieber herr vettert). Anjezo aber
schreib ich dem Herrn [yetter] diss wenig nachfolgendes ex relatione
meines vertrautten dieners aines, denne ich ins leger geschickt, den
augenschein zu nemen ; der allererst heut komben ist, mich bericlitet,
das er das maist mit äugen gesehen und das übrige von ansehen-
lichen und mir woly ertrauten leithen erfahren und sich erkundigt/
, und erstlichen hab in bevolchen, sich zu ersehen, wo der zeit
I. D^ leger ist Er zaigt an, bei Eanizsa, aber zQmblich weit von der
yestung und dem marckt, so verschanzt mit den Türken starck besetzt
und des geschüz halben, so weit reicht, sich cantonim müssen.
Hab denselben betragt, wie und was gestalt der weg in das
leger versichert, damit die profiant und die zueraisenden sicher dahin
kumben mügen. Bericht mich, das zu Weitscha ein fendl knecht ligt,
bei dem ur&hr') Kathariba") gleichfalls ein fendl.
Hab den ferrer be&agt, ob man mit dem profiandt und der-
selben fuhren klecken kan. Der zaigt an, ungeacht die Strassen vom
urfar biss ins leger voller waegen, so klecke man doch nit und neben
deme die profiandt teur; wann die waegen ins leger kumben, so
nimbt man es reissender dahin, das schier ainer den andern ver-
truckt, welches anjezo zum anfang ain boess omen.
Hab weiter gefregt, ob die unsem weiter ziehen und ein anders
leger schlagen werden. Bericht mich, man werde sich thailen, und
die helft auf des feindts dition l^n, dahin und durch dis pass die
profiandt noch mehr mangln mechi
Nit weniger hab ich ime vermüg meines memorial befragt, ob
das geschüz alles ins leger ankumben und ob die unsem hinein, wie
auch die Türken herauss starck schussen. Der zeigt an, das des ge-
schüz nit mehr als sechs stueck ins leger ankumben, der übrigen
were man gewertig und das die Türken starck heraussschussen und
mit iren geschüz hier herauss raicheten, wie sy dan etliche schana^
knecht und andere mehr erschossen.
Hab in auch gefragt, wie sich der feindt in der vcstüng stellt,
ob er starck mit profiandt, munition und geschüz versehen und ob
I) Die Anreden sind ausgestriclien, die Unterschrift hinweggeschnitten,
wohl weil der Brief als Zeitung dem Herzog Max von Baiem zogeschickt wurde.
Der Brief stammt vom Qrafen Hans Ambros von Thum, auf den andere Briefe
mit gleicher Handschrift hinweisen. Dieselben befinden sich Mc. Fürstensaclien
Bd. 89. Der vorliegmde Brief befindet sich Ma 408/7 f 75—77. Eigh. Or.
Portia ist der p&pstliche Nuntius in Graz. >) Ueber&hrt.. *) Wohl ein Ort
in der Nähe der Ueberfahrt.
Die BeLigerung von Kauizsa durch die chrisÜ. Truppen i. J. 1601. 28d
sy sich in Eanizsa befestigt. Der zaigt an, das er mit seinen äugen
hab die Türken auf dem poUwerck sehen tanzen und jabilliern und
das kurz verwichne taeg mit profiandt 300 waegen hineinkamben,
auch von geschüz und pulver genueg haben und allenthalben beiden
dingen und äussern poUwerck bei 3000 starck sein, wie sy dan die-
jenigen, so die profiandt gehn Canisa beglaitet, allß drinnen behalten
und desswegen ein geschrei und rumor desswegen in der vestung ge«
west, des die husaem, so sich bei der nacht wegen bekumbong zungen
zu der Testung stellen, gehoert und aussbraith. Den marckt, so fertn
die onsern verlassen, ausser der yestung Ejinizsa, haben die feindt
starck verschanzt und verpollwerckt, davor man zeit und volck ver-
liern wirdt, ehender man denselben einimbt und da man den marckt
gleich erobert, des schwerlich vor 8 tagen geschehen wierdt, so hat
man noch eine andere starcke schanz, ehe man zu der rechten vestung
und gemoess kumbt, wie es der Türk ferten gefunden, daraus jeder
Ternünftiger abnemmen kan, was f&r hoffiiung wegen eroberung
Kanizsa verbanden.
Hab den weiter gefragt, ob das geschray sei, das der feindt
Eanizsa entsetzen welle. Der zaigt an, von ja und der feindt ziehe
allerorten zusamen vor Eanizsa zu kumben; wie dan der feindt zu
Kanizsa auf aimal, un'bewüsst warumben, über die 40 schüss auss
grossen stucken gethan. Menigleichen opinion nach, solches sei ge-
schehen, aintweder wegen empfangner hoffnung der entsazung oder
man habe den feindt dadurch ein losung geben.
Hab in auch befragt, ob er gehoert, das man in gueter hoffnung
wer, Eanizsa zu erobern. Der zaigt an, das Johann von Medici nach
eingenommen augenschein schlechte und allain dise hoffnung hat,
da man den feindt nit auss der vestung scheusst, das man sich mit
äturmen und andern vortln der recuperirung Eanizsas nit zu getroesten
habe. Zaigt auch an, ... .^) herr Graf Heinrich Mathes (Thum)
äolte lengist iner zwayen tagen ins leger kumben.
So wird der herr (vetter) berait wissen, das Mantua und Johann
von Medici wegen des quartier und das man ir D^ zuforderst und am
bpiz der gefahr furiert^) (drumben der von Mantua geredt und die
Sachen als obrister Leutenambt improbiert) mit worten starck an-
einander und in grosse disparitet kumben sein, darein sich L D^
schlagen und beede fürsten wider vergleichen müssen.
Des papst solln über 8000 man nit sein, des von Florenz 1500
und ist die frag, wer inen zum abzug wider waegen wierdt geben,
*) Drei Worte ausgestrichen. «) Das Quartier bestellt hat.
MiUheilanfen VII. 19
290 Stauffer.
iren plunder wider hinein zu fürn und wie man das geschüz zam
abzug nach hauss bringen wierdt
Ein floss mit pulver und kugeln ist yersuncken, dabei meines
Vetters diener ainer gewest, so alher kumben; die flesser sein enir
runnen und wellen sich des boesen pass halber nimber brauchen
lassen. Spreizt sich also das verhofft glick allerorten und wierdt man
laeres stroo troeschen; so wierdts allerorten Till malcontenten geben,
dem feindt ain herz, den unserigen ain klainmüetigkeit und der feindt
wierdt aufs jar dise iniuria rechen und besorgenlichen guetesteils des
kriegs auf diese land schieben, darzue uns nun die welschen hilfen
manglen und die disgustirten Italianer nimbermehr alherziehen welleni
noch I. Hl^ oder Florenz weiter "vergebene Unkosten aufwenden. In-
massen dan I. M^ färgeben, man habe gegen Eanizsa nichts gericht,
dieselbe auch verhindert, die lande hab man umb nichte befragt noch
traut, die sein mit iren underthanen verderbt und aussgesaigen, das
sy neben der einreissenden teuerung die ordinari-bewilligung nit
raichen werden mügen, werden also ubique dolor et lamentaüones
Jeremiae erscheinen. Meinem g. herrn vettern hab ich aber vor
ainem jar prophezeyet, das disen landen und graeuizen ainer ainigern
jars hilf nit geholfen, das sich auch alle ungelegenheit halber mit
grosser macht nit krigen lest und das man diser lande krig nur
haerrig^) und defensive bestellen muess, daher ich geschlossen, wann
I. Hl^ und Italia zu diser lande graenizen als irer Vormauer 300 arche-
busier, 300 husaem und ain feudi kuecht, alss lang der krieg ge-
wehrt, besolde und die flecken bestaerckt bette, so wer I. D^ damit
mehr geholfen gewest als mit diser ansehenlichen und starcken hilf, dan
I. Hl^ und dem von Florenz wierdt dieser zug in die 700,000 krönen und
irer D^ auch 200,000 krönen kosten, dabey sy nichts verrichten and
keinen menschen contentiern werden. Hete man disen ansehenlichen
Unkosten auf etlich jar abgetailt, so het man fünf jar mit der graenizen
und landehilf reichlichen klecken mügen, defensive zu kriegen und die
übrigen stumpf der graenizen zu erhalten; also und da die gehabte
hoffiaung wegen eroberung Eanizsa in prun feit, haben wir wie die
boesen wierth under den schnee geschnitten und verzert, was uns
allererst aufs jar waxen soll und bedürffen werden und damit will ich
schliessen und das übrig auf unser (wils got) gründlichs gespraech
anstellen. Datum .... den 15. September 1601. P. S. Auf den
Steyrischen pferdten ist ainer an der Infection gestorben, des man
I. D^ noch auf dise stundt verhelt; ist zu besorgen, das es nit weiter
einreist und ain ursach des voneinanderzugs sein wierdt. '^
') Anhaltend.
Die Belagening von Kanizsa durch die chriatl. Truppen i. J. 1601. 291
17. September, Mittemacht Gastfl an die Erzherzogin:
Wegen des Begens wollen wir erst morgen über die Brücke
aehen: Die Wege werden durch das schlechte Wetter aufgeweicht
und wir sind in Besorgniss, dass der Zuzug des Proviants dadurch
verhindert werde.
Trqtz des Begens haben wir ziemlich stark in die Festung hinein-
gescbossen und hoffentlich meistenteils getroffen. . Hergegen ist von
dem feindt disen abent ain solicher beser schuss geschehen in das
italienische quartier, welicher stracks drey miteinander allerdings hin-
gerichtet und die arglistigen bestien haben ir geschüz noch auf ein
anders ort geruckt Es soll inen aber (wils gott) ir muet nit lang
mehr gelassen werden.*
18. September. Gott sei Dank, es ist gutes Wetter eingetreten,
, Meine g. herm und wür zugleich sein auss unserm jüngsten
leger, darinen wür gleich acht tag wider alles verhoffen zugebracht,
also frue aufbrochen, das I. D^ im madrutzischem leger das fruemal
und der herzog von Mantua mit eingenomben.
Von wegen dess weitten umbschweifs zu verhiettung der vestung-
schuss haben wür ein starcke teutsche meill woegs und noch dariber
reiten miessen ; der weg ist gleich wol tief aber noch leidenlich ; allain
gibt die prucken oder vilmehr der steg über das gemoess den rossen
vil zu schaffen, weil es nur eingelegte runde prigl und gestreissach
ist und würdet der waegen grossen anzal willen ainer gueten con-
tinuierendere nachbesserung wol bedürfen.
Die fürstlichen personen ritten nächner zuer vestung sonderlich
aber zue ersechung irer quartier, darunter dan meines g. herrn am
übelsten getroffen war, dann man wolte die fürstliche gezelt an einem
uacheten bey der vestung ligenden ort aufschlagen. Alss ich aber
ain klaines darvor neben andern an dasselbe ort zu ross kombe,
sausete ain kugl nach der andern auss grossen stucken neben und
ober unss ßir; also das sich diejenigen, so diss quartier aussgezaigt
hetten, ires begangnen faelss erinderten und die sach volgendts
anderwerts gericht wurde.*
In derselben Gegend sind ein Soldat und ein Weib getroffen
worden.
Des Johann von Medici bester Edelknabe verlor einen Fuss ; dem
Herzog von Mantua ist sein bestes Boss geschaedigt worden, einem
anderem Boss wurden die zwei Schenkel abgeschossen . . .
.War ist es, das man ermeltes ort auss der vestung, sonderlich
aber wo das geschüz ligen thuet nit sehen kann, daher es dann yiel-
leicht von dess besten wegen nit übel gemaint worden, aber auss dem
19'
I
292 Staüffeti
spiz des turms kann man wol heriber sehen und also die abmessnng
uuden beylaufig wol abgenomben werden.'
9 Noch vorher zogen die florentinischen knecht yort und namen
inen ftir das ort der Vorstadt einzunemben, weliches inen denn zum
besten gelungen; sy trafen zwor zue irer ankonft in die dreyssig
Türken zue ross und fünfzig zue fdess an : da gab es ain guete weil
ain scharfes scharmitzeln, aber die erst ankombene compagnia ir der
Florentiner hielte sich so wol (wie sy dann auch darumb das lob
hat), das die Türken sich letzlich wendeten, der pruggen zue und
daryber in die vestung lüefen, die au&ug-pruggön eylendts und sich
also hineynwerts verspereten.
Damit eroberten die unsserigen denselben schoenen weiten plaz,
darinnen sich zimblichermassen sicher ligen und verwachten die prucken
so wol auch der Türken aussfall. •
Also sein sy nunmehr recht allerdings umbringt und eingespert
und ist dem allmechtigen zu dancken, dass kain ainiger der unsserigen
verbliben, darbei sich dann nit wenig zu verwundern, das die Türken
ain so namhaftes ort nit selbst erhalten, darmit sy unss noch etUche
tag gewiss aufhalten und vil zu schaffen hetten geben mügen.
Aber wür wüssen kein ander ursach, alss dass wür sy mit
unsserer ankonft werden ubereylt und sy nit vermaint haben, das
wür inen so bald zukomben werden.
Auss der vestung hat man zwor auf soliche Florentiner, die nicht
200 schrütt von der mauer ligen mit stucken ein guete weil starck
geschossen, aber es ist darumben kain schaden geschehen, weü sy
die alte schanz des grobens so den marckt umbringt nicht allain
allerdings ganzer gefunden und sich tucken migen, sonder auch aine
hochere angefangen au&uwerfen; sonst ist in solichem marckt gar
kain hauss, aber ein schoener ebner plaz und etliche noch unver-
wiesste obsgaerten darneben zu sehen.
Ünss ist dise ubereylung auch in dem zum besten gerathen, das
die Türken kain zeit gehabt, die prucken abzutragen, sonder haben
dieselb gar ganz und unss verhoffentlich ainen desto boessern vortl
gelassen ; man besorgt sich aber, sy moechten das feur auf irer seiten
darundter stecken, da muess man nun fleissig wachten.*
Es geht das Gerücht, die 300 Pferde seien aus der Festung vor
unserer Ankunft entritten, aber es wird wol nicht wahr sein, da maxi
keine Hufspuren gefunden.
Unter den Häuptern ist beschlossen worden, dass I. D* einst-
weilen, bis ein anderes Quartier hergerichtet, in dem erst heat von
Die Belagerang von Kanizsa durch die chrisil. Trappen i. J. 1601. 293
Hadrozzi verlassenen Lager campiren soll; das ist denn auch ge-
schehen.
Bei unserem « Zurückereisen * begegnen uns 4 . grosse Stücke, die
man wol nicht weit von den Florentiner Quartieren heut Nacht auf-
stellen wird.
9 Herr Johann von Medioi sagt wol, wann man einen tag oder
zwen von dannen hineinschüessen und inen die weren nemben thuet,
das sich die Türken stracks ergeben werden. Ich kan es abier in
meiner einfalt nit befindten dann der graben des gemoess noch
zimblich weit und zu stürmen nit so leicht, wie dann soliches die
zimbliche lange prucken aussweiset; moechten unss also die feiudt
mehrers durch ire lüstige vortl zu schaffen geben, alss unss lieb waere
und ir vill vermainen; yedoch wellen wür alles guetes hoffen.'
Ganz nahe bei Kanizsa liegen der Türken Gräber, darunter hun-
dert frische, die wir wol verursacht haben, wie man denn sagt, dass
fast unser erster Schuss 9 Türken getroffen.
«Unsere leut sein zu solchen graebem gangen und der delien^)
und anderer krüegsleit copien und darauf gesteckte spüess hinweck
genomen (welches dann die Türken für ain grosse unehr halten);
da seyn sy sehr darüber erzürnet und haefkig heraussgeschryren. *
Nach dem, was wir bisher erfahren, sind über anderthalb tausend
Türken nicht in der Festung.
19. September. . Heut frue hat man diserseyts auch angefangen
mit unsem stucken in die vestung zu schiessen und da kann man
inen viel besser alss auf der andern zuekomben; darumben werden
wenig schuss vergebens geschehen.''
Morgens Regen, nachmittags heitert es sich auf. .Der herzog
von Mantua namb das fruemoU bei meinem g. herren und volgundts
ritte er in das ander quartier, weliches er beschauzen lasset, wie er
dann ganz fleissig und sorgfeltig und lasset ine kain miehe tauren.'^
Man glaubt, dass unser g. Herr das Quartier nicht verändern
wird, bis nicht dem Feind die » Wehren " «der Festung genommen sind
und man ihm das Schiessen aus den grossen Stücken vertrieben hat.
Dies ist jedenfalls das Sicherste.
5 Soldaten von den Türken erschossen.
«Nunmehr gehet es halt zum ernstlichen treffen und morgen
werden unsere zehen stuck nach einander gericht werdei^ (dann eben
dLie nacht sechs in die schanz gefuert werden), verhoffentlich auch
wol aossgeben.
') Deli : Lcibschaar eincb türkischen Bcfehlöhaberu.
294 Stauffer.
Der pascha zu Eanizsa solle sich haben vernemben lassen, er sey
alt und habe ohnedas nit lang zu leben, er welle sich gleich umb
sein haut tapf^ weren und alhie sein begrebnuss sein lassen.*
20. September. 2 Franzosen von den Türken gefangen, die sich
yermuthlich gefangen nehmen liessen. Diese Nacht müssen die
Italiener mit ihren Schanzen ayanziert haben, da die Türken sich nur
auf der andern Seite gewehrt haben. Ebengestem hat man einen,
der die ,paess und vortl im gemoess' kennt ins aldobrandinische
Lager geschickt. Ein Türke, den man aufgefangen, berichtet von
15,000 Pferden, die in der Nähe der Festung seien.
,Weil sich nun der feindt an unserm rucken unz weif enlich öfter
samblen wirdt, ist für ratsamb befunden worden, unser ganzes leger
ixx ain corpus und ordenlich zusammen zu richten, derohalben resol-
vierte sich mein g. herr ohne Verzug auss seinem verschanzten
quartier aufzubrechen, wie es dan umb vesperzeit geschache. Wür
hetten ungefaehr ain halbe meil weegs zu reiten und also kamen
wür zue dem übrigen häufen. Mein g. herr hat seine zeit gleich
under des Thuri Georg capein, also das ain anhech von den grossen
in der vestung ligunden geschüz gar wol versichert; wür aber ligen
herumwerts, wie wür am boesten künen und mügen, nit geringer
gefahr underworfen und man ist lang umgangen, ehe man sich dises
fürstlichen quartiers^recht verglichen, der allmechtig verleihe, das es
wol getroffen sey. Unterdessen und noch vorhero hielte man bei
den gefangnen und sonst vleissige erkundigung, wohin sich ermelt
türkisch^ pfaerd zurück geben hetten und alss I. F. D^ erindert und
gleichsamb vergewisst worden, sy wurden dise nacht ir leger und me
bey Veraebiza^) etwo zwo meil von hinnen ligundt haben, gab mein
g. herr dem obristen von Herberstein bevelch sich sambt seiner
reyterey dahin zu begeben, weliches dan abents geschehen und die
sach also angestelt worden, das man das nesj gleich in der morgen-
rett ertappen solle. Gott verleich inen glick und guete Verrichtung.
Neben andern hab ich unser schanz besichtiget und befanden,
das sy noch über 600 schritt von der vestung ligen thue, aber dem
ist wol al30, das die Florentiner weit hinfur und gar nahet zae der
pruggen hinzuekomben nnd dasselbe ort dermassen verwahren, da:^
die Türken nicht heraussdirfen. "
4 Soldaten erschossen und ein schwangeres Weib. Jetzt nachte«
wird beiderseits geschossen.
') Konnti« ich nicht ermitteln.
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 295
21. September. An der oben erwähnten näheren Schanze wird
fldssig gearbeitet Hoffentlich können wir heute Nacht das Geschütz
hineinbringen ^und alsdan erst die vestung mit ernst beschüessen
mügen. * Die Türken haben bis jetzt herausgeschossen, doch ist nur
ein Boss Terletzt worden.
«I. D* lassen berathschlagen, ob nicht auf ainen sehr naheten
pass ain prucken zue den Italianischen zu schlagen, das dann ein sehr
nfizlich und gewinschte sach wer.*
Herberstein kommt wohlbehalten wieder; er hat nichts aus-
gerichtet, «dan die goestrigen Türken das leger zum fmemal zue
Pressenz gehobt und sich volgundts auf Gabotsch von mehrer
sicherhait wegen begeben, diese und noch mehr gesellen mechten
unss oeffter haimbsuchen. '
22. September. Nächstvergangene Nacht hat man an der oben-
gemeldeten Schanze weitergearbeitet und eine gute Anzahl Schanz-
körbe aufgerichtet und gefÜUei 8 Arbeiter wurden verwundet,
3 tötlich. unter andern ist dem Baumeister zu Petrina, Philipp,
die rechte Hand weggeschossen worden, dass man sie nicht wieder-
finden können.
Nachts hat es geregnet, dann hat der Wind den Begen ver-
trieben. ,Also das unser lieber herr auss sondern gnaden ungeacht
der jetzigen herbstzeit und dann das wetter das ihrige thain; wenn
auch wür nup hurtiger waeren' ...
Man sagt, es sei in Eanizsa ein nümbergischer Büchsenmeister,
der sein Weib erstochen, aus Nürnberg geflohen « und volgundts sich
türken lassen.* Dieser soll der gewisseste im Schiessen sein. Täg-
lich fallen einige Soldaten.
sHergegen haben wür in unsern schanzen kainen boessem als
den vor 18 tagen auss Eanizsa entwichnen pixenmaister, der sich wol
belt und mit seinem schiessen am meisten schadet.
Die Welschen pixenmaister aber hoben so schlime abmessungen,
dass sich ihre landsleith selbst schaemen und darob verwundern,
dann vil kugeln gar der vestung gefaelt haben, damit würdet kraut
und lot maistestails vergebens verschossen.'
Aus den benachbarten Spanschaften kommen die Truppen all-
mühlig zusammen. Im Ganzen sollen etwa 2500 ankommen.
22. September. Wegen des starken Schiessens aus der Festung
hat mau die Stücke nicht gänzlich in die letzte Schanze bringen
koennen.
«Die Italianer sein wegen der profiant nit zuMden; man hat
iueu aiu laibl bei anderthalb pfund 7 dreyer, das ist 21 pfenuig (/^)
i
296 Stanffer.
angeschlagen, wie man dann befindet, das es nit wol leuchter in
erwegang aller zerung gegeben werden mag; aber der herr commissari
will es kurzumb aber 5 dreyer nit zallen, das ist 15 pfennig wert;
alss mein g. herr ja den schaden leiden müessen; sonst ist der
profiant halber alle guete f&rsehung geschehen."
, Sonst hat man guete kundschafb, das sich die Türken wegen
unsers unausgesezten schiessens in die yestnng sehr hoch und über
die mass fürchten und inen das grosse geschüz gar grossen schaden
thue, onderainsten 8, 7, 4 und finf 1?ürken an der statt bleiben;
wass von unserm leger mit grossen stucken mit macht eingeworfen
und von einander zersprengt wirdet, das verpauen sy widerumb.
Oleichwol sey den Türken biss dato von unserm leger aus ir geschüz
nit verlezt oder schadhaft worden, aber doch dringen die kugl durch
das polwerck durch und durch."
23. September. Heute Nacht hat der Feind stark geschossen;
2 Schanzgräber wurden verwundet; 8 Personen etwa sind aus dem
madruzzischen quartier gefallen, ausserdem sind etliche verwundet
worden.
«Das geschüz hat man in die andere nachete schanz noch nit
gericht, dann man wil sich genuegsamb versichern ; diser Verzug aber
würdet danenhero fÜrnemblich verursacht, das man kainen lauigraben,
wie sonst deV gebrauch ist, machen künen weil man stracks im graben
nur ainen schuech tuef wasser findet, dahero nun etliche hundert
schanzkoerb gemacht, angeftllt und also das haubtwerck sambt dem
Zugang versichert werden müessen, weliches dann ein guete zeit his-
weck nimbt und allain ain nachtarbeit ist; zuedem sein die schanz-
graeber etlicher irer verblibnen und geschedigten gesellen w^^n in
ain solichen schroecken gejagt worden, das sy zue diser arbait auch
mit prigeln hört zu treiben und die allerwenigsten bei ihrer Ver-
richtung zu finden; dahero nun etliche frembde hauptleit das beste
thuen, dorundter dann der Carlo Bossi ain soliches lob seines vleisv^
hat, das er mehr zugreifet und arbait als zehen schanzgraeber und
diss nit nur ain sonder alle nacht. Gott gebe, dass er un verlebt
davon kombe.
Weil uns gewinschte zeitung von eroberung Stuelweissenbui^M.
weliche dem herrn graffen von Serin durch den herm Nadasdy^'
geschriben worden, zukomben, hatten mein g. herr wegen erlangung
der vertresten volkshilf zue den erzherzog Mathias den Georg Adam
*) Sie erfolgte am 20. September. Daa Nähere in meiner Abhandlung über
RuBworm p. 78 flF. •) Franz Nadaedy.
Die Belagerung von Kanizsa durch die chrietl. Truppen i. J. 1601. 297
Yon Trautmansdorf und zue dem Duca de Mercurio den grafen yon
VoUmaeraen abgefertigt.
Was ich besorgt, das lasset sieh (unser gefaehrlichs quartier
belanget) nunmehr im werck zimblich sehen; dan heut gleich nach
der predig mit einer kugl dess herrn ürsenbeck ^) und herm Poet-
tingers beede knecht bey ihren zelten jaemerli'ch umbkomben.'
Abends ein stejrischer Soldat niedergeschossen worden vom Feind.
Nachrichten, die gekommen, besagen, dass der Yezier Truppen
zam Entsätze von Kanizsa sammelt; im ganzen will er mit wenigstens
50,000 Mann kommen. Das bezeugt auch des Begen von Fünfkirchen
Secretär, der mit dem Grafen von Serin vertraute Correspondenz hat.
«Zu diser türkischen entsatzung muss nun die begerte hilf auss
Ungarn umb sovil embsig- und fürderlicher getriben werden.
Seytemal unss der allmechtig mit der weissenburgischen erobe-
rung erfreyet, haben wür dessen ain zaichen geben und dardurch
dem feindt ain mehrern schroecken verursachen woellen. Ist also
nach eingenombnen nachtmol das Te deum laudamus in beysein des
herzog von Mantua gesungen und unter dem Ave M. im ganzen leger
auf beeden diser und der andern seiten dreymal lossgeprent wordeu,
weliches dann gewiss lustig zu sehen und zu hoeren gewoest.* Was
wird sich der Feind wohl dabei gedacht haben?
3 italienische Soldaten sind gefangen worden ausserhalb des
Lagers neben dem Wald. « Sy brauchen halt allen fieiss und erzaigen
sich allerseits munterer alss unsere krüegsleif
23. September. „ Der gottesdienst würdt mich von mainer orden-
und taeglichen beschreibung abhalten, allain sovil, das mir mein
g. herr gleich jetzt bevelchen E. f. D* zu erinem, dass mir mit diser
belegerung unser sachen zimblich weüt gebracht und die eroberung
in gueter hofiPaung stehe, aber doch dorneben gar guete kundtschaft
von einer storcken entt^atzung ankomen; wie dann der vezier mit
aller miglichen macht herwerts zieche und die vestung entsetzen
wellen sollen. Daher dann mein g. herr zue erzherzog Matthias und
Mereoeur schickt, damit sie mit ihrer macht unserer impresa bey-
springen und die oft zugesagte hilf schicken wellen. Sunst da etwas
gefaerlichs entstehen und sie nit wie allezeit verdrest worden, bey-
springen wurden, so wolten I. D*^ vor meniglichen entschuldigt sein,
gleichwol sich I. D*^ und die irigen befleissen wellen, ob sie wider
diese vestung vor der ensazung wass guets richten kunten.*
') Vielleicht Freiherr Christof von ürsenbeck, der übrigens seit dem Jahre
1603 im Gefolge des Erzherzogs Matthias erscheint. Vgl. Stieve, Briefe und Acten
Bd. V 614'.
i
298 Stauffer.
Aussage eines aus Canisa entsprungenen Weibes: .der pascha
alda seye ein kurze klain magere person, welcher sich auch yor dem
schuessen und der belegerung sehr furcht, er lasse sich selten sehen
und kumbe wenig ans liechi* . . .
«Sein wonnung habe er in ainem gemauerten stock neben den
grossen thum, wo zuvor der Paradeiser sein residenz gehalten«'
Täglich stürben 4 bis 5 an der Infection; mehr denn 600 Mann
seien nicht darin. Durch das „Gemoess*, welches ihr über den
Qürtel gegangen, habe sie sich in das Lager geflüchtet
24. September. Delfini wäre beim Zurückreiten aus unserm
Lager beinahe von streifenden Türken gefangen worden.
, In Eanizsa sein sehr arglistige, vorschlagne pueben, deren schalck-
hait man sich verwundern muess ; under andern gebraucht der feindt
sich dises schelmischen vortls. Alsbald er auss einem stuck geschossen,
richtet er dasselbe auf ein anders ort, damit man darauf nit schuessen
und ime also dieselb wer nemben kune und mit diser Verwechslung
macht er die unserigen gar irr, auss den gressten stucken scheust er
nur bei der nacht, damit man nit sehen künne, wo sy ligen, wie
dann die kugeln zu etlich fünfzig pfundten hin und wider gefunden
werden und sein eben diejenigen, die man inen ferten in der vestung
gelassen. Damit er under denen, so die schanzen aufwerfen und die
schanzkoerb aufrichten, mit schiessen desto grossem schaden in der
finster thuen müge, drucket er nit al ssbaldt under die leit ab, sonder
legt neben der mosketen und stucken ain zeil pulvers, damit er vor-
her im anzinden ain licht haben, die unserigen dehen und desto besser
trefien moege. Aber ungeacht dessen, so ist dem allmechtigen zu
dancken, das noch bey den vorhandenen fümemben leit und unan-
gesehen das gemainiglich zwo und drey kugeln geladen werden, kain
grosserer schaden und Verlust der personen begegnet Gleichwol dise
nacht des herrn Carlo Rossi fendrich mit einem stuck getrofien und
ime der halbe köpf also zerschmettert worden, das er neben einem
grafen, der neben ime ainen schanzkorb damals gewalgen, stracks
tot nidergeworfen. * Ausserdem wurden 2 Schanzknechte totlich ver-
wundei
, Nachmittag hat der graf von Serin etliche der seinigen zur
vestung geschickt und den drinigen anzaigen lassen, Stuh Iweissenbuig
sey mit gewalt erobert worden, wass sy sich zeichen wollten, man
lasse doch nit nach, sonder woelle Eanizsa haben ; darumben riethe er
inen, sy soltens aufgeben, er wüll bei L D^ die sach dahin richten,
damit sy ohne leibschaden abziehen. Wo nit, so haben sy zu wissen,
das man volgundts den rechten . gewalt brauchen und wider sy desto
Die Belagerung von Eauizsa durch die christL Truppen i. J. 1601. 299
ernstlicher Yerfaliren werde. Auf diss haben sich die ungläubigen
handt kainer antwort gewirdiget, sonder die abgefertigten mit etlichen
spoetlichen verklienerlichen worten zurückziehen. Ist zu hoflPen dise
hoffart werde inen nit rosen bringen.
Auf der vestung hochen thurn hat man so oft geschossen, das
man den«elbigen an heutigen abent allerdings gestuzt und entlich
verwiest, damit kunnen sy nit mer so weit aussehen und der Türk
ferten mit seiner belegerung^ lang nit so weit alss wür noch etlich
tagen komben, also das die vcbtung kain so schoene gestalt mer hat;
ligt aber wenig daran.'
Nach dreimaligem Geschrei schiessen die TQrken vor dem Abend-
Ave aus allen Stücken. Zwei Mann wurden getroffen, einer getötet
Jetzt gegen Mittemacht schiesst man gegenseitig aus grossen
Stücken.
Zwei der unserigen sollen zu den Türken übergelaufen sein.
25. September. Bei Aufwerfung der Schanze ist ein vornehmer
Hauptmann gefallen. 300 Schanzkörbe sind jetzt aufgerichtet Wir
hoffen, 4ass morgen Nacht die Geschütze endlich in die Schanze ge-
bracht werden. An der Brücke über den oben erwähnten Pass wird
gearbeitet
Begen und Kälte machen uns Sorge, besonders wegen der
armen Soldaten.
9 An profant ist gott lob vil mer ain uberfluss als mangl^ dann
die zuefüehr gar starck und man maint, wür betten im leger das
prot wolfailer als zu Graz zu erkaufen. Der allmechtige verleihe die
continuirung.
Ton des feindts ankonfl und entsatzung heret man in gemain
allerlay reden und diss ist die summ, das er über acht tag nit auss-
bleiben solle. Wür haben aber nicht allein auf etlich meil Tschetteu
ausgeschickt, sonder auch unsere gehaimben leit abgefertiget, also
das wür dess feindts Vorhabens hoffentlich zeitlich künnen erindert
werden. •
26. September. ,Nunme]^r will es bey unss sper*) und etlicher-
maäsen kalt zugehen, dann der goestrige regen hat mit ainer solicheu
vehemeudt und kelten continuiert, das dem herrn von Madruzzi des
mitlaufenden wints halber allain in die fünfzig knecht erfroren; vil
gezelt sein ein halbe ein tief in wasser gesteckt, ds fendl so meinen
g. herrn verwacht, hat auch im gewaesch stehen müssen und ist also
*) Hart, schlimoi.
300 Stauffer.
an manichem küel uud sehr mitleidig zuegangen, wie man dann beim
tag noch etliche mit dem fear und wermen errettet
ünderdessen hat man in der oftgemelten schanz wenig fortfahren
mügen und mit yoelliger dahinbringung des geschüez gehet es auch
hart zue, seytemal dasselbe über die prucken der verhandnen kurzen
rechen wegen nicht mit rossen sonder mit menschenhenden vort-
gezogen werden muess, wie dann auch etliche munitions- und andere
ross dess strengen wegs und wetters halber umbgefallen.
Umb Mittag hat sich das wetter züe gueter besserung yer-
aendert, der allmechtig verleih ainen bestandt, auch im übrigen kain
weitere Verhinderung, darauss dann die schoedliche langsambkait ent-
springt und verzeihe gott denjenigen, der ursacher ist, das wtir nit
umb 3 Wochen ehundter ins feld komben."
Trotz des Wetters sind in der Nacht dreimal reitende Türken an
unsere Wacht gekommen, welche jedoch noch rechtzeitig bemerkt
wurden.
In Pressenz^) sind nach eingegangenen Nachrichten viele Türken
angekommen; zur genaueren Erkundigung sind Leute abge8end3t
worden.
»Der herr Ban im Windischland soll erst in 3 tagen mit un-
gefaehr 2000 mann zue ross und fuess komben. Wann nur die 300()
* teitschen reiter auch nit weit von hinnen und alle hilfen zue rechten
zeit da waeren.*
27. September. Es ist Nachricht gekommen, dass die TQrken
aufgeben hierher zu kommen. Die Bässen wollen Zusammenkunft
halten, weil der Herzog von Mercoeur Ofen belagern wolle. »Wann
dem also, so hetten wür ain guetes zuesechen und ain (ruchtbarliche
Verrichtung zu hoffen.* Zu Presenz sind nur streifende Türken an-
gekommen, »solche, die zungen fangen kinten, wie inen dann die-
selben nit faelen sonder taeglich zustehen, weil das gemaine gesindt
mit holung der fuetterung und in ander weg so unachtsamb und über
die ernstliche verpott unaufmerckig, inmassen dann einem herrn dise
tag drey saemer*) verloren worden."
Nachts heftiges Schiessen ; ein Ca valier von Malta wird erschossen.
»Die kelten lasset noch wenig nach, aber der neue mondschein
hat unss ein trucknes wetter geprachf 2 Wölfe hätten heuk
Nacht bald Lärm hervorgerufen, da man sie für Türken hielt.
28. September. Jetzt in der Nacht wird stark geschossen. Ein
(Javalier von Malta »Molzae" genannt dess herrn »Tury« vetter und
•) Walirsclieinlich ißt Bezencze (südöstlich von Kanizsa) gemeint. *) Säumer.
Die Belagerung von Kanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 301
ein furnember Leutnant wurden in der Schanze erschossen » und weil
dise hauptschanz soyü guete leit hinweg nemben thuet, waere zu
winschen, es blib ainst dabei, wie es dann auch nunmehr hoffentlich
an dem ist, seitemal das geschtU allberait alles an der handt und
sambt der munitions notturft dise nacht ordenlich in ermelte schanz
also gericht werden solle, damit man morgen mit angehendem tag
die ernstliche beschüessung und batteria fürnemben mige, zu wellichem
ende mein g. herr neulich zue dem herzog von Mantua geritten;
allda sollen die heubter im rat zusamben komben und aigentlich be-
rathschlagen, wass gestalt soliche batteria f&rzunemben und am
boesten anzustellen.
Es hat heute in der frue einen solichen starcken reif erzaigt,
das wür unss alle zu verwundern gehabt; dahero nun abermalen nit
ain klaine anzal groeber für die notleidenden kranken Soldaten, so ir
leben dises streng9n wetters halber alss unbeclaidt aufgeben müessen,
gemacht worden und ist wol in gott zu erbarmen, das die armen
madrutschischen knecht Yon iren besoldungen sogar nicht wüssen
und emp&hen. Muessen also armselig dahin sterben und yerderben,
wie dann ir vil im leger hin und wider peÜen gehen. 0 wie ein
schwaere Verantwortung legt ime der auf, so an diesem schuldig ist
and ich glaub nicht, das in solichem regiment vil über 8000 gesunter
Soldaten mehr verbanden. Also gehet es auch mit den paepstlichen
Soldaten schlecht genueg zue. Ire haubt- und befelchsleit angariziern^)
dieselben mit dem prott, so inen teurer einraumben und sonst solicher-
massen halten, das sy zue 20 und dreissig und mehr auf ainmal ent-
laufen. Sonst ist die vestung Eanizsa nunmehr zimblich beschossen
und hat bei weiten die gestalt nit mer wie zuvor. Wan wUr nur
erfahren mochten, wo sich der pascha versteckter befinde.*
Der Herzog von Mantua hat (in Folge des feuchten Wetters
jedenfalls) eine Geschwulst am Knie bekommen.
29. September. .... Mit denen alberait piantierten zwelf stücken
ist ain gueter anfang der beschiessung gemacht worden, aber die
Türken werden nit feyren, das verprochen widerumb zu flicken und
dise nacht fleissig zue arbeiten, also das morgen (mit goettlicher ver-
leichung) ermelte beschiessung iren wircklichen vortgang eraichten
wirdet und ist gleich recht, das diss werck an dem kirchenfest des
heiligen Hieronymi fÜrgenomben wirdet, dann weil er nicht weit von
hinnen gepürtig^) kann er ein furpitter sein, damit sein vaterlandt
von des Türken tyrannischen gewalt erledigt werde.*
*) Von angariare = pressen, plagen. ') Er war geboren zu Striden in
302 ßtauffet.
Anbei ein Brief, der beweist, wie die losen Leut, am uns zu
erschrecken beiorug gebrauchen; es soU ihnen aber nicht gelingen^).
30. September. ,, Vorgestern sein abermal etliche gehuldigte
paum aoss der vestung entloffen, aber ins leger nicht, sonder an
irem geraden haimb ziehen auf klain-Comorn komben. Melden, das
unsere stuck der hauptbatterie, da der stürm darauf hette erfolgen
sollen, in die 50 pandum und ross noch aimal sovil Türken erschlagen
und geschedigt und wan man auf die brescia komben were und sich
die unsserigen recht atachieren betten migen, würden sy sich der
vestung leicht insonderheit aber der herr obrist von Herberstein der
schanz gewiss impadroniert haben, dan sich die Türken sonderlich
alda sehr gefurcht, darumben sy auch in so gueter anzal zu der
resistenz dahin geloffen ; profiandt und munition sey nunmehr in der
yestung, fuetterung aber gar nichts ve^handten; dahero sich nun die
belegerten allezeit resolvieret haben sollen, das hauss noch acht tag
zu halten, da aber inzwischen khain hilf und entsazung kombt, wolten
sy es entlich aufgeben. Gott verleiche die daraufvolgunde volziechung,
damit wurde yil bluetvergiessen verhüetet Sonst sein die Soldaten
zum stürmen noch willig, sonderlich weil ain schweizer, den man
beym zeugwesen als ainen haubtmann brauchet, ain prucken gemacht
die der Fretterischen (!) ingegniem alle weit übertreffen thuet Mau
vermaint genzlich ainen frischen sturmb noch vor dess kayserlicheu
krüegshoers ankonft zu tentiern.
Wür lassen von unserm schüesseu noch nit ob, denn an der
munition noch kain genzliche entblessung; aber der feindt ist mit
grossen stucken gar still, allain was er bey der nacht mit mossketteu
auf die arbaiter zülen thuet.
Dess feindts hierherrucken heret man über die aussgeschickteu
Tschetten gar nichts; dahero nun zu vermueten, wan der feindt er-
fahren wirdt, das unsere bede christliche hoer zusamben stossen, so
^) In diesem angebliclien Schreiben wird dem Befehlshaber von KaniKsa
baldiger und starker Entsatz versprochen. Zuerst soll der Beglerbeg Mahoined
Pascha kommen, dann am 2. des folgenden Monats will der Vesder selbst kommeD
und zwar »mit Janitscham, Spahis und andern Eriegsleuten*, die sich ins-
gesammt »auf 200,000 erstrecken möchten.* Dazu sollen 200,000 Tartaren er-
scheinen: »damit auf der einen Seite wir, auf der andern die Tartaren dio
Christen umringen.« »Wann die Christen unser Lager sehen, werden sie darüber
erblinden.« »Ich hoff in Gott, die Schelmen-Christen werden ihre letzte Zeit
haben und du selbst, wenn wir angreifen, aus der Festung &Ilen. Ich bin froh»
dass ihr mit Proviant und Munition ziemlich versehen seid, wir wollen aber
bald kommen, euch zu helfen.« f. 108.
Die Belagerung von Eanizsa durcli die cbrisiL Truppen i. J. 1601. 803
I
würdet sich hierhenrertB nit wagen, darauf uim die gewisse eroberung
Eanizsas zu hoffen.*
um die Lücke, welche bedauerlicher Weise f&r den ganzen
October in den Berichten Feter Casals vorhanden ist (es liegt näm-
lich nur ein Brief vom 31. October yor), einigermassen auszufüllen,
geben wir iiTi folgenden einen Bericht aus eii^er der halbjährigen
Zeitungen dder Messrelationen über das Haupfcereigniss des Monats,
über den unglücklichen Versuch, Kanizsa durch einen Sturm in die
Hand zu bekommen. Derselbe ist bisher noch nicht benutzt worden
und dürfte durch seine Ausführlichkeit und Deutlichkeit die bis-
herigen bekannten Berichte weit übertreffen. Besonders bemerkens-
werth muss es auch erscheinen, dass in demselben die feige Haltung
der Italiener tadelnd bemerkt wird^).
.Wie der Sturm vor Eanizsa den 28. October abgangen.*
«Drey stund vor Tags rüsteten sich die Haupter und Soldaten
zum Sturm. Nach gehaltenem gottesdienst yerf>e sich Erzherzog
Ferdinand hinauss in eine Schantz den Sturm zu sehen. Vor Auf-
gang der Sonnen erzeigt sich ein zimblicher Nebel, aber ein Weg
als den andern hatte umb ein guts darvor die frische Baterey iren
an&ng mit schiessen genommen, die damit guter Fruchtschaffung
continuirte. Als nun alle notturft fertig und die Sonn nunmehr hell
schiene, führten die Obersten und Befehlsleut ire knecht gegen dem
Graben der Festung, die sich im Anlauf lustig erzeigten; zugleich
sähe man auf der andern Seyten zu der rechten Hand den Obersten
von Herberstein sampt seinen Haufen von weitem durch das Gemoess
hinzurücken, wie ihm dann auf derselben seyten der anlauf zur
Pasteyen und folgends zu der Festung assignirt worden. Endlich
ward das Zeichen mit Drommeten und Heerpauken gegeben, die
Stück wurden ohn ünterlass lossgebrand, die dann zu Zerschmetterung
der Türken flückerischen Gebaw und ihre selbs Hinrichtung wol
gangen;- unter anderm ward ein Türk, so den Blutfahnen neben
ihrem Hauptfahnen zu schwingen anfieng und folgends aufstecken
weit, getroffen, dass er mit dem Blutfahnen nicht mehr herfÜr kam.
Indem unser Volck hinzu nahete, liess der Feind auch seine Stück
etlichmal lossbrennen, ja der Fleiss zu seiner Resistenz war so gross,
dass er etlich Kugeln gar hinauss auf unser Beuterey, doch un- '
getroffen, fliehen liess. Das Geschrey gieng zu beyden TheUen starck
und wurden durch beyderseits Mussquetten nit wenig getroffe;D.
1) Maurer 1602 I p. 82, Stieye 1. c. Nr. 180.
304 'Stauffer.
Als nun der Feind auf der andern Seiten den von Herberstein
und Sforza durch das Oemoess mit zimblichen Yolck kommen sähe,
gab es wegen der Zertheilung unter ihnen ein gross geschrey und
man sähe gegen der Schantz der rechten Hand ein anzahl Türken
auss der Festung laufen, welche gegen den Herbersteinerischen ir
Geschütz etlichmal lossgebrand und deren ein zimbliche Anzahl
nidergeschossen. Etlich haben biss an den Halss waten müssen, dero-
wegen mit ihren Wehren nicht fortkommen moegen, sondern mehr
zurück als für sich zogen. Weil die Feind diese Leyten meisten
Theils verliessen, wurden hierherwarts nicht mehr so viel Schüss
gethan als was die Stück beyderseyts weg nahmen. Einer unter
unsem Büchsenmeistern hielt sich übel, richtet ein Stück gegen der
Festung, dass die Kugeln in unsern HaufiPen einen bey den Graben
traff und schlug wol acht. zu tod. Von einem Türken war auch ein
Baepstlicher Oberster Manchone geschossen.
In- diesem Treffen kam Ertzh. F. eine boese Post nach der andern,
als die Baepstischen betten die Brücken gar nicht werfen moegen^
dann auss dreissig Persohnen, so dieselbe getragen, vier und zwantzig
geblieben. Herr Oberst von Madrutz berichtete, sechzehen der seinen
betten die ander Brücken getragen, die wehren blieben, darauff er
andere geordnet, die weren auch blieben, zum dritten wolten sie es
nicht wagen. Von andern Orten kam Bericht, die Brücke were zu
kurtz gewesen und endlich erführe man, dass der von Herberstein
und Sforza wegen tiefe des Gemoess nicht weiter gehen moegen.
Ist also meniglich wider abgezogen und war schon über Mittag. In
diesem Anlauf ist den Italiaenem das Biesenhertz bald entfallen, dass
sie das Stürmen nit continuiren woellen, als sie gesehen, dass ihre
ein Theil übel Ton Türken mit dem Geschütz empfangen worden.*
Nach der Aussage etlicher Bauern, die aus der Festung Eanizsa ent-
sprungen, sollen bei 600 Türken und Bauern drinnen gewesen sein,
als der Anlauf geschah. Diese haben sich ritterlich gewehrt, auch
Tag und Nacht gearbeitet und das wieder aufgebaut, was die Christen
bei Tag niedergeschossen hatten. „Zudem sie unzehlbar Fewrkugelu
und Bechkraentz herauss geworfen, dadurch der Italiener Schantz-
koerb fast verbrunnen."
31. October 1601. Casal an die Erzherzogin. »Der regen hat
den ganzen tag biss auf diese halbe nacht noch nit auf heren wellen,
seitemal aber ein starcker windt darzue gestossen, ist ain bessers
wetter zu hoffen. Wür haben unss gleich darein ergeben, es sey
nach dess allmechtigen willen aintweder drucken oder nases wetter
Die Belagerung von Kanizsa durcli die christl. Truppen i. J. 1601. ^05
verbanden ; wie hart aber den wacbtenden und ubelbeklaidten Soldaten
dise zeit ankombe^ ist mitleidig zu ermoessen.'
Madruzzi meint^ man könne auch bei diesem nassen Wetter
etwas FruchtbarUcbes gegen den Feind zu wege bringen; wollen
sehen, wie es damit ist.
, Ain guete sach ist uns begegnet, das auss der yestung ain crist
und alter pribecki) gestern hinüber in das itaüenische leger ent-
Sprüngen und heut spat alher gepracht worden ; wass nun irer beeder
aussagen mit sich und nemblichen vil guets bringen, also das unsere
Sachen (den almechtigen sey lob) noch in gueten terminis continuirn,
ob es ja hart und langsamb zugehet*
1. November. «Der almechtig hat unss abermal guetes wetter
verheben, allain das der windt so starck gangen, das vil zeit nider-
geworfen und zerrissen, darunder dann auch meines g. herrn und
Don Johanns selbst nicht verschonet worden.
Also ist uns auch disen abent dise gewünschte zeitung komen
der vezier hette sein volck nicht mer beysamen, sonder wie dasselbe
alberaith zertailet, also betten wür unss auch kainer entsatzung im
wenigsten zu besorgen, erwarten also dess herrn Brenner') mit ver-
langen, damit wür diss noch ein mehrers erfahren.
Nach accomodirung des wetters hat man nicht allein auss dem
walt von neuem peisch, schanzkerb und holz mit häufen zufieren,
sondern auch an der noch imvollenden retirada zue arbaiten an-
ge&ngen. Ist man mit diser arbait fertig, so hat kain verere ent-
schuldigung statt, sonder der stürm kan mit sichern fuess geschehen.
Die vergangne zwo naecht haben die unserigen den Türken mit
Tleiss ainen plinten lermen zu etlich malen gemacht; sy sein aber
so ai^listig, das sy es gemerckt und sich nit vil daran «gekert und
ob sy wol auf die mauern geloffen, so haben sy doch nit schiessen
wellen, weliches dann unser, maists end gewest; weü sy aber das
pulver sparen, ist leichtlich abzunemben, sy werden dessen nit vil
ubrigs haben.
Er der feindt hat sich auch dises vortls gebraucht und versuecht,
ob er unser maistethails mit holz gemachte und angefüllte approchi')
und Bchanzkerb anzinten mechte, dann es sein etliche pfeyl, so er mit
einem feurwerck und paumwol daran gehefft gefunden worden. Diss
') Pervak : Oberhaupt, Dorfrichter. Vgl. Zwiedineck-Südenhorst, Rupprecht
von Eggenberg 1. c. 121»'. •) Vielleicht Freiherr Max von Breuner, der 1608
K&mmerer im Gefolge des Matthias iflt Stieve 1. c. Bd. V, 615^. Es war aber
auch ein Oberst Breuner im Heer vor Stuhlweissenburg. •) Die mit Brust-
wehren versehenen Laufgräben.
Mittheilniifoii YIU 20
306 Stanffer.
werck aber sicliet yilmelir arnem kinderwerck gleich, als das es wass
effectuim und schaden solle und wan es inen gleich geriethe, so sein
doch die wachten jederzeit also gericht, das sj das angezindte mit
dem gleich an der handt Yorhandnen wasser leschen künnen. Die
schanz an der rechten handt wirdet von dem feindt umb ein guets
erhebt; man hat arbeiter und under andern ainen caemeln, den sy
vielleicht zum geschizmcken gebrauchen, darinnen gesehen. ' Es ist
klar abzunemben, das sy sich von derselben seiten sehr fürchten,
wan nur anjetzt das wasser nit so kalt waere.
Es sein zwar heut in die sechzig madruzzische knecht begraben
worden, aber die maisten werden darunder kranck und geschoedigt
gewest sein; dann weil die gesundten in diser angehenden kelten zu
schaffen haben, wie künnen die krancken bestehen und dem feindt
kan es ditsfals auch nit wol gehen, weil er kain prennholz hat.'
2. November. „Die goestrige zeitung des feindts zertrennung
wegen continuirt mit gewisshait, dann unss diejenige vertraute per-
son, darvon ich neulich andeitung gethan^), lauter geschriben: (wie
sie dann dise eingehende nacht alher ins leger selbst kamen solle).
Der vezier hätte sein undergebnes volck wider seinen willen und mit
gewalt abziehen miessen lassen. Die Janitscharen haben durchaus nit
lenger verharren wellen, sonder wol in drey tausend schuss auf sein
zeit gethon, also das sy ine schier erschossen betten, weliches dann
bey Tolnock geschehen sein solle und weil er vezier ferrer nit ver-
bleiben künnen, hat er die übrigen auch abziehen lassen und den
benachporten heubtem bevolchen, wan wür Eanizsa erobert, so sollen
sy kain umbligendes hauss ausser Siget und Gapuschwaer halten,
sondern Babotsch und die übrigen grenizheiser nur aufgeben oder
verlassen. Darmit ist aller feindlicher securs erloschen, der unss auch
bei der waelschen knecht heufiger entlaufung und der Teutschen hin-
sterbung sehr übel bekommen waere. Inmassen dan nur heutiges
tags in die ainhundert und zwainzig knecht begraben worden. Da
künnen nun E. D^ mitleydig erwegen, was vor disem Eanizsa für ein
grosser freythof gemacht werde und ich bin mit vilen andern der
mainung, wür betten zu schaffen, in unserm ganzen leger acht tausent
streitbarer mannen nunmehr ausszuschiessen ; dennocht wollen wür
60 lang es dem allmechtigen gefeilig, ausharren.*
Zwei Türken wurden in der Nähe von Babotsch gefiftngen. « Die
zwen auss Eanizsa letztentsprungene sein heut in unsere schanzen und
>) Der Brief, in dem Casal dies thut, ist nicht vorhanden.
Die Belageriing von Kanizsa durch die dirigtl. Truppen i. J. 1601. 307
reidrada gefürt worden, damit sy alles das zaigen migen, dessen si
sich in Iren aassagen anerboten.
Man hat die gemachten prucken und vorgehabten schoef über
den graben versuecht und alles gaet und reuscierlich befunden, under
andern auch wargenomben, wie der groben am eck des polwercks
auf der lincken handt diserseits nicht drey klafter brait sey; diss
sein nun soliche Ursachen, die ainen stürm mit Christen maturiern
werden. Ich mechte aber wol leiden, dass die Italiener was fleissiger
arbaiteten und ainist an das ort kaemen, dessen eraichung sy sich
noch vor etlichen wochen geriembt haben ; sy brauchen das holz und
die peisch yil lieber zum prennen und wermen alss zue der übrigen
retirada und dannocht werden nur sy die fleissigsten gewest sein und
alles yerricht haben, was will ainer mit disen leiten anders anfangen
als mit gedult alles zu übertragen.
Des alten herrn Yon Eggenberg Carls (!), so unss vor wenig
joren die eroberung Fetrinas currierweiss gebracht, ist heut an beiden
henden mit ainen schuss, alss er den Soldaten, die auf den weren
stehende Türken zue der coglierung^) gezagt, mit verlezung der finger
geschoedigt worden. Anjezt wirdet man tapfer arbaiten, weil ich
auss der festung mit mosketen zimblich schiessen here.
F. S. Oleich jezt kombt ein curier yom herrn Freiner, das der
erzherzog Matthias unss mit zwayen regimenten und 500 pferdten
zuspringen woelle, des dan angenomben, gleichwoU noch mer pferdt
begert Aber sy werden sambt dem fuessvolck vor zehen tagen hart
alhero gelangen. '
3. November. » Unter denen, so sy dise nacht gegen den graben
mit der arbait avanziert, sollen sich die Florentiner am besten ge-
halten haben, darmit fahret man algemach fort. Ich bin aber der
meinung, wan es zue dem rechten stürm angehen, das man ein frische
und nembUch die dritte batteria f&memben, die aber nit lang weren
wirdt: dieses hette man im anÜEmg wol ersparen und die sach auf
ainige haubtbeschiessung richten moegen.*
Da die Türken wol nur sehr wenig Fulver haben, schiessen sie
wenig in den letzten Tagen und mit den grossen Stücken gar nichi
,£s ist meinem g. herrn gerathen worden, weU die impresa der
festung Gastaguoniza^) der Zeit in gueter hoffnung stehe, das L D^
aiii anzal mijb einem petaert hinschicken und die eroberung tentiem
solle, weliches dan auch dise tag in höchster still geschehen.
0 Cogliere == Colpire = zielen. *) Gemeint ist die Festung Eostainicza.
20*
308 Stau ff er.
AusB meinein heutigen postscripto werden E. D^ mit gnaden ver-
nomben haben, das man unss aus dem kayserlichen hoer zway regi-
ment knecht und 500 pferdt zuschicken wirdet, wie nun solicbes
etliche der unserigen vernomben, haben sie vermeldet und sein der
mainung, man werde dise vestung wol ehundter (mit des allmechtigen
segen) erobern als soliche hilf hieher gelangen. Das verleihe sein
goetüiche allmachi
Die zuf&erung der profant wil nunmehr bey dem besen weg und
verderbten Strassen nicht so dick erscheinen. Gott gebe, das wür
die unss zu hilf erscheinende der notturfb nach versechen moegen/
4. November. ,,ünder den italianischen Soldaten ist einer, der
die türkische sprach kan. Diser ist heut gar nahet zuer vestung mit
einem schoenen weissen stuck brot gangen, dasselbe einem Türken,
auf der maur steundt, gezaigt und gesagt, wass weit es der auf-
gebung halber so lange bedencken haben. Darauf liefe der Türck
stracks zurück, kam palt wider und bracht ein stick piskoten und
traezet hergegen, mit vermelden: sehet es, das wür auch noch zu
essen haben.
Sovil die arbait belangt, haben die gethreuesten heüpter, als
Strassoldo und Madruzzi, meinem g. herrn disen abent referirt, die
Sachen stundten gewinschtermassen gar wol, also das wür in wenig
tagen £. D^ die lengstgewinschte guete. Zeitungen moechten zufürdem.'
,Heut sein nur der grossen langen scheitter zu den retiraden
hundert und etliche waegen, 70 schanzkerb und vil peisch gef&rt
worden; man thuet, was man kan und vil ross fallen umb, wann
sy sich in schwaeren füren erhizen und nachmals in der kelten stil-
stehen, so gehen sy dahin und ist vilfeltigen führen nunmehr sehr
hart zu gevolgen. Anjezt here ich zimblich vil schuss aus der vestung
mit doppelhaecken und mosketen; ist ain zaichen, das die unserigen
starck arbaiten.'
6. November. „Der Türk hatt unss heut gar frue und vor tags
aufgemuntert, dann er hat einen ausfall gethan, der sich unge&ehr
nachvolgendermassen verloffen.
Ain guete stunt vor dem hellen tag hereten wür etliche unserer
stuck gegen der vestung lossprennen und darneben ain grosses ge->
schray der Türken und war doch in unserm quartier kain lermen,
aber dannocht stuende man in bereitschaft, weil unsere stuck mit der
lossprennung oft und dick widerholt waren und dis werete &st ein
halbe stundt, letzlich ritte einer nach dem andern daher; brachten
I. D* die potächaft, das der feindt wol mit zwanzig tahnen und in
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 309
die hundert starck herauss auf die paepstliche und florentiniBche
wachten und gar auf die madrutzischen gefallen, aber kaine pichsen
sonder maistestails nur saebl gebraucht Die unserigen liessen sich
anfangs zum thail schroecken und ihr zwen waren nidergesaebelt, ja
der ausfall geschähe so weit herf&rwerts, das die unserigen auss zwayen
ridotti schon yerjagt waren, aber es befunden sich under den paepst*
liehen drey tapfere Soldaten, die den Türken redlichen widerstandt
mit langen spiessen und helleparten nicht allain erwisen, sondern
neben etlicher erlegung und sonderlich eines fendrichs, ainen rotten
fahnen mit einem gelben strich darvon brachten und den feindt allere
dings in die flucht und widerumb zurück in die vestung schlugen.
Das geschrey aber war so gross under den peswichten, das wür
gaenzlich vermainten, inen kaem etwo ein sucurs, weliches unss dann
umb soVil mehr bestaettete, das aber ein weil hernach potschaft kam,
man hette bey der wacht zehen türkische pferdt wargenommen; da-<
rauf dann alsbald ain' tschette in gueter anzal nachgejagt worden.
Nach gestiltem rumor und heraufgebrachten fahnen kamen etliche
italianische Soldaten und brachten in die zehen dicke pechkraenz und
ain trichel^) mit werch von pech und pulver bestrichen. Wass sy
nun mit diser gattung thuen, das sy naemblichen unsere approchi
oder ridotti anzinden wellen, ist leicht abzunemben, betten es auch
nit underlassen, wan inen nur die zeit darzue gelassen worden were ;
dannocht haben sy noch ein köpf der unserigen mit sich gefüert.
Berürten ihren fahnen hat man inen fein im gesiebt den ganzen tag
stecken lassen, darauf sy dann oftmals geschossen.
Es ist zu hoffen, sy werden solicher gestalt sobald nit mer
komen und dis wird den unserigen ein guets herz, dem feindt aber
ein schroecken eingejaget haben.
Ire koepf wird man dise nacht suechen und dieselben auch auf-
stecken. Weyl sy kain pulyer gebraucht ist es ain gutes zaichen,
wie auch der aüs£ftll ihren ubelstand bedeitei'
Ein Welscher, der vor 7 Wochen von den Türken gefsrngen
wurde, ist entsprungen;, der kann uns gute Auskunft geben.
7. November. . Der gestern entsprungene soldat ist ein ein£Eieltiger
brueder, der wenig gesehen, denn er hat allzeit im stall verbleiben
müssen und lang nicht hin und her gehen dürfen, diss aber hab er
uocli gesechen, das man ein feines ross.zu schlachten hergenomben.
Weil unsere ridotti') nunmehr ainist so nahet zur vestung be-
stellt, künen die Soldaten gegen den weren auf die Türken straifen,
0 Kleine Truhe . <) Schanzen.
310 Stauffer.
wie es dann und dem feindt mehr damit schaden beschicht, ab wür
von ihme empfahen.
Auf einer der vorigen prucken bei dem graben zum verrern ge-
brauch verlassen und dameben, haben die unserigen in die 20 lange
püschen küen und langen und subtilen hoelzem zusambengefiegt und
mit pech überstrichen gefunden und in unser quartier gebracht, daraiu
nun abzunemben, das die Türken kainen vleiss sparen werden, xmaei
arbait anzuzinten.*
9 Herr graf von Serin hat nunmehr über hundert personen der
seinigen nit bey ime und er selbst hat auch veraissen wellen, aber
mein g. herr hat ine noch auf etliche tag erbeten.
Ihr vil sein der mainang die kayserliche kriegshilf werde am
nechsten freytag oder sambstag nit weit von unss sein. Es vrill disen
heubtem soliche ankonfb nit zum boesten gefallen, darumben erscheinen
sy anjezt vil vleissiger als zuvor und je geschwinder sy zue dem ernst-
lichen thuen greifen, je mehr haben wir zeit, was mehrers zu ver-
richten und im fall dass die kugeln nit verhindern, stehet es noch
an dem, wie ich gestern geschriben.
Es ist gleich jetzt einer auss den schanzen herauf komen, ver-
meldet, es sey nicht allain zue zwaymal ain grosser rauch in der
vestung aufgangen, sonder die Türken heten auch die porten her-
werts, so mit erdreich angefillt wor, ausgeräumt; zue was ende es
nun geschehen, wirdt bald ausbrechen, aber vleissiges aufmercken zu
haben von netten sein.**
3. November. Die bewusste vertraute Person lässt durch einen
Bauern entbieten, dass der Vezier Tartaren sammelt und seine Janitscbaren
wiederberuft; man erwartet schriftliche Nachricht und mehr Gewiss-
heit. Wenn es auch wahr sein sollte, so besorgen wir trotzdem nicht
allzuviel, «weil die kayserlichen regiment und pfaerdt verhoffenÜich
ehunder zue unss stossen werden ; zudem der vezier mit seinem volck
vor 6 tagen hierher von Fünf krrchen nit gelangen kann. Entzwischen
aber künen wür von unsem ausgeschickten und sonst allerlay erinde-
rungen empfachen und vememben. Ich bin aber der meinung, als-
bald der feindt vernemben wirdt, das aus dem kayserlichen leger so
ain grosse anzahl zn unss stosset, er werde ime gar nit alhero ge-
thrauen. Wann nun diss geschieht, so sein wür diser vestung (mit
goettlichen beystandt) umb so vil mehrers vergewisset
Und weil die karthaunen-kugl alberait angelangen, ist zue hoffen«
man werde noch vor ankonft der kayserlichen kriegshilf, was za Ter-
ßuchen, nit underlassep,
Die Belagerung von Eanizsa durch die christl. Truppen i. J. 1601. 311
Also hat man auch meinem g. herm in Intention geben, dise
nacht mit fewrwerck was intentionieriL Heut ist der Kaerner^) fendl,
80 bis dato die prucken an der Mar und das profant verwacht, ebner-
massen ins leger gelangt, alda wür dan dessen besser bedirfen und
waere zu winschen, dass alle unsere fendl von dritthalb hundert wie
dises starck waere.
Ain meyl wegs von hinnen underhalb S. Niclae, da wür auch
ain fendl in der besazung haben, ist ainer auss dem gemoess herfür-
gehundt gesehen und Yon einem zue fuess, der umb gras hinaus-
gangen, zwar ergrifen worden, alsbald aber die ergreifung geschehen,
hat er sich anderer gestalt nit gewert, als das er stracks ii^ den
puesen griffen, etliche brief in tafet eingemacht und einer mit drei
pettschaft Termacht, herausgenomen, von sich geworfen und ent-
wischt. Der unserige hat ime gleich nit nachgeylt, weil er nur zue
fdess und villeicht mit ainicherlay wafen nit versehen gewest. Wirdt
also dise person ainer aus den verraeterischen poten sein und ist
wol ein beser handl, das man ine nit erhalten. Die brief werden
unzweifenlich von dem pascha von Ofen komen, die man aber noch
nit vertolmetschen kunnen, weil der tolmaetsoh kranck.'
9. November. . . . ^Fürs erste nun haben £. D^ die erwischten
türkischen prief in originali sambt der vertolmetschung hieneben zu
vernemben and sich neben unss zu verwundern, was der lotter pascha
zu Ganisa für wunderliche mittl gebraucht zu unserer forchteinjagung,
aber die eingefürte lugen (mit g. erlaubnuss zue schreiben) sein' gar
onzweiflich; erst heut ist meinem g. herm erzelt worden, wie es mit
erfindung diser brief zugangen.* Die Sache ist nämlich so gewesen:
Ein Archebusier hat einen Türken am Bande des « gemoess * sitzen
sehen; als der Türk ihn bemerkt, ist er geflohn. An der Stelle, wo
der Türk gesessen war, fand der Archebusier die gedachten Briefe.
, Und die maisten heübter unsers legers halten es für ein vertailigen
betrag; dann weil sy sich riemen, sy waeren so wol versehen, ist
eben das widerspiel zu schliessen und zu gedencken, es gehe inen,
den belegerten, gar ubl und dessen ist man wol versichert, das inen
weder profiandt noch munition hinein kan.
Diesen abent haben wür zwo underschidliche erinderungen und
annembliche avisi gehabt; die erste ist auss beyligenden des herm
Brenners abschriftlichen schreiben^) zu vernemben, dass unss nemblichen
inerhalb dreyen tagen und noch ehunder, wo es von neten vür regi-
ment knecht, als das Anhaltisch, Breunerisch, Hof kircher und Bern-
hauserische sambt den Thumischen, Sulzischen und Yohensteinerischen
*) K&mtner Ffthnlein. *) Dieses fehlt.
312 Stauffer.
zuvor alhie gewesten reitern mit goetlicher Verleihung zuekomben,
darmit werden wir zum besten bestehen und den feindt wol nit
f&rchten, wür haben dem herm bischaf von Bosna zu irer pro&n-
tierung entgegengeschickt und eben morgen komben sy auf sein
guei' Fürs zweite ist die Zeitung gekommen, dass der Yezier seine
Truppen nicht hat zusammen halten können, «ermelte Zeitungen
haben die heibter und das kriegsvolck dises leger sehr erfreyet und
erquicket. •
«Under den madrutzischen haben sich sechzehen befunden, die
neulich, da man den stürm anlaufen wollen zurück und aus den
schanzen gewichen, dahero nun über sy erkent und alle zum sträng
verurtailt worden. Dieweil man aber f&r sy gebeten, hat man inen
das leben geschencket, doch das sy vor andern neben dem graben
arbaiten, die prucken tragen, richten und dergleichen ge&ehrUche
Verrichtungen über sich nemben sollen ; da werden ohne das soUcher
gestalt ir wenig darvon komen.'
Johann von Medici erzaehlt mir, dass die Türken bei ihrem
jüngsten Ausfall einen schlafenden Posten lebendig in die Festung
gebracht haben.
«Es hat der feindt die vergangne nacht und heut mit stainen
uiid ziegelstücken geworfen; dis ist auch ftlr unss kein beses zaichen.**
Beilagen zum 9. November. , Inhalt des Schreibens, so der Hassan
pascha. Zofer aga und Saban tuftedor dem vezier gethan.^
Weü der herr zu wissen begehrt, wie es mit uns ein gelegenheit
habe, also ennder ich ine, das unss bishero noch wol ergehet; mit
profiant, volck, munition und andere victualien sein wir auch zimblich
versehen, also das wir dise vestung aufs wenigste vierzig tag wol
erhalten künen; nichts desto weniger bitte ich den herm, er welle
nicht saumbig erscheinen, sonder sich ehist hieher ftlrdern, dan wir
den feindt umb das er zerstraet und in acht underschidliche ort aas-
getailt gar leicht schlagen koenen; aus den unerigen seindt nicht
mehr als 60 umbkomen." etc. etc.
a Wisse verrer der herr, wie der feindt berait einen stürm tentiert
Aus des herm schreiben hab ich auch vernomben, wie er des
feindts hoer in Ober-Üngam geschlagen, etliche stuck, grosses ge*
schüz und viel stattlicher gefangener bekomben. Als wir dise freliche
Zeitung vernumben, sein die unserigen alsbald auf des feindts munition
gefallen, etliche nidergehaut, etliche aber gefangner in die vestung
gebracht Von den unserigen sein nur zween umbkomen. Von den
gefangnen haben wir auch gern vernumen, das der herr densig erhalten.
Die Belagerung Yon Eanizsa durch die Christi. Truppen i. J. 1601. 313
Zum fall der herr in aigner person und mit dem ganzen hoer
nit erscheinen kan, wole er nur die 40,000 man und 30,000 Tartam
sambt etlichen Begier Begen hierher schicken; yerho£Pen den feindt
mit zugebung gottes leichtlich zu erlegen."
Das zweite Schreiben angeblich gerichtet an den ^Ischenda
Tseleby und den andern agis", enthält ganz dasselbe wie das erste,
nur wird von dem gemachten Ausfalle in prahlerischer Weise be-
richtet: 9 Als wür dieser tage auf des feindts munition geschlagen,
seind die f&membsten aus inen nidergehauen und vil gefangen worden. *
Soweit führen uns die Berichte Gasais. Es ist bezeichnend f&r
dieselben, dass auch in dem letzten derselben noch keine Ahnung
von dem nahen Yerhängniss vorhanden ist. Gasal ist toU der besten
Hoffnungen: Die Türken werden keinen Entsatz bekommen, die
Truppen aber, welche uns Entsatz bringen sollen, sind bereits in
unserer Nähe, es wird alles einen guten Ausgang nehmen. Aber es
kam ganz anders. Zwar bekamen die Türken wirklich keinen Ent-
satz, während Busworm mit den christlichen Truppen am 14. ins
Lager von Eanizsa rückte. Doch brach nun furchtbares Unwetter
herein, Busworm öffnete dem Erzherzog Ferdinand die Augen über
die Fehler der Belagerungsanstalten und am 16. November brach
man erschreckt und verwirrt auf, um ohne Ordnung und Besonnen-
heit den Heimweg anzutreten. Alle Bemühungen des Marschalls
Busworm, we^iiigstens einen ehrenvollen Bückzug herbeizuführen,
scheiterten^).
■) Alles Nähere hierüber vgl. in meiner Abhandlung über Rusworni p. 88 fiP.
i
Kleine Mittheilungen.
Deber em Drkaideifnpieiit ni 8t fialleii. Auf der Stiftsbibliothek zu
St. Gallen Ms. Nr. 1394 befindet sieh ein durch y. Arx von einem
Bücherdeckel abgelöstes Bruchstück einer Urkunde, welches von Fickler
in den Quellen und Forschungen zur Geschichte Schwabens S. 5 nach
einer ihm vom Freiherr v. Lassberg mitgetheilten und w^en der
vom späteren Drucke mehrfach abweichenden Lesung anscheinend Ton
demselben gefertigten Abschrift veröffentlicht wurde, mit dem Be-
merken, dass nach y. Arx's Vermuthung das Stück um 840 geschrieben
sei. Den Ausstellungsort wusste er nicht zu bestimmen, dachte aber
zunächst an die Gegend von Zürich. Das Stück, wurde dann noch-
mals yon Wartmann im ürkundenbuche der Abtei St Gallen 2, 399
abgedruckt mit dem Bemerken, dass durch die Ablösung und die
Anwendung von Beagentien der grössere, genau bezeichnete Theil
unleserlich geworden sei und nur nach der früheren Abschrift des
y. Arx gegeben werden könne. Hat auch Wartmann • auf eine Be-
stimmung der Ortsangaben verzichtet, so bemerkt er bezüglich der
Zeit, dass die Schrift beinahe noch den merovingischen Cursivcharacter
trage, so dass unter dem erwähnten Imperator nur Karl der Grosse
oder Ludwig der Fronmie verstanden werden dürfe. Aber diese An-
gabe gibt nur einen weiteren Beleg, wie leicht sich auch ein so ge-
übtes Auge in der Zeitbestimmung nach der Schrift irren kann, wenn
die Gegend der Entstehung nicht feststeht und es sich um Stücke
handelt, die nicht aus einer grösseren Eanzlei hervorgegangen sind,
bei denen dann leichter individueller oder auch antiquirter Schrift-
character zur Geltung gelangen wird. Denn das Stück kann frühestens
975 entstanden sein.
Hatte ich die Urkunde f&r rechtsgeschichtliche Zwecke zu be-
nutzen und lag mir daher daran, Zeit und Ort der Ausstellung genauer
zu bestimmen, so bot den nächsten Halt der bestimmt auf Italien
deutende Titel Judex domni imperatoris, während zugleich das Vor-
kommen eines solchen an einem kleinen Orte Entstehung schon im
neunten Jahrhunderte unwahrscheinlich machen musste; vgl. meine
Ueber ein Urkundenfragment zu St. Gallen. 315
ItaL Forsch. 3^ 5 ff. Las v. Arx den Ausstellort .Gemenne', so hat
Fickler »Lemenne*; und so heissi in den älteren Urkunden das jetzige
Almenno nordwestlich von Bergamo. Davon ausgehend liess sich mit
Hilfe der im Codex diplomaticus Langobardiae vereinigten Urkunden
das Nähere leicht bestimmen. Wird im Bruchstück eine Ferlinda,
Tochter des Bertari, genannt und neben ihr, ohne dass sich die Be-
ziehung beider bestimmter ergäbe, ein Graf Atto, so ist gar kein
Zweifel, dass wir in diesem den seit 957 oft genannten Grafen Atto
Yon Lecco zu sehen haben, dem Almenno gehorte; denn die neben
ihm genannte Ferlinda wird seit 973 mehrfach als seine Gemahlin
erwähnt, und zwar gleichfalls ausdrücklich als Tochter des Bertari
bezeichnet, C. L. Nr. 750, 758, 763, so dass jede Verwechslung aus-
geschlossen isi Lautet nun die Urkunde dahin, dass der Bruder des
Atto das Mundium über Ferlinda verkauft, so kann die Urkunde
natürlich erst nach dem Tode des Bruders ausgestellt sein; es ist
demnach zweifellos das das Yerständniss erschwerende, wohl auf ein
«qd* der Urschrift zurückgehende « quod' in beiden Drucken in, quon- ,
dam* zu ändern und die unverständliche Stelle zu lesen: .pro mundio
Ferlinde filia Bertar[ii] cognata mea [relicta] quondam Atoni comiti
de loco [Leu]co fratri meo. ' Atto liess 975 Apr. 6 und an den fol-
genden Tagen, vgl. C. L. Nr. 757 ff., zu Lecco Urkunden ausstellen,
die sichtlich darauf berechnet sind, der Ferlinda noch über die ihr
nach dem salischen Becht ihres Mannes zustehende Tertia hinaus
Vermögensvortheile zuzuwenden; es wird darin zu seinem Handzeichen
bemerkt: »qui propter infirmitatem suam menime scribere potuit*,
so dass er ganz kurz darauf verstorben sein wird. Jedenfalls vor
Juli, wo er in der der Ferlinda zu Almenno ausgestellten Verkaufe-
urkunde Nr. 763 als , quondam Atone' bezeichnet wird. In dieser
werden nun weiter auch mehrere in dem Bruchstück erwähnte Per-
sonen genannt. Einmal der kaiserliche Judex Dagibert, dann Gisel-
bertns de Cisinusculo und Warimbertus de G[aligo], genannt nach
OemuBco und Calco südwestlich von Almenno. Es wird weiter nach
der für Atto am 9. Apr. ausgestellten Nr. 760 eine weitere Per-
sonenangabe wahrscheinlich zu ergänzen sein mit: Johan[nes de
Clavenna lege vivens] Bomana teste. Danach ist gar nicht zu zweifeln,
dass die Urkunde frühestens 975 ausgestellt ist; bei der Ueberein-
stimmang so vieler Personenangaben aber auch schwerlich viel später«
Fickler bezeichnet die Urkunde als Ehevertrag. Es ist allerdings
nicht anwahrscheinlich, dass das Mundium über die Wittwe vom
Bruder des Verstorbenen dem Bichardus de Tobiaco verkauft wurde,
weil dieser jene zu heirathen beabsichtigte. Er wird 973 in Nr. 750
i
316 Kloine Mittheiliingen.
bei Atto und Ferlinda erwähnt, aber zu Verona; er war auch nicht
etwa ihr nächster Schwertmage, da Nr. 758 ein Bruder und ein Neffe
der Ferlinda genannt werden. Mag aber der Verkauf durch beab-
sichtigte Ehe veranlasst sein, so ist wenigstens mit keinem Worte
darauf hingedeutet; und es scheint mir gerade desshalb die Urkunde
von besonderem Interesse zu sein. Ist sogar Weiterveräusserung yor-
gesehen, da das Mundium dem Käufer ,et cui tu dederis* aufgelassen
wird, so sieht man leicht, dass die Formel, nach der die Urkunde
gefertigrt zu sein scheint, nicht blos die übliche Dismundiatio an den
Ehemann im Auge hatte, sondern f&r jeden Verkauf des Mundinm
verwendbar sein sollte. Betont Fickler, dass der Verkauf « iuxta legem
Bomanam* erfolgt, so hat das insofern keine weitere Bedeutung, als
der yerkaufende Diacon Abo, nach seiner Geburt natürlich gleich
seinem Bruder Salier, nur seines Standes wegen nach römischem
Bechte lebi
Innsbruck. Julius Ficker.
BnuksUIek eiaer dentsdiei Beirbeitinig der lltwten steiriMheii LudkuifffU
TM 1186 ans der Zeit tob 1239 bis 1251. Unier den Handschriftenbruchstücken
der ftlrstlich Fürstenbergischen Hof bibUothek zu Donaueschingen be-
findet sich auch ein Blatt einer Schwabenspiegelhandschrift, die zu-
gleich die hier gebotene üebersetzung der ältesten steirischen Hand-
yeste yon 1186 enthält Oeschrieben ist der Codex in der ersten
Hälfte des 14. Jahrhunderts. Das Blatt (beschriebener Baum 18,6 cm
lang, 1,40 cm breit) enthält auf der ersten Seite yon dem Inhalts-
yerzeichnis des Lehnrechts cap. 89 — 141, auf der zweiten Seite sind
noch eingetragen cap. 142 — 147, den Best (IVg Spalten) ftOIt der
Anfang der üebersetzung der Handyeste vom 17. August 1186 (ge-
druckt bei Zahn, Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark I, 651,
Facsimile bei Muchar, Geschichte des Herzogthums Steiermark IV)*
Nach den Untersuchungen yon Luschin (Die steirischen Landhand-
festen in Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen IX,
199 ff.) sind yon einer üebersetzung dieser magna Charta der Steier-
mark bislang nur Handschriften des 15. Jahrhunderts bekannt, die
freilich auf eine Vorlage weit früherer Zeit zurückgehen müssen. In
dem Donaueschinger Blatte ist also die — meines Wissens — älteste
Handschrift einer Üebersetzung erhalten, die hier wiederzugeben ans
dem Grunde nicht überflüssig ist, weil die üebersetzung eine Ab-
änderung bez. Fortbildung des Bechtes darstellt und wir mit
Sicherheit das Alter der üebersetzung fixiren können.
ärüchstück ein. deutsch. Bearbeitung d. steir. Landhändvesie V. 1 1 8<>. 317
Das Original der Handveste ist nicht unverändert geblieben,
yielmelir hat Luschin nachgewiesen, dass die erste angehängte Be-
stimmung noch von Herzog Ottokar herrührt, also Yor 1192 hinzu-
gef> sein muss; der zweite Zusatz, der in den ursprünglichen Text
von 1186 eingefügt werden sollte, rührt von 1239 her, der letzte
Zusatz: ,Si dvx idem sine filio decesserit, ministeriales nostri ad
quemcunque uelint, divertant' ist nach Luschin zwischen 1239 und
1251 hinzugekommen. Da nun wol der zweite Zusatz an der richtigen
Stelle in unserem Bruchstücke steht, der dritte aber nicht eingefügt
ist, so muss unsere üebersetzung bez. deren Vorlage auf die Zeit von
1239 bis 1251 zurückgehen, wie das Luschin auch für die beiden
Handschriften saec XV (Cod. 23/26 fol. der Orazer üniversitäts-
Bibliothek und n^ 3064 der Handschriften des steierischen Landes-
archives) annimmt^). Es würde die üebersetzung nur antiquarischen
und sprachlichen Werth haben, wenn sie eine wörtliche Wiedergabe
des lateinischen Originals wäre. Das ist sie aber nicht. Ich sehe
von kleineren mehr sprachlichen Abweichungen ab, auch davon, dass
an mehreren Stellen Kürzungen gemacht sind; dass der Zusatz über
die nach 1186 noch von Ottokar zu machenden Schenkungen fort-
fiel — eine sachliche Aenderung finde ich an vier Stellen. Die
meisten Aenderangen gehen auf die Handyeste Friedrich IL von 1237
April zurück (Huillard-Br^h. V, 61. Steiermark, ürkundenbuch II, 461
aus dem Orig.). In der Ottokars war bestinmit, dass bei Streitig-
keiten super prediis vor den Richtern auf Grund der Zeugenaussagen
gehandelt werden solle, die Handveste Friedrichs bestimmt, dass auch
ordine iudiciario secundum iustitiam zu verfahren sei, in der üebersetzung
heisst es: .vordengesatzten richtem.... mit recht und mit gericht*. Auf
dieselbe Quelle geht eine Abänderung zurück; im Original Ottokars
heisst es: „Beneficia, . . . si a duce Austri^ in proprietatem fuerint
empta **, bei der Handveste Friedrichs U. ist das umgeändert in « etiam
si a domino terre", wodurch der Sinn geändert wird. Das etiam ist
zwar nicht in die Üebersetzung aufgenommen, wol aber ist der ,» do-
minus terre* ,der landes herre* beibehalten. Die durchgreifendste
Aenderung erfolgte aber in dem Passus über die Freiheit der Schenkung
an die einzeln aufgeführten Klöster. Das Original von 1186 hatte
das Recht beschränkt, es war nur denen gestattet, welche Conversen
werden wollten und war an die Zustimmung des Herzogs gebunden.
Ottokar selbst hatte schon in dem ersten Zusätze die Errichtung von
1) Eine nähere Prüfung dieser Handschriften, die meines Wissens nicht ge-
macht ist, würde vielleicht zeigen, dass sie und unser Bruchstück auf eine gemein-
Kime Quelle zurückgehen.
Kleiiie Mittbeiliingen.
1 proprio fondo and die Schenkungen an die Pfarrkirchen
in der üebersetznng sind die beiden Bedingungen tüi die
;en tut die Klöster aufgehoben, ea kann jetzt jeder Diengt-
äch geTellichait * den genannten Elöatem schenken .saines
In der Handreate FriedrichB ist aus der freigegebenen Ver-
die Pfarrkirchen die : , licentia . . conferendi de prediis eonun
buitu pietatis ' geworden. Aus diesem ganz allgemein gehaltenen
nun die üebersetzung sich den Passas ftlr die Vei^bung
Sster umgestaltet.
'ortlassung der Bestimmung Über das Recht der Entfremdnng
rielen Dienstmannessöhnen kann ich nicht auf eine bestimmte
ng zurUckföhreu.
allem hat die zwischen 1239 und 1251 entstandene Deber-
ich einen materiellen biatorischen Werth neben den älteren
Testen. Dass sie mit dem Schwabenspiegel zusammensteht,
ils Anhang zu demselben oder aber direct zwbchen K^ister
ti ab Einleitung ; was das richtige ist, ISsst sich nicht ent-
- beweist, wie hoch man in Steiermark den fiesite dieses
tes* anschlug, das die Entwicklung der steirischen Oe-
kr alle Folgezeit bestimmte.
hebt sich an hertzog Otakchers von Stejr hantnest*).
m nameu der heiligen driualtichait. Hertzog Otakcher von
gotes genaden geit disen brief allen den, di rechtes geUuben
leret daz gotleich vnd menschleich recht auch monet tob
nser eigen natur, daz wir den vnsem raten schAllen, daz
IT ist vnd her nach wirt Wan einez igleichen menschen
reich oder arm sei, daz zerget vngewisleich vnd rnstetleich,
lol ein igleich betrachten vor tod, wa?. vnd wem vnd wie
£, daz er selb nach tod niht gehaben mach ; Tud-wan Tnaer
von seiner parmung allain vns''} an lauten vnd an gvet
verüben hat, do von waz vnser sorg niht chlain, seint wir
en beten, wem wir allez vnser erb schvllen lazzen. Dar
h dem witzzigem rat vnser tenristen laut haben wir bezekent
den manleiehen vnd den getrevn hertzogen Leupolden von
vnsern mach, daz er vnser erb schol besitzzen, ob wir
9 _ bantnett*, wie der folgende Au&ugBbuchatabe roth. ■>) Du
i)riginal hat: ,primo parentibus noBtiii deinde nobii.* e) ,aiiib'
bineincorrigirt.
Bruchstück ein. deutsch. Bearbeitung d. stein Landhandveste v. 1 186. 319
aü geerben veruaren, wan vnser paider Idnt bei ein ander ligent,
vnd wir daz wizzen, daz er vnser giieter freunt ist vnd wir im dez
getravn, daz er nymmer vnser schaden noch vnser lauten gewirbet,
so well wir daz di lant*^) paid vnder einem forsten vnd in einem
vrid beleiben. Vnd dar vmb daz dehain sein nachomen der seines
?ater haimleich vergezzen wolt vnd sein genade an vnseren lauten
wolt prechen, dar vmb wellen wir allez ir recht schreiben®). Wir
»etzzen dez ersten, ob der selb hertzog Leupolt vnd sein svn Vridreich,
den wir vnser guet' gemacht haben, vns vber leben, so schullen
si divnserninirgewalt sovestichleichvndso gerwe-
leich haben, ob si halt dez reiches huld verlüren,
daz si si niht dar vmb lazzen schiillen. Dar nach
swelher vnter^) seinen unken^) vnd land ze Österreich hatf
der sol auch daz land ze Steyr haben vnd schvllen sein prüder dar
vmb nicht chriegen^). Der selb hertzog sol inne haben^) di gotz-
hauser't) vnd der chlöster voytei, di vnser frevnt gestiftet habent, vnd
äol sein furstenrecht, sein vest, sein lant, sein dienstherren gentzleich
besitzzen^). Wir setzzen auch, swelher Steirer mit einem Österreicher
heiratt, der hab daz recht dez landes, do er inne wil beleiben. Auch
setzzen wir, ob ein Steirer an geschift verfert, so sol sein nächster
mach sein erbe guet besitzzen. Ob ein Steirer den andern vms icht
an spricht, daz schol man niht mit champf pringen, di chlag sol man enden
mit der bewärung der erbem zeugen ; vnd wirt ein chlag vmb ein erbguet,
daz sol man enden vor den gesatzten richtern mit gezeugen mit recht vnd
mit gericht™). Auch verwerffen wir an lehen rechten di gewonhait, di da
haizzent an velch vnd ob di vater nicht svn haben, so schullen di
tochter ir erbguet besitzzen. Wir setzzen auch daz, ob ein man von
einem herren ein guet hat ze lehen vnd ob der landes herre") dar
nach daz selb guet ze aigenschaft chauffet, so sol man doch den do
d) Es steht da »laut*, es ist aber übersetzt »prouincia.* e) Im Original:
»patemi moris simul et mutuQ familiaritatis obliuiscens in ministeriales et
prouinciales nostros impie crudelitenre presumat agere, iura nostrorum secun-
dum petitionem ipsorum scripto statuimus comprehendereac priuilegio munire.«
0 Es steht da »vnser*., im Original aber »de suis.* e) Das gesperrt ge-
druckte ist die Uebersetzung des zweiten Zusatzes, der so endet: »Postmo-
dum quicunque de suis nepotibu s sibi succedentibus.* ^) Hier
wäre der dritte Zusatz einzufügen gewesen. ^) Or. ftigt hinzu: »sine subaduo-
catis.« ^) Or. : »petitiones ecclesiarum. * 0 Or. fQgt hinzu: »nisi forte pe-
titione parentum ex multis filiis unum contingat transferri alias causa madoris
emolumenti benigna permissione domini.* ^) Or. : »questio coram iudicibus
terminetur probatorum ac credibilium testium fideli testimonio. * ») Or. : »a duce
AoatriQ«.
• ' ' 320 Notizen.
(
I
! I
bei lazzen beleiben, der ez ze leben hat^). Ein dienstman von Steir
mag einem andrem Steirer sein vrbor verchauffen oder vmb sust
geben. Ez mag auch ein dienstman von Steir saines vrbors nach
gevellichait geben auf die cblöster, di wir hie nennenP): Trarti-
chirchen, Gdrsten, Glavncb, Admvnde, Szekkaw, Vitring, sand Pauls,
Ozziaeh, Bavn, sand Johannes*^ Hier endet das Brucbstück
Karlsruhe. Aloys Schulte.
lotiMIl. Die Frage, nach welchem Muster die päpstlichen Register
eingerichtet wurden, erfuhr eine sehr befriedigende Beantwortung
durch eine kleine aber inhaltreiche Abhandlung von H. Bresslau:
Die Commentarii der römischen Kaiser und die Registra-
tur der Päpste (Zeitschrift der Savignistiftung f&r Rechtsgeschichte
roman. Abth. 6, 242 — 260). Der Verfasser geht davon aus, dass die
päpstlichen Register nach einzelnen Spuren bis ins Jahr 417 (Jaffe
n^ 381, 334) zurückreichen, die Fassung der ältesten Papstbriefesich
an das Formular der kaiserlichen Rescripte anschliesse, und folgert
daraus, dass die Päpste die Einrichtung des Registers ebenfalls der
kaiserlichen Kanzlei entnommen hätten. Er untersucht zu diesem
Behufe die Quellen der Sammlungen von oströmischen Kaiseredicten
und kommt nach den Ausdrücken für mehrfache Ausfertigung, welche
' ähnlich auch bei den Registern entnommenen Stücken der päpstUchen
Kanzlei gebraucht sind, sowie aus bestimmter Verkürzung der Da-
tirung zum Resultat, dass dieselben nur den von amtswegen ge-
führten, aus den Concepten oder Originalen der Erlässe geflossenen
Sammlungen entnommen sein können, wie denn solche nach Jahren
geordnete „Regesta" beim römischen Senat und andern römischen
Behörden genannt und, wie B. glaubt, auch bei den Kaiseredicten
citirt werden. Darin sieht er mit gutem Orund die Muster der
päpstlichen KanzleL
I
L. Delisle berichtet in der Bibliotheque de Tecole de^
chartes 46, 84 f. in einem Aufsatz Les registres d'Innocent IE
über das von Lord Ashbumham an Papst Leo XIIL geschenkte Re-
gister Innocenz IIL Der Band umfasst die Fontificatsjahre X — XII.
Er kam bereits unter Benedict XII. nach Peniscola (daher fehlt er
o) Im Or. folgt der Satz: »De prediis quQ duci Austri^ post obiium
noetrum designauimus, interim si ex his fidelibus ministerialibus ac propriü
nostris dederimus, ratum esse decemimus.* p) Im Or. : »Similitcr qnicunquo
se conuertere et de reditibus suis quod conueniens fuerit deo conferre disposuerit
in claustris subtemominatis cum licentia nostra facere poterit, scüicet . . .*
Kotizeiu • 321
aaeh im InYentar von 1369, Mii^heil. 5, 279), später an den Cardinal
de Foix, endlich an das vom Letztgenannten errichtete CoUeg zu
Touloose, Yon da durch mehrere Privathände an Bosquet, der ihn
för seine Ausgabe der Briefe Innocenz lU. benutzte, dann an den
Bischof von Foitiers, Charles Joachim Colbert de Croissi, der ihn
1740 bei seinem Tode noch besass; schliesslich fand er, wie so viele
Schätze des Continentes, den Weg nach England: Lord Ashbumham
kaufte ihn 1848 um 31 Pfd. SterL 10 Sh, Neben diesen interessanten
Mittheilungen bietet der Aufsatz auch eine Fülle von Bemerkungen
über die übrigen fiegisterbände dieses Papstes, von denen Delisle Be-
schreibungen von Zöglingen der £cole fran9aise de Bome benutzte.
Es sei nur sein Nachweis herrorgehoben, dass^ der letzte Band dieses
Papstes (T. 8 der ganzen Beihe) nicht original sei, sowie auch Bosquet
bei seiner Ausgabe ein anderes vollständigeres Exemplar der Briefe
dieser Pontificatsjahre benutzte, von dem sich ein saec. 14 — 15 ge-^
schriebenes Inhaltsverzeichniss auf der Nationalbibliothek zu Paris
(Cod. lai 4118) befindet. Ob auch dieser Band noch ans Tageslicht
treten und der Wissenschaft zugänglich gemacht werden wird?
Einen interessanten Fund machte S. Löwenfeld in einer Cam*
bridger Handschrift, wie er im Neuen Archiv 10, 586 f. berichtet
Dieser Codex enthält nämlich einen Auszug aus dem Begister Alexan-
der ni. aus den Jahren 1178 — 1180, im Ganzen 70 Briefe, von
denen nur einer schon früher bekannt war, während L. die andern
in seinen Litterae pontifioum ineditae zum erstenmal publicirte. Der
gleiche Codex enthält auch eine Canonsammlung, der L. eine sehr
grosse Bedeutung beimisst und über welche er eine weitere Publication
in Aussicht stellt.
In den Forschungen Bd. 26, 1 — 66 hat H. Bresslau eine die
Erkenntniss des älteren deutschen Urkundenwesens sehr wesentlich
fördernde Abhandlung über «ürkundenbeweis und Urkunden-
schreiber im älteren deutschen Recht* veröffentlicht, deren
Hauptinhalt folgender ist Beweis durch die Urkunde allein kennen
weder das salische noch das alamannische Becht, die Entwicklung
knüpft an die Lex Bibuariorum an. Stimmt diese mit dem salisch-
alamannischen Verfahren insoweit überein, als auch sie die Urkunde
zunächst nicht als selbständiges Beweismittel ansieht, so geht sie
doch schon darin weiter, dass sie bei Scheltung der Urkunde die
Pflicht der Beweisführung nicht dem Producenten, sondern dem
Schreiber derselben auferlegt; ist aber dieser todt — und hierin liegt
MKTiheaanfeii Va 21
322
Notizen.
der wesentliche Fortschritt — , dann tritt die von ihm geschriebene
Urkunde für ihn ein, deren Echtheit durch Schriftvergleichong er-
wiesen werden kann. Diese Bestimmungen der Lex Bib. haben aber
Geltung auch auf salischem und alamannischem Biechtsgebiete erlangt,
wofür neben andern Momenten besonders das Vorkommen von Ge-
richtschreibem beweisend ist. Denn sollte die Urkunde selbstöndig
beweisend sein, so musste ihr auch die Fähigkeit hiezu innewohnen,
und diese konnte nur in der Schrift liegen; es war also eine In-
stitution ähnlich der des italienischen Notariats erforderlich, die wir
denn auch thatsäcblich in Deutschland während des 8. und 9. JahrL
im Oebiet des ribuarischen, salischen und alamannischen Bechtes im
Amte des Gerichtsschreibers ausgebildet Yorfinden. Diese neuen
und wichtigen Besultate sind nach den wohlbegründeten Ausführungen
B/s als gesichert anzunehmen, wie ich denn meine MittheiL 5, 6 aas-
gesprochene Ansicht, dass auch die fränkische und alamannische Carta
eine Urkunde ohne handschriftlichen Beweiswerth sei, durch die Er-
örterungen B.*s über den Vorgang bei der Beurkundung und die
Vertretung des Gerichtsschreibers gerne berichtigt sehe. Sachsen und
Baiem aber haben ihre eigene Stellung, im älteren sächsischen Becht
hat die Urkunde gar keine Bedeutung, in Baiern aber, wo durch das
Volkrecht die Urkunde zu weitgehender Bedeutung erhoben war, hst
es dennoch niemals ständige Gerichtsschreiber gegeben, und die Folge
war der Verfall des Urkundenwesens. Dieses Schicksal theilte es aber
auch in Schwaben und Franken: seit dem Ende des 9. Jahrh. Ter-
schwinden die Gerichtsscb reiber, die Urkunde verliert auch da ihre
eigenÜiche Kraft als selbständiges Beweismittel. Eine Wendung tritt
erst mit dem Aufkommen der Besiegelung ein, diese bezeichnet einen
neuen Abschnitt in der Geschichte des deutschen Urkundenwesens.
0. Bedlich.
Die Zürcher antiquarische Gesellschaft hat beschlossen ein Ur-
kundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich heraus-
zugeben, das zunächst bis 1336 reichen und das jetzige Cantoosgebiet
umfassen wird. Für die Herausgabe wurde eine Commission (y. Wyss,
Meyer y. Knonau, Schweizer) bestellt Als Vorarbeit yeröffentlicht
Staatsarchiyar Schweizer einen Bedactionsplan für das Ur-
kundenbuch (Zürich 1885, 4^ 36 S.), der an der Hand der Schriften
über Editionsmethoden yon Böhmer, Waitz, Both y. Schreckenstein,
Sickel, Weizsäcker, — Leist und der Vorreden der besten Urkunden-
bücher die Editionsgrundsätze feststellt Diese Zusammenstellung yer-
dient yollen Dank, sie zeigt wenigstens, wie weit wir noch in Deutsch-
Notizen. 323
land Yon Einheitlichkeit der Editionsmethoden entfernt sind; nicht
minder zeigen dies auch noch andere Publicationen neuesten Datums.
Fraglich erscheint es, ob der hier eingehaltene Eclecticismus sich auch
bewähren kann, ob er nicht vielmehr dem Particularismus weiteren
Vorschub leistet Der Redactionsplan berührt alle Fragen, welche
für ürkundenedition in Betracht kommen; in dem Capitel über Auf-
lösung der Daten gibt er auch beachtenswerthe Angaben über die
Epochen des Incamationsjahres in der Schweiz. Wird man auch die
Umsicht und Sorgfalt bei der Auswahl der Segeln anerkennen, so
erübrigen doch noch manche Bedenken. Es ist belanglos, den „ Schluss
der 3 ersten Zeilen der Originalvorlagen jedesmal durch 2 senkrechte
dünne Striche anzugeben*. Als mindestens unschön, wenn nicht
geradezu störeiid, wird sich die Verwendung von Cursivdruck im
Text der Urkunden erweisen, so für die „ Ergänzungen von durch
Beschädigung unlesbar gewordenen Stellen, wenn sie an der Hand von
alten Copien oder nach Massgabe von verwandten Urkunden, Yor-
urkunden, bekannten Formeln oder aus dem Zusammenhang mit voller
Sicherheit gemacht werden '', oder für «Nachträge und Zusätze, die
über der Zeile am Rand oder unten hinzugeschrieben sind, wenn sie
Ton derselben Hand herrühren oder wenigstens von einem gleich-
zeitigen Corrector*. Auf »Yorurkunden und sachlich nahe verwandte
Urkunden * ist nur in einer Note zu verweisen ; damit ist wohl einer
der wesentlichsten Fortschritte der ürkundenedition nicht aus-
geschlossen, dass sämmtliche der Yorurkunde entnommenen Stellen
petit gedruckt werden. Die Angabe der Druckvorlage, ob Original
Copie usw., der anderen Deberlieferungen (auch immer der Gopial-
bucher vor 1600, sowie der Sammlungen von Scheuchzer, Werdmüller
and Tschudi), der Drucke wird erst der dem Abdruck folgenden
»Stückbeschreibung* zugewiesen, während doch die Angabe der Yor-
läge eine der wichtigsten ist, über die sich der Forscher vorerst
Orientiren will. Für die Siegelbeschreibung ist, was nur zu billigen,
das System Grotefend-Hohenlohe adoptirt.
Im 6. Hefte des Centralblattes füi! Bibliothekswesen
von O. Hartwig und E. Schulz macht der Bibliothekar des Klosters
Einsiedeln P. Gabriel Meier Bemerkungen über die Be-
stimmungen des^Alters von Handschriften, welche viele
durchaus zu billigende Grundsätze undonanche interessante Beobachtung
über die ihm am meisten bekannten Handschriften enthalten, so wenn
er das Aufkommen der Striche auf Doppel-i in den Einsiedler Hand-
schriften feststellt, oder Bectificirungen von Altersbestimmungen in den
324
Kotizen.
älteren Bänden der Monumenta- und des Archivs der Gesellschaft mit-
theilt, auf Fälle hinweist, in denen man Handschriften in eine frühere
Zeit setzte, als deren Verfasser das Licht der Welt erblickten. Dass
aber Handschriften des 8. und des 15. Jahrh. leicht zu yerwechseln
wären, scheint mir nicht einmal «bei oberflächlicher Beurtheilung'
möglich, sondern erst bei solchen Yom Ende des 9., ebenso wird auf
den Entstehungsort der Handschrift;en ftlr die Altersbestimmung doch
mehr Gewicht zu legen sein, als der Verfasser thut; auch dass heute,
wo eine so reiche und glücklich ausgewählte Sammlung von Facsimile
e^pstirt, noch die Angaben und Abbildungen der Mauriner das wich-
tigste Hilfsmittel bei Bestimmung undatirter Codices geben, wird nicht
jeder unterschreiben. E. t. 0.
Aussergewohnliches Interesse bietet die Abhandlung von Julien
Ha?et: Les d^couvertes de J^rome Vignier (Questions Hero-
yingiennes II in Bibl.de TJ^cole des chartes 46, 205 — 271). In über-
zeugender Weise und ebenso knapper wie anziehender Form erbringt
Havet den scharfsinnigen Nachweis, dass eine Anzahl von d^Acberr
1661 ün 5. Bd. des Spicilegium aus den Papieren des Oratorianers
P. Jerome Vignier veröffentlichter Documente, welche, bisher all-
gemein als echt anerkannt, als , bestaccreditirte Quellen der ältesten
Merövingerzeit galten, das Testament des Bischofs Perpetuus von
Tours (475), das Epitaph desselben, das Diplom Chlodwigs I. für
Micy (M. G. DD. Mer. 1), bisher die älteste echte Merovingerurkunde«
die Gollatio episcoporum, praesertim Aviti Viennensis ep., coram r^
Gundebaldo adversus Arianos (499), die Schreiben der Bischöfe Leontius
von Arles (462), Lupus von Troyes (472), der Päpste Gelasius I.
(494 Jan. 25), Anastasius IL (497) und Symmachus (501 Oci 13,
Jaff(£ Beg. 2. A. n^ 634, 640, 675), Fälschungen des 1661 ver-
storbenen Vignier sind, für die sich kein anderer Grund ausfindig
machen lässt als die literarische Eitelkeit des „Entdeckers." Nicht
minder sind die von Vignier selbst in seinem Werke La veritable Origine
des tres-illustres maisons d^Alsace, de Lorraine, d* Antriebe 1649 publi-
cirten beiden Bruchstücke det^ Vita s. Odiliae (vgl Wattenbach, Ge-
schichtsqu. 5. A. 1, 488) eine Erfindung desselben zu Gunsten sei-
ner genealogischen Aufstellungen, durch welche sich auch Chiflet
dupiren lies. — Ein weiterer Aufsatz Havets : La date d'un manuscrit
de Luxeuil (Questions M^rov. UI, ib. 430 — 439) berichtigt gegenüber
der Annahme ton Delisle (vgl. Mittheilungen 6, 457), dass die be-
kannte üncialhandschrift nicht 625, sondern erst 669 geschrieben
sei, und bestimmt gegenüber den Ergebnissen von KJruBcb genauer
k.
Notizeu. 325
die Epochen einiger merofingischer Könige ; gleichzeitig ist K Zeumer
(Neues Archiv 11, 358) zu fast yöllig übereinstimmendem Besoltate
gelangt
Die tüchtige Abhandlung Ton Fritz Stöber: Zur Kritik
der Vita s. Johannis Beomaensis (Sitzungsber. der Wiener
Äkad. 109, 919 — 398) weist nach, dass die im Pariser C!od. lat.
11,748 saec. IX — X erhaltene Becension den ursprünglichen, wenn auch
noch nngeglätteten Text der von Abt Jonas i. J. 659 zu Beomaus ab-
ge&ssten Vita bietet, dass diese als Yorlage für die umgearbeitete Be-
daction, welche Mabillon veröffentlichte, diente, die zuerst Teröffbntlichte
Vita mit ihren Zuthaten und ihrer textuellen Neugestaltung späteres
Machwerk ist. Der erste Excurs behandelt das Zeitalter des h. Johannes
(gestorben 540 Jan. 28), der zweite die Persönlichkeit des Jonas.
Der Aufsatz von E. aus^m Weerth: Die Beiterstatuette
Karls des Grossen aus dem Dome zu Metz (Bonn 1885;
8^, 32 S. mit 4 Tafeln Abbildungen, Sep.-Abdr. aus den Jahrb. des
Ver. Yon Alterthumsfreunden in BheinL H. 78) tritt dafür, dass die
jetzt im Museum der Stadt Paris befindliche Statuette Karl d. Gr.
darstelle, und für ihre Genuität ein, da «die Beschreibung, welche
Einhard von seinem kaiserlichen Herrn liefert, in keiner Weise der
Darstellung des kleinen Beiter-Standbildes widerspricht'' und der
unterschied der stilistischen Behandlung spätere Entstehung nicht
anzunehmen gestatte, während dasselbe der Höhe der karolingischen
Kunst ToUkommen entspreche. Mit Becht hebt der Verf. hervor,
dass der Vergleich «mit den sonst vorhandenen Darstellungen Karls
des Grossen" auf Siegeln und Münzen kein Besultat ergebe, umso-
mehr, als der Zeit Karls d. Gr., was ihm entgangen, das Porträtsiegel
ganzlich fremd war; die S. 15 abgebildete Bulle, .die weiter-
hin noch nicht bekannt sein dürfte*, gehört nicht Karl d. Gr. an,
i^ondern sie ist die schon bei Mabillon und öfters abgebildete Bulle
Karls m. (vgl. Wiener, B. 92, 441). IrrthümUch ist S. 13 N. 3 .der
älteste unter den erhaltenen Siegelstempeln jener Zeit* im Lothar-
kreuz zu Aacheii Kaiser Lothar zugeschrieben.
Eine das gewöhnliche Dissertationenmass überragende Arbeit
ist die Schrift vonWoldemarLippert, eines Schülers von W. Arndt:
König Budolf von Frankreich (Leipzig, G. Fock, 1886; 8»,
126 S.). Mit umfassender Kenntniss der Literatur und kritischem
Verständniss ausgerüstet, gibt sie, Kalckstein überholend,- ein anschau-
326
Notizen.
lichea Bild der Zeit Budolfs (923—936), dessen Thaiikraft in den
fortdauernden Kämpfen und Schwierigkeiten erst gegen Ende seines
Lebens sieh die allgemeine Anerkennung zu erringen vermochte. Im
Anhang betont L. die Werthlosigkett Eichers för die Geschichte
Budolfs gegenüber Flodoard. Das 4. Capitel gibt einen willkommeneu
Abriss einer Specialdiplomatik der Urkunden Budolfs, soweit dieselbe
auf Grundlage des gedruckten Materials möglich war. Ausserordent-
lichen Fleiss bekunden die Begesten mit ihren sorgfaltigen Literator-
angaben und kritischen Erörterungen.
Im Jahrbuch der heraldischen Gesellschaft .Adler'
(XI, 25—52, Wien 1884) veröflFentlicht G. A. Seyler einen .Abriss
der Sphragistik". Versteht man unter „Abriss* im landläu%eD
Sinn eine, übersichtliche aber systematische Darstellung des frag-
lichen Themas, so erfüllt diese Arbeit ihren Zweck nach keiner Seite.
Zwar ist sie säuberlich in YIII Capitel und 39 Paragraphe (eigentlich
38, § 9 und 26 fehlen, § 27 ist doppelt vorhanden) eiugetheilt, aber
diese Gliederung ist vielfach eine rein ausserliche, logisch unmotivirte,
z. B. in § 4 soll die Gestalt des Siegels besprochen werden, dann
kommt aber auch die Art der Beprägung und die Verwendung doppel-
beprägter Siegel (Bullen) in Verhandlung ; Cap. V § 13 ist über In-
halt und Stellung der Siegellegende geredet, da auch der Widerspruch
erwähnt, der oft zwischen den Titeln des Ausstellers in der Urkunde
und auf dem Siegel herrscht, während andererseits den Daten auf
dem Siegelbild ein eigner Paragraph (14) gewidmet, die Verwendung
solcher unpassender Siegel § 22, 24 (dem wieder ein Stück Diplo-
matik H. Budolf IV. von Oesterreich angehängt wird) erörtert ist;
das IV. Capitel handelt über die rechtliche Bedeutung , das V. über
Aufbewahrung und Behütunsr des Siegels vor Verlust und Fälschung,
das VI. kommt nochmals in einem einzigen Paragraphen auf die
Siegelfahigkeit seit dem 16. Jahrh. zurück. Der Leser bleibt über
die Bedeutung dieser Eintheilung um so mehr im Dunkeln, als es der
Verfasser verschmäht hat, Capitel und Paragraphe mit üeberschriften
zu versehen; es scheinen ihm folgende Gesichtspunkte massgebend
gewesen zu sein: Cap. I. Definition des Siegels (unrichtig), Siegel-
stempel, Siegelstoffe, Gestalt und Befestigung des Siegels; Cap. IL
Darstellung des Siegels (Siegelbild und Legende), Eintheilung der
Siegel danach (wesentlich im Anschluss an Fürst Hohenlohe^s Sphrag.
Aphorismen); Cap. III. Kunsthistorischer Werth der Siegel, Siegel-
stecher, Preise xind Güte der Arbeiten; Cap. IV. Bechtliche Bedeutung
und Verwendung des Siegels, Siegelfahigkeit imd Gebrauch fremder
Notben. 327
Siegel ; Cap. Y. Aufbewahrung des Siegels, Massr^eln bei Missbrauch
desselben; Cap. VI. Siegelfähigkeit seit dem 16. Jahrh.; Cap. VIT.
Entwicklung der Siegelkunde; Cap. VIIL Das Siegel in der Gegen-
wart, die vorzüglichsten Siegelstecher, wissenschaftliche Bedeutung
der Sphragistik, Literatur derselben. Das Literaturverzeichniss ist ein
äusserst mageres, auch von neueren Werken fehlt eine Beihe der
wichtigsten, von den Arbeiten über Kaiser- und Fapstsiegel sind ihm
alle entgangen, ebenso z. B. die Werke von Philippi und Weech, zu
seinem grössten Schaden kennt er nicht einmal die treffliche Schrift
Ton Orotefend, der aUein unter den Neuem ein System der Sphragistik
aufgestellt hat. Der Verfasser bezeichnet seine Arbeit als «Neben-
product der Vorarbeiten für eine Geschichte der Heraldik' — er
spricht zum Schluss auch selbst aus, 9 die Sphragistik sollte aufgehört
haben, eine Domaine der Heraldiker zu sein'; er nennt seine
Arbeit einen .Versuch' — er ist misslungen. Dem Autor schwebten
offenbar Hohenlohe's Aphorismen vor Augen, hätte er dementsprechend
Titel und Eintheilung gewählt, so hätte die Arbeit ihren Zweck er-
eilen können, denn Sejler hat ein bedeutendes Material gesammelt
(einige Urkunden auch als Anhang publicirt), in manchem Detail
unsere Kenntnisse ohne Zweifel gefordert, so betreffs der Siegel-
falschungen, der Verwendung der lleitersiegel auch durch Mitglieder
niedem Adels, welche die Bitterwürde erlangt hatten; auch die Ein-
wendungen, welche gegen Hohenlohe's Eintheilung nach dem Siegel-
bild gremacht werden, sind berechtigt, aber freilich ist die eigene
Unterabtheilung der Portraitsiegel noch unglücklicher. Entsprechend
dem Ausgangspunkt des Autors findet die ältere Zeit, welche noch
keine Wappensiegel kennt, gar keine Beachtung. £.'y. 0.
Der vom Secretär der badischen historischen Com-
missi on, Archiydirector y. Weech, in der Plenarsitzung yom
13. NoY. y. J. erstattete Bericht kann auf besonders günstige Be-
saltate yerweisen und lässt rüstigen und unyerzögerten Fortgang der
in Angriff genommenen Arbeiten ersehen. Der Druck des ersten
Bandes der politischen Correspondenz des Grossherzogs
Karl Friedrich, für welche der Herausgeber Prof Erdmanns-
dörffer im Wiener Staatsarchiv und dessen Mitarbeiter Obs er in
den Archiven von Weimar, Zerbst, Berlin, Hannover, Marburg neue
werthvoUe Materialien gesammelt haben, wird im Laufe dieses Jahres
beginnen. Von den Begesten zur Geschichte der Bischöfe
von Eonstanz konnte der Bearbeiter P. Ladewig bereits das
Manuscript f&r 5 Druckbogen, die Begesten bis c. 1018 umfassend,
328
Notizen.
vorlegen ; die Drucklegung der ersten Lieferangen, die bis 1084,
eventuell bis Mitte des 12. Jabrh. reichen werden, steht unmittelbar
bevor. Der von Ladewig vorgelegte Bericht berechtigt zu den besten
Erwartungen : der Select der alten Urkunden von Konstanz-Beichenan
ist zur Bichtigstellung der Drucke eingesehen, auch die noch hand-
schriftlich erhaltenen Nekrologe sind herangezogen, die wichtigsten
der zahlreichen Gopialbücher und Begister des Bisthums durchgearbeitet
worden; es ergab sich eine Beihe von Berichtigungen und näheren
Bestimmungen fiir die viel&ch mit Vermuthungen durchsetzte ältere
Zeit. Die Benutzung auswärtiger Archive wird den Stoff ergänzen.
Für die Begesten der Pfalzgrafen am Bhein ist von den
Bearbeitern Eoch und Wille reiches handschriftliches Material ge-
sammelt worden; mit dem Druck des ersten Theiles (1214— ISOO)
kann begonnen werden. Auch die Beendigung der ersten Hälfte der
Geschichte der Herzoge von Zähringen von E. Henking
steht fQr dieses Jahr in Aussicht. Der interessante Bericht von
E. Gothein über die Vorarbeiten zur Geschichte der Besie-
delung und Gewerbsthätigkeit des Schwarzwaldes vA
vollinhaltlich mitgetheili Die Durchforschung, Ordnung und Ver-
zeichnung der Archive und Begistraturen von Gemeinden, Cor-
porationen und Privaten wird mit einem Erfolg, der anderweitig
höchstens zu den frommen Wünschen zählt, im ganzen Grossherzog-
thum systematisch in Ausführung gebracht; einen sprechenden Be-
weis für die Umsicht der Leitung dieser Arbeiten geben die in Nr. 5
der Mittheilungen der badischen bist. Commission veröffentlichten
TJebersichten der Bestände der Gemeinde- und Pfarrarchive von 92 Orten
in 9 Amtsbezirken und der vorzügliche Bericht von Prof. Soder
über die Ordnung und Bepertorisirung des Stadt- und Spitalarchivs
zu üeberlingfen in Nr. 6. Von der Commission wurde noch der An-
trag V. Weechs auf Bearbeitung eines topographisch eo Wör-
terbuches des Grossherzogthums Baden, , welches die ur-
kundlichen Formen der Namen aller noch heute bestehendeu, sowie
der ausgegangenen Orte (Gedungen) unter Ausschluss der Flur- und
Gewannnamen feststellt', angenommen. Die badische Commission
übernimmt vom General-Landesarchiv die Zeitschrift für die
Geschichte des Oberrheins, von der nun jährlich ein Band
zu 40 Bogen in 4 Heften erscheinen wird; die bisherigen «Mit-
theilungen der badischen bist. Commission * werden einen integrirenden
Theil derselben bilden; in die Bedactionscommission wurden noch
Prof. Simson und Archivrath A. Schulte berufen.
Notiien.
829
Der ftnfte Jabresberiohi der Oesellschaft für rheinische
Oeschichtskunde ist wieder in der Lage, erfreuliche Fortschritte
coBstatiren zu können. Von den namentlich auch für die Geschichte
des deutschen Privatrechts mchtigen Kölner Schreinsurkunden
(TgL Mittheilungen 7, 166), hg. von Ho en ig er, sind 2 Lieferungen,
welche die Urkunden der Martinspfarre mittheilen, erschienen; ftLr
das Jahr 1886 ist die YeröflPentlichung aller Quellen zur Geschichte
der Verfassung und Verwaltung der Einzelgemeinden Yon Köln im
12. Jahrk, nämlich der Schreinsurkunden aus den P&rreien St Bri-
gida, St. Laurenz, Niederich, St. Aposteln, Si Gereon, Si Severiu, in
Aassicht genommen. Im nächsten Jahre soll auch der erste Band
der rheinischen Weisthümer, unter der Leitung von Loersch
bearbeitet Yon M. Baer, erscheinen; er wird mehr als 200 Weia-
thtkmer, Ton denen kaum ein Viertel und meist nur theilweise be-
kannt ist, aus den Aemtem Coblenz, Vallendar, Boppard, Welmieh,
Oberwesel, Bergpfl^, Münstermaifeld und Mayen enthalten ; die fort-
schreitende Durcharbeitung der Bestände des Staatsarchivs in Coblenz
und kleinerer Archive sowie der Trierer Stadtbibliothek fördert immer
neue Funde zu Tage ; bereits sind nahezu 3000 Nummern verzeichnei
Für die Aachener Stadtrechnungen hat Stadtarchivar Pick in
den bisher im Granusthurm des Aachener Bathhauses aufgeschichteten
Actenmassen und in anderen Beständen des Archivs bedeutenden Zu-
wachs gefunden. Der Abschluss der urbare der Erzdiöcese
Köln, bearbeitet von Crecelius, ist zu gewärtigen; denselben
werden Register und Karten beigegeben. Vom Buch Weinsberg,
hg. von Höhlbaum, werden 1886 zwei Bände erscheinen; der Er-
läuterungsstoff wird die bürgerlichen ünrahen von 1513 und 1525,
die Thätigkeit des Stadtrathes für die einheimischen Verhältnisse der
Bevölkerung und die Frage des religiösen Bekenntnisses umfeissen;
eine Actensammlung zur Geschichte der auswärtigen Beziehungen
Kölns im 16. Jahrb. musste von dieser Fublication ausgeschlossen
werden. Eür die Landtagsacten der Herzogthümer Jülich-
Berg ist die Bearbeitung der Landtagsacten bis zum Schluss des
16. Jahrh. im Düsseldorfer Archiv weiter gefördert worden; als Vor-
arbeit ist der erste Theil der Schrift : « Die landständische Verfiftssung
von Jülich-Berg bis zum Jahre 1511' von G. v. Below publicirt
worden. Den Abschluss der Matrikeln der Universität Köln
haben inzwischen eingetretene Schwierigkeiten verzögert Die für
die niederrheinische und niederländische Gelehrtengescluchte wichtigen
Briefe von Andreas Masius und seinen Freunden 1538 — 73
wird LoBsen bis Ostern dieses Jahres publiciren» Für die von Menzel in
» V-
.» ♦ .'.
;*
I-
\ * » 1 . ■
1 !
330
Notizen.
Vorschlag gebrachte Herausgabe der Begesten der Erzbischofe
von Köln bis 1500 und der Urkunden der Rheinlande bis
1000 sind -die Vorbereitungen eröffnet, gedruckte Urkunden ver-
zeichnet, einzelne Originale bereits herangezogen worden. Die Be-
arbeitung der Regesten wird ,,nach dem Beispiel Theodor Sickels
verfahren, nach Möglichkeit auf die Urschriften zurückgehen und mit
der Verzeichnung der Urkunden eine diplomatische Kritik derselben
verbinden", so dass «eine specielle Diplomatik der Erzbischöfe ?on
Köln, die Regeln ihrer Kanzlei, ihre Chronologie u. a. sich nach der-
artigen Untersuchungen feststellen lassen werden." Die Edition der
ältesten Urkunden der Rheinlande , bezweckt vorzüglich die FörderoDg
der diplomatischen Studien; sie wird aber auch, indem sie sich der
lange vernachlässigten älteren Frivaturkunden der Rheinlande an-
nimmt, Beiträge zur Geschichte von Verfassung, Recht, Wirthschaft
und Sitte zu Tage bringen und hofft mannigfaltige Forschungen über
die älteren Verhältnisse am Rheinstrome firisch anregen zu können.'
Im S.Heft der Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von
Köln (Köln, DuMont-Schauberg , 1885) gibt K. Höhl bäum in
knappen Auszügen nach den von A. Ulrich gefertigten Regesten ein
ausserordentlich reiches Material zur Geschichte der Belagerung
von -Neuss durch Karl den Kühnen von Burgund 1474 — 1475 aus
den Originalen, Rathsprotocollen und eineni Bande der städtischeu
Copienbücher im Kölner Stadtarchiv^ , das, selbst von der Local-
forschung kaum beachtet, die Berichte der Chronisten weit überholt;
es umfasst die Zeit vom 17. Juli 1474 bis 28. Juni 1475 und liefert
fast für jeden Tag mehrere Actenstücke. In den «Nachrichten* macht
Höhlbaiim u. a. auf das Bruchstück einer Handschnft des 11. Jahrh.
mit den Fälschungen für Lorsch-Passau und die von ihm wieder auf-
gefundene Handschrift des sog. wisbyschen Seerechts aufinerksam und
theilt zur Oeschichte der Gefangennahme K. Maximilians I. in Brügge
1488 das amtliche Verzeichnis der Contingente mit, die sich in Köln
zum Zug nach Flandern sammelten.
In Ausführung des Ari 62 des Reglements, welche die Biblioteca
Nazionale centrale in Florenz beauftragt einen systematischen Katalog
der neuen Erwerbungen zu veröffentlichen, gibt die Leitung derselben
seit Neujahr ein Bolletino delle publicazioni italiane rice-
vute per diritto di stampa heraus, das zweimal im Monat er-
scheint und die vollständigste Bibliographie Italiens bietet. Die ersten
3 Nummern (15. Jan. bis 15. Febr.) verzeichnen, nach Fächern ge-
Notizen.
331
ordnet, nicht weniger als 1304 Publicationen; jeder Nummer ist noch
ein Autorenregister beigegeben. Darf schon dieses vom Präfecten
D. Chilovi umsichtig geleitete Unternehmen, das auch für andere
Reiche ein Muster aufstellt, auf allgemeine Anerkennung rechnen, so
erwerben sich die beigegebenen „ Notizie * noch den besonderen Dank
der Gelehrten: so berichten sie u. a. über den zu publicireuden neuen
Handschriftenkatalog Yon A. Bartoli, über die Schicksale der Manuscripte
GaUleis und geben ein Yerzeichniss der den Benutzern zur Verfügung
stehenden 11 Kataloge der Druckwerke und der 8 Handschriften-
kataloge. Von diesen sind nur zwei, jene der italienischen Handschriften
Yon Bartoli und der arabischen yon Buonazia, gedruckt; der Catalogo
generale Ton Targioni-Tozzetti umfasst mit den Nachtragen von Fossi
und dem Autorenregister 13 Quart- und 3 Foliobände. "
Einem wirklichen Bedürfhiss kommt unter der immer mehr an-
schwellenden Zeitschriftenliteratur die English hist^rical Review
entgegen, welche unter der Bedaction von Prof. Mandell Creighton
in Cambridge bei Langmans in London erscheint Nach dem Muster
der Revue historique wird sie Abhandlungen, Publication wichtiger
Documente, Literaturberichte, systematische Referate über bestimmte
Gebiete der Forschung und üebersichten über die periodische Literatur
bringen; sie wird das Gebiet der gesammten Geschichtswissenschaft
umfassen, namentlich aber die Geschichte Englands, Am^erikas und
der Colonien berücksichtigen; sie ist nicht nur für die gelehrten
Kreise, sondern auch für^das grössere Publikum bestimmt Das erste
zu Neujahr herausgegebene Heft wird durch einen geistvollen Essay
von Lord Acton: German schools of history eroflPhet; er
ist eine ebenso willkommene wie interessante Ergänzung der kürzlich
erschienenen Geschichte der deutschen Historiographie. Die beiden
folgenden Aufsätze: Homer and the early history of Greece
von Monro und The Tyrants of Britain, Gaul, and Spain
a. d. 406 — 411 von Freeman gehören der alten, jene von Seeley:
The House ofBourbon und Notes on the Greville Me-
mo irs der neuen und neuesten Geschichte an. Die Notes and Do-
cuments bringen kleine Untersuchungen und archivalische Mitthei-
lungen meist zur englischen Geschichte der Neuzeit, die Reviews of
books Besprechungen englischer, amerikanischer und französischer
Werke, unter diesen des Buches von Bemont über Simon von Montfort
(»the definitive bock about S. de M."), die Miscellaneous Notes lite-
rarische Nachrichten, wie über die im Vorjahre zu London gestiftete
Gesellschaft für die Geschichte der Hugenotten. Die nach Epochen
332
Notizen.
und Landern geordnete Literatorübersicht ist namentlich in der Partie
der selbständigen Publicationen reichhaltig.
Die Yom sDeutsch-Isrealitischen Gemeinde-Bund" berufene .Hi-
storische Gommission', bestehend aus den Herren Stobbe, Watten-
bach, Weizsäcker, Bresslau, Geiger, Baerwald und den Delegirten des
D. L G. B. Geh.-Bath Eristeller, den Prof. Lazarus und Steinthal hat
die Herausgabe einer Zeitschrift für die Geschichte der
Juden in Deutschland beschlossen. Sie soll Abhandlungen und
Forschungen, Mittheilungen von ungedruckten oder schwer zugäng-
lichen Materialien, Miscellen und bibliographische Nachrichten, Be-
schreibungen von Handschriften und Auszüge aus denselben ent-
halten. «Der Charakter der Zeitschrift ist ein wissenschafitUcher.
Dieselbe wird yon vorneherein jeden Versuch abweisen, in die poli-
tischen oder religiösen Fragen der Gegenwart einzugreifen, ebenso
den, das Judenthum apologetisch zu verklären. Sie will mit wissen-
schaftlicher Buhe und Objectivitat die politische, sociale und ökonomische
Stellung der Juden in Deutschland untersuchen; sie will die innere
Organisation und Thatigkeit der Gemeinden zur Darstellung bringen;
sie will bemüht sein, den Antheil der Juden an der geistigen und
Culturarbeit des deutschen Volkes zu ermitteln. * Die Zeitschrift wird
in zwangslosen Heften unter der Bedaction von Prof. L. Geiger er-
scheinen.
Miscellana Francescana di st.oria, di lettere, di
arti betitelt sich eine neue Zeitschrift, die unter der Bedaction von
Don Michele Faloci Pulignani zu Foligno erscheint und bestimmt iät,
,con Sana critica e con opportuna erudizione* historische, kunst-
geschichtliche, hagiographische und literarische Documente und No-
tizen über den h. Franciscus und die Franciscaner zu veröffentUchen
und eine bis auf die Artikel periodischer Blätter vollständige BibUo-
graphie zu liefern.
}
I -m
Literatur.
G. Waitz, Jahrbücher des deutschenBeichs unter
König Heinrich I. Dritte Auflage. Leipzig, Duncker und Hum-
blot, 1885. 80, XVI, 294 S.
Im Jahre 1837 erschien die erste Bearbeitung dieses Werkes, nach-
dem Waitz schon im J. 1835 den für die Behandlung desselben (Gegen-
standes von der philos. Faoultät der Berliner Universität ausgesetzten Preis
erbalten hatte. Fünfzig Jahre sind seitdem verflossen, nun legt uns der
Verfasser die »Jahrbücher* in 3. Auflage vor. , Die erste Bearbeitung
wurde durch Bänke in die gelehrte Welt eingeführt, der in der Vorrede
die Geschichte des Buches schilderte, welches zugleich den ersten Band
der »Jahrbücher des deutschen Reiches unter dem sächsischen Hause ^
bildete. Der Plan aber dieses ünsernehmens und der durch die Munificenz
K. Max n. von Baiem ermöglichten weiteren Ausführung desselben in den
»Jahrbüchern der deutschen (Geschichte* ist ebenso wie jene Preisaus-
scbreibung der Berliner Universität der Initiative Banke*s entsprungen.
Daher bildet vorliegender Band nicht blos das fünfzigjährige Jubiläum der
gelehrten Thätigkeit Waitz', sondern eigentlich auch der Jahrbücher der
deutschen Geschichte, deren stattliche Bändezahl die Erforschung der
deutschen Geschichte so sehr gefördert hat Und noch mehr: Waitz, dem
gefeierten Lehrer einer ganzen Generation von Historikern, ist es gegönnt,
auch diese neue Auflage noch seinem Lehrer, dem Altmeister Bänke zu
überreichen, welcher trotz höchsten Greisenalters mit jagendlicher Frische
und Geisteskraft am umfänglichsten und grossartigsten seiner Werke schafit
Fürwahr ein seltenes, in den Annalen der Historiographie wohl einzig da-
stehendes Fest, gleich freudig und erhebend für die beiden verehrten
Männer, wie für uns, die Zeugen ihrer ausgebreiteten und tiefwirkenden
wissenschaftlichen Thätigkeit!
Waitz nannte die im J. 1863 — hier zuerst als Theil der von der
historischen Oommission bei der Münchner Akademie der Wissenschaften
herausgegebenen Jahrbücher der deutschen Geschichte — erschienene
2. Auflage »neue' Bearbeitung*, die vorliegende entsprechend den vor-
genommenen Aenderungen nur »3. Auflage*. Anlage und grossentheils
auch Wortlaut sind jetzt gleich geblieben, nur da und dort etwas er-
weitert oder modificirt. Dagegen stieg die Zahl der Excurse von 15 auf
25; ganz oder wesentlich neu sind der 9. (Spätere Auffassungen von der
Erhebung un4 Herrschaft Heinrichs), 12. (Die spätem Erzählungen über
H. Arnulf von Baiern), 16. (Ueber die Stellung des Gr. Siegfiried und die
angebliche Errichtung von Markgra6chaften) und 20. (Angebliche kirchliche
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334
literatur.
Einrichtungen unter E. Heinrich), die übrigen sind durch Theilung der
älteren Ezcurse und durch das Bestreben entstanden, die Anmerkungen m
verkürzen und zu verringern. Mit besonderm Vergnügen wird man ver-
nehmen, dass das Buch nun auch ein fiegister erhalten hat.
Zu diesen neuen Vorzügen gesellen sich voll und ganz die der
frühem Auflage: jene ruhige und besonnene Kritik, die auch offen die
blose Wahrcheinlichkeit des Ergebnisses eingesteht, wenn die Quellen nicht
ausreichen, um die Thatsachen evident zu machen, und besonders jene,
man kann wohl sagen absolute Beherrschung des Stoffes, die auch im Ge-
wirr des minutiösesten und ermüdendsten Details die Erzählung auf die
Hauptsache gerichtet, sicher und klar weiterführt, ohne den Leser je in
das Meer der Einzelheiten untersinken zu lassen — was man nicht eben
von allen Bänden der Jahrbücher wird behaupten können.
Neue Quellen wurden seit der letzten Auflage nicht erschlossen, nur
die kritische Sichtung derselben machte weitere Fortschritte. Das gilt
namentlich von den Urkunden; Sickels Ausgabe der Diplomata nennt Waitz
als den wichtigsten Zuwachs; doch konnte beim beschränkten, aber im
ganzen ' gut überlieferten Material, das sich von diesem Harscher erhalten
hat, nur die Kritik vereinzelter Thatsachen wesentlich gewinnen, wie etwa
dass die Verleihung der Grafschaft Toul an den dortigen Bischof blos auf
Interpolation von DH. 16 beruhe (S. 107), also für Heinrich L solche Be-
günstigung der Kirche überhaupt noch nicht nachzuweisen sei.
Auch seine Auffassung von Heinrichs Regierung und Erfolgen fand
sich Waitz nicht veranlasst zu ändern: er flndet das Königthum, wie es
unter diesem König bestand, eine gesunde und lebenskräftige Schöpiongr
welche zur Erfüllung der staatlichen Aufgabe genügende Macht über das
Herzogthum besass, deren Erfolge unter der zielbewussten Leitung Hein-
rich 1. den Bestand des Reiches sicherten, eine gedeihliche Fortentwicklung
gestatteten. Diese Ansicht hat ziemlich allgemein Beifall und Anklang
gelinden, auch Giesebrecht ist doch wesentlich zu gleichen Resultaten ge-
kommen. Ihre Grundlage ist die Darstellung Widukinds, controUirt mit
den andern zeitgenössischen Berichten, gereinigt von allen Verunstaltungen
späterer Ueberlieferungen, von den Irrthümem und Willkürlichkeiten
moderner Historiker. Ganz anders hat sich freilich Nitzsch (Geschichte da
deutschen Volkes 1, 304 f.) ausgesprochen. Er betont in erster Linie,
dass H. nur durch Specialconcessionen an die Stammesherzoge sein König-
thum habe behaupten können, dass er Sachsen tributpflichtig machen
musste, und auch der Sieg von 933 nur Friede bis zum Tode Heinrichs
brachte, danach die Angriffe von aussen, die Aufstände der Aristokratie im
innern sich sofort erneuerten — , um zum Schlüsse zu kommen, man
müsse von der Auffassung Widukinds ganz absehen, weil sie nur der vom
siegreichen Hof Otto I. verbreiteten entspreche; Heinrich sei es nicht ge-
lungen, haltbare Grundlagen für eine deutsche Monarchie zu schaffen, er
sei nicht mit klarer entschlossener Politik an die ihm gestellte Aufgabe
herangetreten. Die Ausführungen haben manches bestechende, ich glaube
aber, Waitz hat Recht gethan, dieselben abzulehnen. Nach bescheidenen
demüthigenden Anfängen hat Heinrich steigenden Einfluss auf dem Westen
und Süden des Reiches erlangt, er hat die Nord- und Ostgrenze intact
gehalten, ja vorgerückt, hat noch bei Lebzeiten die Nadifolge seines Sohnes
Idterattir.
335
de:
8ac
gesicherti der nach seinem Tode aaoh von allen Stämmen gemeinsam ge-
wählt wurde. Das sind doch Erfolge! Ohne dieselben hätte Otto wohl
kaum die wieder sich erhebende Beaction niederwerfen und endlich nach
mehrfachen Schwenkungen seiner Politik in der de^tsch9n Kirche die wirk-
samste Stütze seiner Macht finden können.
Auch sonst hält sich Waitz gegen die Ausführung Nitzsch's, deesen
leider nur posthumes Werk weitaus die bedeutendste Darstellung dieser
poche seit dem Erscheinen der 2. Auflage ist, meist ablehnend. Aus-
ngspunkty Methode und Behandlungsweise ist eben bei beiden eine total
iedene, doch möchten wir neben der stets oorrecten, meist unanÜBcht-
n Quellenforschung des einen auch die anregenden Betrachtungen des
m so originellen und gedankenreichen Historikers nicht missen.
Nun vom grossen zum kleinen. Da es Waitz als specielle Aufgabe
ahrbücher hinstellt, »das ganze Detail der Begebenheiten zu unter-
und festzustellen*, so mögen einige streitige Punkte hier be-
in werden. Bei der Annahme, dass K. Zwentibold mit Herzog Otto*s
Oda vermählt war (S. 12), wäre auf DO. 159 (vgl DO. 216) hin-
wonach K. Otto 1. amita Uota in und bei Deventer begütert
fiir jene Ehe spricht, obwohl Uota nicht Königin heisst, da die
er sonst keine Besitzungen in Lothringen hatten.
hat in der Ausgabe der Diplomata das Datum: x. kaL mai,
^5) setzt es auf 22. (sollte wohl heissen 20.) Februar, indem
e bei Wilmans Westf. EU. IL Taf. 9 die Lesung x. kaL marc.
^cher mache. Nun ist aber dieses Facsimile ungenügend, ja
führend, insofern die Beproduction blos dieser 3 Worte em
der Schrift nicht gewfihrt. Philippi behauptet (a. a 0. 43),
tlich Mrci; das r (ohne Unterlänge) bildet mit dem" c eine
a ähnliche Figur.* Sein Facsimile macht das glaublich;
er, wenn man die yollständige Abbildung im Chron. Gotwic.
t Auch die Datirungszeiie dieses Diploms ist in diplo-
el geschrieben, sämmtliche r haben Unterlänge, diese eine
höchst auffallend, da nicht etwa der Schalt an der zu
Linie abbricht und deshalb nicht weiter hinabgeführt
der Schaft ist unten nach rechts umgebogen, was beim r
h spät vorkommt, z. B. in den Kaiserorkunden in Ab-
s der Zeit Heinrich lY. zu belegen ist Wohl aber ist
r-Schaft vollständig gleich dem darauffolgenden i-Sohaft,
eiber weder ursprünglich noch bei der Correctur den
bildet haben wird, wie er erst dem folgenden Jahrhundert
man am besten zu der Annahme der DD. zurückkehren,
e Figur wirklich ein aus i (Mt) oorrigirtes offenes a sei,
zum April einzureihen sei — Warum bei DH. 4 der
tgen und Krejssig nicht angeführt ist (8. 65 Anm. 6),
e Note a. a. 0. — S. 82 AnuL 4 ist die Bichligkeit der
eis in DH. 16: dilectionem quem erga noertram sereni-
litatem) noveramus mit dem Hinweis auf eine andere
elitatem vorkommt, bezweifelt, aber hier handelt es sich
fidelitas als Titulatur des Königs sinnlos ist. -^ 8* 69
enhoit des B. Ulrich von Augsburg auf dem Hoftag zu
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336
litörator*
Worms 926 angenommen mit Bemiung (Anm. 6) auf eine von Gkder von
Weineck in seiner Baetia citirte Urkunde ; es ist damit offenbar das damals
för .Chor erlassene DH. 11 gemeint, in dem ein Udalrich genannt wird,
aber der Graf von Bätien, somit ist wobl nur an ein Versehen QtQers za
denken. — Eine Deutung von Gana (S. 124) gibt auch BOttger, Diöoesan-
und Gaugrenzen 4, 218. — Die Ausstattung der E. Edgid mit Magdeburg
ist im Or. DO. 14 erwähnt, sollte die Nachricht der von Waitz S. (135)
allein citirten Ann.' Magdeburgenses nicht darauf zurückgehen? — Der
S. 147 erwähnte, dem König bei der Synode zu Erfurt überreichte Brief
aus Jerusalem i^ doch identisch mit dem von Dummler Gesta Berengarii
157 abgedruckten Brief des Dogen von Venedig an den KOnig.
Den vielumstrittnen Ort der Ungamschlacht von 983 möchte Waitz
(155) nun lieber östlich als westlich von Merseburg suchen, da das Chron.
Suev. meldet, Heinricus Ungaros in Sjrbia interfecit, der Bericht des Her-
mann von Beichenau aber (üngarii Soraborum provindam potentes ab
exeroitu . . . profligati) auf dem ersteren zu beruhen scheine (S. 151
Anm. 6). Das ist ganz richtig, nur scheint mir diese Angabe mit der
Erzählung des Sachsen Widukind (1. I. c 38) unvereinbar, nach welcher
man die Wahlstatt in Thüringen suchen müsste: Iter agentes per Dala-
mantiam — intrant fines Thuringorum — ibique diviais sociis
alii ad occidentem pergebant — Qui autem in Oriente remanait ezerdtas
belagert die Burg des Thüringers Wido, die wohl auch nicht im exponirten
Sorbenlande zu suchen sein wird, und in deren ÜTähe findet dann die
Schlacht statt.
Innsbruck«
E. V. Ottenthai.
Alfons Huber, Oeschichte OesterreichB. Erster
Band S. 618, pg. XXVII. Zweiter Band S. 539, pg. XVIIL Gotha
1885. (Geschichte der europäischen Staaten, hg. von A. H. L. Heeren,
F. A. ükert und W. v. Giesebrecht XLV. und XLVI. Lie£)
m
Von einer Behandlung der österreichischen Gesammtgaschichte komite
selbstverständlich vor der Vereinigung Ungarns und Böhmens mit dem
deutschen Erblanden des Hauses Habsburg nicht die Bede sein. Aber aiu£
nach erfolgter Vereinigung der genannten drei Ländergruppen unter dem
Hause Habsburg hatte die Historiographie, entsprechend dem Mangel eines
inneren Zusammenhanges der nur durch die gemeinsame Dynastie verbau*
denen Königreiche und Länder durchaus einen dynastischen Charakter oder
sie gieng in eine Darstellung der Geschichte der einzelnen Ländeigroppen
auseinander. Daher ist die österreichische G^hichte als solche sehr spät
behandelt worden und eigentlich erst ein Product unseres Jahrhunderta
und es lässt sich dabei nicht verkennen, dass die Bearbeitung derselben je-
weilig unter dem Einflüsse der vorherrschenden wissenschaftlichen und
politischen Doctrinen gestanden hat, sowie denn auch mit der Vertiefong
der letzteren die Entwicklung der östenreichischen Histori<^gr^>hie Hand
in Hand geht Ebensowenig kann es uns daher befremden, dasa die
ersten Versuche einer Darstellung der österreichischen Gesammtgesohichta
von Ausländem, von dem Engländer Coie, von Grellmann, Professor in GCt-*
Liieratnr. 337
ÜBgeiii xaiA PoelitK, Professor in Leipzig, ausgegangen sind, Werke, von denen
die Osterreichisohe Gescbichte des letzteren, ein praktisch angelegter Grund-
riss mit reichen Literaturangaben, sich in der Neubearbeitung durch
0. Lorenz bis heute lebensfilhig erhalten hat. Sehen wir hier von der
mehr xu kric^geschichtlichen Zwecken angelegten zehnbändigen Gresohichte
der Lftnder des Osterreichischen Eaiserstaates von Schels — einst Vorsteher
dar k. k. Eriegsbibliothek — sowie Ton den jetzt veralteten Handbüchern
Ton Hohler, Jos. v. Ameth, Beidtel, Hassler und Koch, sowie von den
ebenfidls nur mehr wenig brauchbaren Oompilationen Meynerts und 8por-
aehilfl ab, so kann erst Jos. Grafen v. MJaikths Geschichte des Odter-
reichisehen Eaiserstaates in 5 Bänden für Heeren und Ukerts flamTnlnng
eoropftiflcher Staatengeschichten (als deren Neubearbeitung das uns vor-
liflgende Werk Hubers zu betrachten ist), obgleich erst mit der ottokarisch-
bdbsburgischen 2feit beginnend, als ein noch immer, namentlich in seinen
apiteren Paurtien sehr brauchbares, weil klar und übersichtlich gehaltenes
Htoptwerk bezeichnet werden.
Seither hat sich der grossartige Umschwung, den mit dem Jahre 1848
d« geistige Leben in Oesterreich erfuhr, auch auf dem (Gebiete der Ge-
adiichtsforBchung und der Geschichtschreibung unseres Staates geltend ge-
machi Ausser der damals gegründeten kais. Akademie der Wissenschaften
in Wien nahmen die Akademieen und historischen Vereine der übrigen
Staatsgebiete an dieser Arbeit den lebhaftesten AntheiL Als das Ergebnis
dieser nunmehr nahezu 40jfihrigen Thfttigkeit liegen uns heute in einer
selbst von dem Faohmanne nur schwer zu überblickenden Fülle Publi-
citionen der mannigfaltigsten Art vor, welche die geschichtliche Kenntnis
theils durch die Veröffentlichung ungedruckter Materialien, theils durch die
Verarbeitung des gesonunelten Stoffes in werthvoUen Specialuntersuchungen
mftchtig gefördert haben, wozu sich dann noch eine Beihe zum Theile sehr
werthvoUer Monographien über die wichtigsten Persönlichkeiten und ge-
aehichtlichen Momente des österreichischen Staatslebens gesellt. Es war
allmählig an der Zeit, das durch so vielseitige Forschung angeheilte Ge-
Bunmigebiet zu überblicken, sich von den bisher gewonnenen Besultaten
der mit vereinten Kräften geförderten Arbeit Bechenschaft zu geben und
eben dadurch die Blicke der Forscher auf jene Gebiete zu lenken, welchen
bisher die Aufmerksamkeit in geringerem Masse zugewendet worden war
tmd die daher noch eine reiche Ernte für die Zukunft in Aussicht stellen.
Und zu diesem rein wissenschafblichen gesellte sich auch ein eminent
practisches Bedür&iss. Nicht nur, dass der durch das junge VerfiEiasungs-
leben des Staates lebhaft angeregte politische Sinn in erfreulicher Art Hand
in Hand geht mit dem immer lebhafter werdenden Verlangen nach histo-
rischer Bildung, nicht nur, dass auch der gebildete Laie heute mehr als
zuvor nach einem allgemein fasslichen Buche ausblickt, das ihn über die
früheren Schicksale Oesterreicbs und über das allmählige, Werden der
heulagen Zustände des Staates belehre, auch die Schule fordert bereits längst ein
Buch, welche die sichere Grundlage ftlr den Unterricht zu bieten vermöchte.
Freilich so leicht zu bew<igen ist, ganz abgesehen von der unerschöpf-
hehen Fülle des zu verarbeitenden Stoffes, eine solche Arbeit nicht Denn
MQirend die übrigen grossen Staaten Europas mehr minder auf überwiegend
nationaler Grundlage ruhen,, ist Oesterreich zwar eine eminent politische
MittlMflimftti' vn. 8S
338
literatnr.
Schöpfiiiig, die aber doch wieder ihre Lebenskraft ans den yerschiedenen
nationalen Bildungen holt, in deren Zusammenwirken und Gegensätzen
eben die Geschichte unseres Staates liegt. Mit dieser ethnographischen
Gestaltung des Staates hängt es zusammen, dass die gründliche Behandlung
der österreichischen Geschichte neben dem geschulten Historiker den Tiel-
seitig unterrichteten Kenner in den Sprachen und Literaturen dieses weiten
Gebietes voraussetzt.
Trotz dieser Schwierigkeiten hat es in jüngerer Zeit nicht an Ver-
suchen gefehlt, die Aufgabe in der einen oder der andern Weise zu lösen.
Untbr diesen Versuchen steht als der Beginn einer streng vrissensc^aftliefaen
Darstellung die > ö^rreichisöhe Geschichte bis zum Ausgange des drei-
zehnten Jahrhunderts* von Max Büdinger oben an, ein Werk, das uns
allen ebenso unentbehrlich als lieb und werth geworden ist. Den höchsten
kritischen Anforderungen genügend, trägt dieses Buch den Stempel einer
bedeutenden Originalität an sich, mit welcher sich eine classische Form
der Darstellung verbindet. Um so tiefer muss man es bedauern, dass
dasselbe unvollendet blieb und dass der Ver&sser sich trotz seiner BücV-
kehr nach Oesterreich nicht entschliessen wollte, dasselbe fortzufahren.
Lag auch in der Absicht Büdingers nur die Schilderung der ältesten Zeiten
Oesterreichs und zwar vomemlich jener Momente, » ohne welche die spätere
Entwicklung gar nicht denkbar wäre*, so würde doch die vollständige
Durchführung seines Planes als eine bedeutsame Einleitung zu einer jeden
streng wissenschaftlichen Geschichte haben gelten können.
Als Versuch einer populären Darstellung ist die »österreichische Ge-
schichte für das Volk* zu betrachten. Es war ein an sich richtiger
Gedanke, von dem geleitet man hier den Schwierigkeiten, welche die
Kräfte eines Mannes fast zu übersteigen drdhen, durch Theilung der Arbeit
zu begegnen suchte; Allein es geschah des Guten vielleicht zu viel. Nicht
weniger als siebenzehn Autoren theilten sich unter der Leitung des Frei-
herm von Helfert^ welcher die Eedaction übernahm, in die Bearbeitung
des nur bis zum Wiener Congi-esse in die Darstellung einbezogenen Stoffes.
Dies hatte allerdings zur Folge, dass sich jeder Autor auf dem ihm zu-
gewiesenen Gebiete vollständig heimisch fühlte und dass eine Beihe von
kleinen Monographien entstand, deren Gründlichkeit fast durchwegs billigen
Ansprüchen genügt und deren Werth nur der gänzliche Mangel literarischer
Kachweise schmälert. Aber andererseits konnte aus dem Zusammenwirken
80 vieler Autoren ein Werk aus einem Guss, ja auch nur von einer Gmnd-
ansicht, wie dies doch von einer an das grosse Lesepublikum sich wen-
denden Darstellung erwaHet wird, unmöglich hervorgehen. Dennoch beruht
die Sammlung auf einem fruchtbaren Grundgedanken, für dessen Durch-
führung auch heute noch vieles sprechen würde, vorausgesetzt, dass man
sich auf eine geringere Anzahl gesinnungsverwandter Autoren beschränken
wollte.
Zum Theile auf dieser Arbeit beruht Fr. M. Mayers Geschichte Oester-
reichs mit besonderer Rücksicht auf Culturgeschiohte, 2 Bände, Wien 187 S.
welches damit zugleich nach dem Muster von Poelitz-Lorenz reiche Ldte-
raturangaben verbindet und sich durch seine praktische übersichtliche Ein-
richtung empfiehlt
literatar. 339
In gewissem ßixme bahnbrechend ist Krones, Handbach der Geschichte
Oesterreichs Ton der ältesten bis neaesten Zeit in 5 Bänden. Das Bach
von Erones ist als ein erster Yersnöh zu betrachten, die namentlich seit
einem Menschenalter fast bis ins Unabsehbare angewachsenen Detailonter-
soditingen über die verschiedenen Gebiete der österreichischen Geschichte
za einer abschliessenden Darstellang zasammenzafassen. Ist dies aoch dem
YerfiMser nicht nach allen Seiten hin gelangen and macht sich aach die
Ungleichmfissigkeit der breiteren Anlage der älteren and der knapper dar-
gestellten späteren Zeit, sowie der darch ein sorgMtiges Begister nar zum
Theil behobene Uebelstand einer schwierigen üebersicht des massenhaften
Stoffae fELhlbar, so moss doch zogestanden werden, dass diese Arbeit, das
Werk eines stapenden Fleisses and einer fast anübertroffenen Yertraatheit
mit der gedämmten Literatar anseres polyglotten Staates, alle ihre Yor-
gängerinnen in den Schatten stellt Krones hat aach eine sehr anziehende
Geschichte Oesterreichs fiir ^die reifere Jagend in zwei Theilen verfasst,
ein popaläres Werk, das trotz seines ansprachslosen Titels aach höheren
Ansprüchen genügt and einen Grandriss der österreichischen Geschichte
mit besonderer Bnöksicht aafQaellen and Literatarkande, Wien 1882, der
ab eine &8t anerschöpfliche Fandgrabe fEbr Literatarangaben anentbehr
lieh ist
So vielen and zam Theile so tüchtigen Leistangen der jüngsten Yer-
gmogonheit gegenüber wirfb sich anwillkürlich die Erage aaf, ob für eine
neae Bearbeitang der Osterreichisohen Geschichte noch ein Bedürfiiiss, ja
ob eine solche überhanpt noch möglich ist. Dass anbeschadet des Werthes
der früher erwähnten Darstellnngen beides dennoch der Fall ist, daraaf
hti uüsgrea Bedünkens, sowie nach dem übereinstimmenden ürtheile aller
Uaher ersohieneneB B^reohongen desselben, das vorliegende Bach Alfons
HabexB eine anzweifelhafte Antwort ertheilt War es an sich ein glück-
licher Ckdanke, das nan doch schon viel&ch veraltete Werk Mailaths daxtk
eine Neabearbeitang zn ersetzen, so hat Haber diese Anfgabe, soweit dies
sdum lieate aaf Grand der beiden ersten bis 1487 reichenden Bände aas-
gesproehen werden kann, in masterhafter Weise gelöst
£a ist nicht ansere Absicht, an dieser Stelle aaf die Einzelheiten des%
epoehemadienden Werkes einzngehen, dies am so weniger, da wir der
festen üebeneogang leben, dass dasselbe bald ein Gemeingut aller der-
jenigen sein wird, die der Geschichte anseres Staates das ihr geziemende
Interesse entgegenbringen, aber auch , von den Fachgenossen abgesehen,
ein Gemeingat jenes weiteren Kreises gebildeter Laien, denen es nicht blos
un jene flüchtige Ünterhaltong, sondern am wirkliche Belehrang an der
Hand eines zuverlässigen Führers zn than ist Was wir in dieser kurzen
Anzeige allein zum Ausdrucke bringen wollen, das ist die Andeutung der
Stellung, welche inmitten verwandter Leistungen dem vorliegenden Buche
gebührt Durch eine lange Beihe von Yorstudien, namentlich über die
ältere Geschichte Oesterreichs, unter deren Forschem er ja einen der ersten*
Flibe einnimmt, trefflich vorbereitet, liefert uns Huber ein Werk, das an
inaeier Durchdringung des Stoffes hoch über allen bisherigen Leistungen
nf diesem Gebiete steht Soweit BÜdingers Oesterreidiische Geschichte
reidit, nstorgemäss auf derselben fussend, jedoch unter Wahrung vollster
nf den Quellen selbst beruhender Selbständigkeit und unter sorgfältiger
22*
340
Literator.
und streng kritischer Yerwerthung aller bedeatenderen, seither erschienenen
Einzelforaohungen, wird die Darstellung, je weiter sie fortschreitet, desto
bedeutsamer, dies umsomehr, je mehr es namentlich für Ungarn &8t
allenthalben an brauchbaren Vorarbeiten gebrach, so dass der YerÜEisser ge-
nöthigt war, &8t jedes einzelne Faktum erst aus den Quellen sicherzustellen
und nicht selten sich ungemein schwierigen Untersuchungen über das Yer-
hältniss der Quellen zu einander und deren Werth im allgemeinen wie
im einzelnen zu unterziehen. Dabei ist das Buch nicht etwa bloss anf
gelehrte Fachkreise berechne1| sondern auch weiteren Kreisen in Folge
seiner schlichten, durchsichtigen Darstellungsweise zugänglich. Denn der
Verfasser hat sein Buch zwar mit einer grossen Anzahl von Anmerkungen
ausgestattet, in denen er sich über abweichende Ansichten mit seinen Vor-
gängern in knapper Form auseinandersetzt, hingegen die umständlichere
Beweisführung für seine Behauptungen in eine Beihe von vortrefflichen
Abhandlungen verwiesen, welche an anderen Orten — zum Theil in dieser
Zeitschrift — erschienen sind. Für die Darstellung hat Huber die syn-
chronistische Form gewählt, die auch in der That die natürlichste ist and
mittelst deren es ihm auch fast durchwegs gelungen ist, die Klippen ta
umschiffen, an denen die Uebersichtlichkeit manch früherer DarsteUungen
gescheitert ist.
Bisher hat Huber, wie gesagt, seine Au%abe in glänzender Weiae
gelöst. Freilich, die grösseren Schwierigkeiten stehen noch den folgenden
Bänden in der Fülle des darzustellenden Stoffes, in der Reichhaltigkeit und
dann doch wieder Unzulänglichkeit der bisher ans Licht geförderten Quellen,
in dem oft gänzlichen Mangel genügender Vorarbeiten, in dem Vordrängen
der nationalen Literaturen und in dem Hervortreten nationaler, politischer
und religiöser (Gegensätze, unter deren Eindrucke wir zum Theile noch
heute stehen, bevor. Allein von der bewährten Hand unseres Autors, von
seinem Scharfblicke und seiner geistigen Klarheit, von seiner Unbefangen-
heit, seinem Fleisse und seinem redlichen Willen dürfen wir auch ferner-
hin die würdigsten Besultate erwarten. Und so bleibt uns sehlieaslich
neben dem Ausdrucke aufrichtigen Dankes für das bisher Gebotene der
Wunsch, dass es dem Verfasser auch fernerhin nicht an der Freude des
Schaffens und an der rüstigen Kraft zur Förderung seines Unternehmens
gebrechen möge. Zeissberg.
Julius Strnadt, k. k. Bezirksrichter, Die Geburt des
Landes ob der Enns. Linz, Ebenhöch, 1886, 8», 125 S.
•
Die praktischen Juristen, welche historische Studien treiben, sind
gegenwärtig ebenso selten, als sie im vorigen Jahrhunderte häufig waren.
Und doch könnten uns gerade aus diesem Kreise sehr werthvoUe Auf-
klärungen fär ein Gebiet gebracht werden, welches von den gelehrten
Fachkreisen meist unbetreten gelassen wird, da es zu viele kleiniiehe
Localforschungen verlangt: ich meine das Gebiet der looalen Becht^escbidite»
der Geschichte der Verwaltung und des Gerichtswesens in ihren territorialen
Gliederungen und Abgrenzungen. Strnadt hat schon vor fast 20 Jahres
mit einer derartigen Arbeit über das Gericht Peuerbach in OberGeterreich
sich vielen Dank verdient. Mit dem vorliegenden Büchlein tritt er an ein
literatar.
341
Problem allgemeineren Charakters und- selbständiger historischer Bedeatang
izezan. Die Mittel, mit denen er arbeitet, sind jedooh auch hier vor-
wiegend dieselben wie dort; nftmlioh genaue Looalkenntniss und Yer-
werthung der Abgrenzungen der Gteriohte und Yerwaltungsgebiete des
späteren Hittelaltersy von deren Dauerhaftigkeit und Alterthümliöhkeit er
(üe gleiche Ansicht gewonnen hat, wie der Beferent bei einer fthnliohen
Arbeit über ein benachbartes Gebiet zur Aufklärung der Verhältnisse
fnlherer Perioden.
Die ausgesprochene Absicht des Terf. ist, zu erweisen, dass der Theil
von Oberösterreich zwischen Eausruck und Enns nicht, wie man bisher
annahm, im Jahre 1156 von Bayern abgetrennt xifid an das Herzogthum
Oesterreich gegeben worden ist, sondern dass derselbe im Besitze der
iteierisohen Ottokare bis zu deren Aussterben sich befunden habe, dann
noch bis in die Zeit König Ottokard als ein Theil Steiermarks angesehen
irorden, und erst unter dessen Begierung, etwa um 1254 — 60, zu einem
lelbständigen Verwaltungsbezirk, einem eigenen Territorium umgeschaffen
i^orden sei«
Der erste und wohl wichtigste Beweispunkt hieftir ist nun der, dass
ceine gleichzeitige Quelle etwas davon wisse, dass Herzog Heinrich von
)e8terreich im Jahre 1156 neben der Herzogs würde eine Vergrösserung
einer Mark durch drei baierische Gra&chaften erhalten habe. Str. weist
— wie mir scheint mit Erfolg — nach, dass die erste Nachricht hierüber
on dem 100 Jahre später schreibenden Hermann ?on Altaich herrührt
nd dass die entsprechende Stelle in der Chronik des Chunrad de Wizzen-
«rge, Abts von Melk (1177 — 1208), eine der gewichtigsten Stützen der
iaherigen Annahme, nach dem handschriftlichen Befund eine auf Hermann
on Altaich beruhende spätere Interpolation ist. Die Angabe eines so
oäten Berichterstatters sei aber belanglos gegenüber der urkund-
chen Thatsaohe, dass Herzog Heinrich (der Löwe) von Baiem am
4, März 1176 zu Enns einen Gerichtstag gehalten habe. Diese und andere
rkundenstellen sollen weiters beweisen, dass zur Zeit des genannten
erzogs die steirischen Markgrafen Vasallen von Bayern, nichti wie früher
»n Xftmten gewesen sind.
Sonach kann erst die Erhebung Ottokars VIIL zxmi Herzog im Jahre
180 den in seinem Besitz befindlichen Theil Oberösterreichs gänzlich von
dem abgetrennt haben. Eine Beihe von Urkundenstellen, vor allem
er das bekannte Ereigniss der Uebertragung der Steiermark an die
^benberger am Oeorgenberg bei Enns im Jahre 1186, beweisen, däss
ise Gebiete damals als Theile des Herzogthums Steier betrachtet worden
id ; andere Urkunden aber, dass das Gtebiet des Herzogthums Oesterreich
nals am linken Donauufer um das jetzige Mühlviertel vergrössert worden
Als Steier und Oesterreich von 1194 — 1198 wieder vorübergehend
brennt waren, erscheint in mehreren Urkunden Leopolds von Steiermark
- frülieT traungauisohe Theil Oberösterreichs als Theil der Steiermark;
i so auch in der darauffolgenden Periode der Wiedervereinigung mit
rterreich.
Den Anstoss zur Abtrennung Oberösterreiohs von Steier gab die
dlxvng der babenbergischen Lande zwischen König Ottokar und Bela IV.
Jahre 1254, wo ersteres Ottokar verblieb, während letzteres Bela er-
mW
:'
^ ♦ k! . il *
342
Liieratar.
liielt. Als dann in Folge der Schlacht von Eressenbnum 1260 audh Steier-
mark wieder in Ottokars Hände gelangte, wurde zwar das irüher eben&Us
abgetrennte Pittnergebiet an das Herzogthnm Steier zurückgegeben, nicht
aber Oberösterreich, und zwar deshalb nicht, weil das steierische E&nsthal
an Philipp , von Salzburg gekommen war und so der territoriale Zusammen-
hang der beiden Gebiete aufgehört hatte. Es soll daher das Jahr 1260
als das Geburtsjahr des Landes Oberösterreich bezeichnet werden. Im
Jahre 1264 begegnen wir dann zum ersten Male einem eigenen Landrichter
filr die Provinz Oberösterreich.
Ich möchte nicht jeden einzelnen Schluss, besonders im letsten Theile
der Arbeit, als unumstösslich betrachten, so z. B. bezüglich des Ueber-
ganges des Ennsthales an Salzburg; ich scheue mich aber nicht ausm-
sprechen, dass mir der Beweis vollkommen erbracht zu sein scheint, dass
der in Frage stehende Theil Oberösterreichs nicht schon im Jahre 1156,
sondern erst dreissig Jahre spftter mit dem übrigen ottokarisohen Erbe an
die Babenberger gekommen ist Wenn diese Auffassung, wie ich nicht
zweifle, allgemein angenommen wird, so wird hiermit erst die grosse For-
schung, welche sich an die Privilegiumsverleihung von 1156 knüpfte, in
allen Stücken beendigt sein.
Salzburg. £. Bichter.
Henry Thode, Franz von Assisi und die Anfänge
der Kunst der Renaissance in Italien. Mit Illustrationen.
Berlin, G. Grote, 1885. Gross-So. X und 573 S.
Die kunsthistorische Forschung wendet sich gegenwärtig fast aus-
schliesslich der Eünsterbiographie zu. Selbst das zahlreich sich darbietende
urkundliche Material wird allein in diesem Sinne ausgenützt, Special-
arbeiten über Sammlungen und dergleichen nur mit Büoksicht auf diese
Zwecke angelegt. * Selten dass noch eine Arbeit erscheint» die sich mit der
Entwicklung von Formen und Typen beschäftigt, oder der Wirkung
religiöser und nationaler Ideen auf die Umgestaltung der Kunst nacdun-
gehen sucht. Gewiss bezieht sie sich dann auf die mittelalterliche Kunst
von Frankreich und Deutschland, während für Italien schon lange die
Oeschichte derKunstvon der Geschichte der K ü n s 1 1 e r zurückgedrängt
wird.
Thode hat schon durch seine »Antiken in den Stichen Maroantons^
bewiesen, dass er von weiteren G^ichtspunkten ausgeht, die Erklärung der
Gegenstände und den Zusammenhang der Formen als wichtige Au%aben
des Studiums betrachtet. In seinem »Franz von Assisi* liegt eine zweite
umfassende Arbeit in dieser Bichtung vor. Auf breiter Grundlage wird
die Wirkung dieses ausserordentlichen Mannes und seines Ordens aof die
italienische Kunst dargestellt und alle Denkmäler gesammelt, die sich auf
das Leben des Heiligen selbst oder auf die von dem Orden verbreiteten
Ideen beziehen. Der Natur der Sache nach sind diese AufiiAhlungen nur
für das 14. Jahrb. vollständig, während für die folgenden charakteristisch«
Beispiele gegeben werden.
Der erste Theil bringt eine Biographie des Francisons, eine Besehreibung
seiner Darstellungen in der Kunst^ als Einzelngestalt sowohl wie abi Han-
literatur. 343
delnden in den Bildern ans seiner Legende, darauf eine eingehende Studie
über den Bau and die künstlerische Ausschmückang seiner Grabeskirche and
schliesst mit einer historischen Würdigung der gothischen Franciskaner-
kirchen Italiens. Hatte sich also der erste Theil ausschliesslich mit dem
Heiligen selbst und den ihm gewidmeten Andachtsstfttten beschäftigt, so
ist der zweite ganz dem Orden und seiner Bedeutung fär die Kunst ge-
widmety seinen literarischen Bestrebungen, der Neugestaltung der über-
lieferten Scenen aus dem Leben Christi und der Jungfrau unter seinem
Rrnflnsse, endlich der Darstellungen der von ihm ausgedachten Allegorien.
Den Anhang bildet eine Besprechung der Quellen für das Leben des
Franciseus nebst urkundlichen Beiträgen.
Die Darcharbeitung eines so grossen Theiles der Monumente des
italienischen Trecento nach einem bestimmten Gesichtspunkte ist im höchsten
Grade lehrreich. Die Ausführungen über die Verbreitung des gothischen
Stiles, über die Passionsdarstellungen werden nach manchen Bichtungen
bin fruchtbringend wirken. Besonders die letzteren sind geeignet, die
ÜLonographischen Studien zu fördern. Hier ist einmal gegenüber den ver-
zettelten Einzelnbeobachtungen ein erfolgreicher Schritt gemacht, grosse Ein-
aehnitte in der Entwicklung zu beobachten, die Gegenstände nicht nur
aadüich, sondern historisch zu gruppiren. Neben diesen weiterwirkenden an-
ragenden Capiteln mögen als sachlich abgeschlossene Arbeiten die Bau-
geschichte von S. Francesco in Assisi und auch die Entwicklungsgeschichte
Giottoa, gerade gegenüber dem unglücklichen Yersuche Frej's, die bisher
gewonnenen Besultate von neuem in Frage zu stellen, genannt werden.
Bei der Frage nach der persönlichen Einwirkung des heiligen
Franz auf die Kunst hat sich, so scheint mir, der Verf. von der Vorliebe für
seinen Stoff zu weit fuhren lassen. Schon die ältesten Darstellungen seiner
leiblichen Erscheinung sollen die neuere Fortraitkunst angeregt haben.
Hier Uegt sieher ein Irrthum vor. Das älteste Bild des Heiligen im
Sacro Speco zu Subiaco ist nichts anders als eines jener Mönchsbilder der
süditalischen, vom Oriente her beeinflussten Benedictinerkunst, wie sie uns
Gravinas Werk über Monreale in reicher Fülle mittheilt. Es stimmt voll-
kommen mit dem alten Schema, welches hier für den neuen Mönch, der sich
berühmt gemacht hatte, unverändert verwendet wixd. Dass in den ältesten
Cyklen zuerst nur die Wunder am Sarge des Heiligen und nicht Scenen
aus seinem Leben erscheinen, zeigt ebenso, dass sein blosses Auftreten
nidit gleich einen ümsehwung in der Eunstaufibssung hervorbrachte;
geiade solche Begebnisse bei Translationen und Beisetzungen hatten
daa frühere Mittelalter viel mehr beschäftigt, als fantastische Legenden,
weil eben überall der Besitz der heiligen Leiber als das wichtigste be-
trachtet wurde. Der Einflnss solcher begeisterter übeisinnlicher Naturen
wie Franciseus ist gewiss nicht so plötzlich, so materiell, dass man auf
seine Aeuaserungen mit den Fingern weisen könnte. Franciseus hat das
Land aufgerüttelt aus seinem geistigen Schlafe und von jener allgemeinen
Err^^ung haben auch die Künste Nutzen gezogen, aber vornehmlich doch
die Poesie. Durch die Comödie erst wurde der Sinn der Italiener auf
jenes lebendige Erfassen der Natur geleitet, das der Kunst Giottos zur
Voratasseiznng dient. Dabei darf der Einflusa des Predigerordens nicht
überaeben werden; alle Sammlungen von Legenden, die ganze Predigt-
344
Literatar.
literatar geht von ihm ans, sein Einfluss auf die Phantasie wenigsteiiB ist
entscheidender als jener der Minoriten. Selbst ans der üebersicht der
Franciskanerliterator, die Thode gibt, geht das hervor, die Predigt tritt
ganz zurück, an ihrer Stelle erscheinen Tractätchen, bestimmt, den per-
sönlichen Einfluss von Mund zu Mund, durch den der Orden seine eigent-
liche Wirksamkeit ausübt, zu unterstützen. Ich weiss nicht, was Thode
zu jener üeberschätzung der Franciskanerpredigt geführt hat; wohl die
Wirksamkeit hervorragender Minoriten in Deutschland? Das darf aber nicht
auf Italien zurückbezogen werden. Vielleicht auch, dass Tbode dem heiligen
Franz eine Mittelstellung zwischen Petrus Waldus und den deutschen Se-
formatoren geben will? Wenn die Bettelorden als Vorläufer der Beformation
gelten sollen, dann muss freilich der Dominikanerorden bei Seite geschoben
werden. Der möchte sich schwer in dieses System fügen. Die Behauptung,
Innocenz III. habe, als er 1208 den Frandflkanem die Predigt frei gab,
eine Forderung der Waldenser erfEUlt, oder der Vorwurf, Petrus Waldus
und Franciskus erstreben die Vollkommenheit in der Nachfolge Christi,
ohne zur Anschauung der Seligkeit durch den Glauben ge-
langt zu sein (S. 80), gehen von einem stark confessionellen Stand-
punkte aus, der in die wissenschaftliche Betrachtung nicht hineinspielen
sollte. In Einzelnheiten sei bemerkt, dass (S. 286) p^ abb^ natürlich
prima abbatissa und nicht beata gelesen werden muss, wodurch die darauf
gebaute Hypothese hinfällig wird, ebenso sind (S. 214) die beiden Be-
wohner von Assisi, Franceschino Zampa und Hieronymus Bartholomei, die
sich als auctores auf dem Portale der Capelle S. Bemardino nennen, ans
dem Eünstlerlexikon zu streichen. Sie sind die Stifter und nicht die Bau-
meister dieses Werkes. F. Wickhoff.
Die Berner Chronik desValerius Anshelm. Heraus-
gegeben vom historischen Verein des Kantons Bern. Erster Band.
Bern (Wyss) 1884.
Es ist nicht das erste Mal, dass Valerius Anshelm durch den Druck
einem weiteren Publikum vorgelegt wird: schon 1825 — 1883 ersohienf
besorgt von den Bemischen G«schichtsfreunden Stierlin und Wyss, eine
Ausgabe in sechs Bänden. Leider brach aber diese Ausgabe mit dem Jahre
1525 ab; der Nachtrag, den 1838 der »Geschichtsforscher* in seinem
10. Bande brachte, enthält die Jahre 1526 — 1536 nur in sehr ver-
stümmelter Wiedergabe. Diesem Mangel vor allem soll nun mit der
neuen Ausgabe abgeholfen werden und gern nehmen wir einstweilen davon
Notiz*, dass der eben berührte letzte Theil des Werkes viel jreicher und
viel weniger lückenhaft sich erweist, als nach jenen dürren Auszügen zn
sohliessen war.
Ein weiterer wesentlicher Vorzug der neuen Ausgabe liegt darin,
dass hier die Originalhandschrift des Ver&ssers zu Grunde gelegt werden
konnte, während die ältere auf späten Copien beruht.
Die Herausgeber, an deren Spitze Oberbibliothekar Dr. K Blösch in
Bern steht, haben sich ihre Arbeit nicht leicht gemacht. Neben textlichen
Anmerkungen, welche die Zusätze und Correcturen des Chronisten oder
späterer Hände enthalten, gehen solche von sachlicher Natur einher, die
LiteTatuT.
345
sich wiedemm nicht auf blosse Erl&uterang besobränken: überall wird
auf die einsohlfigigen eidgenössischen Abschiede verwiesen und zu weiterer
Yergleichnng sind die ongedmekten Qaellen des Bemer Staatsarohives
(Bathsmannale und Missivenbücher) herangezogen. Es sind das willkommene
Beigaben, welche künftige ßpecialnntersnchnngen sehr erleidhtem dürften.
Nach der Yersicherong der Herausgeber bat diese CJontrölle im Allgemeinen
herausgestellt, »dass Anshelm, trotz seiner soharf geaeiohneten Individualität
und seines sarkastischen Freimuthes, doch mit ausserordentlicher Gewissen-
haftigkeit sich an die vorliegenden Docnmente der Archive gehalten und
unmittelbar aus denselben geschöpft hai^ Wir sehen der nlheren Be-
gründung dieses ürtheils mit Interesse entgegen; die Obje6tivitftt des
Chronisten wird insbesondere da die Prüfung bestehen müssen, wo sein
religiöser Standpunkt in Frage kommt
Der vorliegende erste Band umftsst — ausser der üebersicht über
die frühere Geschichte der Stadt Bern — den Zeitraum von 1474 bis
1494, und entspricht Bd. I und 11 S. 1 — 159 der älteren Ausgabe. Die
Seitenzahlen der älteren Ausgabe sind am Bande beigefügt; diejenigen des
Originals stehen in Klammem innerhalb des Textes. So ist nichts ver-
säumt worden, was zur bequemen Handhabung dienen kann; Druck und
Ausstattung sind vorzüglich. Hoffentlich lässt die Fortsetzung nicht mehr
allzu lange auf sich warten.
Lnzern. H. Beinhardt
Die historischen Arbeiten der südslavischen
Akademie der Wissenschaften in Agram.
L
Quellen.
Zur Förderung der südslavischen Geschichtsforschung hat die Agramer
Akademie, wie früher berichtet wurde ^), unter dem Namen Monumenta
spectantia historiam Slavorum meridionalium eine Quellen-
«amTnlnug angelegt, welche in den letzten Jahren um vier bedeutende
Bftnde (13 — 16) vermehrt wurde. Der 18. Band (zugleich der zweite der
Monumenta Bagusina), redigirt vom Präsidenten der Akademie, Fr. Baöki,
enthält Beschlüsse des grossen und kleinen Bathes der Bepublik Bagusa.
Es sind dies Sitzungsberichte aus den Jahren 1347 — 1360, denen vom
Jahre 1859 an Anleitungen und Erlässe des Bathes (Lottere e commissioni
di Levante) beigegeben sind. Im Anhange finden wir einige ältere Be-
schlüsse vom Jahre 1303, die nach den Auszügen des Gian Maria Mattei
(t 1788) nachträglich zu Tage gef)5rdert wurden. Die Beschlüsse sind
wichtig nicht nur für das innere Leben der kleinen Bepublik und ftir ihre
Beziehnngen zu Nachbarstaaten, sondern auch für die Geschichte Bosniens
und Hnm's (Herzegowina). Im 14. Band, als dem ersten der »Scriptores
remm croaticarum*, wurden unter der Bedaction des Akademikers Prof.
M*. Nodilo kleinere ragusanische Chroniken (Annales Bagusini anonymi) und
lie noch nicht edirte Chronik N. Banjina*s abgedruckt. Den »Annales
uionjmi^ liegen Handsehrifben der südslavischen Akademie und der Fran-
0 Mii{heilQnge& 8, 880.
:: '^ri.
f>i
M li ■, ,^
<?»!
846
Literatur.
ziskaner-Bibliothek in Bagnsa zu Grande ; sie beginnen mit dem Jahr 457
und schliessen mit 1606. Aeltere Aufzeichnungen bis zum 14. Jabrh.
sind von geringerem Werthe. Die »Annales* von Bagnina endigen mit
dem Jahre 1552. Der 15. Bd. brachte das ehemalige Institut der Miliiftr-
grenze betreffende Urkunden (Acta historiam oonfinii militaris illustrantia),
welche hauptsftchlich das correspondirende Mitglied der Akademie Bad.
Lopaiid im Arohiv des k. k. Eriegsministeriums zu Wien und im Landes-
arohive in Qraz gesammelt hatte. Diese Collection wird in die donkelste
Periode der ehemaligen Militärgrenze, in die Zeit von ihrem ersten An-
fang bis zu ihrer Organisation um ^e Mitte des 18. Jahrh. einiges licht
bringen. Im 16. Bd. wurde diese Urkundensammlung fortgesetzt und.
versehen mit einem Inhaltsverzeichnisse für beide Bttnde, zum ersten Ab-
schlüsse gebracht. Die Urkunden beginnen mit dem Jahre 1479. Die
Berichte der Commandanten und Generäle enthalttn viele Daten zur Er-
läuterungen der Kriege mit den Türken in Croatien und an der Grenze.
Die Monumenta historico-juridica Slavorum meridio-
nalium sind um den 8. Bd. (IX, 616 S.) bereichert worden, in welchem
unter der Bedaction des Akademikers Prof. S. Ljubi6 die Statuta et leges
civitatis Buduae, civitatis Scardonae et civitatis et insulae Lesinae der
Oeffentlichkeit übergeben wurden. Das »Statut* von Budna ist nach vier
Handschriften, dasjenige von Scardona nach einer Handschrift des 14. Jahrh.
und das von Lesina nach der venetianischen Edition (1643 — 6) heraus-
gegeben. Das Statut von Budua dürfte dem 14. Jahrh., das von Scardona
vfeUeicbt noch dem 18. Ji^rh. angehören. Das Statut von Lesina ist im
Jahre 1881 publicirt worden. Einem jeden Statute sind erläuternde Ur-
kunden beigefügt. Ein genaues Sachregister macht den Band brauchbar.
Das unter dem Titel Star ine (Alterthümer) angelegte Sammelwerk
nahm auch in den letzten Jahren rüstigen Fortgang. Es liegen bereits
17 Bände vor, die zahlreiche Geschichtsquellen kleineren Umfanges ent-
halten. Wir finden in den vier letzten Bänden (14 — 17) folgende Beiträge:
a) für die südslavische Geschichte: L. Komulovi6*s (Ck>muleo*8)
Berichte und Briefe (1593 — 4) über dessen Gesandtschaft nadi der Türkei,
nach Siebenbürgen, der Moldau und nach Polen, veröffentlicht von P. Pier-
ling und Dr. Fr. Baöki (Bd. 14, 88). Neue Quellen über L. Komulovic
von P. Pierling (16, 209)f enthaltend Berichte über seine Mission in Buss-
land (1584, 1598 — 8), Mat Karaman's von Spalato Berichte über Bass-
land (1787, 1789, 1742—8), veröffentUcht von P. Pierling (15, 95).
Diese Berichte, wie die von Komulovi6, über Polen und Bussland jener
Zeit sind äusserst interessant. Sim. Jud. Sidi6*s Bericht über die türkische
Belagerung Wiens im Jahre 1688, mitgetheilt von Johann von Kukuljevid-
Sakcinski (16, 1). Der Berichterstatter, ein Agramer Domherr und Beotor
des croatischen Seminars in Wien, war daselbst während der Belagerang.
Beiträge zur Geschichte Croatiens im 16. und 17. Jahrh., aus dem sieieriachea
Landesarehiv in Graz veröffentlicht von Bad. Lopaiiö (17, 151) langen
mit dem Jahre 1529 an. Einige Beiträge zur Grescbichte der Versohwörong
Pet Zrinski*s und Franz Frankopan's (1670—1), miigetheUt von Bad.
Lopadi6 (15, 114). Auszüge für die südslavische Geschichte aus dem Tage»
buche M. Sanudo's jun. vom Jahre 1526 — 1588, redigirt von Dr. Fr.
LiieiataT.
347
BaSki (15, 177 und 16, 130). Da die venetiaiiisolie Ausgabe der Diarii di
M. Sanato langsam fortschreitet, dürfte diese Pablication den Forschem der
sftdslavischen Geschiclite willkommen sein. Die Abschrift ist von Yalentinelli
and Mesi& Beiträge zur (beschichte altadeliger Zenger Fftmilien (15, 155
and 17, 54), Yerzeichniss der Patricier- and BÜi^rfiunilien in Zeng vom
Jahre 1758 (17, 49), Lebensbeschreibong N. Tintor's aas Elis (17, 75);
die drei letztgenannten Pablicationen von Prof. M. MsgdiA.
b) Für die Geschichte der Repablik Bagusa: Beitrftge zur
Geschichte des diplomatischen Verhältnisses zwischen Frankreich and Ba-
gosa, mitgetheilt von Prof. J. E. Syrljaga (Bd. 14, 58). Ein Schreiben
der Bagasaner an König Ludwig XIY. von Frankreich über das grosse
Erdbeben vom Jahre 1667, mitgetheilt von Ptof. J. E. §vrljaga (14, 80).
Bagosanerbriefe an die Bepablik Venedig (1534 — 1791), veröffentlicht
vom Akad.-Prof. 8. Ljabi6 (15, 1), wichtig Ülr die Beziebangen dieser
zwei Gemeinwesen.
Interessant för die croatische Heraldik ist ein alter oroatiBcher
Wappenbrief König Sigmunds aas dem Jahre 1434, mitgetheilt von Dr.
Job. V. BGJniSi6»Kninski (Bd. 16, 118), er gehört zu den ältesten Wappen-
briefen des Abendlandes. Für die Geographie: Ein Kataster von Soatari
vom Jahre 1416, mitgetheilt von Prof. S. Ljabi6 (14, 30), äusserst wichtig
ftbr die Geographie Nord-Albaniens. Beiträge zu einer geographisch-statisti*
sehen Beschreibung des bosnischen Paschaliks (eine Beschreibung Bosniens
aus dem Anfange des 17. Jahrh. und eine Beisebeschreibung zweier Sebe-
nikaner von Sebeniko nach Livno und Skoplje im Jahre 1547), veröffent-
licht von Dr. Fr. Baöki (14, 173). Die Kirchengeschichte betreffen:
Zwei neue Beiträge zur Geschichte der bosnischen Patarener, veröffentlicht
von Dr. Fr. BaSki (16, 1): eine Widerlegung der patarenischen Irrihümer
vom Cardinal J. Torquemada im Jahre 1460 nach einer vaticanischen
Handschrift und ein Bruchstück eines patarenischen Bituales, geschrieben
um das Jahr 1443 — 60 von einem gewissen Badoslav, nach einer Hand-
schrift im Archiv der Propaganda in Bom. Ein römiflch-slavischer Gottes-
dienst zu Ehren der Slavenapostel Cyrillus und Methodius aus dem 14. Jahrb.,
veröffentlicht von J. öm5i6 (14, 210). Yerzeichniss einiger vom Jahre
1478 — 1520 in die Bruderdchaft des h. Geistes in Bom eingeschriebener
Südslaven, veröffentlicht von J. Gmfii6 (15, 168). Das Leben des ser-
bischen Patriarchen Jefrem, mitgeiheill von St. Novakovi6 (16, 35). Bei-
trag zur Geschichte der Agramer Synoden im 15. und 16« Jahrb. (1467
und 1570), veröffentlicht von J. TkalSi6 (16, 117). Briefe der serbischen
Mönche vom Berge Athos an die Herren von Bagusa, gesammelt von Prof.
A. YaSeti6 (17, 1). Beiträge zur Kirohengesdhich'te Bosniens, gesammelt
von fira M. y. Batiniö (17, 77), namentlich Schriftstücke vom Jahre 1527
bis 1837: Bericht des Dalmatiners A. Georgicei an den Kaiser im Jahre
1626, seine Beisebeschreibung von Ofen nach Bosnien; Beschreibung des
Paschaliks von Bosnien im 17. Jahrh. und ein Bericht von P. Johann
Yietri im Jahre 1708. Eine Unterredung zwischen Papisten und einem
Lntheianer, gedruckt zu Padua 1555, mitgetheilt von Prof. A. Yaljoveo
(17, 232), der Text ist croatisch. Endlich finden wir in den Starine fol-
gende literarische Beiträge: Aus einer serbisoh^laviscben Ueber*
setoung des byzantinischen Chronisten J. Zonaras, mitgetheilt von Ylad.
348
Literatur.
Eaöanovskij (14, 125). Ein Brief Y. Si Earadii6*8 und neun Briefe Jer.
Gagic*8 an P. Sa&Hk vom Jahre 1831 — 1884) mitgetheilt von J. Jireöek
(14, 196). Eine Beihe kleinerer Beitrage veröffentlicht Stojan Noyakoyic
(sttmmtliche in serbischer Sprache in Bd. 16, 9 — 108) und zwar: des
Mönches Teodoeius Abhandlung über Peter von Eons; Fragmente einer
mittelalterlichen Eosmographie; Apokryphe aus dem gedruckten Sammel-
werke von B. Yokoviö; ein Apokryph über Enoch; eine Sage TOm Anti-
christ; ein Apokryph vom Streite Christi mit dem Teufel; Apokryphe einfö
Eiew*Bchen Manuscriptes ; Urkunden aus dem Eloster Savina; » Carostavnik '
der Nationalbibliothek in Belgrad und Camblak*s Leben Ste&n*s von Dedan.
Von der Sammlung alter ci^oatischer Schriftsteller (stari
pisoi hrvatski) als Materialien für die Gleschichte der älteren croatischen
Literatur sind in den letzten Jahren drei neue B&nde (12 — 14) erschienen;
redigirt vom Akad.-Prof. Armin Pavi6 liefern sie nach den besten Hand-
schriften die Werke G. G. Palmoti6.
Ausserdem sind für die glagolitische Palttographie wichtig: Eudio-
logium und Psalterium aus dem 11. bis 12. Jahrh. nach den Hand-
schriften auf dem Berge Sinai von Pro£ Dr. Gkitler (1882 — 8). Für die Ge-
schichte der croatischen Sprache ist werthvoU der Text des Lectionarioms,
herausgegeben von Bemardin aus Spalato in Venedig im Jahre 1495 und
im Jahre 1885 nach zwei Editionen abgedruckt. Endlich darf nicht un-
erwähnt bleiben, dass das grosse historische Wörterbuch der oroatisch-
serbischen Sprache in sieben Hefben bis zum Worte ^do^vesti* fort-
geschritten ist
EL
Abhandlungen und Monographien.
Auch durch einzelne Abhandlungen und Monographien, welche in dem
bis zum 77. Bande gelangten akademischen Organ »Bad* (Acta) veröffent-
licht wurden, hat die südslavische Akademie in Agram in den letzten
Jahren erfreuliche Erfolge auf dem Felde wissenschaftlicher Forschung auf-
zuweisen. Wir werden uns auch hier nur auf die historischen Arbeiten
beschränken.
In erster Linie erwähnen wir des Akademikers Prof. N. Nodilo
Forschunungen über die »Beligion der Groaten und Serben auf
Grund der Volkslieder, Sagen, Märchen und Bedensarten*
(Bad 77, 43 — 126). Nach einer allgemeinen Einleitung geht er im ersten
Theile auf die Untersuchung von Sutvid und Tida ein und gelangt zum
Schlüsse, dass Sutvid als Licht- und höchster Eriegsgott die Finsternis»
und alle anderen Feinde bekämpft; er ist vermählt, aber der Name seiner
Frau ist unbekannt. Spuren dieser Gottheit findet man theils im Eüsten«
lande von Makarska und Narenta, theils in den Fragmenten alter Hymnen
in der Lika und in Syrmien.
Von seiner weitläufig angelegten Untersuchung über »Die inneren
Zustände und Culturverhältnisse des selbständigen croati*
sehen Staates vor dem 12. Jahrb.* lieferte der Präsident Fr. BaSki
eine höchst interessante Abhandlung über die »damaligen socialen Ver-
hältnisse« (Bad 70/158—190), d. i. über die Classen, aus denen die da-
malige Gesellschaft zusammengesetzt war. Auf Grund gleichzeitiger Docu-
literatnr.
849
mente kommt er zu dem Ergebnis, dass es auoh in Oroatien »Niohi&eie*
gegeben, die in den lateinischen Urkunden »servi et anoillae* genannt
werden. Solche fiinden sich nicht nur in den ursprünglich romanischen
Stftdten Dalmatiens vor, sondern auch auf eigentlich croatischem Boden,
namentlich in Gegenden, welche mit jenen Stftdten in n&herer Berähmng
standen. Die Art und Weise, wie Jemand in den hörigen Stand trat,
war bei den Croaten so ziemlich dieselbe wie bei den Bömem. Diese
konnten hauptsachlich durch testamentarische Yerf&gung oder durch einen
Aussprach bei Lebzeiten des Herrn zur persönlichen Freiheit gelangen.
Da das ganze Wesen der Hörigkeit bei den Croaten fremde Formen zeigt,
begründet der YeacL die Ansicht, dass die »servitus* eine von den Bömem
zu den Croaten yerpflanzte Einrichtung war, denn ursprünglich kannten
die Croaten ebensowenig wie die Slaven überhaupt ein anderes Abhftngig-
keitsyerhftltniss als das durch den Krieg geschaffene. Im weiteren Ver-
laufe der Abhandlung untersucht er die Lage der Fremden, die auch bei
den Croaten von der der Eingeborenen verschieden war und bespricht
darauf den Stand der Bauern, der Bürger und des Adels.
Ein bisher in der croatischen Literatur nicht bearbeitetes Thema be-
rührt eben&lls Prftsident Baöki in seiner Abhandlung über »Johann
von Bayenna« (Bad 74, 185 — 191), einen Schüler Petrarcas, den spfttem
Kanzler und zugleich Yorlftufer der Humanisten in Bagusa. Diese Ab-
handlung bietet einen werthvoUen Beitrag zur Geschichte des Humanismus
and der Benaissance in Bagusa, Croatien und Dalmatien, ohne die ja die
croatische Literatur^ und Culturgeschichte und ihre Blüthe im 16. und
17. Jahrh. unverständlich bliebe. In der eingehenden Biographie hebt der
Verf. besonders Johannes Wirken als Kanzler von Bagusa (1384 — 1887)
hervor. Er weist nach, dass derselbe Bagusa vom Standpunkte der
italienischen Humanisten beurtheüte, dass dessen Urtheil nichtsdestoweniger
interessant sei, weil er uns in seinen noch ungedruckten Handschriften
ein Mittel gegeben, zwischen den Culturverhftltnissen Bagusas zu Ende des
14. Jahrh. und denen eines Jahrhundertes später eine Parallele zu ziehen.
Bei der Besprechung des handschriftlichen Nachlasses betont Ba5ki die
Nothwendigkeit, Beitrage — die südslavische Akademie besitzt in einem
Codex des 14. oder 15. Jahrh. eine Sammlung der Briefe Johannis de
Bavenna — zu sammehi, aus denen sich dann eine Charakteristik der
Periode der Wiedergeburt der Künste und Wissenschaften in Croatien auf-
stellen lasse.
Wichtig fär die (Geschichtsforschung des kleinen Staates Bagusa ist Prof.
N. Nodilo*s Au&atz »Die ersten Chroniken und die ältere ragu-
sanische Historiographie* (Bad 75, 92 — 128). Den (Gegenstand
der Abhandlung bilden sieben grösstentbeils ungedixtckte ragusanische
Jahrbücher. Nach der Ansicht Nodilo*s hatten Bai^ina und Bazzi ihre
Werke aus älteren unbekannten Chroniken geschöpft, die übrigen fünf
Chroniken aber seien eigentlich nur ein Buch, dessen Zerrissenheit man
theils den UnftLllen der Zeit, theils unkundigen Copisten zuschreiben müsse.
Die Untersuchung dieses Materials gelangt zu dem Schlüsse, dass der erste
(Chronist dem dritten Viertel des 15. Jahrh. angehörte und wahrscheinlich
ein Franziskanermönch aus Bagusa war; als (Quellen mag er ämtliche Ur-
kunden seit dem Anfange des 13. Jahrh. benützt haben, fär die ältere
1 i, "i
.1
850
Literatur.
Zeit ab^ standen ihm solche Qaellen entweder nicht zu Gebote oder er
bat dieselben oberflftchlidi gelesen, so dass man dieses Werk mit fthnlioher
Vorsieht benütsen mnss^ wie etwa die Qaellen für die vorolympiadische
G^eschichte der Griechen.
Ton den literatorhistorischen Arbeiten erwfthnen wir zuerst die »Bei-
träge zur historischen Würdigung von Qandali6*s Ariadne*
von Prof. L. Zore (Rad 73, 129—189). Der Verf. constatirt, dass die
ragusanischen Literarhistoriker im Irrthum waren, wenn sie die »Ariadne*
für ein Originalwerk Gunduli6*s hielten, da dieselbe nur Uebersetzung eines
italienischen Melodramas von Binucd ist. Um auch die Mangelhaftigkeit
und Fehlerhaftigkeit der Uebersetzung zu beweisen, vergleicht er sie mit
dem italienischen Original und schreibt sie der Jugend des Dichters zu.
In seiner Abhandlung über die Quellen zu den »Hirten-
gesprächen* (Pasürski razgovori) von Eatanöi6 fEihrt der Akademiker
Prof. Dr. Maixner (Bad 65, 71 — 91) den Beweis, dass £atan5i6 den
Stoff zu diesen (besprächen nicht aus dem Leben geschöpft, sondern in
vielem Yirgil nachgeahmt, hauptsächlich aber sich Theokrit zum Vorbild
genommen hat; er zeigte wie £atanSi6 in Diction und Phraseologie ganz
den lateinischen Schriftstellern folgt.
Als Fortsetzung seiner Studien über Junius Palmoti6 veröffent-
licht der Akademiker Prof. Pavi6 eine Besprechung von dessen »Christiade*
(Bad 68, 69 — 179) und bemerkt^ wie sohon die altcL Biographen berichten,
dass das gonunnte Epos Palmoti6*s auf Anregung der lateinischen Christiade
von Hieronymus Vida entstanden ist. Der Verf. beleuchtet zuerst Vida's
Stellung in der Literaturgeschichte und unterzieht dann Palmoti6*s Christiade
einer besonderen Untersuchung. Aus der Yergleichug beider
er, dass Falmoti6 das lateinische Original frei
eroatische übersetzt,
demselben aber, mehr einem religiös-fromoMB als einem ästethisohen Be-
dürfiüsse entsprechend, einen ganz verschiedenen Charakter aufgeprägt hat.
Trotzdem bleibt die »Christiade* ein schönes Denkmal der Blüthezeit der
croatischen Literatur in Bagusa und beeinträchtigt in keine. Weise den
bisherigen Buhm Fdmotio^s.
Einen ferneren Beitrag zur Beleuchtung der älteren croatischen lite-
raturgeachichte liefert der Akademiker Prof. Maixner in seiner Abhand-
lung über »Banjina*s Uebe^rsetzungen aus lateinischen und
griechischen Dichtern« (Bad 70, 196 — 222), in der er zuerst mit
zahlreichen Belegen Banjina aJs einen entschiedenen Anhänger der Hu-
manisten darstellt, dann aber dessen Uehersetzungen eingehender besp. icht.
Von den lateinischen benützte derselbe hauptsächlich Tibull, Marüal und
Properz, unter den griechischen finden sich auch anakreontische Qediefate,
doch sind es nicht Uehersetzungen im strengen Sinne des Wortes, sondern
vielmehr freie Paraphrasen.
In einer andern Arbeit unterzieht derselbe Autor die »Croatischen
Uehersetzungen von Cato*s disticha moralia* einer wiasen-
schaftüchen Würdigung (Bad 74, 79—134). Die Wichtigkeit derselben
als Schulbuch bis zur Mitte des 17. Jahrh. betonend, geht er ani die
einzelnen Uehersetzungen ein, und zwar: a) eine glagolitische von der
Ins^ Yeglia, b) die von M. Maruli<^ c) jene von M. Buredi6 und d) die
eines unbekannten Uebersetzers , gedruckt in Graz 1768, in Ofen 1825
Litentnt.
861
and in Zara in der »Zora dalmatmaka^ 1845« Ein Haoptmerlcmal aller
dieser Uebersetzongen ist die unyerhehlte Tendenz, jedwede Widsenjachaft
mit der cbristliclien Ethik in Einklang zu bringen. Sftmmtlicbe Ueber-
setzongen sind sehr frei gebalten, oft mehr Paraphrasen ; anch findet man
in denselben nicht selten Anklfinge an altböhmische, altdeutsohe und ändere
üebersetznngen.
Prof« L. Zore veröffentlicht (Bad 71, 145—174) einen Beitrag zum
Verständnisse »eroikomisch^r Dichtungen in der ragusanisch'en
Literatur* und sucht Beispit le und Analogien dexlselben in der italieni-
schen Literatur zu Ende des 17. Jahrb., wie dies namentlich aus Yetraiii6
ersichtlich ist
Die literarische Thfttigkeit des Gr. Ifedo von Pud6 aus Bagüsa
würdigend hat Akademiker Profi 'Dr. Fr. Marko vi c zugleich die Literatur
der sogen, illjrischen Periode ausftlhrlicher behandelt (Bad 67, 70 — 125);
dasselbe that Dr. Fr. Baöki im Nekrolog von Alex. Maciejövski für die
slavisobe Bechtsgeschichte (68, 177 — 194).
Der unermüdliche Forscher und bekannte Archftolög Akademiker
Prof. S. Ljubi6 erschliesst »Neue Quellen für die Epigraphik
Dalmatiens* (Bad 65, 129 — 154). Er bespricht in diesem interessanten
Aufkatze zwei von Mommsen nicht benützte Handschriften, die zwei Saiiim-
langen auf Dalmatien bezüglicher römischer Inschriften enthalten. Die
erste Handschrift befindet sich in der Marciana zu Venedig und um&sst
eine noch nicht edirte Geschichte Dalmatiens von D. Zavoriö aus Sebenioo
mit 20 römischen Inschriften; die zweite ist Eigenthum des Museums
Correr zu Venedig und enthält 115 römische Inschriften, welche der Ab-
bandlang in getreuer Beproduction beigelegt sind, da sie hier und da von
den Mommsen*8chen bedeutend abweichen.
Unter dem Namen »Beiträge zur Geschichte der südslavi-
schen Musik« gibt F. H. Kuha5 (Bad 68, 70 -112) als Fortsetzung
seiner culturhisUnisGhen Studien eine reichhaltige Sammlung von Be-
nennungen südslavifldier Saiten-, Blas-, Zungen-*, Schlag- und Klappen-
instmmente und Glocken, mit Beschreibong und Abbildungen, sovrie einer
Geschichte ihrer Entstehung, Entwicklung und Anwendung.
Ardiimandrit N. Duöi6 in Belgrad gibt eine historisoh-geographiache
Berichtigung (Bad 70, 191 — 195) deac in Dudaas Urkunden vom Jahre
1334 — 1336 erwähnten »DobruSta« oder auoh »Dobmfta« und beweist
gegen Dani5i6 und Novakovi6, daes Dobrudta in Alt-Serbien zu suchen ist,
wo sich noch gegenwärtig ein Dorf gleichen Namens befindet
Als Fortsetzung seiner »Berichte über Beisen auf der Balkan-
halbinsel im 16. Jahrh.« veröffentlicht (Bad 71, 1—69) der Secretär
Akad. Prof. Dr. Matkovi6 eine » Beisebeschreibung nach Constantinopel
1553* vom Fünf kirchner Bischof A. Vrani6. Nach einigen biographischen
Notizen wird die Beise von Sotin an der Donau über Belgrad nach
Smederevo, und von da durch das Moravathal über Nid, Sofia, Philippopel
und Adrianopel genau verfolgt.
Agram. Jos. Star^
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852
literatar.
üebersicht der periodischen Literatur Oesterreich-
üngarns.
Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Pro-
testantismus in Oesterreich. IV. Jahi^. Wien und Leipng 1888:
y. Otto, Tauberiana. — Beissenberger, Zwei Predigten des Hofpredigers
Abraham Soultetus. — Leidenfrosti Beligionsbeschwerden der evangelischen
Stände von Steiermark, Kärnten und Erain. — Scheuff 1er, Oesterreichiache
Exulanten in Sachsen. L — Grenser, Heraldisch-genealogische Wandenmgen
auf dem Wiener evangelischen Friedho£ — Bericht des Centralanflschtiaaes
über das Vereinsjahr 1882. — Dimitz, Beiträge zur Beformationsgeschichte
in Erain. L — Wolkan, Studien zur Beformationsgeschichte Nordbohmenfi,
111 und lY. — Doleschall, Die Silleiner Synode. — Trautenberger, GalliiB
Freiherr v. Bägknitz, das l&upt der österreichischen Exulanten in Nürn-
berg. — Koch, Exulantenlieder; Heimatssehnen eines Transmigranten. —
Otto, Zwei Memoriale der aus Oberösterreich, Steiermark und Kärnten
nach Siebenbürgen transmigrirten Evangelischen an das Corpus Evangeti-
oorum. — Miscellanea, Mitgliederverzeichnis, Namenregister. — Y. Jahrg.
Wien und Leipzig 1884: Elze, Die sie venischen protestantischen Gesang-
bücher des 16. Jahrlu — Dedic, Bücherschau: öasopis Historiokj, Jahr-
gang 1881. — Bussen, Der Bücherfund von Palaus. — Kotschy, Zar
Geschichte des Protestantismus im Attergan. — Koch, Austriaca aus Begens-
bürg. — Bericht des Centralausschusses über das Yerein^ahr 1883. —
Wolkan, Studien zur Beformationsgeschichte Nordböhmens, Y. — Doleschall,
Die Kirchenordnung Innerösterreichs im 16. Jahrh. — Seberinj, Bitt-
schrift der Wiener Bürgerschaft an den Stadtrath von 1579. — Kühne,
D. Wilhelm Friedrich Lutz. Ein Predigerleben aus Oesterreich im 1 6. Jahr-
hundert — Zweite Generalversammlung der Gesellschaft för die Geschichte
des Protestantismus in Oesterreich. — Namenregister.
Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in
Wien, XIY. Bd. Der neuen Folge lY. Bd.,, Wien 1884: Heft 1—3:
Prinzinger, Die Markomannen-Baiem-Wanderungen. — Krauss, Südslavii^he
Hexensagen. — Deschmann, Prähistorische Nachgrabungen in Krain im
Jahre 1882. — HoU, üeber die in Tirol vorkommenden SohadeUbnnen.
— Zuckerkandl, Craniologische Untersuchungen in Tirol und Inneröster-
reich. — Kaltenegger, Iberisches Hornvieh in den Tiroler und Schweizer
Alpen. — Kanitz, Der prähistorische Bleiwagen aus den Tnmuli zu Bosegg
in Kärnten. — Hacker, Die Gudenus-Höhle, eine Benntbierstation im nieder^
österreichischen Eremsthale. — Literatnrberichte. — Yerhandlnngen.
Beiträge zur historischen Kritik des Leon
Diakonos und Michael Psellos.
Von
William Fiselier.
In seinem GeschiclitBwerke yom Tode Eonstantinos VI. bis zu dem
des Joannes Tzimisces, 959 bis 10. Januar 976, berichtet Leon Diakonos
(ed. Bonn. p. 172. 173), wenn aach ziemlich kurz, über den Feldzng,
welchen der Kaiser Basileios IL gegen den alten Feind des byzan-
tinischen Reiches, gegen die Bulgaren, unternahm. Leon hatte
denselben selbst mitgemacht (cf toö Stax^voo XsitoopYCG^ &ry]p6ro&{uyoc)
und bei der grossen Niederlage bei Sardika oder Triaditza, dem jetzigen
Sophia, welche die Byzantiner auf dem Bückzuge aus dem gefahr-
lichen Lande erlitten, wäre er fast mit ums Leben gekommen, wenn
ihn nicht die Schnelligkeit seines Pferdes gerettet hätte. Die ganze
Erzählung dieses Feldzuges, sowie vorher die von dem Au&tande des
Bardas Skieros gegen Basileios IL und Konstantinos YIII. und nachher
die Yon der Erhebung des Bardas Fhokas ist Yon Leon Diakonos
episodisch in den Qang der Ereignisse des Jahres 975 eingeschoben
ond wird an die wunderbare Erscheinung eines merkwürdigen Ko-
meten angeknüpft, in welcher der Aberglaube der damaligen Zeit,
nicht zum wenigsten gerade yon der Geistlichkeit genährt, die An-
kündigung unglücklicher Ereignisse von Seiten der Gottheit selbst
erblickte, Leon lässt sich über die Zeit, in welche diese Ereignisse
fallen, nicht naher aus, ein bei ihm sehr häufiges Vorkommniss, be-
sonders in Bezug aut die Jahreszahl; nur ganz beiläufig erwähnt er,
dass der Aufstand des Bardas Skieros, der nach dem Tode des Joannes
Tzimiflces 976 ausgebrochen sei, volle 4 Jahre Asien durchtobt habe.
(VgL Näheres darüber bei Gfrörer: Byzantinische Geschichten II,
p. 562 — 583. Graz 1873. Paparrigopoulos: latop(a too ^EXXyjvixoö
I^voo^ ioA T&v&pxotoritcov xpöviav pi/pi td^v V6a>tipo>v, IV, p. 227 ff. Athen
1871. Hertzberg: Geschichte Griechenlands seit dem Absterben des
antiken Lebens bis zur Gegenwart, 1, 283 ff. Gotha 1876, sowie dessen Ge-
Xittheaniif«]! TIL 28
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Fiaoher.
byzant-iind des osm. Reichea bis gegen Ende des 16. Jahrlt,
. der Oncken'schen SammluDg. Hopf: Grieclieiilaiid im
ind in der Neuzeit, in Ersch und Gmber's allg. EDCjkto-
85, p. 124fF. Finlay: bistorjofthebjzantine and greek
716 to 1453, Band II}. Demnach dauerte derselbe bis
an diesen bnDpfb nun Leon Diakonos den Bulgarenkri^
rten an: .Als Basileios den Krieg g^n Bardas Skleroa
L er gegen die Bnlgaren gezogen", und aus diesem leitet
Is Folge desselben, den Aufstand des Bardas ^hokas her.
mahme Gfi-örers nebmen alle neneren Schriftsteller (anch
sai de Chronographie Byzantine poor servir ä l'examen dn
Bas-empire et particuli^rement des chronographes SlsTons
157. St. Peterabourg 1855, p. 565) und auch der gelehrte
des Leon Diakonos, Hase (prae£ ad ed. Bonn. p. XVlll),
Krieges gegen die Bulgaren das Jahr 981 an. Indem
, der bei allen seinen wunderlichen Hypothesen und seinem
h beschränkten religiösen Standpunkte sich doch vielEuihe
im die byzantinische Geschichte erworben hat, nnd sollte
in Bezug auf die durch ihn rege gemachte erneute Ehtüi
r glaubwürdigen arabischen Historiker Elmakim noch her'
p. 588. 597), kommt er zu der Ansicht, daas dieser Zug
986 zu setzen sei Die kritiklosen Abschreiber Kedrenos
(Kedren. ed. Bonn. II, 436, 12 ff. Zonar. ed. Dindorf
111) folgen bei dem Bulgarenkriege, kleinere abweichende
bgerechuet, fast durchgangig dem Leon Diakonos. Trotz
derselbe Eedrenos hier ernstlich in Betracht zu uehen.
IQ Meinung Gfrörers betreffs des Jahres 986 zu unterstOtuo
Während Eedrenos und Zonaras ganz ruhig ohne jede»
ler den chronologischen Sprung des Leon Diakonos hin-
öndet sich doch bei ersterem die Notiz, dass die Km-
ordas Fhokas 987 stattgefunden. (Michael FselloEf beschreibt
■ ff., über den Zog des Basileios gegen die Bulgaren aber
). 15 und 19 stillschweigeud hinweg). Also ist 986 enl-
I Jahr, in welches der Biilgarenkriegszug fallt Eine
t bleibt freilich so immer noch bestehen : Leon Diakono«
einen ganzen Zeitraum von 6 Jahren. Wenn mau abtf
8, wie oben schon bemerkt, die ganze Erzählung ncr
i den chronologisch fortlaufenden Gontext verwebt isU
i diese chronologische Kluft leichter erklärlich finden.
pörung des Bardas Fhokas aber endete im April 989 mit
(Vgl. Zonaras, Kedrenos, Michael Paellos an den beaeich-
Beiträge zur histor. Kritik dee Leoti Diakonos u. Michael Psellos. 355
;.:;
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neten Stellen, sowk Leon Diak. p. 174, 22 ff. a&örer II, 614). Da
nun Leon den Ausgang derselben erwähnt, schloss Hase mit Beoht,
dass Leon sein Werk nicht vor 989 geschrieben haben könne, im
übrigen bescheidet er sich, eini»i genaueren Zeitpunkt für die Ab-
fassung des Werkes zu finden. Ich glaube in der Lage su sein, den-
selben noch weiter hinausschieben zu können, wenn auch das definitiYe
Jahr der Edition sich nie genau wird finden lassen und man sich
mit dem folgenden Resultate wird begnügen müssen.
Auf p. 175 und 176 erwähnt Leon ein grosses Erdbeben, das in
Bjzanz und dessen Umgebung ungeheuren Schaden verursacht habe;
dabei sei auch die Kuppel der Sophienkirche sammt der nach Westen
zu gelegenen Apsis zusammengestürzt. Der Kaiser Basileios habe
dann die Kirche innerhalb eines Zeitraumes von 6 Jahren wieder ||||
hergestellt Da Kedrenos (II, 438, 3 ff und der ihn ausschreibende
Michael Glykas, ed. Bonn. p. 576, 7 ff.) und Tchamtchian (II, p. 874.
Venise 1784—1786) dies Ereigniss in das Jahr 6944, 15. Indiotion
und zwar auf den Festtag des grossen Demetrios, d. h. auf den
26. October 986 fallen lassen, so kann Leon Diakonos demnach den
Schluss seines Werkes nicht yor 992 geschrieben haben. Ich möchte
dem ganzen Context der Stelle nach sogar annehmen, dass es noch
eixdge Zeit nach 992 geschehen sein muss.
Hieran knüpft sich noch eine andere Frage. Das Werk Leons
endigt mit dem Tode des Joannes Tzimisces. Hat Leon dasselbe wirk-
lich mit diesem abgeschlossen, oder hat er seine Erzählung noch weiter
bis in die Zeiten des Basileios und Konstantinos geführt? Angeregt
wird diese Frage durch Hase in der Vorrede zu seiner Ausgabe und
zwar in Folge einiger Worte Leons selbst Nachdem Leon nämlich
von dem Erdbeben und seinen Folgen gesprochen, f> er noch hinzu:
aXki xaiBta |u&v xa^a (lipoc sie to&g laotc&v xaipoDC 1^ lotopla 9capaSi)X(b(KU
Hase behauptet nun, dies sei nicht so zu verstehen, quasi ipse sibi
ea seponeret narranda, sed generatim, aliis ea scriptoribus materiam
dicendi praebitura. Ich halte diese Injierpretation nicht für richtig;
die Gründe dafiir bedürfen keiner weitläufigen Erörterung« Die Ge- '^^\
schichte wird die Einzelheiten seiner Zeit am gehörigen Orte erzählen,
d. h. ich werde die Einzelheiten etc. erzählen. Das konnte wohl Leon
ahnen, dass ein anderer das auch in irgend einem Werke erzählen
werde, aber nicht, dass das xar& (lipoc geschehen würde; denn Erd«
beben galten wohl damals f&r wichtige geschichtliche Ereignisse,
aber es gab ihrer eben in diesen Zeiten — man braucht die byzan-
tinischen Historiker nur oberflächUch daraufhin durchzustöbern —
so viele, dass es wohl langweilig geworden wäre, jedes einzelne zu
2S*
f'
356
Fisclier.
beschreiben. Dass -fi lazopHa in dem von mir behanpteten Sinne £n
yersteben ist, das beweist zum Ueberfluss noch folgende Stelle in der
Einleitung zu Leons Werken, p. 5, 3 £r.: . . . . xal toEota Seövrioc
hc^iTfffjpoLO^ai. 'ii {jl&v oSv btopla xat& xb ivöv l|iol Xex^i^etot xardt {lipoc.
6 % Ta5ta ooytdfac A§a>y r[u BaotXetoo ol6c etc. Man gestatte mir
ausserdem ein schlagendes Analogen beizubringen. Der über seine
zeitgenössischen Historiker um eines Hauptes Lange emporragende
Michael Attaleiates si^ am Schlüsse seines Werkes: xal roota fh
int, TcokX&v öXC^a, Saa StjXovöu (lixP^ '^^^ Ssot^poo Itoo^ tf}^ a&voo ßaoiXetac
(gemeint ist Nikephoros Botaneiates) dao|Laotioc iffpix^>]<'oiv. tdt S'iirtövta
xocd-s^ilc i XÖ70C 87]Xcbo6i tpav($t8pov. Niemand wird daraus den Schloss
ziehen, dass nun Michael in der That die Absicht gehabt haben wird,
die Feder niederzulegen. (Dass aber Michael sein Werk nicht zu Ende
gefährt hat, das brachte der Gang der Ereignisse mit sich, die er
o&x ixo^ xal |jl6^oic Ir^peftv Tcap^Xaßsv, &XX'a&töim]c xal ^avffi
IXp7](JLditiGe, . wie er selbst sagt; denn einige Monate nachher, als er
bis zu diesem Abschnitt der Begierung des von ihm hochgeachteten
Kaisers Nikephoros Botaneiates gekommen war, wurde dieser Yon
Alexios L Eomnenos gest&rzi Möglich, dass ihn diese Katastrophe
selbst mit ins Verderben riss, in jedem Falle aber &nd sein Werk
keinen Abschluss, denn es wäre, auch den ersteren Fall ausgeschlossen,
f&r ihn sicher keine Empfehlung bei dem neuen Machthaber gewesen,
wenn er in dem von ihm begonnenen Tone der Verherrlichung des
Botaneiates das Werk gar hätte zu Ende fähren wollen).
Kehren wir wieder zu Leon zurück, so ist also klar, dass er in
seiner Geschichte wohl ursprünglich nicht blos den Zeitraum bis 976^
sondern dass er auch die Geschichte der Nachfolger des Tzimisces,
unter denen er noch lebte und schrieb, in einer an jene sich an-
schliessenden Fortsetzung behandelte oder wenigstens hat behandeln
wollen und zu diesem Zwecke wohl schon die Materialien gesammelt
hatte. Helfausgegeben muss das Werk nach den obigen Andeutungen
erst nach dem Jahre 992 sein. Warum aber dann nur bis zum Tode
des Tzimisces? Weil da gerade ein sehr passender Abschluss war
und über Lebende, in deren Diensten man steht, öffentlich, wenn
nicht in zustimmendem oder glorificirendem Tone, zu reden besonders
in Byzanz eine heikle Sache war. Oder aber es ereilte den fleissigen
Gelehrten ein frühzeitiger Tod und das Werk wäre dann von einem
anderen herausgegeben worden, weil jedenfalls der noch yorhandene
andere Theil desselben, um einen Ausdruck der Anna Komnena Aber
die Gommentarien ihres Gemahls Nikephoros Bryennios zu gebraachen,
noch mehr bloss SXt] als schon editionsföhige Geschichte war. Diese
Beiträge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael PselloB. 357
letztere Yennaihimg erlangt wenigstens einige Walmclieinliclikeit
durch den abrupten Schlass und den Anfang des das Leomsche Werk
fortsetzenden Qeschichtswerkes des Michael Fsellos; möglicliY dass
dann in diesem Falle Psellos selbst der Edition nahestände. (Wann
Leon gestorben, ist unbekannt; geboren ist er am 950, Fsellos aber
um 1018; vgl Sathas in |isoaicDytx4) ßißXio^i^TI IV, p. XXX im icpö-
Xofoc)*
Das Werk des Psellos nämlich, zum ersten Male nach der einzigen
rorhandenen Handschrift, dem cod. Paris. 1712, welche direkt vor
Fsellos die Geschichte des Leon Diakonos enthält, von dem gelehrten
und um die mittelalterliche byzantinische Quellenkunde yerdienten Kon-
stantin Sathas 1874 in dem Sammelwerke (UBaauovtx'fi ßißXtodi^i)
herausgegeben, welches in der Handschrift den Titel: XP^'^TP^^
«ovii^roa t$ icavoöfip V^^^XV (^^^0 It^^X^'^l^ '^V ^^p^V^ (über diesen
Titel vgl Sathas lY, LVI), lgtopo5aa tac ^pi^etc töv ßaoiXtov , to5 t6
BaotXdoo xal KfioyoxavtCyoo t&v iropfopo76vyi}t(ov etc. ftihrt, Ton Sathas
aber kurz BoCayitvf]^ btoplac fctatovtaenijplc genannt wird, weil es
die Ereignisse des Zeitraumes von 976 — 1077 um&sst, schliesst sich so
eng an die Geschichte Leon's an, dass Fsellos seinen ersten Satz direkt
an den letzten Leons anknüpft : 6 |iAv oov ßastXso^ 'Io>dvvii]c 6 TCt|ttox^i
xoXXdv xal ir^a^&v oTttoc rQ To>(ia[(oy i^8(ioy{o( Ysyöiuyo^ xal cAiipw:
ta6n]y 86ya|uy, oovo> xavaXbti TÖy ßloy. (Sathas hat in den beiden langen
icpöXoYot zu Band IV und V des erwähnten Sammelwerkes das Leben
und die Bedeutung des Michael Fsellos nach den verschiedenen Richtungen
der Thätigkeit desselben hin ausführlich erörtert und das betreffende
Material gut zusammengestellt und verarbeitet, vgL auch Ferdinand
Hirsches Becension inSybeVs histor. Zeitschrift, Band XXXVI, 281 ff.
Rambaud in der Bey. bist. 1877. William Fischer: Studien zur by-
zani Gesch. des 11. Jahrb., 1883, Galvary & Cie. Er hat auch für die
Textkritik Erhebliches geleistet ; das Feld der historischen Kritik aber
bat er weniger ins Auge gefasst, häufig lassen gerade in diesem
Punkte seine Ausf&hrungen die nöthige Schärfe vermissen). Durch
diesen Umstand aber rückt das Werk Leons in eine besondere Beleuchtung.
Man weiss vom Leben des Leon Diakonos (so hat man ihn jeden&Us
seiner Stellung wegen genannt, um ihn von andern gleichen Namens zu
unterscheiden, z. B. Leo Grammaticus, vgL Paulus Diakonus, cf. Watten-
bach: Deutschi. Geschichtsquellen imMittelalter 1877 LBd.p. 137 (4.Aufl.)
sehr wenig und dies nur von ihm selbst. (Hase hat es p. XVII und XVIII
kurz zosanmiengestellt Wenn er aber dort unter anderm sagt, in collegium
sacerdotum palatinorum asciius, so kann ich nicht finden, worauf sich
diese Angabe stützt; denn aus den Worten Leon« selbst bei der Ber
I.JI
i
iu:
•z*
358
Fiaclier.
Schreibung der Schlacht von Triaditza: t^ xpatoovti 8o9ft>xä^ oovsxd-
|i6Voc xal fj) TOD Siaxövoo XettoopYicf &iC6psto&(i6Vo^, ist dieser Scblusa
noch nicht gerechtfertigt) Die Thatsachen, welche er er^hlt, hat er
meist selbst erlebt, das übrige hat er sich von Augenzeugen berichten
lassen (p. 5, 19 — 23). Er schrieb die Geschichte seiner Zeit, weil dieselbe,
wie er sagt, äusserst reich an merkwürdigen Begebenheiten und zwar so
merkwürdigen gewesen sei, dass man den Untergang der Welt und das
Wiedererscheinen Christi für nahe bevorstehend hielt, — es gibt fast kein
Jahrhundert der byzantinischen Geschichte, in welchem das sonst so glau-
bige, und doch auch so abergläubische Byzanz, Priesterthum wie Volk,
jenes immer voran, den Zusammensturz der Welt nicht befürchtet hätte —
und zwar zu Nutz und Frommen der Nachwelt {&^ etvai 9cai§60(ia xol
tolc ootepov. Vgl. damit das Thucydideische xr?}|ia Ig i&L {idXXov ^
&7o>vio(JiA ig To Tcapaxpi^t^a axo6stv £&YX6ttai). Au9 der Stellung des
Geschichtsschreibers im öffentlichen Leben resultirt der fromme Hauch,
der das ganze Werk durchzieht, und die grosse Achtung vor den
Autoritäten, denen er dient Aber ich meine, dass er nicht blos
einem inneren Drange, geweckt und genährt durch die Grosse und
Wichtigkeit der damaligen Ereignisse, nachgegeben habe, als er den
Griffel zur Hand nahm, sondern dass ihm auch von aussen her eine
mehr persönliche Veranlassung dazu gekommen sei Darauf scheinen
wenigstens die Worte hinzudeuten, welche den den Zweck seines Werkes
charakterisirenden folgen: iXkA |iot d!7), tov bicbp &|ii toaoötoy i^kw
inaynpri^i)f(py (l*)) Seorepov r^c irpo^ojiiac SpaiisTv, ivak&ftA^ Sh zob (Jisyd^ooc
xm oo(Lß8ß7]xdT(ov Ix^adai, xal toöta Seövtco^ imirn^aaa^au
Angenommen, dass Leon Diakonos sein Werk noch selbst heraus-
gegeben hat, so muss dasselbe in den damaligen literarischen und
ofßciellen Kreisen unter der Anzahl anderer, die Geschichte dieser
Zeit behandelnden Werken von Bedeutung (wie Fsellos berichtet)
ein ganz besonderes Ansehen genossen haben, das sich nicht blos
aus dem inneren Werthe des Werkes selbst erklären lässt, der aosser
allem Zweifel steht, wenn man die gleichzeitigen übrigen byzantiniAchen
Geschichtswerke mit ihm vergleicht Denn wie wäre es sonst dem
Michael Fsellos beige&Uen, seine Geschichte gerade an das Werk eines
niedrigeren Geistlichen (986 war ja Leon noch Diakonus und wahr-
scheinlich ist er auch als solcher gestorben; denn ich| wüaste sonst
nicht, warum man ihn, wenn er es zu einer höheren Stellung ge-
bracht hätte, auf dem Titel seines Werkes noch Diakonus fortgenannt
hätte; und zwar würde er dann in noch ziemlich jungen Jahrm
gestorben sein), auch wenn dasselbe sich über das gewöhnliche Niveau
byzantinischer Geschichtsschreibung erhob, anzuknüpfen und zwar so,
Beiträge zur hiErtor. Kritik de« Leon Diakoaoa u. Hie!
dass offenbar daraus bervoi^lit, Fsellos habe a
lieh ab eiae Forteetsang des Leonischen angesehei
Jener FseUoa , welcher eich mit der ihm eigeuei
fOr den grÖBBten Gelehrten und besten SchriftsteUer
wekher eine der herrorr^endsten Persönlichkeiten
Bjzanz auch in politischer Beziehung war?
Ich moss hier einstweilen innehalten, beror ic
Leons betrefiendeu Schluss ziehen kann, am mich e
wenden, die mit dieser, wie gleich erhellen wird,
zuaammenhängt. Wir wissen von Fsellos seibat, da
in Folge vielfaclier Auffordetangeu von Seiten hob
wie hoher Kirchendiener (PseU. IV, p. 113 ff.)
(darunter sicher mit des Eonstantinos Leichudes, seil
freandea and 1cp(i9oJCOöp^Oi des Eaisers Konstantii
nachherigen Patriarchen von Eonstantinopel, TgL ü'
den versdiiedenes Stellen in der Geschichte des Psell«
das ipUs[uov auf denselben, lY, p. 388— 421, sowie
ZQ IV, und verschiedene Stellen in der Einleit. V, ausser
bjz. Stnd. p. 5. 24. 51. Warum ich gerade auf
merkaam mache, soll gleich klar werden) und zwar
zum Ende der Begierungszeit des Isaak Eomnenos.
wähnen, er&hreo wir aus Fsellos die Geneais dea Na
Er iat vom Dorfe K.äp.rn abzuleiten, in welchem Isi
PselL im i-pui){uov n« Kuvafavnvov Attxo6ST]v IV,
Ecdr. U, 622, 19 £, und Nikeph. Bryenu. p. 93, 11
der Anna Eomneoa, Eaatamon am Pontes Euzeinos
der Eonmenen angeben, so steht dies wohl kaum i
mit Fsellos; man muss dann annehmen, dass Isaak
bortsorte den Namen Eomnenos annahm, Eastamon
Haupterwerbung des Eomnenengeschlechtes war.) Sol
Antrieben, die er offen eingesteht, nicht noch eine ^
Wichte gekommen sein, die fQr ihn schliesslich dei
die Geschichte seiner Zeit oder vielmehr die seiner Kai
Diese Annahme basirt auf einer Stelle des Fsellos s<
oS [u vijv oDTYpapi^v, f (Xtan xälviuv inSp&v, cpiXon^tipa'
Ssotkpan äac^npaz. Sathaa IV, p. CXVI, will unter du
Person den Eonstantinos Leichudes verstanden wissen.
Ansicht, ich glaube, die Anrede ist an einen Eaiser
FseUoa, ein armer, aber energischer und zielben
dem alle Protection und Connexion fehlte, hatte i
besteigung des Eonstantinos Monomacbos diesem ein
360
Fischer.
überschwenglichsten Ansdrücken gewidmet (V, p. 106—142 sind ihrer
zwei auf diesen Kaiser abgedruckt), ein Werk crassesten ^Bysantinis-
mus * — dies Wort hier in der landläufigen Bedeutung genommen —
(Psell. IV, p. 115: Die Zeitgenossen ida&(iaaav vdtc GicspßoX&c too «poc
töv M ovojidxov irpm^of} a&toö). Was ihm bisher trotz seiner Gelehr-
samkeit und hervorragenden Bq^bung versagt geblieben war, ein
Amt im kaiserlichen Dienste, mit dieser Lobrede erlangte er es sofort;
denn die Menschen sind zu allen Zeiten dieselben gewesen und in
Byzanz waren Enkomien auf die Herrscher seit den Zeiten des grossen
Konstantinos bei einem feilen Tross von Schriftstellern geradezu Mode
geworden. Ein Mann, der historische Ereignisse — die Lobrede er-
zahlte nämlich die Geschichte von Basileios Bulgaroktonos an bis auf
EonstautinosMonomachos, natürlich in der Weise, dass auf den letzteren
grosser Glanz und nur Glanz fiel — so schön, so glatt, so regierungs-
freundlich erzählen konnte, musste dem Kaiser, welcher es überhaupt
liebte, einen Kranz von hervorragenden Gelehrten um sich zu haben,
als eine besonders wünschenswerthevAcquisition* erscheinen, er schien
zum kaiserlichen Hofhistoriographen wie geschaffen. Psellos wurde von
Stund ab nicht blos kaiserlicher Secretär (PselL IV, p. 119. Es war im Mai
1043), sondern der Kaiser wendete ihm, weil er ein Mann nach seinem
Herzen war, bald auch sein ganzes Wohlwollen zu. Der geschmeidige
Streber ward bald für den Kaiser eine ganz unentbehrliche Person
und dessen intimster Vertrauter, und von nun ab blieb Psellos der
Freund und die rechte Hand von f&nf Kaisem, er half Kaiser stürzen
und erheben. Seitdem er nun gar noch eine Dame aus kaiserlichem
Geblüte geheirathet hatte, da ward für das Haupt des byzantinischen
Hellenismus — denn zu diesem, ja man könnte &st sagen zu seinem
Schopfer, schwang sich Psellos in Folge seiner polyhistorischen Ge-
lehrsamkeit sowohl wie durch seine verschiedenen officiellen Stellungen
am Hofe und in der Beamtenhierarchie empor — der jeweilige Hof,
dessen Boden in Byzanz noch schlüpfriger als irgendwo sonst war,
dessen äusserer Glanz aber f&r den von Eitelkeit zerfressenen und
ruhmsüchtigen Emporkömmling, dem ein gnädiges BeififtUsnicken und
ein Stäubchen vom Strahle der kaiserlichen Gnade das höchste Glück
auf Erden dünkte, geradezu Lebensbedingung. Er war eine der
wichtigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten am Hofe, ein Zeidhen
seiner eminenten Brauchbarkeit, aber auch einer Versatilität des Charak-
ters, die man eher Charakterlosigkeit zu nennen geneigt sein möchte.
Man könnte bei meiner Annahme an dem vertraulicheren ^iXcatt statt
einer ehrfurchtsvolleren Titulatur ernstlichen Anstoss nehmen. Während
äich gerade in dem Enkomion auf den Patriarchen Eonstantinos Leichudee
BeitrSge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Psellos. 361
und ganz besonders auch in den Briefen an denselben nichts dem ähn-
liches findet, soll er einen Kaiser so titulirt haben? Allein man wird
diesen Einwand bald MIen lassen, wenn man Y, p. 129 im Enkomion
auf Eonstantinos Monomachos vergleicht und sodann bedenkt, dass
Fsellos zu dem intimsten Kreise verschiedener Kaiser gehörte und sich
in seinen Schriften öfters geradezu als alter ego einzelner hinzu-
stellen beliebt Es fragt sich demnach nur, welcher wohl von den
Kaisern gemeint ist Es können dabei nur Konstantinos Monomachosf
Isaak Komnenos, Konstantinos Dukas und dessen Sohn Michael Dukas
in Betracht konmien, und auch unter diesen muss Isaak Komnenos
sofort wegfallen. Zwar ernannte dieser letztere den Fsellos gleich
beim Antritt seiner Regierung zum npdsSpoc des Senates, denn Fsellos
war mit einer von den Gesandten gewesen, welche dem Isaak die
Krone anboten (IV, p. 233. 224 ff. 407 ff.), er verfasste auch in
dessen Auftrage, wenngleich wohl nur ungern (lY, p. 245. p. 367 ff.),
die Anklageschrift gegen den gestürzten Fatriarchen Michael Kerullarios,
allein dem Fsellos ging die politische Beformarbeit des Isaak zu rasch und
imbedacht vor sich und so ward er schliesslich dessen heimlicher Geg-
ner, der nicht zum wenigsten an seinem Sturze mitarbeitete.
Die Ansicht, dass Konstantinos Monomachos der betreffende
sei, möchte mehr Glauben verdienen, um so mehr, als ja gerade dieser
den Fsellos aus seiner Niedrigkeit emporgehoben und zu seinem
nächsten Vertrauten gemacht hatte, als Fsellos die Geschichte gerade
dieses Kaisers am ausführlichsten unter allen übrigen behandelt und
die glänzendsten Lichter der Bhetorik aufsetzt, um die Begierung
desselben in einer günstigen Beleuchtung erscheinen zu lassen, als er
ihn in den Enkomien und Briefen mit den überschwenglichsten Lob-
sprüchen überschüttet; allein lY, p. 114 sagt er ausdrücklich, dass
er stets der Aufforderung desselben, seine Geschichte zu schreiben,
ausgewichen sei, weil er nicht als undankbar erscheinen wolle, wenn
er einiges mit vorbringe, was dem Kaiser nicht genehm sein konnte
(da er dies aber doch in seiner Geschichte an einigen wenigen
Stellen eben gerade gethan hat, so stützt dies meine Ansicht
noch mehr), sodann musste ja Fsellos am Ende der Begierung des
Kaisers nach der nun definitiv gewordenen Trennung der orientalischen
Kirche von der occidentalischen den Intriguen der Fartei des Fatri-
archcm Michael Kerullarios weichen und Konstantinopel verlassen
(vgl Ausführlicheres bei Fischer, p. 18 ff., 23 ff., wo die wichtigsten
Ursachen, die freilich Fsellos nur ganz indirekt andeutet, dieses Yer-
lassens des kaiserlichen Dienstes erörtert werden). Da mag wohl eine
kleine Bitterkeit gegen den Kaiser übrig geblieben sein, und diese
362
Fischer.
mag ihm auch an einigen Stellen, es sind ihrer nur wenige, Tadel
über den Kaiser in die Feder diktirt haben, wenngleich er sich des-
wegen geradezu entschuldigt, um eben nicht als undankbar zu er-
scheinen. Zur Zeit dieses Kaisers kann doch wohl also Psellos seine
Geschichte auch nicht ver&sst haben, er war eben schon viel zu sehr
Hofinann geworden, um nicht zu wissen, dass die Enthüllung der
Wahrheit einem regierenden Fürsten meist sehr unangenehm isi
Ebensowenig kann sie auf dessen Veranlassung entstanden sein, man
müsste denn auch hier den Worten des Qeschichtsschreibers nicht
glauben wollen, wozu freilich ein triftiger Grund nicht YorUegi
Und wenn Fsellos nicht einmal dem Wunsche seines geliebten Kaisers
nachkam, dann soll er den Bitten des Konstantinos Leichudes nach-
gegeben haben?
Kann Kaiser Konstantinos Dukas unter dem ^(Xtate irdvrttv avSpöv
gemeint sein ? Beide, der Kaiser und Psellos, waren von Jugend auf
innige Freunde gewesen. Psellos wurde dann hauptsächlich das Werk-
zeug, durch welches Konstantinos Dukas den Thron erlang^. Von
Stunde ab weilte er unausgesetzt um den Kaiser^ theilte mit ihm
sogar täglich den Tisch, ja ward geradezu ein Glied der kaiserlichen
Familie. VgL besonders IV, p. 261. 262. 263, und dort hauptsach-
lich die Stelle: hiA rot(; i^iQ XoYtofwi? Y^vetat xol tijc kpyaiaz 4va(U-
(i^vi^axst fikioL^ .... ir^Hn di oot oh% l(|^soaÄ[iY]V töv ^iXov, & dsCa tax
xadapiotdry] <|)0/ifj! Sodann: ?cspl tlvoc T^p £XXot) x&v ßaaiXdcoy (lAXptopov
SnQYijooiJLflii, 8v xal ISicbtiQy Svta ^ingveaa, xal ßaaiXda Y^Tovöta &d«o{iaoa,
xol ob (JL')f]8& ßpoi/o ti &7coXsX6i[i.|i.7]v, aXkoL «spl a&tov oicäp to&c iXXooc
slonijxsiv, 67CÖT6 ßaaiXtxoD icpoxad^C^to ßi^ftaTOc» %al oovf}v iid Xo^oi^ xfld
tijc a&ti)< exoivdbvoov tpaTC^Ctjc etc. Vgl. auch IV, 264. 269. 259.
256. Es ist das freundschaftlichste Verhältniss, das man sich nur
denken kann.
Soviel ist nun klar, dass das Werk des Psellos ursprünglich nur
bis zum Ende der Begierung des Isaak Komnenos reichte; denn IV,
p. 238 sagt er selbst, er wolle beschreiben . . . xal vpCxov &c ^vtsö^ev
&X6iV(|> (nämlich Isaak Komnenos) o& icdvta aTn^vTTjas Se^id»^, hp'd^
iir6vsYX«bv Sicwc iicoßeßi^xet rf)< ßaatXeCac opov z% SotTP*PD ^t)<30|*äi, und
dass dieser Theil noch zu Lebzeiten des Patriarchen Konstantinos Lei-
chudes (f 1063) verabfasst ist, beweist p. 264 am Ende, demnach muss
diejenige Person, welche den Psellos bewog, sein Werk zu schreiben,
nach dieser 2ieit noch am Leben gewesen sein, sonst könnte er sie
nicht in der angegebenen Weise anreden. Nun hat aber Psellos sein
Werk nachträglich noch weiter fortgeführt und zwar bis m die Be-
gierung des Michael Dukas hinein.
Beiträge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Psellos. 363
Am au^fthrlichsten ist in diesem zweiten Tkeile aber die Oe-
sehichte des Eonstantinos Dukas behandelt, und diese kann aus ver-
schiedenen Gründen auch erst nach dem Tode dieses Kaisers verab-
fasst worden sein. Einmal nämlich schon deshalb, weil sie die ganze
Begierung desselben bis zu seinem Tode behandelt; sodann redet
Psellos selbst ausdrücklich von Eonstaotinos als von einem Ge-
storbenen und zwar IV, p. 263: ifd) 8€ (soi oh% i^f&ioÖL^ypf t6v fiXov,
& ddd xal TM^apfüzArq ^^x^ * (^ podfoiiai 7äp &c Äxo&ovtt SiaXiiaobai).
Ich muss hier etwas abschwenkend einigen Einwänden begegnen,
welche man gegen meine Interpretation vorbringen konnte. Ich weiss
nämlich sehr wohl, dass Psellos das Ephitetou detoc einmal sowohl
von hohen weltlichen wie hohen geistlichen Beamten, sodann sowohl
Yon Lebenden wie von Toten gebraucht (ich f&hre beispielsweise nur
IV, p. 467 an und verweise im übrigen hauptsächlich auf die Fsellischen
Briefe in Band Y) ; ich weiss auch, dass fo^i), hauptsächlich in ver-
traulichen Briefen, von Lebenden gesagt wird (z. B. V, p. 467. 465);
allein mit Vorliebe wird gerade von Psellos in den verschiedensten seiner
Schriften ^eioc vom Kaiser gebraucht, hauptsächlich in der Anrede, und
^y[il von Toten (z. B. in den Enkomien auf Michael EeruUarios und
Eonstantinos Leichudes), ganz besonders schlagend aber ist das Bei-
spiel IV, p. 117, wo Psellos über den Eonstantinos Monomachos sagt:
fita xabza iXed |ioi t& vapä ooö elif], dsio^dtif] ^x^' Dazu kommen nun
noch das Epitheton xa^apöc und die eingeklammerten Worte, die
keinen Zweifel darüber lassen, dass hier von einem schon Gestorbenen
die Bede ist (vgl. das ganz ähnliche PselL IV, p. 420). — Sodann
würde wohl Psellos schwerlich zu Lebzeiten des Dukas tadelnde Be-
merkungen über denselben haben einfliessen lassen (ich werde auf
diesen Punkt dann noch einmal kurz zurückkommen müssen) und
Stellen wie p. 266. 265 haben schreiben können, z. B.: iicel 8e ohx
hpL&^oy vä Ypa9Ö{i6va, &XX'&Xif]&^< toropCa, laot^ [lövcp oo{ißo6Xc(i irspl tä
scpaxtia xP^P^vo^, Sottv oov xal i^|i&ptav8 toö ixpißsot^poo axoicoö. Oder:
qfvöii]{iA 8k (liifa f|Yvöif]o«v, Sii ti)< otpatuotixljc xataXoo(iivif]c [isptSoc
T« tc^ havzmv a&^dvotto xal &9cl to |i8iCov xa^^i^|j^v ^ dpoiTO etc. ; toöto
rJ}y ßaotXsiav T(0|iaCcov xan^vsvxs xal fjXXoCcoosv äicl zä x^lpova 9Cpd7(iata etc.
Geschrieben ist also die Geschichte des Dukas o£fenbar nach dessen
Tode; ob aber und der vorhergehende Theil ebenso mm auch auf
dessen Anregung hin?
Das unterliegt wohl keinem Zweifel, denn Psellos sagt selbst,
dass er dem Eonstantinos Dukas versprochen habe, dessen Geschichte
zu schreiben (IV, p. 260: oStco [i^ o^v irpooxiiooig a&TÖv, a&tixa icXa-
TOispov f pd(|)a> xal Siap^pcosopiaiy ßoicep Si) lin)X]fetXdi|ii)v iroif)aai t$ ^(m-
H
\
364
FiBcher.
|iAo((|) tG&Tcp xal 67C6P906I o^coxpatopt). Und wenn ich das, was ich hislier
erörtert habe, zusammenfasse und noch hinzufüge, 1. dass Konstantinos
Dukas ein sehr gelehrter Herrscher war, der die Historie liebte, 2. dass er
sich von Psellos über den Monomachos yiel berichten liess und Fsellos
davon so spricht, dass man eine schriftliche Darstellung annehmea
muss (IV, p. 262), so kann ich nicht anders glauben, als dass
auch der Theil der Geschichte des Psellos, welcher bis zum Tode des
Isaak Komnenos reicht, auf die Anregung des Konstantinos Dukas hin
und zwar in der Zeit zwischen 1059 — 1067 entstanden ist. Ich habe
aber noch einen andern Grund ftlr diese Ansicht, den ich einstweilen
noch in petto behalten muss, um noch einige andere nothwendige
Bemerkungen hier einflechten zu können.
Wenn ich oben gesagt habe, dass der erste Theil der G^chichie
des Fsellos — ich müsste eigentlich sagen, der zweite, denn man
kann in diesem ersten Theile wieder deutlich zwei Theile unterscheiden:
der erste von Basileios Bulgaroktonos bis Romanos Argyropoolos
stützt sich nur auf die Angaben anderer Schriftsteller (IV, p. 30),
von da ab im zweiten erzählt Psellos als Augenzeuge — mitunter
einen Ton annimmt, der, wenn auch in zarter Weise und mit den
Künsten der ihm sehr geläufigen Rhetorik verbrlmt, nicht blos lauter
Licht, sondern auch Schatten von sich gibt — er ist auch da immer
noch himmelweit yon dem markigen und gesunden ürtheile seines
Zeitgenossen Micjiael Attaleiates verschieden (ygL z. B. p. 185 — 197,
ed. Bonn.) — , so kann dies für den letzten Theil seiner Geschichte,
einige Stellen über Konstantinos Dukas, ganz speciell aber die Gre-
schichte des Romanos Diogenes ausgenommen, der ganz einseitig
Yom schroffsten Parteistandpunkte aus beurtheilt wird, wenig oder gar
nicht gelten, ganz besonders ist die Geschichte des Michael Dukas
ein wahres Muster von Yertuschungskunst. Wie yiel da und was da
verschwiegen worden ist (Psellos gibt selbst zu, dass er vieles üher-
gehe, cf. IV, p. 136. 135), das würde schon, die Sache ganz äusser-
lich aufgefasst, aas dem geringen Umfange dieses Theiles hervorgehen,
wenn man nicht noch die Erzählungen anderer Historiographen dieser
Zeit zum Vergleiche hätte. Das Verhältniss des Psellos zu Michael Dukas
war wo möglich noch inniger als das zu dessen Vater, sie standen
zu einander wie Vater und Sohn. Der junge Kaiser, ein haarspaltender
Gelehrter und Antiquitätenkrämer, war der Zögling des Psellos ge-
wesen und durch diesen hauptsächlich auf den Thron des gestfirzten
Romanos Diogenes erhoben worden (vgL Näheres bei Fischer, p. 46.
54 ff., G&örer III, 329 ff.). Michael Dukas veranlasste seinen Lehrer,
auch seine Geschichte zu schreiben, und während dessen Regierung
Beitr&ge anir histor. Eritdk des Leon Diakonos a. Michael Psellos. 365
löste PselloB auch^das dem Vater gegebene Versprechen ein und
schrieb die Oeschichte des Eonstantinos Dukas. Die erstere ist unter
den Augen und der direkten Beihilfe des Michael geschrieben; denn
dieser lieferte dem Psellos die Materialien über sich selbst (IV, p. 288.
292. 293). Psellos gibt deshalb ausnahmsweise hier selbst zu, dass
ihm die Hände gebunden gewesen seien, und erklärt, dass er
in einer andern Schrift die Thatsachen wahrer darstellen wolle (IV,
p. 277). Der andere Theil, die Begierung des Eonstantinos Dukas behan-
delnd, ist jedenfalls auch unter dem Einflüsse des Michael geschrieben
worden, daher sind auch die den Eonstantinos tadelnden Bemerkungen
zu erklären und späterhin auch die tendenziöse Darstellung der Oe-
schichte der Eudocia und des Romanos Diogenes; denn Michael hat
sowohl seine Mutter Eudocia als auch seinen Vater nichts weniger
als hoch gehalten, gegen beide hatte er nur Gef&hle des Hasses,
gegen diesen, weil er ihm bei seinem Tode die Begierung nicht
hinterlassen hatte, gegen jene, weil sie sich wieder verehelicht und
Romanos Diogenes im Interesse des Staates auf den Thron erhoben
hatte (ygl. Fischer, p. 45 ff.). Wenn aber Michael Dukas den Psellos
lieber hatte als seine Eltern und Michael Dukas das Ein und Alles
des Lehrers war (IV, p. 288 ff.), sollte dann nicht zu schliessen
sein, dass Psellos nicht blos den zweiten Theil des zweiten Haupt-
theiles und diesen letzteren selbst, sondern auch den ganzen ersten
Haupttheil seines Oeschichtswerkes auf Veranlassung des Michael
Dukas geschrieben habe, dass er der ^Xtate icdcvTtt>v ivSpöbv sei, die
obige Annahme also hinföUig würde? Das ist nicht möglich, denn
dann konnte es in der oben citirten Stelle, die am Beginne der Be-
schreibung der Eomnenenregierung zu finden ist, nicht heissen: 8pov
di^[iat etc.
Ich muss noch einen letzten Einwand beseitigen, den man meiner
Annahme, dass Eonstantinos Dukas das Geschichtswerk des Psellos
yeranlasst habe, entgegenhalten könnte. Wer die Oeschichte des
11. Jahrhunderts genauer kennt und besonders auch die im Jahre
1882 YonPaul La gar de herausgegebenen Werke des Erzbischofs von
Euchaita, Joannes Mauropus, durchstudiert hat (ygl. meine Recension
in Sybel's histor. Zeitschrift 1883), der könnte yielleicht noch einer
andern Meinung zuneigen, nämlich der, dass das Geschichtswerk des
Psellos auf die Eingebung dieses Mannes hin entstanden sein möchte.
Joannes Mauropus nämlich, eine der Eoryphäen byzantinischer Ge-
lehrsamkeit damaliger Zeit, war einer der Lehrer des Psellos gewesen*
Seit dieser Zeit verband Lehr^ uüd Schüler ein inniges Freund-
schaftsverhältniss und als Psellos die Wiedererweckung der üniyersÜAt
366 Fischer.
in Konstantinopel betrieb, da war Joannes mit einer der Führer der
Bewegung. Ale nun Kaiser Eonstantinos Monomachos in der Tbat
dieselbe wiederherstellte, 1045 (vgl. über die ganze Frage Fischer,
p. 12 ff.), da wurde neben Psellos, dem die Oberleitung derselben eu-
fiel, auch Joannes mit an derselben angestellt, als [i^otcop, wie offidell
der Titel dieser Professoren lautete. Doch blieb er nicht lange an
der Anstalt, er wurde kurz darauf vom Kaiser zum Enbischof tou
Euchaita in Kleinasien ernannt, um die dortige verwahrloste Kirche
wieder emporzubringen« Diese Ernennung bedeutete aber für Mauropns
eine Art von Verbannung, das geht aus seinen Schriften deutlich
genug hervor, und Mauropus sah sie auch selbst als solche an. Wo-
durch er sich die Ungnade des Kaisers zugezogen hatte, wird weder
von ihm noch von andern, also Psellos hauptsachlich, direkt berichtet.
(Diese Verbannung nach Euchaita muss spätestens schon 1046 statt-
gefunden haben; das geht aus einer Kede des Mauropus hervor, von
welcher man das Datum genau nachweisen kann. Diese Bede, in
welcher Mauropus den Aufstand des Leon Tornikios gegen den Kaiser
und die Belagerung Konstantinopels als Augenzeuge schildert [vgl
über diese Bebellion Gfrörer lU, p. 454 ff.], ist am 29. December 1047
in Euchaita gehalten worden [vgl Johannis Euchaitor. metropolit.
quae in cod. Vat. Graec 676 supersunt, ed. P. de Lagarde, p. 178 £,
1882]. Joannes befand sich damals gerade in Konstantinopel ; warum?
Das scheint mir aus seinen eignen Briefen, wie aus einigen solchen
des Psellos und einem Enkomion desselben, das noch bei dessen Leb-
zeiten geschrieben worden ist und zwar gerade in diese Zeit fallen
muss, hervorzugehen. Joannes fühlte sich unter den Barbaren von
Euchaita sehr unwohl und suchte von dort wieder hinwegzukommeiL
Psellos, der Günstling des Kaisers, sollte ihm dazu behilflich sein,
allein in seinen Briefen redete dieser ihm davon ab, und eben am
den Mann zu beschwichtigen, schrieb er dem durch seine Verbannong
in der Seele Verwundeten ein durch den Kaiser höchst wahrscheinlich
selbst veranlasstes Enkomion, in welchem er die Angelegenheit vom
höheren Standpunkte des göttlichen Willens und der kirchlichen und calta-
rellen Mission aus beleuchtet. Vergeblich, Mauropus ging selbst nach Kon-
stantinopel, um seine Beactivirung zu betreiben, und bei dieser Ge-
legenheit eben erlebte er die Belagerung Konstantinopels durch den
Bebellen mit). Ich glaube aber den wahren Sachverhalt aufdecken zu
können. (Danach ist zu berichtigen, was Satbas im Vorbeigehen V,
IS' im Tcpi'ktrfQQ sagt: &'fVOo5|i,6v inoia^ ooxofavTiac iiC8y6i]aev 6 ^dövoc
xal maxi toö {»icoopifoö 'Iiodwco MaopoTcdSif)). Unter des Mauropus gar nicht
üblen kleineren Gedichten befindet sich nämlich ein Epigramm, das
Beiträge ziir hiBtor. Kritik des Leon Diakonos u. Micliael Psellos. 367
ich mit der Ursache seiner Verbannung in Zusammenhang bringen
mochte (cf. p. 50, Gedicht 90). Es trägt die Aufschrift: Ste &ic6on]
xffi otymfpaff]^ TOö xpovofpd^oo. Daraus ergibt sich, dass Joannes
ein Qeschichtswerk verfasst hatte, welches durch die Treae und Wahr-
heit seines Inhalts das kaiserliche Missfallen in dem Masse erregt
hatte, dass man ihm die Fortsetzung resp. Publikation desselben ein-^
fach verbot — ein Beweis, dass es in Byzanz eine strenge Censur
gab, was, so viel ich sehe, zwar Gfrörer schon in seinen Byzantini-
schen Geschichten an verschiedenen Stellen als Vermuthung aus-
gesprochen hatte, aber nicht strikt hatte beweisen können (ich bitte
diesen Punkt bei den folgenden Ausführungen am Schiasse dieser
Zeilen besonders im Auge zu behalten) — , f&r die Wissenschaft
jedenfalls ein Verlust, den man sehr beklagen muss. Dass Mauropus
in der That auch Männerstolz vor Königsthronen fühlte und frei
seine üeberzeugung aussprach — Psellos ist gerade das Gegentheil — ,
das bezeugt auch Psellos (IV, p. 154: xi^ d'Stspoc oarox; ^ icpbc ßaotXia
iC6icapp7]<i{aatat ;). Würde demnach die Vermuthung allzufern liegen,
dass Joannes Mauropus, nachdem sein Geschichtswerk unterdrückt
worden war, den Psellos, welcher iiv'egen seiner allbekannten Vor-
sichtigkeit und Geschmeidigkeit sicherlich nicht Gefahr lief, der
kaiserlichen Censur in die Hände zu fiallen, aufforderte, das zu thun,
was ihm nicht gelungen war, auch wenn er wissen konnte und
musste, dass dann die Geschichte der damaligen Zeit unter dessen
Händen ein anderes Gesicht annehmen werde, als sie wirklich
trug? Dazu kommt, dass sich in dem Enkomion auf Joannes Mau-
ropos genau dieselbe Anrede findet, wie sie Psellos dem grossen Un-
bekannten zu Theil werden lässt, f iXtats Tcdivriov ivSpc&v (V, p. 167 und
ganz ähnlich auch V, p. 496: Sptots xdvtcAv ^iXcdv, und V, p. 465).
Allein trotz alledem glaube ich diese Vermuthung von der Hand
weisen zu müssen und zwar aus folgenden Gründen : Erstlich existiren
noch eine Anzahl Briefe, in denen Psellos den Mauropus mit den
seiner Würde geziemenden Titulaturen und ganz feierlich anredet,
sodann sagt schon das genug, dass diese Anrede in einem En-
komion vorkommt, ferner kann, nach seinen vorhandenen Schriften
zu urtheilen, Mauropus zu der Zeit, in welcher Psellos den ersten
Theil seines Werkes schrieb, nicht mehr am Leben gewesen sein —
und nach den obigen Ausführungen muss ja der Angeredete noch
gelebt haben — . (Einigen unsicheren Andeutungen nach scheint Mau-
ropus noch in den fünfeiger Jahren des 11. Jahrhunderts gestorben
zu sein. Seine Zeitgenossen erwähnen ihn sonst nicht weiter). Lässt
sich femer denken, dass Psellos den Bitten des Mauropus nach-
ii
1' ' ' i
I
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'f.
['.'
368
Fischer.
gegeben haben wird, nachdem er den viel schmeichelhafteren des
Kaisers Monomachos Widerstand geleistet, umsomehr, als er ja da-
durch schon Ton vornherein die Ungnade des Kaisers hätte ftürcbten
müssen, wenn ihm der Wunsch eines Missliebigen höher galten,
als der kaiserliche, dass überhaupt Mauropus gerade an Psellos, den
er doch ganz genau kannte, als den Mann gedacht haben wird, der
befähigt sei, eine einigermassen wahrheitsgetreue Geschichte seiner
Zeit schreiben zu können?
Nachdem ich diese möglicherweise gegen meine Annahme Yor-
zubringenden Einwände zurückzuweisen versucht habe, ist es an der
Zeit, den Grund anzuführen, der den Ausschlag für dieselbe geben
soll, dass das Geschichtswerk des Psellos auch in seinem ersten Haupt-
theile auf Veranlassung des Konstantinos Dukas geschrieben ist; es ist
der Schluss jener Diatribe, in welcher Psellos von der Erhebung des
Konstantinos Dukas auf den Thron spricht und jene oben dtirten
Worte: & ^sCa .... Siakiiaa^ai vorkommen. Darauf fahrt er fort:
o&t&c Sv 6l86ii]c &^ ta 9cp<&ta ooveics^Gxetv, &^ lice^dppovov,' &c iiKppcbvyoov,
6^ &^|ioövta icaps|iod>o6|iT)v, &q (soYXivSovs&oeiy iinr]776XX6|U]v, A xod
to6too 86i]cs<i8V, Iffstta xol T^iXXa, &^ (Levijv67xd ooi töv ipjupia (bezieht
sich darauf, dass Psellos die Erhebung des Joannes Xiphilinos auf
den Patriarchenstuhl von Konstantinopel bewirkt haben will, vgl
ausführlich. Fischer , p. 24) , xal ic&vta icszoltpfa öicöoa t8 6 xotpic td
Wenn es nun als erwiesen scheint, dass Konstantinos Dukas der-
jenige gewesen ist, welcher den Anstoss zur Verabfassung des PseUi-
schen Geschichte werkes gegeben hat, so müsste man schon deshalb
der Annahme zuneigen, dass demselben eine Art von officiellem
Charakter eigne. (Die Ereignisse nach dem Tode des Konstantinos
Dukas sind, wie oben nachgewiesen worden, auf Veranlassung des
Michael Dukas von Psellos angezeichnet worden, also eine Art Appendii;
denn das eigentliche Geschichts werk des Psellos schloss wohl mit dem
Tode des Konstantinos Dukas ab).
Auch wenn man von den bisherigen Ausführungen nicht, über*
zeugt sein sollte, das wird man doch zugeben müssen, dass zwischen
Psellos und den andern gleichzeitigen Geschichtsschreibern, Michael
Attaleiates, Joannes Skylitzes, Georgios Kedrenos, Zonaras, ein grosser
unterschied stattfindet. Eins ist freilich allen gemeinsam, mutatis
mutandis höchstens Attaleiates ausgenommen, eine grosse Vorsicht im
Ausdruck, eine gewisse Zurückhaltung und Mangel an Offenheit bei
verschiedenen Gelegenheiten. Man kann bei allen diesen SchriftsteUem
zwischen den Zeilen lesen, und unter den neueren Historikern der
Beitrfi^ zur bistor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Psellos. 369
byzantinischeiL Geschiclite hat diese Eünst Gfrorer in ganz besonderem
Masse geübt, freilich häufig so, dass er über das Ziel hinausschiessi
Allein das Qeschichtswerk des Psellos übertrifft, im schlechten Sinne,
alle andern in dieser Beziehung; es ist rein zu officiell, oder wenn
man lieber will, officiös geschrieben.
Ich kann wegen der üeberfÜUe des Stoffes dies nicht Schritt für
Schritt nachweisen, ich muss mich auf ein Beispiel beschränken und
kann auch dies nicht seiner ganzen Ausdehnung nach ausführen.
Ich wähle dazu die Geschichte des Eonstanünos Dukas. Ausser Psellos
berichten uns dieselbe noch Michael Attaleiates, Joannes Skylitzes und
Zonaras; auf die späteren Excerptoren, wie Michael Glykas etc., nehme
ich selbstrerständlich gar keine Bücksichi Von jenen kommen Skylitzes
und Zonaras weniger in Betracht, auch sie sind ^Excerptoren, und zwar
folgt Skylitzes &st nur dem Attaleiates, abgerechnet den Schluss der
Erzählung, in welcher er einige Aussprüche des Kaisers nach Psellos
citirt, und einige kurze, wenig bedeutende Notizen. Zonaras ver-
arbeitet seine Quellen selbständiger, aber er ist kürzer als Skylitzes.
Seine Hauptquelle ist Skylitzes, aber er hat daneben auch Attaleiates
und Psellos eingesehen und Einzelnes aus ihnen entnommen, aus
enterem insbesondere die Darstellung der Verschwörung. Auch finden
sich bei ihm einige Bemerkungen selbständiger Art, die sich haupt-
sächlich auf die Abstammung und das Steuerwesen des Kaisers
beziehen. Sie sind geeignet, im Grossen und Ganzen das Bild zu
ergänzen, welches Attaleiates yon der Begierung des Dukas entwirft,
sind also für die Geschichte desselben, weil nicht unglaubwürdig,
durchaus verwendbar. Im Allgemeinen kann man auf die übrige
Darstellung des Zonaras wie auf die des Skylitzes zu Gunsten des
Attaleiates Verzicht leisten. So blieben demnach nur zwei Haupt-
qaellen übrig, Psellos und Attaleiatea Deshalb entsteht nun die Frage,
welchem von den beiden man folgen soll.
In einem Punkte, das muss man gleich von vornherein zugeben,
wird man sich * ohne weiteres an Attaleiates halten müssen, das ist in
der Darstellung der kriegerischen Ereignisse, welche bei Psellos zum
Theil gar nicht, zum Theil nur ganz kurz erwähnt werden, und
der Verschworung gegen den Kaiser, über welche mit grosser Aus-
führlichkeit berichtet wird. Ob aber auch in anderen?
Die Darstellung beider trifft nur in wenigen Punkten zusammen,
sie steht sich in den meisten so ziemlich diametral gegenüber. Ich
greife den Krieg gegen die Myser und Triballer, wie sie bei Psellos,
oder derDzen, wie- sie bei Attaleiates heissen, heraus. Psellos erzählt:
Als die Myser und Triballer das Beich mit Krieg überzogen, da rafite
Mittheilunffen VII. 24
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870 Fischer.
Konstantinos Dukas eine kleine Schaar gegen dieselben zuaanunen. Da
begab sich ein Wunder, nicht geringer als die des Moses. Als namlicli
die Barbaren die auserlesenen Schaaren sahen, da ergriff sie Farcht,
sie flohen, die meisten von ihnen fielen den Yerfolgem zum Opfer.
el |iiv o&y, so schliesst er, h(7Uü\u6JiBV9 icpo6iXö(iT]v , 3iXXA ^ii oovoictix^y
loToplav xoieiv, iitt/^ptiaff^ 'iv (loi to&to t6 Sii[fri<^ dg icdtoav e&^pii]|itac 6xsp-
ßoXnjv. vov 8k if'Stepa t^v toö Xö^ot) 6p[i'})y (utsy^7Xoi|ix. lY, p. 268.
Alles in Allem 15 Zeilen über so wichtige Ereignisse, welche dem
Beiche den Untergang bringen konnten; denn ganz Europa zitierte,
wie Attaleiates sagt, vor ihnen, (isroixCav ^$7] xb tijv Ehp&trrjy Sicov olmv
ißooXe&eto, Mich. Att p. 84, 16. Attaleiates erzählt das in mindestens
fiinf&cher Ausdehnung: das ganze Volk überschritt die Donau, schlug
die Bulgaren, nahm die griechischen Feldherren fiasileios Apdcapes
und Nikephoros Botaneiates (derselbe^, welchem Michael sein Weik
widmete, der nachherige Kaiser) gefangen. Der groeste Theil toü
ihnen durchzog sodann lUyrien imd bis nach Thessalonioh, ja drang
bis Griechenland vor. Auf die Nachricht davon erschrak der Kaiser
gewaltig, konnte sich aber nicht dazu aufraffen, ein kampfiahiges
Heer gegen dieselben zu entsenden, war es aus Sparsamkeit, war es
aus Feigheit; deshalb schickte er Gesandte an sie, xafr'5<3oy oUyrs,
To6too< fcapeyrjfxsiy xal npb^ xoipoy xatootaXai xal ^AXty elc t^ ootspoiav
ßooX666adai, noXX& zobxoi^ iiciorsCXac äTcafcof^; ja er bat einige der
Führer zu sich und y(apla^ja(ai to6too^ ISsSubaato. Erst nachdem die
Stimmung der Massen bedenklich geworden war und man dem Sjdser
Vernachlässigung der Beichsinteressen vorgeworfen hatte, da zog er in
die Gegend von Choirobakchoi mit nicht mehr als 150 Mann aus, zum
Staunen von ganz KonstantinopeL Da brachten die Gesandten die
Nachricht, das ganze üzenvolk sei untergegangen ; auf welche Weise,
wird dann ausführlich erzählt Das Meiste thaten da3 byzantinische
Gold, sodann die Bulgaren und Fatzinaken, endlich die Pest Der
Best wurde in Makedonien angesiedelt und trat mit Byzanz in Bundes-
genossenschaft. Welche von den beiden Darstellungen entspricht nun
dem wirklichen Sachverhalte?
Ueber die höchst wichtigen Ereignisse, welche sich unter Kon-
stantinos Dukas im Oriente zutrugen, schweigt sich femer Psellos ganz
und gar aus. Und doch hatte dort ein Kampf gewüthet, der dem
byzantinischen Beiche grosse Stücke Landes entrissen. Es hatte
sich um die Vormauer von Byzanz, um Grossarmenien, gehandelt,
die Selguken bemächtigten sich des wichtigen Bollwerks Ani und
damit des Landes. Attaleiates dagegen eriählt den Kampf der Be-
deutung desselben entsprechend ausführlich (ihm nach Skylitzes und
Beiizftge zur hisior. Kritik des Leon DiakonoB u. Michael Psellos. 371
Zonaras, you den betreffenden orientalischen Sdiriftstellem sehe ich
hier ganz ab).
Die grosse Verschwörung sodann, welche dem Kaiser bald Thron
und Leben gekostet hatte, erzahlt Psellos auffallend kurz und zwar so,
dass man den Grund, warum denn dieselbe angezettelt wurde, g^r
nicht erfahrt, Attaleiates dagegen sehr ausführlich. Durch ihn erst
er&hren wir, worum es sich eigentlich handelte, nur er legt die letzten
Gründe derselben dar.
Ich konnte weiter fortfahren, doch diese Beispiele werden schoii
genügen, um uns ein Bild von dem Charakter der Geschichtsschreibung
des Psellos und Attaleiates zu geben. Die Fsellanische Darstellung ist
entweder nur voll des Lobes für den Kaiser oder sie verschweigt un-
angenehme Thatsachen oder stellt die Ereignisse in falscher einseitiger
Beleuchtung dar. Nur in einem Funkte gibt er der Wahrheit die
Ehre, er macht dem Kaiser die Vernachlässigung des Heerwesens
zum Vorwurfe, um daraus den Schluss abzuleiten, dass es mit dem
Staate abwärts gehe, freilich scheint er das auch nur zu sagen, um
seiner unbändigen Eitelkeit zu firöhnen, .denn', ftigt er hinzu, .ich
yersuehte ihn oft auf andere Wege zu bringen, allein vergeblich."
Im übrigen stimmen Psellos und Attaleiates nur noch in der einen
Thatsache überein, dass sie beide dem Kaiser das Lob eines guten
Familienvaters ertheilen. Bei Attaleiates ist es das einzige überhaupt,
daa dem Kaiser zu Theil wird, und der ganze Gontext, in dem es
sich befindet, hinterlässt auch nur den Eindruck, als sei es nur ge«
sagt, um doch wenigstens etwas Gutes an des Kaisers Sohlen heften
zu können« Summa Summarum, die Darstellung des Attaleiates ist die
glaubwürdigere, sie ist der gefärbten des Psellos vorzuziehen.
Psellos war, wie oben nachgewiesen wurde, der Intimus des
Kaisers gewesen, sein Bath wird in vielen Dingen für denselben aus-
schlaggebend gewesen sein, die Begierungsweise des Kaisers in ihrer
ganzen Erbärmlichkeit fallt deshalb hauptsächlich mit auf die Schultern des
Psellos, er hatte also guten Grund, die Begierung des Kaisers günstig
zu beleuchten und die Wahrheit zu vertuschen. Attaleiates andrerseits
war dem Kaiser Nikephoros Bqtaneiates zugethan, ihm widmete er
auch seiu Geschichtswerk, von ihm erhoffte er die Wiederherstellung
der Glanzzeit Ostroms. Botaneiates aber hatte in dem jammervollen
Michael VII. Farapinakes das Geschlecht der Dukas gestürzt Kein
Wunder daher, wenn Attaleiates in gerechter Entrüstung über all das
Elend, welches die Dukas über das Beich heraufgeführt haben, und
mit dem glühenden Patriotismus, der ihn für die Grösse Ostroms be-
geistert, der Psellanischen Darstellung, die früher als das Werk des
24"
?«!l
Pr
372 FiBoher.
Attaleiates edirt sein moss and in den officiellen Kreisen you
Bjzanz eines hohen Ansehens sich erfreute, die ungeschminkte
Wahrheit entgegensetzt. Das Attaliotisohe Werk ist geradezu eine
heftige Anklage gegen den unerklärlichen Leichtsinn und die frevel-
hafte Sorglosigkeit der Dukas'schen Politik des laissee faire aller.
Man lese nur das geradezu vernichtende Urtheil, das derselbe fiber
die letzten Kaiser seiner Zeit fällt, p. 185 — 197! Von Botaneiates
glaubte er, derselbe sei ein Mann der Beform, ron ihm werde eine
neue Epoche datiren. Von diesen Gesichtspunkten aus betrachtet er
die Politik der Dukas und muss sie, wie jeder klarsehende Staats-
mann, verurtheilen. Nicht Lust an der Opposition, nieht nSigelnd«
Aerger drückt ihm die Feder in die Hand, sondern der ganze Zorn
eines männlichen Herzens über die feile Geschichtsschreibung seiner
Zeit, die Liebe zum Yaterlande und zur Wahrheit Man kann sich
kaum zwei grössere Gegensätze denken, als Michael Attaleiates und
Michael Psellos. Dieser der aalglatte Hofinann, der mit allen Banken
des Hofes Tertraut, nur in der Hofluft sich wohl fühlt ^ dem ein
gnädiges Lächeln seines Kaisers der höchste Lohn dünkt, charakter-
los wie alle Hofschranzen, von Eitelkeit durchfressen und der Un-
entbehrUchkeit seines Ichs wie je einer überzeugt, in der Kunst, ein
X für ein ü zu machen, ein Meister, Schönförber und Diplomat a la
Talleyrand, wenn es statthaft ist, diesen Vergleich zu gebrauchen;
jener der gerechte Bichter, der Becht von Unrecht, Wahrheit Ton
Unwahrheit durch seine Thätigkeit im Tribunal unterscheiden gelernt,
der Fühlung mit den Gedanken und Gefühlen der Massen tmd ein
Herz für dieselben hat. der unbestochen vom Glänze und Treiben des
Hofes mit scharfem Blicke die einzelnen Phasen der Politik und die
Maximen der Begierung verfolgt, der trauernde Patriot, dem das Beich
und sein Volk über der Person des jeweiligen Herrschers steht, der
Mann des Gesetzes und der Wahrheit Psellos ist officieller (Geschichts-
schreiber, Attaleiates schreibt Geschichte um ihrer selbst willen (wenig-
stens muss dies für die Darstellung bis auf Nikephoros Botaneiates gelten).
Ich habe bisher nachzuweisen versucht, dass das Werk des
Psellos einen officiellen Anstrich habe, dass Psellos, um einen von
Gfrörer auf Zonaras und Kedrenos angewendeten Ausdruck zu ge-
brauchen, byzantinischer Beichshistoriograph gewesen sei (Diese An-
sicht Gfr5rers wird sich nur insofern aufrecht erhalten lassen, als
diese beiden Schriftsteller die wirklich officiellen Geschiehtschreibo'
benutzt haben). Nun hat aber Psellos direkt an Leon angeknüpft.
Ich hatte schon oben darauf aufrnerksam gemacht, dass dies nicht
ohne Absicht geschehen sein kann. Hätte Psellos aus freiem Antriebe,
{.-I
1^
Beiträge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Psellos. 373
^
unaufgefordert, sein Werk und zwar als ein selbständiges geschrieben^
so müfiste er nicht eben Psellos gewesen sein, hätte er dasselbe nicht
mit einer prunkvollen Einleitung eröffnet; denn es war eine von der
byzantinischen Historiographie wohlgepflogene Sitte, der sich kaum
Jemand entzog (sie hatten sie yom classischen Alterthum ererbt und
gemäss dem ganzen Charakter des «Byzantinismus* ins Breite ge-
zogen), ihre Auffassung von der Geschichte, deren Werth für das
menschliche Leben sie hauptsächlich von utilitarischen Frincipien aus
ansahen, dem Leser eindringlich ans Herz zu legen. Ich führe einige
Beispiele an: Theophanes Confessor, Leon Diakonos, Joannes Skyützes,
Georgios Eedrenos, Michael Attaleiates, Joannes Cameniata etc. (Frei-
lich würde man irren, wenn man glauben wollte, dass nun Psellos
ganz auf solch beliebte Auseinandersetzungen yerziphtet habe; im
Gegentheile, da ihm die Gelegenheit dazu beim Anfange seines Werkes
fehlte, so ergriff er verschiedene andere im Verlaufe desselben, um
sich über den Werth der Geschichte und die Au%abe des Geschichts-
forschers auszulassen). Indem nun Psellos an Leon anknüpft, wül er
meines Erachtens of&ciell sein Werk als eine Fortsetzung des Leoni-
schen angesehen wissen. Dies zugegeben, so erlangt dadurch das
Werk Leons eine besondere Bedeutung, wie auch umgekehrt Ich
nehme demnach für Leons Werk denselben Charakter in Anspruch,
wie für das des Psellos. (Auch scheint es, wie dieses, auf äussere
Anregung hin entstanden zu sein, cf. oben, vielleicht auf die des
Kaisers selbst, obgleich derselbe bekanntlich kein Freund der Musen
war). In der That athmen .beide Werke eine ähnliche Tendenz. Beide
Schriftsteller sind in ihren Anschauungen nicht viel von einander
verschieden, das Werk Leons hat nur den Vorzug, dass es nicht, wie
das Psellanische, in Hofklatsch schwelgt, dass es den äusseren An-
gelegenheiten des Beiches einen viel grösseren Spielraum einräumt, IK§|t r
dass ein grosserer Hauch von Frömmigkeit dasselbe durchweht So-
gar in Stil und Bedewendimgen haben beide vieles mit einander ge-
mein, wenngleich der des Psellos noch geschraubter isi (Beispiels-
weise führe ich nur an Leon p, 4, 7 : xod (fjj i&(M toi? tifi XtiJ*t]< ßoftoic
%(xpao6psodai ts xol GOY^^fi^so^cii, und PselL lY, p. 114: td 6'lf'i^|L(oy
3csirpa7|iiva Xi^d7]^ xaXo^^vai ßodoic). Dass mit Leon die Geschichts-
schreibung aufhören würde, das brauchte Psellos nicht zu befurchten
(IV, p. 114), sie hat gerade damals ziemlich viele Blüthen getrieben.
Das sehen wir theils aus den noch erhaltenen Werken, theils aus den Wf ii' '
Einleitungen der Werke des Skylitzes und Eedrenos, welche die
Historiker jener Zeit zum grössten Theile sogar namentlich anfuhren ;
theils berichtet es uns zum Deberfluss Psellos noch selbst, lY, p. 5,
i^irr
m
Svii
g74 Fischer.
Wohl aber war za befttrchten, dass dieselbe in unrechte, unbeliebte
Hände gelangen konnte (wie auch geschah), die von den Ideen und
Tendenzen der Leonischen Historiographie sehr weit abwichen. Die
Nachfolger des Tzimisces bis auf Eonstantinos Dukas hatten keinen
Geschichtsschreiber im Sinne eines Leon, eines Psellos, des Hofes gefunden.
Leon war bis auf Psellos der letzte Hofhistoriograph gewesen, denn
nur er ist gemeint in der Stelle bei PselL IV, 113: iicetSf) Y^PXP^
Ififi tbv Xd^ov 1^ t1)c btopiac oovaYcoY'') iffiXiXotTrsv, &q xivSovebetv (loxp^
t(^ ^pöv(p )caXofd"$]vat tot icpi^l^ta, xal oaov licl xobxff t^ (lipet tooc
Svo) xp^voo^ |JL'}] hr^yp(.i)fai oicöotaoiv, Sd taötdc {le ßoTj^oai f|£ioov rj
f6ost To5 icpdYC^to^ etc., und dass es nur so zu verstehen ist, be-
weisen FselL IV, p. 5, sowie die Einleitungen des Skylitzes, Eedrenoa,
Michael Attaleiates. Die aber, welche den Psellos baten, das Leonische
Werk fortzusetzen, waren, cf. IV, p. 113: oh tcav iv tiXet (idvov "»jxl
z&v irpcbtcov Tj^c "f^po^youxQy iXXot xal t(ov SXXcov elg xa roü XdYOo c8Xo6vtov
(Loam^pia, xal tcöv Sooi d>6idt8poi )cal ^TCEpteXeTc t^v ^t)^ii)v, also lauter
hohe Staatsbeamte, und, wie oben nachgewiesen, ein Kaiser selbst.
Den Schluss daraus, brauche ich ihn erst noch zu ziehen?
Gab es aber denn nun in Byzanz wirklich eine officielle Geschichts-
schreibung? Ich kann mich hier auf diese Frage nur insoweit ein-
lassen, als sie das 10. und 11. Jahrhundert berührt Burckhardt,
Hirsch und andere haben derselben f&r die früheren Zeiten ihre
Aufmerksamkeit zugewandt, ich muss deshalb anf die betreffenden
Werke verweisen. (Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dass ncaer-
dings P. Meyer in einer kleinen Abhandlung: De vita Gonstantini
Eusebiana, „ Festschrift, dem Gymnasium Adolfinum zu Mors gewidmet
1882, Bonn', schon für die Eonstantinische Zeit etwas dem ähnliches,
wie ein «literarisches Bureau* annimmt Ich habe diese Annahme
in der Becension dieses Schriftchens in PhiloL Bundschau m, No. 49,
p. 1541 ff., zurückzuweisen versucht). In dem Sinne freilich, in wel-
chem es in neuerer Zeit wohlbestallte Hof historiographen gab, wird
man wohl in Byzanz für diese beiden Jahrhunderte vergeblich nach
solchen suchen. Weder in den uns überlieferten Hofrangordnungen,
noch in den Geschichtsschreibern findet sich eine solche officielle Würde
erwähnt; allein dass dem Eaiserhofe zu Byzanz zu allen Zeiten feile
Federn zu Diensten standen, welcher Kenner der byzantinischen Ge-
schichte möchte das wohl leugnen? und dass die reichhaltigen
Staatsarchive nicht bloss Juristen, Verwaltungsbeamten und Diplo-
maten offen standen, sondern auch Geschichtsschreibern, das mocbt«
an und für sich als selbstverständlich erscheinen, wenn wir es nicht
noch aus der Anna Eomnena und aus Kikephoros Bryennios wüssten.
Beiträge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Psellos. 375
(Bfzanz hatte besonders seit Justinians Zeiten ein wohlgeordnetes
Archirwesen. Nach Baschet: Les archiyes de Yenise. Histoire de la
chancellerie secr^te, 1870, p. 132, ist zwar das erste Beglement ftir
das yenetianische Oeheimarchiv aas dem Jahre 1402, allein er meint
auch, daas die Einrichtung desselben schon lange vorher bestand.
Es würde wohl nicht schwer sein, nachzuweisen, dass das alte
yenetianische Archiywesen sich das byzantinische zum Muster ge-
nommen hai)
Da nun, wie ich oben nachzuweisen versucht habe, Fsellos sein Werk
im Auftrage des Kaisers Konstantinos Dukas geschrieben, so würde
schon dieser umstand genügen, das Vorhandensein einer officiellen
Geschichtsschreibung im 11., beziehentlich im 10. Jahrh. in Byzanz
zu constaiiren. Allein es gibt noch einige gewichtigere Zeugnisse
für diese Behauptung. Es ist bekannt, dass die Fortsetzung des
Theophanes auf Veranlassung des Konstantinos Porphyrogennetos ent-
stand and dieser Kaiser selbst dem Verfasser die von ihm gesammelten
Materialien dazu überliess, ja Buch V jener Fortsetzung vom Kaiser
selbst geschrieben ist (ausf&hrlicher darüber Hirsch: Byz. Studien,
p. 116 ff.), dass also Theophanes contin. eine kaiserlich approbirte,
officielle Geschichte isl (Theoph. cont. p. 3: zm 8i xa^'Sxaota t&c
oicoMottC 6 oe&cöc ßootXeoc KttvotavTivoc fiXondvco^ oovdXeSe xal e&oovdir-
ttt^ igi^sto, vi) tüÄv {UT^ffsiTtt Sfika y^v . . . tf)^ ßaotXeiac)' Joseph
Genesios schreibt ebenso tendenziös im Sinne der herrschenden Kaiser-
famiUe (Hirsch, p. 116 ff.).
Ein zweites Zeugniss ist die Einleitung im Geschichtswerke des
Skylitzes. Dort gpbt nämlich derselbe eine kurze Kritik der Ge-
schichtsschreiber seines und des vorhergehenden Jahrhunderts , die in
vieler Hinsicht interessant ist Uns geht sie hier nur insoweit an^
als sie von Psellos, Leon Diakonos und officieller Historiographie
spricht (Das Werk existirt bis jetzt nur gedruckt in einer lateini-
schen Uebersetzung des Gabius. Sathas hat für seine |ieoaia>ytX')j
^XiofHpai eine editio princeps versprochen, die Einleitung ist aber
in der ed. Bonn, des Kedren. I, p. 4, nach cod. Goislin. 136 ap.
Mont&ucon BibL Goislin. p. 207 — 208 abgedruckt). Skylitzes nennt
daselbst als letzten Chronographen den Theophanes und fahrt dann
fort: insY^ipypai'^ piv y^P '^^vsc» oEoy 6 SixsXubtT)^ 5t8doxaXoc xal 6 xa^'i^|ii&c
Sxatoc %^ fiXood^oov xal 6i:6pTt|i.o^ 6 VsXXöc» xal xpi< To6toi< Irspou
aXXa icAf^pfov &^pjsv(ü toö Ipyoo Tf>jc ixpißeCa^ ixxsicrcbxaot, ta nXetova
träv xotpuof^piifrv icapivcsc» xal &vöv7]toi tot< (ist'a&toöc Yerdvaaiv, i^a-
p(^{i.T)oiy |i6vv)v icoii]9i|Lsvot tdv ßaoiXtov xal SiSifyxns^ ttc pjsm tlva
T^v mipetfiA^ IfiYOvsv l^xparij^t xal icXstov o&Siv. iXXa xal zcküvo^ o&x
376 Fischer.
ioToxoic}{iivti>c aoYYpa4^i{MVoi SßXa<|)av to&c IvtoYX^vovtoc» o&x &f 6Xv|aoty. 6
fip Aa^voirdin]^ Oeö^iopoc, Nixi^toc 6 Ilaf Xa^cbv, 'looo^ Tevöoioc xol Mavoo^X
ol BoCivttoi, NixYj^öpo^ö 8idxovoc6 ^p&6» •• • i 'Aoivo^ A&cov . . . olxeiavlxaatoc
&7cdd-60iv 7cpoox7]od|jL6VOC) i (liv STcaivov ßaotX^QO^, ö Si 4^ov nacptdpxoOf
Stspo^.SI 9CX00 lYX(b|JLtov, xal iv totopCa^ oxi^t^ti tbv iocotoo Sxaotoc
&7co3CX7]poövr6c oxoitöv, ;cöpp(o ri]c t&v slpTifiivo^v 3iv3p(&v ^eictdncaoi Stavoiac*
&7C0TdSif]v Y^P 'c^ XA^^ tooc a&td^v xpovooc oovevex^^vta xal (uxpbv im^
btoptx&^ (soTYptt^^dltevot, xal 6 (t^v ooiiica^co^ 6 5^ ivtiicad^Ci 6 Sk %d
xata x^P^^' ^^^0^ % xal &c icpooet^taxto, r?]v laotoö aovdelg btopiav,
xal :cpoc &XXil}Xooc Iv rj) v&v i^Kj^i^osi Sta^epöiuvoi, 1X17700 xal tapaxi);
to&c ixpoatac &(iiC6icXi^aiv etc. Hier ist also anumwunden «1-
gestanden, dass zu des Skylitzes Zeiten Geschichte im kaiserlichen
Auftrage geschrieben worden ist; denn wer die Torsichtige Schreib-
weise der Byzantiner dieser Zeit kennt, der wird ' nicht im Geringsten
darüber in Zweifel sein, dass zu irpooeTivaxto auch zu erganzen ist oici
Tc&v ßaoiX§(Dv. Und nun, unter den in dieser Hinsicht Erwähnten
befinden sich ja gerade Psellos und Leon Diakonos; denn sowohl der
Leon Asinos des Skylitzes als der Leon Earias des Eedrenos, der hier
wie sonst den Skylitzes weidlich ausschreibt, ist niemand anderes ak
eben Leon Diakonos, nicht wie man wohl geglaubt hat, Le6nGrammatiko&
Denn der letztere hat ja eine Chronographie geschrieben, der Leon
des Skylitzes aber nur eine einzelne Farthie der Geschichte. Leon
war aus Asien gebürtig, deswegen nennt ihn Skylitzes 'Aaivoct und
wenn ihn Eedrenos Kaplan nennt, so ist das zwar ein Lapsus, aber ein
entschuldbarer; denn Leo stammte aus Ealoe und dies lag am Fasse
des Tmolos bei den Quellen des Eaysiros, hart an der Grenze des
alten Eariens.
Endlich finde ich noch einen dritten Beweis fib* das Vorhanden-
sein einer officiellen Geschichtsschreibung und zwar bei Psellos selbst
in einer Stelle, die zugleich auch nochmals beweist, dass Leon Diakonos
unter die Mitglieder derselben gerechnet wurde. In derselben Stelle
nämlich, aus welcher ich schliessen zu müssen glaubte, dass das
Psellanische Werk durch Eonstantinos Dukas veranlasst worden sei,
heisst es (PselL IV, p. 135) : xä jl6v oov iy'ISi)« icAvta Sie^iftwii, lxaott5v
Ti iSaxptßoöo^at ätp^oZm &px&y sie ola tdXnj xati^ynias, oo/ci^«« tc xa-
TaXÖYstv Ttal OTpatoweSelac, ixpoßoXt(3[i,o6< te xal d(|)t|iaxiac xal tiXXa
61:60a si^iotac X^Ystv tolc &xptßioi td&v mx^patpit^^^, &c (uxpoo xaipoö xal
XdYOo 86Ö|JL8ya ric tö icapöv &vaß(iXXo(jLai. 06 ^dp [te . , . . iirjnjoac 810
toöt6 aot xi-jfd) 9coXXa iwv i^fcov slp^odai icapfpui rj latopU^ {«Ij ts «cpo«
&XoiL7ctd8a Stöv taftrifjv iva|ijetpTi<iac» jiTj^'Ä? 6 oo^fpafA^ »«oiijxsv dz
w< xob Stooc ßpa« a&r})v SwXöjjLevo«, iXX'iicXdo« o&ta>ol Ta intxatpota^a
Beiträge zur histor. Kritik des Leon Diakonos u. Michael Fsellos. 377
xcAvffi ^aYops6oac xal 6ff6oa |jloi latopoövti xata (ivi^{JLir]v oovi^dpoioTai etc.
So kann nur Jemand sprechen . — es gibt noch einige ähnlich lau-
tende Stellen, z. B. p. 115 — , der im Dienste eines Auftraggebers
schreibt Das Zugeständniss, dass er nicht zu den ixpißlai x&v oriYTpa-
tf^m gehöre, ist doch geradezu kostlich, und der Grund, &^ (laxpoö
xal XÖ700 6sö|teva, einfach lächerlich, um so lächerlicher, als Psellos
gerade Dinge, welche f&r wahrhaft Gebildete — und für solche will
doch der o^pTt|ioc tcdv fiXooö^cov schreiben, IV, p. 113 — kein Interesse
haben, z. B. Hofklatsch, mit einer Ausführlichkeit behandelt, die
einer besseren Sache würdig wäre. Ich f&hre nur ein Beispiel an, die
ganze Episode über des Konstantinos Monomachos Maitresse Skleraina,
10 grosse Octavseiten handeln über dies Weib, obgleich dieselbe nicht
den geringsten Einfluss auf Staatsangelegenheiten hatte. . Ja, Psellos
ist eigentlich viel wortreicher und redseliger als alle übrigen Historiker
seiner Zeit ; das fühlten schon seine Zeitgenossen selbst, deshalb nannte
man ihn ,gcoX6c 'rijv ^XidTtav.*
Unsere Stelle beweist aber auch femer noch, dass Leon im Dienste
der kaiserlichen Politik schreibt. Ihn und nur ihn kann ich unter
dem erwähnten ao'^fpafpA^ yerstehen. ZtynpafcTc nennen die byzan-
tinischen Schriftsteller, auch Psellos, diejenigen, welche nur einzelne
Epochen der Geschichte bearbeitet haben; sie werden streng von den
XpovoYpdf ot unterschieden. So wi^rde Leon mit Becht ooTYpo^psöc ge-
nannt; aber das Hauptargument, dass Leon getneint ist, liegt in den
Worten: el^ cj^ toö Itoog &pag a^rijv Si8Xö|i.eyo<. Bei den übrigen
Historikern dieser Epoche findet sich diese Art und Weise der chrono-
logischen Datirung nicht, am aller wenigsten bei den Chronographen,
welche nach Jahren von Erschaffung der Welt an und nach Indictionen
rechnen, wohl, aber bei Leon Diakonos. Vom Anfange bis zum Ende
seines Werkes wendet er sie mit besonderer Vorliebe an (ich führe
einige Beispiele an, p. 51, 6. 68, 3. 72, 2. 111, 12. 128, 1. 160, 1.
165, 17.), andere chronologische Fixirungen finden sieh nur wenig
bei ihm. Unter diesen Umstanden kann hier auch 6 ooffpaf to«
nicht in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes gebraucht sein,
es muss eine prägnantere haben, es heisst der ofGdelle Geschichts-
schreiber. In ähnlichem Sinne gebraucht ja Psellos auch oottp^T^i
vgl IV, 259. 260.
Von den in dieser Abhandlung angegebenen Gesichtspunkten aus
wird, glaube ich, die Kritik des Psellos, beziehentlich des Leon, aus-
gehen müssen, wenn man zu einigermassen glaubwürdigen Besultaten
in der Geschichte des 10. und 11. Jahrhunderts gelangen wiU.
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Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges.
Von
Franz Martin Mayer.
Das Studium von Alfred Von Arneths grossem Werke über Maria
Theresia machte in mir den Wunsch rege, über einige Punkte des
siebenjährigen Krieges nähere Auskunft zu erlangen; auch nach der
Lectnre einiger Specialarbeiten konnte ich mir nicht yerhehlen, dass
es der Sache sehr dienlich wäre, weno über den Gang der damaligen
Ereignisse noch weitere, wo möglich von österreichischer Seite stam-
mende Nachrichten bekannt würden. Denn so viel Correspondenaen,
Berichte, Relationen, Tagebücher und dergleichen auch über diesen
Krieg bereits veröffentlicht worden sind, ist doch ge?n8s, dass von
österreichischer Seite dazu wenig beigetragen worden ist. Nun wussie
ich von zwei Manuscripten , welche Belationen aus dem erwähnten
Kriege enthalten und welche die Studienbibliothek zu Salzbarg ver-
wahrt. Herr Bibliothekar A. J. Hammerle hatte auch diesmal die
Güte, mir diese Manuscripte auf meinen Wunsch nach Graz zu senden.
Per erste Band ist überschrieben: Materialien zur Geschichte des
siebenjährigen Preussen-Krieges 1757 vom 13. Juni bis 28. Dezember.
Lifterae relatoriae, ut videtur, cujusdam Generalis, cujus nomen et
stemma ignoratur, ad superioi'em altioris ordinis sed amicabüem, ex
castris datae 1757 per semestre.
Der zweite Band: Materialien vom 20. Dezember 1757 bis
23. November 1758.
Diese zwei Bände enthalten also Belationen, welche ein öster-
reichischer General in den Jahren 1758 und 1759 an eine hervor-
ragende Persönlichkeit, von welcher er seinerseits wieder Briefe
empfieng, geschrieben hat. Diese Belationen sind nicht Originale»
sondern Abschriften, gemacht von verschiedenen Schreibern, too
denen aber keiner den Namen des Ver&ssers angibt, wie auch der
Adressat nirgends genannt wird. Ein einziges Mal, in der ersten
Zur Gescliicht« des siebei^j ihrigen £
BelatioQ über die Schlacht bei Eolin neoiit sie
.der bekannte F.*, der Adressat aber wird n
,E. H.* nnd mit , Hochdieselbe * angeredet.
Ich war mit der Darcharbeittmg der zwei
aia mir Herr Bibliothekar Hammerle noch 13
welche die Zeit Tom 30. Harz bis 1. Juni 1
ermeeen sich als Originale, aber nur einige d(
Bachstaben W unterfertigt Ich hatte aber a<
der zwei Bände die feste üeberzougung gewocn
aller dieser Relationen der Qeneral Graf Friedt
würde zu weit fuhren, wollte ich auseinanders'
mathung nach und nach zur Gewissheit wurde.
Friedrich Georg Heinrich Graf von Wied-
19. October 1712, focht unter dem Prinzen E
30 Jahre alt Oberst im Infanterie^Begimente Hi
major und 1757 Feldmarscballieutenant Am
nahm er sehr ehrenvollen Antbeil. Gestorben
1779 zn Haihtud.
Graf Wied war stets in der Umgebung dei
der ihn sehr hoch schätzte. Er wurde zu a1
gezogen und konnte darflher an die mit «F. B
lichkeit Bericht erstatten; er nahm Einsicht
detachirten Generale und konnte sie nach Gutdi
nnd da tbeilt er einen Brief w&rtlich mit; ji
ibn manchmal auf, dieses oder jenes in seinen
An vielen Actionen nahm er natürlich selbst t
Relationen selbstverständlich um so ausführli
solche Berichte von Theilnehmem an den
nehmnngen sind, braucht nicht auseinandergc
schrieb seine Relationen sofort nach dem Ereig
unter dem ersten Eindrucke^ frisch und lebeni
Eraählang oft durch Betrachtungen, hält mit
zurück und ist oft scharf imd nicht immer hi
drücken. Von seinen eigenen Thaten bericht«
während er die Verdienste Anderer ohne Neid
ist er ein Bewunderer Dauns, dem er Anerkeni
er nicht mit ihm einverstanden ist. Eine ebene
hat er vor dem Feldmarschall Grafen Browne
mit Rührung die Worte lesen, mit denen er ai
Relation Ober die Koliner Schlacht von der Zui
und Bauns in Frag berichtet Dem Prinzen
380 Mayer.
scheint er nicht sehr geneigt zu sein, aber er ist sehr vorsichtig in
seinen Ausdrücken. Dagegen sind die meisten anderen Generale seine
Freunde, den Grafen Franz Nadasdy nennt er gewöhnlich seinen
Bruder. Für eine Biographie Dauns, deren wir noch ermaDgeln, so-
wie für die der anderen Generale, wie etwa Laudons, Lascys a. A.
bieten Wieds Berichte yortre£Pliches Material.
Da Job. Ferdinand Huschberg sein Buch : Die drei Ejriegsjahre
1756, 1757 und 1758 in Deutschland (Leipzig 1856) vorzugsweise
aus Papieren der österreichischen Partei, namentlich aus dem für&t-
bischöflichen Archive zu Würzburg, aufgebaut hat, so darf es nicht
Wunder nehmen, dass zwischen den Angaben Huschbergs und Wieds
Mittheilungen selbst in Kleinigkeiten oft eine sehr merkwürdige
üebereinstimmung besteht Da nirgends ausdrücklich gesagt wird,
dass Wied seine Berichte nach Wien sende und die Originale der-
selben auch nicht, wie mir versichert wurde, im k. k. Eriegsarchive
in Wien vorhanden sind, so kam mir, jedoch nur vorübergehend, der
Gedanke, es könnten Wieds Berichte etwa an den Fürstbischof von
Würzburg gerichtet worden sein. Adam Friedrich, geborner Graf von
Seinsheim, Fürstbischof von Würzburg, betheiligte sich äusserst reg-
sam an den Ereignissen seiner Zeit, stand mit den einflussreichsten
Männern in Briefwechsel, verfolgte mit Spannung alle Vorgänge und
bestrebte sich, über dieselben gründliche Erkundigungen einzuziehen.
Er sanmielte in seinem Archive die auf den Krieg bezüglichen Schriften,
Briefe an ihn, Berichte, die ihm abschriftlich übermittelt wurden.
Seine Soldaten fochten an verschiedenen Stellen mit; er hielt auch
bei den Heeren seiner Partei, namentlich im österreichischen Feld-
lager zahlreiche Berichterstatter, die ihm ununterbrochen. Nachrichten
über alle wichtigen Begebenheiten zukommen Hessen^).
So bedeutend nun die Stellung war, welche der Fürstbischof von
Würzbuig einnahm, so ist es doch nicht denkbar, dass ein öster-
reichischer General aus dem Hauptquartiere seine Berichte, an denen
ausserdem der Feldmarschall Dann so grosses Interesse nahm, an ihn
sollte gerichtet haben. Aber ich wollte diesen Gedanken, obwohl er
wie gesagt, nur ein vorübergehender war, nicht ganz mit Still-
schweigen übergehen.
Auch aus der Untersuchung, wie Wieds Berichte in den Besitz
der Salzburger Bibliothek gekommen, wollte sich über die Person
des Adressaten nichts ergeben. Es existirt eine Aufzeichnung Vier-
thalers über den Zustand der k. k. Hofbibliothek in Salzburg, ddo.
<) Hufichberg IX.
Zur Geschichte des raebetgährigen Krieges.
381
18, NoTember 1806, in welcher bemerkt wird: Auf der k. k. Hof-
bibliothek in Salzbarg finden sich Bücher, welcher ihrer Herkonfb
nach in fftnf Classen getheilt werden können:
1. Bücher aus der ehemaligen Pagerie und dem damit verbun-
denen Virgilianischen Institute;
2. aus dem Schlosse Hemau;
3. aus der Handbibliothek Sr. E. Höh. des Kurfürsten Ferdinand ;
4. aus der Bibliothek von Berchtesgaden und
5. jene Bücher, welche von jeher und bestimmt zur Hof-
bibliothek gehörten^). ^
In einem Verzeichnisse vom Jahre 1815 sind die zwei Bände
als in der StudienbibUothek vorhanden angemerkt. Man wird, ohne
irre zu gehen, annehmen können, dass Wieds Berichte früher im
Besitze des Salzburger Kurfürsten Ferdinand gewesen waren, der be-
kanntlich vordem Orossherzog von Toscana war und der im Jahre
1805, als er Salzburg abtreten und dafür das Fürstenthum Würzburg
übernehmen musste, einen Theil seiner Handbibliothek der Salzbuiger
üniversitäts- und jetzigm Studienbibliothek abtrat Es werden sich
also Wieds Belaiionen schon in der Bibliothek seines Vaters, des
Orossherzogs und späteren Kaisers Leopold IL befunden haben und
somit wäre anzunehmen, dass Graf Wied seine Berichte an irgend
ein Mitglied des kaiserlichen Hauses gerichtet hat, worauf ja auch
die Bezeichnimg » Hochdieselbe* hinweist
Auf diese BemerkuAgen muss ich mich einstweilen beschränken.
Ich theile nun aus den besprochenen Belaiionen zunächst jene zwei mit,
welche sich mit der Schlacht bei Kolin beschäftigen, an welcher Graf
Wied thätigen Antheil genommen hat Dann skizzire ich auf Grund*
läge des sehr umfangreichen Berichtes aus dem Hauptquartiere Kolin-
Schönau vom 14 bis 28. Juli 1757 den Bückzug der Preussen aus
Böhmen, scbliesse daran den Bericht über die Eroberung der Stadt
Zittau, schildere dann das Tre£Pen bei Moys und scbliesse mit zwei
Relationen über die Eroberung der Festung Sohweidnitz.
Jeder dieser Berichte wird das eine oder andere neue Detail
bieten. Vielleicht lässt sich aus ihnen auch erkennen, dass die Mit-
theilnng des gesammten Materials keine undankbare Sache wära Jeden-
fskÜB wird man bedauern dürfen, dass Wieds Belatienen nicht alle
auf uns gekommen sind.
L
Zwei Berichte über die Sohlaoht bei Zolin (18. Juni 1767).
Die Relationen des Grafen Wied beginnen fast mit demselben
m
•ttir
!•''
'vi'-
Mr^.:
t.
I) Gütige Mittheilung des Herrn Bibliothekars Hammerle.
382 Mayer.
Tage, an dem sich der Feldmarachall Graf Daun entschloss, gegen
Frag zu marschiren, um der von den Freiissen belagerten böhmischen
Hauptstadt Hilfe zn bringen. Die erste Belation ist datirt: .Kurz
daurendes Quartier Krzstetiz 13. Juny 57 und dies schreibe ich auf
dem gemeinschaftlichen Tisch, weillen es auf dem Baasen geschrieben.'
Die zweite von ,Gendiz den 14., den 15. Juni 1757, weilen ich achliesse
früh Morgens 4 Uhr.* Bei Abfassung der dritten, hier zunäcbt
folgenden war die Entscheidungsschlacht schon geschlagen.
1. Erichenau ddo. 20. Juny 1757. Morgen aber nicht mehr allda.
.... Ich endigte das letztemahl mit grosser Noth Dero Schreiben:
Da heisst es : Setze dich in den Marche und secundire deinen Br&dern,
hingegen der Daun machte noch den 13. Bast-Tag, welches wohl be-
schehen, dann 3 Tage hindurch hatte unsere MannschaflPb nicht wenig
Fattique auszustehen, dann die Hitze wäre dergestalten, dass nicht
glaubte, mich auf dem Fferd zu halten. Anitzo betrachten Sie unsere
muntere Brüder, was diese liebe Mann8cha£Ft zu erdnlten hatte ond
doch ohne einer geringsten Klage. Wie der Bevem eingesehen, daas
wir nach Flanian alleweil starker avancirten, zohe er sich auf S^amvim,
wie in meinem letzten gemeldet, dass er daher zu ziehen habe. Wir
brachten untereinstens in Erfahrenheit , dass diese feindliche Ver-
lassung des ersteren Orths und Beziehung des letzteren eine andere
Larve vor hat, i¥ie auch bey Abziehung dessen wir in die Grewissheit
brachten, dass der König ihme feindlichen Frintzen um ein nahm-
haftes verstärket, dahero ich dem Daun all dieses selbsten hinter
brachte, worauf er mit mir den Augenschein nähme und die fieind<
liehe Lage dergestalten und zwar mit einer weit mehreren Trappen
Vermehrung ersahen, alsdann der Nadasti^) einen sicheren mir nach
schickte mit Vermelden, dass der König mit 10.000 M. anselbst bej
der Bevemschen Armee eingetroffen. Ich musste also den 16. froh
4 Uhr Morgens abermalen mit ihme recognosciren reithen, &nden
aber an der feindlichen (Armee) keine Veränderung, sondern wohl
das vorige; darauf setzten wir uns in Marche. Der FM« und ich
glaubten, dass hierwegen eine Menge Truppen zurück zu verbleiben
haben würden, allein keiner aus unserer Armee wäre dabey, der sich
nicht Selbsten anfrischte und ainer dem anderen spräche sich selbsten
guten Muth zu, dergestalten, dass es dem Daun wahrhaftig eüigristig
wäre und nicht vergasse, ihnen Truppen viel schönes vorzusagen.
Wir langten 8 Uhr spath an; warum aber dieser mehrbesagte Marche
die andern in der Beschwehrlichkeit übertroflRen? Weilen wir fiesi-
1) Qraf Nadasdy commandirte die Avantgarde.
Zur Qesohichte- des liebei^'&hrigen Krieges. S83
geschlossener den gantzen Tag anmarscliirten, dann durch diese
Avancinmg kamen wir dem Feinde nahe an seinem linken Flügel.
Wir machten den Orth Eriechenan zu einem Haupt-Qaartier , doch
hatte man nur der Helfte der Armee die Buhe vergönnen müssen,
weilen selbige Nacht der Feind verdächtige Movements machte, biss
der helle Tag anbrache, da ich von dem FM. beordert wurde, dass
dem Feind auf das genaueste mehrmahlen zu recognosciren hatte,
fände aber nur ein imd andere Veränderung, die dazumahl nicht viel
sagen wolten: doch Nachmittag 4 Uhr käme von dem eifrigen Na-
dasty die Nachricht, dass der Moriz von Dessau mit einem zuläng-
lichen Corpo die Armee verstärkete, derowegen sich der Feinde in
Marche mehr gegen Planian gezogen und der FM. wiese auch hiebey,
dass es ihm an Findigkeit nicht fehlete, dann er formiret phne
weiteren ein anderes Treffen. Indeme wir aber mit diesem beschäftiget
waren, käme ein unsriger Vertrauter, welcher uns meldete, dass der
König seinen Leuten das künftige Glück bey diesem Wohlverhalten
mit denen allerfrischesten Farben vorgemahlei Noch sicherer muss
er sich versprochen haben, weilen ihme unser wahrhafter Plan ver-
rathen wurde, allein mit unseren letzteren wäre ihm auf eine andere
Weise vorgebogen, welches nicht zu errathen wäre, ausser es wäre
einer von den Vieren^) zu einem Schelm geworden; doch man machte
jene Disposition : die Avant-Garde wurde mit noch mehreren Truppen
befestiget' und mit einer Mannschaft, die wissen, wie man den festen
Fass zu halten hat, welche auch nicht Hand breit gewichen; wir
machten 3 Corps" de Reserve, doch wurden sie so placiret, dass man
gleich aus ihnen ein Treffen herzustellen vermögend wäre; mithin
geschähe dies, was wir wolten. Unser vollständiges Concert wäre
ihn anzugreifen; allein die viele Vortheile, die wir vor uns hatten,
wolten uns nicht zugestehen, dass wir diese Lage auf eine weite
Distanz verlassen solten; dann griefe er uns an, wie er immer ge-
dachte, so wären wir dergestalten in der Ver&ssung, dass er an allen
Seiten einen vortref liehen Abzug anzuhoffen hatte, wie es auch anitzo
das Ende gezeiget. Der Nadasti versprengte die feindliche Husaren
zu 8 mahlen, ehe das Treffen den Ernst anzeigte. Die feindlichen
erstgesagte Husaren glaubten, dass sie ihrem Herrn genugsam Dienste
leisteten, wenn sich dieselbe von weiten sehen Hessen, da sie aber
sahen, dass unsere auf sie losgiengen, so suchten sie ihren Schutz
unter den mehreren; einmahl aber kamen sie zu weit, dass diese
0 Dami hatte nur drei Generale in seine UntemehmaDgen eingeweiht, so
dass also nur vier Personen davon wussten. Darunter waren Wied und Nadasdy,
der dritte Qeneral wird nicht genannt.
J
384 Mayer. .
Freussen zwar nicht glaubten eingehohlet zu werden, doch mosten
diese .flüchtige Figuren die nnsrige unter ihnen sehen, dass deren
63 auf dem Flatz blieben, 1 Bittmeister, 1 Lieutenant und 23, welche
mit ihren Pferden wegen ihren hohen Beinen stürtzen und dero-
wegen als Frisonneurs sich an uns zu übergeben hatten.
Bis daher seynd meine Zeihlen extendiret, damit gleich künftig-
hin Yon dieser Bataille dea Anfang machen könne, doch will mit
diesen nur soviel Satis&ction leisten, damit, nichts hindan lasse, was
zu einer Contentirung von Hochdieselben nöthig finde. Der Feinde,
ehe er uns weiter angriffe, machte verschiedene Bewegungen und
glaubete, uns hiedarch auf einen nicht geschickten Wege zu bringen,
allein wir verblieben auf unserer einmahl festgesetzter und gemachter
Vorkehrung, welche bevor nicht übereilter von uns beschehen, son-
dern man hat die göttliche Gnaden hiezu angesuchet und sodann die
Yemunfi; mit vieler Ueberlegüng an die Hand genommen. Um 2 Uhr
Nachmittag finge die Thätlichkeit an und gleich so, dass man auf
unseren als auf des Feindes Schilde den vollkommenen Ernst auf-
gezeichneter sähe: Ich hatte das Centrum der Armee aus Güte des
FM., welcher, weiss nicht warum, ein besonderes Augenmerk auf mich
gerichtet,' doch hätte zu End dies glückliche Treffen bald dem Feinde
auch ein Centrum abzugeben gehabt ; mein Brauner, aus Ihrer Gnad,
der wurde mir erschossen und der Siebenburger musste endlich auch
mit mir die Bache des Feindes erfahren. Basta, was mich betzifft,
so spreche : Wir sind gebohren hiezu und diess sind f&r einen ehrlich
und aufrichtigen Soldaten wohlthuende Sachen. Der Feind sachte
uns an die Flanque zu kommen, allein unsere Beserve verkehrten
gleich die feindlichen Gedanken, dass er sich an allen Orten betrogen
sähe; an&ngs wollte unsere Gavallerie etwas um den Bücken sehen^
es ist aber gut geschehen, dass sie sich anwiederum um ihren Posto
umgesehen, ahnsonsten wie es künftig folgen wird. Sie woltem mit
ihrer Cavallerie ihr schon gar ofbes Dessein ausführen, allein hier
hat es nit gelungen, dann hat man sie in rechter Distanz erhascht,
wäre es gut, liefen sie alsdann, dahin sie glaubten, dass wir iluien
zu folgen hatten, liesse man es unserer Seits geschehen und unsere
Cavallerie hatte sodann ihren Flatz zu suchen, weilen sie una aber
gar zu oft hiezu aufforderten, so machten wir diess, was sie uns gar
zu oft vermeinten, unsere Cavallerie machte eine Oeffiiung und stelte
ihre Schwengung an, dass sie dem Feinde confds scheineten. Holla!
Da glaubten sie schon alles über den Haufen geworfen zu haben,
allein unsere waren gleich hinter der Artillerie und die machte eine
solche ungereimte Wirthschaft unter die Freussen, dass sie mich in
Zur Qescliichte des siebenjährigen Krieges. 385
der That zu einer Erbarmnus brachten und der Eonig wird nooli
ein Weheihun bis zu dieser Stund empfinden, ja die Artillerie stelte
die Hölle vor, und machte yiele Sclaven von ihren preusmschen
Diensten auf ewig frey. Auch von jener mehr benambsten Artillerie
solle alles umständlich Hochdenenselben unter die Augen dargebracht
werden. Alle Officiers thaten Wunder und der gemeine Mann muss
in dieser Addou sich selbsten hiezu persuadiret haben, dass sie un-
sterblich seynd, wenigstens rauften sie so ; was aber die Grenadiers
and Croaten machten, werden sie wegen meinen künftigen ihnen
Selbsten mit ihren Gedanken die Crantz der Tapferkeit aufsetzen, mit
Einverstehung des Bottaischen Begiments, wie auch dessen Obrister
2 Blesäuren erhielte und 2 Pferde verlohre; was dieser Eiensky mit
seinem Gewäz nicht hergestellet, das ergänzet sein gross tapferes
Hertz der Eayserin. Wir hatten den Feind 3 mahl zu schlagen und
7 mahl zu repoussiren, er setzte mit frischen Truppen munter an und
wir stelten ingleichen eine Mannschaft, die eben nicht von Schlaf
ao&tunde, entgegen und da er gesehen, dass das traurige Ende ihn
zu weichen rufet, so wolte er noch sein letztes wagen, durch das er
glaubte, die Nacht solte ihm einen baldigen Vortheil geben, aUein
diesen schlecht ausgesonnenen Schluss expedirte der ohnvergleichliohe
Nadasti auf das geschwindeste, so dass sich der Feind mehrmalen
geschlagen sähe, durch dass sie die meisten Blessirten zurücklassrai
mussten, worunter auf einen Ort, als zu Zasmuck genannt, 1600
deren, ohne denen, was noch an verschiedenen Orthschaften sich lie-
gend befindet, dergestalten, dass man nicht weiss, wie man dieselbe
genugsam verpflegen könne. Der Nadasti lockte auch bis 4000 in
einen Thal, wo die Bauern hernach die Teich ausreissen machten und
auf jene Art stunden sie fast am Halss in dem Gewässer; unsere
Croaten schössen sie wie die wilde Enten zusammen. Wir erhielten
gegen 50 Canons, bis 24 Fahnen und Estandarten und mehr andere
Kriegd-Zeichen wurden erobert Dies ist aber nicht genug, die eigene
Ueberläufer weiten gleich ihre Dankbahrkeit uns zeigen, da sie unter
unsere Fahnen haben können zu stehen kommen, indeme die unter
die Feind tapfer feuerten und bis heute zehlen wir bis 10,000, welche
den Bäuber quittiret haben. Zudeme der Feind gesehen, dass seine
MOhe von denen Oesterreichem in keine Consideration gezogen wird,
wolte er der mehreren Hitze ausweichen und sich der Kühle brauchen,
dahero zohe er sich theils nacher EoUin, theils nacher Böhmisch-
Brodt, aber in keiner belobungswürdigen Ordnung, so dass er noch
genug Todte und Verwundete von dem Nadasti wird überkommen
haben, vnr aber bezohen den anderen Tag hierauf unser Kriegs*
ä8ö Mayei*.
Quartier. Nou bin ick überzeugt von unserem t^M. I)aun, er ver-
dient unter die berühmteste Gommandanten, mit denen die Welt ehe
und unseren Zeiten gepranget, gesetzt zu werden, dann alles gesdiahe
mit üeberlegung, Vernunft und Gelassenheit, Kriegslist und Elugheii
Was machet es aber, dass ihn der Allmögende zu Ausrottung dieses
Eirchen-Stöhrers und Verschwenders so vieler Menschen Bluts er-
wählet hat ? Sein Lebenswandel und dieser ist mit dem anderen, den
ich verstehe, in gleicher Linie. Hieraus aber zu ersehen, dass der
Obere alleinig Herr und so weiters, weilen ich ansonsten in mein
voriges Nachdenken gebracht würde. Mit Billigkeit wäre meine Feder
allzeit zu verwerfen, wenn ich dem Nadaeti nicht ein gleiches bey-
1^^, derowegen soll er mit obigen einen Begriff haben» Dass die
Officiers, sage nochmahlen, ihre Schuldigkeit thaten, erhellet aus deme,
weilen 142 todt und blessirt sich befunden, wo nicht noch einige
nachkommen; vnr verlohren ohne zu flattiren 6000 M. todt und be-
schädigte, auf Feindes Seiten ist der Verlust bis heutigen Tags un-
widerruflich mehr denn 12,000 Todte und Verwundete. Das weitere
weiset sich aus des Dauns seiner Art, die er sich anitzo hatte anzu-
gewöhnen gehabt, will dannoch mit einer kurtzen Verfassung bey-
setzen: Er machte mit denen artigsten Worten Hohen und Niedrigen
unier denen Fahnen und Schutz stehenden Theresianischen Mann-
schaft seine Danksagung, besonders dem Bottaischen Begiment, gleieh
denen Groaten, wie er einem von den letzteren seine Hand auf
den Kopf legte und spräche: Mit diesem Mann verstehe ich euch alle,
meine Brüder, danke euch für eure ausserordentliche Dienste, weldie
ich, so lang ich noch zn athmen habe, in gröstem Andenken erhalten
und derjenige seyn und machen werde, dass die Welt von euch auf
das Vollkommenste von euerer ohnedem angebohrnen Tapferknt au
sprechen haben wird.
Wir haben 3 Generals gefangen, die Ihnen bekannt; v^ie ge&Uen
sie Ihnen? Glaube, dass ich so recht geschrieben habe. Das B^-
ment Baaden wolte weichen, allein ihr Obrist Graf Harrach machte
sie nicht alleinig halten, sondern stritte mit besonderer Bravour, wie
er auch empfindlich zu 2 mahlen blessiret wurde; Der FM. ist unter
denen leicht Blessirten und wurde ihm auch ein Pferd beschädiget;
der Serbelloni, der Frintz v. Lobkowiz, der Obrist Baron v. Mohr
eben so verwundet, ausser der Obrist vom Würtembergischen Drar
goner-Begiment ist gefährlicher, die andere werden folgen. Der-
mahlen haben die Prager geschwind zu seyn, dann den Moment ver-
nehme, dass der Eeith sich um eine andere Luft umsehen wolle. Nur
Gedult E. F., wir werden mit der Starke des allvermögenden Arm in
Zur Geschichte des siebenjährigen Ejieges. 387
Bälden eiii Vergnügliches in die österreichisclien Lande einberichten
können. Wie gut ist es, wenn man mit beeden Armen agiren kan
and darf. Einfolglich wünsche so zu continoiren, dass meine Zeihlen
stets ein unverfälschtes Lichte von sich werfen mögen, damit ich hie-
dnrch die weitere Hofnung mir versprechen darf, das ist, bey Hoch-
denenselben mit deme festzusetzen und dieses wünschet sich der
bekannte F.
2. Prag den 24. Junü 1757.
So viel ich Yortheile werde einziehen können von der über-»
lassenen Zeit, so viel soll zu Dero Diensten gewidmet sein, derowegen
mich in nichten aufzuhalten habe, weil mich die Schuldigkeit auf
den geraden und nicht einen umschweiffenden Weg weiset Unsere
Unternehmungen, welche mit Aufbruch unserer Armee bis Anfang der
Bataille Jatzemitz beschahe, können nicht weiters geleitet werden, dero-*
wegen die 3. vorhergehenden Zuschrifften mit diesem vierten ein
Gantzes vorstellen müssen. AUermassen mich die YemunfiPt dahin
zeiget, dass der Anfang der Bataille mein dermahliges seyn sollte
doch muss etwelche wenige Schritte zurückweichen, weilen mir bey-
&llen will, dass nicht gemeldet worden, wie der Feind mit 10,000 Mann
in der Nacht eine nochmahlige Verstärkung erhielte, allen deren sind
nur 12,000 gar sicher gewesen (?). Wir verblieben bey unserer einmahl
concertirten Sache, nur wäre die Sorge, dass wir ihn vielleicht werden
anzugreiffen haben, und unsere so viele Yortheile auf jene Arth ver-
lassen müssen, welches unser einmahl fest gesetztes Concept sehr zer-
trümmert hätte. Allein der Feind machte wahrhaffüg, was wir wollten;
wir vernahmen darauf 10 Uhr früh an dem Tag, da der Anfang be-
schahe, daas der König abermahl in denen vorigen Stunden recog-
nosciren ritte und hierüber mit seinen Generalen sich zu dreimahlen
des Baths erhohlte, nachdeme er die Herstellung der Truppen, von
Seiten unserer, viel veränderter sehen musste, als er es den 17« ob-
«ervirte.
Endlichen das vierte mahl traffe derselbe unsere Armee mehr-
mahlen auf eine andere Arth gestelter an, als er sie um 6 und 7 Uhr
mag gesehen haben, wie er auch in der 8. Stund auf brache und seine
separirte Colonnen zu sich stossen liesse, machte aber Halte und ver-
bliebe bis 2 Uhr also stehen, indeme derselbe nicht wusste, wie er
uns zuzukommen vermöge, weilen er uns nicht weniger in einer
anderen Positur antraffe, denn wir änderten die Flanquen, doch in
denen Linien wurde etwas weniger nur zur Yeränderung gebracht,
ausser im C!orps de Reserve wurde noch mehr gemacht und diese
26*
388 Mayer.
ersiere Lage als auch letztere wäre ihm nicht so wie er vermeynte
und mag demselben auch yerdriesslich gefallen seyn, dass wir ihme
unserer Seits zu nahe gekommen seynd, nehmlich dass wir errathen,
dass er uns von Eollin abzuschneiden oder gleich in die Flanque ge-
denke zu fallen, dies aber hat niemahlen ihme gelingen können^
weilen man diesem allen nun gar zu sicher auf das yemünftigste
Yorgebogen.
Nun erlauben Sie, dass yon dieser Bataille zu dem weiteren
schreiten darf, damit hierdurch anitzo hergesetztes yon mir mit dem
weiteren dargethan seyn mogte. Der Feind ruckte Nachmittag um
2 Uhr an und breitete sich mit seiner Armee yon 64,000 Mann, nicht
60,000, wie Sie mir in letzteren meldeten, gegen Collin; ehe aber
diese Stunde ihre letzte Minute bestritte, schien es annoch an, als
wann er weit einen anderen Marche machen wollte und sich nicht
bestrebe, mit uns eins zu wagen; yiele yon unseren Generalen glaubten
dieses, allein der Daun, Nadasti und Odonell sammt noch einem
kunnten nicht zu diesem Glauben gebracht werden, weilen wir jeder-
zeit unseren Gegner in diesem niemahlen wahrhafft befunden. Es
wurde aber yon unserem Feldmarschall mit denen nahe bey sieh
habenden Generalen berathschlaget, im Fall sein judidrter Marsch
auf erst bemeldte Arth auf keinen Ernst gepflantzet, was zu thon
seye, dann denselben Tag musste schon, yermög Schlusses des Daona,
gerauJSet seyn, mithin schickte er denen anderen 3 Generals die Ad-
jutanten zu, mit denen er Feldmarschall ehehin das yorgehende in
die XJeberlegung gebracht und mit denen seine Gedanken erofiiet
allein dieselben hatten in Bälde ihr Ende erreichet, weilen uns die
feindliche Attaque gleich auf unser yoriges anwies. Wir stunden in
2 Treffen und der rechte als linke Flügel waren mit dem Corps de
Beserye wohl hergestellt und der rechte hingegen yerlangte einen
Vorzug yor dem linken, weilen er mit mehreren Anhohen prangte,
welche Hügel man auch mit der stattlichsten Artillerie und Leaihen
yersehen.
Wir haben einen Terrain, der unser wahrer Freund geworden,
sobald er die Gedult yon sich gäbe, dass man ihn betreten durfte
und hat man yon dieser artigen Stellung unserer Armee die Daunische
Vernunft heraus zu ersehen, dergestallten, dass jene, welche den toU-
konmienen Begriff noch nicht an sich gebracht, dieselben können
sich zu noch ^mehrerer Vollkommenheit bringen, wann änderst bej
ein und anderen es in ihrer Erhaltnuss hat yerbleiben mögen. Der
Feind marchirte an und da er uns nahe kommen wollte, musste es
bey ihme anwiederum Halte heissen. Was henmiete aber ihne im
Zur Geschichte des siebex^jährigen Krieges. 3g9
Marsch? Jenes, dass er gesehen, dass er en front ohnmöglich uns
anzogreiffen yermögend seye, darauf glaubte er ein anderes Froject
ausznfiüiren und dieses sollte unsere Flanque gelten, unter einstens
aber uns von Colin, wie schon gesagt, abzuschneiden . gedenckete,
allein dies verkehrte unser Dann, ehe er sichs versähe; man nähme
gleich In&nterie und Cavallerie aus dem 2^° Treffen und das Corps
de Beserve, welche, wie vorhin gemeldet, deren 3 waren und für
alleinig zu diesem Ende geformiret worden. Wie er also gesehen,
dass nichts gelingen wollte, attaquirte er unseren rechten Flügel mit
einem ausserordentlich furiosen Oeschrey und Force, allein er traffe
kaum mit dieser Kriegsart an uns, da machten wir 3 Oefhungen und
die Artilleristen wiesen ihme Feind, dass sie keine Schüler, sondern
Leuthe wären, die die Preussen anselbsten in ihre Feuer-Schule fuhren
könnten, doch verblieben sie Feinde auf einem gesetzten Fuss ; unsere
Infanterie hingegen, dass dieselbe sich eine unsterbliche Ehre er-
worben. Der Feind wich also im nichten und unsere wanckten nicht
einmahl, alleinig unsere Cavallerie käme AnfaQgs in grosse Unord-
nung, ohngeachtet ihnen der Serbelloni alles ordentliche zuruffe, der
Odonell und Benedict Dann secundirten vorgesetzten Generalen mit
aller erdencklicher Yemunfft und der Trautmannsdorff mit dem Asper-
mont mit 3 Begimentern secundirten. Brachte sowohl die Oewalt
als Yemunfft die Leuthe auf ihren vorigen Platz, ansonsten hätte die
Artillerie diesen Fehler mit ihrer Empfindung zu verbessern gehabte
darauf thaten sie ihre Schuldigkeit ziemlich, wie gleich das mehrere
zu folgen hat Der Feind sahe|, dass ihme das stete Feuer nicht
wenig der Seinen zu Erden legte, auch unsere Infanterie musste der-
selbe tmzertrennter sehen, gleich wie wir auch mit noch mehreren
Trouppen unserer Seits avancierten und das erste Corps de Beserve
wurde auch entgegen gesetzt, welches ohnedem in einer solchen
Mannschafft bestünde, die nicht änderst gewohnet, als aufrecht stehen
zu verbleiben, dann diese bestünde in Carabiniers, Grenadiers und
einigen Croaten ; diese pfiffen ihnen aus denen Mousqueten dergestalt
zu, dass von seiner neuen Attaque die erste Linie, wie sie stunde,
die Erde zu suchen hatte. Der Nadasti that Wunder und der Feind
wendete Alles an, ihn über den Hauffen zu werfen, da er doch ihn
von der Stelle wegzubringen nicht vermögend wäre. Die preussische
Armee wurde von allen Seiten von ihnen attaquiret, die Husaren
mussten ihm in die feindlichan Flanquen fallen, und wann auch die
preussische Cavallerie mit ihren Husaren auf die Nadastische traffen,
hatte der Tantz allezeit ein geschwindes Ende erreichet, wie sie auch
zweimal zusammen traffen.
390 Mayer.
Zwei Begimenter, auf die sich der Freuss yerlassen kunnte, liatten
die anderen zu unterstützen; alsdann käme es zu einem hitsEigen
Gefechte und solcher gestalten, dass die Croaten und Preussen so
nahe kamen, dass sie mit Bajonetten aufeinander traffen; allein der
Croat war handfester und 4 Hungarische und Croatische Orenadiers^
Gompagnien soutenirten mit einem solchen Feuer, dass sie Gegner zu
weichen hatten und die 2 standhaffte Begimenter vollkommen ruinirten;
der gegentheilige H. Generallieutenant Treskow secundirt mit anderen
Begimentern, um die Leute wieder stehen zu machen, allein der
Nadasti verlanget änderst nichts, als seinen festen Fuss zu behaupten
und die im Schild f&hrende Kriegslist, mit welcher er schwanger
ginge, auszufahren. Was macht mein unvergleichlicher Bruder? Da
war er schon auf dem zweiten Pferd, er machte eine wenige Betirade,
wie obiger feindlicher General ankäme, und zugleich eine kleine
Oefhung. Er aber stelfce 1000 teutsche Pferde, 1500 Croaten mit
einigen handfesten Hussaren und Sclavoniern gleich einem Corps de
Beserve unter jenem Treffen. Wie der General Dreskow dieses er-
blickte, wäre derselbe ohne einige Yersäumnuss hinter ihm darein,
damit er von bemerkter Oeffnung, die sich weisete, seinen sich schon
versprechenden Profit einziehen könne. Da käme er mit seinem
Hinterhalt auf einen Augenblick auf die Feinde und diese Oeffiiang
wurde auch vielfertig geschlossen. Hiegegen die in Bereitschafft ge«
haltene Mannschafft musste der Feind schon am Halsse sehen; der
preussische General gienge mit deinem Diensteyfer zu weit, durch
das viele von der feindlichen Mannschafft das Gewehr anselbsten gegen
ihre Cameraden richteten und auf jene Arth\ dass sich die Croaten
mit ihnen content erzeugeten, die letzteren, weilen sie gleich der
Cavallerie einhaueten, hat alles zu Grunde gehen müssen und der
General wurde zum Glücke unserer Cavallerie zu theil, ansonsten
würde er den croatischen Säbel gleich denen anderen zu empfinden
gehabt haben. Sodann finge das Ueberlauffen an, die das Glück hatten
an uns zu kommen, und viele waren hiebey von des Königs IieiV
Begiment; weilen aber der Feind diese in äusserster Noth mit Trappen
unterstützte, verbliebe mein tapferer Bruder also stehen, wie derselbe
sich Anfangs placirter befunden und das Feuer continuirte wie Tor-
mahlen in einer Gleichheit; dieser ohnvergleichliche Freund stritte
mehr als ein Mensch und wusste seine Mannschafft in gleicher BraTOor,
Feuer und Standhafftigkeit mit seiner von Gott erhaltenen Vemunffl
auf seinem vorigen Platze zu erhalten und zwar dass er unser Haupt-
trefien nicht wenig zu einer Erleichterung brachte, warumben? weilen
er dem Feinde alles zu Schanden richtete, was auf ihn träfe. Er
Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges. 391
wüste auch seine Adjutanten so artig an den Dann zu bringen, dass
erCommandant eine ausserordentliche Freude hierüber besceugte, weilen
er durch ihme jederzeit den Begrief erhielte, dass er sich auf ihme
vollkommen verlassen könne; die Baisonen, die er mit einberichtete,
waren anbey mit grossei Experience bekleidet, würde auch ein
schwehres gewesen seyn, wann der liebe Bruder mit solcher Force
nicht agiret hatte ; der Oeneral Staremberg secundirte ihne mit denen
unterhabenden Staabs-Offiders auf das rühmlichste, besonders aber
der uns bekannte Odonell und der Obrist Thoricourt und mehrei:^
wie auch der Herr Oraf von Nostiz sich wahrhafffdg distinguirte.
Dermahlen habe meine Haupt- Attaque wiederum zu suchen. Der Feind
griffe also zimi dritten mahl an mit voriger HefiPtigkeit und wir be-
g^neten ihme, darf schreiben mit noch mehrerer Tapferkeit, ausser
äaaa das Regiment Baaden allda anfinge zu weichen; die ausserordent-
liche Bravour ihres Obrisüieutenants Harrach machte sie halten; so
sie aber in das Weichen wären gebracht worden, ist man gleich be-
sorg^ gewesen, dass ein anderes hievor, welches schon im Begrif sich*
stellend, statt dessen einzutretten. Der Harrach hingegen machte sie
durch seine Bedensart gleich wiederum ihr Ziehl erreichen und Ver-
blieben bis Ende in grösster Standhafftigkeit und thaten sodann recht
wohl, ausser dass dieser sich 2 gefährliche Blessouren durch jene
Bravour und zu Liebe seiner Eayserin einhohlete. Mithin weisset
sich, dass nichts ausser Acht gelassen worden; auch die Infanterie
wäre mit dem Feldmarschal-Lieutenant Sincere versehen, der alles
auswiche, was seinem Commando einen falschen Schein hätte geben
können. Die 2 Corps de Beserve verblieben biss zu Ende dieser
Action in dem Feuer und machten dies, was man nur yon einer
heldenmüthigen Mannschaffb begehren honnte; die Groaten, so sie in
das Treffen mit denen Grenadiers gestellet wurden, so verblieben sie;
diese Leuthe fochten auf Nadastischer sowohl ab unserer Seite mit
ebemnässigem Löwenhertze; dann wollte die preussische In£Emterie
ihnen zu nahe kommen, waren die Helfte Bajonetter gegen die Feinde
gesetzet und die Grenadiers mit der andern HeUte &oaten samt den
Geschwind-Stucken feuerten, dass denen Freussen in grosser Anzahl
die Knie brachen und das Aufstehen denen andern überlassen mussten,
so dass ihre Generals mit tyrannischer Schärffe zu dieser Attaque sie
zu bringen hatten. Sie stossen diese Leuthe auf jene Arth zusammen,
dass diese feindliche Generals nicht reflectiret haben, dass ihnen das Leben
von wem Höheren gegeben worden, mithin hat sich diese Mannschaffb
schon müssen von diesen trüben Eerls zu dem ewigen antreiben lassen, wei-
len sie den Todt überall natürlicher Weiss yorgezeichneter gesehen haben.
392 Mayer,
Dermahlen weiss ich, dass ich mich zu unserer GaTalleria m
wenden habe. Der Serbelloni mit dem Odonell thaten das äusserste,
um nur ihre Leuthe in Ordnung zu erhalten, wie auch der Feind
sie stets beunruhiget und seine Gayallerie öfters die unserigen
attaquiren liesse, doch haben dieselbe sie gleich entg^en empfangen,
man hat sie aber nicht weiters kommen lassen, als uns der Yortheil
des Fingerzeiges eingestanden hat, weil sie gleich mit der Artillerie
unter uns spielten. Diese Attaque continuirten sie zu 5 mahlen und
die letzteren zweymahlige wurden sie mit den feindlichen Grenadiers
unterstüzet, so weit es die Ordre de Bataille eingestünde ; das leiztere
mahl aber stellten sich die Generals, als wann sie gleich An&ngs
ihre Leuthe nicht erhalten kunten, auch die Schwenkung rechts und
links falsch formirten; der Feind glaubtauch dies, mithin wurde von
ihrer Seite ein Corps de Beserve ohne einer Verweilung nachzurücken
beordrei Unsere Gayallerie wäre, ehe es sich der Feind yeraalie,
hinter unserer Artillerie und diese machte sie gewaltig zur Erde {allen,
dass dieselbe in grosster Confusion auf allen Seiten zur preusaischen
reitten, unsere Artillerie machte denenselben noch ein 2 maUges
Compliment, dass sie sich hierauf ziemlich erniedrigten; unsere Ca«
yallerie wäre auch unter ihnen, ehe si(;h es der Feind yerlangie und
machte denenselben auch einen ebenmässigen Schaden, darauf der
Feind gleich zu zweitenmahlen auf das neue an uns traffe und sein
rechter Flügel machte auch Mine, als wann er ein gleiches in dem
Schilde führte. Allein der er&hrene Daun, ohnerachtet, dass er n
dieser Stunde auch schon seine Ehren- Wunde erhielte und das Pferd
ein gleiches mit ihme überkäme, wurde ich zu demselben beordert^
damit ich ein und anderes aus seiner Güte zu yeranstallten hatte.
Dann, wie gesagt, dass sich der feindliche rechte Flügel bewegte,
wurde die Gayallerie yon unserem linken Flügel dahin beordert unt^
Gommando des Stambachs; dieser griffe den Feind mit guter Ueber-
legung und Bafinee an, dass der Feind allda keinen geringen Verlust
zu zehlen gehabt, dann er machte, als wpUte er mit yerhängtem
Zügel auf das mitlere Treffen lossgehen, allein die anderen waren
gleich in der feindlichen Flanque, machten auch solchen Effect, dass
sie nichts mehr yerlangten, zugleich aber der Feind hiedurch gesehen,
dass ein jeder Flügel yon uns mit einer tapferen Seele yersehen wäre
und diese Unternehmung des Stambachs brachte auch yielen Bespect
unter die Feinde, dann er General machte sodann Mine, als ynuiii er
noch oftermahlen gedächte sie zu attaquiren, wie er sie auch noch*
mahlen angriffe zu des Feindes nicht kleinem Schaden. Der König
suchte mit allem deme es zu erzwingen, setzte also das 6. mahl an
Zur Geschichte des siebei^jähiigen Krieges. 398
ans« wir avancirten aber auf sie dergestallteii und feuerten aus grob
and kleinem Gewehr, auf jene Artb, dass man diese letzte feindliche
Unternehmung schon f&r eine kleine Betirade anzusehen hatte. Das
Bottaische Begiment ohngeachtet, das schon bis % Stunden sich ver-
schossen gehabt, yerbliebe es dannoch mit aufgepflanzten Bajonetten
fest stehen, dann die Leuthe feuerten ehehin so r^ulair und mit
solchem Nutzen durch die Tapferkeit ihres rühmlichen Obristen, dass
er sich bey uns insgesammt ein grosses Lob erfochten und leget so-
wohl seiner Eayserin als uns vor Augen, dass die Person und ein
grosser Kopf nicht nöthig ist, um wichtige Sache auszuf&hren. Er
hat sich anietzo Ansehen genug erworben und wann die Welt so
verständigt seyn würde, gleich wie wir es munter angesehen, so hafte
hievor, dass er sowohl bey Sr. Majestät als bey allen gross passiren
muss.
Er hielte den Feind nicht allein, wie erst berührt, mit auf-
gepflanzten Bajonetten so lange Zeit auf, sondern avandrte mit uns
bis zum Schluss. Also die Feinde, wie sie sahen, dass uns der Wahl-
platz mit gottlicher Gnade und mit unserer Standhaftigkeit zu Theil
wurde, haben sie nochmahlen ansetzen wollen, allein da ginge alles
mit noch grösserer Begierde in dieselben, der Nadasti schnitte ihnen
in wehrend dieser Betirade oder Action, vor was es damahlen anzu-
sehen wäre, 4000 Mann ab mit einem Theil seiner Unterhabenden,
diese retirirten sich von ohngefehr in ein Thal, allein die Croaten
und einige Grenadiers waren mit ihren geschwinden Füssen an denen
Anhohen, hatten auch gleich 8 leichte Stück oben. Weilen sie damit
beschafftiget waren, sähe man sie bis über den Hals im Wasser stehen,
wie von mir schon gemeldet wurde. Unsere Croaten vollzohen ihre
Dienste auf das höchste und werden sie auch lebenslang unter die
erste Militär-Brüder mit unseren Grenadiers zehlen. Diese Leuthe
stunden wie eine gemauerte Säule vom Anfang bis zum Ende dieses
Treffens sowohl auf unserer, als Nadasti Seite; der Feind richtete die
Canons besonders auf dieselben und setzte abermahlen mit grosstem
Gewalt auf sie, doch sähe sie der Feind nicht weichen, wohl aber
dies, dass sie machten unsere Gegner auf die Fersen treten. Diese
Grenadiers und Croaten nahmen den Feinden 12 Canonen unter
wehrender Action ab und der Sincere und ich, wie wir es vernommen,
unterstützten jene mit mehiftren Begimentem, hingegen wie sie ge-
sehen, dass das avanciren wahrhaftig und der Ernst einverstanden
seye, sie auch selbsten unter eins wahrgenommen, dass des Feindes
Betirade einer vollkommenen Confusion gläichete, da giengen sie
darein, dass der Würkung ihrer Säbel alles weichen musste; viele
394 Mayer.
Deserteurs und eine Menge, die das Gewehr von sich warfen, mossten
ihrem Feuer und Schwerdt unterliegen ; wenn nicht unserer Seite aUe
ExajBFte waren angewendet worden, würde man von einem noch
grösseren Blut-Baad zu sprechen haben, wie auch der Nadasti selbigen
Abend und des anderen Tages mehr denn 2000 Todte und Blessirte
machte. Die Artilleristen feuerten mit besonderer Distinction und
solchergestalten, dass der König wegen deme bey seiner 5. und 6.
Attaque unter gewaltsamen Fluchen und nicht erlaubtem Antrieb
seine Mannschaffb abermahlen dahin brachte, wohin er wollte. Der
General Feuerstein gäbe Feuer genug von sich und werden die
Preussen nicht so leichterdings dessen Nahmen in die Vergessenheit
bringen, besonders von denen Anhöhen richtete er yiele 100 Feinde
zu Grunde.
Biss 6 ühr wäre dieses 6 stündige Gefecht von Consequenz, da
hatten wir es in der That schwer, es wäre auch seine Meynung,
diesen vollkommen übern Hauffen zu werfen, allein er fand auf allen
Seiten seine Gedanken yerrathen und dessen eilfertige Kriegs-Künste
von unseren über den Hauffen geworffen. Was machte aber, dass
er von seinen Unternehmungen keinen Buhm und Yortheil erhielte?
Dies dass der allmögende Gott den Commandirenden unterstützte und
anbey machte, dass von Generalen an biss herunter sie ihre Dienste
auf die höchste Schuldigkeit setzten; die grösste Gnade aber ist von
dem lieben Himmels-Gott, dass er uns die Standhafügkeit mit der
Aushaltungszeit verliehe und dieses letztere schlachtete den Feind voll-
kommen; wir erhielten fast alle seine Blessirte, wie nicht minder
schon im vorigen gemeldet worden.
Von Todten und Blessirten unserer als Feindes Seite will eben*-
felis auf letzt gehorsamsten Bericht mich bezogen haben ausser bis
heutigen Dato, das verstehet sich mit dem Nadasti und was noch
taglich bis anhero geblieben. Als an Todten, Verwundeten, Pri-
sonneurs und Ueberlauffer zehlen wir 28,967 Köpfe, obwohlen iSg-
lieh 30 und 40 Deserteurs annoch zu sehen sind. Doch muss jener
Kiel seine fernere Dienstbarkeit Hochdenenselben noch ein mehreies
ausweisen, dass wir in der zwar kurtz daurenden Verfolgung die
vollkommene Ordnung beybehalten; obwohlen die Deseriptioix von
den Grenadiers und Groaten einen Schein in der Verfolgung ilues
Gegentheils confus von sich geworffen, so haben sie aber mit be-
lobenswürdiger Ordnung ihre Sache aufgeftlhret, ohngeachtet dass sie
in vollkommenem Grimm agirten, wie auch diese alleinig biss 800
Todte und Beschädigte überkommeten.
Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges. 395
Nebst dem General Treskow, wo schon Meldung beschehen, er-
liielten wir eben den General-Major Fannowiz gefangen ; anbey fielen
xuis in die Hände 182 Stabs- und OberofBciers, das ist aber jener
Begriff, weilen wir an jenem Tage nur 120, des andern Tags 10 Uhr
frühe wurden von dem Yollkommenen Nadasti 12 deren überbracht,
die Fahnen, wie bekannt, und 45 Stücke, nebstbey viele Munitions-
Earren und Feuer- Werks-Eösten wir hierdurch erhielten. Unserer
Seits ist todt der General-Feld-Marschall-Lieutenant Baron von Lüzow,
unter den Verwundeten der Feld-Marschall-Lieutenant Welwarth und
auch der andere General-Major Lobkowiz, nicht weniger der Wolf,
die übrigen sind in meinem vorigen richtig eingezeichnet worden.
Der Feind zohe sich mit einem Theil auf Niemburg, der Bevern hin-
gegen auf Böhmisch-Brodt, ein Theil aber wie der andere in grosster
Confiision und grossen Schritten sich dahin gemacht, dabey der Nadasti
den Profit nicht aus Händen liesse; übrigens haben wir das vorige
Lager bezogen und dem allerhöchsten Schöpfer, gleich wie es be-
kannt, unseren demüthigen Dank abgeleget. Nun sollte meine Sinnen
anstrengen, damit sonderlich ihre Lobsprüche darthue, allein wann
ich schreibe, der Dann verdient dieses mit dem Nadasti, was ohnehin
von mir überbriefet worden oder ich will dieselben mit noch mehreren
Ausdrfickungen belobter wissen, also kurtz ich sage, sie haben ihre
äusserste Devoir mit Tapferkeit und Vemunfft praestiret, das weitere
solle einer geschickten Feder überlassen seyn. Dass der Hertzog von
Würtemberg das Feuer nicht gescheuet und der russische General-Major
Graf Ton Zernichef sich gleich einem unsrigen Generalen gebrauchen
lassen und einen solchen Eyfer und Vemunfft gezeiget, dass man
gesehen, dass er nicht die erste Probe seiner Eriiegs-Dienste allda
abgeleget, ingleichen die sächsischen Trouppen, welche in balden nicht
unter die Zahl deren glorieusen gesetzet hätte, haben sich vollkommen
distinguiret und einige Fahnen erobert Der Plan wird E. F. das
weitere zu geben haben, wie die Begimenter stunden, weilen aber die
gleichgenannten Regimenter Ihnen zu benennen habe, wie sie ge-
litten, so sollen dieselben nachgesetzet werden :
In&nterie : Am stärcksten litte das Regiment Puebla, Haller, Neuperg,
Botta, Ligne undGaissruck und diese hielten das Feuer vollkommen aus,
weniger aber Ertzherzog Earl, Molck, Salm, Baaden, Platz, Stamberg,
Axzberg und endlich auch de los Rios ; die aber fast nichts zu leiden
hatten, waren Harrach, Dann, Mercy, Sachsen, Gotha und Ahremberg.
Dragoner: Am stärcksten Savoye und Würtemberg, Ligne, Kol-
lo wrath und Porporati, aber nicht so starck wie erstere zwey; die
wenigem Darmstadt, Sachsen Gotha und neu Modena,
396 Mayer.
Cuirassier: Ealckreiter yerlohre am meisten, sodann Pirckenfeld,
Schmerzing, Serbelloni und Portagall; die aber am wenigsten Ter*
lohren, sind Modena, Oelliay und OdonelL
Zum Beschluss muss sagen, wann die gantze Gavallerie mit der
Infanterie ein gleiches gemacht hätte, würden wir ein geschwinderes
Ende erzwungen und des Feindes Verlust würde sich noch hoher be-
lauffen haben, doch aufrichtig hievon zu schreiben, so ist der ehrliche
Soldat zu Pferd gewiss kein ürsacher, denn wann sich die Pferde so
geschwind zu dem Dienst gebrauchen liessen gleich den Dragonern,
so wäre es eine andere Sache. Ich sähe es anselbsten, wie das Centmm
der Armee commandirte, was diese neu angerittenen Bestien mit dem
Mann vollbrachten.
Den 21. erhielten wir sodann, dass Prag von dem rühmlichen
Dann untereinstens befreyet seyn und denen armen Bürgern hierdurch
ein leichtes Athemhohlen verschaffet worden mit jenem Beysatz, dass
ein Ausfall erst den 20. mit 25,000 Mann gemacht wurde; dieser
scheinet mir nicht übereilt zu seyn, weil wir den 17. in der Nacht
den hohen Conmiandirenden von dem 18., so viel nöthig, oder zu
hazardiren wäre, informirten. Es muss aber seyn, dass sie von Hind-
anschaffung der schwehren Artillerie nebst dem Abzug der meisten
Trouppen keine Eundschafft werden gehabt haben oder sie haben den
Ausgang dieser Bataille und die Folge hierauf erst erwarten wollen*
Der Eeith verbliebe mit 16,000 Mann doch zurück und so viel er
glaubte nöthig zu haben, von der geringen Artillerie bey sich be-
hielte; da er aber vernahm, dass man auf ihn angezogen käme,
mussten auch die andere bis auf 8. Stuck zurück verbleiben und 3
zwölfpfündige Canonen liesse er in der letzten Batterie stehen, mithin
griffen sie ihn Keuth in seinem Betranchement an und zwar mit be-
sonderer Tapferkeit, dass sie den Feind aller Orten heraus delogirten.
Er feindlicher General aber zohe sich eilfertig mit Zurücklassung
800 Todte und bis 1100 Blessirte, wie sie mir sagten, zurück. Sie
stellten sich Anfangs in tapfere Gegenwehr, weilen aber die Croaten
ihre Yerschantzungen mit ihrer angewöhnten Bravour überstiegen und
die Feinde mit den aufgepflanzten Bajonetten erbarmungswürdig über
den Hauffen stiessen, so dass die Preussen durch dies so viel Ter-
wundete überkamen. Der Feind zohe sich in guter Ordnung und
vorwärts gemachten Bataillon quarrt zurück, dass ihme kein weiteres
anzubringen wäre, doch liesse er bis 1000 Verwundete, die in dem
Spital lagen, zurück und 783 Köpfe mussten sich ohne weiteren, so
in dem Stern des Thier-Gartens gelegen, an uns ergeben, wann aber
die Croaten und Grenadiers eine mehrere Gnade hätten wiederfahren
Znr Geschichte des siebenjährigen Krieges. 397
lassen, würde die Anzahl derer Prisonniers höher gestiegen seyn.
Der Obrist Laudon hatte den Feind weiters zu verfolgen, der auch
379 Ge£EUigene mit 5 Officiers einschickte und mit einem eroberten
Oeschwindstücke, wie auch sodann in Prag 600 Deserteurs anlangten,
wo deren sowohl dahin als zu unserer Armee noch immer viel ein-
treffen; die kohe Generalität in Prag wäre voller Muth, wie sie auch
in den letzten Tagen darinnen sich wohl zu divertiren wussten.
Den 23. musste mit dem General-Feld-Marschall Daun nacher
Prag, aber wie fände ich allda unseren Freund?^) Dergestalten, dass
wir beede lange zu keiner Bede kommen kunnten. Wir verstunden
einander dannoch gar zu gut. Da wir aber zu einer Sprache ge-
langten, sprachen wir dies, was folgen solle in meinem Particulair-
Schreiben. Hieran darf ich nicht gedenken, was machte ihm die
ewige Buhe suchen ? Seine vorige ünpässlichkeit und seine doppelte
Wunde. Ich kann ohnmoglich ietzo meine Feder in Schranken er-
halten. Wer hat ihme Ausstellung gemacht, der niemahlen anselbsten
fähig wäre, eines von seinem geringsten Commando in solchem Form
auszufahren? Jene waren es, die die Eriegs-Schule auf ein solches
niemahlen bringen konnten und viele waren hiebey, die keine Bataillen
wissen auszuführen, von denen anderen, die nicht Begrif haben, was
der Kriegsmann unter dem Harnisch auszuführen und unter der
Pickelhaube zu begreiffen hat, die sind nur unter die Dummen zu
rechnen; was niemahlen erlernet, wäre mir niemahlen beygefallen,
dass ich mich einer Ausstellung hazardiret hätte. Wahrer Gott ! wäre
es allen so bekannt, wie es mir allzugewiss wissend ist, ach wie
würden sich viele der seh wehren Yerantworttung entzogen haben;
nur noch wenige Stunden gewartet, sodann können sie auf den ent-
seelten Körper hinaufwältzen , was sie wollen. Die Seele hingegen
wird der barmhertzige Gott gantz sicher unter äeinen Schutz nehmen,
dann sage nochmahlen, wie schon geschrieben, er war in seinem
Leben ein gerechter Mann und ich trette nach seinem Todt auf jene
Bohne auf und will statt dessen anfragen und beantworten; weilen
mir sein gerechtes Thun, tapferes Herze und verständiger Kopf wohl
bekannt wäre, dann mit verstrickten Händen werde einen halb ^der
gar nicht vermögend sein zu beschädigen, kurtz er wäre auf dieser
Welt (weilen ich ihn für todt ansehe) ein vollkommenes Licht, wel-
ches jederzeit fQr die Majestäten aufrecht gebrannt Verzeihen Sie,
wann zu viel sollte das Papier wegen schon halb erblichenen Freund
besch wehret haben, sondern Sie müssen selbsten Zeuge seyn und habe
<) Gemeint ist der verwundete FM. Browne.
ä98 Mayer,
mit yielen anderen desselben Dienste in Srfahmng gebracht, dahere
Sie eben es mit mir unter einem Blatt zu unterzeichnen haben, dass
er ein grosser Soldat wäre.
Der Dann beredete sich nur wenig mit dem hohen Comman-
direnden und verfügte sich ohne Verweilen zu diesem Freund* Er
fiele auf ihn und umfasste denselben; wie er diesen grossen Mann
auf jene mitleidige Art antraffe und er Dann Ton ihm aufstünde,
muste sein Uniform Zeuge seyn von denen Thränen, die hierauf
stundexL Hingegen sagte ihm der halbentseelte Oeneral mit matter
Stimme wenig und wäre doch vieles gesprochen und mit solchem
Wehethun verliessen wir ihn.
Ich werde Hochdenenselben von seinem Tode nichts mehr meldeOf
ich weiss meine Empfindung, ja ich weiche ab von ihm und melde,
dass heute oder morgen, weiss selbsten nicht, wie zu schreiben habe,
44.000 Mann Infanterie und 4000 Cavallerie, worunter 1000 Hussarea
verstanden sind, nacher Böhmisch-Brod marchiren werden. Wie die
Commando ausfallen, weiss ich nicht, das weiss ich aber, dass wann
man dem Dann seine Denckungs-Arth lasset, so werden wir, vermög
seinen künftigen Vorkehrungen, die er theils schon gemachet und in
Hinkunfft veranstalten will, mit der göttlichen Gnade weiters reussiren.
Die Feder will nicht mahr die Gleisse halten und das weitere wegen
Menge des dermahligen mich auf das Künftige weisen, damit in nach-
folgenden die Gelegenheit überkomme gegen Hochdenselben hierdurch
meine Dienerschaft neuerdings in Dero Gütigkeit setzen könne.
IL
Zum Büokaug der Preussen aus Böhmen.
In drei Hauptcelonnen suchten die Preussen die Grenzen Böhmens
zu gewinnen: die eine unter Marschall Eeith zog, nachdem sie die
Verschanzungen auf dem Weissen Berge hatte aufgeben müssen, nach
Welwam, gieng bei Budin über die Eger und setzte sich beiLobositz
fest^^^ anderen Elbeufer, bei Leitmeritz, hatte sich ein anderes
preussisches Corps gelagert, bei welchem sich auch König Friedrich
befand. Dieses Corps wurde fortwährend durch einzelne Abtheilungen
verstärkt, die über Melnik heranrückten. Nach und nach fanden sich
in Leitmeritz 30,000 Mann zusammen. Eine dritte Colonne, bei wel-
cher sich der Prinz von Preussen, der Herzog von Bevern und Fürst
Moriz von Dessau befanden, verschanzte sich bei Jung-Bunzlau, rfickte
aber, da das österreichische Üauptheer unter dem Prinzen Karl and
Daun heranzog, weiter nach Hirschberg und setzte sich endlich in
Böhmisch-Leipa fesi Zu gleicher Zeit wurde das Stadtchen
2ar Gescbiclite des siebeigäimgen Krieges. 399
(iabel von 7000 Preossen besetzt, um die Verbindang dieser dritten
Heercolonne mit der Lausitz herzustellen.
Keine dieser drei Colonnen vollzog iliren Bückmarsch unbelästigt.
Die Truppen der Obersten Laudon und Eötvös, der Generale Na-
dasdy, Morocz, Baboczay und Beck waren fortwährend im Eounpfe,
bald mit der Vorhut, bald mit dem Nachtrabe; sie thaten dem Feinde
starken Abbruch, nahmen ihm Heergeräthe, Munition und Lebens-
mittel in grosser Menge ab oder yemichteten dieselben. Aber zu
einem Hauptschlage gegen den retirirenden Feind, den man sehnlichst
wünschte, kam es nicht Vorwürfe gegen die österreichische Heeres-
leitung wurden yiel&ch laut Bezüglich derselben sagt General Wied
in seiner Belation über die Zeit vom 14. bis zum 28. Juli. » Weiters
yemahme, dass die österreichischen Staaten sehr übel vor uns postiret
seynd und halten es auch die Meisten mit unserem grössten Theile,
dass es allezeit soll geraufPet seyn, indeme ich anselbsten Briefe er-
hielte, dass man spricht, wie leicht dem Feinde das Auamarschiren
ohne Schaden zu gestatten kommete ; man hat sich Tersprochen, dass
von denen drei feindlichen separirten Armeen eine sicher yon uns
geschlagen oder gar von uns aufgehoben seyn sollte und dergleichen. '
Der Inhalt seiner Belationen, sagt er, sei der beste Beweis dafür,
dass der Bückmarsch der Preussen keineswegs so leicht vor sich gehe,
wie man in Wien meine und dafür, «dass wir nicht mit ofiEenen Augen
geschlafen haben gleich deneil Hasen. " Bezüglich der Gefeuigennahme
eines preussischen Corps macht er nur die Bemerkung : «Wannzwey
eins wäre, so würde es so seyn.* >
Seine Beschreibung der damaligen Vorgange beginnt General
Wied mit einer Unternehmung des .geschicktesten* Generab Na-
dasdy, über welche letzterer am 13. Juli einen Bericht in das Haupt-
quartier schickte. Nadasdy, welcher selbständig gegen Leitmeriiz zu
operiren hatte, stand am 10. Juli zu Gastorf. Eine Viertelstunde Ton
Leitmeritz entfernt hatte der Feind drei starke Vorposten ausgestellt
Dies hatte, wie Nadasdy erfuhr, die Bedeutung, das Fouragiren zu
erleichtem. «Darauf beordert derselbe zwischen 7 und 8 Uhr Abends
600 Husaren, auf dieselben liesse er auch 2000 Croaten, worunter
6 Gbrenadier-Compagnien waren, mit noch 5 Escadrons Dragoners
▼on weitem nachrücken, weilen er sich als ein solcher erfiihrner
Eriegsmann hat können beyfallen lassen, dass man diese gleich von
der feindlichen Armee unterstützen werde. Unsere Husaren griffen
sie noble an und die Fouragierer gingen noch nobler durch, un-
geachtet, dass sie gleich in ihrer Lucken anwiederum seyn kunten,
zademe auch die drei Fostirungen 800 Mann ausmachten, unter diesen
400 Mayer.
waren 600 Husaren und 200 Dragoner, hierw^n setzten sie sich
stark; doch die von denen unsngen auf die feindlichen Husaren
kamen, die reusairten in Bälden, die aber auf die Dragoner and 100
flüchtige Beuter trafen, die wollten ein schwehres haben; hingegen
zu einer geschickten Zeit marchirten die 150 Garlstadter Husaren und
die Dragoner folgten denenselben so viel möglich nach ; allein der
Nadasdy konnte diese Leute nicht genug in seinem Berichte rühmen,
dann er meldete darinnen, dass diese Mannschafk mit solcher Tapfer-
keit und Grimm eingebrochen unter obbesagte feindliche Dragoner,
dass sie alsogleich zu wanken anfingen; wie sie aber mit ihrem Höllen-
Schwerdt nicht abliessen einzuhauen und also zwar, dass einige Ton
ihnen solche Hiebe auf ihre Gegner f&hreten, dass man sehr vielen
die Brüste zerspaltet gesehen ; wie also unser Gegentheil diese croatische
Wuth ze empfinden gehabt, da ginge alles hierauf in grosster Con-
fusion durch. Weilen aber ihnen 1500 Mann Grenadiers und 900
Mann Dragoner und Husaren zu Hülf kommen, diese aber der Eyfer
zu weit von dem Lager abgehen machen, da machten es unsere Gre-
nadiers und Croaten zu Fuss ebenso. Der ehrliche Nadasdy, der mit
noch 3000 Mann selbsten nachfolgete, die Cavallerie gleich vollen
Callop avanciren liesse dergestalten, dass sich erst gesagtes Commando
fast umrungen sähe, mithin die Preussen zwar ein entsetzliches Feuer
mit dem schlechtesten Efiect machten und ihre Betirade hierauf noch
starker anzusehen wäre. Die Infanterie käme an einen Graben und
da dieses die Groaten ersahen, dass einige herunter stürtzten, waren
sie wie der Blitz unter denenselben mit denen Bajonettern, dass auch
80 davon hinunter mussten. Unsere Cavallerie brachte, dass die ihrige
das andertemahl die Flucht zu suchen hatte und so wurde InfEmterie
als Cavallerie in das Lager gejaget, welches mit so geschwinder Ge-
schäffidgkeit von mir aus beschahe, so seynd die eigene Worte meines
Bruders, dass der Feind keinen weiteren Lust zeigte, sie weitershin
zu secundiren noch weniger mich zu verfolgen.*^ Der Verlust der
Oesterreicher betrug 65 Mann an Todten und Verwundeten, die
Preussen hatten 183 Todte und 23 Mann mussten sich gefangen geben.
Dann widmet General Wied der Unternehmung gegen (}abel eine
eingehende Besprechung. Die Preussen hatten vor diesem Orte starke
Verschanzungen aufgeworfen und zu dieser Arbeit nicht allein die
Bewohner des Stadtchens, sondern auch die Bauern der Umgebang
sehr stark in Anspruch genommen. Der Plan, den Feind aus Gabel
zu vertreiben und so die Verbindung des Prinzen von Preussen mit
der Lausitz zu unterbrechen, gieng vom Feldmarschall Dann aus;
dieser eröffiiete seine Gedanken dem Prinzen Karl, welcher dagegen
2ar Geschickte des aiebeigälirigen Kriegt 40l
nur das Bedenken hatte, .dass wann man nach Gabel zorQcke, der
Feind ohne angegriffen zu werden entwischen konnte*; aber dieser
Einwurf wurde .kurz beantwortet und mit deme abgelehnt, dass die
Betirade des Feindes gar gerne einzugestehen ist, wasmassen unsere
böhmische Lande bisher ohnehin grosse Stösse erhalten haben, ausser
dass man die Schuldigkeit mit deme auf das höchste treibe, damit
.man diese Zurückziehung ihnen auf das schwehreste mache, aber auch
diese Unternehmung den feindlichen Marche auf das höchste be-
sch wehren muss.'
Die Ausffthnmg des Unternehmens wurde nicht ohne einigen
Widerspruch dem Oeneral Maquire anyertraut, dem , zwölf Grenadier-
Comipagnien, 1500 Fuseliers, worunter 800 Groaten mit ihren Gre-
nadiers und 500 Pferde nebst 28 zu 3, 6 und 12pf&ndigen Canons'
zugewiesen wurden. Zugleich musste Beck sich Beichstadt. nahem,
Morocz sollte ebenfalls vorrücken, Haddick gegen Mückenhan ziehen
and der Herzog von Ahrenberg hatte ein Beseryecorps zu befehligen,
mit dem er gegen Wartenberg rücken sollte. Vor Gabel fbrmirte
Maquire seine Truppen in zwei Treffen, yon denen er eins selbst com-
mandirte, während das andere dem Generalfeldwachtmeister von Wil-
fenblied unterstellt wurde. Die Preussen zogen sich in die Stadt
zurück, aber ein nachB.-Leipa bestimmter Lebensmitteltransport konnte
nieht rasch genug in die Stadt zurückgezogen werden; die Stück-
knechte schnitten die Stränge durch und ritten mit den Pferden in
die Stadt, die bepackten Wägen den Oesterreichern überlassend.
Maquire hielt sich nicht mit der Aufwerfung von Schanzen auf,
sondern schritt sofort zum Sturm, wie er denn nach Wieds Ver-
sicherung ein , von Natur ernsthafter, tapferer Mann war, wie es auf
seiner Stirne aufgezeichneter zu sehen ist" Der Artillerie-Major
Feldeck hatte seine Kanonen bald in vortheilhafter Weise aufgestellt
und ,thate auch seine Schuldigkeit mit ausnehmender Bravour, denn
er feuerte, gleich als wenn er die Hölle vorzustellen hätta' Sechs
Grenadier-Gompi^nien führte dann der Christ- Wachtmeister vom Har-
rach'schen Begiment^) zum Sturm gegen das eine Thor. Das Feuer
der Belagerten wüthete heftig in der unerschrockenen Schaar; es
gelang ;ihr auch, das erste Thor einzustürmen, aber das zweite hinter
demselben befindliche Thor ward so energisch vertheidigt, dass die
Angreifer, als es ihnen an Munition gebrach, wieder abzogen; sie
hatten 120 Todte und 187 Verwundete. «Ehe Maquire aber diese
>) Der Name ist nicht erwähnt. Huschberg S. 171 neuit als Führer den
M^joT von NonnanxL.
llittlwUliiiiva TU, 8«-
402 Mayer.
Truppen zurQckzohe, machte derselbe noch auf zweien Seiten AUarme
und stellete sich an, als wollte der Maquire mit Gewalt einen Hafarde
begehen, damit er an das Thor mit wenigerm Yerlust nochmahlen
kommen kunte, allein sie (die Preussen) verblieben mit ihrer For^
gleich wie vorhero allda und liessen wenig Minuten ihrem großen
und kleinen Gewehr eine Buhe."
Wenn auch dieser Angriff abgeschlagen wurde, so sah der Com-
mandant von Gabel, General-Major Ton Puttkammer, doch die Un-
möglichkeit ein, den Ort länger zu halten. Die Gapitulation eidihlt
Wied folgendermasaen : , unser ausbindiger und ohne von einer Gaprice
eingenommener erfifthmer Dann schickte ihme Ahrenberg die sekSx&te
Ordre zu, dass er sich auf das eilfertigste dem Maquire sa nahem
habe, der Beck solle die Höhe und Vorposten bei Printz^) und Wolten(?)
besetzen, damit man sicher stehe wegen Böhmisch-Leippa und ein
dergleichen Befehl erhielte der Morocz. Wie also der feindliche Gteneral
ersidie, dass er sich mit keiner weitem Hülf flatiren darff^ so oflbrirte
er die anschlüssige Gapitulation. Weilen aber der Maquire nieht alle
Punkten einzusehen vermögend wäre, so wurde dieselbe uns (in daä
Hauptquartier) zugeschicket, aber ohne diese au&uhalten, weilen hin-
gegen er General seinen Gedanken beygeschäftet und von uns wohl
geheiseen, ausser dass man den § 7 nicht acceptirte, indeme der Gregen-
thefl anverlanget, die Officiers auf Parole frey zu stellen, wiederum
an ihn zurücklauffen lassen. Bevor das beschahe, praetendürte der
ohnedem zu spat und zu dieser Attaque nichts ausmachende Aremberg
die Gapitulation mit dem darinnen garnisonirenden Generale sa
schliessen. Der Maquire erwiedrigte ihme seinen angewohnten Ernst
mit wenigen, derselbe solle darthun, dass er das Becht habe, statt
ihme diesen Accord zu verfestigen, indeme er sowohl General-Feld-
marschall-Lieutenant, als er Ahrenberg.*
Die preussische Besatzung bestand aus vier Grenadier-Bataillons
und einer Schwadron von Werner-Husaren, im Ganzen 3260 Mann,
die sammt ihren Officieren (General-Major . Puttkanmier , ein Obrist-
Lieutenant, vier Majors, zwölf Gapitans, 15 Ober- und 22 unter-
Lieutenants) gefangen wurden. Auf österreichischer Seite waren 807
Mann theils todt, theils verwundet
Das .Hauptheer war einstweilen langsam weiter gezogen, das
Hauptquartier stand am 15. zu Hühnerwasser, am 17. in Niemea.
General Morocz hatte von Brims nach Zwickau zu ziehen; er
beorderte 500 Husaren und 600 Groaten unter dem Obersten Ujhazj
») Wohl Dorf Brima.
im Geschiclite des siebenjSlirigen Criegds. ifjii
tdraus ; diese träfen anyerseliens auf eine feindliche Abtheilung von
6W Husaren und einem Grenadier-Bataillon. Die Feinde fQklrtcfli
i?ie die Oesterreicher zwei leichte Kanonen mit sicK Es entwickelte
sich ein hitidges Gefecht. Die feindliclien Greliadiere feuern gut
und hielten den Angriff der Croaten standhaft aus, aber die feinde
liehen Husaren ergriffen bald die Flucht und liessen die Gh-enadiera
im Stich; diese Tortheidigten sich so lange, bis sie Unterstützung er-
hielten, worauf Oberst Ujhizy sich zurückzog; als ihm aber Mo^oes
mit der ganzen Macht entgegenkam, mussten sich wieder die F^-eussen
zurückziehen, wobei sie 26 Mantk und ihre zwei Kanonen einbüssten.
General Morocz « sagte in seinem Bericht, wie ihme sodann der Obrist
gemeldeiy dass er eine Unternehmung mit so besonderer Tapferkeit
von denen Croaten noch niemahlen gesehen, wo doch die öfters ge-
sagte preussische Grenadiers wie Löwen fochten; so fem aber die
Hilfstruppen nicht angekommen, so wäre dieses feindliche Fuss-Valk
von ihnen aufgerieben werden.'
Am Tage der Gapitulation von Gbbel marsehirte ein Theil dei*
bei B.-Leipa stehenden Truppen ab, am 17. Juli Abends 7 Uhr brach
daa ganze Corps unter dem Prinzen von Preussen auf und zOg t^r
Obeiübich und Langenau nach Eamnitz, stets umschwärmt von den
leichten Schaaren der Generale Haddik und Morocz, welche in dag
Hauptquartier meldeten, dass .sie ihm schon am Halse sind und
glaubten nicht gefehlet zu haben, indeme sie keine Bewegung zu
machen gehabt hätten, bis die weitere Ordre von unserem Prinzen
an ihnen gestellet würde, weilen sie ansonsten besorgeten, daes eich
dieser verdriessliche feindliche Prinz von Preussen fest setzte, dahevo
sahen sie sieh gezwungen, die Ordre etwas zu biegen. Der angenehme
Dann expedirte die zwey Hauptleuthe mit Beifügung, sie solUen defi
T&jter nicht sinken lassen und wül ihme die weitere Verfolgung
überlassen haben , sollten sie aber wegen deme beschuldigt* wer^
den, so würde er sie schon zu verantworten wissen. . , . Der Dann
verlangte schon ehe, dass Eriegsrath gehalten werde, welches duoh
vielen Ernst derselbe erzwungen, da kam eine Geburth heraus, die
man Zittau sodann tau£R;e und des Dauns seine Vorschläge müssen
dermahlw auf das genehmste gehalten werden, weUen seiue Fun«
dameata mit Quaterstein versehen waren, folgsam verbliebe ihm alles
ülior und da sähe man, dass seine Ordres ohne Aufputz den Glanz
seiner erlsmtm Kriegs^ Wissenschaft dannoch grossen Schein von sich
wttrffisti'^)- Bs galt eben Zittao. Maquire war von Gabel nordwfurtu
0 i)adurch wird die Anaiclit bestätigt, dsfls Daan zuerst den Gedanken zum
üarscbe auf Zittau .gefasst habe (Stuhr, Forschungen und Erläuterungen I, 264);
S6*
iai Majret.
gezogeUf schon am 16. Juli hatte er die Ordre erhalten, bis £ich«
graben vorzarilckenf während Morocz nach Erombach and Eratnu
kleine Posten legte und Patroullen nach Grottau, Ghsfenstein und
ÜUersdorf ausschickte. Am 18. Juli wurde dem Feldseugmeister Ton
Kheil der Auftrag ertheilt, mit einem Corps des rechten Flfigels der
grossen Armee und der bei Oabel stehenden Ayantgarde des Henogs
von Ahrenberg ohne Aufenthalt vor Zittau zu rücken. Luochesi sollte
ihm mit einem anderen Corps folgen. Es kam eben alles darauf an,
Zittau vor den Freussen zu erreichen; warum dies nicht geschehen,
erzählt Graf Wied in folgender Weise:
.Mein Eheil rückte den 18. vor, bliebe den 19. und 20. ruhig
bis AbendSf der Daun wusste nicht vor Chagrin, wie das zugehe und
was er hieraus machen sollte. Er wurde am 20. mit dem Lacheä
nacher Gabel, der eben zu ihme selbsten gesprenget käme und sich
wegen dem Verweilen des Eheils beschwehrete, invitirt, wohin wie
bekannt, der Daun schützte ünpässlichkeit Yor und f&r den anderai
redete das Aufhabende. Der mehr gesagte Daun bäte um alles, daas
ein sicherer General selbstens zu diesem FZM. sich verf&gen mochte
und ihme vorstellen machen, wie diese Verzögerung unser Ganzes
über den Hauffen werffen würde und hierdurch der Feind zu unserem
grSssten Schaden in seinem Marche reussiren müsste und sollte ea
selbsten in Consideration ziehen, was das Yor ein übles wäre Tordie
gantze Generalität, wann jener reussirte, welcher elf Marche zu machen,
wir aber nur 3 hätten. Er hätte ohnehin nur Alles eingesehen, dass
man ihme, Daun, wegen jener Entreprise kleine Torte gethan, der*
mahlen aber mit diesem Stillliegen der grosste Schaden hieraus er-
wachsen würde. Mein Eheil sähe den abgeschickten General an und
spräche: Herr General, ich bitte um etliche Minuten, damit ich mich
schrifftlich mit gar wenigen hineingesetzten Zeilen gegen meinen
Feld-Marschall verantworten könne. So schriebe er: Ich bin mit
E. Exe in allem conform, was mir mit Vernunfft durch den ab-
geschickten General N. vorgetragen wurde; hier lege die gestern frühe
erhaltene Ordre bey und diese wird mich anwiederum bey K Eza in
vorige FreundschaSt setzen, um die ich mich jederzeit bestreben werde.
Darüber erstaunte er noch weit mehrer; diese vemünfftige Feld-
Marschalls-Seele 43ahe sodann ein, warum uns der Bevem habe diesen
Vorsprung abkau£Fen können. '^
Dieser Vorgang mag als ein weiterer Beweis f&r die oft aos-
gesprochene Behauptung dienen, in der obersten Heeresleitung der
österreichischen Armee habe es an Einigkeit gefehlt Qffisnlwr hat
Kheil zuerst von Daun die Ordre erhalten, schleunigst vor Zittau zu
Zur Geschichte des nebeigährigen Krieges. 405
rficken, nachher aber yom Prinzen ron Lothringen den Befehl em-
pfimgen, stehen zu bleiben. Auch geht ans Wieds ErzShlong herror,
dass am 20. Jtili die österreichische Armee noch nicht vor Zittau
yereinigt sein konnte; dies muss erst am 21. geschehen sein. Die
preussische Vorhut unter Schmettau und Winterfeld war schon in
Zittau eingetroffen und die Hauptcolonne unter dem Prinzen Ton
Preussen und dem Herzoge von Bevem wurde erwartet.
Bezüglich des Marsches dieser Colonne ist noch folgendes zu er-
wähnen. Am 18. Juli ^) brach der Herzog von Bevem mit der Vor-
hut aus dem Lager von Eamnitz auf und zog in der Sichtung gegen
Ereibitz weiter. Am Abend desselben Tages, als der Prinz von Preussen
heranrfickte, um Bevems Lager zu beziehen, yerliess das gesammte
Heergerathe den Ort, um zwischen der Colonne Beverns und des
Prinzen von Preussen und bedeckt von einem Husaren-, zwei Gayallerie-
und yier Infanterie-Regimentern einen Nachtmarsch zu wagen. Dieser
Zug nun wurde im Dorfe Hasel von den Oesterreichem unter General
Beck überfallen, ein Ereigniss, dass nicht unbekannt war^, das aber
Oraf Wied weit ausführlicher berichtet Seine lebhafibe Erzählung
lautet:
. WeUen bey dieser Nacht die Sterne ihnen zu wenig Lichte von
sich warffen, so musste die Laternen und Fackeln den mehreren Schein
denenselben abwerffen. Dieses ersähe der dahin beorderte General
Beck und wie er abnähme, dass die Preussen den Weg über Freuden-
berg, Oberkamnitz und Hasel, welcher sehr starke Defileen hatte, ohne
auszuweichen passiren musste, setzte er sich hierwegen in dem Walde
mit denen 1000 Croaten und SclaToniern, meistens aber Warasdinem
und 300 Husaren, welche letztere der Obrist Esterhasy mit besonderem
Espris anführte und hielte allda die Zeit aus , postirte sich auf zwei
Vortheile, mit dem Esterhazy sind sie für drey anzusehen gewesen,
doch dass einer dem andern mit grosster (Schnelligkeit) secondiren
konnte. Die andern zwey Ciommandi hat der Obriste Prentano und
die Bwey Obristlieutenants Mathesen Eyiese(?), welche ihre Leuthe
wohl anführeten, wie diese vor allezeit die Eriegs-Schule* getrieben
mit Ernst und Tapferkeit. Mein scharfidnniger Beck sähe von Weiten
die flieh der Feind selbst gemachte Lichte, doch konnte er nicht ehe
an dieselben treffen, als schon im spaten Morgen, der erführe, dass
die irdischen Götter wegen ihrer gehabten Mühe, welche sie mit Be-
arbeitung des Weges biss Hasel auszustehen hatten, die Buhe auf
eine geringe Zeit sich zukommen lassen wollten, derowegm unser
<) Huacbber^ S. 172. Nach Wied am l». *) Huschberg 178.
406 Mayer.
Q6^erld dorch unsere WaldgSiter einigen diia weitere and mtlbsaxpe
Steigen hiemit erleiditerte mit deme, dass er dieselben im letzteren
Orte als sm Hasel auf drei Seiten^, wie vorhero die Austheilung be-
schalle, mit ausserordentlichem Geschrey attaquiret; der Feind ent-
rüstete sich dergestalt wegen den jähen Angriff, dass ihre Gayallerie
ohx^e viel zu bedenken durchgienge, allein sie wurden gestellet, kunten
aber yermöge Terrain nicht viel bej dieser Arbeit beytragen^ wie sie
auch das änderte Mahl nicht beaorgeten, wie ihre Brüder sich weiters
soi^tieniren werden. Es ist aber die Habilitö des Beck hieran IJrsaeh
gewesen, weilen sich aber die Sclavonier Anfangs nicht viel distin«
guirten, zu deme die preussischen zqsammengeraufften Grenadiers sie
nicht zu dem besten empfingen und mit vier Stück auf diese feuerten«
so nofachten hierauf nicht viel Wesens und glaubteA im Felde seje
mehr Sicherh^t ?or sie zu finden, allein die Warasdiner nahmen ihren
Platz, jagten die feindlichen Grenadiers dergestallten zurück, dass viele
unter die .Pferde und unter ihre eigenen bespannten Wagen kamen.
Wij3 megm General sähe, dass sich obige auf derley &l8che Schritte
setzten, nähme er sie zusammen und stellte jene auf eine' Anhöhe, die
die Natur von selbsten gegeben, damit diese auf die gestellte CaTallerie
feuerten; da thajten sie Wunder, dann sie wurffen mit ihr^ Moos-
qa^ten-Eugeln 12 und 14 über ihre Gurren ; da dieselben auf sie iui*
jpiralleten, so mussten jene Berittene ihre Caprice von weitem ändern,
d^um fielen bevor 12 und 14, so lagen sodann 20 und mehr uiid
wetilen der wohlgeübte Esterhasi auch angesprenget käme, von dem
sie. ehehin nichts gesehen, indem er Anfangs zurück gehalten hatte,
da glaubten dieselbe Gegner, wir sind noviter verstärket worden,
mithin waren jene nicht mehr zu erhalten und durch dieses sähe sich
die Infanterie auf allen Seiten angegriffen, auch würklich 354 in
wehrend diesem Treffen herüberliefen, sich gleich an uns angeschlossen
Uiid ihre Schuldigkeit recht gut machten; da glaubte ihr Conunan-
dyrßüder, dass es Zeit seye, sich auf geschwinde Füsse zu setzen. Der
Efsterhasy liesse 180 Mann sodann von seinen Husaren absitzen,
sidilo^se sich an die Warasdiner und an die benannte wiUfihiige
Prejcissen und thaten, was man von einer Infanterie immer praeten-
du'en kunte ; der gegentheilige General sähe anbey, dass die Bagage,
Mntaitien und Pontons nicht zu salviren wären, denn ^es wurde von
denea Warasdinern alles über den Hauffen geworffen, die Stränge
abgescbnittejl, die Bäder zertrümmei-t, so wäre er bedacht, wie der-
selbe wenigstens seine Infanterie salvire, auch von denen Croaten
6 Stück unbrauchbar gemacht worden, welches eben zu dem feind-
lichen Abmärsche hälfe, dann wie die öfilers gesagte Warasdiner den
Zui Geecbichte des siebenjährigen Krieges. 407
Orth beaetzet, welchen die Sclayonier yerlassen, haben sie gleich ge-
tracht, sich der Stücke za bemächtigen deigestalten, dass sie alsdann
gezwungen waren, auf allen Seiten auf einmahl den Beisaaus zu
machen, 15 Pontons-Wagen ruiniret, viele in das Qebürg gebracht;
weilen sie aber mit dieser Arbeit sich Mühe machten, käme 9 ühr
frühe einer von starkesten Succurs, allein die beste Bagage, die wir
erbeatheten, wurde mit denen Pferden nacher Falekenau gebracht,
wie er auch bey Ersehung dessen sich mit seinen Helden-Brüdern
dabin zohe. Man wollte ein und andere Wägen mitbringen, allein
die Wege versagten es ihnen und zu deme rückte auch die preusaische
Armee würklich aus, allein mit deme Überstunde es der Feinde an
jenem Tage doch nicht, sondern der Haddick setzte ihme auf die
zerrissene Uniform seiner Leuthe annoch einen respectuosen Fleck auf.
Der feindliche Verlust gehet allda auf 261 Mann gefangen, 43 Herüber-
lauffer, so viel als schon gemeldet worden, unter denen Todten aber
fiaaide sich ein Major, 3 Haupt-Leutbe und 5 Lieutenants, die Beuthe
wäre 2 Stück, die anderen vier sind dergestalten ruiniret, doch 43 von
dannen gebracht. Unser Seits blieben 72 Mann und 94 Blessirte
Des General Becks Pferd musste unter dem Leibe verlohren sein, zwey
Eauptleuthe, 6 Ober- und 2 Unter-Lieutenants verwundet.'
Die flüchtigen Preussen wurden auf ihrem weiteren Zuge noch
einmal überfallen, nämlich in der Gegend des Ealtenberges zwischen
Ereibitz und Eamnibs, welchen Berg General Haddick zu besetzen
hatte. Dieser hatte vier Bataillone, von denen zwei von den Obersten
Ried und Kleefeld commandiet wurden ; auch standen ihm acht Kanonen
zu Gebote. Haddick stellte seine Leute an drei Orten auf den An-
hohen auf lind' liess, als die Preussen am 19. zwischen 5 und 6 Uhr
Abends vorbeizogen, einen dreifachen Angriff auf diese machen. Da
aber die durch den Ueberfall zu Hasel gestörte Ordnung in ihren
Reihen wieder hergestellt war, so vertheidigten sie sich energisch«
Den weiteren Verlauf erzählt Wieds Belation also:
s Wir hatten die Anhöhe und die vertieften Wege vor uns, nach-
deme aber von der erstgesagten Anhöhe unsere Stücke unter die
Feinde mit Empfindlichkeit gespiehlet wurden, dargegen auf preussischer
Seite gälte es meistens den Bäumen und der leimigen Erde und wie
der Croat seinen Angriff machet, ist auch bekannt Derowegen käme
der Feind gleich anfanglich etwas in das Weichen und erbeuteten
hierdurch 46 Wägen mit Munition, Bagage und 184 Pferde, der Feind
brachte sich abermahl auf das eheste in wohlgeschlossener Enge, doch
die wurde wie vormahlen von denen croatischen Grenadieren zer-
trennet; denn diese brt^chen iu schönster und wohlgeschlossener Ord^
408 Mayer.
nimg in sie hinein und nahmen ihnen zwey Stftek ab. Auf denen
anderen zwey Seiten warde mit gleicher Bravoor gestritten, dassaufl
dem feindlichen Treffen 129 Mann in wehrend deme Qberliefeii; be-
greiflich wollte sich alles zur Betirade anschicken und der gegen-
theilige General wäre anselbsten confus, indeme er nicht wusste, auf
was Seiten er sich zu wenden habe, um seine Mannschafft herzusteDen.
Unter wehrend diesem kamen 6 Bataillons und secundieten ihre wan-
kenden Gammeraden. Natürlicher Weise stellten sich diese zum Laufien
gerichtete Feinde auf das Neue dar und die angekommenen machten
ein desperates Feuer, zwar nicht mit viel Schaden der ünserigen,
doch machten sie wenigstens ein erstaunliches Knallen ; unsere Croaten
hingegen feuerten so sicher, dass denen Preussen die Dennkungsarth
auf ewig benommen wurde. 2000 Brandenburger wollten es mit Ge-
walt erzwingen, um die Anhohe zu behaupten, da käme mein Klee-
feld ihnen an die Seite, brache mit dem SSbel würkUch ein und die
anderen machten ein solches Feuer, dass alles zugleich 7on ihnen
Brandenburgern den TOrigen Platz suchen mussten, aber nicht mit
wenigem Verlust; indeme aber bey uns so gefeuert wurde, dass sowohl
unsere als die abgenonmiene* feindliche Munition yerschossen wäre,
musste alsdann der Haddick auf die Zurückziehung bedacht aejn,
dann er bis Sy^ Stunde sich ohne zu erhohlen rauffte; der General
und die Christen hatten unglaubliche Mühe diese Leuthe zurück-
zubringen und da man sie endlichen auf der ToUstandigen Anhohe
hatte, musste man diese ausserordentliche die Welt ihres Gleichen
nicht habende tapfere Männer auf festem Fusse lassen. Der Feind
zohe sich, ohne viel Wesens zu machen, ebenmässig zurück und da
er vollständig entwichen, wollten sie ihre eroberte Stück mit sich
schleppen, welches die Feinde in dieser Betirade zurückliessen aus
Sorge nochmahlen Yon ihnen offiers gemeldten Croaten angegriffen
Zu werden, allein es wäre nicht möglich wegen dem Wege selbigen
Abends herauszubringen, sondern mussten bis andern Tags liegen
yerbleiben, doch den frühesten Morgen darauf wurden sie auch mit
grosser Mühe yon ihnen zurückgebracht Wir yerlohren zwey Haupt-
leuthe, 3 Lieutenants und 164 Todte, 214 Mann Blessirte, darunter
der Cbriste Bied, 4 Hauptleuthe und ein Lieutenant leicht yerwundel
Vom Feinde hatten die Erde zu suchen 486 und Ge&ngene 185 and
herüber lieffen zusammen 423. Sträflich wäre es, wenn dieses die
Feder yor sich behielte und nicht meldete, dass in dem Einhauen ein
Feldwäbel mit 82 Mann zu tief gekommen, so dass sie nichts anders
yor sich hatten als sich zu ergeben; das wollte ihnen aber nicht in
den Eopf und wütheten unter denen Brandenburgern deigestalten.
Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges. 4 Od
dass wir allhier bey Ablesung dessen anselbsten uns hierüber meht
genugsam yerwundem kunnten, dass die Feinde einander selbsten zu-
roflten: ^Sind denn die Höllische oroatische Backers unsterblich?*
Mithin dieselbe auf das Neue mit Oewalt ansetzten, stossen und
haneten und dannoch hiebe sieh der Feldwäbel mit 13 Mann heraus
und recht k tempo, dann der ESeefeld hatte das änderte mahl theils
mit Feuer, theils mit dem Säbel den Angrif gemacht und mit diesem
eontinuirten sie noch eine Weile, bis man sie zurück heissete, dann
ausser 8 waren alle blessirt, wie der Feldwäbel einen Stoss in der
Seite und 2 Hiebe hatte Der generöse Dann liesse jedem von diesen
Männern zwey Ducaten zukommen. Der Feind machte Halte auf die
zwey mit Nachdruck versetzte Streiche.*
Am andern Tage, 20. Juli, zog Oeneral Winterfeld mit einer
starken Abtheilung denselben Weg, , und da er die Ueberbleibsel ge-
sehen, schüttelte er seinen"^ Kopf nicht wenig hierüber, liesse alles
mit nicht kleiner Mühe und Klage, um nicht etwa selbsten angegriffen
zu werden, von dannen räumen, damit denen nachfolgenden der
Marche erleichtert werde, wie auch der Prinz von Bevem anselbsten
mit der Avant-Garde Nachmittag 4 ühr aufbrache mit einem Thefle
der Bagage, welche vorwärts her zu marchiren hatte und nacher
Beterwiz (?) also zohe. Er hatte 9 ühr frühe sich zu diesem Auf-
«.^Irach resolviren wollen, allein es wurde ihme rückstellig gemacht mit
deme, dfirss die Eayserlichen noch stark postirter in vorigen Orthen
standen, derowegen verbliebe es bis obig gesagter Mittags-Ühr. *
Am folgenden Tage theilte General Beck seine Mannschaft:
100 Croaten und ebensoviele Husaren schickte er nach Georgenthal,
er selbst stellte sich mit 2000 Croaten und 500 Beitem nadi Tollen-
stein, während 200 Mann die Wege in der Nähe des Ealtenberges
zw überwachen hatten. Auf der Höhe dieses Berges stand der Oberst-
Wachtmeister O'Donell mit 300 Beitern. Den 21. passirte diese Wege
ein Zug von 400 Wägen, welche O^Donell weit in die engen Wege
einfahren liess ; dann liess er hundert seiner Beiter absitzen und einen
Angriff auf die feindliche Bedeckungsmannschaft machen, während die
übrigen Beiter unter grossem Geschrei bald da bald dort Salve gaben,
so dass die Freussen von einer weit grösseren Menge angegriffen zu
sein glaubten, als es wirklich der Fall war. Sie setzten einige Wägen
in Brand, die übrigen Hessen sie nebst 23 Todten bei ihrer eiligen
Flucht zurück.
üeber Georgenthal gelangte eine Abtheilung der Freussen nach
Bumburg ; als sie aus dieser Stadt ausgezogen waren, wurden sie von
dem Obersten Brodanowich überfallen , der drei Bataillone Croaten,
410 Mayer.
awei Grenadieroompagnien und sechs Kanonen unter sich hatte. Graf
Wied erzählt dieses Ereigniss in folgender Weise:
aDer Obriste Frodanowich . . . träfe eben auf den entwichenen
Feind, wie er bey Bomburg ausmarschirte, setzte sich gleich allen
andern zwischen bedeckte Wege und liesse den Feind einen guten
Theil anmarschiren, wie er aber sähe, dass ihn derselbe yermerUe,
brache er Obrister Anfangs nur mit einem Bataillon hervor; der
Feind machte eine Wand und feuerte auf sie. Mein Obrister wäre
findig und brachte 4 Stück an die Anhohe, mit denen er so unter
dieselben feuerte, dass man durchaus Allarm schlüge, seine weitere
lobwürdige Präsenz brachte die Feinde in grosse Gonfusion, indeme
er die Anhöhe mit denen Grenadiers und einem Bataillon besetzen
liesse, auch sogar gienge dasselbe mit grösster Bage auf die Feinde
und das dritte käme mit ihme Obristen mit zwej Stücken angesogen
aus eben diesem engen FassJ Seine rühmliche Vorsichtigkeit gehet
noch weiters: weilen dieser erstbenannte hole Weg von keinw Dauer
wäre, so dass man ihme rückwärts leicht mit der Cavallerie bej-
kommen konnte, hierwegen stellte er 400 Croaten dahin, mithin war«
der Bücken sicher fr^y. Wie der Feind auf vorige Arth anmarsdiiren
und aus dem abermahlen besagten hohlen Wege noch mehrere Troappen
anrücken sähe, auch par ha^ard 600 Husaren ebenmässig hierzu*
traffen, brachten diese unsere Gegner in Gonfusion. Die feindliche
Mannschafft, welche voraus wäre, setzte ihren Marche mit grossen und
gezwungenen Schritten fort bis auf 3000 Mann, welche den Best der
Bagage nicht zurücklassen wollten, allein unsere Groaten feuerten aus
grossem und kleinem Gewehr, dass auch diese, welche zwar ihre
Schuldigkeit auf das Höchste trieben, letztens nicht mehr Standt
hielten, sondern sie liefen und musste mancher seinen Kopf in diesem
Lauf verlohren geben. Wir erhielten also hierbey 3 Canons mit
ihren Karren, 141 Wägen, worunter 18 mit Officiers-Bagage, 112
Fferde und 183 Todte auf dem Flatz liessen, 34 wurden ge&ngen
worunter ein Hauptmann, 2 Lieutenants und herüber desertirten
102 Mann. Wir hatten hiegegen 59 todt, hierunter ein Haupt»
mann, 3 Lieutenants und 75 Blessirte. Der Obriste brachte Alles
in diesem Weg mit besonderer Eilfertigkeit, weilen einige weithere
Trouppen von dem Freussen nachmarchirten; die Husaren machten
ihnen im Nachhauen noch Mannschafft nieder, auch 12 Pro*
viant- Wägen abgenommen. Es hat denenselben aber die Zeit
noch gönnen wollen in gleiches Loch sich mit einzudringen. Der
Feind ersähe sie, nicht glaubend, dass eine grössere Force hier*
unter stecke, mithin kamen sie mit Dragoner und Husaren aaf die
Zur Geschichte des siebei^ahrigen Krieges. 411
unsorige, sie seynd aber kaum angepralle^, so sahen sie alles iQtb
und piit gross und kleinem Gewekr auf sie Feuer geben, ^dass 26 deren
gestreckter dalagen, auf dlesa sidi jene -ohne weither» um üise In-
fanterie umsahen. Der diese Trouppen^ welche auf 6000 Mann ge«;
halten wurden, cpmmandirte, ritte ihnen* entgegen« Yorstellend,* waimm
sie die Eysen mit solcher Zaghaftigheit dem Feuide zeigten; Er muas
aber den Empfang y^mommen haben, nachdem er ^eit^yon* dieaem
Weg abwiche.' Unsere Husaren kamen mit denen Batpillona Croaten
und Grenadiers hervor. Bey Ersehung jenes AuCmarsohea liesse d^r
Feind seine Infanterie Quarre machen und die Cayallerie.muste.. diese
bedecken, dahero der Obriste diesen Marche eine Weile zugesehen,
sodann seine Leuthe in Sicherheit brachte. *
Der Herzog von Beyern wurde auch noch am 20, Naehmittage
bei Sohonbom Yon den Oesterr^chern unter Oenerd Beck angei^e^
und yon drei bis zehn Uhr Nachts aufgehalten. Die^Oesterreii^er
standen in einem Walde, aus dem sie auf die Freussen' ei^ ^^Mrmefl
Feuer eröffneten; so oft diese weiter marschiren wollten, machte^ eine
Abiheilung Croaten einen Ausfall und stOrzte sich mit dem Säbel in
der Faust auf den Feind Dieser liess endlich yier GrenadierrBataiUone,
die Jager-Corps, sowie einige Dragoner und Husaren gegen die Oesterr
reicher yprradcen; aber sie richteten nichts aua, zumal die Belteor
schienen nur zu dem da zu sein, dass , man dieselben yon den Pferden
schiessen kunte.' Auch die preuasifichen Fusstruppen wurden durch
das Feuer der Croaten stark gelichtet , so dass sie sich zurückzogen«
, Alsdann ginge Alles darauf über und über, ^man käme an des Feindes
Bagage, schnitte die Strange ab, yernagelte ihnen yier Stück ; ehe es
aber auf den yöUigen preuasischen Buin ankäme, trafen 1000 Carl-;
stadter, 800 croatische Banal-Infanteristen yon Haddick ein, darauf
käme es zu dem Brechen: die Freussen spanneten die Pferd und iheils
schnitten die Stränge ab , seta^n sich' darauf, wie sich auch yiele
Grenadiers yerkrochen und alles rechts und links auf jene Arth durch-*
ginge, wie er auch mit denen Backöfen 66 Wagen zurücklassen musste.
Die Leuthe aber theUten sie untereinander und die 53 Pferde , die
eben durch die Tapferkeit uns zu Theil geworden, anhero geschicket
mit denen Ueberlauffern und 193 Prisoneurs; auch auf ^em, Platz
blieben 2Q8 Mann, dann diese wurden rein ausgezogen und gezdüet
Wie yiel Verwundete, ist zu erachten, sie hatten 4 Hauptleuthe und
7 ^eutenants yerlohren. Wir haben einen entseelten Lieutenant,
hingegen 5 Hauptleuthe und 9 Lieutenants, blessirt, unter letzteren
nur zwe;, welche sich zurückgehalten haben, denen anderen gestatten
eB ihre Wunden, dass sie den Dienst weithers prose^uiren können
412 Mayer,
und so gehet es mit den Gememen. Es sind 88 mit letzteren, allein
all diese werden ihre eigene Feldscherers seyn und 46 blieben.*
Am 20. Jnli war auch König Friedrich von Leitmeritz abgezogen,
gieng fiber die Elbe und rückte gegen Aussig. Nadasdy hatte schon
frfiher in das Hauptquartier berichtet, dass der Abmarsch beTorstehe
und gebeten, man möge ihm keine Truppen abnehmen, und ihm eine
halbe Stunde Ton seinem Lager eine Brücke über die Elbe schlagen
lassen. Dann befürwortete dieses Ansuchen »mit besonderer Belobung
seiner yemünffbigen Vorstellung, anderen aber käme es thum tot.
wie wir es nach der Hand haben in ErfSährung gebracht, ja wenn er
seine Truppen zu Mercurios hätte machen können, so würde alsdann
ein guter Effect hieraus geworden sein.* Noch einmal verlangte er
die Brücke ; wenn man sie ihm nicht machen lasse, so wisse er nicht,
wie er dem Feind „eines anbringen könne.* Er erhielt die Brücke
nicht; als daher König Friedrich über die Elbe gegangen war und
die Brücke yerbrannt hatte, war Nadasdy an der Verfolgung gehindert
Wied erzShlt: «Die Starke wurde ihm benommen, die Brücken Ter-
saget, also was wäre zu thun? Wie er noch weiters yemahm, dass
sie auf der andern Seite der Elbe sich gelagert, so liesse er Hussaren.
weilen sie mehr des Schwimmens als des Fluges kundig sind, anf
jene Art hinüberruhmen (!), damit doch der Feind sähe, dass man
ihme will Abbruch thun. * Auch schrieb er an Dann einen Briefe in
welchem er in urwüchsiger Sprache seinem ganzen Groll Ausdruck
gab. Er lautete folgender Massen: «Was helffen anietzo Ewr. Excellenz
und meine so gai gemachten Dispositionen? Bey Ihnen wurden die
Anschlage vor genehm gehalten, bey anderen musten sie zu Grunde
gerichtet werden. Wer profitiret ietzo hiervon? Der Feind und (wir)
müssen mitten in unserer Gloire ihm dannoch zum Gelachter seyn.
Wir haben viele Eisenfresser bei der dermahligen Armee und diese
Kerls können mit schwehrer Noth ein Ey verdauen. Ew. Excellenz
halten sich nur fest, ansonsten befürchte, wir gehen weit von der
Strassen ab. Ich liesse es durch einen Expressen dem Laudon melden,
dass die Bagage den 20. hier aufgebrochen seye, darauf er mir meldete,
dass er sich gleich an das Eimer Gebüi^ begeben wolle und nach
der äussersten Schuldigkeit trachte. Den Draskowiz beorderte ich
nacher Schreckenstein mit Infanterie und Cavallerie, damit er dortigen
Orth erzwinge und verstärkte untereinstens den Laudon, dann ich
glaube, dass er stets mit einer starken Mannschaft versehen sevn
muss wegen seines Espiis. Ich richtete meinen Weg nacher Tetsdien
und der Feind sich nacher Aussig. Sie werden' es wegen ererbter
Vernunft gut beissen, wissen Sie mir aber bey diesem elenden Com-
2ar Geichiolite des 8iebei\jfthrigen Krieg«. 4 IS
mando eine weitere Hülfe, so erwarte dieee mit YerlongeiL Der
Nadasti ist aufrichtig wünschend, das« es Ihnen bei Zittau besser
ergehe und Ihre Gedanken, das wahrhaffte und von Ihnen wohl-
meinende Zihl erreichen mögen, der ich bin' ^).
Wie Nadasdj gesagt hatte, zog er nach Tetschen. In dieser
Stadt standen 1000 Preussen, welche auf die Nachricht von der ^^
naherung der Oesterreicher abzogen, worauf Nadasdy die Stadt zu
seinem Hauptquartier machte. Draskovich war unterdessen gegen
Schreckenstein marschirt und hatte dort 260 Preussen zu Gefisuigenen
gemacht Von da sollte er mit dem Obersten Wela gegen Schandan
vorrücken. König Friedrich aber zog über den Nollendorfer Pass
nach Pirna.
in.
Die Brobenmg der Stadt Zittau.
Die Eroberung der Stadt Zittau hat den Oesterreichem viel Tadel
eingebracht Die Verbrennung der offenen Handels- und Gewerbstadt,
heisst es bei Schafer'), war eine Brutalitat, welche Freund und Feind
mit gleichem Abscheu yerurtheilten. Vom militärischen Gesichtspunkte
betrachtet war die Einnahme von Zittau nicht einmal des Pulvers
werth, das man dabei au%ewandt hatte, denn die Preussen waren
viel zu schwach, um zur Behauptung ihrer &st geleerten Magazine
eine Schlacht zu wagen. Da ist es jedenfalls von Bedeutung, den
Belieht eines österreichischen Generals des Hauptquartiers zu ver-
nehmen. Graf Wied schreibt:
9 Hatte man die Marche so continuiret, welche gering waren und
die Armee auf dem Fuss nachfolgen, sich aber mit denen Aufforderungen
nicht bethören lassen, so würde mein Bevem einen anderen Weg zu
suchen gehabt haben, die vollständige Garnison mit denen darinnen
hoch niedergesetzten Generalen wenigstens zu Prisoneurs gemacht
worden seyn und Zittau würde mehr verschonet geblieben seyn und
dieses ist der wahre Grundstein, welcher nicht sogleich von dannen
geschafft werden wird. Der Eeil*) käme also vor diese Stadt, liesse
68, wie seine Ordre lautet, von dem Artillerie-Obristen von Waldenau
auffordern, darauf ihme der Schmettau und Prinz von Braunschweig
0 Baiu msoht Wied die Bemerkung: »Dieser (Brief) wurde mir gegeben
xor AbsdkxifPb, damit £• F. duich dieae Haupt-Belation oder Purticulier-Sohreibeii
in allen in das wahrhafte gebracht werden* Anietso beobachten Sie an dem
PauBf wie alles auf seine Schalter hat mögen geleget werden, gut ist es, dass
dieser werthe Dann diesen Nahmen führet, dafem er aber diesen nicht trfige,
alsdann mOgte sehen, wie es mit uns sähe.* *) Geschichte des siebenjährigen
Klieges I, SC 5. *) Der schon erwähnte FZM. Karl Gustav voa KheiL
414 * ' Marer.
Mt deine. 'beantworteten, dtfss' sie gedenken, diesen Orih bis auf den
IiMstefn 'Mann Tsn rertheidij^en , weilen sie niclht änderst sprechen
knnfen, dann ohnehin wnsMen, dass der Berem noch dieser Tage
Yor ihrer Nase stehen würde. Wir sind also^^nfit dem Ganzen nach-
gerückt and haben uns zwischen Krottau und 1]lirchau gelagert; ein
Theil tmter Lnchesi nnd Ahrenberg passirte die Neiss, damit sie der
Stadt -näher kämen, wann aber der weith aussehende Dann nicht
damüf gedacht, würde zu 6abel nichts verblieben seyn; dann man
wdäte auf gar nichts reflectiren, sondern man musste über Hals und
Kopf marsehireiL, als wenn man die Zittauer Mauern mit denen yielen
Händen ttbern Häuften werffen könnte. Allein was war dies? Den
20. war der Bevem nahe oder gar hievor (wenn der General Bieck
nicht das Seinige gethan hätte) und den 21. schon um 5 Uhr Abends
von Oderwitz herrorgebrochen und sich der Stadt untereinstens ge-
nähert^, mithin) war es nicht mehr möglich, dass dieses Ton uns in
eine Hindemuss hätte können gebracht werden. Diese obigis An-
spomung ist zu qpät gewesen, man hätte vor 3 Tagen auf jene
Arth dieser Stadt so zueilen sollen und mehr denen aicheren Ge-
neralen Glauben beymeasen, als denen Obristen, H«uptleathw und
Lieutenants. Der Pohn mit dem Feuerstein sähe die Plätte aus, wo
man die Batterien aufzurichten hätte und den 22. darauf wurde der
Dann berufen, dass er mit denen anderen alles in Augenachrai nehmen
sollte« Er ertheilte aber mit Arth, wie er alles angesehen, die Ant*
wort dahin, dass er sähe, dass die ganze Attaque mit einer Yenäuin-
nuss seye yprgenommen worden und überliesse uns die Hofiiung nicht,
die Lorbeer^Cräntze einzusammeln. Femer spinch erz Der Feind hat
sein/^ Lage am besten, ohne angegriffen zu werden und sollte jener
Angriff yesi gestellt bleiben, so ist auf ihm keine Rechnung zu maehen,
dann sie soUten nur anselbsten betrachten, das Bevem sein unso^
längliches Lager, welches mit einem Angel versehen und- der sschtt
Flügel sich der Stadt anklebet und den andern stellten ihme die Beige
sicher,' die Guamison, sollten sie glauben, dass er dieselbige an sieb
gesogen, mithin dermahlen glaubte, dass niehte andern doomkka ? or-
f^iwkmim seye, als dass man noch^ eine Fontens-Brficbea über Ar
Neiss werffe, damit die Communication auf sichere Stützen gesetzt
werde; hingegen dass man sagte, er habe den General Beck im Bücken«
ist gut, wann er abmarschiret, nicht aber, dius detrsÄbe inzi &ttt
geringen Mannschafft den Feind in diesem Tortheil nicht schlage^
auch nicht firenuir , dass die Armee den feindlichen Corps Fronte
Biaohet, sondem dass man auch seboi so viel nur mSglioh, vtelches
sehr leicht thanlich ist, den ganzen ümkreiss einzuschliessen. Das
Zur GeBOhicliie des sieb^'&hrigen Erieg«e. 415
gesehakö und wurde mir alsogleich von ihme Daän all dieses anver«-
trauei Leteliclieii meldet er Feld-Marschall^ da^ man sich doch mü
so Tielen Anfforderongen nicht aufhalten mögte^ ansonsten auch dieser
Best entwischen würde. Das Letzte geschähe nicht wegen deme, weilen
man mit denen Zittauem Mitleiden trüge, wo es sodann doch in der
Tasche yerwandelt wurde und all Vorgehendes spräche er mit lädraln-
dem Munde, wie er mir aber sagte, hätte derselbe geglaubet, er müsse
Yor Galle zu Grunde g^ehen. Man erführe vonLuchesi, dass der Preues
anfiinge, den Proviant aus der Stadt tu fthren, da finge auch mein
Feuerstein an , nach seiner Gewohnheit Feuer diergestalten auf aUen
Ecken zu machen, dass man alles gleich in Brand sähe, unter dieser
Zeit wurde mehrmahlen voriger Obrister hingeschicket; darauf erhielte
er, dass der dermahlige Commandant Obrist von Diröke nicÄt vor*
mögend wäre, ohne Bevem eine Besolution zu geben. Darauf wufd^
wie vor continuiret; er musste aber nach Mittag 3 Uhr mehrmaUoi
dahin wandern und auf sein gegebenes Zeichen wurde das Thor ge*
fifhet. Er musste den Commandanten alles vorstellig maohoi, der-
selbige aber gebrauchte sich des vorigen mit Entschuldigung, dass er
noch keine Antwort von seinem Printzen erhalten, wollte man ihme
eine Stunde aushalten, ohne weiteres zu operiren, so würde er nach
Verfliessung dieser Zeit die Belation von sich geben und das ge-
stünde man ihme auch noch ein. Es erreichte also die eine halbe
Stunde ihre letzte Minute und liesse den Buf schlagen, allein weder
mündlich noch mit einem Bed-Bohr vernähme der Commandant, was
man darinnen wolle ausser, dass dieselben mehreren Proviant hatten
aas der Stadt bringen mögen. Bey Ersehung dessen wurde die Gutig-
keit in einem heft^en Zorn übertragen und der Feuerstein, deme es
ein gewünschter Handel wäre, musste der Stadt ein Ende machen.
Unter dieser Zeit sprangen über die Mauern 121 preussische Mann-
schafft, weilen sie von oben und untmi die Hitze nicht mehr erdulden
wollten und stellten sich als Deserteurs bey uns eiui es seynd aber
meistens Sachsen gewesen.
Unter all dieser Zeit zohen sich 1000 Mann zu der Bevernischea
Armee und der Obriste sollte dem Schicksal übergeben sein. End-
lichen musste der General-F.-Wachtmeister ButÜer auf das halbauf-
geschlossene Frauenthor, wohin eine Batterie gerichtet wäre, mit
In£Euaterie avanciren, hatte aber nicht viel Geüfthr und Mühe sich ein-
zudrängen und nähme die vom Feinde gutwillig zurückgetassene Mann-
schafft gefangen, wo aber hiebey die Gelassenheit derer Croaten sehr
bewundert wurde, indeme sie alles pardonirten, das ist ako das zweite
tdM* Diese bestunden in einem Major, einem Haaptmdnn, 5
416 Mayet.
uants, 2 Fähndrich und 260 Gemeine. Den Commandanten liesse
man laufen, weil er Torgabe, daas er nur w^en der weiteren Ordre
in der Stadt verbliebe, ansonsten er das Gonunando ohnedeme dem
Major würde übergeben haben, abermahlen gut Zehn Fahnen, viele
Patronen, Stückkugeln und Mehl, welches in 4809 Fässern bestände,
wurde darbey erhalten, weiters wollte man die Thore gegen den Feind
nur glatterdings schliessen ; dar wider spräche der Dann und er liesse
dasselbe verbollwerken, gegen unseren Lager bliebe alles offen, unser
Gonmumdant Printz beordrete 2 Regimenter, dass die Stadt von denen
rasenden Flammen in etwas mögte gehemmet werden, doch was man
zu Dämpfung dieser herrschaffen sollte, hat schon ehe das Feuer in
die Asche gelegt Es wäre ein Elend anzusehen, dass dieser schöne
Ort mal a propo denen Flammen zu ihrer Wuth hat können über-
geben werden, wie es auch anselbsten der Daun diese in nichts ver-
wandelte Stadt mit Schreyen und Heylen der wenigen übergebliebenen
Inwohner nicht auf die Länge ansehen und anhören konnte. Was
noch .mehr, dass der Feind die Kühnheit hatte, mit 10,000 M. In-
ÜEUiterie und Cavallerie der Stadt nachmahlen näher zu konunen; wie
man es aber unserem Feldmarschall berichtete, so meldete dieser hier-
auf, dass er glaubete, man solle nicht irrig werden und in der Po-
sition also verbleiben, ausser dass man 2 Lifanterie-Hegimenter hinter
dem alldortigen Teiche und Morast stellen solle, weilen der Feind
diesen Weg, ohne demselben auszuweichen, zu nehmen hat, mithin
zu ersehen, dass dieser feindliche Marche in Nebel beschahe; hierauf
er glaubte, dass er von uns angegriffen seyn sollte, derowegen machte
derselbe Quarrt und suchte sein voriges Lager, wie er noch den 24
in der Nacht auf brache und nacher Bauzen seinen Weg gerichtet;
er ist zwar von unserer Seite mit Mannschaft umgeben gewesen, wie
auch der A^outant von Eattler, welcher diese Charge bei dem Prinzen
von Preussen versehen, durch Irrung unter unsere Leuthe gekommen.
Wir suchten die Stadt weiters zu löschen, welche Mühe aber firucht-
loss abliefe, sondern kurtz zu reden von der Sache : diese Stadt hatte
ihre Buhe mit vielen verbrannten Seelen in der Asche gefunden.
Ob nun durch diese Unternehmung mehr dem Preussen oder
Sachsen ein Schaden zugefüget worden, das lasse anderen zu ent-
scheiden Über.*
Oraf Wied weiss demnach nichts von der Aeusserung des preussi*
sehen Commandanten Obersten Diericke, welche er gethan haben
soll, als er zur Uebergabe au%efordert wurde : « Es stehe ausser seinen
Truppen die Bürgerschaft unter den Waffen und 8000 wehrhafte
Zur Gresohiclite d^ nebexjfthrigen Krieges. 417
Banem des mnli^enden Landes befänden sich innerhalb der Mauern * ^).
Wie Graf Wied über die Einäschernng dachte, laset sich aus den
Schlussworten seiner Belation erkennen.
IV.
Das Treffen bei Moys.
Der erste Theil des Feldzuges Yom Jahre 1757 hatte glücklich
für die Preussen begonnen, aber durch die Schlacht bei EoUn waren
sie in die Defensiye gedrängt worden; der zweite Theil des Feldzuges
begann demnach glücklich ftlr die Oesterreicher, endete aber mit ihrer
Zorückdrängung aus fast allen mühsam erruqgenen Positionen.
Zu den ersten gelungenen Actionen der Oesterreicher im zweiten
Theile des Feldzuges gehört das Treffen bei dem Dorfe Moys nächst
Görlitz an der Neisse, über welches ein Bericht de» Generals Grafen
Wied ddo. , Hauptquartier Lauban vom 6. bis 12. September 1757*
in ausführlicher Weise sich ergehi Von grossem Interesse ist die
Einleitung dieser Action, welche mit den bisherigen Darstellungen
nicht ganz stimmt.
Die österreichische Hauptarmee war erst am 2. September Ton
Zittau aufgebrochen und gegen Bemstadtel und Ostriz gezogen; von
da setzte sie ihren Marsch gegen Görlitz fort, welches von der prens-
sischen Armee besetzt war. Diese commandirte der Herzog von Braun-
schweig-Bevem , denn der König Friedrich war mit einer kleinen
Abtheilung westwärts gezogen. Im Nordosten hatte Bevern zur
Deckung das Corps des Generals Winterfeld, aber dieser wurde stark
durch das Corps des österreichischen Generals Nadasdy und ein zweites
Corps, das hier zur Beserve gebildet worden war, beunruhigt
Am 3. September erhielt der Feldmarschall Dann einen Brief
de8 Generals Nadasdy, der wörtlich lautete:
, Ihro Excellenz kennen wohl meinen Eyfer, aber ich kunte mit
denen Gedanken sebr irrig seyn. Ich habe den Feind g^nau be-
obachtet und der Nadastische Wurmkopf (wie mich anietzo einige
Ton denen ünserigen nennen, wo doch nicht finde, dass von jenen
mein Gehirn wäre angegriffen worden; bey denen, die ich verstehen
will, werden jene Wurme schon alles aufgefressen haben, dero wegen
stellen sich die grosssprecherischen Kerls mit ihren leeren Köpfen
dar. Ich muss vemünfftige Wurme besitzen, denen wissend ist, dass
ich es zu meiner Kayserin und Er. Excellenz Dienste brauche; sie
hatten aber dumme, weilen sie gleich von ihnen angegriffen wurden.
i) HuBchberg 176, 180.
MittlieUaiigen VII. 27
418 Mayer,
Sie verzeihen: es gehet zu weit. Was macht es aus? Es schreibt
dies der ohnedessen bekannte Nadasti. Also zurück!) sich getrauet,
den Winterfeld aus seinem Yortheile herauszujagen. Ich wollte den
5. in der Nacht eintreffen, um meine Gedanken vollständig eröhien
zu können. Approbiren es Ew. Excellenz, gut! Die anderen werden
auch ohnedessen nicht begreiffen, sondern erlauben, ich rede meine
Mutter-Sprache mit Ihnen. Wir kennen unsere Leuthe, mithin kann es
so unternommen werden, wie von Er. Excellenz die Vorschrift za
erhalten gedenke und sehnlich hierinnen seu&e. Sie erhalten mich
noch ferners, ich werde mit aller Erdenklichkeit verbleiben etc.*
Dieser sonderbare Brief, der übrigens ganz dem Wesen des
Generals Nadasdy entspricht, veranlasste den Feldmarschall^ mit dem
obersten Commandirenden Prinzen Karl von Lothringen zu berathen,
worauf Nadasdy berufen wurde. Er traf am 5. Abends ein und schon
in der folgenden Nacht wurde Eriegsrath gehalten, an dem der Prins
von Lothringen, Daun, Nadasdy, der Herzog von Ahrenberg und
Graf Wied theilnahmen. Hier entwickelte Nadasdy seine Gedanken:
er schätze das Corps Winterfelds auf 11,000 Mann; sein Lagerstelle
ein Dreieck vor; der rechte Flügel ziehe vom Ufer der Neisse bis zu
dem Holzberg, der linke von hier über das Dorf Leopoldshain an die
Neisse zurück. Nadasdy lobte diese Aufstellung sehr. Er schlug vor,
drei Oolonnen bis zum Dorfe Euhna vorzurücken und dort den An-
griff zu beginnen. Dann entwickelte er seinen Plan bis in die kleinsten
Details und fand auch allgemeine Zustimmung.
Der Feldmarschall theilte nun mit Genehmigung des Prinzen die
verfügbaren Mannschaften in drei Golonnen. An die Spitze der ersten
hätte er gerne den Grafen Colloredo gestellt, allein dieser war eben
am 5. September mit seinem Pferde gestürzt und nicht im Stande, das
Commando zu übernehmen. Daher trat der General Herzog von Ahren-
berg f&r ihn ein, dem auch die Generale Breysach und Prinz Stol-
berg zugewiesen wurden, - während dem Marquis de Clerici zur Pflicht
gemacht wurde, diese Colonne zu unterstützen. Die zweite Colonne
commandirte der Feldmarschalllieutenant Graf Nikolaus Esterhazy, die
dritte der Graf Friedrich Wied. Die zwei Dragonerregimenter Sachsen-
Gotha und Modena und die sächsischen Chevauxleger hatten die Seiten
zu decken.
So sehr nun Daun mit dem Plane Nadasdys einverstanden war,
so war er doch, wie man weiss, ein zu vorsichtiger, ja zu ängstlicber
Feldherr, als dass er nicht zuletzt doch wieder seine Befiirchtangen
hätte äussern sollen. Nadasdy musste zugeben, dass die Sache nicht
leicht sei, aber er erklärte, er werde sich dorch nichts abschrecken
Zur Geschichte des debei^ähTigen Krieges. 419
lassen. »Besonders*, rief er, „ wenn ich mit meinen kroatisch-fUrehter-
lichen Bildern angezogen kommen und ordentlich unterstützt werde,
wie es von Er. Excellenz femer veranstaltet wurde, so ist der Winter-
feld mit der göttlichen (rnade schon in meiner Tasche." So fSgte
sich denn Dauu und der Prinz von Lothringen trat auf die Generale
Ahrenberg und Wied zu und sagte: «Meine Herren Grenerales, wir
werden ein Pulver zu riechen bekommen, dann ich werde mit Ihnen
in eigener Person dieser Affaire jenseits der Neisse g^enwärtig seyn,
damit man Eure l^apferkeit gleich in allem verfestige.' Dann aber
blieb diesseits der Neisse bei der Hauptarmee, um bei einem etwaigen
Vorstosse des Generals Bevern zur Hand zu sein. Nadaady und die
drei Golonnen brachen in der Nacht vom 6. auf den 7. September
auf und zogen vorsichtig nordwärts; voraus ritten 400 Reiter. Die
preossischen Vorposten zogen sich so schnell zurück, dass keiner ein-
geholt werden konnte. Es war Vormittags zehn Uhr, als bei den
Oesterreichem drei Ueberläufer ankamen, welche aussagten, General
Winterfeld sei vor einer Viertelstunde benachrichtigt worden, dass
ein Angriff bevorstehe. «Er machte nun", erzählt Wied, «all Er-
denkliches, was ihm eine so kurtze Zeit vergönnen wollte; allein der
Nadasti lietoe ihn zu weiteren Gegenveranstaltungen nicht kommen,
besonders da er vernommen, dass eine Verrätherey obhanden seye.
Bin Grosser sagte zu ihm: ,Ew. Excellenz, hier braucht es Nach-
denken"; dieser aber wäre mit der Antwort kurtz, weilen er ohne-
dem von Zorn eingenommen : ,, Hier hat mau nicht mehr Eriegs-Bath
za halten, sondern zu attaquiren.*^ Sodann ritte er zu dem Esterha^
und zu mir und spräche: «Brüder, verlaset mich anheute nicht'', und
so gienge der Tantz an."
Der Mittelpunkt des preussischen Lagers war der Holzberg,
welchen Winterfeld mit mehreren Geschützen, mit zwei Bataillonen
Grenadieren, ebenso vielen Füselieren und einem Husarenregimente
besetzt hatte. Dieser Holzberg also wurde angegriffen. Den Angriff
eröffiieten Breysach und Stolberg mit Grenadieren, Groaten und Sla-
voniem; auch ein Freiwilliger hatte sich angeschlossen, der franzo-
siscbe Brigadier Graf von Montazet Auf der linken Seite fbhrte
General Graf Drakovich seine Croaten gegen die feindlichen Schanzen.
Der erste Sturm hatte aber nicht den gewünschten Erfolg, denn die
SlaTonier, welche sich unter den Stürmenden befanden, wichen vor
dem f&rchterlichen Feuer, das auf sie niedergieng, zurück; Nadasdy,
der stete auf dem bedrohtesten Punkte zu sehen war, brachte sie zum
Stehen imd sprengte, allen voran, über Graben und Brustwehr; die
Grenadiere, Croaten und Slavonier drangen unaufhaltsam nach und
27*
420 Mayar. .
die vier preussischeu Bataillone, deren Tapferkeit Qraf Wied alle Ge-
rechtigkeit widerfahren lässt, wurden über die Anhohe hinabgetrieben.
Einstweilen aber hatte das Nadasdy'sche Husarenr^ment, welches
dieser General am Bache Bothwasser aufgestellt hatte, die feindliche
Beiterei zersprengt, und kam eben herbei, als die flüchtigen Yer-
theidiger der Anhöhe in der Ebene ankamen. Diese wurden nun von
den österreichischen Husaren in Empfang genommen und au%erieben,
wobei drei Fahnen erbeutet wurden. « Es verkrochen sich auch viele
von denen Feinden Selbsten unter die Hussaren und suchten als De-
serteurs bey ihnen um Schutz an.* Unterdessen waren die oster-
reichischen Grenadiere und Slavonier auf das feindliche Husarenlager
gestossen, in das sie eindrangen; «da musste der Grenadier- und
Sdavonier-Säbel blitzen, sie machten , nieder, was zu nahekäme oder
(die Feinde) mussten als Eriegs-Gefangene wenigstens unterliegen.*
Aber während die Oesterreicher, im feindlichen Lager sich zerstreuend,
fortstürmten, flihrte Winterfeld die zwei In&nterie-Begimenter Man-
teuffel und Treskow heran, welche die Grenadiere und Slavonier wieder
die Höhe hinauftrieben. In diesem Augenblicke, zur richtigen Zeit,
griff der Herzog von Ahrenberg mit seinen Bataillonen ein und aneh
einige Croaten wurden an die bedrohte Stelle beordert Die neoan-
gekommenen Oesterreicher eröffneten ein solches Feuer auf die Feinde,
dass «sie die Hölle mit ihrer Artillerie vorstellend machten*, die
Grenadiere und Slavonier ordneten sich wieder, die Croaten schloBsen
sich ihnen an und sie «feuerten und raufften dergestalten, als wann
sie erst frisch zu dieser Arbeit wären beruffen worden.« Trotsdem
standen die zwei preussischen B^^enter, ohne zu wanken. Als aber
Graf Wied mit der dritten Golonne nachrückte und die Grenadiere
und Croaten merkten, dass ihnen die Unterstützung nicht fehlen
würde, stürmten sie mit Bajonnetten und Säbeln auf die Freoseen
los, dass später preussische Gefangene aussagen konnten, sie glanbten
nicht Menschen, sondern «lauter wüthende Furien* zu sehen. Da
geschah es, dass ein österreichischer Hauptmann mit seiner Compagnie
sich zu weit vorwagte und von den Feinden umringt wurde. Dies
brachte die Croaten zur höchsten Wuth. «Die Preussen stellten sieh
mit ihren Bajonetten entg^^n, allein sie brachen doch mit ilun^a
Feuer und Säbel durchs dann dieselben schlugen die Mousquetea mit
einer Hand auf die Seite, mit der anderen wäre der Hieb schon toU-
endet und so brachen sie ein, kamen denen darinnigen su Hülfe der-
gestalten, dass vor- und rückwärts sie entseelte Cörper unter«- nnd
neben sich hatten; weilen die Grenadiers ingleiehen sich mit ein-
drungen, da hat es geheissen : Macht euch auf geschwinde Füsse and
Zur Gescliiclite des siebenjährigen Krieges. 421
wichen auch deigestalten, dass sie sich auf f&nf Seiten zertrennet
sehen mussten. Der Best von dieser Ifannschafb wird sich noch in
späten Jahren refiectiren können, was das heisst^ eine Schaar Groaten
einsperren, wenn die andern yor der Thür sind.'^ Zuerst war das
Begimeni Manteoffel gewichen, Treskow folgte nach.
Nach den Dispositionen Nadasdys hatten sich General Ealnocky
mit drei Hnsarenregimentem und der Oberst Wella mit Groaten und
SlaYoniem beim Dorfe Leopoldshain aufisustellen. Dies erwies sich
als eine gute Anordnung; denn als sich General Winterfeld, der schon
verwundet war, mit der Beiterei durch Leopoldshain hindurch auf
die österreichische Flanke werfen wollte, feuid er hier einen solchen
Widerstand, dass sich seine Leute mit Hinterlassung von 164 Todten
zur Flucht wandten. Hier empfieng Winterfeld jene tödtliche Wunde,
der er am 8. September zu Görlitz erlag.
üeberaus hartnäckig war der Widerstand, welchen die Freussen
den Oesterreichern leisteten i); schon im Weichen, machte der Feind
noch einmal den Versuch, das Verlorene wieder zu gewinnen, doch
blieb es nur bei dem Versuche ; übrigens traf eben damals der General
Sprecher mit 22 Grenadier-Gompagnien bei den Oesterreichern ein;
der Prinz von Lothringen hatte ihn gesendet, doch war seine Mit-
wirkung nicht mehr nothwendig.
Beim Abzüge hatten die Freussen ihr Lager in Brand gesteckt,
aber es gelang den Oesterreichern in kurzer Zeit des Feuers Herr zu
werden.
Während dieses Treffens machte der Herzog von Beyern einmal
einen Versuch gegen das österreichische Hauptheer unter Daun Tor-
zugehen; Wied erzählt dies mit folgenden Worten: , Unter dieser Zeit
machte mein Beyern gegen den Daun mit Infanterie und Gayallerie
yerschiedene Moyements, ja er kröche einmahl heraus und rückte
gegen Leschitz, wo allda mein nicht minderer Beck stunde und sich
gleich dem Feind genähert Er wäre kurtz in seiner Resolution und
zohe sich zurück, liesse auch meinen Generalen das yon ihme ehe-
dessen besetzte Dorf über, das er es mit seiner Mannschafft belegen
konnte. *
Die Freussen yerloren über 2000 Todte und 343 GefEUigene, unter
diesen den Grafen yon Dessau, 2 Hauptleute und 5 Lieutenants. Der
Verlust der Oesterreicher betrug 1229 Mann. Fünf Kanonen und
sieben Fahnen liessen die Geschlagenen zurück.
<) Ygl. auch das ürtheil des Prinzen de Ligne bei Thfirheim, Feldmarscliall
Carl Joeeph Fürst de ligne, Wien 1877, 8. 21.
422 Mayer.
Das Untemelimen Nadasdys war also vollsiändig geglückt, wenn
auch der Verlust der Oesterreicber ein sehr bedeutender war. Wied
ist alles Lobes voll; «Nun werden Sie mir*, schrieb er, «eingestehen,
dass mein Bruder[ein Meister-Stück begangen. Ich lasse seine BraToor
und heldenmüthige Unternehmungen in ihrem hohen Werthe, son-
dern seine Vorsehung und grosse Einsicht, diese will ich zur Sonne
bringen, denn durch seine drei Fostirungen zeigte er,- wie weit selbiger
zuvor die Attaque muss eingesehen haben.*'
Der Sieg wurde zu keiner weiteren Unternehmung benutzt Es
wäre überflüssig zu bemerken, dass die Oesterreicber im siebenjährigen
Kriege diesen Fehler ^ öfter begangen haben. Wied erzählt: «Wir
rückten in unser voriges Lager und Hessen den guten Draskovich
mit seinen gehamischten Männern zurück, doch dass er von ons
unterstützter verbliebe. Den Feind verdrösse dieser Streich, verstehe
den Bevern, dann sie machten sich lange Conto in diesem vortheil-
hafften Lager zu verbleiben, damit sie Zeit gevrinnen kunten, legeten
dieselben, auch welches nothwendig beysetzen muss, eine grosse
Bäckerey an, allein dieser Streich hat sie schon auf andere Gedanken
gebracht; sie lagen würklichen zwey Tage und zwey Nächte in dem
Oewehr und die armen gezwungenen hat es geschüttelt unter ihren
Hüthen vor lauter Hertzhaftigkeit; dann sie glaubten nichts ge-
wissereS) als dass wir diesen Sieg mit einer simplen nochmahligen
Attaque überhellen würden; allein das Uebersteigen deren Schan-
zungen, das kostet Leuthe und zwar allezeit den Kern.*
Am 9. September zog der Herzog von Bevern mit seiner Armee
von Görlitz ab, das General Beck sofort besetzte.
Aus Wieds Darstellung könnte man nur schliessen, dass der Plan
zum Ueberfall des Winterfeld^schen Lagers von General Nadaady selbst
ausgegangen ist. Sonst wird aber versichert^), dass Nadasdy die An-
regung zu seinem Plane bei dem französischen General Montazet ge-
funden habe. Keinesfalls aber dürfte man sagen'), dass Earl von
Lothringen der Urheber des Plans gewesen, der dazu von seinem Bruder,
dem Kaiser Franz und dann von Montazet angeregt worden wäre.
<) Stuhr, Foischimgezi und Erläuterungen I, 267. <) Ar&etb, ^
Bchichte Maria TheresioB Y, 227: »Zwei Tage später Hess Earl von Lothringeik
zuerst durch seinen Bruder und dann auch von Montazet dazu angeregt, diireh
den General der Cayallerie Grafen Nadasdy das preuasische Armeecorpe
(Winterfelds) angreifen.* Bei Wied heisst es einmal: »'Selben (Nadasdy) Trnrde
die Haupft- Attaque &ey -überlassen, damit er anseibeten sein Yorgeeohla^^'s
ausföhren könne.«
Zur Oeschichte des aiebenjährigen Krieges. 423
V.
BeHohte über die Brobening der Festung S^inreidnits.
In den Belationen des Grafen Wied kommen wiederholt bald
grossere, bald kürzere Mittbeilungen über die Belagerung der Festung
Schweidnitz durch die Oesterreicher vor, welche Ende September 1757
begann und am 12. November mit der Capitulation endete^). Auch
zwei Berichte des Generals Nadasdj, welcher die Belagerung leitete,
an den Feldmarschall Dann theilt Wied mit. Da sich diese Mit-
theilungen aus den umfangreichen Belationen nicht herausheben
lassen, so theile ich diesmal Wieds zwei Berichte über die Einnahme
der Festung mit. Darüber sind zwar einige specielle Nachrichten
vorhanden"); nichtsdestoweniger werden Wieds Berichte willkommen
sein, einmal weil sie von österreichischer Seite stammen, von welcher
solche Belationen noch nicht veröffentlicht wurden, und dann, weil
sie vielfach Neues bieten.
1. Lissa den 14. oder 15. November 1757' gegen Morgen.
Nachdeme meine Feder will übereilet werden, so müssen schon
annoch E. F. sich etwas in eine Dunkle führen lassen, indeme das
sichere wegen der Unmöglichkeit obwaltet, gleich «uch der Bericht
des Nadasti in seiner grössten Arbeit beschahe, so wäre auch allda
nicht viel allzugewisses zu finden. Auch in meinen vorigen habe
schon gegenwärtiges Feuer zugezunden und dermahlen haben Sie die
Helle und vollkommene Flammen zu ersehen. Den 11. Abends oder,
wie man im November schreiben darf. Nachts machte der Nadasti
sein Vorgenommenes zu Ende und die von ihm gemachten Veran-
staltungen sind die allerlobwürdigsten. Er liesse diese zweifache
Sternschantze mit 9 Grenadier-Compagnien attaquiren, gleich aber
natürlicher Weise aus obigen ein zweyfaches Commando gemacht
werden musste, so wurden beyde Commandi und ein jedes mit einer
teutschen Bataillon unterstützet; mehr hatte ein Bataillon Croaten,
die man weiss, wie sie attaquiren, eine falsche Attaque vorzunehmen,
welche Unternehmung nicht allein dieselbe tapfer ausführten, sondern
die Attaque hierdurch erleuchtert wurde ; eine andere Bataillon Croaten
stunden mitten dieses formirten Angrifs, damit der muntere Geist des
Nadasti sie in der Noth auf bejden Seiten alsogleich zu dem Angrif
bringen könne und all dieses geschähe in aller Stille; dann mein
') Vgl. Mittheil ungen des k. k. Kriegs- Archivs 1885, IL, III. Heft (Kriegs-
Chronik 8. 94). *) Vgl. Jonmal bey Belagerung der Vestnng Schweidnitz
Airno 1757 in der Zeitschrift des Vereins ftkr Geschichte und Alterihum SohlesienB
7. Bd. 57.
424 Mayer.
Freund sähe die Werker ruiniret^ und sein weiteres Einsehen brachte
ihn za nachstehender Reflexion, dass hiedurch das End-TJrtheQ der
Stadt zutheilen könne mit noch fernerem Nachsinnen, dann wann er
es zu Tages-Lichte kommen lässt, wo anietzo diese Lichte spath her-
Torschliffet, die Werker nur ein mehreres vom Feinde au^^besseret
oder gar anwiederum können halb hergestellet seyn; abo hielte er
nicht viel Kriegs-Sath, sondern schritte mit dem obigen zu dem EmsL
Die Fuseliers wollten nicht recht hieran, dann die Preussen raufften
wie wackere Soldaten sich zu defendiren hatten, zumahlen Anfangs
schiene, als wenn sie nicht von der Stelle zu bringen wären; sie
feuerten und machten ein gleiches wie die ünserigen mit denen Bajo-
nettem, besonders thaten sie starken Widerstand, welche auf der
andern Stem-Schantze des rechten Flügels sich befanden und man
würde .ein hartes gehabt haben, wenn nicht der Groaten allzugrosse
Bravour und des Nadasti scharfe Worte, auch das samtliche Wohl-
verhalten derer Officiren beygetragen hätte; allein die gleichgesagten
Groaten Hessen die obbenannte Fuseliers nicht in das Weichen kommen
ap, dass alles alsdann tapfer hat heissen können, hierwegen yerlohren
wir auch nicht wenig braye Eerls. Lassen wir alldieses auf das nach-
folgende beruhen und sage gantz kurtz, die erstere als letztere delo-
girten die Feinde mit denen Bajonetten, kehrten die Stücke um und
feuerten mit selbigen tapfer unter die Feinde. Unsere höchst rühm-
liche als auch würtembergische und bayrische Grenadiers, von jeden
eine Gompagnie besetzten die zwey Schantzen zusammen, gleidi sie
es auch anselbsten forcirten, ohngeachtet der Feind seine nichts aas-
machende Minen springen liesse, aber viel zu spät und damahlen, wo
man sie ohne unseren grossen Schaden wohl wüthen sähe. Darauf
schritte man ohne Yersäumniss allda zu der weiteren Gommunication
und mit det im yorigen Schreiben gesagten Parallelen und an jenen
überstiegenen Werken zu arbeiten an, auch das Feuer liesae mit
seinen Blitzen und Knastern nicht nach, besonders bey dem Bogen-
dorffer Thor wurde der Thurm völlig zusammen geschossen und die
meisten Werker wollten entkräftet auch keine weitere Dienste thuu;
die Nadastische Hize nähme auch nicht ab, besonders da wir an der
Stadt-Mauer unsere richtige Breche erzwungen, da musste unverweilter
die hierzu beordrete Mannschaft mit Sturmleitern laufPen. Unter
dieser Zeit schlüge der Feind stets Chamade, allein mein rafinirter
Bruder wollte sie nicht gleich hören, sondern das donnernde Geschütz
musste seinem Vorgeben nach die vom Feind gemachten traurigen
Trommelschlag nicht hören machen, damit er seinen Bogen zur
rechten Höhe spannen könnte yermög der Gapitulation, zugleich aber
Zur Gescliiclite des siebeigährigeii Krieges. 425
der Feind hierdurch den mehreren Ernst hieraus ersehen mogte. Nach-
deme wäre das Ansuchen eines Stillstandes accordiret und liesse man
endlich die erhitzte Stficke zu ihrer Kühle kommen und wurde an«-
li^^nde Gapitnlation^) geschlossen, wo der Nadasti ToUkommen heraus-
siehet Er rangirte unsere Mannschaft und liesse man ihnen noch
die letzte Freud, dass sie bis yor das Thor noch den Klang ihres
rührenden Spiels höhren und ihre 48 Fahnen auf eine gar geringe
Zeit fliehend sehen kunten, damit sie ein wie dem anderen bey so-^
thoner Ablegung das letzte Adieu auf ewig sagen kunten. Der Gom-
mandant mit seinen 3 Generalen machte mit ihnen saure Qefirisser
über ßie nicht anständige Gapitulation, allein er musste es geschehen
lassen imd sie bathen, dass man ihnen ihre eingeschränkte Winter-
Qoartiere assigniren, auch dass sie auf ihren Treu und Glauben alleinig
dahin wandern können. Der Nadasti hält die Garnison gegen 6000 M.,
die erhaltene Gassa wird sich über 300,000 fl. erstrecken, der Nadasti
aber setzet zwar die Zahl auf 355,576 fl., allein man übereilt sich
gern etc. Das Magazin lasset sich auch mit erstem brauchen, Gersten,
Habern, Mehl und derlej befindet sich drinnen, gleich wir es anietzo
erhielten, 128,158 Metzen ohne Heu und noch andere derley Historien,
164 Stück Canons, Kugeln 158,183, alle Hussaren-Pferde, eine nicht
geringe Anzahl Kartätschen-Kugeln und sofort, wie es die Specification
ohziehin ausweiset, gleich das weitere nachzusezen seyn wird. Der
Miegazzi solle das mehrere darthuen. üebrigens sind E. F. ohne
Sorge, und fiel mir in der That nicht bey, auf andere Arth zu schrei-
ben, es solle ein jedes ausgef&hret werden und sollte auch der Schlaf
mich Ton meinem Eyfer nicht abzuhalten vermögend seyn, obwohlen
es auch bey uns in balden grosse Arbeit absetzen wird.
In einer Viertelstunde habe bey dem Ejiegs-Bath zu seyn; es
^het schon wieder gut Wohin anietzo mit dem Nadasti? Einem
machet er schon zu viel, der andere hat dies beobachtet, man will
ihn hieher haben, man will, dass er auch weit weg seye, damit er
secundiren könne und endlichen die Befehle, die man anderer Orten
erhielte, bringen uns noch mehr in Schrecken und Verwirrung, allein
mein darauf folgendes wird alles an Tag legen; es wird was brauchen,
bis wir uns i^iederum verstehen können« Doch machet der aller-
grosate, der über uns alle regieret, denen müssigen Concepten seinen
Strich hierein und lasset die wohlmeynende und verständige Generals
xiicht irrig werden, zu Nutze unserer theuren Frauen, die er segnen
^tv-olle. Mein Schreiben vom 1 1. hat nicht Unrecht gehabt, so glaube
<) Diese Capitulation liegt aber nicht hei.
426 Mayer.
»
ich anietzo. Die Franzosen haben derbe Schlage bekommen^). So
gehet es, wenn man zu ehrgeitzig, und die Ehre gedenket allein bey-
^nbehalten ; auch der Hildburghansen höhlet seine Portion ab. Doch
hat die kajserliche Cavallerie sich wie wahre Helden distinguiret und
das ist genug« Zuvor (war) Berlin mit ihrer Trauer überzogen und
anietzo machten die 30 einreithende Fostillons ihr wiederum weisse
Kleider anlegen. Der Antiäng wäre in Eil und der bevorstehende
Erieg8*Bath machet mir ein gleiches Ende, doch bis zu meinem Ende
solle meine Hochachtung gegen Ihnen nicht erloschen, sondern also
devotest verharren werde.
2. Annoch Haupt-Quartier Lissa, künftig nicht also, dd. 21. No-
vember 1757.
Biss anhero hatte mein Kopf eine Kühle genossen, vor dermalen
will er schon warm empfinden, obwohlen er sich zu einer noch weit
grösseren Hiz-Empfindung anzuschicken hat, damit aber die Dienste
gegen Hochdieselben wegen dem nicht in Schlaf oder dergestalten
geschrieben werden, als ob mir geträumet hätte, so habe mich wegen
bey Tag vielen Aufgetragenen die Nacht zur Ermunterung vorbehalten
und hierzu employret, dass das Intentionirte gegen E. H. observiren
möge. Biss 14. dieses kante iqh mit allem deme nicht zur Feder
gelangen und ist recht beschehen, weilen biss daher diese Zeite ohne-
dessen keine Admiration verdienet, zumalen unserer beeden Armeen ihre
Thaten nichtes anderes als in lauter Bewegung bestunden, hingegen
was biss daher Schweidnitz betroffen, da ist ohnehin nichtes von
mir zurückgelassen worden, ohngeachtet, dass aber von 13. aus w^n
jener Vestung en particulier geschrieben, so weiss gar wohl, dass die
vollkommene Satisfaction, wann es also heissen will, eine weiÜauffige
Berührung hievon verlange. Ich werde auch gleich hiemit zu Werke
gehen und solle ein kleiner Vorgeschmack von mir gegeben werden,
was uns das künfftige gedenke wegen voUendter Arbeit des Nadasti
zuzuziehen.
Der Feind vernähme kaum, dass Schweidnitz uns zu Theil worden^
zugleich abnehmend, dass von uns hierdurch das weitere wird poussiret
werden, wie auch jene Beflexionen bey ihme Bevern im nichten ge-
fehlet ist, so glaube ichs wenigstens, worüber unser Gegner noch den
12. und 13. in der Nacht die Trouppen zusammeugezogen, auch den
14. biss auf wenige, die jenseits der Oder gestanden, an sich gebracht
brauchten auch ihre allzufrühe Wachtbarkeit, dasa alles beym Gewehr
zu verbleiben hätte. In jener Stellung verblieben sie den 15. und
I) In der Schlacht bei Rossbach, 6. November.
Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges. 427
16.; den 17. inarehirten 14 Bataillons von Nadasti bey uns^) ein, wo
ingleichen morgen die andere Infanterie nnd Gayallerie alda (wie sie
den 17. schon bey Marcksdorff gestanden), einzutreffen hatten. Drei
Hnssaren Begimenter nebst allen Groaten haben ihre Schritte den ' 18.
bias Schönborn und Loh hiemit erzwungen. Der Nadasdi ist gestern
auch nicht weit von Elettendorf mit den seinigen angelanget, welcher,
wann es annoch so verbleibet, sich an der Lohe zu sezen haL Dieser
Einmarsch und Oegenverfassung machten unserm Gegner alsogleich
Arbeit genug, dann die Schanz musten noch stärker gemacht werden.
Die Wolfsgruben wurden yermehret und man brachte jenseits der
Oder die Unterthanen so viel möglich zusammen bey 1400 M., damit
auch die an sich habenden 4 Dörfer also befestiget werden.. Kurz,
die Arbeit wurde aufs höchste getrieben, lasse man sie in der Arbeit
und unsere Comandirende hingegen auch Generals eine Weile in ihrer
Arbeit, damit man hierdurch den Yortheil auf eine Zeit eingestehe,
dass von jener Festung, welche dermahlen wieder mit dem doppelten
Adler pranget, das schuldige beybringe.
Mein letztes wäre hievon, dass man vom 10. darinn meldete,
dass Nadasti die meisten Werker ruiniret und das Bögendorfer Thor
hiemit noch stärker durchlöcherte, auch sich vor ihm an der Stadt-
Mauer eine gewünschte Breche gezeiget, so liesse er von 21 Batterien
ein solches Feuer machen, dass man aus der Stadt fast nicht mehr
schiessen kunte. Darauf forderte es Nadasti auf durch den Obrist-
Lieutenant v. Koch, der gut zu brauchen wäre; da aber des Com-
mandantens Begehren dem Nadasti nicht gefiele, wie er auch hierauf
spräche: Der Sehers') muss glauben, ich habe keine Augen und dass
er allein in die Martis-Schule gegangen, wer viel begehrt, erhält
nichts, dann seine Besolution wäre nichts mit der Belagerung, welche
schon weit kommen, einige Tage einzuhalten, des Bevem Antwort
erwarten, wäre freylich zu verwerfen ; dahero er denen Werkern und
Thor aufs stärkste zuheitzte, dass auch eine erstaunliche Confusion
darinn entstünde und die 4 Generals darinn machten viele Vorschläge,
so aber zu nichts wurden. Bey dessen Erfahrung setzte Nadasti noch
mehreres an, ohne aber biss Abends von ihm was abzunehmen, ganz
Späth eröfnete er es Ahremberg und Stolberg, sagte ihnen seine Ge^
danken völlig, mithin mussten die mit Migazzy, der sichs gefallen
liesse, das fernere veranstalten, erstlich die hierzu ernannte Mann-
schaft in gp-össter Stille zusamfmenziehen, dass es aber weniger zu
vermerken, musste man mit dem Ganoniren fortfahren. Seine Er-*
>) Nämlich in das Lager bei Breslau. *) General von Seen.
428 Mayer.
wehlimg in der Mannscliaft war nachstehende, daas nehmlich 9 6re-
nadier-Compagnien die Hanptattaque führen, doch eine yerhliebe zu-
rück, welche die 13. ausmachte, dass man selbe bey ein oder anderer
Schanze anf&hren könne; diese bestanden als eine von Harrach, Dann,
eine von Maqoire, 2 Luzan, 1 Glerici, 1 Leopold Palfy, 2 Chor-Bay-
rische, 1 Würtembergische in reserve Forgacz zu unterstützen hatten;
die 8 Angriffe Adam Bathyanische, Luzanische, Leopold Daun^sche,
Leopold Palfysche und Molckische Bataillons, Mercy Hildbarghaasen
zu machen hatten und letztlich wurde eine BatajUon Croaten also
gestellt, dass man sie recht und links brauchen kunte, wann es nicht
also forciret würde. All dieses reussirte ohne Wahrnehmung des
Feinds, obwohl ungeschickter Weiss ein früheres Zeichen gegeben
wurde, als es die Ordre des Nadasdi wäre, wurde aber Tom Feinde
nicht gemerket, übrigens gienge sein rühmliches Verfahren noch wei-
ters, dass er den Obrist Orsich, den Obrist Wela und Obrist~Lieutenant
Habianz jeder mit seiner Bataillon, ersterer bei Groiswiz, der andere
beym Galgenberg und der Obrist-Lieutenant bey Schreibendorf des-
halben dahin Posto fassen liesse, dass jeder durch eine falsche Attaque
dieses Werk poussiren solte, einige Ck)mpagpiien besonders, die an
die 2 grosse Stern-Schanze commandiret worden, wolten nicht feste
stehen bleiben, um Willen aber, dass sie Ton mir aus verschonter
sind und dass E. H. doch distinguiren können, welche Gompagnien
sich gut gehalten, sollen die Haubtleuthe benennet werden. Da nun
den 11. Nachts um 10 Uhr die obbesagte Schanz zu verfolgen man
fertig wäre, wurden von den Batterien stattUch die Canons abgefeuert
und unter diesem Klang geschähe der Marsch dahin; bevor es aber
geschähe, ermahnte der Nadasdi sehr lieb seine dahin führende Mann-
schaft zur Schuldigkeit mit den Worten, dass er mit ihnen sein letztes
darstrecken wolle und derley mehr. Alles war willig und alle zu-
gleich wollten die Schantz schon occupirter wissen, obwohlen einige
von ihnen s. v. gelogen, dahero schritte man zum Werk, weil die
Zeit mit uns keinen Stillstand accordirte und schon 12 Uhr wäre.
Solchergestalten schritte man zum Werk und wurde der Lunette mit
der Sternschanze des -rechten Flügels ein gleiches Compliment gemacht;
mittler Weile wiurde aufin linken Flügel ai\f gleiche Art zugeaesei
Es gälte der Lunette am ersten, so will das Werk mit ihren 3 Theflen
eine nach der andern E. H. vorsten : der Nadasdi hatte gern muntere
Köpfe, derowegen muste der Haubtmann Bummel zur ersteren Attaque
haubtsächlich taugen: diesem gäbe er Befehle in grösster Stille, ohne
zu schiessen, sich der schon gesagten Lunette zu nahem und sehen,
wie möglich also dieselbe zu übersteigen. Es wurde auch von ihme
Zur Geschichte des siebenjährigen Krieges. 429
befolget, er marchirte in solcher Stille, wie man verlanget und das
gesdiahe zwar yon den andern biss zu dessen Angrif. Derselbe mar-
chirte also im Nalimen Gottes an mit den 3 Grenadier-Compagnien,
als mit seiner ^eigenen, Leopold PalfiSschen, Heinrich Daunischen,
welche der Hauptmann de Vince mit gleicher Herzhaftigkeit seiner
Gameraden fest sezen machte und mit einer von Würtemberg. Es
wäre aber eines an die Lunette zu stossen und von ersterem Haubt«
mann mit dem Säbel in der Faust zu übersteigen, sein Lieutenant
folgte ihm mit gleichem Eifer nach, dieser hingegen fiele und kunte
nicht gleich wiederum in die H6he, weil der zornige Grenadier ihm
nicht au&uhelfen gedachte, soifdern wohin ihn seine Pflicht triebe,
gleich auch der Gewalt es ihm nicht gestattete auf die Beine zu
lassen, wasmassen der Pal%8che Grenadier Haubtmann mit gleicher
Herzhaftigkeit mit seiner Gompagnie jene Höhe mit den nachdringen-
den Württembergischen erreichet, jedoch es muss gesagt werden, dass
alda der geringste Wiederstand sich fände, warumen ? weil der Feind
nicht ehe es wahrnähme als damalen, da er sich schon angegriffener
sähe und wer verursachte diesen gäben Angrif? Der geschwinde
Baron Bummel; dieser erhielte mit nicht gar 20 Grenadiers den auf
der Lunette festen Boden, so dass er laut dem Nadasdy sein Daseyn
notificirte: Ihre Excellenz, ich bin schon hierP) Doch wären diese
Worte bald seine letzten gewesen, da ein starker Preuss nach ihm
stiesse, noch stärker aber wäre ein Grenadier von unserer Compagnie,
parirte ihme die Musquete zur Seite, gab ihm einen Hieb, dass er
todt zur Erden fiele, er wurde aber gleich tapfer vom Haubtmann de
Yince nahmhaft secundiret. Der Feind sähe sich um den Bücken
um so mehr, weil man sich ihrer 8 Stück bemeistert, umgekehrt und
auf sie gefeuret und das machte, dass der Feind nicht mehr halten
wollte, wir würden es aber härter gehabt haben, wann nicht dieser
brave Haubtmann mit loblicher Kühnheit es also überstiegen hätte:
weshalben mir es wehe thut, wann mancher General einen Officier
sans fafon tractiret, allein viele Generals, darunter mag ich selbsten
seyn, haben sich auch nicht genug unterweissen lassen, dann ein
solcher Ofißcier kan wichtige Dienste thun, dass viele nicht wissen
können, was sie tür Männer sind und zugleich sehen müssen, wie
einige nner&hrne grosse Vorsprünge in der Martis-Schule gethan.
Darum sagte ich auch einem in Anfang der Gampagne diese Worte:
Meine gute Staabs-Offiders, Hauptleuthe und Lieutenants, o ihr arme
Beutter, Dragoner und Musquetirer, ihr thut, was den General un-
*) Vgl. Hirtenfeld, Oeacb. des Maria Therenen-Ordens I, 72.
430 Mayer.
sterblich machet, denn dieser wQrde elend seyn, wenn er sich nicht
Eurer Hände zu seinen Thaten bedienete. Verzeihen Sie, dass mehr-
mahl ausser Weg gehe, dahero will mich zum 2. Sturm gerne heissen
lassen. Die ganze Stern-Schanze machte dem Nadasti mehr Arbeit
unter Anführung des Obristen Amadey von Niclas Esterhazy, der ein
Bataillon commandirte anstatt des Majors Schmid vom Braunischen
Begiment, auch ein ehrlicher Mann, der gleich bey seiner Annäherung
stark blessirt und der Feind schon mehrers aufgeweeket wurde» dut-
geachtet die Attaque zugleich beschahe, so dass er zu Boden muste,
darauf benennter Obrist die 3 Grenadier-Compagnien Luccani, Maquire
und eine Chur-Bayerisehe anf&hren muste und ^urde von der Adam
Batthianischen Bataillon hauptsächlich unterstüzt, wie auch von Leo-
pold Dann mit der Leopold Palffischen und den vorigen Compi^pien;
ihre Bücken wurden von einer Bataillon Croaten umgeben, abermahl
ein Nadasdischer Gedanken, weil ihm wissend, dass es in der Welt
nicht gleiche Köpf gibt, einige sind hart, andere aber nicht und so w.
Die Attaque geschähe mit gleicher Bravour, ausser dass sie mehr aaf
sich musten brechen lassen, die Grenadiers thaten, was ihr Anf&hrer
verlangen kunte, allein sie wichen 3 Mahl, darum die Bathianische
Bataillon helfen muste, weilen sie angeschlossen waren und diese
raufften aufs Beste, wie auch ihr Major das Anfrischen nicht sparte,
sondern erwiese ihnen mit dem schönen Seiten-Gewehr mit aber-
mahliger üebersteigung der Schanze, wie sie ihm folgen selten, wel-
ches mit gleichem Herz geschähe; nicht weniger bewarben sich seine
2 Capitains Wx)lff und Badoni um gleiche Ehre und stritten tapfer,
ohngeachtet man ersten Capitain 3 mahl repoussirt, er aber stets mit
seinen Cameraden einen falschen Angrif machte, ja er WolfP thate
einen Fall, dannoch träte er gleich wieder in seine Stelle und weil
der Obristlieutenant Zorn mit gleichem Ernst auch seinen Nahmen
allda empfinden Hess, dann seine Bataillon mogte etwa das starke
Feuer nicht aushalten, wie er verlangte, blitzte er gewaltig unter sie
herum.
Anzüglich sind zu machen seine unterhabende Daun und Biers,
die fochten mit ihnen in gleicher Tapferkeit; dann diese 2 Capitains
wichen keinen Schritt und soutenirten die Grenadiers mit obigen
Compagnien als ehrliche Männer. Wie also diese Grenadiers und
Fuseliers-Compagnien eben ihnen festen Platz hatten, die zurück-
stehende commandirte Stabs-Officiers auch hinzu drangen und noch
mehr die obpostirten secundirten, gäbe es dannoch die Arbeit, weil
die Freussen die Schanz so leicht nicht verlassen wolten; mit dem
konnten sie wohl sprechen, dass sie ihre Schuldigkeit gethan, aber
Zur Greschicbte des 8iebei\jSJirigen Krieges. 431
dia Defension zu keiuem andern Vortheil gebracht, als dass sie um-
rungen waren und sich zu EriegsgeBängenen durch ihren Eifer ge-
macht haben. Der Grenad.-Haubtmann Doupleux von Maquire dauerte
mich; dieser hatte schon 2 Blessuren, deswegen der Obrist Amadej
und Major v. Batthyani ihn zurückhiessen , er aber das letzte noch
thun wolte und geschähe damals, da die Feinde das Gewehr streckten,
thate eine preussische Canaille einen Schuss, so ihn zu Boden warf.
Auf solche mühsame Art erhielten wir die Schanz, obwohlen an der
3. des linken Flügels ein härterer Kampf und Verlust war. Dieser
Angrif mit den 3 Grenadiers-Gompagnien Luzani, Glerici und die 2.
Churbayrische wurden dem Obrist-Lieutenant Redey von Haller an-*
vertrauet und die Liicanische Bataillon mit dem Obristen und Major
secundirten ihn; sie griffen herzhaft an, jedoch wäre die daraufgesezte
Mannschaft vor alle anderen allerte, griffen die unserigen resolut an
und wehrten sich wie die ünsrigen, insonderheit yerliessen sie sich
auf ihre Minen, wo es doch nicht* viel zu bedeuten. Auf jene Art
wäre es Anfangs gut anzusehen, indem unsere Grenadiers nicht wichen
und bey den Feinden schiene es, als wann sie alle resolviret wären
auf der Schanze zusammen ehe zu sterben, als sie zu verlassen. Auf
einmal u. z. zu ihrem Unglück machten sie eine gäbe Retirade und
unsere waren hinter ihnen drein; da fiengen die Mienen ihre Bache
zn thun an, durch deren Sprengung fast Niemand .beschädigten und
wäre der Major v. Luzan nicht zu hizig gewesen, so würde kein
anderer dessen Stelle vertreten dorfen, denn ein Splitter Yon der Erde
kahme ihm an den Kopf, dass er Ton seinem Commando beraubet
wurde; von den Minen wurden die 3 Compagnien zwar befreyet,
weil sie hinter ihnen aufüatterten und sich nahe an die Preussen
hielten, mithin hatten sie die Schanze in so weit inne, allein der
Feind dränge nicht nur aufs Neue in sie, sondern man half ihnen in
der Vestung mit gross und klein Gewehr, dass sie die Vernunft zu-
rückrnffte; begreiflich würden sie sich Feinde niedurch Plaz gemacht
haben, wann Nadaadi nicht gleich mit der Lucanischen Battaillon
jenes Werk unterstüzet hätte; er General jagte die andere Fuseliers
auch hinzu, welche zwar wegen des Gartätachen Feuers keinen Lust
hatten,, doch hiess es die Schuldigkeit thun ; die eine Bataillon Groaten
lieasen keinen Mann weichen und stunden mit aufgepflanzten Bajo-
netten wie die Mauren; indessen thaten die Luzanischen Fuseliers ihr
äußerstes, obwohl ihr Obrister todt wäre. Mit all diesem, dass unsere
Greiiadiers nicht mehr gewichen und Luzani sich als tapfere Soldaten
clarstelten, auch ihr Gegenfeuer gut angebracht, wichen die Preussen
doch nicht handbreit, dann sie waren erfahrne Brandenburger und
432 Maydr.
die Leopold Pal%scheii ihneii auch nichts nachgaben, dannoch bliebe
der Feind fest, so ich mein Lebtag beloben werde und wäre nach-
folgendes nicht geschehen, so würden sich diese Trappen miteinander
aofgerieben haben. Weil unsere Grenadiers auch rechtschaffen ranfften,
lasse man diese Helden raufen und sehe man, wie wir uns dieser
Schanze endlich bemeistert haben. Ich sagte anfangs, dass mein Na-
dasdi 2 Obriste und einen Obrist-Lieutenant beorderte, dass aie mit
ihren unterhabenden bey denen angezeigten Orten den fingirten An-
grif unternehmen sollten. Diese Leuthe machten ihre Sache rühm-
lichst und fährten die Mannschaft dergestalt an, dass sie mit dem
kein anderes Lob verdienen, auch ein doppeltes Herz erfordert wird
das Feuer auszuhalten und dagegen nichts anders als ein leeres Fal?er
zu verschiessen. Doch muss der Ernst überall heraussehen, insonder-
heit der Obrist Orsich die im Grimm verwickelte Leuthe auseinanda
und versprengen machte; dann er grife diese Schanze mit seinen
Oroaten rückwerts an, weswegen unsere gleich Erleichterung hatten,
dann er attaquirte furios und mit entsetzlichem Feuer an, dass die
Feinde in die grösste Gonfusion geriethen, auch sich gleich mit
grossem Verlust zurückzog ohne umzusehen und uns die Schanze
2 Uhr des Nachts überlassen haben. Die Croaten kunte der Obriste
mit seh wehrer Mühe zurückhalten, indeme sie mit Gewalt weiters
avanciren wollten. Diese 2 Schanz machte meinem Bruder Sorge
und wären seine geschärften Worte und ausserordentlichee Wohl-
verhalten einiger Officiers mit haubtsächlichem Beytrag deren Croaten
nicht gewesen, so würde es nicht allein mehr Halsse gegolten haben
und wäre es bey Tag geschehen, so wlire es schwehr gewesen. Mir
sagte Nadasdy selbsten, wann es also geschehen, so hätten die Croaten
daran müssen. Man liesse alle diese Werker von den Grenadieren
besezen und Nadasdi liesse an den Communications^Giäben arbeiten,
will sagen, von den Schanzen biss zur Parallele; hierauf fieng er mit
24pf&ndigen Canons die Ganonade an, welche einen Theil der Stadt-
Mauren niederlegten, wie auch das Bogendorfer Thor mit dem Thurm.
Der Feind schlüge hierauf Ghamade: Es wurde dem Commandirenden
hittterbracht, hielte aber die Antwort zurück und commandirte viel-
mehr die Mannschaft mit Sturm-Leitern und anderen Nothwendig-
keiten. Der Commandant ruinirte(?) eine Weile die Tambours, wie
er aber sähe, dass man es nicht regardiren wollte, schickte er Morgens
7 ühr einen Hatubtmann heraus zu Nadasdi, welcher gleich düaof
die Canonade endigte und entschuldigte sich mit den seinigen, dass
es wegen starkem Feuer nicht gehöret worden und aooepürte d^
Waffen-Stillstand und ohne weiters schritte man zur Capiiulation. Die
Zar Geschichte des siebeigährigen Krieges. 433
4 Generals scliüttelten die Köpfe wegen dem Zwangs-Mittel, welches
den Gommandanten zur Unterschrift brachte; den 14. geschähe also
der Aasmarsch yermög Accord mit Gewehr und fliegenden Fahnen:
Wir standen in unserer Ordnung und so liesse man sie auf eine
Distance anmarschiren. Der Sehers stunde neben Nadasdi und da
seine alte Mannschaft das Gewehr abgeleget, sähe er von manchen
feurige Blicke und. horte ein gewisses Murmeln. Einige Hussaren
schwangen sich leicht, andere aber schwer vom Pferde und machten
auch saure Gefriesser. Auf ihrem Marsch fällten sie viele ürtheile
sowohl von der Belagerung als Üebergab. Wahr ist es, dass er ver-
mög seiner Mannschaft die üebergab beschwerlicher machen können,
hätte auch dabey nicht mehr verlohren, doch die höchste Schuldig-
keit kunte ihm einen Vorwurf machen, dass er das äusserste erwarten
sollen, die Sturm-Leitern anlegen lassen und hernach hätte man jene
Gapitolation eingehen können, denn mehr würde man ohnehin nicht
erpresset haben, ausser dass man ihnen die Freude also auszumar-
schiren benommen hätte. Die Churprinzen thaten vieles und ver-
lachten alle Gefahr, besonders der Prinz Xaver vrird zu seiner Zeit
vernünftig und tapfer geheissen werden, wann man das Handwerk
früh treibt und alten Generals an der Seit ist, auch ihrer Schnur
nachgehet, ohne sie zu übersteigen, da ist was zu hoffen, der aber
spat hiezu gelanget, gleich die Haubt-Buder ergreifet, ist ohnmöglich,
dass er ein Ganzes mache. Dann hierzu, weiss Gott! gehöret viel.
Wir verlohren 1200 Todte und Blessirte, in allem aber kostete es
nicht völlig 3000 M., worunter die unwissende Kranke sind, wovor
uns die Festung verbliebe, wie hier aus anliegender Specification zu
ersehen, einfolglich hiermit der Schluss von Schweidnitz solle von
mir gemacht seyn.
Der Todtfall der so grossen Königin von Pohlen ^) hat in allen
grosse Betrübniss erreget und ist die Standhafbigkeit dieser Frauen
za bewundem, die sich in der Welt verewiget hat; hingegen wird
der König in Preussen das seinige allzugewiss einhohlen; es wäre
ihm nicht genug, dass ^ er dem ganzen Lande Bedrangnussen anthate,
nein, diese Landes-Fürstin muste annoch durch seine Passion dem
Lande geraubet werden, allein er stund im irrigen Wahn, es könte
ihm niemals fehlen und bildet sich ein, die Mauren müssen sich bey
seinem Anblick eröfnen und umfallen, wo er doch vor heuer gar offt
das Wiederspiel sähe, wie auch der Marschall in seinem Bericht meldet,
dass er nicht wenigers als den Sieg verfolget hätte, sondern gewiss
') Maria Joeefa, Tochter E. Josefii L, (Gemahlin des Eöniga und EuifÜnten
August III. Sie starb am 17. November.
MittheUungen Yll. 28
434 Mayer.
will er den Numerom seiner Trappen nicht ansezen, doch den U.
Abends traffe er mit 10 Escadron.8 zu Torgau ein und weitere über
die Elbe die Manschaft auf die nächste Dörfer einquartierte; weiten
meldete, dass die Dresdner Garnison auf ersten Befehl zu maraehiren
habe und sind würUich einige Truppen in dem Marsch dahin be-
griffen. Was er hiermit wolle , stehet su erwarten; allein wie E. F.
bekannt, wird nichts daraus werden, dann seine Drohungen der Beyange
wegen Berlin werden nicht geachtet, er müste nur Mercurii Flögel
haben, sonsten wird Marchall und Haddick ihm gewiss mit Gottes
Hülf eine Suppe einbrennen, wie auch letzterer mit ihm scharmutstriie
und hierauf, wie recht beschehen, sich zurdck zöge, damit er hier*
durch seinen Vorsprang erhasche; bedaure nur die armen Böhmen,
die es abermal trift, sonst heisst es die Zöche ohne Wirth machen.
Jezo aber wollen mich jene Blätter noch nicht schliessen lassen, son-
dern sie suspendirten denselben, biss dass ich das völlige ersest habe.
Sie haben recht und ermahnen mich meines Eingangs, dass allda ick
gesagt, dass Kadasdi mit seinen Truppen angekommen und an der
Lohe sich zu postiren habe und das geschähe; gleichwie aber ein
capabler Kopf immer gebrauchet wird, so wird die glücklich geendete
Arbeit einen gleich wichtigen nach sich ziehen, welches in 2 Tagen
hervorschliefen wird und hat wieder ürsach die Fortuna zu schmeichlen,
wie er in seinem letztern schriebe, allein er ist findig und kennet
keine Gefahr und ist ziemlich in seinem Leben des donnerenden 6e*
schttzes gewohnt, die Augen f&rchteten den Bliz des Gesdiosses nicht
und seine Nasse röche den Pulvers-Dampf alkeit gerne ; kurz, er ist
jener, den der Himmel zum geschickten General gemacht und er
solte wegen seinen Progressen fast schon müde seyn. Sobald er auf
vorgeschriebene Art seine Lage nähme, machte der Feind nidit minder
eine andere Gegenverfassung, dass er seinen linken Flügel an der Loh
weiters hinausziehen liesse, damit er hiermit dem Nadasdi eine Front
entgegensezte. Wir schlössen auch gestern und heute den Feind
enger ein, darauf er gleich eine Präcaution brauchte, dass er isinige
Truppen in Bresslau warffe, die Mannschaft ip Gewehr zu schlaffen
hatte, die meiste Bagage von dannen geschafft, von der Gavallerie
wurde aus 2 Treffen eines formirt und ins erstere einzurücken, be-
orderte auch die Schanz sowohl bey der alten Oder ala vor dem
Nicolai Thor mit der Arbeit ohnauf hörlich fortzusezen, von den Vor-
städten der Best der Dächer abgetragen, die Grenadiers-Batailloiti
näher an den Verhak bey der Oder placiret und noch mehr deriey
Behutsamkeiten geschahen. Dies sind Vorkehrungen, die einem den
Kopf erwärmen können, der den Angrif zu oommandiren hat» Heat
Zur Geschicbte des mebeigäliTigen Krieges. 435
I
ist noch Kriegarath gehalten worden; viele wolten, dass man sich
rerschneien lasse, andere glaubten, man könne keinen andern als den
schon concertirten Schluss fassen. Der Commandirende war ruhig
hierbey, sagte nichts, wohl aber bey Endigung dessen käme er in des
Dauns Quartier und spräche : Wir sind einig und wollen wir 3 beym
rechten Flügel eines machen, dem Keil aber den linken anvertrauen.
Es machte ihn noch weiters sprechen, bey Ligniz wäre es leichter
gewesen. Da werden E. H. wohl mit ihm eine Yerstandniss haben.
Hierauf wurden gleich des FM. bissherige Unternehmungen gut ge-
heissen, wie er zwar ohnehin alles gut gemacht, mithin wird hierzu
die göttliche Hand haubtsächlich erfordert, dann dies jezige wird viele
Seelen kosten, weil der Feind überall mit Yortheil umgeben und diese
sind wichtig, so dass sich mancher nicht auf jene Art vorstellen wird.
Sie sprechen, dass ist ein leeres, dass man glaubet, er habe sich mit
Redoaten versehen bei seinen Dörfern; es ist auch also, und werden
es diese mit Nachdruck empfinden, zumalen ich schon lange bedeutet,
dass yiele die Köpfe bey Bresslau zerstossen werden. Jezo ist es
halb 6 Uhr und Wollen die Gedanken wegen dermahligen Auftrag
mich der Feder berauben, die ich vielleicht das lezte Mahl zu Dero
Dienst angestrenget; das kan man auch beym Soldaten nicht wissen,
wann er doeh gemrnet ist seine Schuldigkeit zu thun. Geschieht es,
so bin ich mit obigem Schluss einig, wann nur meine grosse Frau
sieget und K F. haben eine Freude über diesen Sieg, ja lieber treffe
mich das Verhängnuss mit vielen Euglen, als dass diese Mutter der
Soldaten dem ehrgeizigen König unterliegen solle, wasmassen mein
wahres Ziel daKin gehet, dass Hochdieselben sprechen können, er
hielte seine Treue, seinen geschwomen Eyd und hatte seinen lezten
Athem, seine Dienste, noch sein Blut nicht gesucht zu erspahren und
dieses wird mir sodann genug seyn, wann Sie dem obigen noch dieses
zusezexi wollen, er wäre meiner Freundschaft werth, kein mehreres
sachte ich ohnehin nicht von der Welt. Meine weitere Ehrlichkeit
ist ohnedessen Niemand besser bekannt als fiochdenenselben und da
mich auch ein tödtliches Blei zu Boden wirft, so ist er dannoch nicht
l^estorben, weil in Dero Person ich jeder Zeit nach Dero eigenen Yer-
heissnngen zu leben habe, kommen nur Sie in ein hochgraues Alter,
so ist alles gut Das Lager vrird allerte und man verlanget mich,
dahero will dem Dienste Folge leisten; wegen Ihnen erstirbet der
bekannte , . . .
28'
'Unedirte Diplome fll.
Der leidige Baummangel hat die FortaetsEung der «ünedirten
Diplome* (vgl. Mittheilungen 2, 441; 5, 378) nochmals so lange ver-
zögert. Die hier gebotene Nachlese ist eine ziemlich bunte: Die erste
Urkunde gehört Langres an , zwei andere (Nr. 2, 3) St Martin in
Tours, die letzte Verdun; die meisten Stücke betreffen Italien, die
Kirchen von Piacenza (Nr. 4, 6, 16), Belluno (Nr. 7, 13), Como (Nr.
14), S. Croce di Ghienti (Nr. 10), oder sie sind an PrivatpersoBen
verliehen (Nr. 8, 9, 11, 12, 15), unter diesen eine Urkunde Dir
den bekannten Bischof Wibod von Parma (Nr. 5). Ihrem Inhalt
nach sind es Bestätigungen von Immunitat oder Privilegien (Nr. 1,
4, 6) mit einem diesbezüglichen Mandat (Nr. 3) oder Besitz (7, 101
Verleihung von Zollfreiheit (Nr. 2), in der Mehrzahl Schenkungen an
Kirchen (Nr. 13, 14, 16, 17) und Private (Nr. 5, 8, 9, 11, 12, 15).
Sie stammen aus Frankreich (Nr. 1 aus Chaumont, Nr. 2, 3 aas Ab-
schriften aus der BibL nationale in Paris), grösstentheils aber aus ita-
lienischen Archiven, aus Piacenza (Nr. 4, 5, 6, 8, 9, 12, 14, 16),
Belluno (Nr. 7, 18), Pavia (Nr. 11), Arezzo (Nr. 15), 8. Hpidio
(Nr. 10), das letzte Stück aus einer Erwerbung des germanischen Na-
tionalmuseums in Nürnberg. Sie sind theilvreise noch dem alten
Apparat der Monumenta Oermaniae entnommen, dessen Benützung
uns die Centraldirection in zuvorkommendster Weise gestattete, wie
^Y. 1 — 3 nach Abschriften von W. Arndt, Nr. 10, 11 nach Gopien
Bethmanns, theils dem neuen Apparat (Nr. 15, Abschrift von S. La-
schitzer), fast die Hälfte vnirde von A. v. Jaksch in Piacenza ab-
geschrieben, zwei Stücke (Nr. 7, 13) von E. v. Ottenthal in Bellono,
das letzte von P. Kehr.
Die Urkunden sind noch ungedruckt. Nr. 1 war bisher nur in
yerunechteter Form bekannt, von Nr. 6, 16 gab Campi, von Nr. T,
J
ünedirte Diplome III. 437
13 Bresslau Begesten. Mit Ausiiahme der mir erst später bekannt
gewordenen Urkunde Nr. 4 sind die Diplome bis Karl III. bereits in
meinen Begesten der E^rolinger verzeichnet.
Die Urkunden wurden von A. Fanta druckfertig gemacht Die
Namen der Abschreiber sind jedem Stück in der Note beigef>.
E. Mühlbacher.
1.
Ijudwig der Uromme bestätigt der Kirche van Lang res die Im-
munüät
Aachen 814 September 9,
Oopie de$ 10. Jahrh, im DepariementalarcMv zu Chaumoni,
Muklbaeher Reg, Kar. 530.
(C.) In nomine domini dei et salvatoris nostri lesu Christi.
Hludonuicus divina ordinante Providentia imperator augustus. Si
sacerdotibuB in quibuslibet necessitatibus aecclesiasticis nostra aucto-
ritate sublevandis consulimus et ad ministerium snum liberius ex-
aequendam opem* ferimus, a summo pontifice domino nostro lesu
Chrisio aetemae remunerationis largiri nobis praemia non ambigimus.
Notnm sit igitur omnibus fidelibus sanctae dei aecclesiae et nostris
presentibus videlicet et futuris, quia vir venerabilis Betto Lingonensium
urbis episcopus obtulit nobis anctoritates anteoessorum nostrorum
r^um in quibus insertum repperimus, qualiter olim propter oocu-
pationem Sarracenorum stmmenta cartarum vel etiam inmunitates
regum, quae ibidem erant, perdita vel disrupta fuissent et idem reges
svkafi) auctoritate miserandi gratia ad praeoes praedecaessorum suorum
aepiscoporum eandem raelevassent iacturam, ita videlicet ut per eorum
aactoritatem antecaessores sui aepiscopi res et mandpia, quae in eisdem
stramentis cartarum incendio exustis eontinebantur sive eadem quae
postea a catholicis viris eidem conlata fiierunt aecclesiae, actenus
securae et quiete in iure et potestate praedictae tenuissent vel posse-
dissent aecclesiae, sed et ipsam sanctam sedem antecessores nostri
reges cum cellulis sibi subiectis vel omnibus rebus ad se^) iuste aspi-
cneniibus sub plenissima semper defensione et inmunitatis tuitione
liabuissent Ob firmitatem tamen rei postulavit nobis praedictus^) Betto
episcopns, ut eorundem regum auctoritates ob amorem^) dei et reveren-
i^iam sancti Mammae martiris nostra confirmaremus^) auctoritate. Guius
1. [Arndt.] *) Zuvor ausradirtes sua. b) e corr. aus ae. ^ von späterer
.Hand aus preditus corr.
438 ünedirte Diplome Ul.
petitioni libenter actquievirnus et per hoc praecepkun auctoritatis
nostrae circa ipsum sanctum locum fieri decreTimos, per qtiod iubemuB
atque praecipimus ut nemo fidelinm nostrorum vel quilibet ex iudi-
tiaria potestate in aecdaesias aat loca Tel agros seu raeliqoas pos-
sesiones, sive eas ante prefatam occupationem Sarracenorum a recto-
ribus ipsius aecclesiae per prefata stnimenta cartaram legaliterpossessas
et per auctoritatem confirmationis antecessorum nostrorum regum postea
ad partem ipsius ecclesiae confirmatas, sive eas quas modemo tempore
in quibuslibet locis vel territoriis infra ditione totius imperii nostri
iuste et legaliter memorata tenet vel possidet aecclesia^) vel easqnae
deinceps a^) catholicis yiris eidem conlatae fuerint aecdesiae ad caosas
audiendas aut freda vel tributa exigenda aut mansiones vel paratas
faciendas aut fideiussores tollendos aut homines ipsius aecclesiae tarn
ingenuos quam seryos super terram ipsius conmanentes distringendos
nullas redibitiones aut inlicitas occasiones requirendas nostris et futuris
temporibus ingredy audeat vel ea que supra memorata sunt nxigere
penitus presumat, sed liceat memorato presuli suisque sucoessoribos
res predicte aecclesiae cum cellulis sibi subiectis sub inmunitatis nostrae
defensione ^) quieto ordine possidere et nobis fideliter deserrirae atque
pro stabilitate nostra vel totius imperii a deo nobis conlati Tel oon-
serTandi unacum dero et populo sibi subiecto libere dei misericordiam
ezorare ; et quicquid exinde fiscus noster exigere debet') ad ini^rum
praediotae ecclesiae concedimus ut perpetuie temporibus ibidem pro-
fitiat in augmentum. Quod si forte super eisdem rebus ante praefiatam
occupationem Sarracenorum per strumenta cartarum a^) praelatia pne-
dictae aecclesiae iure possessis quaestio orta fiierit, ut pro eis legaliter
disceptari necesse sit, ita per hanc nostram auctoritatem eaadem res
et mancipia defendantur sicuti per eadem strumenta, si perdita Tel
disrupta non fuissent, legibus defendi poterant St hanc auctoritatem
ut firmior in dei nomine habeatur et a fidelibus sanctae dei aeoolesiae
et nostris diligentius conserretur, manu propria subter firmaTimosei
anuli nostri inpressione signari iussimus.
Signum (M.) Hludouuici serenissimi imperatoris.
(G.) Helisachar recognoTi et (SB.).
Data y idus septembns anno primo Christo propitio inqieni
nostri, indictione YIII; actum Aquisgrani palatio regio; in dei nomine
felidter amen.
^) aecclesiae. «) corr. aus ad. f) defentione. %) fehlt; ergftiut
aus dem Spurium in Gallia chrisi ed. II, 4b, 129. ^) fehlt.
Unedirte Diplome III. 439
2.
Lmdwig der Uromme bestätigt dem Kloster St. Martin in Tours
die van seinen Vorgängern verlidiene AbgabenfreiheU für zwölf Schiffe
auf allen Flüssen des Reiche.
Aaehm 816 Augu$i 30.
Zwei Cnpim in Bahute Armairßs 76 /. 333 und 334 auf der NationalbibKoth$k
Mu JPbru (A)^); vmrgUchM mit einer Copie in Bouhier 06 /. 71 ebenda (B).
Mühlhaeker Reg. Kctr. 612.
(G.)^) In nomine domini dei et salvatoris nostri lesu Christi«
Hludowicus diyina ordinante Providentia imperator augastos. Si pe-
titionibus servorum dei divini cultas amore aurem libenter acoom-
modamus, id nobis profntarum ad animae salutem consequendam non
ambigimueu Idcirco notum sit omnibus episcopis, abbatibos, ducibos,
comitibus, vicariis, centenarüs, teloneariis, actionarüs et missis nostris
discurrentibus vel omnibus rem publicam administrantibus seu oaeteris
fidelibns sanctae dei ecdesiae nostrisqae tarn praeaentibos quam et
futuris, quia vir venerabilis Fred^isus, abba ex monasterio patroni
nostri praeclarissimi confessoria Christi Martini, ubi ipse corpore
requiescit, obtulit obtutibus nostris praeoepia regalia decessorum
nosirorum regum Francorum necnon avi nostri Pippini quondam
regia seu etiam domni et genitoris nostri bonae memoriae Earoli
püssimi augusti in quibus continebatur, quod ob amorem dei et vene-
rationem sancti Martini duodecim naves immunes ab omni teloneo,
quae per alyeum Ligeris, Helarium, Garum^), Vincennam, Medanam,
Sartam et Ledum vel per caetera diversa flumina ob necessitates ipsius
monasterii fnlciendas discurrebant, eidem concessissent monasterio, ut
sdlicet teloneum, quod annnis recursibus liscus ex ipsis na?ibus iure
exigere poterat, in usibus clericorum beati Martini fovenda augmenti
esseL Fostulavit itaque nobis, ut decessorum nostrorum morem se-
quentes paternae auctoritati nostram firmitatis gratia iungeremus^)
auctoritatem. Cuius precibus ob amorem dei et yenerationem sancti
Martini nobis annuere et hoc preceptum munificentiae nostrae fieri
libuit per quod iubemus atque decernimus, ut absque uUius iudiciariae
potestatis inquietudine aut telonariorum detentione liceat hominibus
eiusdem abbatis suorumque successorum ob necessitates praedicti mo-
') Zu der ersten Ahtehrift bemerkt Baluee: Je tay eorrigie iur f original, R y
en a trois originaux ; M*tr eweiten : Je Fay eonferie awee V original. In den Armoire»
76 f. 30 befindet tieh eine dritte Abeehrift aui der Ihnearta alia ; hier bew%erkt Bahue,
daee sieh die Urkunde auch in der Pcmearta nigra f. 4, 20 und 23 Ande. In dieter
Absehrifi eereiekt Bahuse die Werte usibus clericorum aus und sehreibt darüber
luminaria basilicae.
2* [Arndt.] ») B, fehlt in A. ^) Carim 6. c) largiremus B.
440 Unedirte Diplome IIL
nasterii et clericorum ibidem deo deservientium faiciendas com eisdem
duodecim navibos libere ire et redire sive per Ligerim^), Helarium,
Garum^), Vincennaiii, Medanam, Sartäm, Ledum, sive etiam per caetera
flumina imperii nostri ; et quaromlibet ciYitatam, oppidoram, portomn
horis appulerint, nuUas ab eis aut ab hominibus qoi eis praesont
teloneum aut quod yalgari sermone dicitar ripaticum, portatienm aui
salutaticum aut cespitaticum aut cenaticum aut pastionem aut lauda-
ticum aut trabaticum aut ullum occursum aut ullum oensum Yel uUam
redibitionem vel caeteras huiuscemodi publicae functiones, quae diversis
uominibus yulgariter nominantur, quisquam aut acdpere aut exigere
penitus audeat, sed potius, ut praemissum est et quemadmodum ante-
cessores reges Francorum concesserunt®), licitum sit illis remota coius
libet inlidta contrarietate Tel detentioue per haue nostram auctoritatem
libere ire et redire et necessitates ipsius monasterii absque aUcniofl
fidelium nostrorum obstaculo procurare; quod si mercandi aut yenun-
dandi gratia quolibet loco moras.eis facere expedierit, id nibilominus
absque alicuius impedimento faciant et nihil ab eis prorsus de hi^
quae superius compraehensa sunt a quoquam exigi praesumatur. Et
ut haec auctoritas inyiolabilem obtineat effectum et a fidelibus sanctae
dei ecclesiae et nostris yerius credatur ac diligentius conseryetur, manu
propria subter firmayimus et anuli nostri impressione signari iussimus.
Signum (M.)^) Hludowici serenissimi imperatoris.
Durandus diaconus adyicem Helisacbar recognoyi et subscripsl
(SR NT.)^)
Data III kalendas septembris anno Christo propitio tertio imperii
domni Hludowici piissimi augusti, indictione decima; actum Aquisgrani
palatio regio; in dei nomine felidter amen.
3.
Ludwig der Fromme beßehU allen örafen und Misn darat/ r«
eelien, dose die dem Kloster St Martin in Toura verUekene Im-
munität beobachtet werde.
Copie am der Panearta aüa in Bakute Ärmoirsi 76 /. ZA auf der Iktäemol-
btbUoihek Mu Puris (X,) — Copu m Luiewr Mr. 197 tbenda (B).
Mühlbacher Reg. Kar. 610 nmn Jahr« 816.
In nomine domini dei et salyatoris nostri lesu ChristL Hludouicus*)
diyina ordinante proyidentia imperator augustus. Vobis fidelibus nostrU
^) B, Ligerem A. «) fehlt in AB. f) in B nach Hludoyici^ c) in
B genau nachgeseichnet.
8. [Arndt.] ») Ludoyicus AB.
Unedirte Diplome III. 441
comitibas tarn praesentibos quam et faturis hecnon iunioribns vestris
seu etiam missis nostris per univemmn imperium nostrom discor-
rentibas notam sit, qoia Fredegisos abbas ex monasierio sancti Mar-
tini detulit nobis litteras auctoritatis domni et genitoris nostri Earoli
Serenissimi .imperatoris in quibna continebatur insertom, quod idem
domnus genitor noster per easdem litteras iussisset ut, ubioamque in
ministerüs vestris res sancti Martini esse noscebantur, diligenti ob-
Berratione immanitatem domm ei genitoris noetri Karoli, quam ipee eidem
renerabilimonasterio fecerat, in omnibus obserTaretur et deprecatos est,
nt nos denuo morem patemum seqnentes nostrae auctoritatis litteras
habere meretor, quod ita fecisse omniom yestrorum cognoscat industria.
Praecipientes ergo iubemus, ut ubicumque in ministerüs vestris res
sancti Martini et Fridegisi venerabilis abbatis esse noscuntur, diligenti
obserratione immunitatem nostram, quam eidem venerabili monasterio
Sedmus, in omnibus ita conservetis et oonserrari percenseatis, quomodo
a domno et genitore nostro bonae memoriae Earolo et a nobis de-
cretom et constitutum est; et quicumque secus quam in eadem im-
munitate continetur contra ipsam casam dei agere temptarerit aut in
aliquo praecepti auctoritatis nostrae transgressor repertus fuerit, ita
iustitiae censura coram yobis iudicetur et poena multetur sicut in
eadem immunitate nostra continetur. Si vero coram vobis causa pro-
lata minime deffiniri potuerit sicut in praecepto domni et genitoris
nostri continetur, postposita qualibet dif&cultatis oppositione, eosdem
bomines per fideiussores positos in nostram praesentiam ad placitum^)
condictum Tenire faciatis. Sed et de rebus unde ipsa casa dei in
vestris ministerüs legibus vestita esse dinoscitur, quemadmodum domnus
et genitor noster constituit, nullius hominis viribus eam expoliari
sinatis, sed rem nostro examini iustoque libramini dirimendam relin-
quatis. Ita igitur hanc iussionem adimplere curate, si gratiam no-
stram vultis habere. Haec vero auctoritas ut firmior habeatur et a
vobis verius credatur et diligentius conservetur, de anulo nostro subter
eam sigillari iussimus.
4.
Ludwig der Fromme bestätifft der Kirche von Piacenza alle
Urkunden und Rechte.
Aaehm 819 April 3Pt,
Noiariattiraingiwmpt dei 13. Jahrh. im Gapiishrehiv von S. AnUmin su PSacensa.
In nomine domini dei et salvatoris nostri lesu GhristL Hludoui-
cus divina ordinante Providentia imperator augustus. Cum peticionibus
b) palatiam AB.
442 Unedirte Diplome IIL
sacerdotum ac servorum dei, quas nostris auriboB inBinuayeruiLt liben-
ter annuimus et eas cum dei auailio ad efFectom perducimus, non
solum imperialem consuetndinem exeroemos, sed etiam hoc nobis tarn
ad presentis vite prosperitatem quam ad fature beatitadinem addipis-
cendam non minimum momenti afferre confidimos. Iddrco nofaim
sit Omnibus fidelibus sancte dei^) eoclesie et nostris tam presentibos
quam fiituris, quia vir reverentissimns Fodo sancte Flacentine urbb
eccle^ie episcopus, que est constructa in honore sanctorum Antoninii
Victoris et lustine, nostram addiens serenitatem obtulit nobis precepta
pie recordationis domni et genitoris nostri Garoli serenissimi impera-
toris, que ad petitionem^) pontificum predicte sedis fecerat, in quibos
oontinebatur insertnm, eo quod olim in eadem, acoedente caao, non
solum ipsa civitas cum domibus et ceteri^ hedi£ßtiis in ea oonstructiB
igne cremata sit, verum etiam et omnia instrumenta cartarum, que
liberalitate bonorum hominum predicte ecclesie concesse sunt in eodem
incendio periise. Oontinebatur enim ibidem quod precepta et con-
firmationes anteriorum regum quidam Julianus ipsius sedis episoopus
pre manibus haberet^) adserens, qualiter ipse^) res suis et temporibns
antecessorum suorum, episcoporum videlicet predicte urbis, quiete atque
secure possesse fuissent; etiam si libere femine arimane cum serris
ipsius ecclesie oopulate fuerunt^^) aut sunt vel fuerint, sicut antiquitos
ad ipsam ecclesiam ooncessum est, cum filiis ac filiabus, ita ex eios')
indulgentia inibi permanerents^). Hostendit etiam quoddam preoeptom,
qualiter idem domnus et genitor ob amorem dei et reverentiam beaü
Antonini martiris simulque Victoris confessoris Christi quoddam mer-
catum, quod annuatim tercio decimo die mensis novembris in ipso
loco fieret, videlicet omne toloneum, quidquid exinde exigerit, ad pre-
dictam ecclesiam cum omni integiitate concessisset^) , nee non et
cartam inmunitatis^) seu et confirmationis de omnibus rebus, que legsr
liter ad predictam sedem collate sunt,* quas idem domnus genitor
noster eidem ecclesie suo munere confirmavit, etiam et precepta regum
Longobardonmi Liudprandi^) videlicet et Batgis atque Desiderii. Qui
cum, ut diximus, hed) nobis hostendisset, suggessit nobis ut predictas
auctoritates atque precepta sive inmunitatem nostre auctoritatis oraculo
confirmare deberemus. Cuius petitioni, quia iusta"^) et rationabilis
nobis visa est, recipiendam atque implendam iudicamus. Iddroo de-
cemimus atque per hos imperiales apices nostros iubemus, ut quicquid
domnus et genitor noster vel reges Longobardorum°) sive ceteri deum
4« [y. Jak 8 eh.] ») fehlt. ^) quas ad petionem. <>) habent. 4)ip0a&
e) fuerint. ') ei. t) pennaneret. ^) cumceBsiaBe. i) inmunitationiB. ^) Lind-
rindi. >) barum. »j iuxta. u) Longimbardorum.
Unedirte Diplome m. 443
timentes ei boni homines memorate sancte Placentine eoclesie per
precepta et testamenta seu donaciones oontulerint tarn liberas femiuag,
qoas arimanas dicimt que servis ipsios ecclesie copulantar, quam mer-
catos yel portas et molendina®) siye pensiones vel ceteias res, que ad
pablieum ezigebantur, et idem domnus et genitor noster Garolus im-
perator ad eandem eccleeiam suis auctoritatibas eonfirmayit vel eins
tempore prediota possedit ecclesia, stabile atqae inoonnüsrnn nostris
fatarisque temporibus in ipsius potestate perpetim permaneant et
nuUos iudex publicus tarn monasteria quam sinodochia seu et eccle-
sias baptismales vel reliquas possessiones, quas modemo tempore in
qnibuslibet pagis et territoriis infra dicionem imperii nostri iuste et
legaliter memorata tenet vel possidst eoclesia vel ea que deinoeps in
iure ipsius ecdesie voluerit divina pietas augeri ad causas iudiciario
more audiendas vel fredaP) exigenda aut mansiones vel parat^ facien-
das aut fideiussorea tollendos aut homines eiusdem ecclesie tarn sacer-
dotes, sicut in precepto domni et genitoris nostri oontinetur, quam
ingenuoB videlicet et servos distringendos nee ullas redibitiones aut
ülicitas occasiones requirendas nostris et futuris temporibus ingredi audeat
vel ea^) que supra memorata sunt penitus exigere presumat, sed liceat
memorato presuli suisque successoribus res predicte ecclesie cum mo-
nasterüs et cellis vel baptismalibus et rebus vel hominibus ad se
legaliter aspicientibus vel pertinentibus sub cautionis atque inmuni-
tatis nostre defenssione, remota tocius iudiciarie potestatis inquietudine,
quieto ordine possidere et nostro fideliter parere imperio. Quod si
forte super eisdem rebus ante predictam exustionem a prelatis ipsius
ecclesie iure possessis questio orta fuerit, aut pro eis legaliter in foro
disceptari') necesse sit, ita per banc nostram auctoritatem easdem res et
mandpia ipsius ecclesie legaliter defendantür sicut per eadem instru-
menta, si igni absorta non fuissent, legibus defendi poteranb De
pontifice vero per auctoritatem domni et genitoris nostri in eadem
ecclesia, si talis inventus ibi fuisset qui eandem ecclesiam secundum
doctrinam") evangelicam vel statuta canonum plenissime regere valeret
et regibusFrancorum fidelis existeret, Ucentiam inter se eligendi habent,
ita nos Ucentiam pontificem eligendi adtribuimus sicut autoritas
sanctorum canonum sancit et sicut omnibus eodesiis in imperio deo
propitio nostro constitutis concessum habemus, videlicet, ut per electio-
nem deri et populi, remota personarum et munerum acceptione, ob
iuris meritum et sapientie donum eligantur^), ut exemplo et verbo
o) portibus et molendinis. p) feuda. 4) ingredi aut etiam vel. ') dis-
centari. •) doctrixianaiii« ^) eliguntur.
444 ünedirie Diplome m.
sibi subiectos prodesse valeant^j, quatenus clerus et populus predicte
sedifl pro inoolumitate nostra, coniagis ac prolis seu etiam totiofi im-
perii a deo nobis concessi eiusque clementissima miseratione per
iumensum conservandi iugiter domini misericordiam exorent. Et ut
hec auctoritas pleniorem in dei nomine obtineat firmitatem et a fide-
liboB Bancte dei eccleeie nostrisque Terius^) credator et diligentiiu*)
oonservetur, ea manu propria subtus firmavirnus et annuli nostiiim-
pressione signari iussimus.
Signum (M.) Hlu^ooici^) serenisimi imperatoris.
Data quintoy) kal. maii, anno sexto Christo propricio imperii
domni Hludouici^) serenissimi augasti, indictione duodecima; actum
Aquiflgrani palatio regio; in dei nomine feliciter amen').
5.
Karl IIL schenkt dem Bischof Wibod (von Parma) drä
Morgen Land zu Viffonzone.
Olonna 881 April 14.
OrigiruUdiplom im Kathsdralarchiv mu Pitumuuu
Mählbaeher Bsg. Kar, 1574.
(G.) j In nomine^) sanctae et individuae trinitatis. Earolus di-
Tina favente dementia imperator augustus. Si peütionibos fidelitim
nostrorum aures nostrae pietatis accomodamus, devotiores eos in noatro
obsequio reddimus, insuper ab aeterno | remoneratore proemia sine
fine mansura percipere credimns. Quapropter omnium fideliom aanctae
dei ecclesiae nostroromque praesentium scilicet ac fdturorom com-
periat indostria, eo quod Liutbuardus ezimius praesul et summus oon-
ailiarius noster nostram a deo protegendam adiens serenitatem im-
ploravit, qoatinus üuibodo^) venerabillimo antistiti et kariasimo fideli
noatro concedere dignaremur mansa tria actenus pertinentia de oorte
nostra Olonna et consistentia in comitatu Laudenai in loco qui dicitar
üico Gogozoni cum omnibua eorum adiacentiia. Hunc deniqae pro eo
quod iuate petiit dignia eiua petitionibua aurea noatraa accomodaTimos
«) yalent. ▼) ▼eriuaqne. ^) diligenier. ») Hludoud. r) dat»
quinta. *) Am Schlüsse der Copie findet sicli folgende Bemerkung: Dominus
ObertuB Lauandacius et dominus Janonus de Arcellis et dominus Ouliermns Oft*
putportii consules Piacentini parabola et voluntate aliorum socionim eoTum
quamyis absentium preceperunt michi Alberto de Stephane notario quatenus ex
uno privilegio autentico sigillato cereo sigillo domini Heludouci imperatoris au-
gusti — in quo sigillo erat forma hominis a pectore in sursum inpressa — alind
sumere exemplum autenticum quod in Omnibus yim autenti[ci] retineret et aumpto
illud autenticarem publicarem et in publicis actis redigdrem.
h. [y. Jak 8 eh.] ») corr. aus nomie. ^) zweites a corr. aus um.
ünedirte Diplome m. 445
et iusaiinas hoc nostrum imperiale praeceptam fieri, per qaod tria
mansa saperius nominata praefato Uoibodo iUaatri epincopo perpe-
toaliter possidenda contulimiu cnm onmibus finibuB et apendiciis
eonun, terris scilicet campis pratis paseuis silvis yineia cultis et in-*
coltis diyisis et indivisis aqnis aquarumqüe decuredbtui fiunilüs utriusqne
sexns; omnia prorsus in int^prum qoaecumqae ad ea mansa pertinere
noBcnntor in inre potestateque ipaias persistant, quatenus ea deinde
potestative teneat, possideat, donet et quocmnqae modo Yolaerit man-
dpet sicut alias proprias res ex nostra plenissima sibi largietate oon-
cessa. Precidentes^) ergo iubemns, ut nallns dux, comes ant quisUbet
publicus exactor neque aliqua persona parva Tel magna et^) praedictb
mansis vel eoram pertinentiis aliquam invasionem aut diminorationem
faciat, sed liceat eidem praesuli üuibodo vel cuicmnqae ipse concedere
▼olaerit eadem mansa, prout statoimas, quietissimo ordine possidere.
Si qois igitor hoc nostrae concessionis imperialem®) praeoeptmn in
aliqao Tiolaverit, sdat se compositurum auri obtimi libras XXX, me-
dietatem palatio nostro et medietatem eidem üuibodo yel cuicumque
ea reliquerit possidenda. Dt autem verius credator diligentinsque ob-
seryetnr, manu propria confirmatum anuli inpressione subter iussimus
insignirl
* Signum (M.) domni Earoli Serenissimi imperatoris augusti. *
* Amalbertus notarius adncem Liutuardi arohicancellarii recog-
no¥i et * (SB.) (SI.D.)
Data XVIIII.^ kal. mai indictione XIIII, anno inearnationis do-
mini DCCCLXXXI, anno vero piissimi imperatoris Earoli I; actum
Holonnae; in dei nomine feliciter amen.
6.
Karl IIL verleiht den Kanonikern von S. Antonin zu Piacenza
Schutz^ Immunität und das InquintionerechL
Pkivia 881 Mai 11.
CopiU dei 12. Jahrh, im OapiUlarchiv von <S. Antonin tu PSaeensa (Ä),
Qxmpi 1, 225 Regest, Mühlbaeker Reg. Kar. 1578.
In nomine sanct^ et individue trinitatis. Karolus divina favente
dementia imperator augustus. Noverit igitur omnium fidelium nostro-
ram presentium scilicet et futurorum industria, qualiter Liutuuardos
c) statt precipientes. ^) statt ex. ^) statt imperiale. 0 Die Zahl er-
klärt sich dadurch, dass hier irrthümlich wie in den Sltägigen Monaten gerech-
net wird, deren erster Kaiendentag mit XIX bezeichnet wird.
446 Unedirte Diplome III.
venerabilis episcopus et düectas archioancellariiui noster deprecatns
est Gelsitudinem nostram, nt ob meroedis nostr^ augmentoia firatres
consistentes in ^cdesia beati Antonini atque Victoria martyiis et oon-
fessoris*) Christi^) sab nostr^ inmonitatis toitione ac defensionis
corroboratione suscepissemos« Guius petitionibas ob amorem domini
nostri Jesu Christi libenti animo asaensum prebentes deereviiniis ita
fieri et iassimns eis hocf^) nostr^ auctoritatis preoeptom fieri per quod
deoemimns atque iubemus, ut nuUiia iudex publicua vel quialibet ex
ioditiaria potestate nee missus discurrens sed nee cuiualibet potestatia
persona ex rebus, unde nunc yestiturani habent aut in aiitea deo
auxiliante in eadem ^lesia ad ipsis saoerdotibus legali ordine pro
quooumque ingenio ibidem conlata fnerint aut data per diversa kx»
regni nostri seu quas diyina pietas ibi augeri yoluerit aliquam ingerere
preaumat inquietudinem yel diminorationen^, sed nee in ^cclesias do-
mos vel agros seu reliquas possessiones memorate ^oclesiq vel in eonim
sacerdotibus in quibuslibet locis aut territoriis infra ditionem r^ni
nostri ad^) causas iudiciario more audiendas vel freda toloneam
mansionaticos aut fideiiussores tollendos seu homines ipsis supradicüs
saoerdotibus tarn ingenuos quamque servos diatringendos aut qnaslibet
inlicitas occasiones aut redibitiones ullas ingredi audeat, sed lioeat e06
cum Omnibus rebus ac familüs eorum sub nostra manere tuitioiie
atque inmunitatis defensione« Precipimus quoque de siipaMeripta
rebus inquisitiones, ubi eorum contentio orta foerii, per veraoes ho-
mines circamanentes ipsius loci fieri ad®) rei veritatem inveniendam. Si
quis antem ausu temerario hoc infringere conatus fuerit, volumus ut
XXX libraa auri optimi eorum persolvat^). üt haec auctoritas largi-
tionis nostr^ firmier habeatur et per futura tempora a fidelibus nostris
verius credatur et diligentius observetur, manu propria nostra subter
eam firmavimus et anuli nostri inpressione adsignari iussimus.
Signum (M.) domni Earoli serenissimi imperatoris.
üualdo^) notarius advicem Liutuuardi archicancellarii reeognovi
Data Y. id. mai. anno incamationis domini DCGCLXXXI, indictione
XIIII, anno vero piissimi imperatoris Earoli primo ; actum Papia; iu
dei nomine feliciter amen.
6. [v. Jak 8 eh.] ^) martyrem et confessorem A. b) folgt QberfiQaaig^
ut. c) hac A. ^) aut A. «) de suprascriptas res — ipsiua locis inquisitione fadendum A:
emendirt nach dem D. Hugo^s von 981, Forschungen 10, 298 nr. 14. 0 Da die
Stelle auch in dem im Original erhaltenen D. Hugo's ebenso lautet, bo ist der
Ausfiül von medietatem kamerae nostrae et medietatem pari! (vgL Fonchnngen
10, 299) nach optimi nicht Tom Copisten versohuldet. f^) Ego Uualdo A.
ünedirte Diplome m. 447
7.
Karl HL bestätigt der Kirche van Belluno die Schenkung eines
gewiesen Aldo,
— 882 f^bntar 14.
CopU ds$ 18. Jahrh, t» der Sammiimg dei Lueiua DogUoni p. 11 im CäpiUl-
amhw von Belbmo (A) ; dm- hiar befimdüehmt Urtumds timd einige Leearien ame dem
Monueoript wm IKlunmuM Hiskuria BeUiunmsie heigeeetzt (B),
Nmtee Arekh 3, 83 eii, Mükibaeher Reg. Kar. 1636.
In nomine sancte et indi?idae trinitatis. Earolus divina favente graiia
imperator augostus. Comperiat omnium fidelium nostrorom presentium et
futurornm solertia, qualiter venerabilis epiacopus noster Liutukardus^) et
Berengarius dilectus comes et marcliio noster innotueront celsitadini nos-
tre, qaod quidam reverendissimos episoopus noster nomine Haymo sancte
Belliinensis ecclesie eis ostendisset quasdam Chartas in quibos con-
tinebatur, qualiter qaidam homo nomine Aldo quasdam res sue pro-
prietatis consistentes in yalle Bellunense, id est ecclesiam in honore
sancti Oeorgii constructam^) simulque corticellas daas que vocantur
Trovatos^^) et Blussio cum Omnibus massariis ad prefatas curtes^) per-
tinentibus tam liberis quam serris iuxta uniuscuiusque oonditionem
ad prefatam sanctam ecclesiam in perpetuum concessisset, sed propter
incuriam et negligentiam inde postea alienate fiiissent. Nos vero
hoc Teraciter perscrutantes invenimus ita verum esse sicut nobis
retul^runt et idcirco pro dei amore atque illius petitione iussimus hoc
nostre auctoritatis preceptum fieri per quod decernimus atque iube-
mus, ut prescripte res quas Aldo in prescriptas locis tradidit ad pre-
scriptam ecclesiam sanctam Bellunensem cum Omnibus ibidem adia-
centiis vel pertinentibus et mancipiis utriusque sexus cum^) vineis^)
pratis pascuis silvis aquis aquarumve decursibus exitibus et regres-
sibiis mobilibus et immobilibus perpetualiter in usus fratrum ibidem
domino famulantium permaneant sive que deinceps ibi religiosi yiri
concesserint absque uUa contradicione, ut nuUa potestas eis quidquam
minorare presumat et quotidie unam missam pro nostra salute de-
votissime celebrent. Et hoc statuimus ut nuUus unquam pontificum^),
qoi in ipsa sede reperti fuerint ipsis sacerdotibus seu diaconibus vel
uniuscuiusque^) gradus ordinibus canonice viventibus atque ibi deo
seryientibus aliquam diminutionem yel subtractionem facere presumat
Si quis unquam haue elymosinam ex successoribus nostris, quam nos
7. [▼. Ottenthai.] •) Liutungardus B. b) B, constitutam A. «) Tro-
yazoa B. ^) B, cortas A. e) in a. 0 B, yeniis A. b) B, potissimuxn A.
h) ttnintqne A.
448 ünedirte Diplome III.
pro remedio anime nostre in ipso sancto loco.contalimus vel ibidem
deo famulantibus abstrahere Toluerit ante tribunal etemi iudicis nobis-
cum habeat rationem. Si qnis vero huno^) auctoritatis nostre preoeptam
irrumpere tentayerit et ea que superius leguntur minime observare
Yoluerit, sciat se triginta libras auri optimi compoaitarum, medietatem
pallacio nostro et medietatem ecclesie eidem. Et nt hec nostra aacto-
rltas per futura tempora inviolabilis permaneat, boc idem preo^tom
manu propria sabtus confirmavirnas^) et annali noatri impressione
Bubter sigillari iossimus.
Signom domni (M.) Earoli imperatoris.
Valdo notarius adyicem Liutuuardi archicancellarii recpgnovietfeci.
Data^) XYI kal. martias anno incamationis domini DGCCLXXXII,
indictione XV°>), anno yero piissimi imperatoris Earoli secundo; actum
. . . .°); in dei nomine feliciter amen*
8.
Lambert schenkt dem Oetretien Amalffisue vier Land»tüdce in
der Qrafecha/t Piacenza.
Vi CO — 895 JoßKuatr.
Oriffinaldialom im KathsdralaroMv mu Piaeenza (A),
(C.) * In yirtute et misericordia omnipotentis deL Lanbertiu
Caesar imperator augustus. Si qua fidelibus nostris ad illorom de-
precationem $ condecenti ac benigna imperiali largitate concedimos,
illos procol dabio exinde nobis posterisque nostris fideliores existeie
non dubitamns. Quocirca omnium dei nostrorumque tam presentiom
qüamque futurorum fidelium comperiat soUertia, qualiter posito cd-
mine augustalis magnificentiae nostrae Papiae in sacro palatio, solio
yidelicet divae memoriae nostri serenissimi genitoris atque püssimi
senioris domni Vuidonis cum reverentia in saecnlis nominandi, adiit
genua caesareae sublimitatis nostrae Euurardus comes inlustrissimns
nosterque per cuncta fidelis dilectissimus humilibns nostram mansue-
tudinem exposcens postalatibus, quatinus cuidam fideli nostro Amal-
giso nomine quasdam res iuris nostri publici conoederemus in ia&
proprium et hereditatem perhennem, hoc est massarida quattuor in
comitatu et pago Plaoentino de eodem pertinentes comitatu« Coius
bumilem ac deyotam postulationem pie ac benigne suscipientes cum
consensu ac consilio Sigefridi comitis nostri fidelissimi, qui tunc ipsum
comitatum regere yidebatur, concessimus iam prefata quattuor mas-
sarida ipsi predicto Amalgiso, quorum unum est in loco qui dicitor
^) A hanc B. ^) affirmaYixiiufi A. i) datum A. ») B, ind. XV fehlt io
A. n) Die Copie Ifiast den AuafiaJl des AusstellnngsorteB nicht erkeuien.
Unedirte Diplome ITT. 449
Torcular et Oibidi^), alterum in Luiniauo, tertium in villa quae dicitur
Pftdua, qaartum in yillae^) dicta Ünglina et in villa Solerola<^) nun-
capata et Luaulasco^). Haec omnia amore et deprecatione iam dicti
fidelis nostri Eaurardi concedimus cessumque in pelrpetuum esse to-
lamas cum Omnibus adiacentiis et pertinentiis universis com casis et
massarüs cum servis et ancillis cum terris cultis et incultis cum vineis^)
pasc^is silVis aquis aquarumque decursibus cum pratis et farinariis
atque cum omnibus quaesitis et inquirendis rebus, omnia et ex Omni-
bus mobilibus et immobilibuä absque ulla detractione aut in aliquo
sui deminoratione. Hoc quoque ei imperialis auctoritatis nostrae prae-
ceptum iustae^) et legaliter fieri iussimus, per quod dei nostraque fretus
auctoritate largam babeat licentiam habendi, tenendi et possidendi
dandi et commutandi, vendendi atque fruendi, vel quicquit exinde idem
Amalgisus Tel eius heredes facere voluerint, liberam et firmissimam
in omnibus babeat potestatem faciendi. Hoc quoque augustali demen-
tia indulgentiaque largimus^) d[ecemen]tes iubendo et precipientes
monendo, ut nuUus comes aut yicecomes nee aliquis exactor [rei
pubjlicae nostrae sed neque ulla magna aüt parva persona iam dictum
Amalgisum cum suis omnibus heredibus in nullo inquietare audeat,
nee invasor aut diminutor ex[sistere] presumat. Si quis autem violator
huius nostrae augustalis auctoritatis {^reper]tus fuerit, nihil evindicans
auri optimi cogatur componere libras quadraginta, [medij etatem camerae
nostrae et alteram ipsi Amalgiso eiusque heredibus. [Ne quis vero]
suprascriptis quattuor massariciis aliquam temptaverit inferre calump-
niam, [hoc nostr]ae auctoritatis caesarea preceptum finetenus firmis-
simnm et invio[la]bile decernimus permanere. Quodque ut ab omni-
bus verius credatur diligentiusque cu[siod]iatur et conservetur, manu
propria subter firmavimus et anuli nostri impressione corroborando
sigillari diligentissimae^) iussimus.
I Signum domni Lanberti (M.) serenissimi caesaris et impera-
toris augusti. *
I Ego Heimeric notarius advicem Helbungi archicancellarii re-
cognoscens | (NT./) (SI. D.) (SR)
Datum mense ianuario, indictione XIII, imperante vero domno
et serenissimo Lamberto imperatore in Italia anno quarfco ; actum Uico
mercati publicae^) feliciterque ; in dei nomine amen amen amen^).
8. [y. Jaks eh.] &) et Gebidi von derselben Hand über der Zeile nach-
getragen. ^) A. c) corr. aus Sorerolo. ^) et Luuulaaio am Ende der achten
Zeile, die mit noncu abbricht, von derselben Hand nachgetragen. ^} auf Ra-
sur, f) scripi ac subscripi in Tironischen Noten. s) Das zweite amen in
Tironiflchen Noten. Hier, am £nde der Urkunde, hat der Schreiber den oben
nachgetragenen Ortsnamen Gibidi am Rande vermerkt.
Uitiheaungen TU. 29
450 Unedirte Diplome III.
9.
Lambert schenkt dem Getreuen Ottheriue eeche Landstüeke in
der Grafschaft Piacenjga.
— 895 -
Originaidipl&m im Kathedralarehw mu Pi<»eMxa (Ä).
(C.) I In nomine sancte et individae trinitaiis. Lambertns diTina
favente dementia imperator augustus. Siquidam^) fidelium | nostro-
rum presencium scilicet ac futurorum comperiat industria, quoniam
Joahannes^) Ticinensis episeopus nostram adhiens exelentiam enixias
postulavit, quatinus cuidam fideli nostro nomine Ottherio vasso Sige-
fridi comes^) eoncederemus mansaricias sex pertinentes de comiiatu
Placentino coniacentes per diversas^) loca: ad casale Grisponi sortem
unam, ad Carebalo sortem unam, ad Kunco Johanni sorte^) unam, ad
Septem Fonti sortem unam, ad Alli sortem unam cum silva, ad
üseli sortem unam cum silva qui^) nuncupatur Uualda cum omnibus
adiacentiis et pertinentiis ad easdem cortes sex iuste et legaliter per-
tinentibus iure proprietario per preceptum nostre auctoritatis eon-
cederemus. Cuius precibus assensum prebentes hoc serenitati^) nostre
preceptum fieri decrevimus, per q[uod pjredictus fidelis noster Otherius
onlnia superius comprehensa perpetualiter tenead et possideat; iiberam
quoque et fiimissimam in^') omnibus habeat potestatem donandi, ordi-
nandi, commutandi, vendendi seu quovis titulo inscripcionis alienandi
heredibusque suis libere relinquendi. Si quis autem hoc contradicere
Yoluerit, sciat se compositurum auri optimi libras X, medietatem
camere nostre et medietatem prefato Otherio suisque heredibus. Et
ut verius credatur, manu propria firmavimus et anuli nostri^) assignari
iussimus.
£ Signum domni Lamberti (M.) serenissimi imperatoris augustis^)- ;
(SI. D.)
Anno incarnationis domini nostri Jesu Christi DCCCXGV, domni
Lamberti imperatoris anno quarto, indictione XIII ma.
Ego Andreas notarius advicem Ainglini cancellarii recognoTiO*
10.
Lambert bestätigt dem Kloster S. Croce am Chienti deti BtslL
und fügt eine neue Schenkung hinzu.
-^ 897 -
Summarium priviUgiorttm S, Cruei» de CUnti von 1413 im Stadiarehir vom
S. Elpidio a mar$.
Lambertus confirmat omnia donata ab imperatoribus Earolo sei*
9. |v. Jaksch.l ») statt siquidem *>) A. c) corr. aus im. ^) nach
nostri fehlt impressione. **) Für die Datirungszeile und Kanzleiunterschrift Ut
die gewöhnliche diplomatische Minuskel verwendet worden.
Unediite Diplome UT. 45'1
licet ac patre ac genitoife ipsius Lamberti, videlicet gaaldam qui di-
citur Orream et res de Sala nee non et medietatem de portu Clenti,
quem iidem imperatorea per preceptum in eodem monasterio con-
firmaverunt seu etiam et eas qoas ip^e episcopua pro se suisque con-
tolit ibidem et ipsaa res qaas Albericas comes in ipso monasterio
obtulit sive et cortem de Bosario quam Heribertns ibi donavit et
etiam cortem de Celli quam ibi Transericus pro redemptione anime
sue reUquit atque ecclesiam beati Fetri apostoli que fundata est in
Corte de Salliano quam Guinigisus ibi concessit, ins aper res de Penne
qoas Hisegnerius ipsi monasterio donavit et omnium aliorum bonorum
instrumenta donationum a preterito tempore in futurum acquisita et
acquirenda et easdem res de Miciliano quas ibi ipse Lambertus im-
peratqr dona?it et nonnulla alia concessit ut in ipso privilegio con-
tinetur.
DCCCXCVII indictione XII»).
Lambert bestätigt S, Croee am Chienti den Besitz,
— 897 —
Summarium privüegiorum 8, OruüU ds CUnti von 1413 im Siadiarehiv von
S, Kipidio a mar4,
Lambertus imperator ad instantiam Alberti marchionis dilect
consiliarii confirmat omnia donata monaster io a predecessoribus suis
(Quod de yerbo ad yerbum ut in precedenti).
DCCCXCVII indictione XII»)/
Lambert schenkt dem Kloster S. Croce am Chienti ein Stück
Land in der Grafschaft Fermo.
Summarium priviUgiorum S, Orucii von 1413 im Stadtarchiv von S. Elpidio
a nuxre,
Lambertus imperator donat monasterio pro remedio anime pie
memorie domini et gloriosi genitoris sui Ouidonis imperatoris cum
consensu Alberici illustris comitis dilecti sui aliquantulum de terra
in Firmano comitatu in fundo Miccliano inter terram et silvam ad
modia CX pertinentem de ministerio Castello dictum ad stipendia
iratrum inibi secundum Benedicti instuta famulantium cum pacto,
quod singulis annis IUI kal. iunias celebrent officium cum vigiliis
psalteriis atque missis.
10k [Bethmann.1 •) entstanden aufl XV.
29*
452 ünedirte Diplome III.
11.
Berengar L schenkt dem Getreuen Fo leoin einen Hbf zu Ortf-
peUo Lomeüino und verleiht ihm die Immunität
Pavia 889 Juni 7.
Origmaldipl&m im Stadtarchiv van Pavia,
In nomine domini nostri Jesu Christi dei aeternl Berengarios
divina favente dementia rex. Si nostrorum fidelium obsequia regali
pietate consolamur, et apud dominum adipisci veniam et ad nostnun
fidelitatem ceteros roborari non ambigimus. Idcirco omnium fidelinm
sanetae dei eeclesiae nostrorum scilicet ac futurorum nosse cupimua
universitatem eo quod Berctila dilecta coniux nostra nostram ex-
postula7it clementiam, quatinus pro apto et salubri servitio con-
cederemus Folcoino qui et üuasingoni fideli nostro quandam cortem
fundatam in loco Graupello pertinentem ex nostra regali poteatate et
nostrae largitionis preceptum in eo coufirmari dignaremur. Nos autem
eins dignum et salubre servitium perspicientes, huiusmodi petitionibus
libenter adquievimus et in iam dictum Folcoinum qui et Uuasingonem
suosque heredes prefatam cortem cum omni integritate sicut hacteno«
nostrae regali pertinuit potestati in eum confirmamus atque in eius
potestatem et proprietatem modis Omnibus transfundimus et de nostro
iure et dominio ad suum ius et dominium perdonamus unacum Om-
nibus perünentiis atque adiacentiis suis, familiis videlicet casis ac terris
orüs vineis pratis pascuis silvis tilletis campis aquis coltis et incoltiä
divisis et indivisis arboribus pomiferis et inpomiferis montibus vallibus
planitiebus ripis rupinis molendinis aquis piscationibas aqnaromque
decursibus et omnia utriusque sexus quae diei vel nominari possunt
in integrum. Et volumus ut hec omnia «uperius nominata predicius
Fulcoinus suique heredes habeant, teneant atque possideant faciantque
exinde quicquid eorum decreverit aaimus vel voluntas. Insuper habeant
potestatem ea donandi, veudendi, commutandi seu pro anima iudicandi,
remota totius rei puplice vel alicuius potestatis inquietudine. Statuentes
itaque iubemus, ut nullus comes nee vicecomes neque sculdassio aut
aliqua potestas in ipso castro potestative ingrediatur neque placita celebret
nee tholoneum aut aliquod pignus inibi potestative accipiat nee mansio-
naticum aut aliquam functiouem inibi exigatur, sed liceat predictum
Fulcoinum qui et uuasingonem nostrum fidelem eandem cortem atque
pretaxatum castrum in loco Graupello fundatam sine molestatione et
diminoratioue atque invasione alicuius teuere. Precipientes itaque
iubemus ut quicunque contra hanc^) nostrae douationis preceptum aliquo
11. [Bethmann.l &) Wohl eher hunc, indem preceptum häufig als Mas*
culinum behandelt wird (vgl. oben 8. 445 Anm. e, 448 Anm. i und weiterhin
S. 457 Anm. c). ^
ünediite Diplowe IIL 453
ingenib insargere temptaverii, sciat se compositiiram auri optirni libras
centum, medietatem camerae palatii nostri et medietatem prefaio
Fulcoino qni et üuasingoni suisque heredibas. Qaod ut verius credatur
et diligentias observetur, manu propria roborautes anuli nostri im-
pressione subter adnotari iussimus.
Signum domni (M.) Berengarii gloriosissimi regia.
Beatus notarius advicem Liutuuardi episcopi et archicancellarii
recognovi et (SR) (SL D).
Data VII id. ion. anno incarnationis domini DCGCXCI, anno
[veroj domni Berengarii piisedmi regia II, indictione IUI ; actum Papi^
civitate palacio regio; in dei nomine amen.
12.
Berengar L schenkt seinem Oetreuen Vulferius drei Stücke
Land in der Grafschaft Piacenza,
liupaiina 898 Janucur 6»
Originaldiplom im KcUhedralarehiv zu Ptaeenza (A).
(C.) % In nomine domini nostri Jesu Christi dei aeterni. Beren-
gariua rex. Si iustis nostrorum fidelium postulationibus maiestatia
nostrae aurem incinamus^) eorumque cauaam ad effectum usque per-
duci[mu8 , praesentes fideles noatrjoa et qui venturi aunt \ ad noatra
obsequia promptiorea fore non dubitamua atque apud omnipotentem
dominum undique remunerari omnino confidimua. Quapropter uni-
versorum aanctae dei eccleaiae fid[elium noatrorumque praeaentium et
fu]turorum comperiat soUicitudo, quia Sigefredua illuatria comea et
fidelissimua consiliarius noater per Fetrum yenerabilem episcopum
strennuum archicancellarium noatrum aerenitatis nostrae expetiit ma-
iestatem, [quatenus cuidam fideli nostro nomine üulferio] ex terra
r^ia tres sortes hactenus pertinentea de comitatu Placentino cum
Omnibus rebus ad easdem iuste pertinentibus in iua proprietarium
concedere dignaremur. Cuiua precibua libenter, prout dignum f[uit,
adqoieacentea prefato] fideli noatro [Üulferio auiaque heredibua aupe]-
lius acriptas trea aortea concedimua cum univeraia pertinentüa et ad-
iacentiis earum; quarum una coniaoet in loco qui dicitur Grunaria
antiquitus laborata quondam per Martinum et Pra ^) [qu]ae
regator per Johannem ^) [at]que conaortea; altera quoque aora
est de loco que^) dicitur Petrabodolaaca ex antiquo recta per quon-
dain<^) Fetrum liberum hqminem et nunc laboratur per alium hominem
nomine Simu ^) [cum con]80rtibua auia; tertia autem aora eat
19» [▼. Jak seh.] •) A. b) Lücke Mr etwa 90 Buchstaben. «) durch
überschriebeiies n und a corr. aus quod. ^) Lücke für etwa 10 Buchstaben.
454 Unediite Diplome III,
[de loco qui dicitur] . . uo^), quae ab antiquo recta est per Eliaeum
et Johannem et modo excolitur ab heredibus eorum. Ipse aatem
prenominatae tres «ortes extant cum suis vocabulis vel tennmacioni-
bus infra [termiu]08 prefati comitatas Placeiitin[i, videlicet montjem
Centenarium et montem de Oropenno seu monasterium quae*) dicitur
Bocolo et montem Oropallum. ünde iussimus hoc nostrae mansue-
tudinis preceptum conscribi, [per quod prenominatas tre]8 sortes iam
diclo üulferio iure pro[prietario per]henniter possidendas dona¥imu8
cum Omnibus iustis pertinentiis et adiacentiis earum, terris videlicet
campis yineis praüs silyis pascuis aquis aquarumq[ue decursibus aerris
an]cillis libellarüs montibus Tallib[us cultis et in]culti8, omnia in
integrum. Fotestatem a nobis sibi conessam b[abeat pro se] sinsqae
heredibus easdem sortes, sicut a publico exactore usque modo possi-
deba[ntur, nunc ipse pojssidere, heredibus dimittere, vendere, donare
et modo quolibet Toluerit mancipare absque alicuius molestia vel di-
minoratione, nullo eum aut suos heredes duce comite aut publica^)
procuratore pro bis sor[tibus imp]ediente aut molestante, liceat^) ei
suisque haeredibus et quibus easdem largierint, sicut statuimus, quieie
et pacifice perpetuis temporibus possidere. Quicumque igitur teme-
rarius hoc mansuetudinis uostrae praeceptum in aliquo violaverit, sciat
se composituram triginta libras auri^) optimi, medietatem palatio nostro
et medietatem sepe nomiuato Üulferio suisque heredibus. Ut autem
ab Omnibus verius credatur diligentius[que obser]vetur, [man]u propris
subter confirmavimus [et a]nuli nostri impressione insigniri iussimus.
I Signum (M.) domni Berengarii gloriosissimi regis. *
I Bestaldus notarius advicem Fetri episcopi et archicanoellarii
rocognovi et J (SR.) (SI. D.)
Data VIII id. ian. anno iucarnationis domini DCCCXCVIII, anso
vero regni domni Berengarii gloriosissimi regis XI, indictione II;
actum Lupatina; [in dei nomin]e feliciter amen.
13.
Btrengar L schenkt der Kirche von Belluno das Köniffslandzu
Longoves in der Grafschaft von Ceneda,
Päma 898 November 10.
Qfpie de$ 18, Jcdirh. m einem vtm Luekn Doglioni angeUgtem Codem im Oa^pdei-
arehiv von Belluno,
Neues Archiv 3, 83 eil.
Berengarius divina favente dementia rez. Begalis celsitudini«
c) Da die ganze Lücke Raum für nur 14 Buchstaben bietet, so können, da
obige Ergänzung wohl sicher ist, nur zwei bis drei Buohstaben des OrtsBamene
fehlen. ^ vor liceat erg. sod. ß) zuvor verwischteB 1,
ünedirte Diplome III. 455
mos est procerum suorum precibos'^) aures libenter accomodare, qua-
tenas in eins fidelitaüs obseqaiis devotiores eos undique reddai^). Qua-
propter eunctoram fidelium sancte dei ecclesie nostrorumqae presen-
tiam scüicet et futuronim noverit indastria, quod Aymo revereudis-
simos sancte Bellunensis ecclesie presul nosterque fidelissimus suppli-
citer nostram deprecatus est clementiam quatenus ecclesie Bellonensi^^)
qae est constructa in honore sancti Martini Christi confessoris per
paginam nostri precepti regias terras pertineutes de comitatu Ceni-
tensi in loco dicto fundo Longoves cum omnibus pertinentiis con-
cederemus. Caius nos dignas et salubres petitiones prospicientes pro
dei amore et remedio anime nostre iam dictas terras regias sitas in
comitatu Cenitense in loco dicto fando Longoves cum omnibus per-
tinentibus et adiacentibus earum, que nunc invente sunt et in posterum
quoqno modo exinde poterint reperiri, de iure et dominio regni nostri
per hoc nostre firmitatis documentum in ius et proprietatem prelibate
ecclesie Bellunensis cum omnibus rebus mobilium et immobilium rerom,
que dici yel nominari possunt, casis scUicet terris yineis pratis^) pascuis
silvis salectis sationibus rivis ac paludibus aquis aquarumque de*
cursibus piscationibus molendinis exitibus ingressibus^) montibus pla-
niciebus divisis ac indivisisex integre transferimus, dedimus atque
donamus eidem ecclesie proprietario iure habeudas, possidendas absque
allius contradicentis obstaculo vel minoratione. Contra quod nostre
concessionis et donationis statutum si quis exsurgere temptaverit^
sciat se compositurum auri obrizi libras viginti, medietatem palatio
nostre et medietatem iam dicte ecclesie. Et ut rerius credatur dili-
gentiueque ab omnibus obseryetur, manu propria confirmavimus et
anulo nostro subter iussimus insigniri.
Signum domni^) Berengarii dei gratia gloriosissimi regis.
Data^) IV idus novembris anno incarnationis domini nostri Jesu
Christi DCCCLXXXXVIII, anno domni Berengarii gloriosissimi regis
undeeimo, indictione secunda; actum Papie; in dei nomine feliciter amen.
14..
Ijudwig IlL schenkt der Kirche von Como eine Wiese aii/ der
grösseren Insel zwischen Po und TicinOj ein Landstück hei Pavia und
einen Garten am Bache Cadrona.
Bma 902 Aprii 13.
Originaldiplom im KeUhedntlarehiv von PSaemua,
(C.) I In nomine sanctae et individuae trinitatis. Hludouicus
18. [y. Ottenthai.] ») fehlt. ^) reddet. c) Bellunensis. d) predüs.
9) congresabiM. ') Folgt freier Baum, der f&r £inz6ichnung des Monogrammes
bestimmt war. s) datum.
456 Unedirte Diplome III.
divinafavente dementia imperator augustas. Si necesaitatibus atque
utilitatibus fideliam nostroram diTini coltus amore &Yentes sobTeniie
curamoB, procul dubio fnictum diTini moneris a domino conseqni non
dubitamus, imitantes | restigia predecessorum nostroruniY regum adUoet
et imperatorum. Quocirca omnium 'fideliam sanctae dei eoclesiae
nostrommqae presentium et fiiturorum univerBitati notum fore cupi-
mns, quoniam Albericas inclytas comes et Amalfas cancellarias noster
dilectissimi nostri fideles nostram adeantes excellentiam enixius postu-
laverunt, quatinus pro mercede et remedio animae nostrae parentumqae
nostroram ac etiam pro statu imperii nostri quasdam res iuris nosbri
hactenus pertinentes de palaüo nostro, videlicet quicquid in insula
maiore, quod est inter Padum et Ticinum, de prato nostro imperiali
yidetur habere totum et ad integrum beato Abundio confessore^) Christi
ac etiam Liutuardo sanctae Comensis ecclesiae yenerabili episoopo et
archycancellario nostro suisque successoribus per preceptum^) nostrae
aactoritatis iure proprietario concederemus. Deprecati sunt etiam, ut
braidam unam, quae est in campania prope Papiam, pertinentem de
palatio nostro et terminantem de uno latere rivolum Uernabali et de
alterö latere monte Bononis, de una fronte rirolum Bearariae et de
alia fronte via publica, similiter beato Abundio confessore Christi et
Liutuardo yenerabili episcopo suisque successoribus iure proprietario
concederemus. Insuper etiam deprecati sunt, ut hortum, quod est
prope ripam Caderonensis , pertinentem de palatio nostro et ter-
minantem de una parte terra sancti Bomuli de altera parte Hare-
cassio de tertia parte yia publica et de quarta parte fluyiolum
Caderona similiter beato Abundio confessore Christi et Liutuardo
yenerabili sanctae Comensis ecclesiae episcopo suisque successoribus
per hoc nostrae auctoritatis preceptum iure proprietario concederemus,
cum Omnibus*^) adiacentiis ac pertinentiis iuste et legaliter ad easdem
res superius comprehensas pertinentibus. Quorum predbus assensum
prebentes hoc serenitatis nostrae preceptimi fieri decreyimus, per quod
beatus Abundius confessor Christi et Liutuardus yenerabilis episcopui
suique successores easdem res superius comprehensas cum omnibiis
pertinentiis ad easdem iuste et legaliter pertinentibus, yidelicet quic-
quid in insula maiore, quod est inter Padum et Ticinum, de prato
nostro imperiali yidetur habere et braidam unam superius iam com-
prehensam ac etiam hortum desuper iam determinatum futuris tem-
poribus absque uUius contradictione perpetualiter possideant. Liberam
quoque et firmissimam in omnibus habeant potestatem faciendi sicut
H* [y. Jaks eh.] *) A. i>) suisque — preceptum auf Basar. c) omibus
ohne Abkürzungszeichen«
Unedirte Diplome III. 457
4
de aliis rebus ad eoclesiam sancti Abondii confessoria Christi pertinen«
tibuB remota totius pablicae potestatis inquietudine. Si quis autem
contra hoc nostrae institutionis preceptum in aliquo violare aut in-
nimpere temptayerii, sciat se compositunun auri optimi libras centum^),
medietatem palatio nostro et medietatem partibos ecclesiae sancti
Abundii et Lintuardo sanctae Gomensis ecclesiae episcopo suisque
sucessoribos. Et nt verius credatar ac diligentius ab omnibus ob-
seryetur, manu propria subter roborantes anuli nostri impressione
insigniri iussimus.
* Signum (M.) domni Hludouici Serenissimi imperatoris augusti* $
(C.) I Amulfns notarius advicem Liutuardi episcopi et archi-
cancellarii recognovi et | (SR) (SL D.)
Data id. apriL anno incarnationis domini DCCCCII, indictione V,
anno imperii domni Hludouici gloriosi imperatoris secundo; actum
Papiae; in dei nomine feliciter amen.
15.
Hugo und Loihar schenken dem Oefreuen Bernard namentlich
angeführte Besitzungen und verleihen ihm ihren Schutz.
Pavia 943 Oetober 21,
Origüialdiphm im Capit^hrehAV mu Arezgo (A),
(C.) * In nomine domini dei aeterni. Hygo^) et Lotharius divina
proTidente dementia reges. Begalem decet exellentiam iustis fidelium
petitionibus assensum prebere. | Quocirca omnium fidelium sanct^
dei ecclesi^ nostrorumque presentium ac futurorum devotio noverit,
qualiter interventu ac petitione Ilderici^) comitis dilectique fidelis nostri
prout iuste et legaliter possumus per hoc nostre confirmationis pre-
cepta^) confirmamus ac corroboramus Bemardo nostro fideli omnes
res proprietatis su^ iuste et legaliter adquisitas et adquirendas sive
familias emptionis commutationis vel quolibet titulo legalis scriptionis
sibi pertinentes. Insuper concedimus ei per hunc^) nostrum regale
preceptum ecclesiam sancti Salvatoris cum terris et silvis finis Arole
et Ariele et finis Alpis locis simul cum rebus illis qui') sunt in Carda,
in Prata et in Casalae et res illa in Blatiano simul cum rebus illis
in Manditiano et eius pertinentia, quibus nobis per cartula obvenit
da quondam üuinigeldo, res ille in Gampriano, Blatiano, Fabriciano et
Cerreta qui^') fuerint de corte nostra Caput Leonis vel per singula loca
et Tocabula regni nostri de ipsis rebus adiacentibus, recipientes eundem
Bernardum et filios suos sub nostre tuitionis mundburdum una cum
«) Yon anderer Hand in nrsprflnglich freigelaasenen Raum nachgetragen.
15. [Läse hitzer.] ^) y und ^) ci Über der Zeile nachgetragen. ^) A.
458 ünedirte Diplome III.
Omnibus rebus mobilibus et immobilibns sibi iuste et legaliter perti-
nentibus servis et aucillis. Precipientes itaque iubemus, ut nullus duz,
marchio, comes, vicecomes seu quqlibet regni nostri magna parYaque
persona predictum Bernardum molestare Tel de suis rebus desvestire^)
audeat absque legali iadicio. Si quis igitur huins nostri precepti con-
firmationem seu mundburdi tuitionem aliquando infringere oonaias
fuerit, sciat se compositurum auri optimi libras quinquaginta, me-
dietatem camer^ nostr^ et medietatem prefato Bernardo suisque here-
dibus. Quod ut yerius credatur diligentiusque ab omnibus obserretarf
manibus propriis roborantes anulo nostro insigniri iussimus.
$ Signa serenissimoruth (M.) (M.) Hugonis et Lotharii regurn. %
$ Giseprandus eancellarius advicem Bosonis episcopi et archi-
cancellarii recognovi et * (SR) (SI. D.)
Data XII kal. novembris anno dominic^ incarnationis DCCCCXLIII,
regni vero domni Hugonis XVIII, Lotharii XIII, indictione secunda:
actum Fapi^; felieiter.
16.
Muffo und Lothar schenken axtf Bitte Bischofs Boso von Pin-
cenza den Kanonikern daselbst ein Stück Land im Ort Äncarano.
Fiacema 946 Februar 22.
Originaldiplom im Cäpiularehw van SL Äntanin zu Piacenza (A).
Campi i, 48S Regeit^ darnach Böfim&r Reg, Kaur, 1421.
(C.) * In nomine sanctae et individuae trinitatis. Hugo et Loiha-
rius divina miserante dementia reges. Si nostrorum fidelium pe-
ticionibus consensum prebemus, devo j^ tiores eos esse in nostro serritio
non vacillamus. Quapropter omnium sanctae dei eclesiae nostronimque
fidelium noverit presentia, qualifcer Boso sanctae Placentin^ eclesiae
presul supplez adiit nostram deprecans clementiam, ut dei pro amore
suaque dilectione donaremus canonicis de eclesia beati Antonini man-
sum unum in loco qui dicitur Ancariano laboratum per Andream
massarium. Domini igitur amorem suamque considerantes dilectionem
atque peticionem tradimus, donamus atque concedimus illis preno-
minatam terram in Ancariano que quondam*^) fuit Berteriti cuiusdam*)
nostri servi et de nostro iure et dominio in eorum ius et dominium
transfunndimus^) ac delegamus, ut habeant, teneant firmiterque pos-
sideant. Habeant etiam potestatem tenendi commutandi fruendi sicut
de cetera terra, qu^ in eorum iure pertinere videtur, habent. Con-
cedimus illis ita prefatum mansum cum omni integritate cum ca&i>
)ft» [▼. Jak ach.] ») v über der Zeilo aachgetragen. b) A,
Unedirte Diplome IIL 459
yidelioet süyis pratis aquis aquaromque decursibus et omuibus rebus
quQ ibi pertinere videtur^) in integrum. Si quis igitur huius pre[cep]ti
Yiolat[or ex8tit]erit, sciat se compositurum auri optimi libras C, me-
dietat^u nostrae kamer^ et medietatem prefatis canonicis. Quod ut
Terius credatur diligentiusque ab omnibua obaervetur, manibus proprüs
r[obo]rantes in calce anulo nostro iussimus insignirL
« Signa serenissimorum (M. M.) Hugonis et Lotbarii regum. *
* Petrus in dei nomine episcopus regio ^iussu recognovi et $
(SB.) (SI.)
Data VIIL kaL mar. anno dominice<^) incarnatiouis DCCGGXLIIII
regni autem et domni Hugonis invictissimi regis XX et Lotbarii item
regis XV, indictione III; actum Flacentiae; feliciter.
17.
K. Heinrich IV. schenkt der biecköflichen Kirche von Verdun
den Hof IHura im Burgau.
Kai8er9werth 1057 April 26.
Origmaldiplom im germcmisehen Natianalmuieum eu Nürnberg (A),
(C.) * In nomine sanctae et individue trinitatis. Heinricus divina
favente dementia rex. % Si loca divinis cultibus mancipata more ante-
cessorum nostrorum regum et imperatorum ditare et sublimare studeamusi
divinam retributionem nobis inde semper praesentem speramus. Quo-
circa omnium Christi nostrique fidelium tam futororum quam prae-
sentium noverit industria, qualiter Theodericus Virdunensis episcopus
suQ proYectum desiderans ^cclesiae nostram pro quodam praedio inter-
pellavit maiestatem. Cuius laudandae petitioni libenti animo acquies-
centes ob amorem dei sanctaeque suae genitricis et pro remedio patris
nostri Heinrici beat^ memoria imperatoris augusti et ob interventum
dilectae matris nostrae Agnetis imperatricis augustae, memores etiam
fidelis et frequentis sui servicii in quo patri nostro bene complacuit,
eandem quam desideravit curtim nomine Divram^) in pago Bvrgovye
in comitatu Gerhardi qui dicitur Stegrla ad usum Qcclesiae praenomi-
natQ in proprium tradidimus et condonayimus, uno manso ezcepto et
duobus seryientibus et bis bonis quQ antecessores nostri Aquisgrani
tradiderunt ad Qcclesiam ad usum fratrum, id est ^cclesia quQ est in
eadem villa Divra cum omni utilitate quQ ad eam Qcclesiastico iure
pertinet^ et nona omnium renmi parte quq ad /lominicalem aream
pertinent; cetera autem omnia cum Omnibus pertinentiis, id est cum
mancipiis utriusque sexus areis ^ificiis terris cultis et incultis agris
«) dorn.
17. [Kehr.] *) Divta Or.
U>0
Unedirt« Diplome IlL
pmüsi pascuis campis sUtIs aquis aquaromque decursibus molis moleu-
itiiiis piscationibas exitibus et reditibus Yiis et inyiis quesitis d in-
quirendis et cum omni iure ac utilitate qu^ ullo modo potent inde
proyenire ad usum praedict^ Virdunensis ^cdesiae in proprimn con*
cessimus et eonfirmavimus, ea videlicet ratione ut praedictas episcopta
succesBoresque illius de supradicto praedio liberam deinceps potestatem
habeant tenendi dandi commutandi vel quicquid illis placuerit inde
faciendi Et ut b^ nostra regalis traditio stabilis et inoonvulsa omni
permaneat qyo banc cartam inde conscriptam manu propria ut vakk
yidetur corroborantes sigilli nostri impressione iussimus insigniri.
I Signum domni Heinrici (M.) quarti regia. |
t Vuinitberius cancellarius yice Liutbaldi arcbicancellarii et archi-
episcopi recognovi. 5 (SI. D.)
Data VI. kaL maL anno dominic^ incamationis MLYII, indictioii«
X, anno autem domni Heinrici quarti regia ordinationis terdo, regni
^rimo; actum Werede; in dei nomine feliciter amen.
Kleine MittheiluDgen.
Bb linier Bit ta loiOgnun I. MwnA lY^ unter den mann^facben
Schätzen des Museums Ferdinandeum zu Innsbruck, welcbe erst
durch die jüngst erfolgte Erweiterung der Baulichkeiten und nene
fachmännische Aufstellung zu gebührender Geltung kamen, befindet
sich auch ein Marmor mit dem Handzeichen des genannten Kaisers.
Die Steinplatte ist quadratisch, misst 49 cm. bei einer Dicke von
ungefähr 9 cm., entstammt nach gütiger Mittheilung des Herrn Prof.
Adolf Y. Pichler dem der Fundstelle nahegelegenen Tauferer Marmor-
bruch; die Erhaltung ist eine sehr gute.
Das Monogramm selbst ist 38 cm. hoch, 40 cm. breii Dem
Steinmetz lag ohne Zweifel ein gutes echtes Muster yor. Die Grund-
form und die Proportionen des Handzeichens, die Zahl und die Ver-
theilung der Buchstaben stimmt mit den in der Kanzlei Heinrich III.,
IV., y. angewendeten Monogrammen, besonders mit dem unter Hein-
rich IV. in den ersten Jahren nach der Kaiserkrönung gebrauchten, wie
es sich z. B. in den , Kaiserurkunden in Abbildungen ' Lief* IL Taf. 27
(vom J. 1091) reproducirt findet. Die Abweichungen von dem letzt-
genannten sind unbedeutende. Die eine Differenz liegt darin, dass
der Steinmetz die an den Enden der drei Verticalen angesetzten
Querbalken von E und T zu Halbkreisen umstilisirt hat, deren Oeff-
nung gegen die Bänder des Steines gehen. Weitere Verschieden-
heiten bestehen im Maugel einer Fortsetzung des Vollziehungsstriches
über die — vom Beschauer aus — rechtseitige Verticallinie hinaus
( — Mittelbalken von E) und in der Vertauschung der Buchstaben Q
und S am selben Theil des Monogramms, so dass also auf dem Stein
das S oben und das Q unten stehi Die erstere Abweichung möchte
wohl auf bloses Versehen des Steinmetzen zurückzuführen sein, die
Anordnung der Buchstaben 8 und Q wechselt aber auch sonst: in
Kaiserurk. in Abb. Lief. IV. Taf, 20 und 21 von 1098, 1102 steht S
oben, O unten; dann ist in der Kanzlei Heinrich V. diese Stellung
von S and Q gebräuchlich, s. die Monogramme 1. c. Lief. IV. Taf. 28
bis 30, ^eelche sich von dem unseres Steines überhaupt nur dadurch unter-
462 Kleine Mittheilungen.
scheiden, dass sie in der untern Oeffiiung der beiden Schrägbalken
den Querbalken von A eingefügt haben. Da aber derselbe bereits in
der späteren Zeit Heinrich IV. aufgekommen, dann unter Heinrich Y.
durchaus verwendet, muss unser Monogramm dem ersteren Kaiser
zugeschrieben werden.
Ueber die Provenienz des Fundes gibt ein auf der Rückseite der
Platte aufgeklebter Zettel folgenden Aufschluss: ^ Dieser Stein mit
dem Handzeichen Kaiser Heinrich IV. wurde in de^ ersten Jahren
des 19. Jahrh. ober den zwischen Dietenheim und Aufhofen liegenden
Aeckern nahe an dem kleinen vom Dietenheimer Bei^e hersbfliessen-
den Wasser, das Lerchenbachl genannt, gefunden oder vielmehr ent-
decki Bruneck, den 12. Jan. 1835. — Job. v. VinÜer." Der Ge-
nannte, ein glücklicher und geschmackvoller Sammler von Kunst-
werken und Alterthümern, sendete eine Zeichnung desselben an isa
bekannten Archäologen, Graf Benedict Oiovanelli nach Trient, der
die Darstellung auch richtig bestimmte (Brief vom 25. Oct 1824,
wenn nicht Lapsus fiir 1834); im J. 1835 kam dann der Stein durch
H. V. Vintler an das Museum (Museumsacten 1835).
Welchen Zweck, welche* Bedeutung hatte dieser Stein? Ich will
gleich offen gestehen, dass ich eine sichere Auskunft auf diese Frage
nicht zu geben weiss, sie vielmehr den Lesern der Zeitschrift zai
Beantwortung vorlegen möchte. Sie ist namentlich dadurch erschwert
dass mir wenigstens ein Vergleichsobject mit dem Innabrudcer Monu-
ment nicht bekannt ist. Auch die Direddon des Germanischen Na-
tionalmuseums, die in solchen Dingen gewiss competent ist, ertheilte
mir auf eine bezügliche Anfrage freundlichst die Antwort, dass die
Sammlungen ihres Museums kein ähnliches Monument enthalten, dass
K ihres Wissens in Stein gemeisselte Monogramme deutscher Kaiser
und Könige oder deutscher Fürsten des Mittelalters überhaupt nidii
existiren.* Das Innsbrucker Monument scheint also ein
ünicum zu sein.
Die äussere Beschaffenheit des Steines ergibt nur soviel, dass er
nach dem Grad der Erhaltung nicht Jahrhunderte nngvselitttrt im
Freien gestanden haben dürfte; seine Gestalt ftihrt, da alle archi-
tectonischen Zierglieder fehlen , zur Annahme, dass er irgendwo ein-
gemauert gewesen sein wird. Festzuhalten wird dann auch daran
sein, dass die Verfertigung und Setzung des Steines durch ein Er*
eigniss veranlasst wurde, das mit Heinrich IV. in Zusammenhang
steht, wohl auch unter dessen Begierung fallt.
Die Fundstelle bietet darüber auch keinen rechten Aa&chla^>
Sie befindet sich etwa 20 Minuten nordlich von Bnineck am Han^
Ein Marmor mit dem Monogramm E. Heinrich lY. 463
der Ebene. Das in der Fandnotiz erwälmte „ Lerchenbachl * muss
ausser Spiel bleiben, es ist zu klein, um den Stein vom Berg herab
geft&hrt zu haben, was auch sehon die Erhaltung des Steines ver-
bietet. Der ursprüngliche Standort des Steines i^t also in der Ebene
zu suchen. Da kommt in erster Linie das benachbarte Dorf Auf-
hofen in Betracht Die Villa Üfhoven ist schon in den Brixener
Traditionen des 10. Jahrh. erwähnt (ich verweise auf die Ausgabe
Bedlieh's in ^dem eben erschienenen I. Band der Acta Tirolensia).
Der Besitz der Kirche daselbst ward ein so bedeutender, dass die
Villa zum Mittelpunkt der bischöflichen Gutsverwaltung f&r jene
Oegeud auserkoren wurde : hier hatte bis zur Erbauung von Bruneck
(in der Mitte des 13. Jahrh.) der bischöfliche Amtmann seinen Sitz
(Sinnacher, Beytr. zur Gesch. der Kirche von Sähen und Brixen 2,
33 ; 3, 345), daselbst befand sich auch eine bischöfliche Pfalz, welche
die Bischöfe zeitweilig bewohnten, gerade der von Heinrich IV. viel-
begünstigte Bischof Altwin (1049 — 1097) urkundet wiederholt dort
(Sinnacher 1. c 2, 495), an den Bischof Hartmann erinnert noch der
Dorfbrunnen (1. c. 3, 336). So viel wir aber wissen, stammt all der
Besitz Brixens zu Aufhofen von Privaten her, insbesondere betrifft
keine Schenkungsurkunde Heinrich IV. diesen Ort. Doch liesse sich
recht wohl denken, dass Bischof Altwin, der ja ein erklärter Partei-
gänger Heinrich IV. in dessen Kämpfen mit der römischen Curie
war (vgl. Redlich, Zur Gesch. der Bischöfe von Brixen von 907 bis
1125 in Zeitschr. des Ferdinandeums , III. Folge 28, 33 ffl), einen
von ihm aufgeführten Neubau mit dem Symbol seines kaiserlichen
Herrn und Gönners schmückte, etwa die Front der Kirche (wir wissen
nur, dass 1360 die alte umgebaut wurde, Sinnacher 1. c. 5, 488) oder
die Halle meiner Pfalz. Bezüglich der Anbringung des Monogramms
in letzterer will ich noch darauf hinweisen, dass Heinrich IV. dem
Bischof Altwin am 2. Sept. 1091 (St 2913) den Comitat im Puster-
thal verlieh und zwar gerade in der Gegend von Aufhofen (vgl. Red-
lich, Zur Gesch. d. B. v. Brixen 37 Anm. 1). Ich vermag nicht zu
conatatiren, ob Aufhofen Malstätte des Grafengerichtes war, jeden-
falls lag es aber nun nahe, an dem Orte, an welchem der Gerichts-
berr und seine Beamten den Sitz hatten, Gerichtsacte vorzunehmen
lind 2war in der bischöflichen Pfalz, da das Gericht unter Dach ab-
gehalten werden sollte (Waitz, Verfassungsgeschichte 4, 376).
Also als Symbol der Gerichtsherrlichkeit könnte dieser Stein
in der Halle oder Laube (nach italienischem Muster) der bischöflichen
Pfalz angebracht gewesen sein. Allerdings sollte man dann erwarten,
dass das Monogramm dem des betrefifendeu Privilegs nachgebildet sei«
464 Kleine Mittheilungen.
Das ist aber nicht der Fall, das kaiserliehe Handzeichen in St 2913
(Or. Brixen, Hofiftrchiy) hat in der untern Oeffhong der beiden Sehni-
gen den Querbalken des A, die mittlere Verticale zeigt unter dem
0 noch einen Querbalken (von T) durchgelegt, an den rechtsseitigen
Yerticalen ist Q oben, S unten angebracht Freilich kann auch keines
der andern Originale Heinrich lY. f&r den gleichen Destinatar:
St 2531, 2630, 2671, 2804, 2810, 3067 (von Heinrich V.) in den
Archiven zu München, Laibach, Wien, Brixen, Innsbruck, deren Mono-
gramme ich theils selbst einsah, theils der Güte der Herren Prof.
Grauert, Schumi, Archivar Paukert verdanke, die Vorlage für den Stein-
metzen gebildet haben. Also nicht einmal über diesen Funkt kann idi
Gewissheit schaffen.
Auch Graf Ben. Giovanelli hat sich in seinem obenerwähnten
Brief an H. v. Vintler in Vermuthungen über die Bedeutung dieses
Monumentes ergangen. Er wollte es als Zeichen kaiserlichen Eigen-
thums an einem Gebäude oder als Grenzstein betrachtet wisaen.
Gegen letzteres scheint die Gestalt des Steines und auch die gegen
den Wald hin gerichtete Fundstätte des Steines zu sprechen; die
erstere Vermuthung trifft in dem einen Punkte mit meiner Yer-
muthung zusammen, nämlich dass der Stein an einem Gebäude an-
gebracht war, ich kann mir aber nicht denken, dass in Aufhofen
damals ein grösseres gemauertes Gebäude gestanden hätte, das in
directem Eigenthum des Fiscus gestanden hätte, da wir von Beiehs-
gut daselbst, wie schon erwähnt, keine Eenntniss haben.
Wie dem auch sei, in jedem Fall zeigt der Innsbrucker Marmor,
dass sich die Verwendung des kaiserlichen Monogrammes nicht aos-
schliesslich auf die Eaiserurkunden und Münzen^) beschrankte.
Innsbruck. E. v. Ottenthai.
CkrODOgraphisehe BemerkUDgen. L üeber den byzantinischen
Stil der Jahreszählung vom 1. September. Grotefend (Handb.
der histor. Chrouol. 29) bemerkt, dass dieser Stil zugleich mit der
griechischen Indiction in Italien Eingang fand, ,wo er, besonders in
Süditalien, in einigen Annalen erscheint ** ; doch nicht allein in den
Annalen, sondern auch in Urkunden von Neapel, Amalfi, Gaeta und eines
grossen Theiles von Apulien und Calabrien findet er sich (vgl M. Bussi
Paleografia e diplomatica delle province napolitane, Napoli 1883, p. öo .
^) Hier aber im 11. Jahrb. nur mehr selten, vgl. Dannenberg, Die dentscbtv
Münzen der sächsischen und fränkischen Eaiserzeit 25. Ein Monogramm Hein-
rich IV. fand ich in den Tafeln gar nicht, es ist also auch b Ochst imwahr-
Bcheinlich, dass der Steinmetz eine Münze als Vorlage ftir den Innsbmckt^
Stein hatte.
CIironogpn^[>Jii0che Bemerktmgett. 465
In diesem Stil ist bekanntlicli der Jahresan&ng im Vergleich
mit dem des gemeinen Jahres um vier Monate früher.
Hievon gibt es nun ein Beispiel, hergenommen aus einer Ur-
kunde des Archivs in Florenz (1508 Dec. 20 prov. BibL nation.).
Es ist ein YoUmachtsmandat, ausgesteUt in Bari in Apulien fQr
Luca ügolini in^ Florenz und aufgesetzt vom Notar Petras de Fal-
conibus in Bari; es hat folgendes Datum : «Yirgineo carnem sumpsit
qui ex utero puram^) anno eiusdem millesimo quingentesimo octavo
secundum cursum civitatis Bari, ubi anni domini semper a
primo die mensis septembris una cum inditione mutan-
tur . . ., mense decembris, vicesimo eiusdem, undecime inditionis.'
Bas Jahr 1507 st. comun. hat Indiction 10, und indem es am 1. Sep-
tember umsetzt, nimmt es in den letzten 4 Monaten Indiction 11 an,
so dass die Berechnung der Indiction allein uns anzeigt, dass das
angegebene Jahr 1508 nach gewöhnlichem Stil als das Jahr 1507
verstanden werden muss. Dies wird bestätigt durch eine Bemerkung
auf der Bückseite der Urkunde, aus der wir erfahren, dass jenes in
Bari im December 1508 ausgefertigte YoUmachtsmandat in Florenz
im Juli 1508 in Kraft trat: «Frocchura per Dionigi da Dungnano
in Lucha di Taddeo ügholini per saldare effinire con Giuliano Da-
vanzati. La quäle fine essaldo si f$, come per chontratto roghato
ser Fagholo d' Antonio Mei sotto di iiij di luglio 1508.*
n. üeber die Indiction. Es ist wohl bekannt, dass in Florenz
die Epoche der Indiction der 24. September war (wohl aber blieb der
nmnerus anni fest), und blos als historische Merkwürdigkeit führe
ich ein ausdrückliches Zeugniss eines Notars der Comune von Florenz
an: »In Mill^ CGCYIII indictione septima, naminditio hicmuta-
tnr, die zxüij intrante mense septembris (B. Archiv. Fior. Gonsulte
del 1308, c 27). Das Jahr 1808 hatte die römische Indictionszahl 6.
in. Ueber Datirung nach Jahren des Imperiums in
Notariatsinstrumenten. E. Mühlbacher .Zur Geschichte K Bern-
hards von Italien", MittheiL des Insi 2, 296—302, hat die Wichtigkeit
hervorgehoben, welche die Datirangen der italienischen Notariatsinstru-
mente für die Geschichte und Chronologie der Könige haben. Die
Annahmen und die Berechnung der Epochen ihrer Begierungen in
jenen Urkunden hängen von politischen Einflüssen ab, deren Beobachtung
für den Historiker nicht minder wichtig ist, als für den Chronographen.
*} Ton einer solchen rhetoriBchen Erweiterang der Formel: »anno incar-
nationis domini^ bietet ein anderes Beispiel eine Urkunde von Molfetta, heraus-
gegeben von Ficker in Mittheil, des InstitafB 2, 465: Unigenitus dei ex quo
Yir^inis factus est filius, anno millesimo centesimo octogesimo quarto.
MittiioUiuiien YIL 80
466 kleine Mittheiltingeii.
Andere Beispiele verschiedener Epochen bestätigen diese Be-
obachtung. Cale£Bo Vecchio von Siena a. c. 32 und 32^ Promissioni
del potesta di Orvieto al Comune di Siena:
, Anno Domini Mill^ CGsecundo, tempore imperii vacante certo
imperatore anno Y pontificatus domini pape Innocentii tertii, in-
dictione quinta, die martis, mense augasti XIII. kal. septembris.'
.Anno domini millo CG tertio tempore imperii vacante certo im-
peratore anno VI pontificatus domini pape Innocentii inditione VI,
XV^ die intrante mense ianuariL*
Es machten sich in dieser Zeit Philipp von Schwaben und Otto
von Braunschweig, beide als gewählte deutsche Könige, das Recht der
Eaiserwürde streitig.
B. Arch. Fior. Perg. Binuccini 1245 Oct 6. Ehecontract in Valiaüa
(Valle Tiberina): In nomine lesu Christi amen. Anno nativitatis
domini millesimo ducentesimo quadragesimo quinto, indictione tertia,
Fiderigo imperatore in discordia cum ecclesia dies vj
mensis octubris.
B. Arch. di Siena. Perg. del Patrimonio ecclesiastico. Notariats-
instrument vom 8. Juli 1403. In nomine domini amen« Anno ab
eins incamatione millesimo IUI ^^ ind. XI tempore pontificatus sanc-
tissimi in Christo patris et domini Bonifatii divina Providentia pape
noni, in Bomano imperio imperatore vacante ut dicitur, die
VIII mensis iulii.
Nach Wenzels Absetzung (20. August 1400) r^erte in Deutsdi-
land Buprecht von Witteisbach, Pfalzgraf von Bhein, mit dem Titel
eines Königs der Bömer, der auch in die Lombardtii mit Unter-
stützung der Florentiner gegen Johann Oaleazzo Visconti zog. Aber
den Sienesen, damals Johann Galeazzos IJnterthanen, konnte ein?OA
ihren ewigen Gegnern unterstützter König nicht geeetzmässig er-
scheinen. Uebrigens war das Kaiserthum vom Standpunkte der
italienischen Bechtsanschauung ledig und blieb es bis Sigmunds Krö-
nung in Born am 31. Mai 1433. Eine andere sienesischa Urkunde
(Perg. Piccioli) vom 26. September 1409 ist in derselben Weise datirt:
.Bomanorum, ut Senis dicitur, Cesarea sede imperatore vacante.*
IV. Ueber die Zählung der Monatstage nach Kalendae^
Nonae und Idus. In dem 21. Bande des «Medic av. iL Frinc*
(B. Arch. Fior.) ist ein Blättchen, gezeichnet Nr. 159, geschrieben
von der Hand eines florentinischen Humanisten des 15. Jahrh., wel-
ches die folgenden Verse in Hexametern enthält, die sich auf die Z&hluBg
der Tage und Monate nach römischem Kalender beaiehen.
ChronographiBclie Bemerkungen. 467
Sex nonas malus, apriUs, ioliua et mars
Quattuor at reliqui tenet idos quilibet octo.
Junius aprilis septemque novemque tricenos
Unum adde reliqnis. viginti februns octo.
Janas et augastus denas nonasque december
JuUus october mars malus epta decemque.
JunluB aprllls September et Ipse november
Ter senas retlneui februusque bis octo kalendas.
Einige Bemerkungen hlezu dürften nicht überflüssig sein:
In § 1 (yv. 1 — 2) werden die beiden ersten Abschnitte des Mo-
nats, die Nonae und Idus, bestimmt; in 8 Monaten fallen sie auf
den 4 Tag, in 4 Monaten aber ^uf den 6. Nur ist in der Namen-
reihe, die hier überliefert wird, ein Irrthum, indem zu den Monaten,
die .sex nonas* haben, statt des April der Monat October gehört
Der Abstand von den Nonen bis zu den Iden beträgt in jedem Monat
8 Tage (tenet Idus quilibet octo).
Im § 2 (yy. 3 — 4) wird die Zahl der Tage, die jeder Monat nach
fortlaufender Zählung hat angegeben.
Im § 3 (yy. 5 — 8) wird die Berechnung des dritten Abschnittes
jedes Monats, nämlich dessen, der die den Kaienden des folgenden
Monats yorausgehenden Tage enthält, angegeben. Die Zählung be-
zeichnet die Tage dieses dritten Abschnittes «Ealendas*, wie sie die
der beiden früheren Abschnitte , Nonas* und «Idus* nennt
Mit sehr genauer Bechnung wird nun gesagt, dass die Monate
Januar, August und December deren 19 haben (denas nonasque),
(das bezieht sich also auf die Kaiendentage des folgenden Monats),
dann März, Mai, Juli, October 17 (epta decemque), April, Juni, Sep-
tember, Noyember 18 (ter senos) und Februar 16 (bis octo).
Wir können hinzufügen, dass einige Verse dieses Bhy thmus auch in
einigen Summae notariae des 13. Jahrhunderts citlrt oder angegeben sind.
Als Beleg für diese Zählung nach Kaienden, Nonen und Iden
führe loh eine plsanlsche Urkunde yom 21. Juni 1417 (StlL pls.
«= 1416 St com.) (B. Arch. Flor. Documentl cartacel proy. Bifor-
magloni) an, in der die Datirung yom ausfertigenden Notar herrührt;
sie hat den Monatstag nach römischen Kaienden neben dem nach neuem
Stil: .Fatet per cartam rogatam a me Antonio notario quondam Jacobl
de Sancto Gassiano ciye Plsano domlnlce Incamationis A. M. CCCCXYII
indlctione nona, undeclmo Kalendas Julil, que ftdt die ylgesimo primo
Junll seeundum cursimi et morem notarlorum Flsane dyltatis, qualiter * etc.
Florenz, C. Paoli.
80"
468 Kleine Mitiheilungen.
Zur fimUehtfldirabaiig desllosterslenbnrg im Sinn. Mein hochverehrter
Lehrer, Herr Prof. Dr. Scheffer-Boichorst, macht mich auf zwei weitere
Punkte aufmerksam, welche den von n^r in dem Aufsatz: «DieelBas-
sische Annalistik in staufischer Zeit* (s. diese Ztschfii. Bd. Y, 513 — 538)
versuchten Nachweis, dass die Urkunden des Klosters Neuburg und
die Annales Marbacenses eine Verwandtschaft zeigen, aufs Neue be-
stätigen. Damit verknüpfe ich auch ein paar Ergänzungen und Cor-
recturen, vor allem zum Leben des Abtes Peter von Neuburg, dem
ich einen Antheil an der Entstehung des werthvoUsten Theiles der
, Annales Marbacenses' zuerkennen musste.
Li der Oede der ftin&iger und sechziger Jahre des zwölften
Jahrhunderts, wie sie sich in den Annales Marbacenses finden, fiUt
der eingehende Bericht über die Belagerung von Horburg und die
sich daran knüpfenden Folgen auf (1162). Damit stellt sich in Ver-
gleich die noticia über den Erwerb der Kirche zu Dauendorf, welche
im Kloster Neuburg erst viele Jahre später, nicht vor dem Jahre
1182, angefertigt wurde (Würdtwein Nova subsidia IX, 381). Zur
Datirung der für das Kloster sehr wichtigen Erwerbung schreibt die
noticia: ,, tempore venerabilis Burchardi Argentinensis episcopi, scilicet
quum comes Hugo castrum Horburch obsederat auxiliante sibi Stephano
Metensi episcopo et duce de Geringen* sei es geschehen. Eine solche
Datirung ist auch in einer «notitia* auffallend genug, sie erklärt
sich am passendsten, wenn wir voraussetzen, dass dem Verfasser der-
selben die historische Aufzeichnung, welche in den Annales Marba-
censes uns überliefert ist, vorgelegen hat.
Eine weitere Parallelität zwischen einer Neuburger Noticia und
in den Annales Marbacenses findet sich in der Charakteristik Fried-
richs I.^). Die noticia, welche in einem eigenthümlichen Yerhaltnisae
zu der von mir S. 532 Anm. 2 erwähnten Urkunde steht'), schreibt:
Sed imperator cum esset prudens et potens atque diversa predia
<) S. •582 Z. 28 ist der sinnstörende Druckfehler : leichtsinnig statt leidit-
gl&ubig von mir übersehen. <) Die erwShnte Urkunde Friedrichs L vom
12. Juli 1187 ist in der Form höchst aufbllend, ihr Wortlaut deckt sich sam
Theil mit dem der genannten noticia (Würdtwein Nova subs. dipL X, 60), aber
doch ist die noticia wohl nicht die Vorurkunde; denn die Einleitongsworte der
noticia sind so scharf gegen Friedrich I. gerichtet, dass man sie schwerlich der
kaiserlichen Kanzlei übergeben konnte. Wenn es dann femer heisst: »ae nos
grangiam modicam ibidem, ubi nunc sita est, . . . constnudssemus*, so liegt
auch darin der Beweis, dass die noticia jünger ist, als die Handlung. Aber auch
die Urkunde Friedrichs ist erst 18 Jahre nach der Handlung ausgestellt. Ohne
Einsicht des Originales (in Darmstadt, nicht in Stuttgart) wage ich nicht su
entscheiden.
Zur Geschichtschreibung des Klosters Neuburg im ElsasB. 469
propter inclitam eius prolem in unam aggregaret, . . . .*
Derselbe Gedanke und z. Th. auch derselbe Ausdruck kehrt in dem
Bericht der Annales Marbacenses zu 1208 zurück, wo es von Otto lY*
heisst: ,ubi etiam uniyersa predia, castra, ciyitates et oppida, que
longo tempore divi imperatores Fridericus et Heinricus in unum
Tnaximifl sumptibus et infinita peeunia coaceryayerant*.
Eine dritte Bestätigung finde ich im 5. Band von Trouillat
Monuments de Thistoire de l'ancien evech^ de Bäle unter den Nach-
trägen zu den älteren Bänden S. 139 Aum. 1. Trouillat entnahm
den Notizen, welche ein Mönch von Lützel 1788 in Neuburg
machte, folgende Angabe: ^Anno 1158 consecratur ecclesia ab Hen-
rico Trecensi episcopo, cui adfuerunt Amulphus Maguntinus archi-
episcopus, Cunradus Wormatiensis episcopus, Burchardus Argentinensis
episcopus, Ortliebus Basileensis episcopus, Mathaeus dux Lotharingiae,
Henricus dux Sueviae, Henricus dux Saxoniae, Hugo comes de Dags-
burg et plurimi alii ....'. Der Lützeler Mönch Moreau hat sie
wohl auch dem Manuscript des 13. Jahrhunderts entnommen, dem er
die im Text bei Trouillat abgedruckte Urkunde verdankte. Damit
stimmt die Angabe der Annales Marbacenses überein, wo es heisst:
A. d. 1158 monasterium in Novo Castro consecratur . . . quarto nonas
maji a reyerendis episcopis Burchardo Argentinensi et Heinrico Tre-
censifl ecclesie . . . . ' Vergleicht man die Angabe der Anwesenheit der
in dem Trouillat^schen Bericht genannten Personen mit den Begesten
(bez. Itinerarien) der genannten Persönlichkeiten, so ergibt sich, dass
die Anwesenheit in Neuburg bei allen möglich ist, wenn man statt
, Henricus dux Sueviae' ^Fridericus' liest.
Der wichtigste Theil der Annales Marbacenses ist nach meiner
Ansicht vom Abt Peter von Neuburg wenn nicht verfasst, so doch
beeinflusst. Als ich die Lebensnachrichten über ihn zusammenstellte,
bUeb ich, da mir die niederrheinische Literatur nur mangelhaft zur
Hand war, in der Untersuchung stecken. Es handelte sich um eine
Stelle der Gesta sanctorum Yillariensium (Mon. Qerm. SS. XXV, 222),
in der Abt Peter genannt wird und deren Werth oder ünwerth zu
prüfen war. Jetzt, nachdem ich Cäsars von Heisterbach dialogus
miraculorum zur Hand habe, sehe ich, dass ich falsch der Autorität
des Herausgebers in den Monumenten folgte und die Stelle anstatt
auf Heisterbach, auf Hemmenrode bezog, und dass sich nun die Glaub-
würdigkeit des ganzen Berichtes ergibt. Es heisst: «Tenues itaque
fuerant (nicht Hemmenrodenses , sondern die von Hemmenrode nach
Stromberg, Heisterbach übersiedelnden Mönche) in agustia pauper-
470 Kleine Mittheilungen.
tatis, sed latissimi in amplitadine caritatis. Unde fuit, quod viri magni
et nobiles, relictis omnibus, quibus abundabant in seculo, eomm pau-
pertati aggregati sunt: maior decanus Goloniensis Odo cum canonieis
suis, prepositus sancti Gereonis, decani Bonnenses: dominus Christia-
nus, vir magne auctoritatis, et quidam alius cum canonieis, Petrus
decanus Treverensis et imperialis aule prothonotarius, Henricus decanus
Monasteriensis, abbas Prumensis Cesarius et Petrus abbas Confluentie,
comes Wendensis et alii quam plures Traiectensis, Treverensis, Go-
loniensis et Leodiensis diocesis. Ex quibus Petrus assumptus est in
NoYO-castro, Gerardus in ipsa Valle sancti Petri, Daniel in Scoq-
hawia, Henricus in Yalle sancti Petri; Hermannus in Hemmerode . . .'0
Ich bezweifelte früher die Bichtigkeit der Angabe der ehemaligen
Würden der Mönche; allein in ihren alten Aemtern begegnen die
meisten der genannten bei Cäsarius : Christian Dechant von St. Cassius
in Bonn, «vir bonae vitae et yalde literatus* erscheint I, 343 (vgl
II, 314). Der Henricus decanus Monasteriensis ist Dechant you
Münster-Mayfeld (I, 255), Cäsar Abt Ton Prüm begegnet uns mehr-
fach (I, 64. 276. 315.381. II, 351); der comes Wendensis ist Dietrich
Graf von Wied (II, 204. 253. 318). Unter den als zur Abtswürde
gelangten Personen ist statt .Gerardus* .Geyardus' zu lesen, der
als Abt von Heisterbach bei Cäsarius sehr oft begegnet; beinahe
ebenso oft findet sich Daniel Abt von Schonau (z. B. I, 82 «tone
prior noster*); der spätere Abt Heinrich von Heisterbach war früher
Canonicus in Bonn gewesen (I, 19. 1, 25); Hermann Abt von Hemmen-
rode wird I, 344 erwähnt. Wenn sonach von all den genannten
Persönlichkeiten der Villers'schen Quelle nur vier: der Kölner Dom-
probst Otto, der Probst von St. Gereon und die beiden Petrus bei
Cäsar nicht sich wiederfinden, sonst alle Angaben stimmen, so ist an
der Zuverlässigkeit der Yillers^schen Angaben nicht zu zweifeln. Am
bedenklichsten ist die Angabe über den Petrus abbas Confluentiae;
da es in Coblenz keine Abtei gab. Da aber gerade hier der Text
verderbt ist, so kann ich kein Gewicht darauf legen. Ein aus Coblenx
stammender Petrus wird von Cäsar als Mönch in Hemmenrode be-
zeichnet (I, 92), im folgenden sagt aber Cäsarius, der selbst nie
Mönch in Hemmenrode war: „Huius rei testis sum ego, qui iuxts
illum ad psalmodiam stabam aliquanto tempore'; es muss also wohl
Petrus später mit nach Heisterbach übergesiedelt sein. Ist dieser
Petrus des Cäsarius mit dem Petrus de Confluentia in der Yillers»
sehen Quelle identisch, so muss, da dieser nach Cäsar zu seiner Zeit
*) Heine Interpunktion weicht mehr&ch von der der Mon. Genn. ab.
Aus den letzten Tagen Kaiser tViedrich III. 471
noch in Lieyland lebte (11, 98), der andere Petrus, der Dechant von
Trier und ehemaliger kaiserlicher Protonotar gewesen war, mit dem
Abt Peter von Neuburg identisch sein. Das ist ftir den Werth der
Neubnrger Geschichtsquelle von ganz hervorragender Bedeutung.
Aber noch immer bleibt ein Dunkel über der Persönlichkeit
Peters ausgebreitet, da er soitst weder als Protonotar noch als Dechant
genannt wird« Bei der vagen Ausdrucksweise der Villers'schen Hei-
ligengeschichte kann Petrus ebensowohl Dechant am Dom, als an
einer der andern zahlreichen Trierer Stiftskirchen gewesen sein. Viel-
leicht wird noch ein günstiger Zufall mehr Licht über die Persön-
lichkeit des Abtes Peter verbreiten.
Karlsruhe. Dr^ Aloys Schulte.
In dei l0btM TageH liittr ¥tif4xUk VL An Quellen für die Geschichte
E. Friedrich IIL ist im Ganzen kein Mangel Wohl aber entbehrt
man oft genug einer bestimmten Gattung von Meldungen: jener ver-
traulichen persönlichen Correspondenzen des Kaisers, jener eingehenden
Berichte einheimischer und fremder Agenten und Bathe, die uns mit
den Thatsaclien und Entschliessungen Friedrichs zugleich deren Genesis
und Endzweck offenbaren. So sind auch aus der letzten Zeit des
Kaisers die Meldung von diplomatischen Geschäftsträgern, welch0,
för bestimmte politische Geschäfte von dem röndsehen Könige Max
bei seinem Vater beglaubigt, zugleich überhaupt das Amt des Be-
richterstatters vom Linzer Hofe an Max besorgen, zum grössten Theil
verloren. Dass ihr Verlust sehr zu beklagen ist, dürfte der Inhalt
der nach dem Tode des Kaisers erstatteten Belation darthun, die ich
im Nachfolgenden aus dem Münchener allgem. Beichsarchive mittheile.
Diese Berichte, die letzten^) über die bezüglichen Verhandlungs-
gegenstände, sind glücklicherweise eingehend genug, um einen Ein-
blick in das Wesen und die Erledigung der einzelnen Funkte zu
gewähren. Der Geschäftsträger hatte im Auftrage des r/)mischen
Königs zu fragen: 1. ob derselbe die bei Lebzeiten seines Vaters in
Oesterreich eingeführten indirecten Abgaben («die newn aufschleg')
abschaffen oder beibehalten solle ; 2. wie es mit dem occupirten salz-
burgischen und passauischen Kirchengute zu halten sei; 3. ob und
welche besonderen Kostbarkeiten und Schätze der Kaiser etwa ins-
geheim noch besitze; 4. welche Aufträge der greise Herrscher über-
haupt ferner vor seinem Hingange an seinen einzigen Sohn hätte.
0 »Ist ewer kon. maiestat wissen, was ich antwurd*, sagt der Bote yon
einer früheren Meldung. Ebenso weiter unten: »Item von den stucken, als ewr
]cun. m. dazumaln mit mir red, hat ewr kun. m. etc. vndenichtang.*
472 Kleine Mittheilungen.
Der Bericlit umfasst aber ausserdem noch die Antworten und An-
ordnungen des Kaisers auf frühere Anfragen unseres Diplomaten hin:
wie es im Lande Gestenreich zu halten sei, wenn jemand sein Erbe
verloren habe, wie Becht und Gericht zu handhaben, wie die Jaden tn
behandeln seien; er bringt des Kaisers Wunsch zum Ausdrucke, daas
sich Max des Vaters Kapellane und Diener möge befohlen sein lassen;
endlich aber offenbar auch persönliche Wünsche und Rathschlage des
Unterhändlers. Dazu gehört, König Maximilian solle, statt eine
Summe Geldes f&r die Bückgabe der salzburgischen und passauer
Kirchengüter zu fordern, «ettliche Jahrestage mit herrlicher Solen-
nität' seinen Vorfahren und Nachkommen zur Gedächnissfeier yer-
langen, wobei der Gesandte andeutet, dass damit auch wieder des
yerstorbenen Kaisers Willen erftiUt werde; dann die Behauptung,
Kaiser Friedrich wünsche die Wiederaufhebung des Wiener Bisthums
nach dem Tode des jetzigen Bischofs, da der Passauer Kirche noch
nicht der versprochene Ersatz geleistet sei Im übrigen verweise ich
auf die beigefügten Anmerkungen und bemerke nur noch, dass der
Berichterstatter sich zwar unzweifelhaft als Geistlicher, höchst wahr-
scheinlich Passauer Diöcesan, verräth, dass er nicht minder als dem
Kaiser wie dem römischen Könige nahestehend erscheint, dass mir
aber trotzdem jeder sichere Anhaltspunkt abgeht, um ihn aus der
geistHchen Umgebung K. Maximilians herauszufinden.
1493, August, September.
(Cop. im kgl. Allg. Reichsaroh. zu München, »Oesterreich«, Lit. &b. I, fol. 81-SS.)
AUerdurchlewchtigister etc. Als ewr kuniglich maiestat mich
hat^) im leben ewrs liebsten vatters vnd unser genedigsten herren
loblicher gedachtiiuss fleis zu haben mit seiner kajs. m., dan was
seiner m. gescheft vnd willen wen* vnd zw seiner seil haill dienet,
wollt ewr k. m. meren vnd nit mjndern, mit anndern vil wortten,
die da erzaigten die gross lieb vnd trew, die ewr k. m. zw ewrin
lieben vatern hett, ist ewr k. m. wissen selbs, was ich antwiird, vnd
liess ewr k. m. ein zedel sehen, derselben ich ein abgeschrift behiellt,
die ich hiemit ewr k. m. auch gib. So ich aber yetz von ewr k. m,
erkenn, dass dieselb trew vnd lieb nit gemyndert durch den tod,
sonnder gemerd ist, so mich ewr k. m. selbs ervordert vnd der bemelten
maynung yn hohen yertrawn beschehen mit mir beredt, gib ich ewr
k. m. dise vnnderrichtung, die warl[ich] also ist. Vnd hat sein k. m.
mir zugesagt, ob in der almechtig got sein leben lenngert, diesä
gentzlich yervolgen; doch sollt ich im zill geben, biss der bot gen
0 Fehlt ein »beauftragt«.
Aus den letzten Tagen Kaiser Friedrich IIL 473
Borne gesenndt widerkomb, wollt sein kays. m. sich gar mit ayner
schonen Ordnung in den handel schickhen; ob aber ir kays. m. in
mitÜ[er] zeit yerschiedt, sollt ich ewr kun. m. ynderrichten, dass diese
seiner gnaden letzter will wer; doch so wollt sein kays. m. selbs
doYon mit ewrn^k. m. red hallten auf mein begemn.
Item, das ewr k. m. gantzUch erkantnuss mag haben, will ich
die artdgkel in der bemelten zedel begriffen mellden, vnd ist der erst,
das sein kays. m. die newn aufschleg, die bey seiner gnaden zeiten
erstanden sein, abschieff etc.^).
Item (= ist) die maynung: seyn kays« m. vermaint, das er nit hab
mugen seyn kays. standt zw eren der cristenhaitausshallten, auch seinen
yeindten ausser vnd ynndW seiner lannd der widerstand ynd gegen-
werd thun, so er solh aufschleg nit biet gehabt ; auch hab sein kays. m.
darumb babstlich erlaubnuss. Aber doch so wollt sein kays. m. mit
im loblichen raten den artikel yor sich nemen, ynd so erfunden
wurd auss sein kamer ynd grundbüchem, das er mit seynem althen-
herkomenden zynsen ynd proyentten mocht seynen kayserlichen ynd
fürstlichen stannd geburlich aushalten etc., wollt sein kays. m. die-
selben yon stund abschaffen.
Der annder, das ir kays. gnad die gueter der kirchen Salzburg
und Passaw etc. gewessen sein selbs mit seiner Ordnung wider lies
gefallen, ynd sein gnad das yerdienn yor got und dy eer yor den
menschen biet').
1) Ueber diese Abgaben, die dem Lande zur schweren Last gediehen
und, weil auch yon den fremden im Fürstenthume begüterten Prälaten er-
hoben^ eine der Ursachen des Krieges E. Friedrichs mit H. Ludwig yon
Baiem waren (1460— 146S), bringen EbendorÜBr, das »Gopeybuch der g. 8t.
Wienn* usw. zahlreiche Meldungen. Vgl. meine deutsche Reichsgeschichte
unter £. Friedrich III. und Max L, Band I (Leipzig 1884), S. 28 ff.
*) Aeltere Streitigkeiten mit Salzburg, die, hervorgegangen seit 1156 aus
staatsrechtlichen, ebenso oft aber auch aus persönlichen und priyatrechÜichen
Anlässen, so manches Blatt der Österreichischen Landesgeschichte erf&llen, gab
es seit 1458 (Ausgleichung w^en der Schlösser und Herrschaften ASmfels, Neu-
markt, Löschenthal und Layamundt; vgl. Hansiz, Germ. Sac. II, 507) wenigstens
nicht offenkundig. Jetzt handelte es sich um die Restitution der seitens der
Österreichischen Fürsten aus ungarischer Hand 1490, 1491 occupirten Güter,
deren Bückgabe der Kaiser dem Erzbischof Friedrich (von Schaumburg) in ge-
radezu verletzender Form verweigert hatte. Vgl. darüber a. A. J. Th. Zauner,
Chronik von Salzburg, IV. (Salzburg 1798), 224-225. Da übrigens die Rückgabe
dieser Güter gegen bestimmte Entschädigung schon im Ungarfrieden des röm.
KOnigfl (7. Nov. 1491) ausgesprochen war, so Hess sich Max am 29. Jan. 1494 zu
einem Vertrage mit dem Erzbischofe herbei , der wenigstens die Ausfolgung der
Hauptmasse der streitigen Güter gegen die Zahlung von 18,600 Gulden an
das Erzstift bestimmte. Vgl. Zauner L c. 227-228.
474 Kleine Mittbeilnngen.
Ist die maynung, es hat nyeman bass gewist und erkennt den
Trsprung des ynwillens vnd zwitracht, als sejne kays. m. selbe, wie
vnd wanunb er sich erhebt hat zwischen seiner m. ynd der kirchen.
Danunb sein kays. m. ayn gewissen gehabt rnd nye im willen, die
gueter zu behalten, sunder ymb ayne sum g^Utz, die sein kays. m.
ye gros ye klain hat bestimbt, widergeben; ynd oft gen Born ge-
schickt vmb erlaubnoss und absolucion, darumb vnnser heiliger vater
der babst Innocenzius der Acht mir entphalh, seiner kays. m. ynder-
richtung zu thun, das zu melden alhie yil Schreibens nemb.
Item ob sein kays. m. auf dem willen werr beliben, aine som
geltz zu nemen, so wer doch yilleicht das gellt aussgeben zw klainem
nutz Tnd loblicher gedechtnuss, vnd doch sein kays. m. ain vogt was
der cristenlichen kirchen. Darumb hat sein kays. m. zw hertzen ge-
nomen in seiner busswertigkait den lob gottes vnd seiner liben mater
vnd aller heiligen etc., vnd allen ynwillen vnd räch geopfifert seiner
gotlichen barmhertzigkait, vnd die gueter in den yetz kri^^slewfien
von den kirchen enpfrembt lautter durch gottes willen seiner seil
haill und loblicher gedechtnuss wider geben helffen vnd raten die
von anndem auch widergeben wurden mit solher Ordnung hienoch
begriffen; doch die ho£Ehung vermaynd im seyn gnad zubehalten mit
froglichait der kirchen oder prelaten als seyn kays. m. all sein tag
ain liebhaber goÜichsdienst ist gewesen, ain gnetiger, milder, genadiger
vnd barmhertziger kayser, das diess auch on seinem endt erseheyniien
mocht vnd nit yn vergessen kam mit dem thon der glocken, sonnder
in ewig gedachtnuss mocht komen zu besserung vnd gutten exempel
dem gantzen reich nnd cristenhait, auch zw hoher eren seinem aller-
liebsten sun, der kun. m. etc. Was gen Salzburg gehord, wollt er
dem 8ti£ft zw Salzburg widergeben, vnd was gein Passaw, dem stüt
zw Passaw etc., also das man seiner kays. m. jarlich ewigUich etiidi
jartag mit herrlicher solemnitet seiner m. vorfam vnd nachkomen
gedachtnuss solt hallten zw Salzburg vnd Passaw.
Item als sein kays. m. vnnserem heiligen vater dem babst Biolo
zusagt, das er wollt dem stift Passaw ain Widerlegung thun, so ain
bistumb zw Wienn wurd, so nun kain Widerlegung ist beschehen\\
kan mit guter gewissen das bistumb zw Wienn hard>) beleiben oder
*) Von dieser Entfich&digungt von der sonst nichts verlautet, weiss nameat-
lieh auch die Bestätigungsbulle P. Paul II. (zuletzt bei Weiss, Gfreschicbtsquelles
der Stadt Wien II. (Wien 1870), 108 ff.) nichts; sie könnte aber auf mOndückc
Abmachung zwischen Kaiser und Papst zurückgehen. Uebrigene war nach eia^r
Meldung des Berichtes ein Bote nach Born, vielleicht auch in dieaer Angelegen-
heit, unterwegs. ») hard = hart, gleich »kaum*, »schwerlich«.
Aus den letzten Tagen Kaiser Friedrich III. 475
sejD, hat sein kays. m. also wellen, das der yetz bischofP, probst ynd
dechannt yr zyns vnd guUt, als sie yetz haben, ir lebtagen bebiellten
vnd die herlikait vnd geistlichkait bischofflichs rechten wider gen
Psssaw vnd ewr kun. m. die lehennsrecht wie vor zügehord. Vnd
der entgegen solt der von Passaw officiall jarlich an dem tag seiner '
jarzeit seine briesterschaft berueffen, so will^) in ain sinodum ge-
wonlich komen sollen vnd mugen, vnd zwen tag mit Tigilüs selambt,
ampter vnd messen hochzeitlieh sein jartag mit den geynpfifelten pre-
laten ewigklich begeen, die vnnder ym sein. Vnd das die kon. m.
die korherm zw sannd Steffan bey ir herkomenden zynsen, proyenten,
wie vor alter sy begabt sein von den fdrsten von Osterreich, ynd
priuilegi handhabt; dessgleichen die coUegiaten vnd hoheschul hye
zw Wienn, ab seyn kun. m. auss seinem gutenn willen es nit wolt
besseren.
Der dritt, , das ewr gnad ynnserm genedigisten herm dem kunig
zwischen ewnü vnd seynem alleya als ewrm ainigen sim ewr gehaym.
Tnd was ewr gnad biet, o£Pennbartt, das sein gnad das gewiss weer
vnd nit not heet wider zu fragen * >) :
Ist die maynung, es soll sich ayn yetweder peichtvatter in der
peicht besserlich hallten vnd meyden frag, die sein peichtkind mochten
argem. Die weil aber die kays. m. hoher ynd grosser weishait ist
gewesenn, bald- ynd hochyerstandig ynd merckig, hab ich müssen
ausserhalb der peicht mit dem artikel in solher gestallt an seyn kays.
gnad komen, das seyn kays. m. nit in ybel merckt. Vnd [damit] ewr
k. m. ain war wissen het, auch das die obbemelten stuck und nach-
komenden dester bass yerricht vnd aussgericht wurden, so sye mit
ewr kun. m. wissen vnd willen wurden beschehen, hat sein kays. m.
geantwurt: er hab nicht gross oder verborgener schätz, das mag
ich aus dem ersten artigkel mercken, aber das, das er hab, woU er
also Orden, das es ewm gnaden nit verborgen sol bleiben, ynd wol
mit ewr k. m. selbs douon reden.
Der vierd: «vnd so ewr gnad die bemelten stuckh mit aynem
ordenlichen gescheft hat aussgericht, wirt ewr gnad yn gotlichen
segen ewr Sachen beschliessen'^): Hat geantwurd sein kays. m., er sey
nit genaigt zu schaffen; dan so er wenig schieff, mocht yemantz
dauon sich ergem ; schieff er dann vill, mocht ewr kun. m. vieleichter
nit ain gantz gefallen haben. Aber das begert sein kays. m» vnd
wer sein will, das ewr kun. m. die priesterschaft, die geistlichen
klosterleid bey iren stifften, alten herkomen, fi^ihaitten, gotzgaben
0 Viele. *) Ist die directe Frage des Beichtvaters an den Kaiser.
476 Kleine Mittbeilungen.
Tnd almüsen, als sie die haben von den forsten von .Österreich in
im stifften, lassen beleiben vnd hanthallten vnd der gotzdienst durch
solchs nit gemyndert werd, vnd sprach dabey sein kays. m«: «so
vnnser sonn das also hallt, hoff wir, das wir ain gross gescheft Üuui
haben, vnd es wirt die geistlichait got trulich für vns bitten etc'
Item von den stachen, als ewr kun. m. daznmalln mit mir red,
hat ewr kun. m. auss den vorgeschriben ynderrichtnng in etiidien.
Item von dem stuckh, ob yemands von seinen väterlichen erb
wer komen etc., sprach sein kays. m., das das sein wUl werr, man
sollt dem, den ich ewrn gnaden genent hab, sein yaterlichs erb geben,
vnd ob seyn kays. m. ye ynderricht wer, dadurch yemands, es wer
geistlich oder werdlich, ymbillich von dem seinen wer komen, vnd
begert, das ewr kun. m. denselben furderlich lies recht gen, domit
zw dem irenn mochten komen; vnd ob im got lenger das [leben]
lies vnd gesund geh, wolt sein kays. gnad das recht forderlich offen
eynem yeden vnd ayn Ordnung machen, damit arm vnd reich mit dem
rechten gefudert wurd. Vnd dabey sagt sein kays. m. schone ynder-
richtung, die ewrn kun. m. gut wemn zu wissen.
Item von wegen der Juden antword sein kays. m., er wer dee
heiligen reichs haubt vnd solt die haben. Aber dem grossen &lsch,
dem wer sein gnad alzeit veind, wer mit dem vmbgieng, es wer cristen
oder Juden. Vnd also wie sein kays. m. in rat wurd binden, domit
man in wenden mocht vnd straffen in Juden ynd cristen, wolt sein
kays. m. trulich thun^).
Item das ewr kun. m. euch seine dienner ynd capellan liessen
beyolhenn sein.
Item als dan ewr kun. m. mit hoher erkanntnuss ynd vil hoher
gotlicher genaden begabt ist, hat seyn kays. gnad seine yaterliche
trew ewr kun. m. zuerkennen beyolhen ynd sein liebe seel, ynd was
ewr kun. m. in den obbemelten stucken meer wollt thun, das stand
zw ewrn kun. m*«".
Allergenadigister kunig ! Also hab ich aynfalltigklich aus grossem
yertrawn ewr kun. m. zuerkennen geben, so yil mir die kays. m.,
ewer kun. m. yatter ynd allergenadigister herr, seines willens ynd
gescheft hat gesagt, in hofihung, ewr kun. m. mir das in genaden
*) Diesem Grundsatz schöner Duldung, dem der Kaiser zeitlebens trea Uieb
(Man Tgl. Ebendorfer, Chron. Austriac. 898 ff. gegen Chmel, Material, zur Getcb.
K. Friedrich IV., 184-185, 198 ff., und Copeybuch 177-182, 188, 192 usw.), hat
bekannüich Max L nicht gehuldigt. Vgl. z. B. den »Brieff yon ausstreibung der
Jüdischhait auss Steyer« 1496, was deren Vertreibung auch aus dem Sah-
burgrischen einleitete.
Das päpetliche Atohir unter Calixt ItL 477
aufhemb, angeBehen, das ich vor got ynd vor den menschen schuldig
bin, seiner kays. m. haill helfiPen ynd ratten zu suchen vnd durch
ewr kun. m. durch die obbemelten [stuckh] an ewm erblichen guetem
kain schad beschiechtvvns (sie!), was gotUch ynd billich ist, beschiecht, der
kays. m. grosslich in jener wellt geholffen ynd getrost, got geert ynd
gelobt, derselben kays. m. ynd ewr kun. m. hier in diser weit zw
ewigen zeitten gedacht ynd gelobt ynd geert werden ynd yedem das
sein gebeiL
Item so ewr kun. m. das also yeryolgt, hat kain kayser oder
kunig in yillen jam doch yon kaiser Hainrichs zeitten ym solh ge-
scheit ynd gedachtnuss gemacht oü schaden seiner erbgüter ynd mit
80 grossem yerdienn gegen dem almechtigen got, als ewr kun. m.
ewm gnaden selbs ynd ewrm liebsten yater machet. Vnd darumb
ob ymands ewrn Inin. gnaden annders wollt ratten, yerstet ewr kun. m.
selber woll, das diess der besser ynd scheinst weg ist zw der seein
hayll ynnsers gnedigisten herrn, ynd ewr kun. m. lob ym grossen
daiion erspringi
Item als sein kays. m. an seinen letzten zeitten nach mir ge-
schieht heet, ynd mir der bot spat kom ynd der peichtyater, der zw
seiner kays. m. beruft ward, seyn gnad fraget, wie es seyn kays.
gnad mit den kirchen guettem wolt hallten, antwurt sein kays. m.
in lateyn: Conmisimus totum episcopo, nostro confessori, et quicquid
filius noster et ipse fecerit, illa est nostra ultima yoluntas^).
1) Collationata et auscultata est presens copia per me Jo-
hannem Murawr publicum notarium et concordat per omnia cum
suo originali; in cuius rei testimonium hie me manu propria
subscripsi Ita est Johannes
Murawr, publicus notarius.
Prag. Adolf Bachmann.
Bm ^pstliehe IrehiT unter Cllixt DI. In Folge der liberalen Eröffnung
der päpstlichen Archiye durch den gegenwärtigen Papst Leo XIII.
neerden in Kürze die Nachrichten der neueren Forscher über das
papstliche Archiy, welche erst aus zweiter Hand schöpften, durch die
neuesten Berichte und Untersuchungen der an Ort und Stelle arbei-
tenden Forscher überholt und antiquirt sein, nicht so aber die An-
gaben älterer Berichterstatter, weil das päpstliche Archiy durch yer-
schiedene Eingriffe bis in unser Jahrhundert;]hinein mancherlei Schick-
sale und Einbussen erlitten hat Von diesem Gesichtspunkte aus
betrachtet, dürfte das folgende Schreiben Oiacomo Lombardi's, del
consejo de Sa Magestad cesarea in Rom, einiges Interesse umsomehr
478 Kotigen.
erwecken, als der Verfasser desselben, nach der richtigen Eintheilimg
des päpstlichen Schriftwesens, der zutreffenden Schilderung der Schrift
und der Einthjdilung der päpstlichen Register zu schliessen, gut unter-
richtet und gkubwürdig erscheint Das Schreiben ist an Johann
Adolf Grafen zu Schwarzenberg gerichtet und betrifft den Prooess,
den dieses Geschlecht mit den illegitimen Freiherren gleichen Namens
führte. Die fragliche Bulle Calixt's III. ist bisher nicht bekannt ge-
worden, es wäre denn, dass sie mit der BuUe Innocenz^ VIIL Tom
20. Februar 1486 verwechselt würde.
Eccellentissimo signore.
Gon molte diligenze fatte non si troYO sin'ora in questi arduTÜ
alcuna scrittura concernente le differenze gia qui agitate si fra signori
conti e baroni di Schuuarzemberg, sendosi particolarmente ricercato
secondo la nota da Y^ Eccellenza mandatami negl' atti del pontiffcato
di Calisto terzo. EgPe ben perö Tero, che non tutte le scritture di
questi tempi sono esposte al publico, perciöche molte di esse si con-
servano in castel Sant Angelo, dove sotto Clemente settimo trana-
portate farono, n^ qui yi facilmente si lasciano yedere; mä qoando
anco per gracia speciale ciö s' ottenga, bisogna per rinTenir* una materis
uoltra quaranta libri del registro publico di quatrocento fogli Tuno,
che sono senza rubricella et di carattere scabroso, oltre a di?er8i
altri libri di spedizioni secrete, staute ch'in piü modi suole Santa Sede
Apostolica in casi simili spedire le grazie. Onde perch^ sarebbe
necessario teuer qualche tempo impiegati alcuni huomim pratüci
delle littere e caratteri antichi con spesa di vinticinque o trenta scati
e senza certezza di troyar finalmente quello, che Y^ Eccellenza de-
sidera. Stimai bene di sentirne prima la Sua yolonta e desideroso
d^haver sempre, in che ubidirla, resto
di y^ Eccellenza
umilissimo et obligatissimo seryitore
Giacomo Lombardi m/p.
Borna, 20 Giugno 1665.
Franz MareS.
lotJMB« Eingehende Beachtung verdient die Abhandlung von
C. Bodenberg über die Begister Honorius IIL, Gregor IX.
und Innocenz IV. (Neues Archiv 10, 509 — 578), in welcher der
Verfasser .jene Fragen, welche den Historiker, der die Begesten ak
Geschicbtsquellen benutzt, besonders interessiren müssen*, erörtert
B. operirt allerdings mit einem trotz der Beschränkung des Themas aol^
die historische Glaubwürdigkeit der Eintragungen fbr manche Funkte
Notizen. 47d
•
ganz unzulänglichen Material, da er nur den in Paris befindlichen Band
der Begister Innocenz IV. aus Autopsie kennt, im übrigen sich auf
die PuUication der Begister Innocenz IV. durch Berger und auf die
vom Verfuser selbst in der Sammlung der Mon. Germ., jedoch nach
den Yor mehr als 60 Jahren gefertigten Abschriften Pertzens aus den
papstlichen Begistern herausgegebenen Papstbriefe und auf Ealten-
brunners B5mische Studien I. (Mitth. Band V) stützt. Das betrifiR;
gerade auch die Frage der Begistrirung nach Original oder Concept.
Als gewöhnlichste Quelle der Eintragungen in das Begister betrachtet
B,, wie er schon in der Einleitung zum ersten Band der ^Epistolae
pont' kürzer ausgeführt hatte, die Concepte. Die dafür geltend ge-
machten Oründe sind Ton sehr ungleicher Beweiskraft, yerschiedene
aus dieser Sachlage gefolgerte Erscheinungen lassen mindestens ebenso
gut eine andere Erklärung zu, manche aber scheinen, so wie sie yor-
getragen sind, allerdings ausschlaggebend für die Ansicht des Ver-
fiissers zu sprechen, so namentlich der Nachweis, dass öfters die Oe-
staltung des Textes, die Anführung unpassender Adressen nur aus
Vorlage des Gonceptes entstanden sein kann. Doch ist die materielle
Bichtigkeit vieler angeführter Momente durch den Aufsatz Denifle^s,
Die päpstL Begisterbände des 13. Jahrh. (in dessen Archiv 2, 51.
64 ff. 68) so sehr erschüttert worden, dass diese Beweisführung noth-
wendig revidirt werden muss. Um so mehr, als D. gewichtige Gründe
für die Existenz ursprünglicherer vollständiger Begister angibt Doch
schliesst B. Begistrirung nach dem Original nicht ganz aus, betrachtet
sie f&r gewisse ürkundenarten, wie Insertionen, als von jeher ge-
brauchlich, glaubt, dass sie seit Innocenz IV. auch sonst häufiger
werde. Sollte aber wirklich ursprünglich Begistrirung nach dem Goneept
Begel gewesen sein, so ist es eine im allgemeinen gewiss acceptable
Vermuthung, dass der Gebrauch nach dem Or. zu registriren, Hand
in Hand gegangea sei mit der wachsenden Bedeutung des Begisters
auch f&r die Parteien, d. h. mit der Zunahme der Privilegien und der
damit in Verbindung stehenden Actenstücke, welche ja auch eine
andre Entstehungsgeschichte haben, als die eigentlichen Geschäfts-
briefe der Curie. B. nimmt an, dass unter Innocenz IV. verordnet
worden sei, die die Curie nicht interessirenden Privilegien nur mehr
gegen Taxe und unter Vorlage des Originals ins Begister einzutragen.
In der Praxis der späteren Zeit findet letztere Annahme allerdings
keine Bestätigung. Es ist nicht richtig, wenn im N. Archiv 11, 212
mit Beziehung auf meine , Bullenregister Martin V. und Eugen IV.*
auch für das 15. Jahrh. der Gesichtspunkt hingestellt wird, die verschieden-
artige Begistrirung sei von Taxzahlung oder Eintragung im Interesse
48Ö l^otizeti.
der Curie abhängig gewesen. Vielmehr kam es da, soweit nickt aus«
nahmsweise ganz besondere Verhältnisse hineinspielten, nur auf den
Gang und die Art der Expedition an: für Litterae de curia, welche
sub plumbo und offen erlassen wurden, galt als (in der Begel auch
beobachtete) Vorschrift Registrirung nach dem Original, f&r Breven
und überhaupt für Litterae clausae beliebte man Registrirung
nach dem Goncepi Dass neben den Goncepten oft auch noch die
Gonsistorialprotocolle direct f&r die Registrirung namentlich der Adresse
und Datirung verwendet worden seien, wie R. zu erweisen sucht,
scheint doch sehr zweifelhaft; betont K sicher mit Recht, dass es
sich bei der Registrirung in erster Linie um Fixirung des Inhalten
gehandelt habe, so ist nicht einzusehen, warum man Dinge hatte
au&ehmen sollen, die nicht schon für den Ingrossator, wenn auch
flüchtig und abgekürzt, auf dem Goncept yermerkt waren. Werth?oll
sind die Ausführungen über die Bedeutung des Datums, das meist
auf den Zeitpunkt der Genehmigung des Gonc^tes, resp. bei den
Litt, communes ^uf den Beurkundungsbefehl , vereinzelt auch auf
späteren Zeitpunkt zu beziehen ist; Briefe mit dem Verweise , Datum
ut supra', «In eundem modum* brauchen nicht genau dasselbe Datum
zu tragen, wie das Stück, auf welches sich bezogen ist Ebenso
wichtig ist der Nachweis, dass vielfach Mandate erlassen and an den
päpstlichen Agenten oder an den Petenten ausgehändigt wurden,
welche nur eventuell dem Adressaten zu übergeben waren, ohne daaa
aber dieser Sachlage auch nur mit einer Silbe im Briefe gedacht wäre.
R. erkennt den Registern eine sehr hohe Glaubwürdigkeit zu sowohl
hinsichtlich der Quelle der Eintragung als der Genauigkeit und Zu-
verlässigkeit der Copien. E. v. 0.
Im Archivio storico per le province Napoletane X, 761 — 790,
berichtet B. Gapasso, Director des Staatsarchivs zu Neapel, über vier
neue Bände angiovinischer Register, die vor Kurzem aus
Quatemionen und einzelnen Blättern zusammengestellt wurden. Diese
losen Registerfragmente, welche sich in drei umfiEuigreichen, bisher
nicht beachteten Actenfascikeln befanden, sind, wie Gapasso nach ein-
gehender Untersuchung zeigt, Ueberreste der bei dem Aufstande von
1701 verbrannten Registerbände. Diese Fragmente, sowie auch einzelne
Blätter, die später aus den erhaltenen Bänden herausfielen und nicht
mehr eingelegt worden sind, wurden lange Zeit wie Einzelurkunden
und Acte behandelt und erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts in
12 Bänden vereinigt, die in die alte Registerserie eingereiht wurden:
blos jene drei Fascikel blieben noch übrig und aus diesen wurden
nun vier neue Bände gebildet Der Index, den Gapasao nach dem
Notizen« 481
Muster des bereits vollendeten Inventars der bisherigen 377 Bande
anlegen liess und von dem ein Theil als Beilage abgedruckt ist, enir
spricht ganz der natürlichen Anlage der Begister und zeichnet sich
auch durch eingehende Berücksiclitigung der f&r die Begistrirung oder f&r
die Geschichte der Begister widitigen Noten und Vermerke aus. F.
Das Germanische Museum zu Nürnberg erwarb nach den.
Berichten des .Anzeigers* iin Jahre 1884 wieder eine beträcht-
liche Anzahl von Urkunden, daninter auch ältere Ejdserurkunden
(1884 no 6. 7 S. 98): von Otto I. für Essen von 978 (unbekannt,
wenn nicht Otto IL Stumpf n» 597), von Otto III. von 991 für
S. Clement in Metz (St. n« 943), von Heinrich IV. für Theo-
dorich von Verdun von 1057 (uned. ?) , von Friedrich L für
Kloster Offenbach ohne Jahr (St. 4530 oder unedirt?), von Hein-
rich VL für S. Arnulf in Metz von 1193 (Si 4808), von Eonig Hein-
rich (Vn.) für EL Eönigsbrück (Böhmer -Ficker n» 4075), von Bu-
dolf I. für Eloster Offenbach von 1273 (fehlt bei Böhmer), von
Albrecht I. für Bisch. Gerhard von Metz von 1299 (Böhmer Beg.
Albr. no 137), von Heinrich VII. für EL Eönigsbrück von 1309 (Böhmer
Beg. H. VII. no53 oder 54?) — ferner Fapsturkunden (n« 11. 12 S. 151)
von Benedict IX. für EL Brondoli von 1044 (fehlt bei Jaffe), von
Clemens lü. für den Bischof von Worms von 1189 (fehlt bei Jaffe)»,
von Coelestin IIL für Probst Sigfried von S. Martin zu Worms von
1192 (Jaffe ed. I. n^ 10,387), von Honorius III. für das EL Bamosa
von 1227 (Potthast n^ 7678), von Gregor IX. Privilegienbestatigung
für Eloster Brondolo und Intimirung derselben an den Patr. von
Grado von 1230 (fehlt bei Potthast), von Martin IV. für das Eloster
Dalen von 1281 (fehlt gleichfalls bei Potthast). — Einige Erläu-
terungen über diese Papstnrkunden, namentlich die älteste, von der
auch ein Facsimile des. Schlusses beigegeben wurde, gab Wattenbach
in den , Mittheilungen des Germ. Museums' 1885, S. 146 ff.; ferner
nebst Abdruck der B. Benedict IX. , der Schu^briefe Friedrich I.
und Heinrich VI. für das gleiche Eloster (im Verzeichnis nicht er-
iw^ähnt) und anderer Urkunden im Neuen Archiv 11, 389 — 399. — Nr. 20
des Anzeigers von 1885 kann schon wieder über Erwerbung von
76 Pergamenturkunden von 1360 — 1738, darunter Eaiserurkunden
y^an Friedrich III., päpstliche von Eugen IV., berichten. Leider ist
die Identität dieser Urkunden nach den Angaben des , Anzeigers' oft
sebwer festzustellen. Wir ersuchen die Bedaction desselben im Namen
aller Geschichtsforscher dringend, bei alteren und wichtigeren ür<*
Icixuden auch den Tag und, soweit Begesten existiren, auch die be-
treffende Nummer derselben anzuführen, ebenso, dass bestimmter
MitÜkeUanfen VIL 81
482 Notizen.
gesagt \«arde, ob die Neuerwerbungen aus Originalen oder Copien
bestellen; aus der Angabe des Schreibstoffes allein ist meist nocb
kei^ Sehluss zu ziehen. — Im Oansen umfassen nach einer S. 132
gegebenen Zusammenstellung die Sammlungen des Germ. Huseums
circa 8000 Pergament-, 2500 Papierurkunden, 160 Gopialbücher, Re-
gister und ähnL, 2000 Fascikel Acten, ohne die daselbst deponirten
oder auch Yon der Anstalt kauflich erworbenen zusammengehörigen
Archivbestande von Nürnberger Familien^ yon der Stadt Windsheim,
Schloss Bodeneck in Tirol usw., welche ebenfalls die Summe der
früher au%ezählten Bestände erreichen dürften. Fürwahr ein glän-
zender Beweis f&r die Umsicht und Einsicht, mit welcher dieses
Nationalinstitut geleitet wird, das schon so viele werth volle Monn-
mente dem Verderben entrissen und wissenschaftlicher Yerwerthong
zugänglich gemacht hat. K v. 0.
In den Annalen des historischen Vereines für den
Niederrhein, insbesondere für die alte ErzdiScese Köln
1884, Heft 41 (Heft 40 soll erst 1885 erscheinen!) publidrt S. 72
bis 108 L. Eorth als Muster der von der Gesellschaft f&r Bheinische
Geschichtskunde aufgestellten Grundsätze für ürkundenedition (vergL
MittheiL 5, 457) eine Beihe von Papst-, Eaiser-, Bischofs- und anderen
Privaturkunden aus dem 12. bis 15. Jahrh. unter den Papstorkunden
findet sich kein Ineditum, insofeme die ausgewählten Bullen Alexan-
der III., Goelestin UL, Innocenz III., IV., Alexander IV. alle schon
im 3. Heft der Mittheil, des Kölner Stadtarchives verzeichnet sind,
dagegen finden sich ungedmckte Briefe Albrechts I. an I>ortmand
(1292 Dec 2), Ludwigs des Baiem ftir den Grafen Gottfried von
Arnsberg (1846 Dec. 12, die nackte Notiz «Auf der Innenseite rechts
Signatur des Kanzlers * reizt den Diplomatiker, ohne ihn nur im ge-
ringsten zu befriedigen); interessant ist die Einladung, welche die
Stadt Köln am 8. Febr. 1480 an Aerzte ergehen lässt, der Obdudion
eines hinzurichtenden Verbrechers beizuwohnen. — Im selben Hefte
folgt ein für Galturgeschichte anziehender Aufeatz von H. Cardauns
«Ein Kölner Bürgerhaus aus dem 16. Jahrh.*, auf Grund-
lage eines 1519 anlässlich Todesfalles angenommenen Inventars einer
wohlhabenden Bflrger&milie. — Das 42. Heft enthält die Ausgabe
des »Botulus der Stadt Andernach von 1173 — 125«" von
Hoeniger, einer 4,4 Meter langen, auf beiden Seiten beschriebenen
Pergamentrolle, auf welcher die von den Bürgern in ihren privaten
Bechtsgeschäften aufgerichteten Urkunden eingeiragen sind. Ausser
Köln reicht nur dieser Andemacher Botulus bis ins 12. Jahrh. aurQok.
was ihm natürlich besondern Werth verleiht E. v. 0.
Notizen. 483
0. Lehmanii, Das tironische Psalterium der Wo'lfen-
büttler Bibliothek, Leipzig 1885, 8», IV, 208 S. Text'; 122 S,
tironische Tafeln. Der Herausgeber handelt in der Einleitung über
die Handschriften des tironischen Fsalteriums, dann speciell über die
Oraphik und Bedeutung des Wol|enbüttler Codex, gibt ein Verzeich-
niss der besprochenen Koten; die Wiedergabe der Noten geschah
wegen des Kostenpunktes auf autographischem Wege. Das Werk
bildet eine Bereicherung der tironischen Literatur.
In der Miscellanea di paleografia e diplomatica XI (Arch. stör.
ital 16, 284) erörtert Gesare Paoli den phonetischen Werth der
Cursivrerbindung von ti in, Documenten^ des 8. bis 12. Jahrh« und
weist nach, dass dieselbe auch mit z gleichwerthig gebraucht wird.
Die neuen Erörterungen über ältere fränkische For-
melsammlungen von K. Zeumer (Neues Archiv 11, 313 — 358)
besprechen die namentlich von Erusch und Ad. Tardif erhobenen Ein-
wände gegen die Zeitbestimmung einzelner Formelsammlungen in der
Ausgabe der Mon. Germ. Einzelne Punkte der Untersuchung liefern
dadurch kritischen Gewinn auch für die Geschichte der Merovinger.
Z. zeigt, dass die Beziehung der chronologischen Daten der Formulae
Andecavenses, auf welche die Zeitbestimmung sich zu stützen hat, auf
Childebert II. durchaus unwahrscheinlich ist und auch schon Childe-
bert L über Angers geherrscht, betont aber selbst die Bedenken, die
sich der früheren Datirung zu 514 — 515 entgegen stellen, und ver-
weist noch auf die Möglichkeit, dass die Jahresangabe auf Inter-
polation eines Abschreibers oder üeberarbeiters zurückzuführen sei*
Gegenüber Tardif, der die bisherige Ansicht vertritt, dass der in der
Widmung Marculfs genannte Bischof Landerich nur der um die Mitte
des 7. Jahrh. lebende Bischof von Paris gewesen sein könne, hält Z.
mit Becht die ünwahrscheinlichkeit dieser Ansicht und die grössere
Wahrscheinlichkeit seiner Annahme, dass jener Landerich der Bischof
von Meaux gewesen, die Sammlung also jünger sei, aufrecht.
Im Jahrbuch für Schweizergeschichte (X, 251 — 363,
ZQrich 1885) handelt G. v. Wyss in erschöpfender Weise über die
Antiquitates monasterii Einsidlensis und denLiber He-
remi des Aegidius Tschudi. Das Besultat eingehender Unter-
suchung der im Kloster Einsiedeln aufbewahrten Originalhandschriften
beider Werke und der Yergleichung mit den übrigen Quellen ist kurz
folgendes. Der sogenannte Liber Heremi, Papierhs. von 31 BL, zer-
81*
484 Notizen.
fallt in 2 Abtheilaugen, die ersten 7 Bl^ denen allein Tschudi diesen
Titel vorgesetzt hat, enthalten Materialien f&r Aasarbeitong einer
Qeschiclite des Elosters: Yerzeichniss der Einsiedlischen Güter, Notizen
über die Eaiserorkanden mit Monogrammen und Becognitionszeichen,
Yollstandige Abschrift der älteren Elosterannalen (wahrscheinlich dem
. Liber vitae aus dem An&ng des 14. JahrL entnommen) und des
Necrologs, das viele Angaben über Donationen enthalt Der zweite
Theü der Handschrift enthält dann eine erste Verarbeitung dieses
Sto£fes durch Tschudi: die Donationes Einsidlenses sind systematisch
zusammengestellt, ebenso die Annales, welche durch Zusätze ans den
übrigen Tschudi zugänglichen Quellen für Beichsgeschichte, für
Schwaben und für das Bisthum Gonstanz» bereichert werden; auch die
auf Einsiedeln bezüglichen ürkundenauszüge sind umfänglicher als in
der ersten Abtheilung. Es ist ein besonderes Verdienst von Wyss,
diesen Zuwachs von Nachrichten nicht nur constatirt, sondern auch
die Quellen derselben nachgewiesen und damit die eignen Zuthaten
Tschudi^s klargelegt zu haben. Das zweite Werk Tschudis, die GoUectio
Antiquitatum, ist .eine berichtigte, durch Aufnahme der wichtigsten
Documente des Klosters vervollständigte Neubearbeitung des Annalen-
Werkes', wie es in den Ann. Heremi vorliegt; daran schUesst sich
als Fortsetzung eine knapp ge&sste Geschichte des Klosters in der
späteren Zeit an; der erste Theil hat also nur insofern selbständigen
Werth, als der Text die endgiltige Meinung Tschudis oder ihm naek-
träglich bekannt gewordene Correcturen seiner früheren Arbeit ent-
hält Als Anhang publicirt Wyss die im eigentlichen Liber Hereini
(den G. Morell im Geschichtsfreund der fünf Orte, Bd. 1, nicht zum
Abdruck brachte) enthaltenen Annalen und das Necrolog. — Der
gleiche Jahrgang des Jahrbuchs enthält ausserdem eine Abhandlung
von P. Schweizer, »Die Freiheit der Schwyzer* (S. 1 — 32),
in welchem namentlich die Handfeste Friedrich II. für Schwyz be-
sprochen und darauf hingewiesen wird, dass dieses Privileg nicht die
einer Littera protectionis entsprechenden feierlichen Formen enthalte,
daher nur als eine gegen Graf Budolf den Schweigsamen gerichtete
Drohung zu betrachten sei, welche der Kaiser, nachdem sie ihren
Zweck erfüllt, jeden Augenblick rückgängig machen konnte. — S. 33
bis 131 gibt der Bibliothekar von Einsiedeln, P. Gabriel Meier,
eine .Geschichte der Schule von St Gallen im Mittel-
alter', erzählt die äussere Geschichte der Schule, erörtert den Um-
fang und die Methode des Unterrichts. Der Verfasser bezeichnet diesen
Aufsatz als Ausschnitt seiner Geschichte des deutschen Unterrichts-
wesens bis zur Mitte des 13. Jahrh., welcher bei der von der hibt.
Notizen. 485
Commission der bair. Akademie der Wissenschaften ausgeschriebenen
Concurrenz das Accessit zuerkannt worden war. E. y. 0,
Im 13. Heft der Schriften des Vereines für Geschichte
des Bodensees und seiner Umgebungen (Lindau 1884) han-
delt F. Vetter über das St. Georgenkloster zu Stein am
Bhein, gibt dabei einzelne Beiträge zur inhaltlichen Kritik der
Fälschung Stumpf n^ 1412 , bietet in bunter Aufeinanderfolge man-
cherlei f&r die Geschichte des Klosters werÜivolle Notizen aus archi-
valischen Quellen. Beigegeben sind .urkundliche Belege' (darunter
auch einzelne Stellen aus Scriptores), welche nebst anderen auch
Stumpf no 1462, 1485, Ficker-Böhmer Beg. n» 1954, 1955, 4230 (als
angebL Urkunde Heinrich III. von 103^ Apr. 17 !), dann Jaffe 10167
und einige spätere Bullen (Honorius III. — Alexander IV.) enthalten.
Wo möglich sind die Originale zu Grunde gelegt Der Editor hält
sich sklavisch an dieselben, druckt .buchstaben- und zeichengetreu',
.da eine Begelung der Schreibung bei so kleinen Denkmälern weder
thunlich noch zweckdienlich erschien.' Dass man sich über gewisse
Grundsätze der Edition im allgemeinen geeint, z. B. über Anwendung
der Majuskeln und Aenderung der Interpunktion, weiss Herausgeber
offenbar nicht, wie er ja auch für Friedrich IL Böhmers Begesten
von 911 — 1313 citirt, ganz gewöhnliche Beducirung von Tagesdaten
aus römischer in moderne Bechnung ausdrücklich erklären zu müssen
glaubt und die Ortsform Sibidatum (Cividale in Friaul) für einen
.offenbaren Scherz des Verfertigers der Urkunde' hält E. v. 0.
In dem Aufisatz Zur Investiturfrage nach ungedruckten
Schriften Gerhoch's von Beichersberg (Zeitschr. für kath.
Theologie 9, 536 — 553) publicirt H. Grisar Bruchstücke aus Ger-
hochs Denkschrift an Hadrian IV. und ein paar Notizen aus dessen
angedruckter Schrift De ordine donorum spiritus sancti nach den
Abschriften Scheibelbergers. Gegen die beigegebenen Ausführungen
Orisars replicirt W. Bibbeck in den Forschungen 25, 556 — 561.
Der Gatalogus omnium canonicorum reg. Beichers-»
borg, a prima fundatione usque ad annum jubil. 1884 e documentis
fide dignis conscriptus a Gonrado Meindl decano gibt auf Grund-
li^e der gedruckten und ungedruckten Quellen, unter diesen nameüt-
lieh auch handschriftlicher Nekrologe und Botularien anderer Klöster,
486 Notizen.
ein sorgfältig zusammengestelltes Nammensyerzeicliniss mit den bio-
graphischen Daten aller Stiftsmitglieder während des 800jährigen Be-
standes und in einem Anhang die wenigen Notizen über das Yon
Propst Gerhoch gegründete Nonnenkloster.
H. V. Sauerland bespricht im Histor. Jahrbuch 7, 59 — 66 die
Handschriften des wichtigsten Werkes des Dietrich yon Nieheim
De schismate. Jene auf der Bibl. Barbarina und in Stuttgart sind
nur werthlose neuere Copien, nur der Codex Gothanus geht in den
Beginn des 15. Jahrh. zurück. Die YorbemerkuDg verzeichnet die
Literatur des letzten Jahrzehnts über Dietrich yon Nieheim.
Einen werthvoUen Beitrag zur Geschichte der deutschen Stadte-
yerfassung und Verwaltung in Siebenbürgen bietet die Schrift des
Archivars Franz Zimmermann: Die Nachbarschaften in
Hermannstadt (Hermannstadt 1885; 8^, 158 S., Sep.-Abdr. aus
dem Archiv des Ver. f. siebenbürg. Landeskunde N. F. 20. Bd.). Das
Nachbarschaftswesen ist deutschen Ursprungs: neben der Eintheilung
in Viertel und Zehentschaften, wie sie auch in Hermannstadt auftritt
bestand die Eintheilung in Nachbarschafben, zunächst genossenschaft-
liche Vereinigungen zur Ausnützung der Feldmark , dann zur Aas-
Übung der Sitten-, Sicherheits- und Feuerpolizei, welche in der Folge
zu selbstthätigen Körperschaften innerhalb der Stadtgemeinde mit
bestimmten Befugnissen und Rechten erwuchsen. Auf Grundlage um-
fassenden handschriftlichen Materials legt Z. die Eintheilung der Stadt
in Nachbarschaften, ihre Organisation und Thätigkeit (Geldleistungen,
' Wachdienst, Brunnen- und Feuerlöschwesen, Stadtreinigung, Pflasterung,
Beleuchtung usw.) vom 16. Jahrh. bis in die neueste Zeit eingehend
dar« Der urkundliche Anhang enthält 53 NachbarschaftBordnongen,
Beschlüsse . derselben und Actenstücke für die Zeit von 1563 — 1861-
Zwei kleine Beiträge zur Geschichte der Kalenderreform gibt
Baupiann in der Zeitschrift des Vereines für Geschichte
4er Bar, 5. Hefb, S. 144, 146 (Donaueschingen 1885), indem er
das Mandat des Grafen Heinrich v. Fürstenberg, Landgrafen in Bar,
vom 14. Nov. 1582 auf den 25. überzugehen, und die Aufi&eichnung
einer Nonne von Villingen veröffentlicht, wonach das Kloster den
neuen Kalender durch üeberspringung der 10 letzten Tage des Oc-
tobers 1583 in practischen Gebrauch setzte.
Literatur.
W. Ohnesorge, Der Anonymus Valesii de Gonstan-
tino. Inaugoral- Dissertation zur Erlangung der philosophisclien
DoctorwQrde an der Universität zu EieL — Kiel, 1885, bei Lipsius
and Fischer, 112 S.
Sine methodiscdi durohgef&hrte Untersaehong, welcher das Verdienst
gebührt, das in Betraoht kommende Material spruohreif vorzulegen, Hit
den Besoltaten der Arbeit wird man sich vielfach nicht einverstanden er-
klaren können.
In berechtigter Weise werden die beiden historischen Fragmente,
welohe seit H. Yalois den Ausgaben des Ammianus Maroellinas angefügt
zu werden pflegen, als nicht zusammengehörig hingestellt uud mit Bezug
auf Stil und Haltung der Darstellung als von einander unabhängig noch-
mals erwiesen, indem für das erste StfiLck die Bezeichnung »Anonymus de
Constantino* vorgeschlagen wird. Der Yer&sser handelt sodann über die
Originalitilt und hervorragende Bedeutung der Nachrichten des Anonymus,
der, wie schon Mommsen erkannte, von Polemius Silvius und von Orosius
beantst wurde, wie gegen Zangemeister überzeugend ausgeführt erscheint
Hierauf wird über den Autor, die Zeit, in welcher er schrieb, seine
Persönlichkeit, den Standpunkt desselben gehandelt, wofür es bisher eine
bestimmt fonnnlirte Ansicht nicht gab. Als die Zeit der Abfassung des
Schriftstückes, wie es vorliegt, werden (gegen Mommsen) die Jahre > zwi-
schen 868 und 417^ aqgenommen, weil Julianus Apostata in einer Weise
genannt wird, die annehmen Hesse, dass man schon geraume Zeit wieder
unter christlichen Kaisern lebe, obwohl sonst die Gleichzeitigkeit des Be-
richterstatters mit den Feldzügen des Constantin gegen seine Mitkaiser be-
tont und die Bemerkungen chrisüich-confessioneller Art für Interpola-
tionen der originalen Au&eichnung erkUbrt sind. Da aber schon Polemius
Silvius, der um 885 schrieb, den Anonymus benutzt hat, wie Verf. selbst
aasfahrt, so ist der terminus ad quem, iür den die Benutzung durch
Orosius massgebend war, sicherlich nicht mit Becht gewühlt.
Wie aus anderen Gründen hervorgeht, auch nicht der »terminus
a quo«*
Als Ort der Entstehung wird Bom, als Autor ein dort lebender Se-
nator zu erweisen gesucht. Beides mit Gründen, die nicht stichhftltig sind.
Den Autor in Bom zu suchen, weil bei der*Erzfthlung der Maxentius-
schlacht, sowie der unmittelbar vorbeigehenden Ereignisse (Krieg des
Ctoars Severus und des Augustus Galerius gegen Maxentius und Maximian)
488 Literatur.
sich über die Oertlichkeiten bei Born und. überhaupt in l4ilien besonders
gut unterri6htet zeigt, scheint deswegen verfehlt, weil mit nicht minderer
Genauigkeit z. B. die Oertlichkeiten Illjricums erwähnt werden. Ja, wenn
der Anonymus von Constantin sagt: »natus in oppido Naiso atqae eductos,
quod oppidum postea magnifioe omayit*, so erscheint mir diese Notiz för
den Standpunkt des Yerf. viel bezeichnender. Auch tritt Dacia nova mit
seiner Hauptstadt Serdica sehr hervor; in letzterer ist Galerius gestorben,
sein Mitaugustus licinius ist >ex nova Dacia vilioris originis^, er flieht
später im Kampfe mit Constantin von Sirmium dahin: sublata inde uzore
ao filio et thessauris tetendit ad Daciam. (Vgl. zur citirten Stelle ArchXoL
epigr. Mitth. aus Oesterr. IX, S. 21.) Von diesem Feldzuge des Con-
stantin gegen licinius, über welchen der Anonymus die besten Nachrichten
erhalten hat, bemerkt der Verf. mit Grund, dass die Sehilderong eines
Augenzeugen vorzuliegen scheine. — Sehr richtig ist auch hervorgehoben,
»dass der gröbste Theil des Werkchens in lUyricum und Thracien sich ab-
spielt^ (S. 97). Das spricht doch nicht für einen stadtrömischen Autor.
Einen Illyriker zu erschliessen, wäre gleichfalls voreilig: Illyrioam war
damals das Centrum des Beiohes, weswegen die Historie vom Standpunkte
der Beichsregierung aus auf die dortigen Vorflllle besonders Bedacht in
nehmen Ursache hatte.
Wenn der Verl den Anonymus in den Beihen der römischen Senatoren
sucht, so übersieht er, dass selbe der praotischen Politik damals bereits
völlig entrückt waren. Dies zeigt nichts deutlicher wie die Beden und
der Briefwechsel des Symmachus, die an Leere ihres Gleichen suchen.
Die geschäftskundigen Geschichtschreiber des vierten Jahrhunderts
gehen vielmehr aus anderen Kreisen hervor; z. B. aus den in der Um-
gebung des Kaisers und der höchsten Beamten eine Bolle spielenden »pro-
tectores*, denen bei Yacanzen des Thrones Augusti und CäsareB, wie
Diocletian, Constantius, Maximinus Daza, Jovian, Yalentinian entnommen
wurden. In dieselbe Categorie gehört der bedeutendste Historiker des
vierten Jahrhunderts, Ammianus Maroellinus, der seine Carriöre als >pn>-
tector* begann. In diesen Kreisen hatte man demnach einen Ueberblick
über den Gang der Beichsangelegenheiten, übersah man das ganze Bdch;
was in Born seit dem Ausgange des drittel Jahrhunderts nicht mehr der
Eall war.
Wenn ich daher auf den Stand des »Anonymus* rathen müsat^ würde
ich ihn eher in der nächsten Umgebung Constantins unter den um eine
Generation älteren Berufsgenossen des Ammianus Marcellinus suchen. Da-
mit würde sich zugleich die Zurückhaltung des Autors erklären, mit der
er über gewisse die Dynastie betreffende >arcana imperii*, wie z. B. über
den Tod des Crispus, hinweggeht, während er alle offidellen Abmachungen,
so über die Thronfolge nach Constantin, präcis 'wiedergibt. Der Yerf.
behauptet zwar, dass der Anonymus kein Beamter gewesen sein könne, da
er die technischen termini nicht zu handhaben verstünde; ich finde d«
Gegentheil. So heisst es von Constantius: »protector primum, eiin tribunns,
postea praeses Dalmatiarum fiiit*, eine Angabe, die eine genaue Kenntnis
der damaligen Carriöreverhältnisse zeigt. Man vergl. über die ersten in-
schriftlich vorkommenden »praesides« von Dalmatien (Corp. IH, 1805 aas
dem J. 280, wo neben dem »praeses* als vir perfeotissimus ein ducenarina
Literatar« 489
ex protectoribus lateris divini genannt wird; of. E^hem. ep. II a. 525)
H. Gons, )a province Bomaine de Dalmatie (Paria 1882) p. 289 f.; über
die »proteotoVes Aagosti^ Hommsen in Ephem. epigrap^ V p. 121^ wo
p. 130 ancb auf die citirte Stelle des Anon. Yales. Bflokiricht genommen ist.
Die letztere wiohtige Abbaadliing» . die im J&iner 1884 ersobien und
nnsere Kenntnis der einsoblfigigen Verbütnisse gleicbsam neu fondirte,
batte dem Verf. nicbt unbekannt bleiben aollen« Wie es denn auch Wander
nimmt, dass wobl Gardthanaeos Ao&ats fiber ȟndcinns nnd die Inacbrift
von Dojan* in Hermes XTII (1882), 251 ff. verwerthet ist, bingegen
Mommsens den Gardtbansen wesentlicb rectifioirende Bemerkungen in dem*
selben Bande des Hermes 8. 528 ff. ignorirt weiden.
Noeb öfter sobiesst die Dissertation in byperkritisobem Eifer über das
Ziel binaos; so wenn sieb unter den »Thesen* auob folgende findet: >Die
termini Oriens, Moesia und Pannonia sind von dem Anonymus de Const.
nicht im Sinne der Yeroneaer Liste gebranoht*; was g^n Mbmmsen ge«
richtet sein soll. Dieser bat aber doch nur darauf aufmerksam gemacht,
dass die provindale Oiganisation, welche der Anonymus erwftbnt, nAher an
die der Liste von 297 beranreicibe, als an die durch die Provincial-Yer^
zeicbnisse aus der zweiten Hftlfte des vierten Jahrhunderts bekannte; wie
es eben den Verhftltnissen der Gonstantinisohen Zeit entspricht.
Schliesslich werden die Eigenthümlicfakeiten in der Gomposition des
An<»iymus auseinandergesetzt: »es scheint, als ob der Verf. sein Werk
nicht in einem Gusse, sondern in versohiedenen Abschnitten niedersohrieb.*
Der erste reiche von % l-«8, d. i. bis zum Tode des Galerins; der zweite
§ 9 — 18 beginne mit einer Becapitulation der früheren Nachrichten. In
der That ist hier wieder vom lebenden Galerins die Bede, obwohl sein Tod
schon vermeldet wurde. Die Stelle ist für die Beurtbeilung der Com-
posiüon des Anonymus wichtig. Ob es mit der vom Yerf. gegebenen Er-
klärung seine Biditigkeit bat, bleibtr dahingestellt, da es auch andere Mög-
lichkeiten gibt.
Jedenfalls ist die Arbeit geeignet^ weiterer Discussion zur Grundlage
zu dienen.
Prag. J. Jung«
Henri Delpech, La tactique au XIII°^» siäcle. Avec onze
cartes ou plans. T. I : Types de la tactique du XUI™® s. — Tact de
rin£uiterie. — Tact de laCavalerie. XX, 468. T. II: Grande Taci
au XIII>"e s. — Origine de la Tact. du XIII« s. 387. Paris 1886,
Kcard, gr. 8. 12 Fr.
Die Aufgabe, die D. sich stellt, ist nicht leicht. Der Bearbeiter muss
kriegerische Ereignisse innerhalb eines längeren Zeitramns und nicht zu
enger Örtlicher Grenzen verfolgen, um Ergebnisse von Belang zu erzielen
und darf es nicht mschen, wie Lindt in der Bd. lY, 292 besprochenen
Dissertation. In der That gebietet D. über ein* sehr um&ngreicbes Ma-
terial: etwa 100 Schlachten der Zeit zwischen 1000 und 1400, in der
Mehrzahl von Franzosen und Engländern, doch auch von Spaniem, Deutschen,
490 Literatur,
Italienern gelieferte kommen zur Darstellong. Nach den besten Qaellen,
glaubt £ef. sagen zu dürfen, denn wenn er auch nicht überall ans Speml«
werken oontroUiren konnte, so tritt dooh z. .B. in der Behandlung der
Schlacht von Bouvines 1214 (I, 1 — 175) grösate Gewissenhaftigkeit und
gesunde Kritik bei Benutzung der Ueberlieferung hervor. Mit Bedit hält
sich D. zumal für die Bestimmung der französiachen Schlachtordnung aa
FhiUpp August's Biographen Cruilelmus Brito, dessen Angaben D.*s müh-
same Ortsforschungen zur Bestätigung dienen. Auch in der Schätzung der
Berichte über die Niederlage der . Albigenser bei Muret 1213 möchten wir
D. (I, 177 — 258) zuatinunen gegenüber Q. Köhler, der D.'s früherer Arbeit
(La bataille de Muret, Montpellier 1878) Unterschätzung der canso de la
crozada vorwirft (Gott gel Anz. 1883, 408). Dass Montfort dort eine so
gewaltige Uebermacht schlägt, war und ist fast wunderbar und fordert m
erklärenden Vermuthungen heraus. Wenn jenes im übrigen mehr&ch den
Thatbestand entstellende Gedicht angibt, man sei, ohne Wachen aussa-
stellen, gerade zum Mahle gegangen, als jener heranstürmte, so muss man
dergleichen, gerade weil die Yermuthung so nahe liegt, bezweifeln, wofern
die zuverlässigsten Berichte davon schweigen.
Unter den Berichten über den ersten Ereuzzug und die diesem fol-
genden Kämpfe der Franken sähen wir das Werk des reichlich 50 Jahre
jüngeren Wilhelm von Tjrus lieber nicht so bevorzugt: W.'s Neigung, die
Unebenheiten der Originalberichte zu beseitigen und gleichen Stil herm-
stellen (Sybel, Gesch. des I. Kreuzz., 182) muss misstrauisoh gegen ihn
machen, zumal wenn man wie D. scheiden will, was für Kriegskunst die
Abendländer mitbraditen und was sie im Orient hinzxQemten.
Denn, um eine fernere Schwierigkeit der von D. in Angriff ge-
nommenen Aufgabe hervorzuheben, Wilhelms und vieler anderer Stil ist
gerade auf dem Gebiete des Kriegswesens mit Vorliebe an dassische Muster
angelehnt und macht peinlichste Yorsiobt in der Auslegung erforderlich,
wie im allgemeinen bekannt und z. B. für Brito von Pannenboig im
Auriöher Programm 1880, S. 18, gerade betrefiis der Schlacht v<m Bouvines
nachgewiesen ist. Ausdrücke wie legio, acies, cohors, turma, cuneua werden
auch von gut unterrichteten oft blos nach stilistischen Bücksichten ver-
wendet und nicht jedesmal ist dabei an die genau entsprechende Sache
gedacht. Auch wenn z. B. König Budolf dem Dogen schreibt: cuneos
acierum nostrarum adiunzimus stationi hostium (Forsch, z. d. Gesch. HI,
322), so ist nicht zu entscheiden, ob die cunei als Theile der ades oder
diese als Theile der cunei bezeichnet sind oder ob am Ende blosse Wort-
fülle vorli^; wie viel schlimmer steht es bei ein&ohen Chroniston (vgl
Bd. II 506 A. 1). Da also das Wenige, was überhaupt über die mili-
tärische Technik berichtet wird, bestimmter Auslegung grosaentheila sdi
entzieht, so muss fast zwischen den Zeilen lesen, wer nicht nur
Quellen umschreiben, sondern die Dinge sich und andern zur AnTOhauung
bringen will. Dass D. manches statt aus den Quellen heraus in sie hinein-
liest, dessen ist er sieh bei der Lebhaftigkeit, mit der er den Oeganstsad
erfasst, wohl nicht stets bewusst geblieben, so wenig wie sein OleioheB ei^
strebender Beurtheiler, der bei mancher von D.*6 Annahmen, z. B* üb^
den Lagerplatz der Albigenser vor der Schlacht bei Muret Begründung soi
den Quellen mit Recht vermisst (a. a. 0. 408), selbst aber z. B. der
Literatur. 491
Sohlacbtordnusg Friedrich I. auf dem Marsche gegen Mailand 1158 eine
aus den Quellen gar nicht zu erweisende Deutong gibt (zur Schlacht von
Tagliaoozzo, Breslau 1884, S. 42).
Dass in -den liriegerfullten Zeiten des Mittelalters man Bc^ln der
Taktik hatte und befolgte, müssten wir vorausetzen, auch wenn die Ueber-
lieferung noch karger w&re, als sie ist (vgl. Jtthns Handbuoh zur Qesch.
des Kriegswesens, 579). Dass man über die Kriegf&hrung so zu sagen
sjstematiseh reflectierte, lehren nicht bloss die von D. verwertheten spani«
sehen Gresetze, sondern auch das Werk, das der Cardinal Aegidius Golonna
dem dereinstigen König Philipp lY. widmete und dessen Benutzung D.
nicht hätte versäumen sollen. Ereilich entlehnt Aeg. vieles dem Yegetius,
dessen Einfluss auf die mittelalterliche Kriegführung von Jahns a. a. 0.
606, auch von G. Köhler (Einfluss der Feuerwaffen auf die Taotik, Berlin
1873, S. 8) bemerkt und von D. II, 127—147, vielleicht etwas über-
schätzt ist, geht aber über ihn hinaus, wenn er z. B. in des Feldherrn
Hand Landkarten sehen will (III c 2). Dass des Aegidius tactische Be-
griffe auch andern nicht ungeläufig waren, scheint hervorzugehen aus der
Art, wie der Ursperger Chronist (M. G. SS. XXIII, 877) die Aufstellung
der Franzosen bei Bouvines beschreibt, entsprechend näml'oh der figura
forficularis bei Aegidius III c. 12. Tactische Traditionen der In&nterie
weist D. nach, indem er u. A. zeigt, dass auf verschiedenen Schauplätzen
f&r entsprechende Zwecke entsprechende Formationen angewandt wurden,
80 far die Defensive an Ort und Stelle der Kreis, auf dem Marsch das
Viereck, für die Offensive der Keil, ferner, dass man planmässig Schützen
ins IL, Pikenträger ins L Glied stellte, dass in mancher Schlacht die In-
fanterie schwierige Bewegungen in einer Weise ausführte, die sich nur aus
vorheriger Schulung erklären lässt Wie man solche erreichte, wird nirgends
berichtet; für die Bitterschaft boten zur tactischen üebung Gelegenheit
wohl die Turniere, auf die D. leider gar nicht eingegangen ist, vermuth*
lieh weil ihm Hilfsmittel nicht zugänglich waren, wie wir sie in Schultz*
Höfisches Leben, und Niedner, Das deutsche Turnier im 12. und 18. Jahr-
hundert, Berlin 1881, besitzen. Sollten sich von den durch D. nach-
gewiesenen Cavalleriemanövern, der Attake in dichtgeschlossener Linie, der
von den Spaniern sogenannten volta, d. i. »un faux mouvement de retraite
suivi d*un retour offensif aussitdt qu*on avait entraln^ Tennemi ä ouvrir
ses langs*, der »Charge ä revers* in den Tumierschilderungen der Dichter
oder anderer Berichterstatter keinerlei Spuren finden? Der von Köhler
(Gott gel. Anz. 1884, 482) so sehr betonte »spiz«, d. h. Keil, ist von D.
mit Becht unter die Formationen der Cavallerie nicht aufgenommen. Denn
der »spitz*, den die steihsche Beimohronik auf dem Mai^ohfeld von Budolf
gebildet werden lässt, ist nicht ohne weiteres mit dem des 15. Jahrb. zu
identificireUi den Jahns a. a. 0. 915 schildert, dessen Wirksamkeit Bef.
aber bekennt, sich nicht recht vorstellen zu können. Mag mit »spitz*
(Deutsche Städtechr. IX, 827) eine keilförmige Schlachtordnung des schweizer
Fussvolks gemeint sein, was nicht so sicher ist, so ist doch z. B. bei
Closener ebd. VIII, 82 und bei Bothe o. 398 »spitz* bezw. »spitze* blosse
Uebersetzung von aoies, wie aus dem lateinischen Original hier wie dort
erhellt, und wenn die Ungarn » zu vöderist an die spicz * geschickt werden
(M. G. D. Chr. IE, 859), so sollten sie wohl das L Treffen, aber nicht die
492 Literatur.
Spitze eines Keils bilden. Die zwei Hauptformen der HeeresaaÜBtelliing,
»ordre porallöle* (Centrum mit zwei Flügeln) und »ordre perpendioulaire*
(mehrere Treffen hintereinander), sowie Combinationen der beiden und be-
sonders auch dag Cooperieren von In&nterie und Cavallerie — Yerfikaser
nennt das Qrande tactique — werden an zahlreichen Beispielen geschildert
In der Schlacht bei Bouvines .findet D. nur die ei«terw&hnte Form
angewandt, ich möchte eher mit Köhler (Gtött. gel. Anz. 1885, 459) an
eine Combination beider Typen denken, mindestens sind Philippis XI, 475
post Campanenses (d. k. doch hinter ihnen) acie glomerantor in mu
und y. 496 efficiunt scalam unam vgl. 465 schwer begreiflich, wenn
nicht Treffen vorhanden waren. Die neunfache Einteilung des Heeres aber,
die Köhler anninmit, scheint mir wiederum aus den Quellen nicht erweis-
bar. Auch D. weiss nicht zu sagen, in welcher Frontbreite und wie tief
man die Beiter gewöhnlich aufstellte; es hängt diese Frage zusammen But
der weitem, ob und inwieweit damals Bitter, Edelknechte und nichtritter-
liche Leute taotische Einheiten bildeten. Dass D. auf jeden Bitter, den die
^ Quell^i angeben, einen Edelknecht und einen »sergent* ohne weiteres als
Combattanten hinzurechnet^ hat Köhler mit Becht beanstandet; wie der
Bitter, der »totam terram desiderio istius pugnae pro solo equo pignori
obligavit* (M. Q. Scr.XXY, 294), wird noch mancher ohne Gefolge auagezogen
sein. Die Ausdrücke für das Personal der Heere milites, servientes, clientes,
armigeri famuli garciones scutiferi, knehte, knappen, kinde, sariande usw.
werden von G^chichtschreibem und Urkunden so durcheinander geworfen,
dass man überall erst aus dem Zusammenhang feststellen kann, was ge-
meint ist, sehr oft mit einem non liquet sich bescheiden, vor allem aber
vor solchen Verallgemeinerungen sich hüten muss, wie sie D. I 306 und
Köhler, Gott. gel. Anz. 1888, 410 und 857, vornimmt Erst aus um-
fassender Kenntnis urkundlichen Materials wird auf diesem Gebiet grössere
Klarheit zu erzielen und dann auch zu zuverlSssigeren Besultaten über
Störke und Eintheilung der Heere zu gelangen sein.
Bei dem reichen Inhalt des Werkes, dem wir auf dem uns zu-
gemessenen Baum nicht wohl gerecht werden können, w&re ein Begister
erwünscht; tableau chronologique und oondusions genenJes sind ein nur
dürftiger Ersatz. Die Ausstattung ist gut, der Druck könnte oorrecter sein.
Wir schliessen mit dem Ausdruck des Dankes an den Yerf., dessen Scharf
^ sinn und Gelehrsam^it die lange yemachlfissigte Aufgabe in vielen Punkten
gelöst, in andern Anregungen gegeben hat, die nicht ohneFrucht bleiben werden.
Nachtrag. Inzwischen hat G. Köhler das vorstehend angezeigte Buch
Gött. gel. Anz. 1886, 513 — 34 scharf kritisirt und selbst den I. Band eines
dreibändigen Buches »Die Entwickelung des Kriegswesens und der Krieg-
führung in der Bitterzeit' bei Köbner in Breslau erscheinen lassen.
Danzig. M. Baltzer.
Dr. Gerhard Seeliger, Das deutsche Hofmeisteramt
im späteren Mittelalter. Eine verwaltungsgeschiclitliche Unter-
suchung. Innsbruck, Wagner 1885, 138 S.
In erfreulicher Weise wendet sich ein immer steigendes Interesse der
deutschen Yerwaltungsgeschichte zu. Besitzen wir nunmehr das eingehende
und trefifliche Werk von Adler über die Schöpfung der deutschen und
Literatazi 493
österreicbischen Central verwaltaog durch Maximilian L, so gebührt der
vorliegenden Schrift von S. das Yerdiensti für die vorangehenden auch in
dieser Hinsicht noch sehr dürftig durchforschten Zeiten des späteren Mittel«
alters wenigstens ein Glied der Reichs- und Territorial-Yerwaltang deut-
lich herausgehoben und ein Bild seines Wesens und seiner Bedeutung ge-
geben zu haben, das Hofmeisteramt. Der Hofineister ist eine oharakteristisohe
Gestalt für das deutsche Verwaltungswesen: gerade als er in den letzten
Deoennien des 14^ in den ersten des 15. Jahrhunderts den Gipfel seiner
Bedeutung erreicht hatte, war seine Wirksamkeit dadurch gekennzeichnet,
dass sie keine ganz bestinunte Umgrenzung besass, dass der Hofmeister in
allen möglichen Begierungsgesoh&ften und politischen Acüonen eingreifen
konnte, sofern nur eine angesehene Persönlichkeit die Würde seines Amtes
unterstützte. Diese bedeutsame Stellung näher zu untersuchen, Umfang
und Inhalt ihrer Wirksamkeit zu erkennen, war eine interessante und ver-
dienstliche Aufgabe; auch die politische G^eschichte kann hur Dank wissen,
wenn ihr nunmehr ein Urtheil darüber ermöglicht ist, auf welcher
Grundlage, auf welchem amtlichen Machtkreis die hervorragende Wirksam-
keit so mancher Hofineister beruht.
Naturgemftss Ifisst der Terf. die Geschichte des Hofmeisteramtes voran-
gehen. Er nimmt den Ausgang von den Hofmeistern, den Wirthschafks-
beamten der Benedictiner und Cistercienserklöster, weist einen Zusammen-
hang dieser mit den Majordomen und Ticedomen zurück, Ifisst aber die
klö^rlichen Hofmeister die > unmittelbaren Vorfahren* der in der zweiten
Hälfte des 13. Jahrb. an den Fürstenhöfen auftauchenden Hofmeister sein.
Dies letztere sucht eine kurze theoretische Erörterung auf S. 11 zu be-
gründen, die mich jedoch, ich bekenne es, durchaus nicht überzeugt hat.
Ich glaube, die klösterlichen Hofineister können wohl als Analogen, nicht
aber als Ausgang der Entwicklung dienen, denn das Amt eines magister
curie in seiner Wesenheit als Verwalter der Haushaltung muss an Fürsten-
höfen schon früher bestanden haben, bevor es erst um die Mitte des
13. Jahrhunderts unter diesem Namen auftritt Wie mir scheint, hat der
Verf. hier sich mehi; an den Namen, als an die Sache gehalten. Festeren
Boden und Sicherheit gewinnen wir mit der Betrachtung der fürstlichen
HofmeiBter in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und können dem
Verf. zum Uebergang des Amtes auf den Königshof unter Albrecht I. folgen,
zum Aufschwung des Amtes unter Karl IV., zur Entwicklung des Hof-
meisteramtes zu einem böhmischen limdesamt unter Wenzel, zur Theilung
desselben in das eines Haus- und Begierungshofmeisters unter Ruprecht
und können die grosse Bedeutung des letzteren unter Sigmund, Albrecht IL
und Friedrich III. verfolgen, sowie die daawischen eingeschobene Unter-
suchung über die fürstlichen Hofmeister des 14. und 15. Jahrhunderts,
die Begierungs-, Frauen- und Erziehungshofmeister und die Trennung in
Land und Haushofineister.
Zu einzelnem sei bemerkt, dass vor Jacob von Franenfeld (vergl.
S. 15) bereits ein königlicher Hofmeister unter Albrecht ersdieint, den der
Verf. übersehen hat, nämlich Nicolaus von Wartenfels ii: einer von ihm
selbst als Bevollmächtigtem des Königs mitauagestellten Urkunde von 1300
Febr. 26, Böhmer Reg. 1246—1313, Beichssachen n. 245, jetzt bei Winkel-
mann Acta inedita 2, 755. — Auf S. 22 und dementsprechend 'S. 125 hätte
494 ^ Literatur.
Herzog Lndwig von Teck auch nicht einmal mit einem Fragezeichen in
die Beihe der Hoimeister E. Ludwigs d. B. aufgenommen werden sollen,
da der Verf. ja selbst in der Anmerkung mit vollem Becht auseinander-
setzt, dass an der betreffenden Stelle der Beg. Boica statt Hofmeister Hof-
richter zu lesen ist. — In Tirol »musste* sich doch nicht das »rein
dynastische Amt, weil es den Bottenburgem erblich zustand, in eine Erb-
land es würde verwandeln* (S. 87 ff.). Die Bezeichnung »Hoüneister auf
Tirol* kann nicht als Beweis dafür angesehen werden, denn sie knüpft
sich, etwa wie »Burggraf auf Tirol*, lediglich an das Schloss, also an den
Grafen von Tirol, während z. B. der Stellvertreter des Grafen als Landes-
heiTn der »Hauptmann an der Etsch und im Innthal* oder der »Graf*
Schaft Tirol* genannt wurde. Auöh die bloss theoretisch gezogene Folgerung,
dass die neben den Erbbeamten bestehenden Hofmeister in Tirol sick
» ungehindert nach derselben Bichtung hin entwickeln kennten, welche die
Hofmeister der andern und aller deutschen Territorien au&uchten*, ent-
spricht nicht der geschichtlichen Wirklichkeit. Die Bedeutung, weldw
einzelne Trftger dieser Würde, wie etwa mehrere Yögte von Matsdi be-
sassen, entsprang nicht ihrem Hofmeisteramt, sondern ihrer Macht als einem
der ersten Adelsgeschlechter des Landes.
Der zweite Theil behandelt das amtliche Schaffen des Hofineist^s am
Eönigshofe. Ausgehend von den allgemeinen Sold- und Dienstverhältnissen
am königlichen Hofe wird dann das Wirken des Hofmeisters als OfBcial
des Hofes, im königlichen Bathe und in seinen richterlichen Functionen
geschildert. Für diese dritte Seite seiner Wirksamkeit ist der Nachweis
wichtig, dass ihm die Leitung des Eammergerichts oblag, das, wie S. mit
Grund ausführt, schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts als unmittelbarer
Ausdrack der unversiegbaren, vom Kaiser selbst ausgehenden Gerichtsbar-
keit im Gegensatz zum Beichshofgericht bestand und unter Sigmund zn-
erät auch mit diesem Namen erscheint. Die Eammergerichtsbarkeit des
Hofmeisters begründete auch seine Präsidentschaft im königlichen BaUi,
wie er sich mit dem 15. Jahrhundert immer fester als oberstes Begierungs-
coUegium gestaltete. Und die Untersuchung dieser Seite des Hofmeisier-
amtes hat den Verf. zu Studien über den Geschäftsgang am SOnigahofe
geführt, über die Erledigung der einlaufenden Petitionei^ die Ausfertigung
der Urkunden, Studien, welche für die Diplomatik von Werth ^sind. Das
reiche Urkundenmaterial, die noch erhaltenen Beichsregistraturbücher ge-
statten hier Einblick in die ganze Entstehungsgeschichte einer Uiiomde.
S. hat für seine Zwecke hauptsächlich die Bedeutung und Thätigkeit der
Belatoren hervorgehoben, um dadurch die Betheiligung des Ho&neisters ao
den tfiglidien Begierungsgeschäften zu beleuchten, allein seine Ausführungen
scheinen mir klar zu beweisen, wie eine Erforschung gerade dieser spät-
mittelalterlichen Diplomatik für die Erkenntnis des königlichen und fürst-
lichen Urkundenwesens überhaupt von Werth ist, sie fordern zu einer vom
diplomatiscben Gesichtspunkt ausgehenden Untersuchung jener Beidis*
registraturbücher oder auch der aus fürstlichen Kanzleien, so vqn den
tirolischen Landesfürsten erhaltenen Begistraturbücher auf. Ich glaube,
dass sich mit genügender Vorsicht aus diesen bpäteren Verhältnissen inter*
essante und aufhellende Bückachlüsse auch auf viel frühere zieben
lassen.
Literatari 495
Zum Sohlnsse gestatte uns der Verf., ihm noch einen Wonach ans
Herz za legen: wir wünschten nämlich im Interesse der Lesbarkeit, der
Klarheit und Yerstftndlichkeit, dass er sich von der etwas übermSssigen,
ja oft gesuchten Anwendung von Fremdwörtern losmache und überhaupt
eine etwas ein&ohere und schilrfer gefiuste Ausdrooksweise ansiarebe.
Innsbruck. Oswald Bedlich.
M. Bustier, Das sogenannte Ghronicon üniyersitatis
Pragensis. Mit einem Vorworte von A. Bachmann, Professor an
der deutschen üniTcrsitat zu Prag. Leipzig 1886, 8<>, 44 S.
Als Chron. ünivers. Prag, wird nach dem Vorgänge Millauers (nicht
Palack;f s, wie in der zu besprechenden Abhandlung gesagt wird) eine Ck)m-
pilation bezeichnet, von der wir nur eine Handschrift (in der Wiener
Hofbibliothek) und eine Ausgabe (Höfler, Geschichtschreiber der huss.
Bewegung I, 18 — 47) besitzen. Dass wir es hier mit einer Compilation
zu thun haben, hat schon Palack^ in seiner Würdigung (1880) bemerkt.
Bezold. (K. Sigmund und die Beichskriege ly. 4) unterscheidet das sogen.
Chronicon (1848 -- 1413) und die sich anschliessende Compilation. Dass
aber auch jener erste Theil eine Compilation ist, hat Palack^ (Die Qesch.
des Hussitenthums und Prof. C. Höfler S. 18) hervorgehoben und zugleich,
was weiter zu thun wäre, mit den Worten ausgesprochen: »Es ist nun die
Frage, wann und von wem die Compilation zu Stande gebracht wurde,
nnd von wem ihre einzelnen Bestandtheile herrühren?* Diese Aufgabe
wird in der vorliegenden Abhandlung meiner Meinung nach im Ganzen
richtig gelöst. Der erste Theil der Compilation (1848 — 1413) Ifisst sich
folgende Bestandtheile auflösen: 1) die eigentliche TJniversitftt'Hshronik seit
1348; 2) tagebuchartige Aufzeichnungen 1403 — 1413 über die gleich-
zeitigen Händel an der Universität, namentlich den wicleffltischen Bücher-
streit, wesentlich gleichzeitig, nicht nach 1418 abgeschlossen, der werth-
vollste Bestandtheil ; 3) fast gleichzeitige Au&eichnungen allgemein histo-
rischen Charakters, namentlich fär 1394, dann für 1400— 1408; 4) XJni-
versitätsacten u. dgl. 1410 — 1413, wörtlich oder im Auszuge. Der
Urheber des. letzten Bestandtheiles ist ein gemässigt er Katholik, aus den
tagehuchartigen Au&eichnungen spricht aber ein enschiedener Wicleffit,
vielleicht niemand anderer als Laurentius von Bfteov&. Er ist vielleicht
nicht nur der Verfasser desselben, sondern auch des 8. Bestandtheiles und
der Compilation des Ganzen, natürlich mit Ausschliessung des letzten Be-
standtheiles derselben. Doch soll diese recht ansprechende Vermuthung
eben nur als Vermuthung gelten.
Mit dieser Analyse ist der schwierigere Theil der Arbeit beendets
Dass das sogen. Chron. Univers, schliesslich (1420) in eine Abschrift des
Laurenz von Bf ezovd übergeht, hat bereits Denis in einer Randbemerkung
zur Hs. constatirt. Der Uebergang 1418 — 1420 wird durch eine Um-
arbeitung des Werkes Bfezov&s vermittelt, die von einem KathoUken her-
rührt, vielleicht demselben, welcher die Universitätsacten (1410 — 1418)
in die anderen Aufzeichnungen eingefügt* hat. Für die J. 1418 — 1420
hat ev neben Bfezov4 auch aus anderen Vorlagen geschöpft, bis er schliess-
lich ermüdet Sich auf blosses Abschreiben verlegte. So wäre möglicher-
496 Liteiatur.
weise das Ganze in der Mitte des 16. Jahrh. zu Stande gekommen. Aber
auch der letzte Theil ist nieht ohne Werth, da demselben eine uns nicht
mehr bekannte Ha. des L. von Bfezovä zu Grunde liegt, die sein Werk
in einer ursprünglicheren Fassung enthielt und deren Lesarten oft als die
besseren und oft einzig möglichen gelten müssen. Wenn wir da selbst
grössere Partien finden, die in anderen Hs. des Bfezov4 fehlen, so sind
dieselben nicht als spätere Interpolationen — das war die Meinung Pa-
laok^s — sondern als ursprüngüche Bestandtheile des Werkes anzuseheB.
Als Anhang folgen S. 40—44 Verbesserungen aus der Hs. zu der Aus-
gabe des Chronicon. Palack^ Corrigenda wurden (z. B. zu S. 22 nach
Documenta mag. J. Hus. S. 400 und zu S. 25, 29 nach Gesch. d«
Hussit u. a.) nicht aufgenommen.
Es sei noch erlaubt einige Worte über das VerbÄltnis zu sagen, in
dem die besprochene Abhandlung zu einem Aufeatz steht, den ich bereits
1884 m böhmischer Sprache unter dem Titel »Das sog. Chron. UniTcrs.
und sein Verhältnis zu L. von Bfezov4« (Sitzungsber. der böhm. Gesellsch.
der Wiss. 1884, S. 19—82) gehalten und seither veröffentlicht habe. In
demselben unterscheide ich in dem ersten Theile der Compilation (1348
bis 1413) folgende Bestandtheile: 1) Die eigentliche Univ.-Chronik 1348
bis 1409 (1412); 2) Annalen Wenzels IV. 1378—1408; es sei möglich,
dass beide Bestandthi ile von demselben Ver&sser herrühren; 8) eine Dar-
stellung des wiclefBtischen Streites, verfasst 1412; die Acten und Ans-
zi^e aus denselben (1410—1418) mit kurzen Einleitungen könnten viel-
leicht noch von dem Verfasser des 8. Bestandtheiles hinzugefugt sein, der
Schluss (1418) rühre jedenfalls von jemand anderem her, vielleicht dem
Gompilator, der nach 1419 jene 8 Bestandtheile zu einem Ganzen ve^
einigte und wohl- auch durch den Schluss 1410 — 1418 vermehrte; die
Compilation eines Katholiken (1418 — 1420), hauptsfiohlich ans Bfezovi
schöpfend, verbinde den ersten Theil mit der Abschrift von Bfezovas ChroniL
B.*s Abhandlung ist' unabhängig von meinem Au&atz entstanden. Berück-
sichtigt wurde derselbe nur in den Anmerkungen und dabei wird S. 3
A. 2 gesagt, ich hätte »bei mancher richtigen und irrigen Vermuthung
die Untersuchung nach keiner Seite zu gründlichem Abschluss gebracht'
Durch die Darlegung der Hauptpunkte meines Aufsatzes wollte ich .den
Leser aber in Stand setzen, sich ein Urtheil zu bilden. Ich selbst halte
einen solchen Tadel nur dann für gerechtfertigt, wenn es gilt, einer reebt
schlechten Arbeit die gebührende Abfertigung zu Theil werden zu lassen.
Und wenn auch B. in allen Differenzpunkten Becht haben sollte, so
hätte er doch wenigstens das eine hervorheben sollen, dass ich mich über
den letzten Theil der sog. Univer3.-Ghronik und ihr Verhältnis zu Bfezova
ganz in derselben Weise ausgesprochen habe wie er. Der Leser erftliri
jedoch über den Inhalt meines Aufsatzes, ausser noch einigen tadelnden
Bemerkungen, überhaupt sehr wenig. Unrichtig ist es, wenn gesagt wird,
ich hätte mich über den Theil der Compilation 1410 — 1418 »überhaupt
nicht ausgesprochen.* Es ist, wenn auch in abweichender Form, geschehen
(Sepaiatabdruck S. 7 — 8). B., dessen ErsÜingsarbeit ich gern als recht
tüditig anerkenne, hätte doch in seinem Urtheil etwas vorsichtiger sein
sollen.
Prag. Jaroslav Gell.
Literakt. 4d?
Becueil des Instructions donnees äux ambassa-
deurs et ministres de France depuis les traites de
Westphalie jusqu^a la revolution franfaise. Publik
• 8008 les auspices de la commission des archives diplomatiques au mi-
nistere des aflGEÜres ätrang^res. Autriche. Ayec une introduction
et des notes par Albert SoreL Paris 1884. 8^ XY, 552 p.
Wftre es überhaupt gestattet , aus einer einzelnen Erscheinung all-
gemeine Schlüsse zu ziehen, so würde ein ein&cher Vergleich der histo-
rischen Arbeiten des heutigen Frankreichs mit denen der ersten Hälfte
dieses Jahrhunderts hinreichen, die Behauptung aufzustellen, dass die Fran-
zosen im Laufe der letzten Jahre wirklich jenen grossen Umwandlungs-
process durchgemacht haben, von dem aus Frankreich heimkehrende Deutsche
so viel zu berichten wissen, jenen Process, der aus einem heiteren, yon
den Eingebungen des Augenblicks beherrschten, nach »gloire* strebenden
Volke ein nüchternes, ernstes^ praotisches gemacht hat Denn darin dürften
alle, die sieh mit den Erscheinungen der neueren französischen Qesohiohts-
literator yertraut gemacht haben, übereinstimmen, dass dieselben in ihrer
Mehrzahl auf ongleioh soliderer Basis ausbaut und ungleich nüchterner
und ernster gehalten sind, als die früherer Zeiten.
unter dem Gesichtspunkte nüchterner, ernster Forschung musa man
auch das grosse Unternehmen betrachten, das von Seite der französischen
Regierung vor einigen Jahren geplant wurde und dessen erste Erscheinung
uns in dem oben erwähnten Werke vorliegt.
Es ist Ton Interesse, die Anschauungen kennen zu lernen, von denen
die Leitung der französischen Ardxivsverwaltung bei der Beschlussfassung
über die bei der Verwerthung der in ihrem Archive aufbewahrten Schätze
einzofloUagenden Wege sich leiten Hess.
In dem Momente, da die französische Begierung nach dem Muster
Anderer Staaten — nicht in letzter Linie Oesterreichs — in eine freiere
Benütsung ihrer Actensammlungen willigte, beschloss dieselbe selbst in
erstor Linie die Verwerthung dieses ungeheuren Schatzes in die Hand zu
nehmen. Ein »Inventaire analytique de la Gorrespondance politique*^) und
ein »Becueil des Instructions* waren die beiden grossen Publicationen, zu
deren Inangriffnahme die massgebenden Persönlichkeiten sich entschlossen.
iTClr das letztere unternehmen, das uns hier allein zu beschäftigen hat,
^mnxrde nach einem Berichte des Herausgebers des uns vorliegenden Bandes,
^erm Albert Sorel, prindpiell festgesetzt, die Publication auf jene In-
stimctionen zu beschränken, welche die Könige von Frankreich ihren Ge-
sandten in der Zeit vom westphftlischen Frieden bis zum Ausbruche der
firAnzösischen Bevolution gegeben haben. Auf den hohen Werth eines der-
artigen Unternehmens glauben wir hier nicht besonders hinweisen zu müssen.
iOan kann denselben nicht besser bezeichnen, als das die Commission, der
:lio Leitung dieses ganzen Unternehmens übergeben worden war, in ihrem
>) Wir denken uns demnächst Über den ersten Band dieser Fablioation
t s3 flznsprechen.
Minbeflaiifen YIL 82
498 titerakt.
Bericht an den Minister des Aeusseren tbat. »Aucon ensemble de doca-
ments*, heisst es hier unter anderem, >ne neos paralt mieux röpondre au
bat dlevö et patriotiqae qne noas noos ätions assign^ . « . Ces instmctions,
reliöes Tone k Tauüre par le fil invisible, mait totijours pr^nt, de^ Tint^ret
d*£tat et de la tradition nationale, forment aajourd'hni nn ensemble teile-
ment pirtoieux qn'on pent.dire qa*il n*en existe peui^dtre aaenn de plus
complet, de plus interessant, de plus autoris^ et qtd pniase mieux serrir
& l'ötude des questions diplomatiques. Notre recueil aura le m^rite de
servir d'explication et de oommentaire k la conduite politiqae qui donna
k la Frante une si giaade place dans la politique europtame.*
Eine Beihe von Gelehrten, unter ihnen Namen vom besten Klange,
wie neben Albert Sorel, Oirard de Bialle, Lavisse, Hannotaox, Basefaet,
Oeofiroy, erklfirten sich bereit, die Herausgabe der eiBzelnea Binde zu
übernehmen.
Man wird den Principien, die für die Bearbeituag im allgemeinen
aufgestellt worden sind, im Grossen und Ganaen beipflichten dürfen. Ein-
mal darin, dass nur die Instmetionen der dauernden Gtosandtsdhaften, nicht
aber solcher, die nur einen bestimmten, speoiellen Zweck verfolgten, auf-
zunehmen und auch darin, dass diese Instructionen trota einzelner Wieder-
holungen (man vergleiche die Instructionen von Choiseul, Chatelet und Dur-
fort aus den Jahren 1759, 1761, 1766) und Öfterer Weitschweifigkeit in
ihrer Gllnze wiederzugeben seien. Dagegen hätten wir gewünscht, dass in
den Einleitungen, die jeder einzelnen Instruction vorausgehen, eben mit
Rücksicht auf den practisehen Zweck des Werkes in aller Kürze auch die
wichtigsten Daten aus dem Leben der betreffenden Gesandten einen Platz
gefunden hätten, und überdies der ungefähre Umfang der gesandtschaft-
lichen Gorrespondeaz angegeben worden wäre; letzteres eine sehr geringe
Mtlhe fßr den Herausgeber und doch von grossem Yortheil für den, der
sieh über den Umfang der in Paris befindlidien Documente zu orientiren
wünscht.
Was nun den uns vorliegenden Band betrifft, der die Inatraotionen
der am Wiener Hofe aocreditirten Gesandten Frankreichs in der erwähnten
Periode von 1648 — 1789 umfasst, so hat der Herausgeber desselben die
prinoipiell festgesetzten Yorschriften für seinen speciellen Aufkrag auf das
genaueste befolgt. Die kurzen Einleitungen, welche den einzelnen In-
structionen vorangeschickt sind, entsprechen vollständig dem Zwecke, wel-
chem sie dienen, wenn wir auch hier zu unserem Bedauern die deutsche
Literatur gänzlidi vernachlässigt finden und die längere Auseinandersetzung,
welche Sorel als Einleitung des ganzen Werkes diesem voranstellt^ gibt in
präciser und unparteiischer Weise ein gutes Bild der Beziehungen, welche
in den 150 Jahren, von der Mitte des 17. bis zum Ende des 18. Jahr-
hundertes, zwischen den beiden Staaten herrschten.
Was Herr Sorel aus den Berichten der Gesandten an Gharacteristiken
österreichischer Staatsmänner gibt, ergänzt in dankenswerther Weise unsere
Kenntniss der betreffenden Persönlichkeiten und scheint uns insbesondere
in vielen Fällen als Ck>rreciiv der allzu günstigen Urtheile der Veuietianer
von grossem Werthe.
Im Laufe der 150 Jahre vom westphälischen Frieden bis zum Aus-
bruche der französischen Kevolution hat Oesterreich 27 Vertreter Frank-
tateratuT. 499
reichs an seinem Hofe gesehen, darunter Männer, wie den Präsidenten
Golberi, den jüngeren Brdder des berühmten Finanzministers Ludwig XIY.,
der selbst smt 1679 als Uarqais de Croissy an der Leitung des franzö-
sischen Staates {heünahm, Mttnner, wie den Marquis de Villars, Herzog
von Bichelieii, Marquis d'Eströes,, Graf Stainville, der später als Herzog
von Choiseul einen leitenden Einflusd gewann, und dessen Yetter, den
späteren Herzog von Choiseul-Praslin^) u. a. m.
I>Bn Zweck jeder einzelnen dieser Gesandtschaften auseinanderzusetzen
oder die einzelnen Instructionen, die uns mitgetheilt werden, eingehend
za beleuchten, würde uns viel zu weit führen. Aber yielleieht wird es
gestattet sein, an der Hand der Instructionen das chatacteristische in den
Beziehungen der beiden Staaten zu einander hervortreten zu lassen, un-
schwer lassen sich innerhalb der 150 Jahre von 1648 — 1789 drei Phasen
der f^anzösisch-üsterreichischen Beziehungen unterscheiden. Die erste, bis
zum Ende des spanischen Successionskrieges reichend, ist die Zeit der Bi-
valität uud der zumeist offenen Feindschaft zwischen beiden Staaten. Kein
Wunder, dass daher die diplomatischen Beziehungen öfters unterbrochen
waren. Die einzige längere Gesandtschaft eines Franzosen am Wiener Hofe
in dieser Zeit ist die Gremonville's. Alle übrigen Missionen sind von
kurzer Dauer. Aber gerade einige dieser kürzeren Gesandtschaften nehmen
unsere Aufmerksamkeit Tollauf in Anspruch und die den Gesandten mit-
gegebenen Instructionen gehören zu den bedeutendsten der ganzen Samm-
lung und sind wahre Schätze ftkr die richtige Erkenntnis der am franzö-
sischen Hofe herrschenden Stimmung. So gleich die erste der in dem uns
vorliegenden Werke nritgetheilien Instructionen, für den Präsidenten Colbert
bestimmt. Es scbeint uns sehr zutreffend, wenn der Herausgeber der-
selben sie >le document de plus concret et le plus nourri dea ^ites^ dieser
ganzen Sammlung nennt. In der That ein Muster einer Instruction. Alles
was den Gesandten interessiren, ftir ihn und seinen Staat von Nutzen
sein kann, ist kier vorausgesehen und beleuchtet und dazu kommt eine
klare, präeise, keine Zweideutigkeit, keinen Zweifel zulassende Sprache.
Air das stempelt diese Instruction zu einer hervorragenden Quelle für die
Kenninise der Zeit und des Mannes, der sie abge&sst Es ist auch kein
geringerer als Mazarin, der in diesem Schriftstücke die Stellung zu kenn-
*) Es dürfte vielleicht manchem der Leser erwünscht sein, die Kamen der
in Wien accreditirten französischen Gesandten und die Dauer ihrer Gesandtschaft
kennen au lernen. Den Reigen eröfinet Colbert 1660 Februar— April, dann folgen
Jacques Brethel de Gr^monville Ende 1664—1672, M>« de Vitry Ende 1679 bis
Mai 1680, M^ de Sebeyille Ende 1680 (dass am Beginne und su Ende der In-
struction pag. 80 und 901681 steht, dfiifte auf einen Druckfehler zurückzuführen
sein) bis Anlmg 1684, O de Chevemj Anftnff 1684 bis Juni 1685, C^ de la
VaugQjon Ende 1685 bis 1687, C^ de Lnsignan Ende 1687 bis Ende 1688, M^» de
Yillars 1698, O de Luc 1715 bis 1717 (dann führt die Geschäfte der Secretair
M. du Bourg), Duc de Bichelieu 1725 bis Mai 1728, M^* de Mirepoiz 1787 Dec.
bis 1740 Dec. (Mirepoix Hess bei seiner Abreise einen charg6 d'affaires zurück,
M. Vincent, der bis 1744 in Wien verblieb), Blondel 1749 bis Oci 1750, W^ d'Haute-
fort 1750 bis 1752, M>» d'Aubeterre 1758 bis 1756, O d'Estrto Ende 1756 bis
März 1757, O de Stainville 1757—1758, O de Choiaenl 1759 bis Mai 1761,
O du Chatelet 1761 bis Aug. 1766, W» de Durfort 1766 bis Mai 1770, M. Durand
1770 bis Jänner 1772, Prince de Bohan 1772 bis Juli 1774, M^> de Breteuil An-
tmg 1775 bis Oct. 1776 und April 1777 bis April 1788, W* de Noailles 178S.
82*
gOO Literatim
xeichiieii sacht, die Frankreich nicht nur in der Frage, derentwegen Colberi
abgesandt wurde — Frankreich drohte, ialla Gestenreich den Frieden im
Norden Europa*8 nicht begünstige, seine Truppen bis zu einem bestimmten
Termine aus Pommern nicht abberufen würde, Schweden mit einer erheb-
lichen Truppenanzahl zu unterstützen — Oesterreich gegenüber einnahm,
sondern auch in allen übrigen Fragen, die damals das Interesse der beiden
Staaten berührten, einzunehmen Willens war.
Golbert blieb nur einige Wochen in Wien und seine Mission hatte
wenigstens nicht direct den erwünschten Erfolg. Desto l&nger und be-
deutungsvoller war die Gesandtschaft des Bitters Jacques Brethel de Gr6-
monville, der vier Jahre nach Golbert im Jahre 1664, nachdem durch die
Theilniihme Frankreichs am Türkenkriege ein freundschaftlicheres Terhfilt-
niss zwischen den beiden Staaten hergestellt worden war, nach Wien kam
und 8 Jahre hier verweilte. Die Geschichte dieser Gesandtschaft ist durch
die classische Darstellung bei Mignet zur Genüge bekannt und stets wer-
den die Yerlrftge von 1668 und 1671 als Triumphe der französischen
Politik und ihrer Beprftsentanten gelten können.
Aber bald genug nach dem Abgange Gr6monville*s erkannte der
Kaiser den Fehler, den er begangen, oder, wie man richtiger sagen sollte,
den er hatte begehen lassen, und drei vie]|jährige Kriege, die im Laufe
der nächsten 40 Jahre folgten, gaben wenig Gelegenheit zu diplomatischem
Verkehre.
Wenn ein solcher doch von Zeit zu Zeit stattfimd, so war was Frank-
reich dabei zu erreichen strebte, theils Aufschiebung eines dem Ausbruche
nahen Conflictes, theils wirkliche Aimftherung an Oesterreich, ein Bestreben,
das aber nur durch die Lage des Momentes herbeigeführt, keine dauernde
Einigung erhofifen liess.
Wie wenig sich übrigens Frankreichs leitende Minister über die Ge-
sinnung des Wiener Hofes täuschten, das zeigt z. B. die auch von Sorel
hervorgehobene Stelle in der Instruction des Miirquis de Yitry, der im
Jahre 1679 nach dem Abschlüsse des Nymweger Friedens nach Wien ge-
sendet wurde. »Q y trouvera Topposition si naturelle et comme hirödi-
taire de la maison d*Autriche pour la France, augment^ vraisemblablement
par le döplaisir que Ton y a eu de la paiz* (p. 71). und in demselben
Geiste sind auch die Listructionen der folgenden Gesandten, des M^* de
Sebeville 1680 und des C^ de Chevemy 1684, abge&sst, wenngleich der
König eben mit Bücksicht auf das gespannte Verhältnis, in welches er
durch die Verfügungen der Kestitutionskammem zu Oesterreich gerathen
war, seinen Vertretern am Wiener Hofe ausdrücklich befiehl, seine Friedens-
liebe und günstige Stimmung für den Kaiser und das Beich bei jeder
Gelegenheit zu betonen. Wie richtig übrigens Ludwig und seine Minister
den Punkt erkannten, an welchem man ansetzen müsse, um Oesterreich
im Zaume zu halten, zeigt folgende überaus bezeichnende Stelle aus der
Instruction des M^" de Sebeville (p. 88): »Les affaires de Hongrie» heisst
es, sont beaucoup plus k coeur k TEmpereur qu^aucunes autres, non seu-
lement p^ le voisinage du Türe, mais encore par le parti qui y subsisfe
des m^ntents, et rien n'est plus capable de &ire souhaiter h la oour de
Vienne une bonne correspondance avec Sa Majestä que Tappr^hension qu*elle
«^ de toutes les pertes et dommages, qu*elle pourroit recevoir de oe cöt^
Literatur. 501
l&y si la Franoe donnoit aus m^contents Tassisfanoe näcessaire pour faire
de plus grands progr^s qu*ils n^ont &it8 jiisqa'& pr^eni Ainsi 11 n*y a
pas lien de douter que le s^jonr d*an ministre de Sa Majestä anprte du
prinoe de Transylvanie^) ne donne beauconp dMnquiätudes anx ministres
impöriatix. S*ils la tömoignent audit sieur marquis de Sebeville, il poura
les assrurer que tant que TEmpereur entretiendra une bonne intelligence
avec sa Majest^, il ne doit appr^hender aucun pr^judice de la n^ociation
d*an ministre franfais auprte dudit prince de Transjlvanie, mais il leur
fera entendre aussi, que quand on voudra contrevenir auz traitäs de paiz
et roxnpre toutes mesures avec Sa Majeet^ eile pourra bien aussi se servir
des moyens qu'elle a en mains pour fidre repentir ceux qui auront susoitä
ane uouvelle guerre.^
Klarer und deutlicher b&tte Ludwig auch einem Duodezfürsten gegen-
über nicht reden können. Und er erreichte, was er mit diesen Beden
bezweckte. Oesterreich liess es geschehen, dass Ludwig sich widerrecht-
lieh in den Besitz Strassburgs, Luxenburgs und anderer Gebiete setzte und
erkannte nach einigen vergeblichen Widerstandsversuchen durch den zwanzig«
jithrjgen Waffenstillstand den Besitz Frankreichs an.
Ludwig XIY. hat dann einen Augenblick ernstlich daran gedacht,
sich mit dem Kaiser zu verständigen. Die Instmetion, welche er am Ende
des Jahres 1685 dem G^ de la Yauguyon gab, enthält mehrere Stellen,
welche zu einem derartigen Schlüsse Berechtigung geben*). Aber diese
friedliebende Stimmung war, wie bereits erwähnt, nur eine Folge der
augenblicklichen Lage, in der sich Ludwig be&nd, als er durch die Auf-
hebung des Edictes von Nantes und das Hervorkehren seiner streng katho-
lischen Gesinnung sich in directen Gegensatz zu den protestantischen
Fürsten Deutschlands gesetzt hatte. Kaum waren daher einige Jahre ver-
strichen und kaum hatte Oesterreich durch seine grossen Erfolge im Osten
seine Macht in einer Frankreich gefllhrlichen Weise vergrössert, so brach
der alte Hass und die Eroberungslust Ludwigs von neuem hervor und hatte
den zweiten vieljährigen Krieg zur Folge, der gegen die von Frankreich
angemasste ßuperiorität geföhrt wurde. Aber auch dieser Krieg brachte
die Entscheidung nicht und diese konnte auch solange nicht fallen, bis
die grosse Frage erledigt war, wem das Erbe des siechen Königs auf
Spaniens Thron zufallen werde, eine Frage, welche, wie sehr sich Eng-
land und Holland und, wie die Mission Villara bezeugt, in gewissem Sinne
anch^Frankreich, um eine friedliche LOsung bemühten, doch nur durch
das Schwert entschieden werden konnte.
Sobald aber nun diese Entscheidung ge&llen war, war die Mög-
lichkeit einer Einigung zwischen Oesterreich und Frankreich gegeben. Und
damit beginnt die zweite Phase der französisch-österreichischen Beziehungen,
eine Zeit der Yermitfelungen, wechselnder Freundschaft und Feindschaft.
Es isty als ob die beiden Mächte noch nicht einig geworden wären über
die Stellung, die sie zu einander einnehmen soUen. Den Jahren der
Begentschaft^ in welchen zwischen Frankreich und Oesterreich ein gutes
<) Akakia befand sich damals beim Fürsten von Siebenbürgen als Vertreter
Frankreichs. *) So insbesondere p. 108.
502 literaiur.
Einvernehmen bestand — fochten ja dodi beide Mfichte gemeinsam gegen
Spanien — folgten die Zeiten des Wiener Bandes und des Hannovar^tchsiL
Gegenbundes; der Yeratftndigang, die durch den ersteig Wiener Frieden
angebahnt wurde, der Xampf um die Suocefision in Polen, und noch ein
drittes Mal sehen wir ein analoges Schauspiel sich abspielen, ids nadi don
Jahren, da Karl TL im Einyorstfindnisse mit Frankreieh seine Hasaregehi
tum Schatze und zur Erhaltung seiner Lfinder zu treffen schien, die Tochter
des Kaisers im 8jährigen Kampfe ihre Bechte g^en eben dieses Frank-
reich und dessen Verbündete yertheidigen musste.
Es ist begreiflich, dass die Instructionen, welche den firansOmehen
Gesandten für ihre Mission am Wiener Hofe n^tg^eben wurden, die ver-
schiedenen Stimmungen widerspiegeln, welche nach .der jeweiligen Lage
der Dinge den französischen Hof beherrschten. Aber das bezeichnende an
diesen Instructionen ist, dass in allen, selbstyerstftndlich bald deutlicher,
bald versteckter, der Gedanke zum Ausdrucke kommt, dass keine unüber-
setzbare Kluft die beiden Mächte trenne, dass die Rivalität derselben
anderen Staaten zu Gute komme und von diesen genährt werde und dass
daher eine Einigung im Interesse beider eigentlich sehr erwünscht sei
Gleich die erste Instruction dieser Zeit, welche dem Grafen de Luc för
seine Mission an den Wiener Hof kurz nach dem Abschlösse des Friedens
mitgegeben wurde, drückt diese Gedanken deutlich genug aus. »Ainsi
jamais il ne s^est trouv^ de oonjönckire, heisai es hier, oti les desBeins du
Boi et les inürdts de TEmpereur aient iU aussi conformes qu'ils le sont
aujourd^hui (p. 159),. und weiter: Uexp^ence a plusieur foia appria ä
TEmpereur quel ötoit le vMtable motif du zöle que ses alli^ t§moignoieni
pour ses int^röts. Jalouz de la grandeur de la malson de Fmaoe et de
Celle d*Autriche et trop foibles pour Tattaquer Tune sans le secours de
Tantre, ils entretenoient entre elles une division favorable pour eux, couvrant
leurs yäritables desseins des noms et des pr^teztes spöcieux de oonserrer
röquilibre et de maintenir la balanoe ntossaire ^ la tranquillitö publique^«
Und je mehr Frankreich die Politik dieser »guten Freunde* durch-
schaute, je gefährlicher ftlr dasselbe das rasche Emporkommen des Sayojeis
0 Sehr bezeichnend ist auch die Instruction Mirepoix* aus dem Jahn^
1787. AIb eines der Hauptmomente, die den KOni£[ nnd die Minister
Frankreichs zu der Ansohanuag f&hrfcen, daas es fEbr sie y<m YoTÜieil sei,
sich mit Oesterreich su eini^n, dürfte ansusehen sein, daaa sie — hierin viel
klarer sehend als Oesterreiohs Herrscher und seine meisten Rathgeber —
in der von Oesterreich durch den Rastätter Frieden gemacht^d Gebiet»*
erweiterong eher eine Kräfte- Ab- als Zunahme erblickten. 8o findet auch in der
Instruction des Herzogs von Richelieu 1725 folgende bezeichnende' Stelle (p. SOS):
A quelque degr^ da puissance ^ue TEmpereur seit parvenu par les grandes
acquisitions qu'ü a feites, Ton n'ignore pas que, non obstant les seoeura quil a
eus de plusieurs princes du de dans et du denors de TEmpire, les ddpenaes de Ift
guerre ont mis un grand ddrangement dans ses finauces, et oue d'ailleun erax
qu^il retire des Paye-Bas, de la Hongrie, du royaume de Naples et de Sidle et
du Mila^ois sufGsent k peine ä Tentretien des places et des troupes n^oessaii«
pour la garde de chacun de ces pays ; en sorte que, inddpendamment de ce qud
chaque partie de ses nouveQes acquisitions lui est m6me k charge pendant U
pelz, il ne seroit pas en ^tat de soutenir les d^penses de la guerre, «orto<at
lorsqu'il ne ^ouveroit pas les mßmes ressources que TAngleterre, la Hollande et
plusieurs princes de l*Empire lui ont fbumies pendant le cours de la dendeit.
literatar. 508
und Hohenzollers wurde, desto deatlicher spricht sich in den Instxnctionen
der francOsischen Gesandten der Wanseh der französischen Begiorang nach
einer Einigang mit Oesterreioh ans. Wenigstens eine der vielen Stellen,
in denen dies geschieht, sei es gestattet, hierher zu setzen. In der In-
stmotion des M^" d'Aubeterre vom Jahre 1758 heisst es (p. 830): »Blies
(die vermittelnden Mftohte) cherchent & voiler leur ambition sons le pr6-
texte sp^ieni: da maintien de T^quilibre de TEurope. Ce Systeme ponvoit
avoir qnelqne apparenoe de r^alit^ dans oes temps oh la rivalitö des mai-
sons de France et d'Antriche &isoit l'objet des attentions et des inqoiötades
de toates les autres puissanoes; mais il n'est plns queetion anjonrdlini de
ces -fiunenx dömölfe de Fran9ois P^ et de Charles-Qaint; les circonstances
ont bien changä ; le roi ne songe qa*4 vivre dans la meilleore intelligence
avec rimp^trioe-Beine; il ne reste aucnne trace de ces griefs sorann^
dans le coeor de Sa M^estÄ . . . .^
Indem aber Frankreich diese Einigang mit Oestcrreich sachte, wech-
selte 68 darchaas nicht, wie es dem flüchtigen Beobachter scheinen könnte,
sein politische^ Frincip, es war vielmehr eine CJonseqaenz desselben, wenn
es gegen das immer mächtiger werdende Preassen sich aaf die nicht mehr
za fürchtende Macht Oesterreichs stützen woUte. Darch die Yereinigang
mit Oesterreich, wie sie darch die Verträge von Versailles von 1756 and
1757 bezeichnet wird, and die die dritte Phase der österreichisch*&an«
zösisehen Beziehangen einleitet, hatte Ladwig XV. zwar das politische
System Earopas, aber nicht das Frankreichs geändert. In vortrefflicher
Weise ist das Streben and das Ziel der französischen Politik in der In-
straction zam Ausdruck gebracht, die nach dem Abschlüsse des zweiten
Versailler Vertrages dem Grafen von Stainville, dem nachmaligen Herzoge
von Choiseol mitgegeben wordeA. »L*objet politiqae de cette coaronne
(sc. Franc), heisst es hier, a ätö et sera toajoars de joaer en Europe le
röle sap^riear qai convient & son anciennet^, ä sa dignitä et ä sa gran-
deur; d*abaisser toute paissance, qai tenteroit de s'ölever aa-dessas de la
sienne, seit en voalant asarper ses possessions, seit en s^arrogeant une
injoste pre^minence, soit enfin en cherchant ä lai enlever son inflaence
et son credit dans les afi^res gen^rales^ (p. 856). Und diesem Ziele haben
Frankreichs Könige and Minister wirklich wie vorher so aach jetzt nach-
gestrebt, allerdings mit angleich geringerem Erfolge. Man braucht, um
sich von den veränderten Verhältnissen eine Vorstellung zu machen, nur
das Vorgehen Frankreichs in der orientalischen Frage und sein Verhalten
in der polnischen Theilungsangelegenheit zu betrachten, jene Fragen, in
denen das französische und österreichische Inieresse, das in dem grossen
Kampfe gegen die engUsch-preussische Macht ein gleiches gewesen, aus-
einandergiengen. Frankreich, im 17. Jahrhunderte immer aggressiv, nach
Erweiterungen des Besitzes strebend, ist jetzt das zurückhaltende Element,
nur bedacht, den Länderbesfand in dem XJm&nge zu erhalten, den es er-
langt, und bestrebt, Oesterreich von einem energischen Eingreifen in die
Verhältnisto de^ Ostens abzuhalten. Dieses aber, insbesondere seitdem der
feurige, nach Erfolgen strebenden Joseph an der Regierung theil nimmt»
sucht nach Erweiterung seines Besitzes und VergrOsserung seiner Macht.
Aus diesem Widerstreit der Bestrebungen and Interessen entsprangen denn
auch die grossen Differenzen, welche die Allianz der beiden Mächte trübten«
504 Literatur.
Aber das Frdnkreich Ludwig XYI. war nicht das Frankreich Ludwig XIV.,
und die Drohungen, die seine gesandten in Wien ansstiessen, machten den
Eindruck nicht mehr, wie ehemals. Was immer auch die Gesandten Frank-
reichs sagen und thun mochten, sie hinderten nicht den Anschluss Josephs
an die mit der Theilung Polens beschäftigten MBchte und ebensowenig
das enge Bündniss, das der Hemssher Oesterreichs mit Busslands Kaiserin
schloss. Die Unzufriedenheit, welche Frankreich darüber empfimd und der
tiefe Biss, der dadurch in die Allianz kam, sind in der Instruction des
M^B de Noailles rem Jahre 1788 — zugleich der leisten, die uns mit-
getheilt wird — klar ausgeprSgt
»Les sieur marquis de Noailles jugera per ces d^taüs que rien n^est
plus vacilknt que Talliance actuellement subsistante entre le deuz coors
de Versailles et de Yienne. . . . L*allianoe subsistante entre la Franoe et
la maison d^Autricke est menacde d*une r67olution plus ou moins pro-
chfdne* (p. 534). Bevor aber diese Bevolation, welche das sowie so schon
gelockerte Band, das die beiden Staaten zusammenhielt, gftnzlich zu xer-
reissen drohte, ihre Wirkungen ftnssem konnte, war eine ganz andere Be-
volution in Frankreich zum Ausbruche gekommen, in deren Verlaufe sich
die Beziehungen zu den fremden Mftchten Europas immer ungünstiger ge-
stalteten, bis endlich der offene Krieg jeden dipomatischen Verkehr unmög-
lich machte.
Wir sind damit auch an das Ende des im vorliegenden Werke be-
handelten Zeitraumes angelangt und könnten diese Anzeige, welche nichts
bezwecken wollte, als auf den Werth dieser Puhlication au&ierksam zu
machen, füglich schliessen. Allein es will uns scheinen, als sei dies die
richtige Gelegenheit und der richtige Ort, dem peinlichen Gefühle Aus-
druck zu geben, das uns bei der Lecture dieses Werkes beherrscht hat.
Wöhrend England in seinem Galendar of State-Papers ein monumentales
Werk besitzt und Preussen in seinen »Publicationen aus den preussischen
Staatsarchiven* jahraus, jahrein eine Beihe trefflicher Werke in die Welt
sendet, wahrend Frankreich sich durch das eben besprochene Untemelunen
würdig diesen beiden Nationen anreiht, während in Bussland und Italien durch
vereinte Bemühungen des Staates und vornehmer Familien die Sch&tze der öffent-
lichen und P^ivatarchive dem Publicum vermittelt werden, ist in Oester-
reich, dessen Archive an Bedeutung allen anderen mindestens gleich-
stehen, allein so gut wie nichts für die Veröffentlichung der die Greschichte
der letzten . Jahrhunderte betreffenden Materialien geschehen ^). Wem aber
eigentlich diese Aufgabe zufallt, kann nicht deutlicher und prftciser aus-
gedrückt werden, als dies in den einleitenden Worten des Berichtes der
Commission der französischen Archiwerwaltung an den damaligen Minister
des Auswärtigen M Duderc geschehen ist. >Au moment, heisst es hier,
oh. les mesures si liberales prises rendaient accessibles aux travailleurs les
^) Und doch zeigt das wenige, was in Oesterreich an Actenpublicataonen
über nenere Geschichte vorliegt — wir erinnern nur an den Briefwechsel Maria
Theresias, den Ameth herausgegeben, oder an die »Acten zur Geschichte der
Politik Oesterreichs von 1790—1800«, deren Herausgabe von Zeisaberf; besorgt
wird — , welche Erweiterunff unserer Eenntniese wir von einer richtigen Ver-
werthung der in unseren Aräiven ruhenden Schätze zu erwarten haben.
Literatar« 505
ftrohiTes des affaires MrangdieSy la oommiaBion a pens^ qa*il 6toit da de-
Yoir da d^partemeüt de ne pas laisser 4 d^aatres le soin de tirer de oea
archiyes qaelqaes^anes de ees pablioations qai» per leors dimeiiaioiiB im*-
portantes et par le bat 4i»v6 qa'ellea se proposent» aemblent appartenir
en partioalieri & Tinitiative da goavemement.*
A. Pribranu
Amtliche Sammlang der Acten aas der Zeit der hei«
vetiachen Bepablik 1798 — 1803, hg. aaf Anordnang der
Bondesbehorden, bearbeitet von J. Strickler, Bd. L Oet 1787 bis
Mai 1798. Bern 1886, 4^ XVI, 1238 S.
Hilty in seinen Torlesangen über die Hehetik (Bern 1878) bemerkt
einleitangsweise a. a.: »Es ezistirt nirgends eine genügende Darstellang
der helyetisehen Zeit, das sehr reichhaltige Material über diese Periode liegt
noch sehr zerstreut in cantonalea and privaten Archiven, zam Theil wohl
in Paris, grossentheils in einem eigenen, in tiefem Schweigen verschlossenen
€rew(flbe im Bandesrathshaase za Bern, von niemand bisher in des Oegen-
standea würdiger Weise gesichtet and bdeachtet* Dieser bis vor karzem
nur za sehr begründeten Klage wird nan endlich darch die vorliegende
Actensammlang ein Ziel gesetzt, die grosse Lücke, welche die eidgenössi-
achen Abschiede enthalten and ihrer Katar nach enthalten massten, aas-
g^ftUt unter diesem doppelten Gesichtspankt wird man in historischen
Kreisen das Erscheinen dieses Werkes nar mit grosser Freade begrüssen.
Wie aas der Vorrede erhellt, ist der Plan za demselben ziemlich so
alt wie die Abschiede, die es ergänzen solL Allein der im Jahre .1853
vom eidgenössischen Eanzler Schiess herrührende erste Entwarf einer »ar-
kandliohen Zosammenstellang der Verfassongsbestrebangen der Schweiz seit
1798* hat manche Stadien darchlaafen müssen, ehe er zweckmftssig er-
weitert and abgegrenzt mit dem Jahre 1877 ins Leben treten konnte.
Welcher Art diese Schwierigkeiten vraren, lassen die früher citirten Worte
Hiltys, der jetzt selbst mit dem Bandesarchivar Dr. Kaiser and dem Ober-
bibliothekar in Bern, Dr. BlOsch, die permanente Bedaotionscommission
bildet, za (Genüge erkennen and es wftre höchstens hier noch beizafOgen,
dass das in jenem verschlossenen Oewölbe aafgespeicherte Material in der
iÜr eine entsprechende Bearbeitang ziemlich anangenehmen Zahl von 4000
Poliobftnden vereinigt ist.
Die eigentlich redactionelle Arbeit liegt in den Hftnden des be-
wfthrten Heraasgebers der Acten aar schweizerischen BeformatJonggesohichte
Dr. Strickler, der aoch mit diesem vorliegenden Band ein Haster tüchtiger
and gewissenhafter Arbeit gegeben hai
Mit den von diesen M&nnem aofgestellten Editionsgrandsfttzen wird
man sich im Allgemeinen nar einverstanden erklftren können. Bei der heat-
zatage in solchen Dingen herrschenden Neaemngssacht berührt es an-
genehm, dass man sich an das in den Abschieden gegebene naheliegende
Master gehalten hat Nar betreffs . zweier Punkte möchte ich eine ab-
weichende Ansicht befarworten and zwar erstens betreffend der Aaqpabe
506 Literatur»
der Begister und sweitasB der Anfiiahme gleickkotenderr in veraehiedeiiea
Spsachen abgeftsster Texte. Was den ersten Punkt anbelangt, so kann
man, ohne Beaorgnia widerlegt zu werden, auf aämmtUolke in neuerer Zeit
erMkeinende PabUoatiQnon darstellender and sammelnder Art binweiseii,
bei welchen man immer mehr von einem znsammeniassenden Begiater ab*
geht i]jd4 mgitter ftr die einzelnen Theile einführt Vollends ein Volnmen
wie das vorliegende ist ohne Begister einem Menschen ohne Füsse ver-
gleichbar. Dazu kommt, dass man bei der grösseren Zeitdauer, welche die
Vollendung derartiger Sammlungen erfordert, dieser nothwendige Hancöiabe
einer leichteren Benützung auf lange hinaus - entbehren moss. Zagleidi sei
mit Bezug auf die spätere Anlage des Begisters der Wunsch «o^ge^roeben,
dass man von einer materienw^isen Tbeilung (lesselb^i, wie dies aaeh in
den Abschieden beliebt wurde (Personen-Ortsregister) absehe. Uebersicht-
lieber und bequemer bleiben immer die schlechthin nach der Buchstaben-
folge angelegten Begister, an welchen man dabei: auch von Anfiing an bei
den Mon. Oerm. festgehalten hat.
Was den zweiten Punkt betrlfit| so ist zu bemerken, dass bei einer
solchen üeberfulle des Stoffes, wie es hier der Fall ist, die grOsste Spar-
samkeit bei der Au&ahme sich nicht bloss aus Okonolnischen GründeUf
sondern noch viel mehr aus Bücksicht auf die Leser und Benutzer empfiehlt
So z. B. w&re meines Dafürhaltens beim. Abdruck der ersten helvetiseheiL
Verfassung (p. 567 ff.) andera vorzugehen gewesen. Da nfimüch der <Ieutscbei
^nzösische und italienische Text inhaltlich sich durchaus nicht unter-
scheiden, die Abfassung in den drei Sprachen lediglich den Zweck hatt«,
eine möglichst rasche Verbreitung in allen von diesen Verschiedenen Idiomen
beherrschten Thülen der Schweiz zu sichern (vergl. Eidgen. Abech. Bd. 8,
S. 299, 2. Abs. ob.), da femer der ftanzOsisohe Text schon in den Ab-
schieden (Bd. 8, S. 299 — 804) gut und ohne erhebliche Vananfen ab-
gedruckt ist, so bitte es wohl genügt, nur einen Text und zwar den
deutschen zu geben und alle im Vorschlag und dem Oehs^schen Entwurf
enthaltenen Varianten und Zus&tze in Noten zu den betr. Parngiaphen
unterzubringen. Dagegeii hlltte es sich sehr wohl empfohlen, die & 566
unten erwähnten Abänderungsvorschläge Vogels aufzunehmen. Damit wäre
das wesentliche Material vereinigt gewesen.
Aehnliches gilt nun auch von denjenigen Acten, bei welchen sich die
Originalsprache nicht mehr ermitteln lässt, wie »bei den eigentlichen Ge-
setzen und Decreten der Bäta und des Directoriums * , deren Text daher
»nebeneinander in Oolonnen deutsch und französisch gegeben werden*
(Vorrede & 1). * Auch hier wird man allen billigen Anfoiderongen ent-
sprechen, wenn man nur einen Text abdruckt and zwar dürfte es aidi
empfehlen, in nothgedrungener Alierkennung der Vorherrschaft der ünmzG*
sischen Sprache zu damaliger Zeit, den Text aussehfiesslieh französisch zu
geben und die etwaigen deutschen Varianten in die Noten zu verweisent
sobald dieselben eine dem Sinne nach abweichende Lesung bieten.
' Doch das sind Fragen von nebensächlicher Bedeutang. Das Werk
selbst verdient voUq Anevlehnung, Eine gehaltvolle Vorrede macht uns
mit detr (^eaäbiehte 4es Unternehmens, von der das Nöthige schon mit^
getheUi wurde^ bekannt und ebenso mit dem Plan, nach] dem es jetzt an*
Idteatur, 507
gelegt wird. Demzufolge wird das gaUze Werk in iwei Haaptabtbeiltuigea
zer&llen, yon welchen die e^Bte alle AclMsitüeke politischen nnd'diplo*
matischen Inhalts, die zweite alle in cultorhiatonscber Hinacdit wichtigen
MUtheilungen vereinigen wird. Nnr nebenbei sei hier eingesohalteti did»
()ie Beseiohnnag Bd. I. die ai^enehme A:iiMioht auf eine durchgehende;
Zählung der zu erwartenden Bftnde erOflbei^ womit man der ninstibuUichen
Citirnngaart, wie si^ & B. die Abschiede mitunter nothWoadig maehNi,
überhoben ist
Es folgt dann eine erzählende Einleitung» welche in Kürze den Ver-
lauf der Begebenheiten vom Ausbruch der französischen Bevolution bis
zum Frieden von Campo Formio schildert, insoweit dieselben speciell die
schweizerischen Interessen berühren, wie das Verhältnis der schweizerischen
Begimenter zur neuen französischen Begierung, Umtriebe des. Schweizerclubs
in Paris, die Verhältnisse in der Waadt, Genf und Bisthum Basel, Thätig-
keit Laharpes und Ochs*, Vorgehen Napoleons gegen die italienischen
Vpgteien, seine Heise durdh die Westschweiz nach Bastadt — dieser kurze
geschichtliche Abriss, der vielleicht in etwas zu gewissenhafter Weise mit
einigen directen Zeugnissen aus der Correspondenz des Ministers Clavi^re,
des General Montesquieu, aus der Geschichte Basels von Ochs u. A. ver-
sehen ist, dient in recht zweckmässiger Weise als Üeberleitung zur Acten-
sammlung, die selbst wieder in zwei Theile sich gliedert. Von S. 29 bis
S. 553 wird in zwanzig Abschnitten dasjenige Material gebracht, welches
auf die Geschichte der Periode vom Frieden von Campo Formio bi& zur
Einführung der ersten helvetischen Verüässung 28. März 1798 Bezug hat
Bei diesem so fiberreichen Stoff, der überdies zum Theil zeitlich zusammen-
fallende Ereignisse behandelt, von der rein chronologischen Ordnung ab-*
zuweichen, war unerlässlich geworden, die Art aber, wie die hieraus ent-
stehende Schwierigkeit durch die Zerlegung des Materials in kleinere Gruppen
umgangen wurde, verdient vollen Beifall. Innerhalb einer Gruppe sind
dann sUmmtliche auf einen Gegenstand bezügliche Acten ihrer Zeitfolge
nach aneinandergereiht, so dass derselbe gleich durch alle Phasen seiner
Entwicklung bis zum endlichen Abschluss verfolgt werden kann. Einzig
mit der Anbringung der Jahreszahlen ist man etwas allzu sparsam gewesen.
Statt die den Inhalt einer Gruppe abgrenzenden Daten in das Inhalts-
verzeichnis zu verweisen, wäre es wohl viel besser gewesen, sie den ein-
zelnen TJeberschrifben selbst anzureihen oder man hätte wenigstens jede
erate Nummer einer Gruppe mit der entsprechenden Jahreszahl versehen
sollen. Im üebrigen wird, wo es Noth thut, durch Verweise bei einzelnen
Nummern die Benützung des Materials im einzelnen Falle' erleichtert, wie
auch durch die geschickt gewählten und den Stoff erschöpfenden üeber-
schriften der Gruppen, welche bis zu einem gewissen Grad ebenfalls chro-
nologisch geordnet sind, die Uebersichtlichkeit im Allgemeinen gewahrt ist.
Ueberdie$ ist durch ein Inhaltsverzeichnis auf S. 555, welches vielleicht
zweckmässiger Voranzustellen gewesen wäre, dafür gesorgt, dass die ein-
zelnen Abschnitte rasch gefunden werden.
Von S. 559 bis S. :1288 folgt dann der zwüte Th^il oder die eigent-
liche Actensammlung, über die hier nicht viel mehr zu sagen ist Sie be-
ginnt mit der Erklärung des framösifph^n B^emngBcommiaeftrB, betreffend
508 LYteratuT.
die Giltigkeit and Darchfähnmg des helvetischen Yerfiusungsentwiirfes
Httra 1798 and reicht mit 184 Nammem bis Anfang Joni 1798.
Die fiosseie Anlage ist der der Abschiede analog. Wichtige Acten-
stüi^e werden ganz oder zam grosseren Theil ihrem Wortlaate nach ab»
gedrookt — also YerfiEkSsangsentwürfe, wichtige Briefe, DecretCi ErlAsse etc.— ,
bei den andern wird der Inhalt nar korz nach Art der Urkondenregestoi
wiedeigegeben, jedoch sehr ofk ein oder mehrere entscheidende Eäia/d w5rt<
lieh noch beigefügt Frühere Dracke resp. der Fandort des Originals sind
genaa angegeben. Jeder Act ist mit einer Nommer bezeichnet; die Nmn-
merirang ist für jeden der beiden Theile getrennt dorchlaofend. Die ein-
schlägige historische Literatar, besonders die in kleineren Abhandlangen
niedergelegte, soweit es nöthig schien, verwerthet Die zar Zeit der Hel-
yetik selbst erschienenen Broschüren werden sftmmtlich verzeichnet
Schliesslich soll nicht anerwähnt bleiben, dass die Aasstattang dem
inneren Werthe des Werkes entspricht; ohne prankhaft za sein, ist sie
geftUig 'and solid, festes and vor allem sehr weisses Papier, gater and
sorgfältiger Drack. Und so kann man dem Unternehmen, an dem nicht
bloss eine Beihe geschalter Arbeiter, sondern aach die r^ierenden Bandes-
behOrden, welche ihm von Anfang an förderlichst entgegengekommen and,
theil haben und das wieder ein schönes Zeichen wahrer und einträchtig
sich bethätigender vaterländischer Grcsinnang ist, nar den besten Fortgang
aaf der eingeschlagenen Bahn wünschen.
BaseL B. Thommen.
Bericht der Central-Direction der Monamenta
Oermaniae.
Berlin, im April 1886 (verspätet). Die Plenarversammlong der
Central-Direction der Monamenta Germaniae ward in diesem Jahr in den
Tagen vom 18. bis 15. April in gewohnter Weise abgehalten. Leider
waren von den aaswärtigen Mitgliedern zwei, Geh. Bath Prof. v. Qiese-
brecht in München darch Unwohlsein, Hoirath Bitter v. Sickel in
Wien darch einen längeren Aafenthalt in Bom von der Theilnahme ab-
gehalten. Da die Central-Direction im Laafe des Jahres ihr Mitglied, den
Jastizrath Ealer in Frankfiirt a. M., der schon der früheren Leitang der
Monamenta angehört hatte, durch den Tod verloren, nahmen von auswärts
nur Prof. Dümmler in Halle, Prof. Hegel in Erlangen, Hofrath Prof
Maassen in Wien theil. Dagegen waren die hiesigen Miiglieder voll-
zählig anwesend. Von der Wahl eines neuen ICtgliedes ward für jetxt
Abttand genommen.
Auch in diesem Jahre hat es nicht an manchen Störungen gefehlt,
wie sie bei der grossen Zahl betheiligfcer Arbeiter kaum zu vermeiden nnd.
Doch darf sowohl nach den vollendeten Werken wie nach den Berichten,
welche die Leiter der einzelnen Abtheilungen erstatteten, der Stand der
Arbeiten als ein allgemein befriedigender bezeichnet werden.
Vollendet wurden im Laufe des Jahres 1885/86
in der Abtheilung Auetores antiquissimi:
1. Tom» lY, 2 Yenanti Honori Glementiani Fortunati opera pedestria.
Beoensuit et emendavit Bruno Krusoh. 4.;
Literatur. 509
2. Tom. VII Magni FeliciB Ennodi Opera» Becensait Fr. YogeL 4.;
in der Abtheilung Sariptoree:
3. Seriptoree reriim Merovingiooram tom. I (Gr^gorii Turonentts opera)»
pars 2: Miraoala et opera minora (ed. Brano Erasch). 4.;
4. Geata abbatom Fontanelleiuiam. Beoensait S, LOweafeld. 8.;
in der Abtheilang Legea:
5. Seetio Y Formolae Merowingioi et Earolini aevL Aoeedont ordinee
jadidomm Dei, ed. K. Zeumer. Fan 2. 4.;
von dem Neuen Archiv der Ctoeellsohaft fttr ftltere Deatsohe Ge-
achicbtaknnde:
6. Band XI.
Der Leiter der Abtheilung Auctoree aniiquissimi, Prot Hommsen,
hat auf der im Yorigen Jahr begonnenen, in diesem beachloesenen Beise
die Bibliotheken Italiens, der Schweiz, Fruikreiöhs und Englands fGbr die
kleinen Chroniken aus der SSeit des TJeberganges aus dem Alterthnm in
das Mittelalter vollständig ausgebeutet und jetzt an die Ausgabe selbst
Hand gelegt. Yon den noch ausstehenden Editionen des Sidonius, mit An-
hang der Briefe des Buricius und Faustus, und des Claudianus, ist jene
der Yollendung, diese dem Drucke nahe. Dagegen sind die auf die Be-
arbeitung des Gassiodoms gesetzten Hoffnungen auch in diesem Jahr nieht
in ErfEUlung gegangen.
Die umfassende Abtheilung der Soriptoree hat weniger im Druck
vollendet, mehr aber theils weitergeführt, theils begonnen als in manchem
früheren Jahr. Lebhaft gefi^rdert ward der 16* Band der Folioausgabe,
der bestimmt ist, die zahlreichen Supplemente zu den Yitae und kleineren
Historiae der E^olingischen, SBchsiiMshen und Frftnkischen Zeit zu geben:
sie haben solchen Umfang erhalten, dasa jetzt mit dem Ende des 10. Jahrh.
schon 700 Seiten überschritten sind» Der Druck steht in der Ausgabe der
interessanten Yita quinque fratrum des Bruno, die Dr. Kade aufgefunden
und für uns bearbeitet hat. Den grösseren Theil des Bandes lieferte Dr.
Holder-Egger, einzelnes Dr. v. Heinemann, dessen Thfttigkeit leider
durch Iftngeres Kranksein unterbrochen ward. Die in den Monumenta
bisher fehlende Ausgabe der Gesta Heinrioi metrioe (Oarmen de hello
Saxonioo), über deren Yer&sser neuerdings wieder lebhaft verhandelt ist,
wird Oberlehrer Dr. Pannenborg in Göttingen liefern. — Der 28. Band
der Scriptores enthält auf den 80 Bogen, die gesetzt sind, die ausführ-
lichen Nachrichten des Bogerus de Wendover und Matheus Fttrisiensis zur
Geschichte der Staufisohen Zeit, die Dr. Liebermann bearbeitet hat
Und noeh immer steht ein bedeutender Theil aus. Dann folgen die Dft-
nisdhen Autoren, die ebenfalls für die Staufische Periode, insonderheit die
Zeit Friedrich I. und Heinrich des Löwen die wichtigsten Nachrichten ent-
halten. Der Leiter der Abtheilung, Geh. Beg.-Bath Waitz, von früher
her mit diesen Autoren nfther bekannt, benutzte einen Aufenthalt in
Kopenhagen, um die Handschriften der königlichen und Universitäts-
Bibliothek zu untersuchen, von denen mehrere später, ebenso wie wichtige
Codices der Üniversitäts-Bibliothek zu üpsala, zu näherer Benutzung ge-
fklligsi hierher gesandt worden sind. Untersuchungen zur Kritik dänischer
GesohichtsqueUen werden demnächst die Ausgabe selbst vorbereiten. Da es
sich aber als nothwendig herausgestellt hat, auch die isländisch geschrie-
510 IiHttttttir.
benen Berichte benttizaKieheil, Wftrd Herr Dr. Finnnr-Jönsson in
Kopenhagen gewonnen, die einsohlagenden Stücke der Knytling»-Saga und
«inigSBr anderer nordiscber DafBiellnagen za hearbcften. •— Aaoh toh dem
29. Bande, d^ zu Anlhng ÜtaohMge Ilterer italieniseher Werke, Hiiacda
Coliunbam, Yita Petri UrscfftH duds Venetiei, die ungedmekte Yita' eines
Abts Gregorius, die auBfubrliche metrisehe Bearbeitung der YÜa Anaelfni
n. k, bringen wird, sind schon einzelne Bogen gedrackt. FQr die spKteren
Historiae der Staofisefaen Zeit Dr. JEolder-Egger auf einer zweiten Beiie
nach Itafiea in Boni, Florens, Lueca, Asti, Mailand gearbeitet; einiges andere
Dr. Simons feld in München übernommen. — Am wMiigsten Fortschritte
haben in diesem Jahre die neaen Ausgaben der Gesta pontifiemii Bomaoo-
rttm msA dw Streitsohtiflen aus der Zeü Gregor VII. and sein^ Nadi-
fblger gemacht, nachdem di^ handschriftlichen Vorarbeiten grossenüieils
abgesißhlossen sind. -^ Dagegen ist nach Vollendung des ersten Bandes
der Soriptüres remm Meroringicarüm der Druck des zweiten regelmtaig
gefördert; die umft^sende Compilation des sogenannten F^edegar grossen-
theils vollendet. Es schliessen sich an der Liber historiae Frano(»ram (Gesia
regum Franoorum) und die Bücher über einiselne KSnige oder Mitglieder
der königliohen Familie» alles bearbeitet von Dr. Krtisoh, der inzwischen
eine intetessanto Untersuchung über die Gesta Dagoberti in den FotMhungcn
zur Deutschen Geschichte veröfifentlicht hat. — Der Zeit nach reiht sish
hier die neue Bearbeitung der Geste abbatom FontaneU^isiuin an, welche
Dtl Löwenfeld fikr die Satnmlung der Ootavau^ben geliefert* kinit aaf
Grund einer alten Handschrift in Havre, die Pertz unbekannt geblieben
war und die erheblich vom. dem früher gedruckten Text abweiebl Du dss
iWerk für die Kritik der Karolingisehen Annalen des 9. Jahrh. eme nicht
geringe Bedeutung hat, wivd der zuverlBssige Text vielen erwftnecht sem.
V- Mit besonderer Freude ist endlich zu melden, dass der Druck der
deutschen Chroniken, wieder hat angenommen werden können. An die
ausführliche Einleitung ^on Dr. K Schröder schliesst sich der mit Be-
nutzung alles handschriftlichen Materials bearbeitete Text der Kaiaen^mmak,
den wir sicher erwarten dürfen im Laufe des Jahres vollendet an sehen.
Auch macht Prof Stranoh in Tübingen Ho&ung, dass dann idslMdd did
noch umfangreichere Werk des Enenkel folgen kann, das den ersten Band
der Deutsehen Chroniken absdiliesst — Wenn die Arbeiten dieae^ Ab-
theilung vielleicht am meisten durch Zueeadking von Ekmdaehriften ans
den Bibliotheken des In- und Auslandes gefördert worden sind, so hnben
ausserdem zahlreiche Gelehrte durch Collationen oder Abechriften bemf-
wiUigst ihre Unterstützung gewährt: zu nennen sind A» Moliaier in
Paris, Ouverleaux in Brüssel, Thompson und Dr. Biess in London,
Rogers in Cambridge, C. Cipolla in Turin, Flemmin^ in Stockholm,
Erslev in Kopenhagen, Herzberg-Fr&nkel in Wien, W, Meyer und
Simonsfeld in München, Wyas in Darmstadt, Wächter in l)üsseldorl
In der Abtheilung Leges hat Dr. Lehmann, der die neue Be-
arbeitung der Lex Alamannorum übernommen, die wiohtigeren tttaicn
Handschriften aus Paris, Sangallen, München, Wien, Gotha^ Wolftnb&itel,
Hamburg, die sämmtlioh ge&Uigst hierher gesandt wurden^ neu* verj^ttabea
und hofft im Laufe des Jahres die Bearbeitung des Textes vollendm n
können. — Der zweite Band der Capitularien ist durch amidiehe GenhliU
.liierafaalr. 511
und Engeres Qiiwalilsein des Prof. Boret las zurüdcgehalten worden. —
Dagegen gelangte die Ausgabe der Fonneln von Dr. Zenmer und damit
-räM sehr wichtige PubUcation zum Abschlnss; &it nooh in letzter Stunde
-konnte eine in Elagenfurt aufgefundene Handadhrift doroh gütige« Mit-
theihing der nöthigen Abaehriften. yon Eitter v. Jak seh verwerthet .werden.
Die Sammlimg der Formehi von Qottesartbeilen, die den SbUius bildet,
iet ungleidi viel reicher als irgend eine frübere und bringt eine jiicht
geringe Zahl nngedmckter Stöcke. Genaue Begiater und OonooAlanzen
werden den Gebraaeh des Bandes erleiohtern. — An der Hemüsgabe der
frftnkischen Coneilien, fär welche die hiesige ans der Hamilton^schen £amili?-
liing erworbene Handschrift verglichen ward, wird sich demnäjohsti nnter
Leitang des Hofraths Prof. Maassen in Wien Dr. Lippert betheiligen.
— Prof. Weiland in GOttingen ist bei der Arbeit f[lr die neue Ausgabe
der Beichsgesetze und Acta publica (Leges II) besonders durch Mitiheilungen
aus dem Yaticanischen Archiv von Hofrath v. Sickel unterstützt worden.
Dr. Kehr, der hierbei schon Hilfe geleistet hat, wird noch einige Monate
far diese Zwecke in Born verweilen.
Dagegen kehrt Hoirath v. Sickel, der Leiter der Abtheilung Diplo-
mata, der den Winter über durch die Direction der Oesterreichischen Station
für urkundliche Geschichtsforschung in den Bömischen Archiven in An-
spruch genommen war, jetzt nach Wien zurück und wird die Arbeiten für
die Ausgabe der Urkunden, zunfichst Otto U., die inzwischen die Drr.
Uhlirz und Panta, dieser leider gestört durch ungünstige Gesundheits-
verhsltnisse , fortgeführt haben, zum Abschlnss bringen. Eine längere
kritische Abhandlung über Aechtheit, Ausfertigung, Datierung und Ueber-
lieferung der einzelnen Urkunden erscheint in den Ergänzungshefben zu
den Mittheilungen des Instituts für Oesterreichische Geschichtsforschung.
Die Abtheilung Epistolae unter Leitung des Prof. Wattenbach be-
reitet durch den zuletzt eingetretenen Hilfsarbeiter Dr. Gundlach jetzt
eine Edition aller älteren, besonders für die Fränkische Geschichte wichtigen
Briefe vor. Zu dem Ende ist ein Yerzeichniss der Ausgaben und Hand-
scbriflen aufgestellt, das demnächst im Neuen Archiv veröffentlicht werden
soll und dem die Bearbeitung der Texte nach den grossentheils schon ver-
glichenen Handschriften folgen wird. — Von Dr. Bodenberg, der sich
inzwischen auch als Privatdocent an der hiesigen Universität habilitiert
hat, ward der Druck der Briefe Innocenz lY. weitergeföhrt und der Ab-
schlnss eines Bandes für das nächste Jabr in Aussicht gestellt: manche
wichtige Ergänzungen zu den Abschriften von Pertz, welche fortwährend
die Grundlage bilden, lieferte aus dem Yaticanischen Archiv Dr. v. Falke.
In der Abtheilung Antiquitates , welche Prof. Dümmler in Halle
leitet, wird Dr. Traube in München die erste Hälfte des 8. Bandes der
Poetae aevi Karolini demnächst zum Abschlnss bringen. Die Fortsetzung
hat Dr. Harster in Speier übernommen. — Yon den Necrologia Ger-
maniae gelangt eine Hälfte des vom Archivar Baumann in Donaueschingen
bearbeiteten Bandes, die Alamannischen Diöcesen mit Ausschluss Strass-
burgs, besonders zur Ausgabe ; woran sich später die Sammlung der Oester-
reichischen von Dr. Herzberg-Fränkel in Wien anschliessen wird:
auch einzelne Yerbrüderungsbücher, wie das besonders wichtige von Salz-
barg, finden hier BerücksichiiguDg.
512
Literatidr.
Der 11. Band des Neuen Archivs unter Pio£ Wattenbaoh's Re-
daction enthält ausser kritischen Untersuchungen yerschiedener Art — über
den Gatalogus Felioianus der Papstgeschichte von 0. Waitz, den Fomiel'-
sammlungen von K. Zeumer, zur Au^fabe der Lex Bibnaria von K. Leh-
mann, über Tironische Noten von W. Schmitz -^ auch eine Beihe
bisher ungedruckter Stücke, mitgetheilt von Bishop, Dftmmler, Han-
sen, Löwenfeld, Schepps u. A. Dr. Holder-Egger berichtet über
seine Italienische Reise. — Schon ein Blick auf diese Bände zeigt, wie
viel auf dem Gebiete der Deutschen Geschichtsforschung gearbeitet wird»
aber auch wie viel zu thun, wie in mancher Beziehung unerschöpflich der
Beichthum unserer Geschichtsquellen ist
Studien
zur ältesten und älteren Gescliichte der Habsburger und
ihrer Besitzungen, vor allem im Elsass.
Von
Aloys Sehulte.
II. Die Verwaltung der Habsburgischen Besitzungen
im Elsass im Jabre 1*303.
So allgemein die bobe Bedeutung des Habsburgiseben Urbar-
bucbes von 1303 bis 1311^) aucb anerkannt, so fleissig die speciell
schweizerischen Stücke auch für die Geschichte der Steuerverfassung
benutzt sind und zu den vortrefFlicben Arbeiten von Wyss und
1) Die Ausgabe yon Pfeiffer (Bibliothek des literarischen Vereins, Band 19),
deren Lob noch heute yielfEich gesungen wird , ist in den meisten Beziehungen
ungenügend. Pfeiffer hat die Schreibweifle des Originals vollständig verändert;
er hat das ürbarbuch so veröffentlicht, wie nach seinem Urtheile Meister Burk-
hard bez. dessen Schreiber h&tte schreiben müssen. Burkhard schreibt z. B. in
Ortsnamen Zimmerholtz, Pfeiffer corrigirt ihm das in Zimberholz, er schreibt
Sant Plesin, Pfeiffer verbessert ruhig St Blftsien, ebenso Chünrat in Cnonrät,
Bugkinen in Buggtnim, Burkhard erlaubt sich »und* auch vor Consonant im
Anlaut zu schreiben, Pfeiffer corrigirt ihm das in»unde*. Kurz, Pfeiffer hat dem
armen Burkhard das Concept so corrigirt, dass auch nicht fünf Worte im Ab-
druck mit der Handschrift stimmen. Diese Correcturen sind um so schlimmer,
da Burkhard in seinen Fehlem viel mehr Consequenz bewies, als sein Corrector
in seinen Correcturen. Pfeiffer setzt bald Dehnungszeichen ein, bald nicht. Am
bedenklichsten sind natürlich die zahllosen Fehler in den Ortsnamen. Einen
Vergleich bietet das Stück, welches im Fürstenbergischen Urkundenbuch Band V
Nr. 836 möglichst genau im Anschluss an das ausserordentlich sauber und oon-
sequent geschriebene Original gegeben ist, nur sind Überall Ziffam statt der
Zahlen eingesetzt. Für Germanisten mag es lehrreich sein, zu wissen, wie Burk-
hard hätte schreiben müssen, wenn er bei Pfeiffsr Orthographie gelernt hätte,
wir Historiker wollen aber wissen, wie Burkhard wirklich schriebe Ebensowenig
sind die in den Anmerkungen gegebenen Ortsbestimmungen ohne Fehler. Da
inzwischen ausser dem von Pfeiffer benutzten handschriftlichen Materiale anderes
sehr wichtig^ bekannt geworden ist, so ist eine neue Ausgabe sehr zu wünschen.
Eine Beigabe von statistischen Tabellen, die jetzt ganz fehlen, eine Ausbeutung
des urkundlichen Materials für die Anmerkungen wäre nothwendig; nicht minder
aber auch eine histoiische Karte, welche am Schlagendsten die enorme Macht-
4
Mitlliaaaiisen YIL S8
514 Schulte.
Schweizer Anlasa and Material gaben ^), so hat doch der innerlich
am Yorzüglichsten ausgearbeitete Theil, der eine Beihe von Unter-
suchungen möglich macht, die für die schweizerischen Partien nicht
durchzuführen sind, bislang nicht die Beachtung gefunden, welche
ihm als dem ältesten Staatsbudget mittelalterlterlicher Form, das uns
auf deutschem Boden erhalten ist, gebührt. Als im Jahre 1308 im
Auftrage König Albrechts dessen Frotonotar Meister Burkhard Ton
Frikke^) im Oberelsass mit der Bearbeitung des Ürbarbuches den An-
fang machte, da hat er wohl zunächst «inen viel weiter gehenden
Plan, als er und seine Nachfolger ihn später bei den Schweizer und
Oberschwäbischen Theilen durchführen konnten ; denn, während diese
jüngeren Partien uns ein Begister der an die einzelnen Habsbuigi-
schen Aemter zu entrichtenden Steuern bieten, ohne dass die auf
diesen ruhenden Lasten angegeben wären, so uns kein richtiges Büd
der wirklichen Einkünfte der Habsburger gegeben wird, hat in den
ältesten, das Elsass berührenden Theilen Burkhard auch ein genaues
Verzeichnis dieser Lasten gegeben, und indem zugleich soigfaltig ge-
schieden ist, was davon als Burglehen Entgelt für militärische Leistung,
was als Verpfändet Deckung einer Schuld war, so ist uns hier ein.
Stellung der Habsburger am Oberrhein zeigen würde. Die Eoeten, welöhe eme
solche Karte, die wegen der Masse OrtsnlEimen in einem grossen Msantabe ge-
halten sein mflaste, yemraachen wQrde, werden freilich yorlftofig einen Verleger
abschrecken. Für unsere Zwecke ist von den neu bekannt gewordenen hate-
burgisohen Urbarstflcken der das Elsass betreffende Rodel im BesdrksazcliiT la
Colmar'(nach dem Inventar des BezirksarchivB G. 45), dessen PabHcation hei
Tronillat, Mon. de Thist. de T^vSch^ de B&le (Band m, 48-78) sich aoch ohae
Vergleichung mit der Vorlage als sehr schlecht erweist, der wichtigste, fir ent-
hält am Schlnss wichtige Angaben, die bei Pfeiffer fehlen. FQr die in derSchweii
inzwischen bekannt gewordenen Theile vergleiche den untenerwähnten Anteb
von Paul Schweizer. Bei Pfeiffer fehlt auch eine genane Altersbestimmaqg' der
im Anhang gegebenen RodeL
1) Friedrich von Wyss »Die freien Leute« in der Zeitschrift Gtr schweii.
Recht, Band XYIII. Schweizer »Geschichte der habeburgischen Vogtsteuem« im
Jahrbach für schweizerische Geschichte, Band YIII, 1688, S. 185—171. Auch dk
Untersuchnngen von Zeumer »Die deutschen Stftdtesteuem, insbesondere die
städtischen Reichssteuem im 12. und 18. Jahrhundert* in SchmoUer's Staate
und sodalwissensohaftlichen Forschungen, Band I, sowie Küster »Das Bächagüi
in den Jahren 1278—1818 nebst einer Ausgabe und Kritik des Nfimbexger Saal-
büchleins*, Leipzig 18S8, fussen mit auf dem Urbarbnch. *j Idi madie bei-
läufig darauf aufmerksam, dass Burkhards Titel »Meister* zeigt, dasa er Uni-
versitätsstudien gemacht hat. Nach der in Pfeiffers Einleitung zur Aufgabe
S. IX. angeführten Urkunde war er Cleriker. £s ist für die DarsteUnng der
rechtlichen Verhältnisse wohl zu beachten, dass sie niedergeschrieben sind r»
einem, der mindestens das Kirchenrecht genau kannte.
Habsburger Studien 11. 515
voller Einblick in die wahre Finanzlage der Habsburger gestattet In der
engen Beschränkung dieser Quelle auf das Elsass aber liegt die Gefahr,
durch vorschnelle Verallgemeinerung die specifisch elsassischen Verhalir-
nisse als allgemein Habsburgische anzusehen. Zu diesen Vorzügen des
elsassischen Theiles des Urbarbuches kommen noch zwei andere. Zu-
nächst ist in der Angabe der Pfandschaften und LeheHyerhältnisse
das Alter des bestehenden Zustandes angegeben, so dass sich daraus
chronologisch zugleich die Verschuldung und die Einrichtung des
militarifrchen Schutzes des habsburgischen Gebietes nachweisen lässt;
dann ist f&r die nach äusseren umständen schwankenden, nicht fixirten
Steuern, wo in den übrigen Theilen nur der Maximal- und Minimal-
ertrag angegeben ist, hier zugleich auch für die meisten Ortschaften
der wirkliche Ertrag des Jahres 1303 angegeben. Eins fehlt aller-
dings auch in den elsassischen Theilen des ürbarbuchs : ein Verzeich-
nis der von den Habsburgem ausgegebenen Lehen. Ein solches Ver-
zeichnis würde rückwärts für die älteren Zeiten eine sehr wichtige Quelle
sein, wir würden ersehen können, welche elsassischen Familien ursprüng-
lich Ministerialen der Habsburger waren, was durch Dahingehen zu
Lehen langsam ihnen verloren gieng; für die Machtstellung des Hauses
im Jahre 1303 kommen aber die einfachen Lehen nicht mehr in Be-
tracht, da im Ausgang des dreizehnten Jahrhunderts das alte Treu-
und Dienstverhältnis des Lehnsmannes zu seinem Herrn nicht mehr
von ausreichender Ejraft war. Die vielfachen politischen Beziehungen
zu der Beichsgeschichte des ausgehenden dreizehnten Jahrhunderts
liegen auf der Hand. Bei der Stellung, welche die habsburgischen
Könige Budolf und und Albrecht gegenüber der Reorganisation des
Beichssteuerwesens einnehmen, ergibt sich zugleich die enge Beziehung
ihrer Beichssteuerpolitik zu der Steuerpolitik in den eigenen Landen«
Die Wende des 13. Jahrhunderts zeigt nicht allein die Habs-
burger in dem Bestreben durch Godification ihrer Einkünfte den Be-
stand derselben zu sichern i). uns erscheint eine solche schriftliche
1) Das älteste landesberrlicbe Urbarbucb ist das wittelBbacbische, welcbes
zwiflcben 1222 und 1228 yerfasst wurde (Mou. Boica XXXVI a, 1—1^8). Zwischen
ihm und dem Zweitältesten von etwa 1280 (a. a. 0. 185 ff.) liegt auch in Boiem,
wie im gleichen Zeitraum beim Reichsgut, eine Verwaltungsreorganisation, schon
1228 war das Land inAemter getheilt, 1280 waren zwischen dieAemterund die
Centralverwaltung als Mittelstufe die 4 Vitzthum&mter eingeführt. Das filteste
OBterreichische Urbarbuch ist das von Chmel im Notizenblat 1855 abgedruckte,
welches unter Ottokar zwischen 1247 und 1252 angelegt wurde. Zur Zeit Rudolfs
wurde dann das bei Rauch publicirte geschrieben. (Vgl. hierüber Lorenz, Deutsche
Geschichte I, S65 ff. und Riezler, Geschichte Bayerns 11, 178.) Das älteste bai-
rische und österreichische sind aber, so grosse Vorzüge sie auch sonst besitzen,
88'
516 Schulte.
Fixirung als so selbstyerstandlich, dass wir nur allzuleichfc geneigt
sind, hier das Vorhandensein älterer, nun verlorener Schriften anzu-
nehmen. Aber wie die Form des habsburgisch-ösierreichischen von 1303,
wie die des Strassburger unter Bischof Berthold von Bucheck an-
gelegten Urbarbuchs beweisen, ist für die habsburgischen Lande keine
umfassende Godification vor der von 1303, f&r das Bisthum Strass-
burg nur eine einzige altere, durch Bischof Johann von Dürbheim
(1306 — 28) veranstaltete gefertigt worden; Rodel kleineren ümfanges
werden überall vorhanden gewesen sein. Das älteste uns erhaltene,
übrigens sehr unvollkonmiene ürbarbuch des Bisthums Constanz wurde
durch Bischof Heinrich (1293 — 1306} angelegt^. Das Bertholdinische
Strassburger ürbarbuch beruft sich in den meisten Fällen auf das
Johanneische, in vielen anderen sind die betre£Fenden Notizen von
den Lehensträgern eingeliefert worden, so dass hier nicht die durch
Meister Bui;khard geleitete sorgfältige Aufnahme von Ort zu Ort
Nachahmung gefunden zu haben scheint. Das Johanneische Ürbar-
buch gewinnt fQr uns ein doppeltes Interesse, wenn man bedenkt,
dass der Bischof Johannes von Dürbheim früher der Kanzler Eonig
Albrechts gewesen war und an dessen Hof bis zum Jahre 1805 weilte,
also sicher an den Plänen zur Bearbeitung des Codex Antheü nahm.
Leider ist die auf dem Bertholdinischen Codex beruhende Arbeit von
Fritz noch nicht veröffentlicht, so dass ich mich da nur auf mein
Gedächtnis und die von mir kurz nach Auffindung des Codex an-
gefertigten Excerpte, welche aber vorwiegend die Strassburger Familien
und die Militärverfassung betreffen, verlassen muss; den Wortlaut
einiger besonders wichtiger Stellen verdanke ich Herrn Dr. Wolfram
in Strassburg '). Das Strassburger ürbarbuch macht es im Verein
mit dem Habsburger möglich, die Entwicklung der Yerwaltungs-
üut nur Zinsregister; also mit dem habsburgisch-österreichischen von ISOS gar
nicht zu vergleichen.
1) Ein Stück aus diesem leider noch immer unpublicirten Urbarbucbe im
Fürstenbergischen Urknndenbuch Band V Nr. 264 S. 227. Das älteste biactoflich
speirische ist die Signatura Gerhard! episcopi von 1841, veröffentlicht von Reimer
in Zeitschrift f. Gesch. des Oberrheins 26, 101—117. Aus dem gleichen Jahre
stammt das Urbar des Baseler Bisthums (z. T. auch Domeapitels) in deraelben
Ztschft. 14, 7—24. Jedoch scheint dieses Urbarbuch durchaus nicht voUstftndig
die Einktbifte des Bisthums zu geben, gerade die für die Landeshoheit naw.
wichtigsten Theile treten sehr zurück. ') VergL die kurze Beadireibang
von Wiegand in Strassburger Studien, Band I, 800. Inzwischen ist die Ar-
beit von Fritz erschienen, vergleiche meine Besprechung in dieser Ztschft^ VU,
178—188.
Habsburger Studien IL 517
Organisatioii der beiden wichtigsten elsässischen Territorien mit-
einander zu vergleichen.
L
Die Verwaltungsbeamten.
Tensch hat in seinem Buche: »Die Beichslandyogteien in Schwaben
und im Elsass zu Ausgang des dreizehnten Jahrhunderts' die Ent-
stehung der Reichslandyogteien untersucht' Schon zu Friedrichs 11.
Zeiten wurde in dem Beichslandvogt ein neuer Beamter fQr die Ver-
waltung der Steuern, des Militärwesens , überhaupt der dem Beiche
zustehenden Gerechtsame und Oüter geschaffen. Unter ihm standen
die Verwalter der einzelnen königlichen Oüter, die Schultheissen der
Städte und die Vögte. Es waren also zum Theil gräfliche, zum Theil
pfalzgräfliche Bechte alter Zeit, welche jetzt in einem neuen Amte
vereinigt wurden^). Pfalzgraf wie Graf waren inzwischen durch die
Umwandlung in Landesherrn unfähig geworden, an der Verwaltung
des Beichsgutes und der Beichssteuem Theil zu nehmen. Eine Ueber-
tragung an sie würde einem Verluste fiLr das Beich gleichbedeutend
gewesen sein. Der Landvogt war nun aber wieder der erste Beamte,
der nicht nach Lehnsrecht angestellt war, sein Amt ^ar nicht nur
nicht erblich, sondern er jederzeit absetzbar >). Es war also der erste
0 TeuBcb findet mit Recbt in dem »DegenharduB de Hellinstein* dem »pro-
curator per omnia regalia praedia Sueyiae* des cbronicon Ürspergenae (M. G.
SS. XXUI, S71) den Vorläufer der Reichalandyögte zur Zeit Friedrich I. Ausser-
halb Schwabens findet sich aber keine Spur von gleichen procuratores. Die Ein-
theilung des Reiches in Landyogteien ist jedenfalls erst ans der Zeit Friedrich 11.
Ihre enge Beziehung zur Verwaltung des Reichsgutes zeigt sich auch darin, dass
sie nur dort eingesetzt wurden, wo sich bedeutende Trümmer des Reichsgutes
und Staufisches Eigengut be&nden. *) Die Absetzbarkeit des Reichslandvogtes
— das wichtigste Moment des Amtes, das aber Teusch gar nicht hervorhebt ^
steht zwar nicht in der Bestallungsurkunde des Otto von Ochsenstein vom 17. De-
cember 1280, folgt aber aus der Geschichte des bekannten Wölflin, dessen aus-
gedehnte Wirksamkeit am besten beweist, wie hier Friedrich IL mit grossem
Geschick einen Keil zwischen die sich ausbildenden Territorialm&chte schob.
Leider ist Teusch auf die spätere Zeit der Landyogtei im Elsass gar nicht ein-
gegangen. Die Entwicklung des alten Reichsgebietes zur elsSssischen Dekapolis,
welche schon durch das Interregnum yorbereitet wird, das gleichmflssige Zurück-
weichen der Landyogtei und der Landgraischaft yon ihrer alten rechtlichen
Stellung und Macht bleibt für den Rechtshistoriker eine lohnende Aufgabe, zu-
mal wenn rückblickend ein Theil der yon Teusch untersuchten Fragen neu yor-
genommen würde. Wie kommt es, dass der Reichslandyogt auch ganz im staufi-
Bchen Hausgut so schaltet wie im Reichsgut ? Eine Untersuchung über staufisches
Haasgut und Reichsgut im Elsass ist ein primum desiderium für die elsässische
518 Schulte.
wirkliche Beamte, der in die deutsche BeichsyerfiEtösang wieder einge-
führt wurde. Man yergesse nicht, dass Friedrich 11. in Sicilien in einem
Staatswesen gross geworden war, welches dieses nicht lehnsbare Be-
amtenthum damals von allen abendländischen Staatswesen allein be-
sass. Diese Üebertragung des sicilianischen Beamtenthums nach Deutsch-
land geht gleichzeitig mit einer ähnlichen Umbildung der bischof-
lichen Verwaltung. Ich habe in der Einleitung zum dritten Bande
des Strassburger ürkundenbuches^) gezeigt, wie die folgenschwere
Schaffung der Officialate seitens der Bischöfe mit dadurch yeranlasst
war, um gegenüber den von ihnen ganz unabhängigen Dignitären
der Domcapitel und diesem selbst gegenüber wiederum einen Beamten
zu schaffen^ der nur jd^s Bischofs Interessen diente ; und das war der
durch die Ausbildung des Kirchenrechts nothwendig gewordene, jeder
Zeit amovibile Of&cial. Absetzbarkeit des Beamten ist das
Charakteristikum, das durch die ganze Verwaltungsreorganisation des
dreizehnten Jahrhunderts sich hinzieht. In vollständiger Parallelität
mit der geschilderten Beichslandvogteiverfassung war die Verwaltung
der habsburgischen Besitzungen im £lsaäs organisirt; die Gleichheit
erstreckt sich nicht allein auf den Namen, sondern auf alle wesent-
lichen Funkte ihrer Befugnisse.
An der Spitze der habsburgischen Verwaltung im Elsass, der
auch die kleinen Besitzungen im Eisgau untergeben waren, stand der
Vogt zu Ensisheim'); im Jahre 1803 war das Aiht in den Händen
eines gewissen Buodolf^), während damals Beichslandyogt Johannes
von Lichtenberg war^). Wie der Beichslandvogt die Vertheflung und
Beitreibung der Steuern aus dem Beichsgebiet zu seiner Hauptaufgabe
hatte, so sagt auch Burkard von Frikke ausdrücklich, dass der Vogt
Budolf 1303 «in allem sinem ampte, niht m^r ze stiure legen konnte*,
als er näher angibt '^). In der Hand des Vogtes Ton Ensisheim lag
die Verrechnung aller aus den elsässischen Besitzungen einkommenden
Gelder und Naturalien^). Aber damit ist der Kreis der Befugnisse
GeBchichte. Besser als Teuscli hat Küster a. a. 0. S. 78—85 die Befugnisse der
LandvOgte und ihre Bedeutung für die Verwaltung der Beichsgutes dargestellt
<) Urkundenbuch der Stadt Strassburg, 8. Band, S. XVIII ff. ») Das Amt
Dattenried (Delle) gehörte zum Eisgau. Da es unmittelbar an die elsfisBiKrhen
Besitzungen der Habsburger anstösst, die Einkünfte bei den Summirungen im Ur
barbuch stets mit eingerechnet sind, so begreift die nachfolgende Untersuchung
auch dieses nicht zum eigentlichen Elsass gehörige Gebiet. *) Vgl. Urbarhucb
8. 88 Zeile 84. Rudolf war nach Eindler von Knobloch: Der alte Adel im Ober-
elsass S. 77 aus dem Geschlechte der von Ruochsheim, die sich nach einem hah^
burgischen Ort (jetzt Küstenhart) benannten. *) Nach Teusch a. a. 0. S. 42
von 1298 bis 1807. ') Urbarbuch S. 89 oben. ') Vgl. Urbarbuch S. SSobcsL
Habsburger Studien n. 519
des Yogis nicht erschöpft, ganz ohne Zweifel war auch der wichtigere
Theil der Gerichtsbarkeit dem Vogte zugewiesen. Ihm unterstellt
waren das Amt (of&tium) in Ensisheim, das, wie es scheint, Yon ihm
selbst direet verwaltet wurde, das Amt Landsbnrg (offitium Lantz-
burg), das Amt im Albrechtsthal und zu Scherweiller (offitium in
Albrehtztal) , das zu Landser (offitium in Landser), das Amt zu
Dattenried-Delle (offitium Dattenriet), zu dem in mehr selbstständiger
Stellung die Höfe zu Hirsungen (liute unde guot des hoves ze
Hirsungen), die freien Leute zu Dammerkirch (die vi igen leute ze
Domarkilche) und das Meierthum zu Sept (das meijertuom ze Septe)
kommen. Ausserhalb des Gebietes der alten Landgrafschaft Sundgau
(Oberelsass), die habsburgisch war, lagen nur das Amt zu Albrechts-
thal, das zur Landgrafschaft Niederelsass gehörte, und das elsgauische
Amt Dattenried. Nur zwei der Aemter: Ensisheim und Landser, die
den Kern der habsburgischen Lande enthalten, bilden zusammen ein
geschlossenes Ganze, das sich um den Hartwald gruppirt. Alle andern
sind zersprengt : das Albrechtsthal (jetzt Weilerthal) ging bis an den
Yogesenkamm bis an die heutige französische Grenze und umfasst
eine Seihe romanische Dialecte redender Orte; das Amt Landsburg
enthält wichtige Weinorte am Ostabhang der Yogesen« Dem Gebiet
des Juras gehören das Amt Dattenried und die andern kleineren Be-
sitzungen an. Obschon so das Gebiet arg zersplittert, war doch schon
im Jahre 1303 das habsburgische Haus das mächtigst« im Oberelsass,
bis es durch die Erbschaft der Grafen ron Pfirt geradezu beherrschend
wurde, da diese fast den ganzen elsässischen Jura hinzubrachte. Yer-
grössert wurde noch die Machtstellung der Habsburger dadurch, dass
sie Eastvögte des reichsten Stiftes, nämlich Murbach, und ebepso
Yögte einer Beihe yon kleineren Stiften und Klöstern waren. Neben
diesen dreien kamen nur noch, yon den Beichsstädten abgesehen, die
Bischöfe yon Strassburg als Herren der Mundat yon Büfach und die
Herren yon Bapoltstein in Betracht.
Das Alter der eben skizzirten Yerwaltungsorganisation zu be-
stimmen, ist nicht so leicht, da nur beiläufige Erwähnungen eines
Beamten irgend einen Anhaltspunkt gewähren und f&r die Zeit König
Budolfs es sehr schwer ist, die habsburgischen Yögte yon den Beichs-
landyögten zu untei scheiden. Möglicherweise ist der dominus de Hohen-
stein, welcher als adyocatus Alsatie in den Annales Colmarienses
majores^) zu 1282 und 1284 yorkommt, nicht ein ünteryogt des Otto
yon Ochsenstein, der Beichslandyogt f&r das ganze Elsass und den
«) Mon. Germ, SS. XVU, 210 und 211.
520 Schulte.
Breisgau war, sondern der habsburgische LandvogL Sicher ist aber der
bekannte, Konig Bndolf sehr nahestehende Bitter Hartmann Ton Baldegg
ein habsborgischer Vogt Die Stelle im Ghronicon Colmariense zum
Jahre 1287 laatet : « Biia completis dixit rex domino de Baldeck, sno
fidelissimo procoratori, quatinus assumptis civibus Columbariensibos
et Eeisirsperg et aliis yicinarom ciyitatum civibus Bapoltzstein fideUter
obsideret'^). Da Hartmann nicht in die Beihe der Beichslandyogte
einzufügen ist, so liegt die Annahme nahe, dass er der Verwalter des
habsburgischen Hausgutes war und bis 1289 blieb. In diesem Jahre
wurde er durch König Budolfs Sohn Budolf entsetzt <). Die Ab-
grenzung des Amtsgebietes Hartmanns ist um so schwerer festzu-
stellen, da dieser eine ganze Beihe habsburgischer Beamtungeu zu-
gleich Tersah*). Später übernahm Otto von Ochsenstein, der seit
1280 BeichslandTOgt im Elsass gewesen war und es auch bis 1294
unter Adolf blieb, die Verwaltung des gesammten Besitzes in den
habsburgischen Vorlanden. Sein Amt, in dem er sich von 1293 bis
97 nachweisen lässt, griff weit über das Elsass hinaus, bis tief in die
Schweiz ist seine Thätigkeit nachzuweisen. Die Centralleitung der
elässischen Güter, wie sie das ürbarbuch kennt, ist somit unter Budolf
und Adolf mannigfachem Wechsel unterworfen gewesen; im Jahre
1303 war die Selbständigmachung der habsburgischen Vorlande im
Elsass Yon den übrigen Besitzungen eine vollendete Thatsache. Eine
diese Einigung als vollendet hinstellende Nachricht, welche die Annales
Golmarienses zum Jahre 1303 über den damaligen österreichischen
Landvogt bringen, ist man versucht, direct mit der Au&eichnung des
Urbarbuches .in Verbindung zu bringen. Es heisst: .Solennis pro-
curator regis Bomanorum domini Alberti, qui a Binvelden usque in
Slecistatt inclusive dominabatur, in turrim in Ensisheim claudebatur
et rationem de sibi creditis reddere cogebatur*^); sollte wirklich Burk-
hard so scharfe Mittel angewendet haben, um die Verwaltung des
Vogtes Budolf zu prüfen? Der älteste habsburgische Vogt, der sich
im Elsass nachweisen lässt, fallt schon vor 1256; er heisst in diesem
Jahre: «Ulricus miles quondam advocatus de Ensichshein", bei Herr-
gott, QeneaL II, 327. Der Zweitälteste Vogt in Ensisheim, der in
Urkunden vorkommt, ist Burkhard von Stammheim, der 1275 und 77
*) MoxL Germ. 88. XYII, 256. *) Ami. Golm. a. a. 0. 8. 216: »Dominus
de Baldecke de procuratione a rege sibi oommissa a regis filio remorotor.*
") VgL Kopp, Gesch. d. eidg. Bünde, 8. Buch, II, 2. 1. S. 41S f. Die Besehnngea
HartmaimB zum ElBass folgen auch daraus, dass seine Söhne, »hem Haitmannä
adligen kinde von Baldegge* seit 1287 Burglehnsleute zu Ensisheim wara&« Ür-
barbuch S. 82. «) a. a. 0. XVn, 229.
Habsburger Studien II. 521
erwälint wird. Da in der Urkunde Yon 1275 er seine Zustimmung
zum Verkaufe eines 1303 im Amt Landser belegenen Gutes gibt, so
ist entweder die Amtseintheilung jünger oder Burkhard Obervogt für
die gesammten elsässischen Besitzungen i).
Die Sohne eines andern, vielleicht des schon oben erwähnten
Vogtes von Ensisheim, Ulrich mit Namen, nennt eine Urkunde von
1295; leider ist der Geschlechtsname nicht angegeben >). In Orten-
berg — also im Albrechtsthal — erscheint der erste Vogt, Ludwig
von Amoltem, im Jahre 1282 <^); da aber das Albrechtsthal erst durch
Budolfs Vermählung mit der Hohenbergerin an die Habsburger kam,
so ist das Alter des Amtes klar. Auf der Burg Landsburg kann ich
vor 1326 Hetzel von Zässingen*) keinen Vogt mit Namen nachweisen;
aber das Urbarbuch beweist ja die Existenz des Amtes um 1303.
War Hochlandsburg von vornherein Sitz des Amtes, so kann es nicht
über 1279 zurückgehen, da erst in diesem Jahre der Bau der Burg
durch den Schultheissen Siegfried von Colmar begonnen wurde ^).
Dasselbe gut in Betreff Landsers, das erst 1269 von den Herrn von
Budenheim an die Kirche von Basel gegeben wurde, später dann aber
an die Habsburger kam^). Alles in allem genommen liegt kein Grund
vor, die Verwaltungsorganisation über die Zeit des späteren Königs
Budolfs zurückzudatiren. Aus dem Verwaltungsapparat, wie er durch
Budolf und Albrecht geschaffen wurde, ist dann allmählich durch Hin-
zuf&gung von gelehrten Bichtem und Umwandlung in ein CoUegium
das , Regiment ** von Ensisheim geworden, dessen Ursprung man bis-
<) Vgl. Trouülat a. a. 0. II S. 264 von 1275 November »B. diotos Stam-
beim advocatus de Ensishain«. Auf dieselbe Urkunde besieht dcb wohl auch
das Citat bei Eindler von Enoblocb, Der alte Adel im Oberelsass S. 88. 1277 be-
nutzt Ulrich yon Rapoltsteinf welcher an Stelle des Landgrafen von Elsasa zu
Gerichte sitzt, in dieser seiner Eigenschaft das Siegel Burkhards des Vogtes zu
Ensisheim. In ^der uns erhaltenen jüngeren Uebersetzung der Urkunde (Solo-
thnmer Wochenblatt 1824 S. 898—96) heisst es: »besiegelt mit dem Siegel, das
wir brauchen als Statthalter des Landgrafen, n&mlich mit dem Siegel Burkards
des Yogfcs zu Ensisheim*. Ulrich war also Vertreter des Königs Rudolf im Land-
gericht Elsass, er war also »Landrichter*. 1277 hatte Rudolf somit 8 Stellver-
treter im Oberelsass: den Reichslandvogt, den Landrichter imd den habsburgi-
schen Vogt. Aus derselben Familie (von Stammheim) stammte der 1285 von
Rudolf eingesetzte Schultheiss von Colmar. Chronicon Colmariense a. a. 0. S. 254.
>) Trouülat a. a. 0. 11, 580: »Vlricus, Rytliebus et Marquardus fratres laici, filii
quondam Vlrid aduocati de Ensichzhein*. Der Name Ruodlieb findet sich in
der Familie Nordgasse. *) Citat bei Kindler a. a. 0. S. 7. ^) Kindler a. a. 0.
S. 112. ») Ann. Colm. min. M. G. SS. XVII, 192. •) Vgl. die Urkunden bei
Trouülat, a. a. 0. 11, 188 ff. und die Angaben von Matthias von Neuenburg
(Böhmer, Fontes IV, 158).
522 'Schulte.
lang in das 15. Jahrhundert verlegte. Die Zosammenfassoug der
hababurgischen Lande im Elsass und im Eisgau zu einem central
regierten Gebiete, zu dem später noch der Breisgau kam, gab dem
österreichischen Besitz in den Vorlanden eine feste Kraft, die bis an
das Ende des vorigen Jahrhunderts dem Hause Habsburg wenigstens
einen Theil dieser entlegenen Besitzungen erhalten hat^).
iL
Die Steuerverfassung und das Eigengut.
In dem vortrefflichen Zeumer'schen Buche: «Die deutschen Stadte-
steuem, insbesondere die stadtischen Beichssteuern im 12. und 18. Jahr-
hundert' ist in schlagender Weise die Parallelität der Entwicklung der
ländlichen und der städtischen Steuern und die Entstehung des Be-
steuerungsrechtes nachgewiesen. Nur in einem wesentlichen Punkte
der f&r die Oeschichte der Habsbui^^ im Elsass von grosser Bedeu-
tung ist, kann ich mit Zeumer nicht übereinstimmen« In seiner Dar-
stellung der ländlichen Steuern nimmt er als die alteren ursprüng-
licheren Steuern die von den Grafen erhobenen an. vAuch wo sich
freie Herren im Genuss von solchen Steuern finden, haben wir wohl,
soweit nicht vogteiliche Verhältnisse in Frage kommen, üebertngung
gräflicher Bechte auf sie anzunehmen'*). In Norddentschland mag
der Graf auch ausserhalb seines Territorialgebietes, das ihm gnind-
herrlich zustand, also auf dem gesummten Grafschaftsgebiete Steuern
erhoben haben, für Schwaben ist mir kein Beispiel bekannt, daas die
Steuerrechte des Grafen über sein Eigen- oder GrafiBchaftsgut oder
über die Freien der Grafschaft hinausgiengen. Damit ergibt sich
von selbst, dass die Entwicklung in Schwaben eine ganz andere war,
als sie Zeumer auf Grund norddeutscher Verhältnisse annimmt. In
Schwaben war die Grundherrlichkeit, die niedere Gerichtsbarkeit über
9 dieb unde frevel ' , die Grundlage für das Becht der regelmässigen
Steuererhebung, soweit es sich nicht um Vogteiverhältnisae oder um
Beste von Freien handelt*). Das Becht der Steuererhebung ist eines
<) Ueber das Alter der VerwaltangaorganiBation in der zum Bisthum Strvs-
barg gehörigen Mandat Ruikcli haben wir ein directes Zeugnis in den Annak^
Golmarienfies maj. 1278 a. a. 0. 208: »Item domino episoopo Axgentinensi solvit
dominium suum anno Domini 1200 a Wetüsheim Bursom osque in Sülze iuclunTv
50 libras tantum, de quibus terdam partem dedit landtgravio Aisatie; et nee
scultetum nee adyocatum ibidem habuit*. *)a.a.0.8. 11. *) »Diubc
und frevel* ist im österreichiflchen Urbarbach die nieder^ Gerichtsbarkeit« nicht
wie Pfeiffer S. S49 erklärt, die hohe. Danach ist die bezügliche DarsteUang bei
Habsburger Stadien 11. 528
der wichtigsten Momente zur Begründung der Landeshoheit in den
Gebieten, deren Herren nicht die Grafenrechte zustanden. Dass dies
der Gang der Ausbildung war, beweist ganz klar das habsbnrgi-
sche urbar, das, wiewohl es durchweg die rechtliche Grundlage
der betreffenden Steuer untersucht hat und angibt, doch nicht, yon
Vogteiverhältnissen und Freien abgesehen, einen einzigen Fall yon
Steuern im Elsass au£Rihrt, wo das Becht der Steuererhebung nicht
mit dem Bechte der niederen Gerichtsbarkeit Terbunden war, und
ebenso wenig einen Fall, in den zum Niederelsass gehörigen Theilen,
wo die Habsburger nicht die Grafenrechte besassen, dass dort die
Habsburger wohl die niedere Gerichtsbarheit, nicht aber das Steuer-
erhebungsrecht besassen. Wiewohl die Habsburger die Grafenrechte
im ganzen Oberelsass ziemlich ungeschmälert besassen und auch im
14. Jahrhundert usw. noch ausübten^), so waren sie doch nicht im
Stande, ihre Landeshoheit über dieses ganze Gebiet auszudehnen, was
später zu dem im ürbarbuch au%ezeichneten Gut hinzukam, fiel den
Habsburgem zu durch Erbgang oder Kauf. Da sonst kein SSeugnis
aus Schwaben beigebracht ist, so glaube ich für Schwaben die Existenz
Tou eigentlichen Grafensteuem leugnen zu müssen. Die einzigen Ein-
nahmequellen, die der Graf als Graf hatte, bestanden, to]^ den Ge-
richtseinkünften abgesehen, in den Steuern der Freien und in dem
Nutzen des Grafengutes. Was auf diese Weise die Habsburger im
Oberelsass besassen, gibt deutlich und klar das Urbarbuch zu er-
kennen.
Ich weiss sehr wohl, dass diese Sätze, dass in Schwaben keine
Grafensteuem nachzuweisen sind, dass dort der Besitz der niedem
Gerichtsbarkeit und der damit yerbundene Steuerbesitz die Grundlage
zur Entwicklung der Territorialhoheit bilden — sich gegen die all-
gemein recipirte, fast un^vidersprochene Theorie über die Ausbildung
der Landeshoheit kehren^. Um nicht missverstanden zu werden,
muBs ich vorher noch bemerken, dass meine Untersuchungen sich
eigentlich nur auf das obere Elsass und das südliche Baden aus-
Küster 8. 54 zu bericbtigeB, wo auch die Erklftmng yon >twing und bann*
falsch ist.
0 Vgl. darüber Franck, Die Landgra&cbaften des heiligen römischen Reiches
8. 128 ff. *) Noch jüngst von Richter: »Untersuchungen zur bist. Geographie
des ehem. Hochstifl» Salzburg« in dieser Ztschft. £. B. I, 698: »Der Erwerb der
höchsten Gerichtsbarkeit über geschlossene Gerichtsbezirke, Grafschaften bildet
die Grundlage der Landeshoheit.* Dass ich diesen Satz nur für Schwaben be-
streite (für Franken ziehe ich ihn in Zweifel), erklftrte ich schon früher (dieselbe
Ztschfl. Vn, 181).
524 Schulte.
dehnten, mangels eines anderen Ausdrucks muss ich für dieses Ge-
biet den Begriff schwäbisch verwenden; aber auch über diese Grenzen
hinaus ist mir innerhalb Schwabens nichts bekannt, was diesen Sätzen
widerstritte. Nur möchte ich nicht in den Fehler des Generalisirens
verfallen, den vor allem unsere Handbücher der allgemeinen deutschen
Bechtsgeschichte oft genug nicht vermieden.
Zuerst ist gegen die Giltigkeit der Theorie der Landeshoheits-
bildung für Schwaben Widerspruch erhoben von Franck in seinen
«Landgrafschaften*, das neben manchen Unrichtigkeiten doch viel
Wahres enthält. Ganz richtig verwirft er die bisherige Definition des
Titels Landgrafen, als sei der Landgraf ein Herr eines aus mehreren
erblich gewordenen Gomitaten gebildeten Territoriums und hebt in
aller Schärfe hervor, dass die Landgrafen nicht einmal im Stande
waren, den Besitz der hohen Gerichtsbarkeit zur Territorialhoheit in
ihrer einzigen Grafschaft auszubilden. Wenn er dann sagt: .Der
Landgraf als solcher war kein durch seine Macht (und deshalb durch
seinen Titel) vor Andern ausgezeichneter, sondern im Gegentheil
ein g^en Andere, welchen es gelungen war, aus ihrem Grafenbezirk
ein Territorium zu machen , zurückgesetzter , benachtheiligter
Graf, so ist das juristisch construirt ganz richtig, aber es wäre doch
hervorzuheben gewesen, dass wenigstens die ältesten Landgrafen-
geschlechter in der That sehr mächtige Familien waren, welche
die grosse Masse der Grafen an Macht bedeutend übertrafen (Thüringen,
Unterelsass-Metz, Linzgau-Heiligenberg, Habsburg-Oberelsass, Leuchten-
berg usw.). Es ist doch etwas Wahres an jener älteren, sonst fidschen
Definition von «Landgrafen*, dass dieser Titel in der That eine Aus-
zeichnung enthielt^). Franck hebt mit Becht hervor, dass der Titel
«comes provincialis ' besonders mit dem Zusatz .per . . .* deutlich
die Absicht der Verwahrung gegen Verkürzung der Grafenrechte (hohe
Gerichtsbarkeit)*) seitens der innerhalb der Grafschaft beg^üterten, zur
Territorialhoheit vorgedrungenen Herren enthält, aber zugleich ist
1) VgL auch Waitz, VerfaBsungsgescliichte VII, 61 Anm. 4. *) Ein aehi
interesBantes Weisthum aus einer Londgrafiicliafb iat das Aber die Bechie der
Grafschaft im Linzgau (Heiligenberg), (zuerst bei Franck S. 67, jetet viel besser
F&rBtenbergisches Urkundenbuch V, 856) vom Jahre 1822. Die Identitfit der
Rechtsverhältnisse in den Landgrafichaffcen und den flbrigen sohwäbiiBchen Grai-
schalten, von der sogleich die Bede ist, beweist auch der Umstand, daas sowohl
der Landrichter als eine Reihe von Schöffen, welche bei dem Landtag das Recht
wiesen, nicht der Landgrafschaft;, sondern andern Grafschaften angehören, ao dt>T
Landrichter Eonrad Fürst von Konzenberg dem Scherragau, andere Bind Bürger
von Ravensburg, Konstanz und Pfullendor£
Habsbutget Studien IL 525
doch wohl möglichst scharf der Gegensatz ausgedrückt g^en die sich
Grafen nennenden Geschlechter, welche keine Grafschaftsrechte be-
sassen. um sich von diesen zu unterscheiden, um ihren Amtscharakter
klar zu stellen, nannten sich die Inhaber wirklicher Grafschaftsrechte
Landgrafen. Gerade in den grossen unzertrümmerten Grafschaften des
südwestlichen Schwabens war es früh, schon zu Anfang des 12. Jahr-
hunderts aufgekommen, dass sich mächtige, angesehene Familien den
Titel «Graf* anmassten, ohne das Amt zu besitzen; bei einigen dieser
Familien ist es nachzuweisen, bei andern zu vermuthen, dass ein Glied
derselben einmal eine Grafschaft verwaltet hatte. Wenn die Herren
Yon Nimburg im Breisgau, Ton Ffirt im Oberelsass, von Lützelstein
im ünterelsass sich Grafen nannten, so waren sie doch nicht im Be-
sitz von Grafschaftsrechten ; um Tor ihnen sich auszuzeichnen, legten
die Besitzer der ,Grafschaftsrechte sich den Titel , Landgrafen* zu.
Nach der Franck'schen Darlegung könnte man vermuthen, dass nur
diejenigen Grafen, welchen es nicht gelang, in ihrer ganzen Graf-
schaft die Territorialhoheit auszubilden, sich Landgrafen nannten. Das
ist aber durchaus unrichtig. Nicht anders wie in der Landgrafschaft
Breisgau z. B. lagen die Verhältnisse in der Ortenau, in der Graf-
schaft Sulz, im Eraichgau, in der Grafschaft Yeringen und den andern
Grafschaften an der Donau. Es mag sein, dass dort der Gegensatz
zu anderen Titulargrafen fehlte, als dass der Name Landgraf auf-
gekommen wäre.
Weit wichtiger aber als die Frage nach dem Auf konmien des
Titels Landgrafen, ist die Untersuchung, welches die Gründe waren,
dass in Schwaben nicht die Ausbildung der Grafschaftsrechte zur
Territorialhoheit gelang. Ich suche den Grund dafür vor allem in
der engen Verbindung der freien schwäbischen Geschlechter mit dem
Hause der Staufer. Diese Familie war ja selbst, als sie das Herzog-
thum Schwaben erhielt, nicht im Besitze einer Grafschaft^ Eng yer-
schw^^rt und Terwachsen mit den zahlreichen schwäbischen Freien-
geschlechtem, waren die Staufer in den Besitz des Herzogthums, des
Beiches gelangt und diese Familien standen, trotz mancher Kämpfe,
doch bis in die letzten Tage des Eönigsgeschlechtes ihnen viel naher
als andere fränkische, bayrische oder gar sächsische Geschlechter. In
dieser engen Berührung mit dem königlichen Hofe gelang es den
Freien gegenüber den Grafen, ihre Bechte festzuhalten und auszu-
bilden. Schwerlich wurden ja die freien schwäbischen Geschlechter
am Hofe der Staufer deshalb geringer gehalten, weil sie nicht im
Besitz einer Grafschaft waren.
Bei der Wichtigkeit der Frage mag es gestattet sein, den Gang
526 & 0 h u 1 1 e.
der Auflbildang der Landeshoheit noch an ein paar Beispielen zu Ter*
folgen.
Ein klassisches Beispiel ist die Geschichte der zahringischen Ecb-
scha£L Als mit Berihold V. 1218 der herzogliche Stamm der Zäh-
ringer erlosch, fiel den (trafen von Urach als Erben ein ausserordent-
lich grosses Eigengot und Lehengat zxl Wiewohl dieser BaaUa sidi
über ftnf Gaue erstreckte: Breisgau, Ortenau, Kinzigthal (Gra&diaft
Sola), nördliche Baar und südliche Baar^), so war, nach allem za
schliessen, doch nur eine Grafisohaft im Besitze der Zähringer ge-
wesen« Wäre jener Satz richtig, dass der Besitz der Grafschaft die
Grundlage der Territorialhoheit ist, so hätte nach der Spaltung der
Grafen von Urach der Freiburg^r Zweig überhaupt nicht Landes-
hoheit erwerben können >) — der Fürstenbergische nur in dem süd-
lichen Theil der Baar (Albunnesbar) ein Territorium sich bilden
können; die Grafischaft im nördlichen Theile erhielten sie erst 128S').
und wie war die thatsäehliche Entwicklung? Der Freibuiger
Zweig, der seinen Grafentitel nur von dem üraoh^schen Qrafenfcitel
herleitete, galt als der reichere, ihm gehörte Freiburg, betrachtliche
Theile des Breisgaus und vom Kinzigthale -^ alles das müsste in Con-
sequenz jener Theorie den Markgrafen von Baden-Hachberg als Be-
sitzern der Grafschaft zuge&Uen sein. Der ärmere Fürstenbergiscbe
Stamm dehnte sich über die Grenzen seiner Grafschaft aus, in dieser
selbst aber erlangte er lange nicht überall die Territorialhoheit, mitten
in dieser lagen Besitzungen der Freien und der Elöster versiffengt*
Man wird einwenden, dass in diesem Falle die Machtstellung der
Zähringer schon längst zur Exemtion ihres Gebietes Yon den Graf-
schafi»gebieten geführt haben mag — es ist das ja denkbar, mög-
lich, aber gewiss ist es nicht; ja yon der nördlichen Baar wiaaan wir
sogar das Gegentheil^).
Wenn nun aber auch selbst solch' machtigen GeschleGhtem gegen-
über eine Auslösung ihres Gebietes aus dem Grafschaftsverbande statt-
fand, bei den kleineren Besitzungen des Adels war das nicht der Fall.
Hier ist der Beweis leicht zu führen.
Für das würtembergische Schwaben liegt in dem trefflichen Buche
Baumanns: Die Gaugrafschaften im würtembergischen Schwaben der
Zustand vor der Ausbildung der Territorialhoheit zu Tage. Wären
die Gaugrafschaften die Grundlage unserer moderneren Territorien
>) VgL Biezler: Geschichte des fürstlichen Hauses FQrstenbeTg I, 41 ff.
>) Ueber ^e Gra&chaft im Breisgau vgl. Riezler a. a. 0. 8. 104. *) Biesler
a. a. 0. 8. 210 flf. *) S. Riezler 8. 210.
flabsburger Studien It. 527
gewesen, so mUssten noch im vorigen Jahrhundert diese Gebiete als
Territorialeinheiten bestanden haben; aber ein flüchtiger Vergleich
der bunten Sparte Schwabens im vorigen Jahrhundert mit der Bau-
mann^schen genügt, nm es evident zu stellen, dass diese Annahme
fiilsdi ist Und doch war gegen das 14. Jahrhundert darch das Er-
löschen oder Verarmen schwäbischer iPreiengeschlechter, durch Arron-
dirung und Erbschaften die Zahl der verschiedenen Herren ungemein
vttringert. Leider geht die Baumann^sche Karte nur noch stückweise
auf badisohes Gebiet hinüber, sonst würde der Vergleich mit der
Ffirstenbergbchen Territorialkarte ^), welche durch ihre Erläuterungen
Wachsthum und Abnahme der einzelnen Bechte, der hohen und niederen
Gerichtsbarkeit fiBür jedes Dorf feststellt, noch schlagender sein, als er
jetzt schon in den Gauen Linzgau, Batoldesbuch, Scherra, Burichinga,
Sulz usw. für die jetzt würtembergrischen, ehemals fQrstenbergischen
Besitzungen ist. Auf der Karte selbst sind wenigstens von 3 bez. 4
Landgra&chaften die Grenzen miteingetragen: Linzgau, Stühlingen,
Baar (nördlicher und südlicher Theil), so dass auch für das badische
Hanpigebiet der Vergleich sich ergibt.
Ich wiederhole: dasElsass, das doch nur zwei Grafschaften kannte,
zerfiel in dreissig oder mehr Territorien, der Breisgau, die Ortenau,
Baar, Linzgau usw., alle diese waren nicht die Grundlage, auf der
eine Territorialmacht emporwuchs, sie wurden von unten heraus,
von den Besitzern der niedem Gerichtsbarkeit zersprengt und auf-
gelost. So entstand in Schwaben die bunteste Länderkarte, welche
das buntscheckige deutsche Reich aufweisen konnte. Weit nach Franken
hinein lagen die Verhältnisse nicht anders, im Herzogthume Bayern,
in Oesterreich scheint — darin stimme ich gern Bichter zu — das
entgegengesetzte der Fall gewesen zu sein. Indem dort die Grafschaft
siegte, ballten sich die mächtigen Territorien zusammen, gegen die der
Besitz des kleinen schwäbischen Freien winzig genug sich ausnimmt Es
hat eben auch hier die Entwicklung des deutschen Bechts nicht überall
gleichen Lauf genommen. Auch hier zeig^ sich wieder recht klar,
dAsa nur die vorurtheilsfreie Einzeluntersuchung zu einem gesunden
Aufbau der deutschen Bechtsgeschichte führen kann; voreiliges Ge-
neralisiren, vorschnelles Nivelliren die grösste Elippe ist, an der bis-
her unsere rechtshistorische Forschung nur allzu oft Schiffbruch ge-
litten.
Ehe ich zur Darstellung der habsburgischen Steuern übergehe,
habe ich noch die Trümmer — denn nur das sind es noch — des
<) Riezler: Oeschichte des FürBtenbergischen Hauses L
528 Schulte.
alten Eigengates, des privatrechtlicheii Eigenthamfl der Habsburger
darzolegeiL Das Ürbarbuch onterscheidet ganz scharf diese Einkünfte,
welche ,ze zinse' und ,yon zehenden' einkommen, Ton d«n, vis
aze stiore* gegeben wurde; nnd berechnet bei den einzelnen Aemtmi
diese Einnahmen getrennt Aber in dem Bilde, das uns so gegeben
wird, fehlt ein wichtiges Moment Wohl ist auch bei dem Eigengat
angegeben, was Ton ihm rerpfandet oder zu Burglehen g^reben war,
aber es fehlt das Begister über die eigentlichen Lehen. Was yon dem
Eigengnt bis zum Jahre 1303 nach und nach zu Lehen gegeben und
so f&r den directen Nutzen entfremdet war, entzieht sich unseren
Blicken. Hatten wir ein solches Verzeichnis, so würden wir noch
schärfer als jetzt das alte Allod der Habsburger nachweisen können.
Yon den im Bereich der habsburgischen Qra£schaft Obereisaas
belegenen Yerwaltun^bezirke umschloss 1303 der Landsburger kein
Eigengut, im Bezirk Landser hatte die Herrschaft nur Einkünfte am
der Stadt Landser und dem hart an den Ensisheimer Bezirk stossen-
den Dorfe Didenheim^). Das meiste Eigengut war yorhanden im Amt
Ensisheim. Zwar waren unter diesem einige Einkünfte, welche vom
Klostergut als Entschädigung für die Yogtei eingiengen (Hof des
Klosters Pairis zu Deigenheim), es gab hier aber eine Beihe von grossen
Mühlen zu Ensisheim, Blodelsheim, Machdoltzheim, welche zu beden-
tenden Naturalleistungen verpflichtet waren, und daneben noch grosse
Dinghofe und Höfe zu Ensisheioi, Begisheim, Sundhofen, Egisheini,
Bülisheim, Kilcheim und Biederthal*). Zu ihnen kommen noch kleinere
Einkünfte von Zöllen, Allmenden usw. Schon dieser beträchtliche Best
von Allodialgut würde — wenn auch sonst vom Urbarbuch abgesehen
keine andere Quelle vorhanden wäre — beweisen, dass das Amt Ensis-
heim der Ausgangspunkt der habsburgischen Macht im Elsass ist
Im südwestlichen Theil des Oberelsass hatten die Habsborger im
Hof von Hirsingen und im Meierthum von Sept beträchtliche Ein-
künfte. Das Urbarbuch bezeichnet diese Theile aber ausdrücklieh als
zum Landgericht gehörig. Wir haben hier also das Gut vor uns, das
den Habsburgern als Grafen im Oberelsass zugefallen war*).
Im unterelsässischen Theile, im Albrechtsthal, war eben&Us noch
ein bedeutender Best von Einkünften aus Allodialgut erhalten; die-
selben bestanden, dem gebiigigen Charakter der Gegend entsprechend.
>) Urb. Dudenheim S. 21. *) Bladoltzhein , MaK^hdoltzheim abgegangen.
Regensheim, Sunthoven, Kilcheim abgegangener Ort, Biedertan hart an der
schweizer Grenze. *) ürbarb. 8. ^4: >daz !n ouch geechriben eint Hute tmd«
guot des hoves ze Hirsungen, des amptes ze Domarkilchen unde des meüertoou»
ze Septe, die von alter pflichtig wären unde noch sint des lantsgerihtes in Elsäae.*
Habeburger Stadien IT. 529
vormegeud in Prodacteu der Viehzucht und in dem auch dort noch
leicht zu bauenden Haber. Diese Besitzungen kamen aber erst, wie
wir später sehen werden, durch die Gemahlin König Budol& an die
Habsburger.
Die beträchtlichen Einkünfte aus den Oütern im Eisgau hatten
die Habsburger nach mancherlei Verkäufen und Verpfandungen als
Vögte Ton der Abtei Murbach erhalten, wie wir später nachweisen
werden. Einen üeberblick über die Vertheilung der Einkünfte auf
die Verwaltungsbezirke gibt die Tabelle auf der nächsten Seite.
Vt^ie irrig es ist, in der zweiten Hälfte des Mittelalters nichts
anderes als eine Degeneration der Zustände, deren Höhepunkt die karo-
lingische Monarchie bildet, zu sehen, beweist am schlagendsten die
Geschichte der Steuern. Hier hat das spätere Mittelalter selbst sich
Bechtszustände gescha£Fen, welche im scl^ärfsten Gegensatz zur karo-
lingischen Monarchie den ersten Keim unserer modernen Staatsbegriffe
enthalten. Oder ist es denn nicht ein eminenter Fortschritt von der
Zeit, die das ganze Finanzwesen des Staates auf privatrechtlicher Grund-
lage aufbaut, als wäre der Staat nur ein grosser Hof, bis zu dem
Steuerrechte des dreizehnten Jahrhunderts, das für die Bedürfnisse
des Staates die Kräfte der Einzelnen in Anspruch nimmt? Man hat
sich leider allzusehr daran gewöhnt', das ausgehende Mittelalter vom
Standpunkte der vorhergehenden Jahrhunderte aus zu beleuchten und
doch wird ein einsichtiger Beurtheiler nicht verkennen, dassMelleicht
keine Zeit schöpferischer war, als die Zeit von 1250 bis 1350. Trug
das Karolingerreich durchaus das Gepräge eines einzelnen Gedankens,
der in einem klaren Kopfe entsprungen, von einem festen Willen
durchgesetzt war, so war die gesetzgebende und verwaltungsorgani-
satorische Thätigkeit nun den vielen neu aufstrebenden Mächten in
die Hand gegeben, den Fürsten, Städten und Gemeinden ; es war jetzt
das Volk, das schuf und wirkte. Die Wirksamkeit des Einzelnen
war aof ein enges Gebiet beschränkt; wenn aber dann gleichwohl die
Zielpunkte aller schöpferischen Thätigkeit dieser Zeit in der Ausbildung
der Territorialhoheit, Städtewesen, Gerichtswesen usw. für ganz Deutsch-
land nicht noch verschiedener waren, man überall ähnliche Wege
einschlug, so liegt es zu Tage\ dass die öffentliche Meinung damals
in einer Zeit, die auch nicht einmal die Anfänge einer in Laienkreisen
gelesenen politischen Literatur kannte, eine ungeahnte Macht besass.
So verschieden auch die Verhältnisse in den einzelnen Gebieten lagen,
so zeigt auch die Entwicklung des Steuerwesens für ganz Deutsch-
land ganz überraschend gleiche Momente, wenn auch eine so gleich-
artig« Ausbildung, wie sie Zeumer annimmt, nicht stattgefunden hat.
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Habsburger Studien II. 531
Vielleicht nicht ein Gebiet zeigt eine solche Mannigfaltigkeit an
verschiedenen Arten von Steuern als die habsburgischen Besitzungen
im Oberelsass, so dass man zunächst daran verzweifeln möchte, einen
Ueberblick über dieselben zu gewinnen. Man sieht deutlich überall
die Trümmer älterer Zustände in die neue Verwaltungsorganisation,
die mehr Einheit und Gleichheit in die Verhältnisse zu bringen be-
strebt ist, hineinragen; man sieht deutlich, wie das Steuerrecht, die
Art der Aufbringung auf einem Corapromiss der Herrschaft mit der
Steuergemeinde beruht, wie lei;ztere bald mehr, bald weniger der
Herrschaft in die Hand gegeben war. Ganz besonders interessirt in
diesem reichen Bilde die Herbergsteuer, welche bald neben der ge*
wohnlichen Steuer, bald allein vorkommend, ein Unicum des elsässi-
sehen Verfassungslebens zu sein scheint.
Die gewöhnliche Steuer, die stiure des ürbarbuches, war, wie
Zeamer nachgewiesen hat, hervorgegangen aus dem Rechte der Herr-
schaft bei einer jeden Nothlage (necessitas) von den Unterthanen eine
Unterstützung zu verlangen. Schon seit dem Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts wurde sie jährlich gezahlt, also war sie bereits eine
ordentliche Einnahme geworden. Doch in dem einen Punkte zeigte
sich noch immer, dass es ursprünglich eine ausserordentliche Ein-
nahme war, nämlich darin, dass ihr Betrag nicht fixirt, sondern Jahr
für Jahr neu bestimmt wurde. Anderswo, auch im Elsass^), waren
die unterthanen bestrebt, die variabele Steuer zu fixiren, um ein
Hinauftreiben der Steuersumme unmöglich zu machen. In den habs-
burgischen Besitzungen im Elsass war nirgends die Steuer fixirt, es
hatte der Vogt die aufzubringende Summe festzusetzen, wobei dann
doch derselbe auch die Interessen und Anschauungen seiner Unter-
thanen zu berücksichtigen hatte. Dass aber die habsburgischen Vögte
ihre Steuern nach der Steuerkraft der Bewohner, dem Ernteertrag usw.
bemassen, dass sie in milder, verständiger Weise die Kräfte der Steuer-
zahler schonten Y darüber kann bei den zahlreichen Mahnungen des
UrlNurbnches, dass die Bewohner nicht überlastet werden sollten, kein
Z^weifel sein. Bekanntlich hat das Crbarbuch in der Geschichte der
, Befreiung der Schweiz ** eine grosse Bolle gespielt, man glaubte die
böse habsburgische Regierung habe mit der Anlegung desselben nicht
eine Fixirung, sondern eine Erhöhung der Steuern angestrebt. Schon
verschiedentlich hatte man auf einzelne Stellen des Urbarbuches hin-
') Vgl. Ann. Colmar. SS. XVII, 208: »Cives Rubiacenses cum ceteris homi-
nihus Argentinensis episeopi deliberaverunt, quocl ei amplius non servient nisi
s\x\> certa pecuniae quantitate. *
84*
532 S c h n 1 1 e.
gewiesen, in denen dem Interesse der Besteaerten das Wort geredet
wird, seit der Untersuchung Schweizers steht bezüglich der von den
schweizerischen Freien zu zahlenden Vogtsteuem fest, dass unter
Albrecht eine Erhöhung derselben nicht stattgefunden hat. Eben-
sowenig ist den unfreien ünterthanen gegenüber eine Vermehrung
der Lasten erfolgt Das ürbarbuch enthält auf S. 39 der Pfeiffer-
schen Ausgabe ein wohl nicht vollständiges Verzeichnis der Steuer-
erträgnisse des Jahres 1303 im Elsass, deren niedrigen Stand Burk-
hard von Frikke damit motivirt: «want die liute verdürbet sint*.
Vergleicht man diese Steuererträgnisse mit den Maximal- und llini-
malanschlägen derselben, so ergibt sich, dass nur in einem Fallet) der
Maximalanschlag überschritten wurde, in sehr wenigen Fällen die
Maximalziffer überhaupt erreicht wurde — es sind das feist alles Ort-
schaften im Amt Landser, die nur Herbergsteuer, die sehr niedrig
veranschlagt zu sein scheint, zu entrichten hatten. Mindereinnahmen
unter der Minimalziffer sind hingegen sehr häufig; vereinzelt kommen
sie in den Aemtem Ensisheim und Landsburg vor, bedeutend scheint
aber die Steuerkraft des viel heimgesuchten Albrechtsthaies gelitten
zu haben; in einer grossen Zahl von Ortschaften wurde nur der Mi-
nimalertrag erreicht Oute Ergebnisse lieferten nur die elsgauiachen
Dörfer und Höfe, aber auch hier, wo die Differenzen ganz enorm sind,
liegt der Ertrag noch immer näher beim Minimum als beim MuTininin
Nach einer oberflächlichen Schätzung liegt der Steuerertrag etwa 10%
über dem Minimalanschlag. Angesichts dessen kann von einer Be-
drückung der^ Ünterthanen keine Bede sein. Aber nicht allein im
Jahre 1303 ist der Steueranschlag der Habsburger ein milder zu
nennen; dieselbe milde Praxis lässt sich auch aus der Zeit Konig
Budolfs nachweisen.
Für die inneren Verhältnisse des Elsasses ist die lehrreichste
Quelle jenes hochinteressante Tagebuch des Colmarer Dominikaner-
mönches, das eine schematisirende Wissenschaft mit dem falschen Titel
Annales Gohnarienses den gewöhnlichen Jahrbüchern an die Seite
stellt, von denen es doch tolo coelo verschieden ist'). Der Colmarer
') Eschenzweiler im Amte Landaer, wo statt der veranschlagten Steuern im
Maximum 2, im Minimum 1 Pfund Baseler Pfenninge in Wirklichkeit 5 Pfand
gezahlt wurden. *) In Beireff dieses Geschichtswerkes bin ich ganz anderer
Meinung, als man sie bislang hegte. Ich hoffe demnächst meine Ansiehten Qber
Einheit, Composition und den muthmasslichen Verfasser der Colmarer Geecbichtj»-
quellen in einem besonderen Aufsatz darlegen zu können. Schon an dieser Stelle
spreche ich dem Herrn Prof. Bussod in Innsbruck, wie meinen verehrten Lebzer
Herrn Pro£ Scheffer-Boichorst in Strassburg für die UeberlaoBung ihrer hö^wt
werthvollen Vorarbeiten meinen Dank aus.
Habsburger Studien IL 533
Mönch, derir/Tag für Tag das aufschreibt, was seinen lebhaften Oeist
interessirt, hat uns auch eine Reihe von Notizen über das Steuer-
wesen überliefert, wie sie sonst kein anderes Geschichtswerk enthält.
Er hebt da vor allem diejenigen Stellen hervor, wo eine übermässige
Belastung stattfand. Solches berichtet der Golmarer Mönch aber nur
Yon den auf Colmar gelegten Reichssteuern und von dem bischöflich
Strassburgischen Gebiet im Oberelsass^). Hätte Rudolf in gleicher
Weise seine Stammlande, die ja bis vor die Thore von Colmar reichten,
mit Steuern bedrückt, so stände gewiss davon in den Annalen Gol-
marienses eine Nachricht, denn von einem Verschweigen aus Fartei-
rücksichten kann bei dem naiven Verfasser nicht die Bede sein. Ich
glaube hier einmal ein argumentum ex silentio vorführen zu dürfen.
In älterer Zeit waren die meisten Steuerbeiträge in Naturalien
an die Herrschaft entrichtet, später waren mit dem üebergang zur Geld-
wirthschaft an Stelle der Naturalsteuern meist Geldsteuern getreten.
In den elsässischen Gebieten war 1303 noch ein sehr bedeutender Theil
der Steuern in natura zu entrichten ; wenn auch in einzelnen Aemtem,
nämlich Landser, Hirsungen-Dammerkirch-Sept und Dattenried, be-
reits nur mehr Geldsteuern vorkommen. Der Bezirk Landsburg, dessen
Orte sämmtlich den Weinbau pflegen, zahlte neben Geld- auch Steuern
in Wein ; vereinzelt kommen Weinsteuern auch in den Aemtern Ensis-
heim und Albrechtsthal vor. Entsprechend dem Schwanken des Er-
trags der Weinlese, differiren die Minimal- und Maximalanschläge ganz
enorm, dasselbe ist aber auch der Fall bei den von Weinorten be-
zogenen Geldsteuem. Der Bezirk Ensisheim, also das habsburgische
Eemland, hat noch im grössten umfange die alten Getreidesteuem
erhalten, wobei der Roggenertrag den Haberertrag bedeutend übertrifft.
Am mannigfaltigsten sind die Steuererträge im AlbrechtsthaL Hier kommt
neben Geld-, Roggen und Haber-, einer kleinen Weinsteuer auch
noch, wie das dem Charakter des Hochthals entspricht, eine Eäse-
steuer vor. Im Einzelnen sind die Verhältnisse so mannigfach, dass
nur eine genaue Tabelle der Erträgnisse der einzelnen Ortschaften
auf Grund des ürbarbuches die Einzel Verhältnisse darlegen könnte;
einen üeberblick über die Erträge der Aemter gibt die auf der
>) Die sog. Annales Basiliensee (Mon. Genn. SS. XVII, 196) berichten zu
1274 von Ueberbürdung der Unterthanen durch Biflchof Conrad von Strassburg.
Die Folge war: »Ex ditione episcopi Argentineneis plurimi ad alios dominos se
transtulerunt« ; dann wieder zu 1277 (a. a. 0. 202), 1282 (Ann. Colmar. a. a. 0.
208): »Cives Rubiacenses cum ceteris hominibus ArgentinensiB episcopi delibe-
raverunt, qnod ei amplias non servirent nisi sub certa pecuniae quantitate*, 1299
(Ann. Colm. a. a. 0. 226). Die Angaben über die Reichssteuern von Colmar noch
zahlreicher. Vgl. dazu Zeumer a. a. 0.
534 Schulte.
nächsten Seite stehende Tabelle, die auch die sofort zu erwähnende
Herbergsteuer mit enthält.
Es ist bislang wenig beachtet, dass das habsburgische ürbarbuch
deutlich und scharf Ton der ,, stiure '^ die „ herbergstiure * unterscheidet,
die nicht allein durch den Namen, sondern auch durch das Steuer-
object sofort von der gewöhnlichen Steuer sich abhebt; denn, wäh-
rend die Steuer in Geld , Roggen , Haber und Wein bestand , ist die
Herbergsteuer eine Abgabe an Haber, nur in einem Falle an Weiti.
Sie ist, ebenso wie die Steuer, eine ordentliche Last, ganz wie bei
ihr enthält das Urbarbuch in vielen Fällen einen Maximal- und Mini-
malanschlag, in den meisten heisst es allerdings: ,,herberge nach
genäden**. In fast allen Orten des Amtes Ensisheim läuft die Her-
bergsteuer neben der Steuer, im grossen Theil des Amtes Landser
erscheint die Herbergsteuer neben dem Hühnerzins als die einzige
Steuerlast, welche der Ort zu tragen hatte. In diesen beiden Aemtern
sind nur ein paar Orte von der Herbergsteuer befreit, alle anderen
Aemter kennen die Herbergsteuer überhaupt nicht
Wie der Name und das Steuerobject beweist, haben wir es mit
einem Analogon zu dem vom Reich in Italien erhobenen Fodrum,
mit einer zum Zweck der Beherbergung aufgelegten Futterleistung,
zu thun*). Aber weder ist die Herbergsteuer eine auf irgend eine
Weise in den Besitz der Habsburger gelangte Reichsteuer, noch aus
dem Grafenamt hervorgegangen. Wäre sie ersteres, so müsste sie
auch ausserhalb des Gebietes nachzuweisen sein, wäre sie letzteres,
so ist es unbegreiflich, weshalb sie nicht in allen Theilen der Graf-
schaft, vor allem nicht in dem Grafschaftsgut selber, dem Amt Hir-
suDgen-Dattenried-Sept, erhoben wurde. Sie kann deshalb nur den-
selben Ursprung haben, wie die Steuer, sie ist ebenso wie diese aus
der Territorialhoheit hervorgegangen. Sie war wohl nichts anders,
als eine Ablösung der alten willkürlichen Herbergsnutzung, welche
in den Aemtern Landser und Ensisheim, die die Strasse Basel-Strass-
burg durchschneidet, am fühlbarsten sein musste. Die Entstehung der
mannigfaltigen Eiuzelverhältnisse wird, da alle andern Quellen fehlen,
dunkel bleiben*).
*) Vgl. darüber PoHt, Ucbor das Fodnim, Strassburg, Trübner 1880. Ueber
daH Herbergsrecht im Bisthum Straseburgf wo ea als Steuer nur in Achem
(Ortenau) vorkommt, siebe Fritz a. a. 0. S. HS. <) Vgl. die Ansichten von
Küster S. 46. 47. Dass vorwiegend von Orten, die von Vogtleuten bewohnt
werden, die üerbergsteuer fehlt, würde dafür sprechen, dass die Herbergsteuer
eine Fixirung der von den Grundholden ihrem Herrn und dessen Gerichtsbeamten
zu gewährenden Herberge ist. Dann ist es aber wunderbar, dass im Amte Land-
ser viele Orto nur Herbergsteuer zahlen.
Habsburger Studien II.
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536 Schulte,
Im habsburgischen Einnahme-Etat sind Steuer and Uerbergsteuer
die wichtigsten Factoren. Fast gar nicht kommmi daneben die Ueinoi
Hühnerzinse in Betracht, welche meist zu Fastnacht, Herbst oder vn
beiden Terminen zu entrichten waren. Burkhard hat bei der Auf-
reehnung der einzelnen Aemter den Ertrag dieser Hühnerzehnten, die
andernfalls die beste Grundlage f&r eine Einwohnerstatistik bilden
würden, überhaupt nicht in Anschlag gebracht In seiner Yerrechnung,
die die drei Kategorien Steuer, Herbergsteuer und Zins und Zehnten
scharf trennt, sind auch unter den Steuern die Vogtsteaer und das
Yogtrecht mit einbegriffen, die noch einer gesonderten Betrachtang
bedürfen.
Nach den sorgfältigen Untersuchungen, welche Schweizer über
die habsburgischen Yogtsteuern in der Schweiz anstellte, ist das Yogi-
recht eine feste, gesetzte jährliche Abgabe, welche von den Freien
an den Landgrafen, von den Eigenen an die Herrschaft und Ton
Gotteshausleuten an den Inhaber der Yogtei gezahlt wurde; die Yogi-
Steuer hingegen ist eine nicht fixirte Geldleistung, welche yon den
Freien an den Landgrafen, von den Eigenen an die Herrschaft and
Yon den Gotteshausleuten an den Eastvogt gezahlt wurde. Man sieht,
dass die Yogtsteuer das Gegenstück der Grundsteuer isi In den habs-
burgischen Theilen des Elsasses treffen die Besultate Schweizers nicht
in dem Steuerobject, ohne Zweifel aber in dem gleichen Ursprung zn.
Yogtrecht wurde zunächst von den freien Leuten zu Dammerkirdi
bezahlt; aber hier ist die in klingender Münze gezahlte Steuer nicht
fixirt, sondern lieferte im Maximum einen Ertrag von 35, im Mini-
mum von 20 Pfund Baseler Pfenningen. Wenn es bei den Dorfern
Fessenheim und Blodelsheim im Amt Landser dann heisst, diese Orte
gäben .von vogtrehte ze stiure*, so ist das Wort: .vogtreht* hier
wohl in dem Sinne aufzufassen, dass die Dörfer nicht den Haba-
burgem als Eigengat gehörten, sondern als Yögten; denn die an-
gegebene ffStiure' ist die gewöhnliche Steuer. Die «stiure Yon vogi-
liuten' wird in einer grösseren Zahl von Orten des Amtes Ensisheim
entrichtet, aber auch zwischen diesen Orten und den übrigen habs-
burgischen Orten ist kein durchgreifender Unterschied. Einzelne Dörfer
mit Yogtleuten zahlen ebenso Herbergsteuer, in den meisten ist die
Abgabe keine Geld-, sondern eine Naturalabgabe. Den Ertrag der
Yogtsteuern und des Yogtrechtes, getrennt von dem der gewöhnlichen
Steuern in der Tabelle II anzugeben, ist aus diesen Gründen anmög-
lich. Da nun das habsburgische ürbarbuch stets die freien Leute
besonders hervorhebt, so dürfen wir wohl annehmen, dass sämmt-
liche Yogtleute nicht mehr vollfrei waren. Wenn nun andererseits
Habsburger Studien EL 537
sämmtliche YoUfireien mit Ausnahme derjenigen, welche selbst zur
Landeshoheit gelangt waren, von den Grafen zur Besteuerung heran-
gezogen waren, so erhalten wir das wichtige Ergebnis, dass im Ober-
Elsass zu An£ftng des vierzehnten Jahrhunderts Vollfreie sich nur in
und bei Dammerkirch erhalten hatten. Aus dem Einleitungssatze des
Urbarbuches zum Ofßtium Dattenried ersehen wir, dass die Höfe zu
Hirsungen, das Meierthum zu Sept und das eben aus den Freien be-
stehende Amt Dammerkirch zum Landgerichte Oberelsass gehörte^).
Es war also dieses das Gut, welches die Habsburger durch die Ueber-
tragung der Landgrafschaft erhielten. Wir werden später sehen, dass
erst König Budolf durch seine Gemahlin das Albrechtsthal mit Aus-
nahme vielleicht von Scherweiler den Habsburgem gewann, dass das
Amt Dattenried sie erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
als Vögte von Murbach von den Grafen von Mümpelgard erwarben;
es bleiben somit die drei Aemter Landsburg, Ensisheim und Landser
und vielleicht Scherweiler als der Grundstock des habsburgischen
Eigengutes übrig. Freilich sind auch unter diesen grosse Stücke als
Lehen, so Ensisheim, anderes als Vogtgut in den Besitz der Habs-
burger gekommen, anderes, wie Landser selbst, ist erkauft, einiges
mag auch ursprünglich Seichsgut gewesen sein*), es bleibt aber immer
ein bedeutender Besitz in diesen drei Aemtem als Eigengut übrig.
Dieses Ergebnis stimmt nun aber mit den Resultaten,
die wir aus dem Schenkungsgui von Ottmarsheim im
ersten Abschnitt gewonnen. Es bleibt kein Zweifel,
dass die Gegend um den Hartwald seit dem ersten Auf-
treten der Habsburger in ihrem Eigenbesitz bis 1648
verblieb. Erst der westfälische Friede beraubte die
Habsburger ihrer alten Heimath. Das allmählige Wachsthum
des alten Gebietes von den ältesten Zeiten bis 1303, die Politik der
^) 8. oben 8. 528 Anm. 8. >) Von den 1 808 habsburgiBcben Orten erscbeini
Baigau in einer Urkunde Rudolfe von 1288 Sept. 1. (Böhmer Acta imperii S. 360)
ab Reicbadorf und wird an Johann von Laubgassen für ein Scblachtross ' zu
Pfand gegeben. Das Urbarbuch rechnet Baigau als habsburgisch, zählt aber die
Pfondschait des Dorfes unter die Burglehen, welche zu Ensisheim abzudienen
flind. KOnig Heinrich VII. liess dann 1811 untersuchen, was im Elsass Reichs-
gut, was habsburgisch sei ; er verspricht, die Habsburger im ungestörten Besitze
dessen zu lassen: »in quornm possessione paoifica clare memorie quondam rex
Rudolfus, cum adhuc comes ezisteret, et Albertus rex Romanorum, existens dux
Austrie, ratione comitatus et hereditatis ftierint et que iidem reges et duces
Austrie, qui nunc sunt, iusto emptionis titulo possederunt. « Vgl. Urkde vom
15. Juni 1811 bei Kopp, Urkunden (m Archiv £ Kunde öeterr. Qeschichtsquellen
Bd. VI, 186.
538 Schulte.
Habsburger im Elsass in dieser Zeit wird der Gegenstand des driiieu
Abschnittes dieser Studien sein.
IIL
Die Militärverfassung.
Zum Schlüsse bleibt noch die militärische Organisation der habä-
burgischen Lande im Elsass zur Besprechung übrig. Die Entwicklung
lässt sich dort mit einer Klarheit verfolgen, wie sonst wohl nirgends»,
und zeigt durchaus ein einheitliches, planvolles Handeln, wie man es
nur allzu gern mittelalterlichen Herrschern abspricht; es ist auch hier
wieder das Verwaltungstalent Budolfs und Albrechts, welches sich in
einem glänzenden Lichte zeigt Die Beichsburgen-Ver&ssung hat den
Habsburgern das Vorbild gegeben, wie die Organisation in den elsas-
sischen Landen der Habsburger wiederum von den benachbarten Herren
nachgeahmt wurde.
Wie im Elsass die verfassungsrechtliche Entwicklung auf dem
Gebiete des Gerichtswesens wohl die fortgeschrittenste war in allen
deutschen Gebieten, so zeigt sich auch seit dem Beginne des drei-
zehnten Jahrhunderts hier ein Verfall der Ministerialität und der auf
ihr und auf dem Lehenswesen beruhenden Heeresorganisation, die in
den östlichen Gebieten noch bis an das Ende des Jahrhunderts die
alte Kraft sich bewahrte. Die rechtlichen Unterschiede zwischen Mi-
nisterialen und Lehnsleuten und dem heranwachsenden Stadtadel Ter-
wischen sich immer mehr; alle drei Stände gehen immer mehr in
eins über. Hatten die Ministerialen ursprünglich nur ihrem Herren
Dienste geleistet, so wurde die Stellung vieler derselben schon da-
durch freier, dass bei den zahlreichen Erbschaftsstreitigkeiten die
Ministerialen am Ende diejenigen waren , welche die Entscheidung in
der Hand hatten^).
Durch die immer zahlreicher werdenden Vergabungen von Lehen
an Ministerialen kamen diese immer mehr den freien Lehnsleuten
näher. Diese Freien trugen nun aber häufig genug Lehen von Ter-
schiedenen Herren, damit war von selbst die Lockerung der Dienst-
verhältnisse gegeben^). Wie wenig in der Ministerialität der alte
') Ich erinnere an den grossen Streit um die Dagsburgiscbe Erbecball, die
Auflösung der staufischeu Ministerialität usw. ') Ein drastisches Bild der Vet-
rottung der Lehenverhältnisse in etwas späterer Zeit gibt das Lehnsbuch Biacbot
Bertholds (bez. Johannes) von ötrassburg. Unt«r den Lehen der Habsburger fehlt
daa wirkliche Lehen Ensishoim, dafiir figurirt aber Kyburg, Wintertur, F^V*n
kurz allen das, was Graf Hartmann von Kyburg der ältere am 25. April 124|
Habsburger Studien II. 539
Geist straffer Disciplin noch geltend war, sehen wir aus dem Verlauf
des grossen Kampfes zwischen der Stadt Strassburg und dem Bischof
Walther von Geroldseck von 1262 ff., wo zum ersten Male in einer
Fehde die Machtmittel beider Kämpfer sich genau übersehen lassen^).
Zwar versagte auch damals noch nicht die grosse Masse der Ministe-
rialität ihre Dienste, ein Theil derselben brach aber in offener Felonie
sein Verhältnis zum Bischof. Die wesentlichste Umänderung in der
rechtlichen Stellung der milites liegt aber in dem Aufkommen der
Soldritter. Es scheint mir, als seien die städtischen Geschlechter hier
voraufgegangen. Schon zu Friedrich IL Zeiten haben Strassburgische
Geschlechtsgenossen für ihre Kriegsdienste grosse Belohnngen em-
pfangen; wir dürfen annehmen, dass sie gerade so wie ihre Nach-
kommen es so häufig thaten, Sold vertrage geschlossen hatten^). Die
Ministerialität war so gegenüber den Soldrittem und den Lehnsleuten
arg geschädigt — diese hatten den Genuss von grossen Lehen —
und nahmen doch nur — wie das sich erweisen lässt — sehr selten
am Kampfe Theil. Der Soldritter verkaufte sich und seine Kraft
gegen einen festen Sold mit der Aussicht auf nachträgliche Belohnung.
Der Ministeriale hatte sein karges Gut und musste dazu den grössten
Theil der Kriegslasten selbst tragen. Wollte der Herr seinen Mi-
nisterialenstand sich aufs Neue zu unwandelbarer Treue verbinden, so
musste ein neues Band geschaffen werden, das alte genügte nicht
mehr.
(am besten Archiv f. Schweiz. Geschichte V, 296) der Kirche von Strassburg ge-
schenkt hatte. Rudolf von Habsburg war aber doch in den unbestrittenen Be-
sitz all der Güter gekommen^ ohne die Ansprüche des Strassburger Bisthums
anzuerkennen (cf. Wiegand Bellum Waltherianum S. 47. 62. 65. 78). Dass Rudolf
oder einer seiner Erben je sich habe belehnen lassen, ist natürlich nicht anzu-
nehmen. Ein Verzeichnis all der Lehnsmänner aber, welche gegen das Bisthum
kämpften, ohne die Lehen zu verlieren, würde wohl am besten zeigen, was die
militärische Bedeutung des Lehnswesens noch auf sich hatte.
') Vgl Wilhelm Wiegand: Bellum Waltherianum. Die Namen der ein-
zelnen Ritter auf des Bischöfe Seite folgen aus den Urfehdeurkunden im Strass-
burger Urkundenbuch Band I; vgl. im Uebrigen das Bellum Waltherianum M.
G. SS. XVII. Nach der Schlacht bei Hausbergen am 10. November 1268 schliessen
dann 8 Ministerialen und die Stadt gegen die Geroldsecker ein directes Bünd-
nis. Strassb. Üb. I. 408. *) Strassburger Urkundenbuch I, 280 Urkde. König
Heinrich (Raspe) für Sigelin Bilde und Gosselin (SchaubV) von 1246 August 18.
Vgl. daselbst S. 281 für Heinrich Marsilius 1246 November 1 usw. Die Zahl der
SoldvertrSge nimmt dann rapid zu. In welchem Umfang das Söldnerritterthum
einriss, zeigt die höchst interessante Soldquittung von 78 strassburgischen und
elsässischen Rittern und Edelknechten, die der Stadt Metz gedient hatten.
Straaab. Urkdenbuch 111, 354 von 1827 September 24.
540 Schulte.
Wie war aber andererseits das Land durch die alte Ministerialitat
geschützt? Es gibt kaum eine für die Art der Eriegf&hnmg lehr-
reichere Darstellung als das Bellum Waltherianum, das den oben be-
rührten ünabhängigkeitskampf Strassburgs aufs Anschaulichste dar-
stellt. Die alte Organisation war nach einem ersten Schlage zur
Offensive und Defensive gleich unfähig. Bischof Walther, ein Bitters-
mann Yon alter Erafb, konnte nicht ohne Aussicht auf Sieg den
Städtern im offenen Kampfe entgegentreten. Die eine Niederlage
bei Hausbergen genügte aber völlig, um seine ganze Macht zu knicken^).
Die Ministerialität, auf ihren Burgen vertheilt, hätte an die Städter,
die hinter den Mauern ihrer Stadt immer eine sichere Zufludit hatten,
eine Burg nach der andern verloren. In dem Aufkommen der klei-
neren Städte liegt hier der Wendepunkt. Hinter die Mauern dieser
Grossburgen, wie man sie nennen könnte, flüchtete sich der Land-
mann, wie der Bitter. Gelang es einem Herrn, seine Stadt zu be-
haupten, so war es ihm ein Leichtes, den verlorenen Landbenrk
wieder zu gewinnen. Seit den Tagen Friedrichs IL, wo dessen genialer
Landvogt Wölflin in der Gründung von Städten das beste Mittel zur
Erhaltung der kaiserlichen Macht gesehen hatte, treten die kleinen
und mittleren Städte als Factoren in die Kriegsgeschichte ein. So
eifrig Wölflin in der Städtegründung gewesen war, so besassen die
Habsburger im Elsass, von den kleinen Wattweiler und Landser und
dem entlegenen Dattenried (Delle) abgesehen'), nur eine einzige Stadt:
Ensisheim. Sie wurde durch Budolf in den militärischen Mittelpunkt
des Gebietes umgeschaffen, als er durch Einführung der Burglehen
eine Begenerirung der Ministerialität vollzog.
Das Burglehen (feodum castrense)') verpflichtete den Inhaber in
') Der Mittelpunkt, von dem aus alle Operationen gegen die Stadt geleitet
wurden, war das am Fuse der Vogesen liegende Dachstein, das sp&ter in der
Burglehensorganisation wieder hervortritt. Dachstein war vortrefflich gewfthlt
Seine Lage am Austritt der Breusch aus den Vogesen beherrscht nicht allein
den Eingang dieses Thaies und damit eine wichtige Strasse Aber die Vogesen,
sondern auch die Passage über die Breusch zwischen Strassburg und dem Ge>
birge. Diese Bedeutung lässt den Namen des DOrfleins Dachstein bis in die
modernste Zeit (1870) bei allen Kämpfen im Elsass wieder hervortreten« F5t dea
Strassburger Bischof war Dachstein doppelt wichtig, da sich dorthin am lekh>
testen, als dem Mittelpunkte, die gesammten Erfifte der bischöflichen BeeitKimgea.
deren wichtigste Bestandtheile hier sich am meisten einander nfihem, zosammeB
ziehen Hessen. ') Habsb. Urbarb. S. 9: »Diu stat ze Watwtlr*. Es salilie an
Herbergsteuer nur 8 Fuder Wein. Landser S. 19. Delle (Dattenriet) im Elsgac
S. 27. In Oberschwaben ist die Stfidtegründung zum Zweck der militftii«chea
Sicherung des Gebietes fast in jedem Falle nachzuweisen. ') Die gewöhnliche
Bezeichnung ist Burglehen, »feodum castrense*, mit dem Zosatce, wo dasselbe
Habsburger Studien II. 541
Eriegszeiten, vielleicht auch in Friedenszeiten, sich in der Stadt oder
Burg au£suhalten, auf die sein Lehen ging. Sein Lehen hestand nun
aber nicht in der üeberweisung von Gut, das dann in die Verwaltung
des Lehnsmannes gekommen wäre, sondern in der üeherweisung eines
flir fiEist alle Fälle gleichen Antheils an der Steuer. War auch eine
Steuer yon einem genau angegebenen Dorfe oder Stadt als pfand-
pflichtig angegeben, so erfolgte gleichwohl die Auszahlung durch den
herrschaftlichen Vogt War der Soldritter nur f&r die einzelne Fehde
in Miethe genommen, so wurde dieses Verhältnis auf die Friedenszeit
ausgedehnt; war jener f&r den Offensivkampf eben so brauchbar, wie
f&r die Defensive, so war das planmässig eingeführte Institut der
Burglehen eine Defensivmassr^el. In manchen Fällen mag aber doch
gleichwohl der Burglehensmann seinem Herrn zu einem Kampfe
ausserhalb des Gebietes gefolgt sein^).
Die Errichtung der Burglehen ist keineswegs ein origineller Ge-
danke fiudolfs gewesen, er griff vielmehr damit auf eine der wich-
tigsten Organisationen der Staufer zurück. Die älteren Staufer schufen
die Kette der Beichsburgen, die meist in der Nähe eines wichtigen
Marktes gelegen, über das lange Bheinthal in dichter Stationenfolge
und weniger zahlreich über das übrige Beich sich vertheilten. Beichs-
burgen und Beichsministerialen waren bis auf Philipp die beste Waffe,
welche das Beich seinen Königen gab, seitdem beginnt ein langsamer
aber sicherer Verfall, bis unter Bichard die Stellung der Beichsburgen
und der zu ihnen gehörigen Städte bereits eine so freie geworden
war, dass sie von da ab mehrfach den Mittelpunkt der Opposition
gegen die Beichsregierung bilden. Es ist nicht meine Aufgabe, hier
den Entwicklungsgang der Beichsburgenverfassung zu zeichnen. Der
geniale Blick, der Nitzsch eigen war, zeigte ihm zuerst die hohe Be-
den tong dieser Organisationen und wie schon in « Ministerialität und
Bür^^erthum'^, so ist in seiner .Geschichte des deutschen Volkes' die
Bahn für die Forschung gewiesen, wenn auch einzelne Aufstellungen
abzudienen, z. ß. »deserviendum in cimiterio ville Kestenboltz*, Strasab. LehnB-
bnch ; daneben kommt der Ausdruck : seczlehen, feodum manBionis in demselben
LebnBbiicb vor, der wohl dasselbe bedeutet; es bildet den Gegensatz zu »reit-
lehen *, das auch in Straasburger Urkunden vorkommt.
<) Kflster, Das Reichsgut in den Jahren 127S— ISIS S. 89 bezieht die Burg-
lehnsvenctr&ge unter die Pfandschallen ein, wodurch der Charakter des bistitnts
ganx und gar schief dargestellt ist. Nach seiner Berechnung sind von allen
pfoudschaftsverträgen IS pCt. Burglehensyerträge , davon waren 72 pCt. auf
Reicb0g:üter, 22 pCt. auf Juden und 6 pCt. auf Städtesteuem angewiesen. Bei
den PfiEuidverträgen insgesammt waren aufe Reichsgut angewiesen 57 pCt
542 Schulte.
Nitzsch's nicht stichhaltig sind. Auch nach Frey's dankenswerther
Zosammenstellung^) der Angaben bleibt es eine lohnende Aufgabe,
die Organisation der Beichsburgen und der mit ihnen zunimmen-
hängenden Städte zu untersuchen; wenn auf dem ganzen Gebiete der
Städtegeschichte eine generalisirende Arbeit am Platze ist, so ist es
die Yerfassungsgeschichte dieser Beichsburgstädte^).
Während aber in der älteren Zeit die Reichsburgen die Zu-
sammenfassung der Keichsministerialen einer Gegend darstellen, so
war das bei der Schöpfung Kudolfs nicht mehr der Fall. Leider sind
wir nicht mehr in der Lage, die althabsburgischen Ministerialen-
geschlechter von den übrigen Familien abtrennen zu können; wir wissen
aber mit Sicherheit, dass die meisten der habsburgischen Borgmanuen
nicht habsburgische Ministerialen waren ^). Budolf wollte nicht allein
seine Ministerialen aufs Neue an sich fesseln, er wollte zugleich den
übrigen kleinen Adel seinem Hause gewinnen. Fussten die alten
Beichsburgen auf dem Boden der Beichsministerialität, so sollte die
Organisation Budolfs die absterbende Ministerialität ersetzen.
Von jenen alten Beichsburgstädten waren nur wenige im Ehass
gelegen; die ausgebildetste und wichtigste, Hagenau, hatte seit den
Tagen Bichards nahezu Selbständigkeit erlangt Ehenheim war nur
ein unbedeutender Ort und Eaisersberg, das einst für 40 milites un-
gerichtet war, spielt jetzt keine Bolle mehr^). Ob die andern Tom
Schultheiss WölfBin ummauerten Orte den Beichsburgstädten beizu-
zählen sind, muds sich aus ihrer Verfasaungsgeschichte ergeben. Aach
hier versuchte Budolf eine Begenerirung: wenigstens ist uns eine
Beichsburglehns Vergabung urkundlich bekannt; sie betrifft Ehenheim H
Die Zahl dieser Vergabungen wird aber bedeutend grösser gewesen sein^
da die Aufbewahrung dieser Art Urkunden eine sehr sorglose war,
nur wenige solcher Lehensverträge uns erhalten sind. Ob aber Badolfs
Versuch eiu glücklicher war, seheint mir sehr fraglich. Bald kam
dann die Zeit, wo die Beichsburglehen dahingegeben wurden, nicht
um der Beichsburg einen tapferen Streiter zu verschaffen, sondern um
*) Frey, Die Schicksale des königlichen Gutes in Deutschland unter den
letzten Staufern 8. 285—295. , Reichsburgen luid Burggrafen. * ') Wie drini^eDd
eine solche Untersuchung nothwendig ist, ersieht man daraus, dass selbai Zeumer
a. a. O. die Burglehnsverträge falsch auffasst. ^) Daa folgt aus dein Lehns-
männer Verzeichnis im ürbarbuch. *) Nach Urkunde Heinrich VIL von lüT
Mai 1, Scböpflin Als. dipl. I, S54. ») Urkde. 13. Mär» 1280 bei Schöpflüa AU,
dipl. ir, 19. Wie viele Reichsburglehen in der Zeit von 1 27 S— ISIS tmaerer
Kenntnis nach noch ausgegeben wurden, ersieht man aus der Tabelle bei K&ster
a. a. 0. S. 24 ff.
Habsburger Studien II. 543
Jemanden für geleistete Dienste za belohnen oder gar um einen Geg-
ner zu gewinnen; und damit war das Ende der gläuzenden staufi-
schen Schöpfung begründet.
Schauen wir nun, wie Budolf in seinen Stammlanden die Burg-
lehnsverfassung gestaltete!
Der Abschnitt „diu ander rehtunge ze Ensichsheim' des habs-
burgischen ürbarbuches gibt einen vortrefflichen Einblick in das In-
stitut der Burglehen*). Zunächst enthält es ein Verzeichnis der
«bargman, die ze Einsichshein horent*, es sind 16 einzelne Personen
und 6 Familien (die von Hadstat, die von Rotoltzstorf usw.). Zur
Landsburg gehorten 7 Burgmänner und „hern Buostnnges süne von
Morswilr*; zu Ortenberg und Bilstein war je ein Burgmann. An
dieses Verzeichnis schliesst sich ein Becrister der: «guot, diu den vor-
gnanten burgmannen gegeben unde versetzet sint zuo ir burglehen",
welches aber auch die verpfändeten Güter und Steuern enthält. Da
nun dieses Verzeichnis zu jedem Posten das Alter des bestehenden
Verhältnisses angibt (z. B. „es sint wol üffen 12 iär gestanden ze
burglehen . . .), so ist es möglich, eine chronologische Tabelle über
die Burglehen aufzustellen, welche auf das allerklarste zeigt, dass die
Errichtung der Burglehen die Absicht hatte, den Ministerialenstand
wieder enger mit dem Hause Habsburg zu verbinden ; denn die Ueber-
tragung von Burglehen erfolgte jedes Mal in einem Augenblick, wo
Konig Budolf oder Herzog Albrecht die Kräfte ihrer Dienstmannen
aufs dringendste bedurften. Die ältesten Burglehen wurden sofort
nach der Wahl Budolfs zum König von diesem eingeführt (es sind
2 zu Ensisheim), 1285 zur Zeit des Kampfes gegen Colmar und den
Städtebund, der den falschen Friedrich vorgeschoben hatte, kam ein
weiteres hinzu (zu Ensisheim); 1287, wo Bapoltstein belagert wurde,
wurden in Ensisheim drei weitere eingerichtet, jetzt auch das erste
für Landsburg ausgegeben^). Die umfassendste Austheilung von Burg-
lehen erfolgte aber 1291, wohl schon nach Budolfs Tod durch Albrecht,
wo zu Ensisheim 5, zu Landsburg ebenso viele Burglehen eingerichtet
wurden; 1293 folgten dann noch 2 für Ensisheim. Die Zeit der Er-
richtung von 4 Ensisheimer, von denen 1 früher Pfand gewesen war,
dem Ortenberger und dem Bilsteiner Burglehen ist nicht angegeben.
2 Burgmänner zu Landsburg hatten von der Herrschaft 50 Mark
0 Habsb. Urbarb. S. 30— S9. «) Als in diesem Jahre Rudolf die Rapolt-
ateiner nicht unmittelbar bezwingen konnte, lies» er im benachbarten Gemar ein
»castrum ligneum* »ad obsidendum castrum Kapolczstein* bauen. £& ist das
lür die Kriegsführung der Zeit recht charakteristisch.
544 S c h n 1 1 e.
Silber emp&iigeii, sie sollten daf&r you ihrem Eigeugat der Hor-
schaft einen entsprechenden Theil aufgeben, aber es war bis ISOS
das noch nicht geschehen^).
Das Hauptgewicht legten die Habsburger also auf die YerChei-
digung ihres aBegierongssitses' Ensisheim, der einzigen bedeutenden
Stadt ihres Gebietes. Die Feste Hochlandsbuig war wegen der Nahe
Ton Colmar besonders wichtig'); wenig Werth scheint man auf Orten-
berg und Bilstein gelegt zu haben.
In älterer Zeit war das zu Burglehen gegebene Gut Yon Ter-
schiedenem Werthe, die Ablösungssumme schwankt zwischen 100 und
30 Mark Silber, die järlichen Einkaufte flössen ebensowohl aus herr-
schaftlichem Gute, aus unfizirten Gelde und Naturabteuem, die 1291
und 1293 ausgegebenen Burglehen sind aber an Werth ganz gleidi,
die Ablösungssumme ist 50 Mark Silber, der Ertrag ist ein fester,
besteht nur ein einziges Mal in einem festen Geldsteuerbezug, sonst
stets — ohne jede Ausnahme — in einem festen Antheil an der
Steuer, nämlich 25 Viertel Boggen «und 25 Viertel Haber. Die An-
gab^ der Ablösungssumme, welche, wie der Vergleich mit dem Pfiuid-
gut lehrt, dem Capital des jeweiligen Burglehensvertrags entspricht,
zeigt eine gewisse Aehnlichkeit des Instituts des Burglehens mit der
PfandschafL Aber während bei der Pfandsohaft f&r wirklich dar-
geliehenes Geld die Ablösungssumme gezahlt wird, entspricht hier die
Ablösungssumme dem Capital der f&r die jährliche DiensÜeistung ge-
gebenen Beute. Die Ablösungssumme ftir die einzelnen Boiglehen
betrug, ein paar unwichtige Posten, wo die Ablösungssumme nicht
angegeben ist, abgerechnet, ftir: Ensisheim 930 Marie Silber, Lands-
burg 410 Mark SUber, Ortenberg 30 Mark Silber, Bilstein 30 Mark
Silber, im Ganzen also 1400 Mark Silber. Es war dann weiter ge-
schenkt zur Schwertsteuer ^) eine.Bente, ablösbar mit 10 Mark Silber,
^) S. 86. Es handelt sich um Ruofitunges Söhne von Morswtlr und Walther
von Keisersperg. Nun ist aber ein Burglehnsbrief des Sohnes Königs Rudolf»,
des Herzog Rudolf, vom 26. Sept. 1289 erhalten, worin dieser an Walther und
seinen Bruder Eonrad als Burglehen zu Landsburg die Güter in »Obemhering*
heim« f&r 90 Mark Silber ablösbar, gibt (Schöpflin Als. dipl. II, 42). In Ober-
hergheim verzeichnet aber das Urbarbuch von 1308 (S. 11) nur Steaem, in
Pfand- und Burglehensregister begegnet der Name auch nicht. £b bleibt also
eine Lücke. *) Die Untersuchung der erhaltenen Ruinen bei Kraus, Kunst usJ
Alterthum in Elsass-Lothringen II, S. 167 geht leider von ganz falschen Voranc-
Setzungen aus. Es ist der ursprüngliche Bau, auf dem später Lasama tob
Schwendi sass, noch erhalten. ') Urb. S. 86: »In (den von R&tolfitorf) UU
ouch der künig gegeben ze awertstiure 10 vierteil roggen an der aelbe etiare
für 10 marc silbers.«
} 4
Habsburger Studien 11. g4{>
80 dass das f&r militärische Zwecke in Schuld gegebene Capital
1410 Mark Sflber betrug.
Interessant ist ein Vergleich mit dem zu P&nd gegebenen Gute,,
dessen Ablösungssumme 804 Mark. Silber betrug. Als Lehen waren
weiter Einkünfte Teageben, die ablösbar mit 120 Mark Silber waren,
so dass sich die gesammte Verschuldung der habsburgischen Steuern
und Güter im Elsass auf 2334 Mark Silber belauft.
Ganz ähnlich, wie in den habsburgischen Landen, war im be-
nachbarten Bisthum Strassburg zur Zeit des Bischofs Johann von
Dirbheim (1306 — 1328) die Burglehensverfassung eingeführt, nur war
hier die Vertheidigung nicht auf wenige Städte beschränkt, son-
dern vielmehr eine Reihe von Burgen und Dörfern, ja befestigte
Friedhöfe waren hier die Festungen^). Die Angaben im Lehnsbuch
Bischof Bertholds stimmen nicht so überein, wie im habsburgischen
ürbarbueh. Das Verzeichnis der homines castrenses und der feoda
castrensia auf fol. 184 hat die meisten Namen unter dem Dorfe Dach-
stein (Dabichenstein), wo 20 Burgmänner sich aufzuhalten hatten.
Dachstein war schon im Bellum Waltherianum Mittelpunkt der bischöf-
lichen Macht gewesen. Nächst ihm kommt ZeUenberg mit 8 Burg-
männem, wo die Einrichtung erst durch Bischof Berthold von Bucheck
getroffen zu sein scheint*). Das wichtige Breuschthal beherrschten
die Burgen Girbaden mit ^ 7 und Singelstein mit 3 Burgmannen.
Girbfiden war erst seit 1226 an das Bisthum gekommen*), aber schon
1240 ist hier ein Burglehen nachzuweisen^); im Städtchen Markols-
hdm nö. Yon Golmar hatte die Strassburger Kirche einen Burgmann.
Zählt man aber die in dem Lehnsverzeichnisse angegebenen Burg-
lehen zusammen^ so ergibt sich, dass noch eine grosse Zahl anderer
Ortschaften in dieser Weise zur Vertheidigung eingerichtet waren.
Im Oberelsass kommt hinzu die Stadt Bufftch, im südlichen Nieder-
elsass der befestigte Friedhof von Eestenholz (2), die Städte Bheinau (1)
und Benfeld (3), die Burg Bernstein (1), im nördlichen Theüe die Burg
Bare bei Zabem (1), das Dorf Hittenheim (1), jenseits des Rheines
das Städtchen Seuchen (2), die Burgen Ulemburg (4) und Hohen-
roden (1). Auch die Herren von Bapoltstein, wie die Bischöfe von
') Auflserdem ummauerte Johann noch eine Reihe von anderen Ortschaften,
die nicht zu Burglehensorten eingerichtet wurden. Vgl. Notae hist, Argenti-
nensiB Böhmer Fontes III, 118 und Eönigshofen, Städtechroniken IX, 667. *) Vgl.
SchlSpflin, Als. ill. II, 115. *) Vgl. die Urkunde Böhmer: Acta imperiinr. 819.
Auch Bingelstem stammte aus der Dachshurgischen Erbschaft. ^) Vgl. die
Urkunde Ab. dipL I nr. 489. Es ist ein »sezlehen*, »in Castro nostro de Gyr-
baden tenentur personaliter residere.«
MittiMUoiifeii YU. 85 ^
546 Schulte.
Basel, hatten in gleicher Weise ihre Ministerialen an sich gefesselt^).
Ganz genaue Angaben besitzen wir über die BurglehnsTerfiswsnng im
Territorium des Bisthums Speier*).
IV.
Der finanzielle Ertrag und die Lasten der
Besitzungen.
Nach diesem ümblick auf die Militarorganisation einiger den
Habsburgem benachbarter Staatswesen kehre ich zu den habsburgi-
sehen Besitzungen zurück. Es wurde oben gezeigt, dass bei Con*
stituirung der Burglehen von der Herrschaft am liebsten Natural-
steuern hingegeben wurden, man die Geldsteuem zu sdionen suchte.
Bei den Ffandschaftsyerträgen ist nicht die gleiche Beobachtung zu
machen. Aus den chronologischen Angaben des P&nd- und Burg*
lehensregisters im ürbarbuch folgt, dass die älteste 1803 noch be-
stehende PfiAndschaft in das Jahr 1243 zurückgeht Alle datirten
PfandschaftsTertrage vertheilen sich dann fast gleichmässig auf die
folgenden Jahrzehnte bis 1301, niemals ist in einem Jahre eine
übergrosse Verpfandung erfolgt Aber bei diesen Pfandschaflen wurde
in yiel st&rkerem Masse der Domänenbesitz in Anspruch genommen,
als bei den Burglehen.
Schon Burkhard hat sich bemüht, den Beinertrag der habs-
burgischen Besitzungen im Elsass zu berechnen. Er stellt im ürbar^
genau die wirkliche Einnahme aus den Zinsen und Zehnten (den
priYatrechtlichen Bodenabgaben), das davon Verpfändete und zu Burg-
lehen Gegebene zusammen und vergleicht schliesslich Einnahme und
Ausgabe mit einander, um so das zur freien Disposition der Herren
4stehende Erträgnis zu erhalten. Die auf der nächsten Seite stehende
Tabelle III gibt diese Berechnung wieder, an zwei Stellen, wo die
Burkhard*8che Rechnung nicht stimmt, ist in eckigen Klammem die
richtig berechnete Summe eingesetzt
Die Tabelle lehrt, dass im zum Bisthum Basel gehörigen Theile
(Oberelsass) eine bedeutende üeberschuldung der Geldzins zahlenden
Güter eingetreten war. Ebenso reichten die Einkünfte an Boggen
nicht entfernt, um die schuldigen Leistungen entrichten zu können.
Hier musste also auf der Landvogtei aus dem durch die Steuer ein-
') Vgl. den Baseler Burglehnsvertrag von 1S07 bei Kopp im Archiv für
Kunde Österr. Geflchichtsquellen VI, 176, wo die rechtliche Natur des Vertrags
genau angegeben ist. *) Vgl. oben S. 516 Anm. 1. *) S. 87.
Habsburger Stadien II.
547
Tafel in.
Vergleioli swlaoheoa Brlrag an Ziu und Zelmten nnd dem davon
Veipf&ndeten nnd m liehen Oegebenen«
m
Ertrag an
Zins und
Zehent
Verpfändet
oder
SU Lehen
gegebeoa
Bleibt Ertrag
zu Gunsten
zu Lasten tt
der Heiivohaft ||
Silber : Baseler ....
M. ff ß /1&
12 53 14 —
ff ß ^
12- 80 10 —
ff ß
ff ß
26 16
Strassburger
Steininger . .
— 21 18 8
— 56 14 —
Viert Sester
- 12 6 8
Viert Best.
9 7
56 14
V.
V. s.
Korn: Roggen . . .
Mühlkom . .
607 «
278 —
985 4
20 —
258
481 2 [428-2]
Weizen . . .
52 —
— —.
62
Gerste ....
222 —
216 8
sy.
Haber ....
509 4
471 4
88
Dinkel ....
125 —
Fuder Saum
40 —
Fuder Ohm
80 [85]
Fuder Ohm
Wein: Fuder ....
Sonstige Naturalien:
Schweine . .
11 y.
4
8 8%
8 wenig. 2
4
L&mmer . . .
81
8
28
Hühner . . .
• 190
21
169
Gans
1
—
1
PfeflFer ff . . .
17%
12«/,
5
Wachs S . .
2
2
—
KAse
86
86
—
In den eckigen S
lammem ist
hinter der &
' II
Lsch berechneten Zahl die 1
richtige angegeben; de'
r Ursprung der Fehler bleibt ungewiss, 1
kommenden Roggen das Fehlende ergänzt werden. Es ist dadurch
erwiesen, dass die Centralverwaltong in Ensisheim die jährlichen Ein-
nahmen und Ausgaben regeln musste, dass da also nicht eine so rohe
Verwaltungsmethode, wie sie Zeumer bei der Beichsfinansverwaltung
annimmt, bestanden haben kann. Fast ganz nnyerpfandet und un-
belehnt waren die im Rlsgau belegenen Güter. Im Qrossen und
Ganzen war aber das Zinsgut sehr hoch verschuldet
Noch lehrreicher ist der schon yon Burkhard yon Fricke an-
gestellte Vergleich der Erträgnisse der Steuer nnd der Herbergsteuer
«6*
548 Schulte..
und des davon Verpfändeten und zu Lehen Gegebenen. Da die Steuern
nicht fixirt waren, so ist ein Vergleich der Maximal- und Mininud-
ertragnisse nöfhig. Auch hier zeigt sich, dass die Ertragnisse aoB
den elsgauischen Bestandtheilen ganz unbelastet waren; am inten-
sivsten war die Verschuldung bei den Oeldsteuem des Albrechtsthaies
(wo nach Strassburger Gewicht gerechnet wurde). Im Allgemeinen
ist aber die Verschuldung der Steuerträgnisse viel geringer, als bei
den Zinserträgnissen, wie die nebenstehende Tabelle zeigt
Da der Steuerertrag Jahr f&r Jahr varürte, so ist es nicht mög-
lich, mit Sicherheit den Reinertrag der Einkünfte aus Steuer und
Zinsen, also die Gesammtsumme der Einkünfte der Habsburger im
Elsiass zu berechnen. Legt man den Minimalertrag der Steuern zu
Grunde, so ergibt sich als Beinertrag:
Geld; U Baseler Pfenning 296—19 [344—19].
. Strassburger , 154 — 7.
, Stefninger , 171—14.
Getreide: Boggen Viertel: 432—4 [495.4].
Haber . 878 Va [9287,].
Mühlkom , 258.
Weizen . 52.
Gerste , 5y^.
Dinkel . 80 [85].
Wein: Fuder 31 weniger 2 Olun.
And. Naturalien: Schweine 4.
Lämmer 28.
Hühner 169.
Gans 1.
a: Pfeffer 5.
Käse 248.
Es ist ein Bild, das deutlich zeigt, wie tief die Verwaltung noch
in der Naturalwirthschaft stack.
Eine interessante Vergleichung der Einkünfte der wichtigsten
deutschen Länder bietet der für das Finanzwesen überhaupt sehr
interessirte Colmarer Annalist in seiner descriptio Theutoniae. Die
Einkünfte von Trier schlägt er auf 8000, Mainz 7000, K5hi 50,000
Mark an ; die Herzoge von Bayern taxirt er auf 20,000 Mark, Bran*
denburg auf 50,000, Böhmen endlich auf 100^000 Maik^). Bs wäre
*) M. 6. 88. XVII, 288; ausserdem berechnet er die Einkünfte des Henogs
von Sachsen auf 200 Mark, Riga 1000, Magdeburg 4000, Bremen &000 und Sali-
Habpburger Studien II.
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nun sehr interessant, danach die habsbargiscben Hacktmittel zu be-
rechnen. Allein eine solche Umrechnung yon Einkünften aus Natu-
ralien und verschiedenen Geldsorten hat ihre Schwierigkeiten.
Da es ja nicht auf absolute Genauigkeit ankommt, so kann ich
es wagen, auf Grund der Studien und Berechnungen Hanauers ^) den
Ertrag der habsburgischen Besitzungen in Mark Silber umzurechnen,
um den Vergleich mit den Angaben des Golmarer Dominikaners mög-
lichst weit zu f&hren. Ich lege den ebenbereohneten Gesammtertrag
und zwar den richtig berechneten in Klammem gegebenen, der sich
zusammensetzt aus Minimalertrag der Steuern und dem Ertrag des
Eigengates, bei dieser Minimalberechnung zu Grunde, unbeachtet
blieben die Einnahmen aus lebendem Vieh, sowie die Einnahme an
FfefTer und Käse, da hier eine Schätzung noch mehr der Momente
der Ünwahrscheinliohkeit enthalten würde.
Die Getreidepreise musste ich nach Strassburger Währung um-
rechnen, da die Tabellen bei Hanauer ftlr den Strassburger Markt am
weitesten zurückreichen >); von 1311 — 1319 berechnet sich der Durch-
schnittspreis für die Yiemzahl Roggen auf 99,7 Strassburger /^ Beim
Hafer fehlen so langdauemde Perioden in alter Zeit; 1315, wo der
Boggen zu 120 stend, stand der Hafer 36, wir dürfen also rot 30 ^
die Yiemzahl ansetzen. Weizen und Mühlkom wurde mit Büeksicht
auf die Verhältnisse des Baseler Marktes im 16. Jahrhundert*) dem
^ggon gleich, also etwas zu niedrig, auf 100 gesetzt Für Gerste
liess sich aus Angaben für 6 Jahre 1311 — 1319^) der Preis auf
50f6 /^ Strassburger berechnen; für Dinkel sind wiederum die etwas
zu niedrigen Boggenpreise mit 100 /^ angesetzt Beim Wein, dem
schww schätzbarsten Object, ist das Fuder gewiss nicht zu hoch auf
80 ß angeschlagen^).
unter diesen Voraussetzungen berechnet sich der Minimal-Ge-
sammtertrag nach Abzug des Verpfändeten wie folgt:
Baar:. Baseler tf 344,95.
Strassburger , 154,3.
Stefiainger , 171,70.
buTg endlich 20,000 Mark Silber. Die Ziffern sind gewiss nicht genau ; sie geben
uns aber ein Bild von dem, wie man in gut unterrichteten Kreisen die Macht-
mittel der einzelnen Fürsten abschätzte.
*) A. Hanauer: Etudes ^conomiques sur TAlsace andeaine et moderne.
I und II. Paris und Strassburg 1876 und 1878. >) a. a. 0. II, 91. •) a» *.
0. U, 82. ' *) a. a. 0. U, 9i. *) Vgl. a. a. 0. U, 880.
Hababuxger Stadien IL 551
Boggen Strassburger Währimg 205,9.
MüUkom u. Weizen , , 128,2.
Gerste , . 1,1.
Hafer , , 116,0. •
Dinkel . , 35,4.
Wein , . 124,0,
oder gesammt in Strassburger Währung 766,2 flf,
in Baseler und Stefninger Währung 516,6 ,
üeber den Werth der Stefninger stehen mir keine Angaben zu
Gebote, ich setze sie deshalb den benachbarten geringwerthigen Baseler
Münzen gleich, för die Hanauer 2^/8 ff anf die Mark Silber berech-
net >); in Strassburg gingen 1813 etwas mehr als 2 U auf die Ifark
Silber; wenn wir diese kleine Differenz unbeachtet lassen, so er-
halten wir
Strassburger Währung 383,1 Mark Silber,
Baseler und Stefiiinger Währung . 206,6 , ,
Im Ganzen also . 589,7 Mark Silber.
Bei einer nach den gleichen, gewiss sehr unsicheren Voraus-
setzungen angestellten Berechnung ergab sich als Maximalertrag der
habsburgischen Besitzungen im Elsass 1001,1 Mark Silber. Wir dürfen
80 wohl als gesichert annehmen, dass der Ertrag der habsburgischen
Besitzungen im Elsass zwischen 600 und 1000 Mark Silber jährlich
schwankte. Und bei dieser Berechnung sind nicht eingeschlossen die
Gerichtsgefalle und Bussen, alle unregelmässigen Einnahmen als Fall,
Ehrschatz, Schutzgelder usw., der grösste Theil der Einnahmen aus
den KlosterTOgteien usw., so dass der wirkliche Ertrag jedenfiiUs be-
deutend über dem Minimalertrag liegt
Nun war aber der habsburgische Besitz im Elsass im Vergleich
zu den schweizerischen Theilen arm an den wichtigsten Steuerüftctoren,
an Städten, noch ärmer an eigentlichem AUodialgute. Eine ober-
flächliche Vergleichung der Erträgnisse der schweizerischen und ober-
schwäbischen Aemter mit den elsässischen beweist, wie yiel bedeu-
tender die Einkünfte aus diesen Theilen waren. Alles in allem ist
kein Zweifel, dass Graf Rudolf von Habsburg bereits Yor der Eonigs-
wahl über Steuerkräfte und Einkünfte yerf>e, welche die vom Gol-
marer Chronisten für Trier angegebenen, vielleicht auch die des Mainzer
Erzbischofs übertrafen. Budolfwar wohl nach den sieben Kurfürsten, von
>) Für 1B08 a. a. 0. I, 895 £
552 Schulte.
denen Trier und Mainz vielleicht ärmer waren, und nadi dem reichen
Salzburg der reichste Mann in den deutschredenden Theilen des deatechen
Beiches.
In Schwaben hind Elsass, die seit den Tagen der Staufer den
Mittelpunkt des Beiches bilden, war Budolf zur Zeit seiner Wahl ohne
Frage der reichste. Wollte man das, was vom Beichsgut und dem
staufischen Hausgut übrig geblieben war, dem Beiche retten — und
darum war es den Wählern zu thun ->, so bot sich von selbst ihnen
Budolf als die geeignetste Person dar ; eine Beconstruction des Beiches
nach dem Interregnum seitens eines andern Königs würde jeden&Us
in Schwaben zu dem Kampfe geführt haben, der auf dem Marchfelde,
dann im fernen Osten geführt wurde. In Schwaben und Elsass lag
sowohl der grösste Theil des alten Beichsgutes als auch dessen, was
Yom staufischen Eigengut allmählich mit diesem verwachsen war.
Einen anderen König würde das Streben, dem Beiche das Beich^^t
zu erhalten, wohl ziemlich sicher zu einem gleichen Conflicte mit dem
Grafen Budolf geführt haben, wie ihn König Budolf in der Ostmark
des Beiches mit König Ottokar zu bestehen hatte. Es ist unter allen
umständen falsch, Budolf als einen armen, machtlosen Grafen darzustellen;
das war in der That Adolf, der Burgmann des Beiches zuGalsmunt!
Noch in einer andern Beziehung ist das Ergebnis der Tabellen
sehr lehrreich. Die beiden oben erwähnten XJrbarien von Bayern
und Oesterreich zeigen gleichmässig, wie dort die Macht der Herr-
schaft auf dem Grundbesitz beruht, das Steuersystem in höchst un-
vollkommener Weise ausgebildet ist ; in den habsburgischen Stammlanden
ist das gerade Gegentheil der Fall: der Ertrag an Zins und Zehnten
ist beträchtlich niedriger, als der aus den Steuern gewonnene; und
wenn es nothwendig war, eine Verpfandung eintreten zcr lassen, so
suchte man die Steuern sich zu erhalten, gab lieber Eigengut sa
Pfand; Bayern und Oesterreich waren Staatswesen, deren Finanzen
noch zum grossen Theil auf demselben Boden standen, wie die des
deutschen Beiches in der ersten Hälfte des Mittelalters. Der Staat
glich mehr einer colossalen Domäne, als einem Staatswesen modemer
Art. Setzten sich die Einkünfte des Karolingischen Beiches und der
Hei*zogthümer Oesterreich und Bayern auch im dreizehnten Jahr-
hundert noch wesentlich aus Domänenerträgen und indirecten Steuern
zusammen, so hatte die habsburgische Verwaltung im Elsass nur einige
unbedeutende Zölle und Märkte, das alte Domanialgut war grössten-
theils zersplittert, dafür war aber um so energischer die directe Steuer
ausgebildet. Wie fast auf allen Gebieten eilt auch hier der Süd-
westen Deutschlands dem Norden und Osten weit, voraul
Habsburger Stadien 11. 553
Einer Tergleichenden Uebersicht derFmänzorganisation des Herzog-
thams Oeaterreieh, wo wenigstens die Anfange einer ünteisuchang
durch Lorenz gemacht sind, des Herzogthnms Bayern und der habs-
burgischen Yorlande, die eine d^er dankbarsten Au^ben, welche die
historisch-nationalökonomische Forschung sich stellen könnte, wäre,
will ich nicht Torgreifen; nur einmal wieder dringend daran mahnen,
dass mit dem Edir^i von^ ürbarien nur der allergeringste Theil der
Arbeit gemacht ist; dass die bisherige Editionsmethode der Ürbarien
ohne Tabellen, ohne Karten in Zukunft verlassen werden muss, wenn
anders diese Quellen, wenn sie auch gedruckt vorliegen, nicht ihren
Winterschlaf fortsetzen sollen, wie die in den Monumenta Boica publi-
cirten bairischen ürbarbücher es nun schon seit 84 Jahren thun.
Im Grossen und Oanzen bestätigt auch diese Untersuchung wieder,
was bereits anderweit^ erwiesen ist, dass Budolf und Albrecht sehr
sparsame und tüchtige Hausverwalter in ihren EigengQtem waren»
Wenn das verpfändete Gut im Elsass — wie wir oben sahen — für
924 Mark Silber eingelöst werden konnte, so genügte dazu etwas
mehr als der ly, fache Betrag des Minimal-Beinertrags der Einnahmen;
rechnen wir selbst die Burglehen als verpfändet — während sie in
Wirklichkeit militärischen Zwecken dienen — so genügte immerhin
der Minimalertrag von 4 Jahren, um alle Pfandschaften der Herr-
schaft einzulösen. Welcher moderne Staat befände sich in der gleichen
Lage? Auch wenn, was wahrscheinlich ist, noch eine grössere
.schwebende Schuld' vorhanden war, so war die Lage der Habs-
burger jedenfalls eine gute zu nennen. Ganz anders wurde das, als
in Folge der streitigen Eönigswahl von 1814 Friedrich der Schöne
sich gezwungen sah, eine ganze Beihe von wichtigen Einkünften zu
verpfänden. Allein der grosse habsburgische Banquier, Heinrich von
Mülnheim in Strassburg, erhielt das Albrechtsthal, Scherweiler mit
den zugehörigen Burgen und &st die gesammten Städtesteuem im
Aargau und Thurgau gegen die Summe von 4510 Mark verpfändet^)
*) Vgl. diese P&ndverträge im Strassburger Ürkundenbucb Band III Nr. 779.
787. 854 und dazu die erläutemden Urkunden 784. 788. 791. 795. 797. 1029.
1082 und 1089. Derselbe streckte 1880 den Habsbnrgem 400 Mark Silber vor
(nr. 1260). Dem getreuesten Bundesgenossen der Habsburger, Otto von Ochsen-
stem, gab er 1814 gegen P&nd 400 Mark Silber (nr. 768)'. Bei einer Abrechnung
1827 schuldete ihm dieser aber ausserdem noch 626*/^ Mark Silber (nr. 1155).
Es gab al^ Heinrich von Mülnheim den Habsburgem und ihren Bundesgenossen
in der Zeit von 1814 bis 1880 zum allermindesten 5586y, Mark Silber. Zugleich
hatte aber auch Heinrich ftbr einen Gegner der Habsburger Geld (nr. 1825).
554 ßohnlte.
Die Doppelwahl von 1314 ist für die Oesohiohte SOddeatschlands,
ja des ganzen Beichea Ton tragischer Bedeutong gewesen. Badolf
und Albredit hatten ihre Besitzungen in Schwaben durch Ankauf und
Erbschaft so yergrössert, dass die Besitzungen der Habsbuinger im
Jahre 1314 wohl ebenso bedeutend waren, 9ia nur je die Besitenngen
der Staufer in Schwaben gewesen. Wäre nach 1314 nicht eine üeber-
schuldung dieser Gebiete eingetreten, bedeutende Stücke in P£EUid-
Schaft geraÜien, hätten die Habsburger, dem Zuge der Zeit folgend,
damals ihre Besitzungen in Schwaben zu einer einheitlichen Macht
zusammengefasst, wozu ja die beiden habsburgischen Eonige den An*
femg gemacht hatten, so würde sehr wahrscheinlich der Kampf gegen
die Eidgenossen anders ausgeffdlen sein, vielleicht würde die Geschichise
den BegrifiF , Schweiz* dann überhaupt nicht kennen^).
.') Zur Ergänzung einiger Anmerkungen füge ich einiges, mir inzwischen
eugegangencB Material hinzu:
Eine Abschrifb de» eis. Theiles des Urbare befindet sich, wie aus den An-
gaben bei "M. Merklen, Histoire de la yille d' Ensisheim I Enfiisbeim jadis yiUe
libre-imp^riale , dessen Titel allein schon die Kritiklosigkeit des Buches koui-
zeichnet, S. 91 im Stadtarchiv zu Ensisheim. Aus seinen Auszügen, Tor allem
8. 94/95, erkennt man die Identität deutlich. Eine Abschrift (oder dieYorla^?)
der jetzt badischen Theile — die Aemter Säckingen, Wehr, 'Waldshut, 8t Blaaieti,
Krenkingen, Elfingen und Rain (Aargau) ^ S. 41—68 der Pfeifferschen Ausgabe
ist im Grossh. Qener.-Landes- Archiv zu Karlsruhe, Section Breisgan. Eine Reihe
von Abweichungen habe ich bei flüchtiger Vergleichung constatiren können.
Aus dem inzwischen mir gatigst zur Verfügung gestellten (>ollectaneea des
Herrn Major Kindler von Knobloch kann ich einige Nachträge zu der S. 520/^^1
gegebenen Reihe der habsburgischen Vögte im Elsass geben. Der habsburgisc^e
Vogt Ulrich von Ensisheim (8. 520 und Anm. 2.) gehört wohl eher als dem Ge-
schlechte von Lobgaese der Familie von Nüfar (Kiffer südl. von Ottmarsheam) an,
bei denen der Vorname Ruodlicb wie Markward sich findet. Ein Zweig dieser
Familie nahm den Namen von Ensisheim an, ein Glied nennt sich im Text einer
Urkunde von Ensisheim, im Siegel von Nüfar; der älteste nach Ensisheim sich
benennende Burkhard starb 1290. — Das Citat betr. den Vogt von OTte&beT;g,
Ludwig von Amoltem, bezieht sich auf eine Urkunde im Strassb. Bez. A. G 549 Ho. :!.
Pömische Studien.
Von
F. Kaltenbmimer.
(Fortsetzung von Heft I. S. 20—118).
2. Die Sammlaxig des Berardus als historische Quelle.
Bei dem folgenden Verzeichnisse der Briefe, dessen knappe
Inhalteangaben durch Mangel an Baum entschuldigt werden mögen,
versuche ich, die grosse Briefreihe, welche meiner. Ansicht nach den
Epistolae Notabiles eu Grunde liegt, herzustellen. Ich gebe den
Briefen diese Ordnung, einerseits, wei} ich damit manche früher auf-
gestellte Behauptung rechtfertigen will, andererseits, weil sich mir nur so
die Mö^öhkeit ergab, im Anschluss an die Sammlung selbst die
Briefe i»ch Pontificaten zu ordnen. Dabei gestehe ich g&me ein,
dass an manchen Stellen die Briefe auch anders aneinander gereiht
werden könnten ; derlei Willkürlichkeiten liessen sieh eben der Natur
der Sache nach nicht umgehen. Aber ich habe mich gehütet, dort,
wo keinerlei Grund f&r eine bestimmte Beihenfolge vorlag und sich
auch die Möglichkeit entzog, zwischen mehreren sich darbietenden zu
wählen, eine solche aufzustellen, und war deshalb genöthigt, am
Ende eines jeden Pontificates diejenigen Briefe in gesonderter Rubrik
zu geben, welche in keinerlei Zusammenhang mit der Beihe der
Epistolae Notabiles gebracht werden können. Das sind zunächst die
Bestände der Gruppen A IV. VI. X. B XIII und aller Martin IV.
zufallenden mit Ausnahme des von Gr. A XIV, da keiner ihrer Briefe
sich in jenen findet, es daher mindestens zweifelhaft ist, ob sie bei
der Bildung der ihnen zu Grunde liegenden Beihe mitgewirkt haben.
Dazu kommen desselben Gesichtspunktes halber die Briefe von A VIII
bis Nicolaus III, und endlich eüiige wenige Briefe von SS, während
die Hauptmasse seines Bestandes, der, wie wir sahen, auf die Beihe
556 Kaltenbranner.
der Epistolae Noiabiles zurückgeht, im ZoBammenhange mit deiuelben
gebracht werden konnte.
Bei Briefen, die bei Potthast verzeichnet sind, glaubte ich unter
Hinweis auf ihn von jeder Angabe des Inhaltes absehen zu könn^i;
desgleichen von der des Datum, sofern dasselbe bei Potthast und in
der Sammlung übereinstimmend gegeben ist Kommt aus derselben
zu ersterem dasselbe neu hinzu oder ergeben sich zwischen ihnen
Differenzen, so ist dies angegeben, während das gemeinsame Fehlen
desselben durch die Sigle s. d. angedeutet wird. Fehlt dasselbe je-
doch im Gegensatz zu Potthast nur in der Sammlung, wird dies dordi
die Sigle d. o. zum Ausdruck gebracht Die letztere deutet aach bei
den nicht in Potthast stehenden das Fehlen der Datirung an. Vananirai,
welche sich diesbezüglich bei den einzelnen Handschriften ergeben,
sind nur dann berücksichtigt, wenn sie die Zeitangaben selbst be-
rühren, nicht aber, wenn sie sich nur auf das Ausmaass der Formel
beziehen. Dasselbe habe ich übrigens darzustellen versucht, indem
ich die Auslassung einzelner Bestandtheilcj wenn ihre Reduction leicht
möglich war, durch Setzung derselben in Klammern, sonst durch
Wiedergabe des von der Sammlung selbst gegebenen Worüautes scom
Ausdruck brachte. Endlich ist es durch meine Ausführungen gerecht-
fertigt, dass ich Datirungen, welche nur mit dem Verweis ,ut sapra*
gegeben sind, nicht reducire, sondern so, wie sie sich darbieten,
mittheile.
Bei den in Potthast verzeichneten Briefen habe ich auch die
Provenienz ihrer Drucke darzustellen versucht Diejenigen Briefe,
welche nur aus unserer Sammlung geschöpft und auch sonst in keiner
anderen Quelle nachweisbar sind, werden durch einen ihrer Nummer
beigesetzten Stern gekennzeichnet Ihnen stehen solche gegenüber,
die entweder aus dem Begistrum (B.) oder aus andern QueUen ge-
druckt sind; bei den letzteren unterscheide ich gelegentlich späterer
Ausführungen 10 Gruppen, welche durch die Zahlen 1 — 9 und ?
auseinandergehalten werden. Während ich mich bei der Begister-
Proyenienz für gewöhnlich mit ihrer Markirong selbst begnüge, deuten
die vollen Gitate desselben an, dass kein Druck aus demselben Yor-
liegt, sondern das Vorkommen der betreffenden Briefe in ihm erst
von mir constatirt wurde, sowie ich dies auch bei den ungedra<A[ten
Stücken der Sammlung durchgeführt habe. Jedoch mögen hiebei die
in der Einleitung f&r ürban lY. und Clemens IV« ausgesprocheaen
Beschränkungen berücksichtigt werden.
ROnÜBche Stndien III. 557
XTrban IV.
1. Arcbiepiscopis etc. »Ezultet angelica turba«. P. 18282. d. o.
NP 1. NV 1. NO 274. — B 564. — DV 480. DP 840. ?
2. Decano . . . CioestrenBi. »Laudabilia et longeve«. zu P. 18282. d. o.
NP 2. NV 2. NO 276. — B 665. — DV 481. DP Bub 840.
s. £pi8Copo AutüiodorenflL »OonsidenmteB ab olim*. d. o.
Seine Ablehnung des Stuhles von Jerusalem wird angenommen.
NP 8. NV 8. NO 276. — B 666.
4. Archiepiscopo Bayennati. »Horrendum scelus*. d. o.
Ueber die Ermordung des »Sacrista Bonnoniensis*.
NP 4. NV 4. NO 277. - B 567.
5. Wizardo de Castello canon. Remensi (NV Bonnoniensi). »Tue laudabilis«. d.O.
Die Resignation einer Pfründe wird zurflckgewiesen.
NP 5. NV 5. NO 278. — B 568.
6. Begi Francorum. »Serenitatis regie«. P. 18196. d. o.
NP 6. NV 6. NO 1. 8.
7. J. comiti« »De sinu pairis«. d. o.
Abtnahanrtg yom Ehebruch mit der Schwester des Königs yon Armenien.
NP 7. NV 7. NO 279. — A 1. B 1.
8. Begine Cypri. »Audi filia«. d. o.
Ermahnung zu keuscherem Leben, (publ. DeliBle p. 124 aus NP.)
NP 8. NV.8. NO 8. — A 2. B 2.
9. Regi Castelle ac Legionis. »Cesserunt nobis«. P. 18272. d. o.
NP 9. NV 9. NO 9. — B 669. — DV 488. DP 841. R.
10. Johanni ManseUo thesauraiio Eboraoensi. »Inter yirtutes«. d. o.
Lob seiner Treue.
NP 10. NV 10. NO 280. — A 5. B 5.
11. Alfbnso comiti Pictayensi. »Misse nobis*. d. o.
Dank fDr seinen Glückwunsch zur Promotio.
NP 11. NV 11. NO 281. — B 670.
12. Philippe primogenito regia Frande. »D. f. m. Matheus*. P. 19027. s. d.
NP 12. NV 12. NO 282. >-B 671. (wiederholt bei P. 20601 unter Clemens IV.) 8.
IS. Dad Burg^ndie. »Magno deyoüoms*. d. o.
Dank Ar seinen Glückwunsch zur Promotio.
NP 18. NV 18. NO 288. — B 672.
14. N. V^ Petro de Sabaudia. »Missa nobis«. d. o.
Dank wie oben und Abmahnung yon Bedrängnng der Kirche yon Sitten.
NP 14. NV 14. NO 284. — B 578.
15. Regi Frande. »Nuper de Viterbio«. P. 18402. s. d.
NP 16. NO 5. — B 575. 8.
16. Magistro D. l^tie Templi Hierosolymitani »Patemum«. d. o.
Ordensangelegenheiten.
NP 17. NO 285.
7. Potestati Florentinorum sp. c. s. »Nuper ex multorum«. d. o.
Ihre Parteinahme für Pisa gegen Lucca wird gerügt
NP 18. NV 16. NO 286. — A 8. B 8. — DV 5. DP 6. DL 6.
8. Regi Jhrancorum. »Dum commoda pads*. P. 19026. s. d.
NP 19. NV 17. NO 6. — A 128. B 198. 8.
558 Ealtenbrnnner.
19. Archiepiscopo Rothomagensi. Exemplar des vorigen, d. o.
NP 19. I. e. m. NO 287. — A 124. B 199.
20. Capitulo Gamoteiui. ,Si commoda paciB*. zu P. 19026. d. o.
NP 20. NO 288. — A 125. B 200.
21. Comiti BlesensL ,Si commoda pacis*. zu P. 19026. d. o. - - •
NP 21. NO 289. — A 196. B 201.
22*. Decano Landunenai. »Memoree nberum«. P. 18766. b. d.
' NP 22. NO 290. — B 676.
28. Regi Aragonum. »Düectos filius frater«. P. 18&8S. d.<6. • -
NP 28. NV 18. NO 7. — A 4. B 4. — DV 6. DP 6. DL 6. R.
24« Magistro Alberto. »Tnaa nuper«. P. 18440. s« d.
NP 24. NO 829. — A 6. B 6. — DV 7. DP 7. DL 10.. ?
25. Episcopo BelvacenBi. »Presentata nobis«. d. o.
Ueber eine streitige PfrOndenbesetzmig. ,
NP 25. NO 880. — B 815.
26. Potestati Pisanomm. »Summi et pii Platris^ 4L o.
Abmahnung vom Kriege gegen Lucca.
NP 27. NV 19. NO 832. ^ A 127. B «03. ^ DV 806. DP 2«J*
27*. Potestati .... Senensium. ,Non sine (per)tuilM4aoae*.' P. 1(8764. s. d.
NP 28. NV 20. NO 888. — A 128. B 908. -* DV 907- DP 210.
28. Bavilo, baropibufl .... regni Cypri. » Ineztimabilis «iemä«. d. o.
Ueber das zÜgeUose Leben auf Cypem.
NP 29. NV 21. NO 884. — B 816. -- DV 485.- DP 84«.
29. Regi Anglie. »Patema graviter«. d. o.
Bedauern und Trost über die Wirren in England«
NP 80. NV 22. NO 8. — DV 486. DP 844.
80. Archiepiscopo Remensi eiusque suffiraganeis. »Unigenitoa Dei*. d. o.
J. e. m. archiepisc. Senonensi. — Bitaricensi. — eorumqoa sufraganeii.
Ueber die Eintreibung der Centesima ia ihren Provinzen.
NP 81. NV 28. NO 885. — B 817. — DV 487. DP 845.
81. Potestati Pisanorum. »Quante caritaüs*. d. o. .
Aufforderung zum Frieden mit der Kirche.
NP 82. NV 24. NO 886. — A 199. B 304. — DV 208. DP 211.
82. Regi Francorum. »Vocem terroris*. P. 18624. d. o.
NPSS. NV25. NO 9. ^ A 260. B244. — DV 109. DP 107 JDL 10$. ILn.:.
88. Regi Gastelle. »Venerabilium fratrum*. 12G^. 28. VIL Onieta
Ueber das »negotium imperii«.
NP 34. NV 26. NO 10. — DV 488. DP 846.
84. Richarde in Rom. Regem Electo. »Qui celum*. P. 18684. d. o.
NP 85. NV 27. NO 11. — A 40. B 46. — DV 26. DP 25. DL 22. R
I
85. £idem. »Qui celum terramque*. P. 18635. d. o.
NP 36. NV 28. N0 12. — A 41. B47. — DV27. DP 26. DL2S. Ku.t
86. Ad perpetuam rei memoriam. »Ordinate nuper*. P 18619. d. o.
NP 37. NO 13 u. 337. — A 42. B 48. — DV 28. DP27. DL 24. B.
87. Richarde in Rom. Regem Electo. »Utäxuun fiU*. P. 186SS. d. o.
NP 88. NV 29. NO 14. .- A 43. B 49. — DV 29. DP 23. DL Ä&, R
88*. Potestati Lucanorum. »Com ait malitia«. F. 1675S. t. d.
NP 89. NV 80. NO 888. — DV 439. DP 847,
ROmisclie Siodien m. 559
39. Prepoaito Mantaano. »DilectiB filiü potestati*. d. o.
Befehl, den Torbergehenden Brief nach Lucca zu bringen.
NP 40. NO 889.
40. Poteaiati .... Castri S. Severini. — »licet hanc habeat*. d. o.
Abmahnung yon feindlichen Schritten gegen die Kirche.
NP 41. NV 81. NO 840. — A 7. B 7. — DV 8. DP 8. DL 7.
41. Epitocopo. ,8i qnando eoclesiaram*. d. o.
Formelhaft gehaltener Tadel.
NP 42. NV 82. NO 841. — A 8. B 8. — DV 2. DP 2. DL 2.
42. Regine Francorom. »Cum Gornns*. P 19021. s. d.
NP 48. NV 88. NO 15. — A 180. B 205. 8.
4S. Magistro ... 0. Militie S. Jacobi. »Insignifi Ordinis«. d. o.
£rtheilung von Privilegien; desgleichen im feigenden Briefe.
NP 44. NV 34. NO 842. — B 818. — DV 440. DP 848.
44. Magistro . . . 0. . Militie S. Jacobi. »Sedes apostolica experta*. d. o.
NP 46. NV 85. NO 843. — B 819. — DV 441. DP 849.
45. Archiepiscopo Ooloniensi. »Ooloniensium dvinm*. P. 18818. d. o.
NP 46. NO 844. R.
46. Episcopo Leodiensi. »Coloniensium civium«. P. 18819. s. d.
NP 47. NO 345. R.
47*. Magistro . . . D. Militie Tempil Hierosol. »Habet«. P. 18888. s. d.
NP 48. NV 86. NO 846.
48. Patriarche Hierosolymitano. »Habet universalis*, zu P. 18888. d. o.
NP 49. NV 87.
49. Eidem. »Habet universalis«.- zu P. 18888. d. o.
NP 50. NV 88.
50*. JudicibuB. »Capituli Remensis«. P. 18442. d. o.
NP 51. NO 847. — B 820.
51. Universis abbatissis . • .0. S. CSare. »Aspirante Domino«, d. a
Ertheilung von Privilegien.
NP 52. NV a9- NO S48. — ß 821.
52. Universis abbatissis .... 0. S. Cläre. »Beata Clara«. P. 18680. d. o.
NP 53. NV 40. NO 849. — B 822. — DV 442. DP 350. 1.
58. Potestati Interrampnensium. »Cum sit amor«. d. o.
Die Gonuauno wird wieder zu Gnaden ao%e(nommen.
NP 54. NV 41. NO 850. — A 9. — DV 9. DP 9. DL 8.
54. Ad futuram rei memoriam. »Inter . carismnios«. P. 18981. s. d.
NP 55. NO 16. — A 44. B 50. — DV 80. DP 29. DL 2«. R.
55. Olaoni regi Tartarorum. »Exnltavit cor nostmm«. d. o.
Aufmunterung zur Annahme des Christenthums.
NP 56. NV 42. NO 17. -• A 10. - DV 10. DP 10. DL 11.
Ausserhalb der Reihe der Epistolae Notabiles:
56. (aus A IV): Ad perpetuam rei memoriam. »Metensis ecclesia«. P. 18656.
A 190. B 129. 6.
57. (aus AVI): Episcopo .Agathensi. »Ex serie tue oonsoltationis «. d. o.
Gassirung der Wahl des Guillelmus Hugonis zum Abt von Alet.
A 225. B 141.
560 Kaltenbrnnner.
58. Oapitulo S. Martini Toronenais. »Proyiflionia nosiare*. d. o.
Verbot für die Domherrn, mehrere PfrQnden zu besitien.
A 20S u. 226. B 176 n. 142.
59. Epificopo Cameraoensi. »Petitio tua<. d. o. ...
Entbindung yon der durch seinen Yorgfinger au%eh&uften SchuldenlMt
A 204 u. 227. B 177 u. 148.
60. Lanuino dicto Pilat canon. S. Amati Duatensis. »Inducunt nos*. d. o.
Bestätigung einer Pfründe.
A 205 u. 228. B 178 n. 144.
61. Judicibus. »Dil. fil. Nicolaus de Montigniaoo«. d. o.
Provision einer Domhermstelle zu Tours für denselben.
A 229. B 145.
62. Archiepiscopo Compostellano. »Abolensis ecolesia*. d. o.
Losung von dem über ihn verhängten Verbote, Bischöfe sa conseciireiL
A 280. B 146.
68. (ausBXIIl) .^ccardoS. Angeli diac. card. , Romane ecdesie*. 1268. 24.IV. Orrieto.
Ueber Lehenvergabungen in der Campania und Maritima.
B 500.
Die Cardinäle in der Sedisvaoans nach XJrban IV.
4
64*. Potestati .... Senensium. »Queritur mater*. P. 19088.
NP 57. NV 48. NO 851. — A 181. B 206. — DV 209. DP 212.
Clemens IV.
65. Potestati .... Januensium. »Magnis onusta*. d. o.
Aufforderung znm Friedensschluss mit Venedig.
NF 58. NO 852. — A 182. B 207. — DV 210. DP 2IS.
66. Carole comiti Provinde. »Ad ea que tni*. d. o. •
Empfehlung der Guelfen Toscanae.
NP 59. NV 44. NO 858. — A 11. B 9. — DP 11. NV 174.
67. Comiti Pictavie. »Infeste persecutionis«. d. o.
Gegen K. Manfred.
NP 60. NO S54. — A 12. B 10. — DV 11. DP 12. DL 9, NV 175.
68. Regi Francorum. »Etsi sui&oere soleat*. P.'' 19022 (za ürbaa IV.). s. d.
NP 61. NO 18.
69. Regi Francorum. »Quam viriliter«. d. o.
De Terra Sancta; sowie die drei folgenden Briefe.
NP 62. NV 45. NO 19. — A 264. B 248. — DV 118. DP 111. DL 105.
70. Archiepiscopo l^rensi. »Continuate ab olim*. d. o.
NP 68. NO 855. — A 265. B 249. — DV 114. DP 112. DL 10«. NV 2S2.
71. Magistro D. Militie Templi Hierosol. »Sicut nimirum*. d. o.
NP 64. NO 856. — A 266. B 250. — DV 115. DP 118. DL 107. NV 2SS.
72. Qaufrido de Sarzenis. »Ascendit fumus«. d. o.
NV 46. — A 267. B 261. - DV 116. DP 114. DL 108.
78. Magistro ... 0. Praedic. ap. Montem-Pessnlanum. »Splendor*. P. 1910S. d. o.
NV 47. NO 867. — B 828. — DV 448. DP 861. l-
74*. Regi Franoomm. »Occummt frequenter*. P. 19168. s. d.
NV 48. NO 858. — A 18. B 11. — DV 12. DP 18. DL 12.
^Römische Studien in. 561
75*. Patxiardie HieTOflolyiiiitajiO. »Amara est potio*. P. 19169. b. d.
NV 49. NO 20. — A 261. B 245. — DV 110. DP 108. DL 104.
76. Regi FrAncorum. »Amara potio ert«. d. o.
Gehört sowie der folgende Brief zn P. 19169.
NV 50. NO 21. — A 262. B 246. — DV 111. DP 109.
77. Arcbiepiscopo l^rrenai. »Amara potio est*, d. o.
NV 51. NO 22. — A 268. B 247. — DV 112. DP 110.
7 8 . (Anibaldo, Biccardo, Jolianni, Ottobono, Jacobo Card.) , V. fr. Ayinionensia * . d. o.
Verbandlungen mit Karl. Darüber anch die zwei folgenden.
NP 65. — A 15. B 18. — DV 14. DP 15. NV 177.
79. Comiti Proyinde. »V. fr. Avinionensis episoopus*. d. o.
NP 66. — A 14. B 12. — DV 18. DP 14. DL 18. NV 176.
80. (Anibaldo, Riccardo, Johanni, Ottobono, Jacobo Card.) »Cum per«. ' d. o.
NP 67. — A 16. B 14. — DV 15. DP 16. NV 177».
81. Regi Francomm. »Ad serenitatiB*. P. 19276. d. o.
NP 68. NV 62. NO 28. — A 17. B 15. — DV 16. DP 17. DL 14. R.
82. Epiflcopo Vercellenai. »Ad ea que nostris*. d. o.
Aufforderung zur Unterstützung Karls yon Ai^'ou.
B 824.
8S. Archiepiscopo Narbonensi ejusque sufiraganeis. »Privilegium amoris«. d. o.
Mittheilung yon der Erlassung des folgenden Briefes.
NP 69. NV 58. — A 25. B 23.
84*. Regi Francorum. »Privilegium amoris*. P. 19504. s. d.
NP 70. NV 54. NO 24. — A 26. B 24.
85. Archiepiscopo Terraconensi. »Visio dura*. P. 19156. d. o.
NV 55. NO 291. — DV 444. DP 852. R.
86. Ad perpetuam rei memoriam. »Parvus fbns*. P. 19185. s. a.
NV 56. NO 292. — B 825. 1.
87. Priori Ö. Praed. et ministro Fr. Min. regni Francie. »Expansis*. P. 19295. d. o.
NV 57. NO 298. Marino de Eboli.
88. Marchioni Brandenburgensi. »Per religiosum fratfem Oddonem*. d. o.
AufJTorderung, die versprochene Kreuzfahrt anzutreten.
NO 294.
89. Regi Aragonum. »Agit nee immerito«. P. 19911. s. d.
NV 58. NO 156. — A 18. B 16. — DV (1 u.) 17. DP 1. DL 1. f
90*. Archiepiscopo Remensi (al. Bremensi). »Die doctor*. P. 20205. s. d.
NV 59. NO 222. — B 826. — DL Varia ep. 8.
91. Filiis quond. Alezandri militis Viterbiensis. »Si finem*. d. o.
Trostbrief über den Tod des Vaters.
NV 60. NO 228. — DP 858.
92. Communi Viterbiensi. »Ad hec (boc) precipue*. d. o,
Ermunterung, der Kirche treu zu bleiben.
NV 61. NO 224. — A 188. B 208. — DV 211. DP 214.
98. Regi Sicilie. »Ezacti temporis«. d. o.
Verwendung für die Kirche von Ostia.
NV 62. NO 157. — DV 446. DP 864.
94. Qaufrido de Sarzenis et baronibus . . . r. Hierosolymitani. » Anxie petitionis*. d. o.
De Terra Sancta.
NV 63. NO 225. — DV 446. DP 855.
]ClitheUiiiic«n VU. 36
i
562 EaltenbrnnneT.
95. Abbat! Ourinenai. »Ni«i forsan omne*. d. o.
Neuerlicke Sentena der Absetzung gegen ihn.
NV 64. NO 226. — A 19. B 17. — DV 18. DP 18. DL 15. NV 178.
96. Regi Francorum. »Quanta smoeritate*. d. o.
Verwendung für verbaftet^ Leute der Pariserkirche.
NO 158. — A27. B 25. — DV 28. DP 22. DL 19. NV 17».
97. Regi Sidlie; »Clamant ad apres*. P. 19508. s. d.
NV 65. NO 15^. — A 28. B 2ft, - DV 24. DP 2«. DL 20. ?
98. Regi Gastelle et Legionis. »In negotio imperii*. d. o.
Ueber seine Anerkennung als Romischer KOnig.
NV66. NO 227. — A 45. B 51. — DV 81. DP 80. DL 27.
99. Regi Francorum. »De partibus Orientis*. Exemplar von P. 19659.M. d. o.
(Im Anschluss aahlreiche Exemplare, eum Theil unter In. e. m^ zum Theil
als selbständige Briefe in den einzehien Handschriften eingetragen). ?
NV67,68.NOl60.-A268'270.B252-256.-DVll7-119.DPll5-ll9.DLl09-112.
100. Regi Sicilie. »Gisterciensi Ordini«. d. o.
Ueber das Zehntprivilegium des CÜstercienser-Ord^ns.
NO 161. — A 29. B 27. -r DV 25. DP 24. DL 21.
101. Abbati et generali capitulo Cisterdensi. »lUe summus*. d. o.
Bitte um ihren geistigen Beistand.
NV 69. NO 228. — DV 878. DP 888.
102. Electo Messanensi. »Conceperat olim*. d. o.
Tadel wegen selbstsüchtiger Handlungen.
NV 70. NO 229. — A 20. B 18, -^ DV 8 u. 19. DP S, DL, 8.
103. Marchioni Montisferrati. »Nova et inandita*. d. o.
Vorwürfe wegen Bedrängung der Kirche rpn Wrea.
NV 71. NO 280. — A 21. B 19. — DV 20. DP 19. DL 16.
104*. Electo Remensi. »Nobilis et yeneranda*. P. 19741.
NO 281,
105. Abbati et generali capitulo Gisterciensi. »Immensitatem*. d. a
Empfiehlt sich ihrer IiHlrsprache bei Gott
NV 72. NO 282. — B 827. — DV 447, DP 86(^.
106. Regi Dade. »Quam bonus*. P. 19910. s. d.
NV 78. I|0 25. — A 22. B 20. — DV 21, DP 20. DL 17. ?
107. Decano .... Rothomagensi. »Litterarum series«. 1267. 14. IX. Viterbo.
Energische Forderung der Zehatldstung.
NV 74. — A271. B257.
108. Regi Sicilie. »Nuper nobis*. F. 20028.
NO 26. — A 48. B 54. — DV 84. DP 88. DL 80. ^ * 1.
109. Marchionibus . . . per Tusciam. »Qualiter hactenus«. P. 20029. d. o.
NO 23St — A 49. B 55. — DV 85. DP 84. DL 81. B. u. 4.
110*. Regi Sicilie. »Frequenter ante tue*. P. 20280. s. d.
NV 76. NO 27. — A 28. B21. — DV 22. DP 21. DL 18.
111. Regi Castelle ac Legionis. »Licet nosS P. 20002. d. o.
NO 162. — A 46. B 52. — DV 82. DP 81. DL 28. R
112.' Regi Castolle ao Legionis. »Quanto ex«. »Dat XV. kL Juaii«.
Ueber das »negotium imperii*.
NO 28. — A 47. B 5S. — DV 88. DP 82. DL 29.
Römische Studien III. 563
118*. Regi Boemie. »Dileoti filii magistri*. P. 20497.
NO 29. — A 50. B 56. — DV 36. DP 85. DL 82.
114. Decano .... Remensi. »Inclite Remensis*. 1267. 14. IX. Viterbo.
Die Bheinuer Kirche betreffend.
NO 884.
^15. ArchiepiBcopo ? »Conceptam de te*. d. o.
Aufifordevung, in seinen Sprengel zurück zu kehren.
NV 76. NO 235. — A 24. B 22. — DV 4. DP 4. DL 4.
116. Arohiepieoopo Remensi et episcopo Autisiodorensi. »Quasi flumen*. d. o.
Ueber die Beilegung von Streitigkeiten.
NV 77. NO 286.
117. Doctoribus, . . Montis^Pessulani. » Thesaurus oi^jusque*. 1268. 10. ViL Viterbo.
Ueber das Doctorat des Gu. Sanier ; sowie der fgde. (pubLDelisle p. 1 1 5 aus B).
NV 78. NO 237. — B 828.
118. Doctoribus . . iamBononie quam in aliis studiis commorantibus.» Thesaurus * .d.O.
NO 288. — B 829.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Notabiles.
119. (aus A IV) : Ad futuram rei memoriam.., Inter d. f. m. Petrum*. > Dat. Perusii *.
Bestätigung eines Panser-Canonicats för den M. Petrus dictus RusseL
A 191. B ISO.
120. Ad perpetuam rei memoriam. »Farne celebris*. d. o.
Cassirung der Wahl des Johannes Alfonsi zum Erzbischof ▼. Oompostella.
A 192. B 181.
121. (Ad perpetuam rei memoriam.) »Monasterio Jotrensi*. d. o.
Bestätigung der Wahl Margarethens zur Aebtissin genannten Klosters.
A 198. B 182.
122. Ad perpetuam rei memoriam. » Herbipolensis ecclesia*. d. o.
Ueber die streitige Würzburger- Wahl ; darüber auch der folgende.
A 194. B 188.
123. Ad perpetuam rei memoriam. »Herbipolensis ecclesia*. d. o.
A 195. B 184.
124. Ad perpetuam rei memoriam. »A yia rectitudinis*. P. 20191.
A 196. B 185. R. u. 6.
125. (aus AVI): Jud(icibus). »Lecta nobis«. d. o.
Streit des Capitels Ton (Ilhartres mit dem Grafen Johannes »de Castellan<'.
A 28L B 147.
126. Abbati monasterii de Passeiet. »Deüderüs yestxis*. P. 19079. d. o.
A 282. B 148. 1.
127. Episcopo Autisiodorensi. »Insignis Lugdunensis ecclesia*, d. o«,
Ernennung desselben zum Erzbischof Ton Lyon,
A 988. B 149.
128. "Siimoni) presb. card. A. 8. L. »Ex parte tua*. d. o.
Erneuerung seiner Legationsbefugnisse.
A 284. B 150.
129. (Eidem). »Temeraria nimis*. d. o«
Ueber einen Streit des Bischoft von Axras mit dem Abte t. S. Vast.
A 285. B 151.
86*
564 Kaltenbrnnner.
ISO. (Capitulo ecclesiae N.) »Tranfimissa nobis*. ,Dat. Yiterbii Id. Martiia.1*!
£niennuDg des »Portionarius A* zum Domherrn.
A 286. B 162.
181. Guillelmo de Rocheta canon. Athenienei. »AthenienaiB ecclena*. d. o.
Ueber Besetzung des Athener-Stuhles ; sowie d. fgde.. (pubLüefiale p.l4 1 aosB).
A 258. B 169.
182. Decano et capitulo Athenienei. > Atheniensis ecclesia *. d. o. (publ. Delisle a. a. 0.)
A 254. B 170.
ISS. G(uidoni) S.Laurentü i. L. presb. card. A. 8. L. » Negotium *. , Dat Yiterbii a. IIL*
Kirchliche Angelegenheiten Schwedens.
A 255. B 171.
184. Judicibus. »Ex parte carissimi«. 1267. 81. VII. Yiterbo.
Kirchliche Angelegenheiten Portugalls.
A 256. B 172.
185. (ansAYIII): Patriarche Grecorum. »Tnarum nobis*. P. 19 954-
A 880. B 849. — DV 807. DP 271. DL 197. R.
186. Michaeli Paleologo. »Magnitudinis tue*. P. 19955.
A 881. B 850. — DV 308. DP 272. DL 198. B.
187. (ausAX): Ad futuram rei memoriam. »Constituti ab eo*. P. 19484.
A 402—404. B 480—482. (DV 888. DP 445). 1.
Die Cardinäle in der Sediavacans nach Clemens IV.
188. 189. Begi Sidlie. »Attendentee olim*. — »Misse nuper*. d. o.
Erstreckung des Termines für die Zinszahlung.
NO 80. 81.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Kotabiles.
140. (aus AVIII): Episcopo Albanensi A. S. L. »Inter cetera*. P. 20506.
A 882. B 851. — DV 809. DP 27S. DL 199. Marino de Eboli
141. Regi Francorum. »Inter cetera*. P. 20505.
A 888. B 852. — DV SlO. DP 274. DL 200. Marino de Eboll
Gregor X.
142. Capitaneo Januensium. ,Donum pacis*. d. o.
Aufibrdenmg zum Friedensschluss mit Venedig.
NV 79. NO 289. — DV 448. DP 857.
148. Archiepiscopo Ravezmati. »Litterarum series*. d. o.
Abberufung von der Legation.
NV 80. NO 240. — DV 449. DP 858.
144. (Prelatis). »Gloria in altisdmis*. Exemplar von P. 20517 (Tom 29. III. 12'^^
NP 72. NV 82. Nf) 170. — B 881. — SS II ep. 1. R. u. M. doEboU.
145. Regi Francorum. , Gloria in altiss. (NP excelsis) *. Exempl. v.P.205 1 7 m. 1 272. 4.III
NP 78. — B 882. — SS II ep. 2. R. (mit 1272. 29. lU^
146. Archiepiscopo Turonensi. »Salvator noster*. Exemplar y. P. 20525.
NP 74. NV 83. NO 17 1. — A 891. B 28. — DV 857. DP 824. — SS II ep. 4.R.U. -
147. Regi Francorum. »Salrator noster*. Exemplar v. P. 20527.
NP 75. NV 8Sa. — A 892, B 29. — DV 858. DP 825. — Sßllep. 5. R-
BOmiflclie Stadien III. 565
148. Potestati Placentinorum. »Regis padfid*. P. 20519. d. o.
NP 76- NV 84. NO 172. — DV 4g0. DP 859. B. Fragm.
149". Regi Francoram. »Dil. fil. n. v. Johannes*. P. 20654. b. d.
NP 77. NO 82. -- A 272. B 258. — DV 120. DP 120. DL 118.
150. Eidem. »Devotos regie serenitatiB«. d. o.
De Terra Sancta, sowie die 11 folgenden Briefe.
NP 78. NV 85. NO 88. — A 278. B 259. — DV 121. DP 121. DL 114.
151. £idem. >Ad recipiendnm pro te*. d. o.
NP 79. NO 34. — A 274. B 260. — DV 122. DP 122. NV 284.
152. Eidem. »Ad redpiendum pro te*. d. o.
NP 80. NO 84». — A 275. B 261. — DV 122». DP 128. NV 284».
158. Eidem. »Dilectum filium . . latorem«. d. o.
NP 81. NO 85. — A 276. B 262. — DV 128. DP 124. DL 116. NV2S5.
154*. Erardo domino Valeriad etc. »Carissimi*. P. 20978. s. d.
NP 82. NO 36. — A 277. B 268. — DV 124. DP 126. NV 286.
155. Regi Sicilie. »Oarissimus in Christo*, d. o.
NP 88. NO 87. — A 278. B 264 u. 888. ~ DV 125. DP 126. DL 116* NV 287.
156. Eidem. »Sicut alie nostre*. d. o.
NP 84. NO 88. — A 279. B. 265 u. 884. — DV 126. DP 127. NV 288. '
157. OUyero de Termulis. ,Pie derotionis*. d. o.
NP85. NO 178. — A 280. B 266. — DV 127. DP 128.DL 117.NV289.
158. Patriarche Hierosoljmitano. »Circa commissum*. d. o.
NP 86. NO 174. — A 281. B 267. — DV 128. DP 129. DL 118. NV 240.
159. Eidem. »Dil. fil. Oliyenis*. d. o.
NP 87. NO 175. — A 282. B 268. — DV 129. DP 180. DL 119. NV 241.
160. Duoi et communi Venetorum. »Ad compassionem*. (cf. P. 20521.) d. o.
NP 88. NO 176. - A 288. B 269. — DVlSO. DP ISl. DL 120. NV 242.
161. Regi Sidlie. »Ad Terre Sancte pressuras*.. d. o.
NP 89. — A 284. B 270. - DV 181. DP 182. NV 248.
162*. Regi Francorum. »Si eximii prophetarum*. d. o.
Ermahnungen. (Erster Theil von P. 20694).
NP 90. NV 86. NO 89. — B 885. — DV 451. DP 360.
168. Regi Castelle ac Legionis. »Dil. fil. frater (aL magister)«. P 20604.
NP 91. NO 40. — A 51. B 57. — DV 87. DP 86. DL 88. R.
164. Regi Sicilie. »Ad pacis tranquillitatem*. d. o.
Verhandlungen mit seinen Schwägerinen.
NP 92. NV 87. NO 41. — A 134. B 209. — DV 219. DP 215.
165. ArchiepisGopis .... per regntim Anglie. »Attendite fratres*. d. o.
Qeldfbrderung för die zur Kreuzfahrt rüstenden Prinzen.
NP 98. NV 88. NO 177. — DV 874. DP 889.
166*. Electo Lugdunensi. »Conceptum in nobis*. P. 20656. s. d.
NP 94. NV 89. NO 178. — DV 452. DP 861.
167. Archiepisoopo Aquend A. S. L. »Quam sit nobis*. d. o.
Friedenstiftung in der Lombardei; sowie der folgende.
NP 95. NV 90. NO 179. ~ A 186. B 210. — DV 218. DP 216.
168. Eidem. »licet per datam tibi*, d. o.
NP 96. NV 90». NO 180. — A 186. B 211. — DV 214. DP 217.
566 'Ealtenbranner.
169. Eideio. »Deddecaniies paci8^ d. o.
fViede zwischen Genua, Bologna und Venedig (c£ P. 206S7).
NP 97. NV 91. NO 181. — A 1S7. B 212. — DV 215. DP 218.
170*. Capitaneo .... JannenBium. »Quaata ex*. P. 20687. s. d.
NP 98. NV 91*. NO 182. — A 188. B 218. — DV 21«. DP 219.
171. Magisiro 0. Fr. Praedicatomm. »De tue derotionis*. d. o.
Sendung nach Genua (c£ P. 20687).
NP 99. NO 188. — A 189. B 214. — DV 217. DP 220.
172. Archiepisoopo Aquenai A. 8. L. »Super graTaminibus*. d. o.
Für S. Maria de Colomba t. Piacenza; sowie die awet folgenden.
NP iOO. NO 184.
178. Potestati .... Placentinorum. »Testatnr eximiiui*. d. o.
NP 101. NV 92. NO 185. — DV 458. DP 362.
174. Eisdem. »Caris fifiis«. d. o.
NP 102. NV 98. NO 186. - DV 454. DP 868.
175. Patriarche Hierosolymitano. »Non iatendimus*. d. o.
De Texra Sancta; daifiber auch die rier falgenden.
NP 108. NV 94. NO 187. — A 286. B 271. — DV 182. DP 188. DUil
176. Eidem. »£k parte diL filiL n. y. Martucü*. d. o.
NP 104. NO 188.
177. Eidem. »Ad prdatonun specialiter«. ' d« o.
NP 105. NV 95. NO 189. — DV 455. DP 364.
178. Eidem. »licet ex hüi*. d. o.
NP 106. NO 190. — A 286. B 272. — DV 188. DP 1S4.
179. Olirero de TermuJis. »Nui>eT tibi per«, d« o.
NP 107. NO 191. — A 287. B 273. — DV 134. DP 1S5.
180. Duci Veneionun. »Nuper intellecto*. d. o.
Treuga mit dem Palaeologen, sowie die vier folgenden.
NP 108. NO 192.
181. Eidem. »Sicut intelleximus*. d. o.
NP 109. NO 198.
182. Eidem. Ad maius exprimende*. d. o.
NP 110. NO 194.
188*. Eidem. »De tua fUi«. P. 20655. s. d.
NP 111. NV 96. NO 195. — B 336. — DV 456. DP 865.
184. Petro Teupoli nato duds Venetonim. »NosU fili*. d. o.
NP 112. NO 195». — B 337.
185. Eadmundo regia Auglie filio. »De habita dudusn*. d. o,
Ueber die ihm Yom Clerus zu leistende Subvention.
NP 118. NV 97. — DV 457. DP 366.
186. Balduino de Avesnes. »Benigno a£feotu<. d. o.
Dank fQr Derotionsbezeugung; sowie der folgende.
NP 114. NV 98. NO 196. — DV 458. DP 867.
187. Felidtati uxori Balduini de Avesnes. »DevotioniB tue*, d. o.
NP 115. NV 99. NO 197. — DV 459. DP 868.
188. Magistro Hospitalis Hieroeolymitani. »Dilectamfilium fratrem*. d. o.
Empfehlimg für Bruder Jacobus desselben Ordens.
NP 116. NV lOQ. - DV 460» DP 869.
RAmisohe Stadien m. 567
189. Abbau Gasinensi. »Litteras tiias*. d. o,
Beecheid naoh CoiutaHtinopel- (cf. P. 20949) ; gowie der folgende.
NP 117. NO 198. — A 288. B 274. — DV 185. DP 186. NV 244. .
190. Eidem. »Circa ea, qne mifise nobia*. d. o.
NP 118. — A 289. B 276. — DV 186. DP 187. NV 245.
191. Episcopo Cumano. »Dilectis filüs . . . Mediolanensibus«. d. o.
Ordnung der Verhältnisse in Piacenza und Brescia.
NP 119. NO 199. — A 140. B 215. — DV 218. DP 221.
192. £idem. »Sicut intimante*. d. o.
Beruhigung Brescias ; sowie der folgende. /
NP 120. NO 200. — A 141. B 216. — DV 219. DP 222.
198. Archiepiscopo Aquensi A. 8. L. »Int^lecto per tuas*.' d; o.
NP 121. NO 201. — A 142. B 217. — DV 220. DP 228.
194. Archiepiscöpo Corinthiensi. »Cum sicut nobis*. d. o.
Erlaubniss zur Au&ahme einer Anleihe.
NP 122. NO 202. — B 888.
195. Rajmundo de Nogerüs et Petro de Aussona. »In desiderüs«. d. o.
Englische Kreuzzugsgelder cf P. 20610; darOber aneh die zwei folgenden.
NP 128. NO 208.
196. Eisdem. »Ad audientiam no«tram^ d. o. ....
NP 124.
197. Priori proyinciali 0. Fr. Praed. in AngUa. »Dilectis filüs«. d. o.
NP 125. (I. e. m. Ministro Fxatmm Minorum)^
198. Episcopo Herfordensi. »Dlazu nobis*. d. o.
RQge wegen ungebührlicher Piöründenbesetzungen.
NP 126. NV 101. NO 204. — DV 461. DP 870,
L99. Vicario Yporiensium, »Dilectum filium Emonem*. d. o«
Verwendung ftr den eingekerkerten Emo ; darüber auch der folgende.
NP 127. NV 102. NO 205. — DV 462. DP 871.
iOO, £lecto Yporiensi. »Dilectum filium Emonem«. d. c
NP 128.
'Ol, Hngoni de Penna thesaurario regine Anglie. »Tenorem*. d. o.
Uebersendung einer Abeehrift aus demjäegistrum Lmocens (lU; oder ly. ?>•
NP 129.
02. Regi Sidlie. »Desiderantes inter te«. »Dat. II. Id. NoTembr.«
Vergleich mit seinen Schwägerinen ; darüber auch die vier folgenden.
NF 130. NO 42. — A 148. B 218. u, 889. — DV 221. DP 224.
OZ. Regine Anglie. »Vigere prout deoet«. d« o.
NV 108.
04. B0egme Francie. »Sicut nosse te credimos*. d. o.
NP 181. NV 104. NO 48. — A 144. B 219. — DV 222. DP 225w
05. Re^ne Anglie. »Sicut nosse te eredimus*. d. a
NP 132. NV 104». NO 44. — A 146. B 220. ^ DV 223. DP 226.
36*. Epiflcopo Silyanectensi et abb. 8. J)yonisii. »Quantum^. P. 20657. s. d.
NP 138. NV 105, NO 206. — A 146. B 221. — DV 224. DP 227.
)7*. Re^ Ungarie. »Habes fili canssime*. P. 20618. sl d.
NP 184. NV 106. NO 45. — A 147. B 222. — DV 225. DP 22l|.
)8*. ArchiepiBcopis . . . .per Ungariam oonsütutis. »Sacerdotiiun*. P. 20614. 8.d.
NP 185. NV 107. NO 207. — A 148. B 222» - DV 226. DP 229.
568 Kaltenbrunner.
209*. Uegi Boemie. »Paternam ad tue*. . P. 20612. 8. d.
NP 186. NV 108. NO 46. — A 149. B 228. — DV 227. DP 280.
210. Edtiardo principi. »Felid ad nos*. P. 2064S. d. o.
NP 187. NV 109. NO 47 u. 295. — DV 468. DP 872. 2.
211. Nicoiao cantori Toronensi. »Ad suplicationem*. d. o.
Verleihung einer Pfründe.
NP 188. NO 296.
212. Regi Sidlie. »De cenau ottomilium«. 1272. 8. VI. (0) 10. VIT. (P). 9. 1.
Quittung über den Sidlischen Zins.
NP 189. NO 48.
218. Potestati .... Perusinorum. »Ezcommunicationis et*, d. o.
Aulhebimg d. wegen Schädigung d. Mercators Andreozi verhängten Interdicta.
NP 140. NO 297.
214. Eisdem. »Pro dilecto filio Andzeozio«. d. o.
Befehl, denselben schadlos zu halten ; sowie der. folgende.
NP 141. NO 298.
215. Eisdem. »Pro dilecto filio Andreozio*. d. o.
NP 142. NO 299.
216. Potestati .... Florentinorum. »Sperantes in yobia*. d.*o.
Verwendung für die Grafen Novelli; sowie die zwei folgenden.
NP 14S. NO 800. — A 150. B 224. — DV 228. DP 281.
217. Jacobo de Bussofi (al. Burson). »Si ea que«. d. o.
NP 144. NV 110. NO 801. — A 151. B 225. — DV 229. DP 282.
218. Regi Sicilie. »Recolis ut credimus*. d. o.
NO 49. — A 152. B 226. — DV 280. DP 288.
219. Duci Venetomm. »Super dispensatione*. d. o.
Bewilligung der Ehescheidung seines Neffion.
NO 802.
220. • Archiepiscopo Rothomagensi. »Von. fhitrem n. Narbonensem*. d^ o.
Bitte, den Cardinallegaten und den Erzbisch, v. Narbonne zu unterstützen.
NO 808.
221*. Regi Anglie. »Decet fili carissime*. P. 20668.
NV 111. NO 50. — DP 878.
222. Regine Anglie. »Sicut alie nostre*. P. 20664. d. o.
NO 61. 2.
228. Regi Sicilie. »Regie serenitatifl*. d. o.
lieber eine Anleihe für denEreuzzng; sowie der folgende.
NO 52.
224. Regi Francorum. »Venerabilem fratrem nostmm*. d. o.
NO 58.
225. Regi Sicilie. »Serenitati regie«. d. o.
Ueber seinen Ausgleich mit Genua.
NO 54. — A 168. B 227. — DV 281. DP 284.
226. Eidem. »Sicut intellezimuB*. d. o.
Verhältnisse in den Marken betreffend.
NO 55.
227. Eidem. »Düectus filius noster Martinus«. P. 20776*. s. d.
NO 56. 7
Bömische Studien III. 569
228. Regi Sidlie. »In vestitu desanrato*. d. o.
FQt den CSsterdenser-Orden. cf. P. 21020.
NO 57.
229. Gomiti Gampanie. »Ad ofBdam regentis*. d. o.
Ueber Taxübersclireftungen des Leonardus de Pipemo, Notars v. Anagni.
NO 804.
280. CiTibus Lugdunendbos. »Paterne sollidtudinis*. P. 20714. b. a.
NV 112. NO 805. — A154. B 228. — DV282. DP 285. 5.
281. Gualtero Oaraznlo Domicello Neapolitano. »D. f. mag. Berardus*. d. o.
De Terra Sancta; sowie die folgenden sechs Briefe.
NO 806.
2S2. Erardo de Valeriaoo. »Feryentem pie devotionis^. d. o.
A 290. B 276. — DV 187. DP 188. DL 122. NV 246.
288. Eidem. »Circa negotium*, d. o.
NO 807.
284. Imberto domino Belüoci. »Circa negotium*, d. o.
NO 808. — A 291. B 277. — DV 188. DP 189.
285. Guillelmo de Matiscone. »A rege Tunidi*. d. o.
NO 809. — A 292. B 278. — DV 189. DP 140. DL 128. NV 247.
286. Uniyerms Christi fidelibns. »Ad cariasimum in Christo«, d. o.
NO 310.
237. UniTerais archiepiscopis etc. »Cum dil. fil. Guillelmum*. »dat. Florentie*.
NO 811.
2 SS. Potestati .... Mediolanensium. »Si adeaset yobis*. d. o.
Aufforderung, Gesandte wegen ihres Stadtfiriedens zu senden.
NO 812. — A 156. B 229. - DV 288. DP 286.
2S9. Episcopo Urbevetano. »Habet aasertio*. d. o.
Ermächtigung, gewisse Ghibellinen vom Banne zu lösen.
NO 818. — A 156. B 280. — DV 284. DP 2S7.
240. Ad perpetuam rei memoriam. »Bonum pads*. P. 20750.
A 157. B 281. — DV 235. DP 288. DL 174. R,
241. Fratri Anaelmo Ord. Cisterc. »Presentium auctoritate*. d. o.
Friedenstiftung in Tuscien.
NO 814.
242. Ad perpetuam rei memoriam. »Pacem nuper*. d. o.
Ueber den Florentiner Stadtfrieden.
NO 815. — A 158. B 282. — DV 286. DP 289. DL 175.
24 S. Regi Francorum. ȟbi primum*. d. o.
De Terra Sancta.
NO 58. — A 295. B 281. — DV 142. DP 148, DL 126. NV 250.
244. Regi Sicilie. »Nosti fili*. d. o.
Ueber den Florentiner Stadtfrieden; sowie der folgende.
NO 59. — A 159. B 288. — DV 287. DP 240. DL 176.
245. Imperatori Constantinopolitano. »Cariasimo in Christo*, d. o.
A 160. B 284. — DV 288. DP 241. DL 177.
246. Patriarche Hierosolymitano.- »Propter infirmitatem*. d. o.
Weigerung, den Templer-Meister zurfick zu senden; auch im folgenden.
NO 816. — A 298. B 279. — DV 140. DP 141. DL 124. NV 248.
Mittbeiluifen TEL 86*
570 Kaltenbrunner.
247. Begi HieroBolymitano. »Varias ad tua<. d. o.
NO 60. — A 294. B 280. — DV 141. DP 142. DL 125. NV 249.
248. Episcopo Cnmano. »Cum aicut canonum*. d. o.
lieber den drohenden Ein^Eill fremden Kiiegsrolkes in Oberitalien.
NO 817. — A 161. B 285. - DV 289. DP 242. DL 178.
249. Uniyerais Christi fidelibus. »Cum in Christo filius*. d. o.
Ueberweisung des Castilischen Zehnten an K. Alphons.
NO 818.
250. Electo Virdunensi. »Conferrendi decimam*. 1275. 24. XI. Piaoenza.
Zehntsammlung in Deutschland.
NO 819.
251. Regine Anglie. »Singularitas caritatis*. d. o.
Ermahnung zu liebevollen Benehmen gegen ihre Söhne.
A 162. B 286. — DV 240. DP 248. DL 179. B. IL C 26.
252. Guastoni de Beamo. »Si consulte*. d. o.
Friedensermahnung mit Rücksicht auf das Concil.
A 168. B 287. — DV 241. DP 244. DL 180.
258. Regi Sicilie. »Celsitudinem regiam*. d. o. •
Ueber den Vergleich mit seinen Schwftgerinen.
A 164.. B 288. — DV 242. DP 245. DL 181.
254. Fratri Petro Alchana. »Etsi ad omnium*. d. o.
Aussöhnung zwischen Na^arra und Castilien wird ihm flbertragen.
A 165. B 289. — DV 248. DP 246. DL 182.
255. Rudolfe Regi Romanorum. »Sicut intelleximus«. d. o.
Treuga zwischen Rudolf und Savoyen ; sowie der folgende*
A 166. B 240. — DV 244. DP 247.
256. Comiti Sabaudie. »Intelleximus*. d. o.
A 167. B 240». — DV 245. DP 248.
257. Regi Francorum. »Nuper dum per Valentiam*. d. o.
Verwendung für den N. V. Ademarus de Pictayia. (publ. Delifile p. 1 47 aus B).
A 168. B 241. — DV 246. DP 249. DL 188.
258. Capitulo Romanensi. »Fidedignorum relatione*. d. o.
Locale Streitigkeiten ; darüber auch der folgende, (publ. Delisle p. 146 ans 6).
A 169. B 242. — DV 247. DP 250.
259. Archiepiscopo Viennensi. » Fidedignorum*. (1274) 12. X. Lvon. (p. Delisle a.a 0.)
A 170. B 248. — DV 248. DP 251.
260. Archiepiscopo Rothomagensi. »D. f. mag. Quillelmus*, d. o.
De Terra Sancta; sowie die folgenden 14 Briefe.
A 296. B 282. - DV 148. DP 144. NV251. 1. e. m. Baiooensi. Ebroic et Lingon. ep.
261. Regi Fi-ancorum. »Exacti temporis«. (1278. 4) 10. XIL Lyon.
A 297. B ä88. — DV 144. DP 146. DL 127. NV 252.
262. Regi Anglie. »Princeps inclite«. P. 20767. d, o.
A 298. B 284. — DV 145. DP 146. NV 258. R. n. --
26S. Eidem. »Celsitudini regie«. P. 20769. d. o.
A 299. B 285, — DV 146, DP 147. NV 254. R a. 2-
264. Eidem. »(Juanto procul dubio*, d. o.
A 800. B 286. — DV 147. DP 148. DL 128. NV 265.
BOmiBche Stadien m. 571
265. Regine Anglie. »De cariBsixiii in Christo*, d.'o.
Forderung Yon Berichten über die Lage in England.
A 801. B 287. — DV 148. DP 149. DL 129. NV 256.
266. Eidem. »Cum propriis occulis*. d. o.
Rüstungen zum Kreuzzuge; sowie die acht iblgenden.
A 302. B 288. — DV 149. DP 150. DL ISO. NV 267.
267. Antonio dicto Beth. »Quantum et qualiter«. d. o.
A 808. B 289. — DV 160. DP 151. DL 181. NV 268.
268. Regi Anglie. »Circa negotium Terre*. d. o.
A 804. B 290. — DV 151. DP 162. DL 182. NV 269.
269. Regi Sidlie. »Ad Terre Sancte suhsidium*. d. o.
A 805. B 291. — DV 152. DP 168. DL ISS. NV 260.
270. Regi Anglie. »Grata nobiB^ d. o.
A 806. B 292. -^ DV 158. DP 154. DL 184.
271. Regi Aragonnm. »Serenitatis tue receptis*. d. o.
A 807. B 298. — DV 154. DP 155.
272. Nunioni Gundisalvi. »Laudabilem quem*, d. o.
A 808. B 294. — DV 156. DP 156. NV 261.
278. Johanni Nuni. »Laudabilem quem*, d. o.
A 809. B 295. — DV 166. DP 167. DL 185. NV 262.
274. Erardo de Valeriaco. »Novit tua«. (1274) 81. VII. Lyon.
A 810. B 296. -- DV 157. DP 158.
275. »In litteris*. P. 20716 ein Exemplar, d. o.
NO 122. — A 894. B 81. — DV 860. DP 827. — SS 11 ep. 6. (R.u.8).
276. Regi Castelle ac Legionis. »In litteris*. Exemplar y. P. 20717. d. o.
NO 7S. — A 895. B 82. — DV 361. DP 828. — SS II ep. 7. (R.u.8).
277—279. »Cum ea que in*, d. o.
Drei verschiedene Fassungen einer Aufifordemng an ErzbischOfe resp. Bi-
schöfe, vor ErOffiiung des Condls zu Berathungen an die Curie zu kommen.
A 896-S98. B 88—85, — DV 862—864. DP 829—881.
280. 281. »licet generaüter*. d. o.
Conoilsladung für 2 Kategorien von Aebten. cf. P. 20774.
NO 128. 124. — A a99. 400. B 86. 87. — DV 865. 366. DP 882. 883.
282. Üniversis (]lhristi fidelibus. »Cum venerabiles fratres*. d. o.
Geleitbrief für die zum Concil reisenden Prälaten.
A 401. B 88. — DV 867. DP 884.
28S. Magistro Fredulo. »Ad pacaficum statum*. d. o.
Verhandlungen mit K. Alphons.
NO 125.
284*. Rudolfe in R. Regem electo. »Dilectus filius*. P. 20857. s. d.
A 62. B 58. — DV88. DP 87. DL 84.
285*. Eidem. »Grata nee immerito*. P. 20809. s. a.
A 58. B 59. — DV 89. DP 88. DL 85. NV 180.
286*. Regi Boemie. »(}uam necessaria*. P. 20888. s. d.
A 64. B 60. — DV 40. DP 89. DL 86. NV 181.
287*. Regi erstelle ac Legionis. »Inducit*. P. 20846. s. d.
NV 118. NO 78». — A66. B 61. — DV 41. DP 40. DL 87.
i
572 Ealtenbrunner.
288. Magistro Ferrando. ,(Srca negotium«. 1274. 11. VI. Lyon.
Empfehlung doB Magifiter FreduluB.
A 57. B 68. — DV 48. DP 42. DL 89. NV 188.
289. Magistro Fredulo. »Presentium tibi«, d. o.
Verhandlungen mit E. Alphons.
NO 126. — A 58. B 64. -- DV 44. DP 43. DL 40. NV 184.
290*. £idem. ,Ad prosequendum«. P. 20846. (y. 20974).
NO 127. — A 66. B 62. — DV 42. DP 41. DL 38. NV 182.
291. Eidem. »Cruoedgnati«. d. o.
lieber die Exemtion der Kreuz&hrer vom Zehnt.
NO 128.
292. Regi Francorum. »Quam sit ezpediens*. P. 20875. s. L
NO 74. — A 311. B 297. — DV 158. DP 159. R
298*. Regi Sicilie. »Ne animi tui«. P. 20976. b. d. (▼. 20858).
NO 75. — A 59. B 65. — DV 45. DP 44. DL 41. NV 185.
294". Eidem. »Frequenter constans«. P. 20977. s. d.
NO 76. - A 60. B 66. — DV 46. DP 45. DL 42. NV 186.
295. Prindpi Salemitano. »De te fili«. d. o.
Erbaulichen Inhaltes.
NV 114. — DV 464. DP 874.
296. Abbati et generali capitulo CiBterciena. »Sacri vestri*. d. o.
Bitte um ihre Fürbitte bei Gott.
NV 115. — DV 465. DP 875.
297*. Regi Boemie. »JoconditatiB causam«. P. 20906. s. d.
NV 116. NO 77. — A 318. B 299. - DP 161.
298. Rudolfo Regi Romanorum. »Solent ardua«. P. 20929.
NV 117. NO 78. — A 61. B 67, — DV 47. DP 46. DL 48. »
299. Archiepiscopo Treverensi etc. »Carisaimo in Christo«. P. 20981. s. a
Zahlreiche, zum Theil unter L e. m. eingetragene Exemplare.
A 62-65. B 68-70. — DV 48-51. DP 47-49. DL 44-46. NV 187-189. 9
800*. Regi Boemie. »Ad occurrendum«. P. 20980. »Dat. Lugduni ut sapra«.
NO 80. — A 66. B 71. — DV 62. DP 60. DL 47. NV 190.
801*. Regi Francorum. »Pertulit«. P. 20967 mit 1274. 1. XII. Lyon.
NV 118. NO 81. - A 67. B 72. — DV 58. DP 61. DL 48. NV 191.
802. Eidem. »Super expenais«. »Dat. ut aupra« = 1274. 81. VIL TOn n* 29ä.
Ueber Geldbeschaffung für den Ereuzzug.
NO 82. — A 812. B 298. — DV 169. DP 160. Ji. UI. c 16-
808. Rudolfo Regi Romanorum. »Propter multa«. P. 20962.
NO 83. — A 68. B 72». - DV 54. DP 52. DL 49. NV 192. ^
804*. Eidem. »Serenitati regio«. P. 20966. s. d.
NO 84. — A 69. B 78. — DV 55. DP 58. DL 50. NV 198.
805*. Guillelmo .... de Laturre. »Laudabilem«. P. 20967. s. d.
NO 129. — A 70. B 74. — DV 56. DP 64. DL 51. NV 194.
806*. Ueinrico duci Bavarie. »Etsi ut litterarum«. P. 20964. b. d.
A 71. B 75. — DV 57. DP 65. DL 52. NV 195.
807. Patriarche HieroBoljmitano. »Quanto extimamus«. P. 20926. d. o.
NV 119. — DV 466. DP 876. B-
808. Archiepiscopo Remensi. »Si mentes fidelium«. P. 2092O (JSxemplai). d. o-
NV 120. NO 181. — DV 467. DP 877, ^
BGmiBOlie Stadien IIL 573
S09*. Regi Boemie. »QuamiriB devotiaiiem*. P. 20963.
NV 121. NO 85. -- A 72. B 76. - DV 58. DP 56. DL 58. NV 196.
SlO. Emanneli, natö regia Caatelle. »Habet de te*. d. o.
Verbandlangen mit K. Alphons; sowie die nächsten fOnf Briefe.
NV 122. — A 78. B 77. — DV 59. DP» 57. DL 54. NV 197.
Sil. Regi Castelle ac Legionis. >0 quam bonns*. P. 20969. s. a.
NV 128. NO 86. — A 74. B 78. — DV 60. DP 68. DL 55. 9.
S12. Eidem. ,DiL fil. Johannes de Porta«. (1274) 81. XII. I^on.
NV 124. NO 87. — A 75. B 79. - DV 61. DP 59. DL 66.
SIS. Eidem. ,Dil. fiL mag. Fxedulus*. »Dat. ut supraS
A 76. B 80. — DV 62. DP 60. DL 57. NV 198.
814*. Regine Castelle. »In odore drcumspectionis*. P. 20975. s. d.
NO 88. — A 77. B 81. — DV 68. DP 61. DL 58. NV 199.
815. Emanneli, nato regia OMtelle. »Litterarum tuarum*. d. o.
NV 125. — A 78. B 82. — DV 64. DP 62. DL 59. NV 200.
816. Vicario regis Sidlie, potestati . . Alezandrie, Albe etc. »lUnd nobis*. d. o.
Ueber den drohenden Einfall fremden Kriegsrolkes.
NV 126. — B 582. — DV 870. DP 835 u. 878.
817. Regi Sicilie. »Com in feste b. Apoatolorum«. 1271. 1. XI. Viterbo.
Bestätigung des Sicilischen Zinses.
NO 241.
S18. Epiacopo Valentinensi. »Ut conBultius«. d. o.
Verhandlungen mit K. Alphons; sowie die zwei folgenden.
NO 242. — A 79. B 88. — DV 65. DP 68. DL 60. NV 201.
819. Regi Aragonum. »Per vener. fratr. episc. Valentinensem*, d. o.
NO 89. — A 80. B 84. — DV 66. DP 64. DL 61. NV 202.
S20. Regi Gastelle ac Legionis. »Litteras serenitatiB*. d. o.
NO 90. - A 81. B 85. — DV 67. DP 66. DL 62. NV 203.
821. Magiatro Raymundo de Nogeriis. »Cläre memorie B.* d. o.
Anleihe fftr d^ Kreuzzug.
NO 248. — A 814. B 800. — DV 160. DP 162.
o22. Archiepiacopo Lugdunensi. »Etai ratione generalis*. »Dat. Id. Januarii*.
Ueber die Sammlung des Zehnten.
NO 244.
28. Regi Anglie. »DiL filii Bemardus Scottua*. d. o.
Ueber Zebntsammlung in England.
NO 91.
24. Regi Francorum. »Peütionem super diapensationis*. d. o.
Heirathaprqject zwiachen Frankreich u. Navarra; aowie die fünf folgenden.
NO 92. — B 588.
S25. 8(imoni) preab. card. A. S. L. »Dil. fil. Bonifacium'. d. o.
NO 245. — B 584.
G26. Regi Francorum et Blance regine Navarre. »Vigore iuris*, d. o.
NV 128. — B 685. — DV 468. DP 879.
S27. Regi Francorum. »Per dil. fiL Boni&cium*. (1274. 5) 23. III. Lyon.
NO 98. — B 588.
C28. Eidem. »Ut negotium diapenaationis*. »Dat. XI. Kl. Aprilia*.
NO 94, — B 587,
o
r>
574 Kaltenbranner.
829. Scimoni) presb. card. A. 8. L. «Licet negotium*. »Dat. at supra*.
NO 246. — B 588.
880. Regi Francorum. «Moiesta nimirum '. . d. o.
Die Pariser Kirche betreffend; sowie der folgende.
NV 127. — B 589^ — DV 469. DP 380.
88). S(imoni) presb. card. A. S. L. »Molesta nimirtim*. d. o.
NO 247. — B 690.
SS 8. Episcopo YalentinensL »Carissimo in Cbristo filio*. d. o.
Verhandlungen mit E. Alphons.
NO 248. — A 82. B 86. — DV 68. DP 66. DL 68. NV 204.
888. Begi Anglie. »Non est otiosa*. d. o.
Heber den englischen Zehnt.
NV 129. NO 95. — B 691. - DV 470. DP 381.
SS 4. Johanni comiti Richmundie. »Licet matrimonüs*. d. o.
Ehedispens.
NO 249. — B 592.
885. Regi Francorum. »Dil. fil. n. y. Gnalcherius *. d. o.
Verwendung fQr Gualcherius; darüber auch der folgende.
NO 96. — B 598.
886. 8(imoni) presb. card. A. S. L. »Dil. fil. n. y. Gualcherius*. d. o.
NO 260. — A 815. B 801 u. 594. — DV 161. DP 168. NV 268.
337*. Regi Boemie. »Extenso dudum*. P. 210S0. s. d.
NV 180. NO 97. — A 96. B 101 u. 595. — DV 82. DP 81. l>h 78.
888. Abbaübus Leodiensis diooesis. »Sna nobis*. P. 21004. d. o.
NO 251. — A 816. B 802. — DV 162. DP 164. NV 264. B-
839*. Regi Sicilie. »Patet liquide*. P. 21095. s. d.
NO 98. — A 317. B 808 u. 596. — DV 168. DP 165. DL 186. NV 265.
840. Uniyersis abbatibus . . . Gisterc. Ord. »In vestitu*. P. 21020. d. o.
NV 181. NO 262. — B 597. — DV 471. DP 382. B. u. 1*
841. Universis abbatibus Gisterciensis Ordinis. »Nuper in concilio*. d. o.
Ebenfedls Zehntprivileg; im folgenden Verständigung hieyon.
NO 258. — B 598.
342. Universis collectoribus decime. »Nuper te ordinavimus*. d. o.
NO 254. — B 599.
848*. Budolfo Regi Bomanorum. »Sacerdotium*. P. 20989.
NV 182. — A 83. B 87. — DV 69. DP 67. DL 64.
844*. Archiepisoopo Treverensi etc. »Sacerdotium*. P. 20990. »Dat. ut supr«'.
Zahlreiche Exemplare, theik unter L e. m., theils selbständig eingetragen.
NO 79. — A 84-87*. B 88-92. — DV 70-78*. DP 68-72. DL 05-69.
845*. Rudolfo Regi Romanorum. »Nosti fili*. P. 20991.
NO 99. — A 88. B 98. — DV 74. DP 73. DL 70. NV 205.
846*. Eidem. »Ne celsitudinem*. P. 20992. undatirt trete Theiner.
NO 100. — A 89. B 95. — DV 75. DP 74. DL 71. NV 206.
347*. Eidem. »Insignis Mediolanensis*. P. 20993. undatirt trotE Üieiner.
NO 101. — A 90. B 94. — DV 76. DP 76. DL 72. NV 207.
848. Eidem. »Grata nobis*. P. 21085. nur: »Dat. Aurasice*.
NV 183. NO 102. — A 91. B 96. — DV 77. DP 76. DL 78. 9.
849*. Eidem. »Cunctis inopina*. P. 21086.
NV 134. NO 103. — A 92. B 97. — DV 78. DP 77. DL 74.
L
Römische Stadien TU. 575
SSO. »Dudum super generalis*. P. 20685 (Exemplar), d. o.
NO 104. — A 898. B 80. — DV 859. DP 826. R.
S51. Universis Christi fidelihus. »Cum c. i. Chr. f. n. Rex Castelle*. d. o.
Geleitbrief fflr eine Genuesische Gesandtschaft zu K. Alphons.
NO 106.
852*. Regi Castelle ac Legionis. »Serenitatis tue«. P. 21082*. »Dat. Lngduni«.
NO 112. — A 08. B 98. — DV 79. DP 78. DL 75. NV 208.
858. Emanueli, nato regis Castelle. »Misse nobis«. d. o.
Zusammenkunft mit K. Alphons ; sowie der Torstehende und die 8 folgenden-
Ä 94. B 99. — DV 80. DP 79. DL 76. NV 208«.
854*. Regi Castelle ac Legionis. »Placeret nobis«. P. 21084.
NO jn. — A 95. B 100. — DV 81. DP 80. DL 77. NV 209.
855*. Archiepiscopo Narbonensi. »Carissimum in Christo«. P. 21081. s. d.
NO 255. — .A 97. B 102. — DV 88. DP 82. DL 79. NV 210.
856. Senescalco Bellicadri. »Cum intendamus«. d. o.
NO 256. — A 98. B 108. — DV 84. DP 88. DL 80. NV 211.
S57*. Regi Boemie. »Per dilectum filium«. P. 21088.
NO 114. — A 99. B 104. — DV 85. DP 84. DL 81. NV 212.
858*. Potestati . . Albe etc. » Viget in«. P. 210S8 m. »Dat. Bellicadri VI. Id. Maii a. IV». «
NV 185. NO 257. — A 100. B 105. — DV 86. DP 85. DL 82.
S59*. Rudolfe Regi Romanorum. »Ne contingat«. P. 21046.
A 101. B IOC. — DV 87. DP 86, DL 88. NV 218.
260. Eidem. »fnstantiam negotiorum«. P. 21047.
NO 180. — A 102. B 107. — DV 88. DP 87. DL 84. NV 214. 9.
S61. Reg^ Francorum. »Tnstantiam negotiorum«, d. o.
Ueber die Ansprüche E. Alphons auf Navarra ; sowie der folgende.
A 108. B 108. — DV 89. DP 87. L e. m. DL 84. F. e. m.
SC2. S(imoni) predb. card. A. 8. L. »Quia carissimus«. (1275) 1. VII. Beancaire.
A 104. B 109. — DV 90. DP 88. DL 85. NV 215.
63*. Regi Castelle ac Legionis. »Credimus ad tuam«. P. 21054. s. d.
A 105. B 110. — DV 91. DP 89. DL 86. NV 216.
64. Regi Boemie. »Quid ita«. P. 21056. »Dai Bellicadri«.
A 106. B 111. — DV 92. DP 90. DL 87. NV 217. R.
S65*. Rudolfe Regi Romanorum. »De prosperis tue«. P. 21048. s. d.
A 107. B 112. — DV 98. DP 91. DL 88. NV 218.
C 66*. UniTcrsis archiepiscopis . . . p. Alemaniam etSdavoniam. » Ad statum «. P.2 1 07 1 .
A 108. B 118. 114. — DV 94. DP 92. DL 89. NV 219.
S67*. ArchiepiscoxK) Ebredunensi. »Pridem universo^«. P. 21090.
A 109. B 115. — DV 95. DP 98. DL 90. NV 220.
368*. Magistro Fredulo. »Venerabili fratri«. P. 21078. s. a.
A 110. B 116. — DV 96. DP 94. NV 221.
C69. Archiepiscopo Hispalensi. »Ob dandum«. P. 21072. »Dat. ut supra«.
A 111. B 117. — DV 97. DP 96. DL 91. NV 222. R.
S70. Eidem. »Intellecto nuper«. P. 21080. s. a.
A 112. B 118. — DV 98. DP 96. DL 92. NV 228. R.
S71*. liagistro Rudolfe cancellario etc. »Cednlam quandam«. P. 21098. s. a.
A 113. B 119. — DV 99. DP 97. DL 98. NV 224.
S72*. Marchionibus . . . per Lombardiam etc. »Desiderantes«. P. 21092. s. a.
A 114. B 120. — DV 100. DP 98. DL 94. NV 225.
2'
n
576 Kaltenbru&ner.
S78. Regi Romaaorum. »Circa Teno Sancte«. d. o.
Verbot der Turniere in Hinblick auf den Ereuxzug.
NO 144.
S74. Regi Scotie. »lUustris asBensus«. (1275) 14. XL Mailand«
Ueber den Zehnt.
NO 145.
S75*. Regi Francornm. »De dilecto*. P. 21064. 1275. 9. V. Beaucaire.
NO 115. — A 818. B 804. — DV 164. DP 166. DL 1S7. NV 266.
S76*. Petro, filio regia Aragonum. »Venerabilem«. P. 21068. (1275) 9. V. Beaucaire.
NO 116. — A 819. B 805. — DV 165. DP 167. DL 1S8. NV 267.
877. Regi Francormn. »DiBCuasis ezacte*. d. o.
Dispens f&r Philipp von Frankreich und Johanna von Navarra.
NO 117. — NV S41.
878. Regi Sioilie. ,£z parte tua«. P. 21045. d. o«
NO 118. ^
879*. Rudolfe Regi Romaaorum. »Tuis consulere*, P. 21055. s. d.
NO 119.
880*. Abbat! GasinenBi. »Prosperitäten! tui<. P. 20949. (1275) 15. V. Beancaii«.
NO 258. — A 867. B 886 u. 600. — DV 882. DP 298.
381. S(inioni) presb. card. A. S. L. »Solent quos«. (1725) 29. VL Beaucaire.
De Terra Sancta; sowie die 7 folgenden Briefe.
NO 259. — A 820. B 806 u. 601. — DV 166. DP 168. DL 189. NV 268.
882. Erardo de Valeriaco. »Diutume«. P. 21079 mit (1276) 27. X. Sitten.
NO 820. — A 821. B 807. — DV 167. DP 169. DL 140. NV 269.
888. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Prout ex*. (1275) 7. VIL Beaucaire.
A 822 u. 826. B 808 u. 812. — DV 168. DP 170. DL 141. NV 270.
884. Regi Oasteile ac Legionis. »Dia te*. (1275) 26. VII. Beaucaire.
A 828. B 809. — DV 169. DP 171. DL 142. NV 271.
885. M. Raymundo Marchi camerario. »Sicut intelleximus*. (1275) 28. VIL Beaucaire.
A 824. B 810. — DV 170. DP 172. DL 148. NV 272.
886. Emanueli, nato regis CSastelle. »Dil. fil. Opizo«. (1275) 17. IX. Valeace.
A 825. B 811. — DV 171. DP 178. DL 144. NV 278.
387. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Per d. f. Guillelmum*. »Dat V. Id. Ifariü*-
A 827. B 318. — DV 172. DP 174. NV 274.
888. Electo Virdunensi. »A tua non credimus*. »Dat. ut supra*.
A 828. B 814. — DV 178. DP 175. DL 145. NV 275.
889. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Clarissimus in (Christo*, d. o.
Ueber die Abänderung der Frankreich und Navarra ertheüten £hedi8pau>
NO 260.
390. Episcopo Sabinensi. »Licet omnium ecclesiarum*. (1275) 7. VI. Beaucaire.
Uebertragung der Fürsorge für die Titelkirche S. Marcello.
NO 261.
891. Archiepiscopo Lugdunensi. »A fidedignis accepimus*. d. o.
Ueber dessen Streit mit dem »Gamerarius Lugdunensis*.
NO 262.
892. Regi Aragonum. »Utinam fili*. P. 21057. s. a.
NV 186. NO 120. — B 602. — DV 472. DP 888. R
898. Eidem. »ScioLua quod amara«. P. 21075. s. a.
NV 187. NO 121. — B 603. — DV 478. DP 884. R-
Römische Studien III. 577
S94. Archiepiscopo Tarraconensi. »Clamante &cti<. P. 21076. »Dat. ut Bupra*.
NO 268. R.
095. Archiepiscopo Ebredunenfli. »QuantoextimamuB*. Exemplar v. P. 20925. d. o.
NO 264. — B 604. (R.)
096. Eidem. »Negotium dedme*. (1275) 27. X. Sitten.
Ueber die Zehntsammlung in Deutschland; sowie der folgende.
NO 265.
597. Eidem. »Cum te pro negotio*. »Dat. Seduni*.
NO 266.
598. Electo Yirdunensi. »Magistro Rogero*. »Dat. ut supra«.
Ueber die Zehntsammlung in England; sowie die zwei nächsten.
NO 267.
C99*. Eidem. »Cum sicut intellezimus«. P. 21086. s. a.
NO 268.
400. Eidem. »Cum te ad partes*. (1275) 17. XI. Mailand.
NO 269.
401. Archiepiscopo Ebredunensi. » Dissensionis materia *. P. 2 1 085*. » Dat. Seduni *.
NO 821. R.
402*. Regi Sicilie. »Ut filialis«. P. 21097 mit »Dat XV. Kl. Jan. Florentie«.
NV 188. NO 109. — DV 474. DP 885.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Notabiles.
408. (aus A IV) : Henrico Treverensi electo. » Felicis *. P. 20645. (1272) 25. X. Oryieto.
A 197. B 186. Marino de Eboli u. R. I. 88.
404. Ad perpetuam rei memoriam. »Nephandum scelus*. P. 207 12. d. o.
A 199. B 188. — DV 886. 887. DP 444. R. u. 2.
405. Ad perpetuam rei memoriam. »Meraores uberum*. P. 20956. 8.a.
A 200. B 189. R. u. 5.
406. Ad perpetuam rei memoriam. »E regnoPortugallie*. 1275. 4. IX. Beaucaire.
Kirchliche Verhilltnisse Portugal Is.
A 201. B 140.
407. (aus AVI): Ad perpetuam rei memoriam. »Ecclesia (]!ataulanensis<. d. o.
Besetzung des Stuhles von CJhalons.
A 287. B 158.
408. Archiepiscopo Cantuarienid. »Ex confessione n. y. Rogen*, d. o.
Ueber die Absolution des Rogerus de 01iford(?).
A 288. B 154. — DV 174. DP 176. DL 146. NV 276.
409. (Judicibus). »Habet dilectus filius«. 1278. 18. III. (Oryieto).
Gegen kirchenräuberische Bürger u. Cleriker y. Noryich ; sowie der folgende.
A. 2ti9.
410. Londoniensi et Eliensi episcopis. »Habet dilectorum*. P. 20688. s. 1.
A 240. B 155. — DV 175. DP 177. DL 147. ?
411. Abbati mon. de Cantruparto iuxta Camuntum. »Petitio dilecti*. d. o.
Ueber eine Pfründenyergabung.
B 156.
412. Archiepiscopo Narbonensi. »litterarum fei. rec. Clementis*. d. o.
Ueber d. Consecration des Erwählten y. Carcasaonne (p. Delislep. 143 aas B).
A 241. B 157. — DV 176. DP 178. DL 148. NV 277.
MHtheiloDfen TU. 87
578 Kaltenbrunner.
418. (Rothom. et Senonend arcbiep. et Bilvanectena episc.) » RemensiB <. P.207 1 8. d.O.
A 242. B 168. — DV 177. DP 179. DL 149. NV 278. B.
414. Ad perpetaam rei memoriam. »Sicnt ituütia*. d. o.
Aufhebung des Verbotes der canoniacben Wahlen in der Lombardei.
A 248. B 159. — DV 178. DP 180. DL 150. NV 279.
415. (Fr. Johanni de Viterbio). »Occaaione conctlü*. P. 20784 (mit X. Kl. Junii).
A 244. B 160. — DV 179. DP 181. DL 151. NV 280. R.
416. Eidem. ȣz parte civitatiB*. d. o.
Absolution des Clerus von Pisa.
A 245. B 161. — DV 180. DP 182. DL 152. NV 281.
417. Ad perpetnam rei memoriam. »Sicut magni beneficii*. P. 20748. d. o.
A 246. B 162. — DV 181. DP 188. DL 158. NV 282. R.
418. Imperatori Constantinopolitano et Regi Sicilie. »In conyentione*. d. o.
lieber die Verlftngerung ihrer Treuga. cf. P. 20871.
A 247. B 168. -> DV 182. DP 184. DL 154. NV 288.
419. Ju(dicibu8). »Mirantes audivimus«. d. o.
lieber eine Ehescheidung; darüber auch der 'folgende.
A 248. B 164. — DV 188. DP 185. DL 155. NV 284.
420. Eidem. »Licet in litteris*. d. o.
A 249. B 165. — DV 188». DP 186. DL 156. NV 284».
421. ArchiepiscoxK) Toletano. »Felicis recordationis*. P. 20804.
A 250. B 166. — DV 184. DP 187. DL 157. NV 285. B.U. 1.
422. Londoniensi episcopo. »Sicut intellezimus*. d. o.
Kirchliche VerhUtnisse Englands; auch der folgende.
A 251. B 167. — DV 185. DP 188. DL 158. NV 286. R. L 24.
428. Eidem. »Statu regni Anglie*. d. o.
A 252. B 168. — DV 186. DP 189. DL 159. NV 287. R. L 64.
— (Gregors Wahlakten. A 257-259. B 17S-175. — DV 505-507).
424. (aus AVIII): Michaeli Paleologo. »Qui miseratione*. P. 20680. s. a.
A 384. B 858. ^ DV 811 (u. 294). DP 275. DL 201. R. u. 8.
425. Patriarche Qrecorum. »Multodcut«. P. 20681. (A: X[I[.K1.B:VI[L Kl. Not.)
A 885. B 854. — DV 812 (u. 296). DP 276. DL 202. R. u. 8.
426. Jeronimo de Esculo. »In litteris quas*. P. 20688. s. a.
A 886. B 855. — DV 818 (u. 296). DP 277. R-
427*. Regi Sicilie. »Tractatum de'reductione*. P. 20811. s. d.
A 887. B 866. — DV f. 14. DP 278.
428*. Eidem. Sicut in litteris«. P. 20812. s. d.
A 888. B 857. — DV 815. DP 279.
429*. Mag. Simoni de Parisius. »Quo magis*. P. 20778. s. d.
A SS9. B 858. — DV 816. DP 280.
480. Regi Sicilie. »Sicut ad tuam*. P. 20689. s. a.
A 840. B 859. — DV C17. DP 281. R.
4SI. Jeronimo de Esculo etc. »Cum tos ad«. P. 20688. s. a.
A 841. B 860. — DV 818. DP 282. R.
482. Michaeli Paleologo. »litterarum series«. P. 20762. (mit X[. Kl. Dec).
A 842. B 861. — DV 819 (u. 297). DP 288. DL 208. R u. 8.
488. Regi Sicilie. »Tamquam rem*. P. 20760. d. o.
A 848. B 862. — DV 820. DP 284. K
Bömiache Stadien m. 579
484. Imperatori Constaiitinopolitaao. »Tamquam*. P. 20769. cL o.
A 844. B 868. — DV 821. DP 285. R.
485. ^rchiepiscopis . . . etc. »Sub spe illius«. P. 2076S. d. o.
A 845. B 364. — DP 286. RII.c.16.
486. Abbat! CasmenBi. »Virum magnificum«. P. 20764. d. o.
A 846. B 865. — DV 822. DP 287. R. II. C. 14.
437. Fr. Jeronimo et Bonagratie. »Labores vestros*. P. 20766. d. o.
A 847. B 866. — DV 828. DP 888. R.
488. Epificopo Panormitano. »Cariflsimo in Christo*. P. 20765. s. d.
A 848. B 867. — DV 824. DP 289. R. IL c. 16.
— (Einlauf aus dem Orient. A 849-857. B 868-877. V. Delisle p. 129. ISO).
489. Michaeli Paleologo. »Ezultat mater«. P. 20869.
A 358. B 878. — DV 826. DP 29a NV 840. R. u. 8.
440. Andronico prindpL »Habes fili«. P. 20872. (nur: »Dat V. El. Aogusti).
A 859. B 879. — DV 826. DP 291. R. u. 8-
441. Prelatis Grecorum. »Oarissimi in Christo«. P. 20873. »Dat. ut supra*.
A 360. B 880. — DP 292. R. u. 8-
442*. Johanni dicto Balastro 0. M. »Cum in negotio«. P. 20877. s. d.
A 861. B 381. — DV 887. DP 898.
443*. Regi Sicilie. »Pzooessnm habitom*. P. 20878. s. d.
A 362. 868. B 882. — DV 828. DP 894. (mit I. e. m. = Potthas^.
444*. Neapolioni et Francesco de Laturre. »Retulit ad«. P. 20879. s. d.
A 864. B 888. — DV 829. DP 296. (mit L e. m. s= Potthast).
445. Michaeli Paleologo. »Diiectumfilium«. P. 20870. »Dat. utsapraV.Kl. Aug.«
A 365. B 384. — DV 880. DP 296. R.
446. Abbati CasinensL »In oonventionibus«. P. 20871. s. d.
A 866. B 886. — DV 881. DP 297. R. III. c. 14.
447*. (In SS) : B(ertrando) quond. archiep. Arelat. » A nostre «. P. 2068 1 . d. o. Qu.II.ep.8.
448. Uniyenis. »Terra Saocta«. d. o. Aufforderung zum Kreuzzug. Qu. IL ep. 10.
InnooenB Y.
449*. Potestati . . . Januensinm. »Regia pacifid«. P. 21099. 1276. 26. L Arezzo.
NV 139. NO 828. -- A 171. B 411. — DV 249. DP 262. DL 184.
460. Episcopo Onetensi. »Saraoenis de partibus Africanis«. d. o.
Ueber den Ereuzzug in Spanien.
NO 388.
451*. Archiepiscopo Hispalensi. »£zurgat Dens«. P. 2 1186. 1276. 9. IV. Lateran.
NV 140. NO 824. — B 627. — DV 476. DP 886.
458. Budolfo Regi Romanorum. »Novit ezcellenüa«. P. 21107. s. a.
A 115. B 121. — DV 101. DP 99. DL 95. NV 226. 9.
458*. ArchiepisooxK) Ebredunensi. »Dilectum filium«. P. 21106. »Dat ut supra«.
A 116. B 122. — DV 102. DP 100. DL 96. NV 227.
454*. Rudolfo Regi Romaoorum. »Si attentione«. P. 21108. (v. 2 1180).
A 117. B 128. — DV 103. DP 101. DL 97. NV 228.
455. Begi Sidlie. »Ne in posterum«. P. 21104. d. o.
A 406. B 39. 40. — DV 389. DP 446. 4.
456*. Ad fhturam rei memoriam. »De fratrum nostronun«. P. 21108.
A 407. B 41. — DV 890. DP 447.
87*
580 Kaltenbrunner.
Ausserhalb der Reihe der Epistolae Notabiles.
457*. (aus A VIII) : Michaeli Paleologo. »Dudumad'.P. 211S6. 1276. 2S. V. Lateran.
A S68. B 887. — DV 388. DP 299.
458. (In SS) : Archiepisc. Turon. , Fundamentum«. £xpl.y.P.2 1 102. Qu.II.ep.9. (M.d.E.)
Johannes XXI.
459. Archiepiscopo Turonensi. ,Qui eteme legis*. Exemplar y. P. 21160. d. o.
NV 141. K
460. Reg^ Francorum. ,Qui eteme legis*. P. 21159. d. o.
NV 14 1». — B 628. R. u. 2.
461. Ad perpetuam rei memoriam. »Licet felicis recordationiB*. P. 21151.
NO C25. — A 408. B 42 ü. 680. R. 158.
462*. Universis Christi fidelibus. »Crescit facile*. P. 21152.
NV 142. NO 826. — A 409. B 48. - DV 872. DP 887.
468. Johanni de Graliaco. »Dire calamitatis*. d. o.
Ueber Ereuzzugsgelder. R. 4.
B 681.
464*. Regi Franoorum. »Habet infausti«. P. 21165.
NV 148. NO HO. — A 172. B 412. — DV 250. DP 258. DL 185.
465. Regi Castelle ac Legionie. »Habet infausti*. »Dat. ut. supra*.
Dasselbe wie in P. 21165 an den französischen König.
NV 148». NO 111. — A 178. B 418 u. 688. — DV 261. DP 254.
466*. Joh.mag. 0. Pr. et Hieron. min. Fr. M.,Probata*. P.21166. 1276. 15.X. Viterbo-
NO 327. — A 174. B 414. — DV 252. DP 255. DL 186.
467*. Eisdem. »(juanto desideramus*. P. 21167. (1276) 19. X. Viterbo.
NO 327». — A 175. B 416. — DV 258. DP 256. DL 187.
468. Eisdem. »Licet nobis*. »Dat. XIII. Kl. Noyembr.*
Ueber Schlichtung des französ.-ca8tilischen Streites ; sowie die 4 frfiheren.
NO S28. — A 176. B 416. — DV 264. DP 257.
469. Regi Aragonnm. »Inter cetera soUicitudinis*. d. o.
Das Bisthum Jaen betreffend.
NV 144. NO 111». — B 682. — DV 476. DP 887.
470. Johanni Bertrandi (al. Bertraldi). »Dire calamitatis*. d. o.
Ueber Rüstungen zum Kreuzzug.
NV 145. — DV 477. DP 888. R. 11.
471. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Molestanimis«. P. 21229 mit »Dat Viterbii*.
NV 146. — A 177. B 417. — DV 255. DP 268. DL 188. R.
472. Episcopo Parisiensi. »Flnmen aque*. (1277) 28. IV. Viterbo.
Ueber falsche Doctrinen an der Pariser Uniyersitftt.
NV 147. — B 629. — DV 478. DP 889.
478*. Regi Portugallie. »Joconditatis«. P. 21249. s. d. (wiederholt in P. 21272).
NV 148. NO 188. — DV 479. DP 890.
474. J(ohanni) S. Nicolai i. C. diac. card. »Inter uniyersos*. P. 21171.
NO 208. ?
475. Canonicis Basilice XII Apostolorum. »Inter uniyersas*. P. 21172. d. o.
NO 209. ' ?
476*. Rudolfe Regi Romanorum. »Habet filis P. 21181.
A 118. B 124. — DV 104. DP 102. DL 98. NV 229.
RGmische Stadien III. 581
477*. Eidem. »Quante soUicitudinis*. P. 21182. »Dat. ut supra*.
A 119. B 125. — DV 105. DP 108. DL 99.
478*. Archiepiscopo Maguntino. »Felicia recordationis*. P. 21187. b. a.
A 120. B 126. — DV 106. DP 104. DL 100. NV 280.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Notabiles.
479*. (aus A VIII): Michaeli Paleologo. »Pacis emulus«. P. 21187. s. d. cf.p. 85*
A S69. B 888. — DV 884. DP 800.
480*. Eidem. »Quanto gaiidio*. P. 21188. »Dat ut supra*.
A 870. B 889. — DV 885. DP 801.
481*. Patriarche . . . Grecorum. »Grandis affectus*. P. 21139. »Dat. ut supra*
A 871. B 890. — DV 886. DP 802.
482*. Andronico prindpi. »Lucis creator*. P. 21140. »Dat. ut supra*.
A 872. B 891. — DV 887. DP 808. DL 204.
483*. Jacobo Ferentinati episoopo etc. » In litteris quas*. P. 2 1 14 1 . (l276.28.V.Lateran).
A 878. B 892. — DV ff88. DP 804.
484. Eisdem. »Cum vob ad*, publ. Delisle App. IX.
A 874. B 898. — DV 389. DP 805.
485*. Eisdem. »Licet ea que*. P. 21148. (1276. 25. V. Lateran).
A 875. B 894. — DV S40. DP 808.
486*. Eiadem. »In commisei vobis*. P. 21142. s. d.
A 876. B 895. — DV 841. DP 806.
487*. Eisdem. »In cetera que*. P. 21144. s. d.
A 377. B 896. — DV 842. DP 807.
Die Cardinäle in der Sedisvacans nach Johannes XZI.
488. Begi Sicilie. »Secundum conventiones*. »Dat. Viterbii eccl. Rom. vac.*
Ueber den Sicilischen Zins.
NO 189.
489*. Rudolfo Regi Romanorum. »Quamquam de*. P. 21250. cf. P. 21221.
NO 140. — A 121. B 127. — DV 107. DP 105. DL 101. NV 281.
490*. Duci . . . Venetorum. »Insignis Venetiarum*. P. 21252. s. d.
NV 149. NO 211. — B 840. — DV 480. DP 891.
491. H. dicto Rubeo. »Habet dilectus filius*. d. o.
Hier und im folgenden Mittheilung vom Erlass des vorhergehenden.
NO 212. — B 841.
4 92. UoiversiB abbatibus per Anchonitanam Marcam. » Habet*. 1277. 5. VIU. Viterbo.
B 842.
493*. Johanni mag. 0. Pr. et Hieronymo min. Fr. M. »Ad habitum*. P. 21258. B.d.
NV 150. — B 348. — DV 481. DP 892.
494*. Esculanis. »Quis furor*. P. 21254. s. d.
NV 151. NO 218. — B 844. — DV 482. DP 898.
495*. Namiensibus. » Vestri processus*. P.2 1355. s. d.(NO false: Parmensibus. P.21o56).
NV 152. NO 214. — B 845. — DV 483. DP 894.
496*. RectoribuB Romane fratemitatis. »Successor apostolorum*. P. 21251.
NV 158. NO 215. — B 846. — DV 484. DP 895.
582 Ealtenbrunner.
Nioolaus HL
497*. Regi Sidlie. »Incensus«. P. 21258. 1277. 28. (B fiOfle 24.) XL Viierbo.
NP 145. NV 155. NO 106. — B 848. — DV 486. DP 397.
498. Regi Francorum. »Quanto ex potestate*. P. 21259.
NP 146. NO 107. ' B.
499. Regi Oasteile ac LegioaiB. »Quanto ex*. P« 21260. »Dat. ut supra*.
NP 147. NO 108. R
500. S(imoiii) presb. card. A. S. L. »YocaÜB nobb*. (1277) 1. XII. Viterbo.
Verständigung y. Erlaea der beiden vorhergehenden u. d. nachfolgenden.
NP 148. R. 1. L c. S.
501. Johanni mag. 0. Pr. et Hierony mo min. Fr. M. » YocatiB *. P. 2 1 26 1 . mit , Kl J)ec. *
NP 149. R.
502. Rudolfo Regi Romanorum. »Solet nota*. P. poet 21261. cf. P. 21496.
NP 150. NV 156. NO 182. - A 122. B 128. — DV 108. DP 106. DL 102. R
508*. Regi Sicilie. »Regalis ezcellentie«. P. 21782. 1277. 18. XIL Rom.
NP 151. NV 157. NO 188. — B 605. — DV 487. DP 898.
504*. Principi Salemitano. »De tue devotionis*. ' P. 21788. »Dat. at sapia*.
NP 152. NV 158. NO 184. — DV 488. DP 899.
505. Archiepiscopo Turonensi. » Immense Deus*. Expl. v. P.2 1264. m. »XIIILKLFebr.*
NP 158. NV 159. NO 186 u. 217. — B 606. (R)
506. Regi Francorum. »Immense Deus*. P. 21268. nur: »Dat Rome a. S. P.*
NP 154. NV 159a. NO 186. — B 607. — DV 507. B.
507. S(imoni) presb. card.A. S.L. » Immense Deus*. Exemplarv. P.2 1268.64. d.O.
NP 155. NV 159»>. — B 608.
508. Abbati .... mon. Cisterciensis. » Immense Deus*. Exempl. y. P. 21268.64. d.O.
NP 156.
509. Petro, nato L. regis Francie. »Immense Deus*. ExempLv. P.2 1268.64. d.a
NP 157. NV 159C. — B 609.
510. Archiepiscopis . . . perPatriorchatumHierosoL » Lumense *.£zpLy.P.2 1868.64.d4>.
NP 158. NV 159d. — B 610.
511. Magistro . . . Hospitalis 8. Johannis HierosoL » Immense *. EzpL y. P.2 1 268.64. d.O.
NP 159.
512*. Archiepiscopo Narbonensi. »Per nuntium et*. P. 21278. s. d.
NP 160. NV 160. NO 218. — DV 489. DP 400.
518. Regi Anglie. »Pro censu mille«. P. 21271. d. o.
NP 161. NO 187. ^
514. M(athaeo) S. Marie i. P. diac. card. »Inter umyersaa Orbis*. d. o.
Ernennung zum Archipresbyter von SS. Apostoli zu Rom.
NP 162. NV 161. NO 219.
515. Eidem. »Inter universas Orbis*. d. o.
Definition seiner Befugnisse als solcher.
NP 168. NV 161. L e. m.
516. Canonicis Basilice XII Apostolorum. »Inter uniyersas Orbis*. d. o.
Notification obiger Ernennung an das Oapitel.
NP 164. ÄV 161».
517. M(athaeo) S. Marie i. P. diac. card. »Illam nee immerito*. d. o.
Ernennung zum Rector des Hospitals de Sana in Rom.
NP 165. NV 162.
Römische Studien III. 583
518. Preoeptori . . . HcMpitalis S. Spiritus de Urbe. »Illam nee immerito*. d. o.
Notification obiger Ernennung an das Hospital.
NP 166. NV 162». — B 611.
519. Eidem. ,Ad universis ministranti*. d. o.
Andere Ausfertigung des vorangehenden Decretes.
NO 220.
520. Adihturamreimemoriam. »Dilectisfiliis«. P. 2 1265 (66). richtig IUI. Kl. Febr.
NP 167. — B 612. R.
52 1 . (Roberto) quond. archiepiscopo Oantuariensi. » Snmmns omnium *. 1 27 8.4.iy.Rom.
Promotio zum Gardinalbischof von Porto.
NP 168. NV 168. NO 221. — B 618. R. 1. I. c. 28.
522. Hieronymo, quond. min. Fr. M. S. R. E.cardinali. »Summus omnium*. d. o.
Promotio zum Cardinal; Verfügungen Ober seine Rflckkehr. cf.P. 21809.
NP 169.
528. Hieron. S. R. E. card. et Johanni mag. 0. Pr. , Felicis*. P. 21294. »Dat. ut supra«.
NP 170. R.
524. Eisdem. »Inter cetera que*. P. 21295. »Dat. ut supra*.
NP 171. R.
525. Hieron jmo S. R. E. cardinali. »Summus omnium S P. 21809.
NP 172. R.
526. Hieron. S. R. E. card. et Johanni mag. 0. Pr. , Littere «. P. 2 1 S 1 0. » Dat. ut supra * .
NP 178. R.
527. Hieronjmo S. R. E. cardinali. »CXimoIimfelicis«. P. 21811. , Dat. ut supra*.
NP 174. R.
528. Univenis archiepiscopis . . . etc. »Cum olim felids*. »Dat. Rome ut supra*.
Qeleitbrief für die zurflckberufenen Legaten Hieronymus und Johann.
NP 175. ' R. 1. I. c 26.
529. Ad futuram rei memoriam. »Dilectis filüs Earocino*. P. 21828.
NP 176. R.
5 SO. Regi Francorum. »Jacta per inimicum*. P. 21359. s. a.
NP177. NVie4. NO 168. — A178. B418. — DV 256. DP 259. DL 189. R.
531. Regi Castelle ac Legionis. »Jacta per inimicum*. »Dat. ut supra*.
Ueber den franz.-ca8tiL Conflict ; sowie die ftnf folgenden.
NPl78.NVl64».NOl64.-Al79.B419.-DV267.DP260.DLl90.R.l.Lc.48.
532. Hieron. S. R. £. card. et Johanni electo Hieroaol. »Jacta*. 1278. 15. VH. Viterbo.
NPl79.NVl64b.NOl65u.270.-Al80.B420.-DV258.DP261. R.l.Lc.44.
588. G(eTardo) presb. cardinali. » Superseminata per inimicum *. ( 1 2 7 8)5. VII (.Viterbo.
NP 180. NO 166. — A 181. B 421. — DV259. DP 262. DL 191. R. 1. Lc. 64.
534. G(eTardo) presb. card. et Joh. electo HierosoL »Ad tollendum*. P. 21889. s. a.
NP 181. NO 271. — A 182. B 422. — DV 260. DP 268. R. ,
585. Universis archiepisc. etc. , Superaeminata per inimicum *. ( 1 2 7 8) 8 . VIII. Viterbo.
NP 182. — A 188. B 428. — DV 261. DP 264. DL 192. R. l.I. c55.
586. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Superseminata per inimicum*. P. 21S81. d. o.
NP 188. — A 184. B 424. — DV 262. DP 265. R.
587. Regi Anglie. »Dilecti filü fVater*. P. 21S74.
NP 184. NO 167. R. u. 2.
588. Eidem. »Dilecti filü frater*. P. 21375.
NP 185. NO 168. R.
584 Ealtenbrunner.
589. Londoniensi et Herfordenai episc ac mag. Arditioni. »Naperiibi*. P. 21S92. s.&.
NP 186. 2 u. R. 1. L 108.
540'. Mag. Stefano decano Laudunensi. »In nostra proposuisti*. P. 21S91. g. a
NP 187. NO 272.
541. Regi Francorum. »Preeentate nobia«. P. 21401.
NP 189. NO 141. - A 206. B 179. -DV 187. DP 190. DL 160. NV 288. B.1.I.C78.
542. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Carissimus«. (1278) 28. VIII. Viterbo.
Hier und im folgenden Verständigung Aber die zwei vorhergehenden.
NP190. - A207.B 180. — DV188.DP191.DL161.NV289. R.1.I.C79.
543. Eidem. »licet per alias«. (1278) 28. VIII. Viterbo.
NP 191. — A 208. B 181. — DV 189. DP 192. DL 162. B.1.I.C80.
544. Eidem. >Ita nobis est«. »Dat. ut supra«.
Verbot der Turniere.
NP 192. R.1.LC.S1.
545. Eidem. »Super amaritudine carissimi«. »Dat. ut supra«.
Verständigung von dem Erlass des folgenden Briefes.
NP192». — A209. Bl82. — DV190. DP19S. DL168. NV290. R.l.Lc77.
546. Regi Francorum. »Amaritudinem gravem«. P. 21400. s. a.
NP 19S.no 142. -A210.Bl88.-DV 191.DP 194.DL 164.NV889. R.2.I.SI;.
547. Decano . . . Autisiodorensi. »Ex yestrarum«. 1278. 17. IX. Viterbo.
Ueber die Bischo&wahl zu Auxerre.
NP 194. NO 147. — A 211. B 184. — DV 192. DP 195. DL 165.
548*, BartbolomeodeBpnonia. »Adnegotium«. P. 21454. (1278) l.VIILVit(T.21l4S).
NP 195. NO 148. — A 878. B 897. — DV 848. DP 889.
549. J(obanni) electo Hierosoljmitauo. »Litterarum tuarum«. P. 21462.
NP196.N0149. — A212.B185. -DV19S.DP196.DL166.NV84S. R.
550. Johanni de Accon. »Sincere caritatis«. 1278. 5. X. Viterbo.
Bitte um seine Unterstützung am französischen Hofe.
NP197. N0150. — A218.B186.— DV194. DP197.DL167. RS.I.So.
551. Michaeli Paleologo. »Sicut ex litterarum«. P. 21465.
Handelt mit den folgenden zwOlf Briefen »de unione Grecorum«.
NP 198. NV 166. NO 148. — A 878». B 898. — DV 844. DP 810. R.
552. Eidem. Ex more quemvis«. P. 21466. a. a.
NP 199. NV 167. NO 146. — A 879. B 899. — DV 345. DP 8 II. R.
558. Andronico. »Age fili«. P. 21467. s. a.
NP 200. NV 168. — A 880. B 400. — DV 846. DP 812. DL 205. R-
554. Patriarche ... Grecorum. »Fratemitatis tue«. P. 21470. s. a.
NP 201. - A 881. B 401. — DV 347. DP Sl.S. DL 206. R-
555. B(artholomeo) epiacopo Grossetano etc. » Desiderantes «. P.2 H 7 1 . » Dat.Viterbii*.
NP 202. — A 382. B 402. — DV 848. DP 814. R
556. Eisdem. »Licet ea que«. »Dat. Viterbii«.
NP 208. — A S8S. B 408. — DV 849. DP 315.
557*. Eisdem. »Cum vos ad partes«. P. 21472. »Dat. Viterbii«.
NP 204. — A 884. B 404. — DV 850. DP 316.
558. Eisdem. »(Jum vos ad partes«. P. 21468. »Dat. Viterbii*. R-
NP 205. — A 885. B 405. — DV 831. DP 817.
659. üniversis archiepisc. etc. » Cum y. fr. Bartholomeum «. P. 2 1 4 64. mit » TIIL Id. '
NP 206. — A 886. B 406. — DV 852. DP 818. B.
Ri»mi3cbe Studien III. 585
560. B(artholomfleo) epiacopo Groasetano. »In oommisai vobis«. P. 21478. s. d.
A 887. B 407, — DV 858. DP 819. 820. R.
561. EiBdem. »Licet in. memoriali*. . P. 21474. s. d.
A 888. B 408. — DV 854. DP 821. R.
562*. Regi SiciKe. »Venerabilem fratrem«. P. 21475. .Dat. Viterbii«.
A 889. B 409. — DV 855. DP 822.
56S. Eidem. »Sicut taam nonmns** P. 21478. »Dat. Viterbii*.
NO 61. — A 890. B 410. — DV 856. DP 328. R.
564. Eidem. »Sicut taam noyimus*. d. o.
Verbältnis Karls zu Constantinopel, sowie die 2 froheren u. 2 folgenden.
NO 62. R. 1. I. c. 154.
565. Eidem. »Licet a te<. P. 21479. d. o.
NO 68. R.
566. Eidem. »Varüs dndum«. P. 21481. mit »Dat. Rome a. S. P. XIIF. Kl. Sept«
NO 64. R.
567. M. Ste&no decano Laudunensi. »Exposita nobis*. d. o.
Zeitweilige Dispens von der Residenzpflicbt.
NP 207. — B 577.
568. Episcopo Firmano A. 8. L. »Detulit ad nos«. P. 21610 mit »Id. lulii*.
NP 208. — B 578. R.
569. Eidem. »In negotio electionis*. 1279 Juni. Juli Rom. (Codd: XV. Id. Julii<).
Modification des im vorhergehenden Briefe ausgesprochenen Befehles.
NP 209. — B 579.
570. Waradiensi episcopo. »Ad utilem proyisionem*. P. 21608. d. o.
NO 151. — B 614. R.
571. Suffraganeis Strigoniensis ecclesie. »Ad utilem provisionem*. P. 21609. d. o.
B 615-617. (I. e. m. Sätze). R. I. e. m.
572. Regi Ungarie. »Ad utilem provisionem*. P. 21616. d. o.
NO 152. — B 618. R. L e. m.
578. Episcopo Firmano A. S. L. »Que de statu*. P. 21666. d. o.
NO 158. — B 619. R.
574. Decano Matisconensi. »Sane eam que*. 1280. 2S. L Rom.
Betrifft sowie der folgende die Kirche von Macon.
B 620.
575. Eidem. »Coniurationem et*. 1280. 28. I. Rom.
NO 164. - B 621. R. 1. IIL c. 2.
576. Archiepiscopo Turonensi. »Salutaria et*. P. 21684.
B 622. R.
577. Regi Castelle ac Legionis. »QuantoTerreSancte*. P. 21688. »Daiutsupra*.
NO 155. — B 628. R.
578. Eidem. »£i«i errantibus*. P. 21490. s. a. (NP: »Uli. EL Dec.*)
NP 210. NO 65. — A 185. B 425. — DV 268. DP 266. DL 198, R.
579. Regi I^rancorum. »Quam amare quam*. P. 21489. s. a.
NP 211. NV 169. NO 66. — A 186. B 426. — DV 264. DP 267. DL 194. R.
580. 6(erardo) presb. card. et Johanni Hierosolymitano electo. »Vestras*. P. 21488.
NP 212. — A 187. B 427. — DV 266. DP 268. R.
581. RegiFrancorum.»Querela gravis*. P.2 149 3. (Potth.»Quanto ezquerimonia*).s.a.
NP218.NVl70.NO67.— A214.B187. — DV195.DP198.DL168. R.
MittheUangen YIL 87*
586 ITaltenbrunneT.
582. Eidem. »Uli carkdine smgalaria*. »Dat. nt supra*. zu P. 2149S.92.
NP 214. NO 68. — A 216. B 188. — DV 196. DP 199. DL 169. R. 1. L C 165.
583. Regine Frande. >Non micamur*. P. 21492. 8. a.
NP 215. NV 171. NO 69. — A 216. B 189. — DV 197.DP 200. DL 170. R.
584. S(imoni) presb. catd. A. S. L. »Querelam gmyem*. (1278) S. XIL Bom.
Yerständigaiig über die drei vorhergehanden Briefe.
NP 216. NO 70. — A 217. B 190. — DY 198. DP 201.DL 171. B. 1. L c. 16S.
585. (Johanni) mag. 0. Pr. »Sincenis ad personam«. 1279. 18. IL Bom.
Amiahme der (in P. 2 1 462 verweigerten) Befotatio des Stuhles von Jenualem.
A 218. B 191. ^ DV 199. DP 202. DL 172.
586. Episcopo Burgensi. »Gonsulte tunc*. P. 21719. s. a.
B 625. K
587. M. Panulpho, deoanoruraliaSajnen. >Si yenerabilis«. (1279.80) IO.VILSotsl
Ueber die Besidenzpflicht des Adressaten.
B 626. B. 1. m. 5S.
588. S(imoni) presb. card. A. 3. L. »litteraram taarmn*. P. 21567. b. a.
A 219. B 192. — DV 200. DP 208. DL 178. R. 2.
589. Eidem. »Quam attente«. »Dat. V. KL Mail*. (1279).
Ueber die Absolution des französischen Königs, ef. P. 21567.
A 220. B 198. — DV 201. DP 204.
590. Eidem. »Si littere quas«. »Dat. X. Kl. Mail*. (1279).
Auftrag, den in P. 21400 besprochenen Oanoniker von Laon zu schützen.
A 221. B 194. — DV 202. DP 205.
59 U Johanni Brab antie . . . duci etc. » Patemi *. P. 2 1 624. mit , V. Id. lunii Rome <.
NP217.NVl72.N0 71. — A222.B 195. — DV 208. DP 206. R. 2. IL 22.
592. Eisdem. »Patemi nominis*. »Dat. ut supra*.
P. 21624 mit dem Formular für Ezcommunicirte. R. 2. 11. 2S.
A 223. B 196. — DV 204. DP 207.
598. S(imoni) presb. card. A. S. L. »Diligentie studium*. (1279) 9. VL Rom.
UebermitÜung der beiden vorhergehenden Schreiben.
NV 178. NO 72. — A 224. B 197. — DV 205. DP 208. R. 2. IL 24.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Notabiles.
594. (aus A X) : Ad perpetuam rei memoriam, » Fundamentum militantis *. P. 2 1 S6i.
A 405. B.
Die Cardinäle in der Sedisvacans nach Nioolaus IIL
595*. Universis marchionibus . . per TuBciam. »SedesS P. 21735. 1280. 11. IL Viterbo.
NP 218. — SS I ep. 1.
596*. Duci . . . V^netorum. »Oonsiderata predecessorum'i P. 21784. ■. d.
NP 219. -. SS I ep. 2.
Martin IV.
697*. Senatotibus ürbis. »Regis pacifid«. P. 21787. 1281. 24. II. Vitctbo.
NP 220. — A 188. B 428. — DV 266. DP 269. DL 195. ~ SS I ep. S.
BOmiflche Stadien IH. 587
598. Ii(atino) episc. Ostieiim ei G(ottüMlo) diao. card. , Regia*. 1281. 26. IL Viterbo.
zu P. 21787. (UeheitEagung des RegimentB in Bom).
NP 221. — A 189. B 429. — DP 270. DL 190.
599. Ad perpetnam rei memoriam. »Solent diaienflioneB*. d. o. (yor der Krönung).
BeBerratio des Stohlfie von Gompostella; darüber auch der folgende.
NP 222. — B 680.
600. Ad perpetaam rei memoxiam. »Solent diasenaionee*. d. o. (yor der Krönung).
NP 288. — B 581.
601*. Regi Francorum. »Etsi habeat«. P. 21786. b. d. (yor der Krönung).
NP 224. — SS I ep. 4.
602. Marie regine Francie. »Quamquam de*, d. o. (yor der Krönung).
Anzeige yon der erfolgten Wahl; sowie P. 217S6.
NP 226.
60S. L(aiino) episcopo Ostiensi. »Oum fratribus nostns*. d. o. (yor der Krönung).
Einladung zur Krönungafeier.
NP 226.
604. ArohiepiBcopo Turonensi. »IncomprehensibiliaDei*. ExempL y.P. 21740. d. o.
NP 227. — SS I ep. 5. E.
605. Begi Francorum. »Incomprebensibilia Dei*. Exemplar y. P. 21789. d. o.
NP 228. (2.)
606. Patriarcbe Hierosolymitano. »IncomprehensibiliaDei<.£zempl.y.P.2I740. d.o.
NO 229. (R.)
607*. B(emardo)qnond. arehiepisoopo Arelaten8i.»Moy8i circa regendam*. P.2 1829.8.d.
NP 280. — SS I ep. 6.
608. Gaufrido S. R. £. presb. card., decano Parisiensi. »Moysi circa regendam«. d. o.
L e. m. Jobanni S. R. E. presb. card., arcbidiaoono Rothomagensi.
Promotio zu Gardinälea. V. Potthast E. P. pag. 1758.
NP 281.
609*. Regi Sidlie. »Sincerum ad personam*. P. 21880. s. d.
NP 282. — SS I ep. 7.
610. Ad futnram rei memoriam. »Licet tam nonnuUis*. d. o.
Verbot der Turniere.
NP 283. — SS I ep. 9.
611. Ad perpetuam rei memoriam. »Pater fnturi seculi*. P. 21744. d. o.
NP 284. — A 474. B 479. — SS I ep. 8. 1 u. 4.
612. Uniyergis marchionibus per Tusciam. » Etsi Romanum imperium *. P. 2 1 7 5 7 . s. d.
NP 286. E.
618. Ad perpetuam rei memoxiam. »Pater futuri seculi«. P. 21745. d. o.
NP 286. — A 475. B 480. ^ 4.
614*. Regi Oastelle ac Legionis. »Regie serenitatU afiatus«. P. 21881. s. d.
A 477. B 482. — SS I ep. 10.
615. Arehiepisoopo Senonensi. »Translationem Sanctorum*. P. 21789.
NP 287. — A 476. B 481. — SS I ep. 11. 5.
616*. Episcopo Parisiensi. »DiL fil. mag. Henrico*. P. 21882. s. d.
NP 288. — A 478. B 488. -- SS I ep. 12.
617. Mag. et proy. Ord. Praed. » Ad fructns uberes *. P. 21 886. » Dat. IV. Id. Jan <.
NP 289. — A 479. B 484. — SS I ep. 18. ?
588 Kaltenbrunner.
618. Episcopo Dol^isi. »GariBsimus i. Chr. filitis Philippus*. d. o.
Heirat Philippus von Frankreich, mit Johanna yon Navarra.
NF 240. — A 480. B 485.
619. OfBc Parisienfii. , Dil. fil. m. Theobaldns *. > Dat ap.Urbem veteremVIlLKLllan«.
Ernennung zum Execntor für eine dorn Theobaid verliehene Pfrfinde.
NP 241. — A 481. B 486.
620. Regi Francorum. »Felicis record. GregoriuB*. 1282. 19. VI. Orvieto.
Zehntsammlung in den franz. Kirchenprovinzen ; sowie der folgende.
NP 242. — A 482. B 487 u. 624..
621. Archiepisc. Rothomagensi. > Felicia reoord.Gregorius«. 1282.8.yiLMoniefia800De.
NP 248. — A 488. B 488.
622. Arohiepiscopo Arelatensi. ,£x parte*, d. o.
Heirathdispens für Johann von Dauphin^ und Bianca yon Sicüien.
NP 244. — A 484. B 489.
628. Mag. Toriugo, rectori eccl. 8. Christine Pisane. »Ezposita coram*. d. o.
Sein medicinisches Lehradit ist kein Hindernis für Verwaltung obiger Kirche.
NP 246. — A 486. B 490.
624. Regi Aragonum. »Dilectus filius n. y. Quillelmus*, d. o.
Sendung des Bischofii yon Grossetto wegen des Maurenkrieges.
NP 246. — A 486. B 491.
626. Sancio, filio Begis Castelle. »Tui processus*. P. 21971. d. o.
NP 247. — A 487. B 492. — SS I ep. 15. — (NV 842). . R.
626. Didaco Didaci. »Tui processus*. d. o.
Ueber die castilischen Wirren; sowie der vorstehende u. die 4 folgenden.
NP 248. — A 489. B 494. B. 1. IL C S9.
627. Marie. »Tui processus*. P. 21971. I. e. m. d. o.
NP 249. — A 488. B 498. R. L 8. m.
628. Tolande. »Tui processua*. d. o.
NP 260. — A 490. B 496.
629. üniversis archiepiscopis etc. »Processus n. v. Saadi*. d. o.
NP 261. — A 491. B 488.
680*. RegiCastelle. »yolucri<.P.21981.(1282)NP:8.X; A.B: 24.IX.Montefiascotte.
NP 252. — A 492. B 484. — SS I ep. 14.
681. Regi üngarie. »Patema nos monet*. P. 21988. s. a.
NP 258. — A 498. B 485. — SS I ep. 16. R
682*. Üniversis archiepiscopis etc. »Insurgentis fremitus*. P. 21982. b. a.
NP 254. — A 494. B 486. ~ SS H ep. 11.
688. Regi pypri. »Habet dilectorum*. d. o.
Ueber Eingriffe in die Rechte der Templer; sowie der folgende.
NP 266. — A 496. B 487. ~ SS H ep. 12.
684. EpiBCopi Fathensi. »Habet dilectonun*. d. o.
NP 266. — A 496. B 488.
636. Priori Predicatorum de Urbe. »Exposita coram*. P. 21924. d. o.
NP 267. — A 497. B 489. B.
636, Caarolo, Sicilie regis filio. »Die domenioo«. . P. 219S9. s. d.
NP 268. — A 498. B 440. 4,
Römische Stadien in. 589
6S7. Magistro Militie Templi. »Tue devotionis*. d. o.
Beantwortong eines Beschwerdebriefes.
NP 2ö9. — A 499. B 441.
688. Episcopo Babinensi A. S. L. ,Exurgat Dominus*. P. 21972.
NP 260. — A 600. B 442. — SS I ep. 20. R.
689. Episcopo Gathalaunensi. »Dudum in minori*. d. o.
Ueber die Zehntirage; sowie der folgende.
NP 261. — A 501. B 448. R. 1. n. 117.
640. Archiepisoopo Remensi. »Etsi Terre Sancte*. (1288) 20. I. Oryieto.
NP 262. — A 502. B 444. R. 1. IL 118.
641. Philippe de Lavena, regio in Urbe yicario. »Fidedigna«. P. 21956. s. a.
NP 263. -^ A 508. B 445. 4.
642. Archiepisoopo Rothomagensi. >£tsi nos per*, d. o.
Ueber die Zehntfrage.
NP 264. -T A 504. B 446.
648. Abbati monasterii Cerasiniengis. ,Ez parte tua*. d. o.
Dispens Ton der Bomreise.
NP 265. — A 505. B 447. R. 1. IL 66.
« •
644. Regi Francorum. »libenter excellentie*. d. o.
Empfehlung der Cluniacenser.
NP 266. — A 506. B 448.
645. Episcopo CasteUano. »Refert temporis*. P. 22081. ^
NP 268. — A 507. B 449. R. u. 4.
646. Potesiati .... Anconitano. »In apostolice sedis*. P. 22082. (»Dat. ut supra*.)
NP 269. — A 508. B 450. 4.
647. J(ohanni) presb. card. A. S. L. »Non est nobis*. d. o.
Ueber Belästigungen des Erzbischofr yon Tours; sowie der folgende.
NP 270. — A 509. B 461.
648. Regi Francorum. »Non est nobis«. d. o.
NP 271. — A 510. B 452.
649. Regi Sicilie. »Per tuas nobis«. P. 22088. mit »lY. KL Julii*.
A 511. B 458. 4.
650. UniTerdtatibus . . . regni Neapolitani. »Quante compassionis*. P. 22042.
A 512. B 454. 4 u. R. 1. m. C 25.
Ausserhalb der Beihe der Epistolae Notabiles.
651*. (aus A VII): Regi Anglie. »Magnum ad Terre Sancte«. P. 22198. s. d.
A 829. (p. 29 ftlschlich Gregor X. zugewiesen). SS I ep. 17.
652. (aus A XI): (Firmano?) episcopo A. S. L. »Exiit olim de«, d. o.
Tadel wegen seines Vorgehens in Ungarn.
A 410. B 44.
658. (aus A rV): Ad certitud. present. et mem. futur. »De insurgentis*. P. 21998.
A 202. B 45. — DV 806. R. u. 8.
654. (A XII): J<ohanni) presb. card. A. S. L. »(Jui regna transfert«. P, 22061.
A 411. B 455. R. u. 2.
655. Eidem. »Qui regna transfert«. 1288. 29. VIIL Orvieto.
Ueber die Sidlian. Vesper; sowie der vorstehende und die 4 folgenden.
A 412. B 456. R. 1. HL C. 8.
590 Kaltenbrunner.
656. PrelaÜB Frande. »Solebat bactenus*. d. o.
A 418. B 457. & 1. HL c. 9.
657. J(ohaimi) presb. card. A. S. L. »Solebai hacteniu«. P. 21968. & d.
A 414. B 458. -- SS I ep. 22. R. 1. 111. c 10.
658. Eidem. »Super negotio*. d. o.
A 415. B 459.
659. Begi Francorum. »Dilecti filii Gerardus*. d. o.
A 416. B 460.
660. Regi Anglie. »Decet excellentiam*. P. 22005. b. a.
A 417. B 461. R. 0. 2.
661. Regi Francorum. »Petitiones per«. 1284. 9. I. Orvieto.
Ueber die Verleihung de« Reiches Aragon; sowie die drei folgenden.
A 418. B 462.
662. J(ohamii) presb. card. A. S. L. »In litteiis apostolids*. P. 2209S.
A 419. B 468 u. 560. . 1
668. Eidem. »In quibusdam artioulis*. P. 22092. (A u. B 464: »Dat. ut supn'.)
A 420. B 464 u. 561. t,
664. Eidem. »In litteris apostolicis«. P. 22094. (»Dat. ut supra*.)
A 421. B 465 u. 562. 2.
665. Eidem. »Novit tua discretio*. 1284. 9« I. (Orvieto).
Ueber Verwendung des französ. Zehnten zum Aragon. Kriege ; sowie der flgde.
A 422. B 466.
.666. Eidem. »Per quasdam nostras*. 1284. 10. I. Orvieto,
A 428. B 467.
667. Eidem. »Quamquam drca*. »Dat. ut supra*.
Sendung des M. Egidius zum französiBchen König; sowie der folgende.
A 424. B 468.
668. Eidem. »Sicut per alias «. 1284. 11. L (Orvieto).
A 425. B 469.
669. Eidem. »Super tuarum*. »Dat. ut supra*.
Ueber gegen ihn im heil. Collegium erhobene Beschwerden.
A 426. B 470.
670. Regi Francorum. »Dilecti filii magistri*. d. o.
Empfehlung des ihm zugesandten M. Egidius; sowie der folgende.
A 427. B 471.
671. EideuL »Quanto peisonam regiam«. d. o.
A 428. B 472.
672. (A XIII): Regi Aragonum. »Dudum propter«. (P. »In eleotione«). P. 23ISI.
A 429. B 559. B.
.678. Eidem. »Dudum propter iniustitias«. P. 22182. a d.
A 480. B 568. 2 u. R. 1. IV. c lt.
674. J(ohanni) presb. card. A. S. L. »In nosti» litteiis«. 1284. 18. V. Orvieta
Stellung der Kirchen Aragons zu den neugeschaffianen VerhAltnissen.
A 481. B 548. R. 1. IV. c t;.
(^75. Eidem. »Snbit assidue«. P. 22180. (P. »Negotio quod«). (A: »Ulf. Kon.«).
A 4S2. B 516. B>
RGmiflche Stadien UL 591
676. üniTeraiB archiepisoopis etc. »Snbit assidue«. »Dat. ut supra«. (1284. 4. Y.)
Die franzöflisclie Zehntfrage; darüber auch die 8 folgenden.
A 488. B 549.
677. Univergis ... per Regnum Prancie. »Solebat hactenus«. »Dat ut supra*.
A 484. B 560. R. 1. IV. c 14.
678. JCohanni) presb. card. A, S. L. »Solebat hactenus«. »Dat, ut supra*.
A 485. B 551. R. 1. IV. c, 15.
679. Archiepiscopo Bisuntino. »Solebat hactenus«. »Dat. ut supra«.
A 486. B 552. R. 1. IV. c. 16.
680. Arcbiepiacopis Viennensi et Tarantasiensi. » Solebat hactenus *. » Dat. ut supra *.
A 487. B 658.
681. J(ohanni) preeb. card. A. S. L. »Solebat hactenus«. d. o.
A 488. B 554.
682. Eidem. »Solebat hactenus«. 1284. 10. V. Orvieto.
A 489. B 555. R. 1. IV. C. 17.
688. Eidem. »Cum decimam omnium«. 1284. 15. V. Orvieto.
A 440. B 517.
684. Regi Prancie. »Ut eo efficacius«. 1284. 26. V. Orvieto.
A 441. B 518.
685. J(ohanni) presb. card. A. S. L. »Cum noe«. 1284. 26. V. (Orvieto).
Spedelle Befugnisse und Weisungen ftlr den Cardinallegaten.
A 442. B 519.
686. Eidem. »Cum in Francie«. A 448. B 520. »Dai ut supra«.
687. Eidem. »Cum in Francie«. A 444. B 521. »Dat. ut supra«.
688. Eidem. »Ut eo efGcacius«. A445. B522. »Dai utsupra«. (A: 1284. 26.V.Orvieto).
689. Eidem. »Volentes tuam«. A 446. B 528. »Dat. ut supra«.
690. 8. Dionjsii et Compendiensi abbatibus. » Volentes «. A447. B524. » Dat. ut supra«.
691. J(ohanni) presb. card. A. S. L. » Co m in Fraacie «. A448. B525. » Dat. ut supra «.
692. Eidem. »Ut commissum«. A 449. B 526. »Dat ut gupra^«.
69S. £idem. »Ut negotium«. A 450. B 527. »Dat. ut supra«. .
694. Eidem. »Ut negotium*. A 451. B 528. »Dat. ut supra«.
695. Eidem. »Cum in subsidium«. A 452. B 529. »Dat. ut supra«.
696. Eident. »Ut commissum tibi«. A 458. B 580. 1284. 18. V.. Orvieto.
697. Eidem. »Cum tibi per«. A 454. B 581. »Dat. ut supra«.
698. Eidem. »Cum nnper«. A 455. B 582. »Dat ut supra«.
699. Eidem. »Discretioni tue«. A 456. B 588. »Dat. ut supra«.
700. Eidem. »Ut eo efficacius«. A 457. B 584. »Dat. ut supra«.
701. Eidem. »Discretioni tue«. A 458. B 585. »Dat. ut supra«.
702. Eidem. »Ut eo efficacius«. A 459. B 586. »Dat. ut supra*.
70C. Eidem. »Cum tibi per«. A 460. B 587. 1284. 26. V. Orvieta
704. Eidem. »üt eo efficacius«. A 461. B 588. »Dat. ut saprar
705. Eidem. »Cupientes ut*. A 462. B 589. »Dat. ut supra«.
700. Eidem. »Prosperum tue«. A 468. B 540. »Dat ut supra«.
707. Eidem. »(him tibi per«. A 464. B 541. »Dat. ut supra«.
708. Eidem. »Discretioni tue«. * A 465. B 542. »Dat. ut supra«.
709. Eidem. »Cum tibi legationis«. A 466. B 548. »Dat. ut supra«. .
710. Eidem. »Cum tibi per«. A 467. B 544. »Dat utsupra«.
711. Eidem. »Discretioni tue«. A 468. B 545. »Dat ut supra«.
Kaltenbrunner.
n. rv. A469 B646 1884. 28. V. Orvieto. (A:.D«t.«t»P« ''
71«. Eidem. .Cum üb»«. A 469. B646 i ^^ ^^ ^^,
7ia. Kidem. .üummi^«»'-/*'«-°" ^84. 1. VL Orvieto.
714. KSdem. .Cum dedmam*. ^ *7»- " * gg^, jj. V. Orvieto.
715. Kidem. .Cum tibi quem«. ^^ 472. B 557. 1^« ^^..
71«. Eidem. .Discretioni tue«. -^ *"• ^2^^erv.l8.XU282biB«.18.V.l^84.
7n-7aa. l*u8AXY)-.IHeProce« gegen den A«*.me
P. 21947. aaOlS. 22026. 22077. ««ISSJäUl^ ^ ni.c. 12.19.8*.IV.c4.8.
A 518-518. B47S-478. »■ ,,„, 25. Xll. Orvieto.
728. (A XVIV. Begi SieiBe- , .0«- ^^aigJn Z^.
Entreckung der ZiOduBg des »»ttndigen i. ^ ^
B. 8. IQ. IW.
A 698. B 505. «.rfidoB«. 1284. 21. I. Orvieto.
724. Kpi«opo O»««U«0 .Ad revoo^ ^ ^^ ^^^
Die Siciliaiiiaehe Venper betcelft«l. aawi
A 524. B 506. .»«»«Joa« d. O.
785. ArchiepiBCopo JaBoenri. .Ad revocM*» P««» • r. i. 10. c 42.
A 525. B 507. • 4« p 22095
726. Arcbiepifloopo Narboncnri. .Qiu» ««»* * ' Ä.
A 526. B 508.
Legitimation für den Inqniait«r Angelo de Reate.
A 527. B 509. ^ p 22^05. d. o.
728. Anibaldo poteatati Viterbiena. M^«^ aiia . • l.
A 528. B 510.
729. EpiBoopo BalneoregienBi. .Oüm in*. P- 22115. II
A 529. B 511. ,.,. . p OOU9.
7«0. Episeopo Legionenai. .Ex parte .eneraUb.'. P- ^-^^ r.
A 5S0. B 512. ^«.iiißcoBcedendarumprelatiBregni-ui«.
^-»- >FormaUttßrarumperD.regeiaPortagalbecoiicea
1284. 15. V. Orvieto. B. 1- IV- !-•
A 531. B 518. , Conradu8M984.1.XILPeruöJ*
^^^- Ck>,uitantiei«ietEiirt«tteBBiepiBCopiB..W^
lieber die SaUbnrger Wabl. B. I. IV. S^
A. 588. B 515. ^- Qu.I.ep.l8. ^"•--
'"!• ^i«^ 88): EegiAngUe. .Caritotiefecunde«.?^«!««'-«- ^P ^^
'"*■ Priucipi &^t«»»- ''*''"': t^dplr von Aragon. c£ P. «»«'•
7 8^ XJebL da. DueU zwi«Mien Kar und P^ ^ ^^ „.
7 al" S«8i AngUe. .Quanto- et quam «^ ^.^^ V U. ep. U. ^ -
,;*• ^ide«^ .Exultat in Domino«, y^^^^.]" p. 81895. foL 28'.
^^ pert>etuam rei memonam. . Wg» ^ ^ ^^^ ^^
L
O
787.
A-a perpetuam rei memonam. .^g^" ^^
H«8i Sie. .Intor cetera d^^^^schotüand; «wie der folgende.
JoOioibafl (regni Scotie). .liraves uu
Bonorioa IV.
7*o-_, p„t«rv Aragon«.Con8tantiaa.U.IV.u.«.V.uM.
^^*S- (aAXV): DieP«>«»«8-^*^;^Ud.«.
l». 22418. 22414. 22449. und .Dudum feUclB ^^,
— ^' ^ ^ %s m ammm ^ ^
519_522. B 601—504.
Römische Studien III. 593
744. (ans A XVI): Marie pnncii>e88e Salemitane. »Concnrrit ex*, d. o.
Trost* fiber das Missgeschick ihres Gatten.
A 588. B 514.
745. (B XiU) : Ad perpetuaita rei memoriam. »Jnstitiaet pax*.P. 22291. ep.496.R.a.l.
746. Ad perpetnam rei memoriam. »AdtoUendninde^P. 22289. ep.497. 4n.B.I.95.
747. Ad perpetuam rei memoriam. , Dilectus fiüus nobilis*. P. 22290. ep. 498. R. u. 1 .
748. G(erardo) episcopo Sabinensi etc. » Quam gravis *. P. 22298 . ep. 499. R. u. 4.
Die Briefe des Berardus.
749. Regi Navarre. »Regie magxdtudinis*. publ. Delisle p. 91 aus NP.
NP 16. NV 16. NO 4. — B 674. - DV 434. DP S42.
760. Magistro Johanni de Castello. »Si iuxta sapientis*.
NP 26. NO 881. — NY 888.
751. (Ghregorio X.) »Angelica iunioris Tbobie*. publ. Delisle p. 101 aus B.
NP 71. NV 81. NO 169. — B 880. — SS II ep. 8.
752. Landnlfo Caraczulo nepoti suo. »Scio amantissime*. (P. 21781).
NV 164. :^0 216. — B 847. — DV 486. DP 396.
75S. Prioribus Domus Gisterciensis. »Si mei desiderii*.
NP 188. NV 166. NO 278. — DV 871. DP 836.
754. NobiU viro Riccardo. »Desideramus in*, publ. Delisle p. 99 aus NP.
NP 267.
755. (Schiedsspruch). »Orta inter discretos*. publ. Delisle p. 117 aus B.
A 198. B 187.
756. Regi Anglie. » Urget fidelitatis debitum *. SS I ep. 2 1 . (gedr. MartöneA.C.lI. 1 299).
757. Principi ezcellenti (Carole II. regi Sidlie). »Joconditateplenos*. SSfol.26.
Uebersieht der Varia, soweit eie in der Sammlung selbst fehlen«
1) Orientali a.
a. DV 2 6 7 — 298. (cf. p. 72) Innocenz III. (267—277): P. 2498. — 2574. —
Episcopis ap. Gonsiant. constitutis >£vangelia docente*. — P. 2468. — 59^
60. — 61. — 62. — 68. — 65. — 2518. — ? (278—280): Archiepisoopis . . .
per Frandam »Multipharie*. — Petro S. Marcelli presb. card. »Potestati
per*. — Archiepiscopo Lugdunensi »Quod potestatem*. ~ Alexander III.
(281): Instructio fidei catholicae ad Soldanum Iconii. (auch DL Varia 1).
— Clemens V. (282): Urosio regi Rascie »Benedictus*. — ? (283): Archi-
diacono Gonstantinopolitano »Sicut organici*. — Innocenz III. (284—288):
Episcopis in exercitu orucesignatorum »Legimus in Daniele* (P. 2499?). —
P. 2673. — Apost. Sed. Legato »Leviathan coluber*. — Regi Ungarie »Satis
acut*. -* Eidem ,Non tarnen*. -«-? (289—298): Potesiati et communitati
»Angelus pads in Greciam*. — £isdem »Sperantes et merito*. — Eisdem
yAngelus pacis*. — Archiepiscopis etc. »Dilatum est*. — Episcopo Tus-
eulano »Pateime pietatk*.
b. NV 3 61 — 8 &6. DL 2 --7: Clemens IV.? Regi et populo Tartarorum
>Dei patris*. — Eisdem ,Cum non solum*. — Berke (Berbe) principi Tar-
taromm »Etsi extra catholicam*. Aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts : Episcopo Urbevetano »Super recondliatione* (nur NV). — Eidem
yBenedictus Dens*. — Imperatori Grecorum »Resplenduit*. — Prelatis et
dero Grecomm »Matutinum lucescente* (nur DL).
SfitthsOimfeii Vn. 88
594 Kaltenbrnnaer.
2) DP 401 — 440. DV 891—429. Aus der Zeit Nicolaus lY.
PoteBtati Januenai» ApprobatederotioniB *. — RegiAbunannie » Oeminumbonum'.
— Epifloopis Portngallie »8i lex Christi*. — Episcopo BeWacenai »Insolertk'
(auch NY 844). — Regi Fiancorum »Ad tuam fili«. — P. 2S10S. --P.28110.
— Archiepisoopo Magnntino »Nimk moleste*. — Begi Francorum »Yenieai
nuper «. — Abbau maioris monast. Turonensis »Ad fructus*. — Qu. Ord. Piaed.
Laudavend electo »BudumLaadaTensis*. — Preoeptoribus IL Templi »OmeB-
cere*. — Regi iVaucorum »In noetra constituti*. — Dud Yenetomm »kter
cultores*. — Magistro Dom. S. Marie Theut. in Prusda »Altas et*. — E
Dalphino Yiennend »Turbamur*. — Archiepiscopo Bremend »Quoniani eo]o-
gium*. — Begi Francorum »Meutern regiam«. — Eidem »Habet assertio*. —
Eidem »Yenerabilisfratris*. — Regi Anglie »Est de celdtudine* Oapituieb
gentis in ultramarinis partibus »Gratam devotioni*. — Regi Fraacorum »A le-
gali memoria* cf. P. 22719. — P. 22719. — Prindpease Salemita&e »Cum
detento*. — 8. Gedlie presb. card. »Ad repellendaa*. — Ardiiepiaoopo Be-
mend »Ad reprimendas*. — Regi Francorum »Manet noatroS — J(ohAimi)
8. Gecilie presb. card. A. 8. L. »Inter ceteraa«. — Regi Romanoram »Actnt
tuos*. — Regi Francorum »Nuper celdtudini*. — Marchioni Montiaientti
»Etd quaslibet« cf. P. 22786. 87. — P. 22869, — J(ohanni) 8. Gedlie presK
card. »Habet in nobia*. — Episcopo Baiocend »Pridem tibi*, — Regi Fnui*
corum »Dudum per«, — Archidiacono , , . Yoglend »Inatitatam divinitoß*
— Abbat! 8. YedaBti»Licet circa*. — Regi Francorum »Infnaam a Deo* c£
P, 22869, — P. 22881,
3} DY 498 — 502. Wahlanzeigen u.Wahlakten. ausammengeatelltp.?!.
im Anschluss an die in A-B stehenden Akten Qregor X. DY 50S— 505.
dazu: DL Yaria 10: Notarius ad papam »Quantum pater sancte*.
4) DY 50 6 — 517. Encyclicae. zusammengestellt p. 71.
im Anschluaa an die in N atehende Encyclica Nicolaua HI. DY 507.
dazu: DL Yaria 11— IS: Encyclicae Innocenz Y, Johann XXI, Alezander IV.
5) DY S68. 869. Auaachreiben d. Concila y. Yienne d. Clemens V.
Archiepiscopo Neapolitano. Regi Francorum: »Regnana in celo*.
im Anschluaa an die Gruppe »de concilio Lugdunend* DY 857—867.
6) Proceaaakten. ▼orgeatelltdeminAatehendenP.20712=rDP444.DYS86.l8;.
a. DY 875-882: Akten des Templer-Proceaaea.
b. DP 441.442. DY 888. 884: InnocenzlY.? »8ammi proyidentia undP.inU.
c DP 448. DY885. Clemena lY : »Nephandum et horrendum*. Y. Raiynaldl267.S0.
7) DY 482. CanoniaationsbuUe Ludwig IX. P. 24561.
im Anachluaa an die in N atehende Canoniaation Richarda v. Chicheatie DY4S0.4S I .
8) DY 804. 80 5. Sicilien betreffande Briefe, wahracheinlich von Innooenz IV.
Univerda » In maria amplitudine *. — Archiepiacopo Lugdunend » Regnum Sicilie *•
9) DY 490 — 497. Briefe, Bolognabetreffend, vonClemenaV.(od.VI?)
A. P. R. M. »In omnem terram*. — Decano . . . Pictayiend »AdveiBai qocm-
dam*. — »Populo . . . Bononiend »Ab olim Romana*. — Azclhiepiaeopo . . .
Bononiend »Ab olim*. — Populo . . Bononiend »Inter popoloa*. — Aidü-
epiacopo Ravennati etc. »Zelus fidei*. — Populo • . . Bononiend »Sauoi?*
— Eisdem »De sacrario*.
10) NY 8 5 7 — 860 und DL Yaria 9. Im Anachluaa an Briefe aemena IT.
iquimur ex*. — Nato R. Regia »Horrenda hunuuiia*. ^ Bagi
Römische Stadien IIL 505
»Qaod corde*. (Clemens IV.) — Prioribus Ord. Praed. »SiimmnB Orbia«. —
DL: ? »ChriBti sponsam*.
11) Briefe ausAyignon, meistpolit. Inhalts. 2. Hälfted. 14. Jahrh.
a. NV 291—387: Carolo Imperatori »Hec fama*. ~ Eidem »Amara nimis*.
— Eidem »Quamquam dilectus*. — Eidem »Sicut per alias*. — Eidem
»Tanta fili*. — Johanni regi Francomm »Attendentes«. — Eidem »Per-
starepit*. — Eidem »Constitutis in yalle*. — Ludovico regi Sidlie »Quid
peperit«. — Eidem »Licet adversis*. — Eidem »Anxiat nos*. — Eidem
»Littere tue«. — Ludovico regi Ungarie »Dudum in assumptione*. — Eidem
»Licet fili*. — Eidem »Quanta te fili*. — Regi Navarre » Quanta sit fili*.
— Regi Castelle ac Legionis »Si diligenter*. — Hugoni regi Cypri »Fre-
quenter apud*. — Johanni Paleologo »Yenerabilis firater*. — Blanche regine
Cafltelle »Super angustüs*. — Ck)n8iliarii8 regis Castelle »Qnamquamuniendi«.
— Edwarde regiAnglie »Quamquam fiii*. — Edwarde, primogenito regis
Anglie»Quamquam fili*. — Eidem principi »Yenerabilis frater«. — Earolo,
primogenito regis Francomm »Audita nnper*. — Tallayrando episcopo
Albanensi »Tanta nos*. — Eidem »Testis nobis est*. — Eidem »Inter
angostias*. — Nuntiis apostolicis »Dolemus utiqae*. — ? »Quamquam in
republica.* — Egidio episcopo Sabinensi »Multi&rie«. — Eidem »Admonet
nos*. — Constantin. et Aqoilegensi ac Gradensi patriarchis »Antiquorum
seryayit*. — Consilio . . . Urbis »Semper in conspectu*. — Communi civi-
tatis Peru8ine»0ccurrit frequenter*. — Consilio . . . Spoletano»8i yeiasunt*.
A. F. K M. »Omnis culpa* und »Solent penrese mentes*. (epp. S29~SS2
MissiYae aus Avignon). Tallayrando episcopo Albanensi »Quamquam ille*.
— GniUelmo S. Marie in Cosmedin diac. card. »Licet fili*. — Comiti . . .
»Audiyimus cum displicentia*. — Rogerio de Pinibus »Quantum eipedit*.
— Roberto imperatori Constantinopolitano »Multorum de*. — Guillelmo
8. Marie in Cosmedin diac. card. »Mare mundi*.
b. NV S45— 850: (Imperatori) »Inefi&bilis nobis est*. — ? »Inter ceteros fili*.
— ? »Si Anna discessum*. — (Communitati) »Sicut sedes*. — Potestati . . .
Pisano »Qui corda fidelium*. — Preposito »Cum dubitares*.
c. NV S64— 866: Regi Aragonum »Ut erga d. f. Jaoobum*. — Eidem »Di-
lectos filius*. — Universi* patriarchis .... per Italiam et Ungariam con-
stitutis (nur mehr die Adresse).
Benützung der Sammlung.
Frühzeitig schon hat die Sammlung der historischen Forschung
Dienste geleistet. Schon Bajnald benützt sie, aber nur in NO, Yon
dem er ausdrücklich sagt, er enthalte zahlreiche im Vaticanischen
Register fehlende Papsibriefe. Die Handschriften des Vaticans hat er
Jedoch nicht ausgebeutet, obwol er den DY, auf den er in NO mit zahl-
reichen Bandnoten verweist, kannte. Auch Baynalds Vorgänger, Bzovius,
welcher in seiner Fortsetzung der Annales Ecclesiastici des Baronius
die Begister benützte, hat dieselben und desgleichen den NO un-
beachtet gelassen. — Wahrscheinlich durch die vielen Citate Baynalds
Aufmerksam gemacht, hat dann auch der Verfasser des .BuUarium
88*
596 Kaltenbrunner.
Franciscanum', Sbaralea, den NO herangezogen. Allerdingd bedient
er sich meist bei dessen Briefen der Drucke bei Baynald, wie ans
seinen Citaten des Codex mit dem Zusätze «apud Bajnaldum' zu
schliessen ist; in zwei Fällen aber geht er doch auf denselben selbst
zurück, nämlich bei P. 21167, den Bajnald nur fragmentarisch und
er erst vollständig druckt, und bei P. 21253, dessen Vorhandensein
im Codex Baynald nur vermerkt, während er ihn abdruckt^). Der
nächste, bei dem wir NO begegnen, ist der Yerfiasser der «Historia
di Fiacenza*, Pietro M. Campi; während es aber feststeht, dass er
die Register selbständig benützt hat, macht wol der Umstand, dass
sich unter den zahlreichen Briefen, die Campi dem NO entnommen
haben will, kein einziger findet, der nicht auch im Baynald steht,
es wahrscheinlich, dass er sich nur dessen Drucke bedient habe. Sieher
wieder ist die Benützung des NO von Seite Mabillon's, der i. J. 1685
eine Anzahl auf französische Geschichte bezügliche Abschriften aus
ihm anfertigte, die nachher gs^z oder zum Theil von Martine and
Durand gedruckt worden sind^). — In neuerer Zeit hat Ficker ihm
einige Abschriften entnommen, die zimi Theil in seinen Acta imperü,
zum Theil von Busson im Anhang zur .Doppelwahl des Jahres 1257'
abgedruckt sind, und endlich hat Posse in den „Analecta Yaticana*
eine beträchtliche Anzahl seiner Briefe in Auszügen mitgetheilt
Unter den Vaticanischen Handschriften ist A am meisten ausgebeutet
worden, wenn es auch nur zwei Männer sind, bei denen wir seine
Benützung mit Sicherheit nachweisen können^). Der erste von ihnen
ist Palacky, welcher in seiner , Italienischen Reise" eine bedeutende
1) Auch Sbaralea sind die Vaticanischen Handschxiften verborgen geblieben,
obwol er die Register selbständig benutzen konnte, und dasselbe ist der FkÜ
bei seinen Vorläufern in der Herausgabe der Bullarien der Minderbrttder, Wad-
ding und EipoU, von denen wenigstens der erste auch direct das Registnim aus-
beutet Sie benützen auch NO nicht, sondern entlehnen nur desBen Briefe dem
Raynald. ') Im zi^eiten Bande der Ampliamwin. CoUeeüo. In welchem Maasn*
Mabillon den NO ausgebeutet hat, vermag ich nicht anzugeben: im Husaua
Italicum, wo er I. 66 ff. über den Besuch, der ValliceUiana berichtet, führt er die
Handschrift nicht an. Martene gibt nur P. 19741. 20657. 21400. 21401. •) Viel-
leicht hat schon Garampi den A, dem er, wie wir pag. 2S sahen, groMen Werft
beimass, für historische Zwecke, wenn auch ohne Erfolg, durchgesehen, nfanli^
für die »Argumenta litterarum apostolicarum in Archiido secieto VatieaiioN
welche i. J. 176S an Freiherm v. Oefele überschickt wurd^. V, Deutinger, Bei-
träge zur Geschichte . . . von München-Freising U. 152. Unter allen von I>e&-
tinger aus dieser Arbeit Garampis gegebenen Fapstbriefen findet sich nur P. 2105:>
in der Berardussammlung, aber nicht in A, sondern nur in NO vor; er sldkt ate
auch im Registrum A. IV. ep. cur. 14| und wird als ep. 74 desselben, d. i
nach der die Serien überspringenden Numerirung, von Dentinger-GanuBoiitt dtirt'
BömiscÜe Studien DI. 597
Anzahl Briefe im Auszuge mittheilt und die Handschrift selbst einei*
Beschreibung unterzieht 0* Aus den von ihm erworbenen Abschriften
haben sodann Erben und Boczek in ihren ürkundenwerken die in
ihr Gebiet fallenden Briefe in extenso veröffentlicht. In grösserem
Umfange hat dann Theiner den A benützt, sowol für seinen , Codex
diplomaticus dominii temporalis '^ '), als auch für die „ Monumenta historica
Hungariae*'), aus welch' letzteren zahlreiche A-Briefe in die .Monu-
menta Hungariae historica* der kgl. Akademie übergegangen sind^).
Von den Handschriften der Vaticanischen Bibliothek hat den DV
nur Ficker^), den NY nur der päpstliche Archivar Zaccagni in seiner
1709 anonym erschienenen Schrift .Dissertatio historica de summo
A. S. imperio in urbem comitatumque Comacli' benutzt^).
unter den französischen Handschriften haben nur NP, DP und
SS der Forschung bisher Material geliefert. Die Benützung der ersteren
lässt sich mit ziemlicher Sicherheit nachweisen bei Duchesne ^ Histoire
') Palackj bezeicimet hiebei den A als OriginalhandAchrift des Berardus.
') Theiner ist der einzige curiale Schriftsteller, bei dem sich mit Sioherheit die
Benützung des A nachweisen lässt. Möglich wäre sie bei Stefeno Borgia, der
in seiner »Difesa del dominio temporale Borna 1791 < P. 18440 »dal archivio
segreto Vaticano* abdruckt. Ob sich der Brief im Registrum Urban IV. findet,
und wenn, ob Borgia diesem den in A befindlichen Brief entnahm, yermag ich
nicht anzugeben ; das erstere aber ist deshalb nicht wahrscheinlich, weil Raynald
ihn aus NO druckt, und gegen das letztere scheint zu sprechen, dass Borgia
gleich darauf bei Briefen Benedict XI. und Johann XXII. das Register ausdrück-
lich citirt. Sicher hat Borgia in seinem andern Werke »Breve istoria del dominio
temporale Roma 1789*, in dem sich die in der Sammlung stehenden P. 19217 und
19434 abgedruckt finden, den A nicht benützt. — Auch von keinem anderen
Italiener lässt sich dies nachweisen, im besonderen nicht yon Campi und Ughelli,
welche die Register selbständig ausbeuten konnten. *) Dagegen findet sich A
in den drei andern, analog angelegten Urkundenwerken Theiners für polnische,
südslavische und schottische Geschichte nicht benützt. Die wenigen Berardus-
briefe, die in ihnen stehen, (P. 2166C«— 2l26ö. — 20920. 20925), finden sich auch
im Registrum und sind diesem bei Theiner entnommen. ^) Die im vorigen
Jahrhundert in Rom arbeitenden Ungarn, Peterffey, Koller und Graf Bathyany
(freundliche Mittheilung Dr. Eärolyi^s) haben die Berardushandschriften nicht be-
nützt. — Dasselbe gilt yon den in Betracht kommenden nordischen Urkunden-
sammlem, nämlich den Herausgebern des Diplomatarium Nonregicum: Lange»
Unger imd Huitfeldt und von Munck, der A auch nicht gesehen zu haben scheint«
sonst hätte er wol neben der Archiv-Handschrift des Marino de Eboli (Munck-
Löwenfeld p. 52) seiner Erwähnung gethan. — Auch G. H. Pertz, der ihÄ im
Archive sah, hat ihn unausgebeutet gelassen. ^) Für die Acta imperii; aus
Fickers Abschrift hat femer Bussen a. a. 0. zuerst und einzig P. 21054 ver-
öffentlicht. ^) Zaccagni hat aus NY die wichtigen Briefe P. 21092. 21098.
21107. 21108. 21181. 21187 zuerst publicirt. Theiner hat sie dann aus A, der
entachiedeji bessere Texte hieiür liefert, wiederholt.
598 Kaltenbrunner.
g^neal. de la Maison des Chasteigners*' (1634) und bei Marlot .Me-
tropolis Bemensis Historia*' (1666)^). Die beiden letzteren sind ?oil
den Maurinern ausgebeutet worden : zuerst von Mabillon^ der aus SS
eine beträchtliche Anzahl Briefe abschrieb, welche dann zusammen
mit jenen, die er dem NO entlehnt hat, von Martene und Durand
im 2. Bande der Amplissima CoUectio publicirt wurden^). Dieselben
haben dann für den 7. Band dieses Werkes DP in ausgiebiger Weise
benützt, indem sie ihm fast die ganze Gruppe «de unione Grecorum*
entnahmen^). — Endlich haben wir auch einer französischen Hand-
schrift zu gedenken, welche auf die Berardussammlung unzweifelhaft
zurückgeht, nämlich des Cod. Colbert. 1545 Beg. 3896 der Pariser
Bibliothek, den Potthast zuerst in der Sedisvacanz yor Nicolaus HL
citirt. Hiemach enthält er auf fol. 63'— 67' folgende Briefe: fol. 63'
') Ducbesne druckt fragmentanBch P. 20978 aus »Eztrait d'ua Begisk«
des Epistres du Pape Gregoire X, qui est en la Bibliotheqne de Monsiear de
Thou«, und Marlot P. 18442. 18756. 21891 ,ex yeteri Ms. Codice Bibliothecae
Thuanae*. Delisle weist nun von NP nach, dass er sich in dieser Bibliothek
befunden habe, und es kommt noch hinzu, dass in den Drucken bei Marlot die
Behandlung der Datirung bei den drei Briefen genau dieselbe ist, wie in NF.
Beim Citate Duchesne's kann an einen Auszug des jetzigen Regiaterbandes Gregor X.
nicht gedacht werden, da sich der betreffende Brief nicht in ihm findet. *) Die
Herausgeber citiren die Handschrift als »Ms. Colbert* ; man könnte also auch sä
NP denken, der nach Delisle ebenfalls in der Biblioth^ue Colbert gewesen ist
Aber sie bringen nur Briefe, die in SS stehen, während doch NP eine bedentend
reichere Ausbeute dargeboten hätte, und überdies solche, die in NP nidht steheo.
— Mabillon hat den SS auch ftir Briefe Friedrich H. und des Petms de Xiaäi
verwerthet, welche Arbeit in demselben Bande der Amplissima CoUectio nieder-
gelegt ist. >) Der meisten Handschriften geschieht auch in Reisebericliten £i-
wfthnung: Pertz f^hrt Ar eh. V. 448 das Vorhandensein von A und DY an, \aX
sie aber f&r seine Sammlung nicht ausgebeutet, da er sie ftlr Auszüge aus dem
Registrum hielt (vgl. auch p. 88). Den DV führt dann wieder Bethmann Aitk
XII. 242 an und gedenkt ibid. 257 auch des NV unter der Bezeichnung »EpistoW
Pontificum*. Dagegen ist beiden Forschem der NO verborgen geblieben; iha
unterzieht aber Dudick, Iter Romanum I. 25 einer auch auf den Inhalt eingebfiB-
den Beschreibung, ohne ihn aber als Handschrift des Berardus zu erkennen, ob-
wol er, gestützt auf die Randnoten Raynalds, auf d^n DV verweist — Von dai
französischen Handschriften wird NP von Pertz Arcb. VII. 48 und 8S ibid. Tv
erwähnt, wo auch des Paris. 8581 gedacht wird. In DP vermuthe ich den voa
Pertz Arch. VHI. 296 unter der Signatur 8. Germain fran9aiB-Harlay n* S95 di£
gef^&hrten Codex, denn derselbe be&nd sich nach Delisle einst im Besittt Harlzp
und der Abtei St. Germain des Prds. Unerwähnt und unbenutzt blieben ^
Delisle nur B und DL. — Der Artikel »Bemardus de Neapoli« bei Osterlej Weg-
weiser 1. 9 wirft unsem Berardus mit einem Bemhardus saec. XH znaammcfi.
über dessen schriftstellerische Thätigkeit Wattenbach Arch. f. K, Ost G, XIV. K
und Auz*»iger f. K. d. V. XVI, 189 handelt.
Römische Studien UI. 599
P. 21272; fol. 64 P. 21252. 53; fol. 65 P. 21254. 55; fol. 66 P. 21251.
21731.1) 21258; fol. 67 P. 21732. 33. 21273.«) Da ist jedoch eine
Correctur dahin vorzanehmen, dass der den Beginn machende P. 21272
Nieobius III. abgesprochen und mit Johann XXI. P. 21249 zusammen-
gelegt wird*); dann haben wir aber in geschlossener Keihe die letzten
11 Briefe von TL U der Dictamina (DP 390—400 DV 479—489)
Yor uns. Da ist nun an den Zusammenhang des Codex mit denselben
umsowenlger zu zweifeln, als alle Briefe in ihm sowie in jenen un-
datirt sind, und zwar lässt sich aus dem umstände, dass Potthast
weder Yor- noch nachher den Codex citirt, schliessen, dass wir es mit
einer auf die fünf Blätter beschränkten partiellen Copie einer D-Hand-
schrift zu thun haben.
Sonstige üeberlieferung der Briefe.
Diese der Sammlung zu Theil gewordene Ausbeutung tritt in, den
Regesten Potthast's zu Tage. Es befinden sich aber unter den bei
ihm verzeichneten Briefen derselben viele, welche auch aus andern
Quellen geflossen sind oder in solchen nachweisbar sind, und wir
müssen nun, wollen wir die Sammlung als historische Quelle, so weit
sie bisher der Forschung dienstbar gewesen ist, richtig würdigen,
diese Briefe von den einzig durch Berardus überlieferten scheiden.
Die Zahl der letzteren ist 120, während 204 von den 324 in Potthast
enthaltenen Briefen auch andere Provenienz aufweisen. Dieselbe gliedert
sich in zwei grosse Oruppen; sie geht nämlich entweder direct oder
indirect auf das Yaticanische Begistrum zurück, oder sie beruht auf
Empfänger- Archiven , also entweder auf üeberlieferung in urkund-
licher Form, oder auf Handschriften, die ihr Material aus den in die
*) Dieser Brief ist übrigenB aus Potthast zu streichen, denn er gehört nicht
NicolauB in. an, sondern ist ein Privatbrief des Berardus (n® 752), der seinen
Neffan Londulfus Ckraccioli über den Tod seines Vaters tröstet. Ein Bruchstück
yon ihm ist (ans NO) abgedmckt bei Rajnald 1277. 19, der schon erkannte,
daas der Brief von keinem Papste geschrieben sein könne ; nun wird durch die
Sammlung die Autorschaft des Berardus sicher gestellt, zumal da sich auch sonst
die YerwandtschaA desselben mit dem Geschlechte der CaracdoU nachweisen
Iftflst Abgefiisst ist er wahrscheinlich in der Sedisvacanz nach Johann XXL, auf
dessen jähes Ende die von Baynald mitgetheilte Stelle hinweist ') Von diesen
Briefen sind P. 81782. 21788 ungedruckt P. 21878 ist aus dem vorliegenden
CodeoL von Baluze Conc Galliae, die übrigen sind Ton Rajnald aus NO pubüdrt
*) Das Regest^ welches Potthast unter n® 81272 aus dem Codex gibt, pasrt voll-
ständig auf den bei Raynald 1277. 12 gedruckten Brief Johann XXL, den Pott-
hast unter Xk9 21249 verzeichnet Dass er diesem und nicht Nioolaus IIL an-
gehört» beweist seine Stellung in NY» in welchem unter n^ 149—158 erst nadi
ihm die Briefe aus der Sedisvacanz vor Kioolaus III. folgen. (Verz. n^ 478).
600 Kaltenbrunner.
Hände der Adressaten gelangten Ausfertigungen geschöpft haben ^).
In die erstere &llen 153' Briefe, von denen 130 direct aus dem Be-
gistrum gedruckt worden sind*), 19 von mir selbst in demselboi Yor-
gefunden wurden, während die Provenienz ihrer Dmdce entweder auf
Berardus oder auf andere Quellen zurückgeht'); endlich sind 4 Briefe
aus der in der päpstlichen Kanzlei entstandenen Formelsammhing des
Marino de Eboli geschöpft wurden^).
Bedeutend kleiner ist die zweite Gruppe, deren Briefe auf folgende
Provenienzen zurückgehen^):
1. In Urkundenform. 12 (8)«).
<) Bei der folgenden ZuBammenstellung sehe ich n^tOrlich von allen Werka
ab, die nur aus Drucken schöpfen, und berückaichtige nur solche, die direct auf
handschriftliche Quellen zurQckgehen. *) Die in Betracht kommenden Werke
dnd folgende. Curiale: BA)viu8, Rainald, Theiner und die Turiner Ausgabe da
Bullarium Bomanum, (zweifislhaft bei Borgia). Italiener : Gampi, Ughelli, (Swtiiia).
Minderbrüder : Wadding, Sbaralea (während Ripoll nur aus Wadding abdrückt).
Ungarn: Koller (dessen Römische Arbeiten wol F^Jer, der niemak in Rom ge-
wesen ist, benützte), Theiner (aus ihm die Monument a Hungariae). Slaven:
Palacky (aus dessen Abschriften Erben für B(Mimen, Booeek für Mähren), üieiner.
gordische Schriftsteller: Lange, Unger und üuitfeldt, Munck. — Als Yorlfioier
der letzteren ist wahrscheinlich Vastoviu» anzusehen, der in seinem Werke »Yitis
aquilonia* Cöln 1628 einzelne Biiefe in einer Form abdruckt, die er nur dem
Registrum oder einer daraus abgeleiteten Quelle entnommen haben kann; «)
wenn er nach P. 20897 die Notific^tion8E>chreiben nur mit L e. m. und folgenden
Verweis auf den Hauptbrief bringt u. s. f. — Weder von fran206i«c|ie&, nodi
spanischen, noch englischen Urkundensammlungen lfia«t sich bei den in Betracht
kommenden Briefen Benützung des Registrumä erkennen. — Auf deutschem Ge-
biete geht unter den vorliegenden Drucken nur der Deutingers auf Abschriften
des Registrums zurück, wie schon pag. 596 bemerkt wurde. — Der zweite Band
der »Epistolae Selectae* in den M. G. wird wol die Zahl der im Register nacb*
weisbaren Briefe der Sammlung vermehren; da Pertz aber mit Clemens IV. ab-
Bchloss, so wird dieser Zuwachs kaum erheblich sein. ") P. 20645. 2076S. 20764.
20765. 20871. 21151. 21892. 21400. 21401. 21624. 21962. 2201S. 2202G. B20I2.
22077. 22128. 22182. 2214t. 22^89. «) P. 19295. 20505. 20506. 21102. Mamo
de Eboli enthalt femer die einschlägigen P. 20517. 20645. 21972, die aber anch
im Registrum überliefert sind. Raynald, Gampi, Wadding und Marttee iMabilka)
drucken aus rOmischen Handschriften dieser bisher nicht näher unteisadites
colossalen Formelsammlung. ^j Ich halte es für Übersichtlicher, wenn ich im
folgenden auch jene Briefe herbeiziehe, die daneben anch im Registnun Über-
liefert sind ; dieselben sind durch ein beigesetztes (R) gekennzeichnet. Die in
Klammem gesetzten Zahlen zeigen jene Briefe an, welche ich im Regiatmm nicht
nachzuweisen vermag. ^j Das Yaticanische Archiv hat hiebei drei Stücke g^
liefert: P. 21744 im Original bei Theiner, und P 194 £4. 20028 in dem daaelbet
befindlichen amtlich angelegten über privilegiorum 8. R.'K bei Rvjrnald. Ans
den zu Montecasino befindlichen Öriginalausfertigungen drudtt Gattula P; t'it9^
(R) und 22291 (E). Die Cistercienser-Frivilegien P. 19185 und «1020 (R) oaA
BOmische Studien HL 601
2. Drucke bei Kymer , Foedera et Acta *■ aus engl Archiven. 20 (6) ^).
3. Ein bei Dudiesne «Hist. Franc. SS." citirter Codex. 8 (6)>).
4. Ein bei Lazeri »Miscellanea* benutzter AppMatas. 20 (10)^).
5. Tractate südfranzösischer Provenienz. 3 (2)*).
6. Trierer-Quellen. 2 (1)*).
einerseits ans einem Transampte PiuB II., andereneitB aus einer Copie a. 1292
bekannt geworden; daran sohlieBscn sich P. 18660. 19102. 2210.'>, die Ton den
lünderbrüdem aus Archiven ihrer Convente veröffentlicht wurden, und F. 19079.,
der im »Registrum monasterii de PaBsdet* gedruckt vorliegt^ endlich der Kreuz-
zugebrief P. 20804 (R), der von Marca einem zu Narbonne angefertigten Notariats-
Instrumen^te entnommen ist.
<) P. 186S6 (R). 20525 (R). 20648. 20664. 20712 (R). 80767 (R); 20769 (R).
21159 (R). 21968 (R). 21971. 21&74 iR). 21892 (R). 81967 (R). 22005 (R). 92061 (R).
22092. 2209S. 22094. 22182 (R). 88142 (R). *) Die alte Handschrift, aus welcher
Ihichfisne P. 18196. 18402. 18624 (R). 19021. 19082. 19026. 19027.21998 (R) druckt^
scheint eine ZuBammenstellung von Urkunden zu sein, welche das königliche Hans
von Frankreich, insbesondere Ludwig d. H. betreffan. Sicher ist sie unabhängig
TOD den uns bekannten Berardushandsohriften, denn sie enthält auch die in jenen
fehlenden P. 18155. 18156. 18190. ') Lazeri »Misoellanea ex Mss. Ubris bibiio-
thecae collegii Romani« entnimmt die 80 Papstbriefe saec XIII, die er ii| Tom. II
als besondere Gruppe abdruckt, »ex apparatu quodam histonae Siculae, quem
satis amplum habeinus in libris Rogerii Comiiis a Yentimiglia*. Dieser Apparatos
läflst sich in sofeme in keine der angestellten Kategorien bringen, als er einer-
seita sicher auf Empfönger- Archive, andererseits auf das Registrum oder Berardus
zurückgeht. Unter den 80 Briefen finden sich folgende der Berardussamralung :
P. 20029 (R). 21104. 21745 21989. 21956. 22018. 22026. 22081 (R). 22082. ^2088.
22042 (R). 22077 (R). 22128 (R). 22141 (R). 22289 (R). 22298 (R). 22418 (R).
22414 (R), und die vorher im Vaticanischen Archive nachgewiesenen P. 20028 und
21744. Da mit ihnen die Zahl der im Apparatus stehenden Briefe nicht erschöpft
ist» und da, wie ans obiger Zusammenstellung ersichtlich ist, eine beträchtliche
Anzahl im Registrum fehlt, so kann weder Berardus nodi dieses attsschliessliche
Quelle sein. Dass aber entweder der eine (wobei dann nur an A oder B gedacht
werden könnte), oder das andere Theilquelle sei, macht der Umstand, dass.P. 22042
L e. m.-8ätze aufweist, sehr wahrscheinlidi ; da aber diese bei Lazeri vollkommen
gleich lanten sowol mit dam Registrum , als mit A-B , so können sie d^e Frage,
welche der beiden Quellen zu Grunde liegt, nicht entscheiden. ^) Das sind
P. 20714.' 20956 (R) und 21789. Die beiden ersteren entnimmt M^uestrier
yHistoire . . de Lyon* einem »Tractatns de bellis et indadis, que fuerunt inter
canonicos 8. Johannis Lugduni et canonicos 8. Justi ex una et dveg Lugdunensee
ex altera parte*. Darauf, oder auf M^estrier gehen dann bei P. 20956 wol auch
die andern Ljoner Drucke zurflck. Der letztere ist von Launoins Opp. II. 289
einem Tractate über den Begräbnisdplatz der. hl. Maria Magdalena im Kloster
Vezelay entnommen. Ob auf diesen auch der Druck bei Faillon «Monuments
in^iits 8ur Tapostolat de 8. Marie^Madeleine eh Provence (ed. Migne 1865) zu»
rflckgeht, oder ob denelbe, sowie Martine, hiefbr SS benutzt hat, vermag ich
nidit anzugeben, da Faillou's Werk mir unzugänglich war. ^) P. 18656 ist von
Martene nach einer Abschrift. Mabillon's in der AmpL CoU. lY. 478 aus Akten
602 Kalten brunner.
7. Scriptore». 1 (1)^).
8. Concilfl- Acten bei Mansi und seinen Vorgangern« 9 ( — )>).
9. Formelbüeber aus der Kanzlei E. Badol&. 7 (7)>).
Endlich muss ich bei 11 Briefen das Geständnis machen, dass
ich die Provenienz ihrer Drucke nicht kenne^).
Werth der Sammlung.
Das Verzeichnis der Briefe ist wol geeignet, die Thätigkeit des
Berardus als äine hervorragende zu kennzeichnen. Nach beächeidenen
des von Urban lY. gegen den Erzbischof Heinrich von Trier eingeleiteten Pro-
ceases gedruckt ,ex Mb. Card. Ottoboni«, nnd P. 20191 (R) ist ibid. S07 denGesia
Treviroram entnommen. Martine druckt letcteren audi im zweiten Bande dei
Thesaurus novtis aneodotoram ohne Proveniensinga^.
>) P. 21895 ist in der Continuatio des Hermann Ton Altaicfa ftberiiefaii
s) P. 206S0. 206ei. 20716. 20717. 20762. 20869. 20872. 2087S. 21947. 8ie steteo
alle im Registram. *) In den Codices Epistolaares von Gerbert, Bodmaan (and
Hergott), femer im Baumgartenberger Formelbuche nnd in der Somma ouiiae
regia finden sich zerstreat und vereinzelnt, so dass an die Benutzung einer Benrdos-
handscbrift nicht gedacht werden könnte, Tor: P. 20929. 20981. 20962. 20969.
21085. 21047. 21107. 8ie fehlen alle im Registrum und sind alle auch aus A
und NO bereits gedruckt worden. ^) Ueber das Citat »dal ArohiTio legreto
Vaticano* beim Drucke BoTgia*s y. P. 18440 wurde schon pag. 597 gesprodien
Bei allen andern Briefen ist die Provenienz aus Berardus entweder ganz ans*
geschlossen oder doch sehr unwahrscheinlich. Da« erbtere gilt von den eng zu-
sammengehörigen P. 21171. 21172, gedr. im Bulla rium Yaticannm, deshalb, weil
der letztere dort datirt ist, während er in NO, wo er einzig yorkommt, ohne
Datirung gelassen ist. Im Registrum finden sie sich aber auch nicht. Das letztere
gut yon 18282 und 19911, deren Drucke einerseits auf NO (resph Raynald), anderer-
seits auf Bzovins zurückgehen, der sonst nachweisbar weder NO, noch eine andore
Berardushandschiift benfltzt hat, hier aber auch das Rc^tmm nicht citirt. Ferner
bei P. 19659, den Mart^e ohne Provenienzangabe in Thesaurus IL 887 dm^
denn er benutzt in diesem Bande mehrere HandschrÜlen mit Urban- iindClemeBt-
briefen französischer Proyenienz. welche mir auf das Registrum znrfi^zugehea
scheinen. — Bei P. 21886 (den er in der Ampi. ColL IL 1291 ans 88 dmckt)
citirt Mart^e im Thesaurus I. 1172 ein »Ms Fr.PraedicatorumBothomagensiom*,
das ich nicht n&her zu bestimmen vermag ; desgleichen weiss ich nicht» woher
die mir unzugfinglichen M^moires et documenta de Gen^ve (XIV. 170) diwnlbe
Steck nehmen, doch yermuthe ich urkundliche Form, da hier erat eine Datinmg
gegeben wird. Sehr unwahrscheinlich ist auch die Berardusproyeniens bei P. 19508
(Muratori und spanische Quellen), 19910 (nordisch), 20688 (engÜBch), die wol an
Empfanger- Archiyen geschöpft sein werden, und bei P. 20776, dessen fragmen-
tarischen Druck F^'er dem mir unzugfinglichen Werke: Schier, Bada 8aeia ent-
nommen hat. — Endlich ist noch anzufahren, dass P. 20712 und 20750 neben
ihrer Proyenienz im Registrum (erateres auch bei Rymer) yon Würdiwein N. & D.
aus den Godd. Vatic. 7188 und 1272 abgedruckt sein wollen, ohae daas sie wik
in denselben, wie mir Dr. Skodlar mittheüte, finden.
BGmiache Stadien m. 603
Anfangen unter UrbanJV. finden wir ihn bereits unter •Clemens IV«
mit der Ab£E»sung der wichtignten Urkunden in der Sicilischen An-
gelegenheit betraut Den Höhepunkt erreicht sie sodann unter Gregor X.
und seinen nächsten Nachfolgern ^) ; die Verhandlungen mit E. Alpbons
und £. Rudolf, sowie die Facifieirung Tusciens und der Lombardei
(einer der Hauptzielpunkte der Politik Gregor X) sind mit gans ge-
ringen Ausnahmen der Feder des Berardus auTertniut gewesen, und
in hervorragender Weise gilt dies auch vom Lyoner-Goncilf dem Kreuz-
zug und der griechischen Union. Beleuchten diese Thatsachen die
um&ssende Thätigkeit des Berardus, so macht die Erkenntnis, dass
die vorhin skizzirte politische Ciorrespondenz fast ausschliesslich nur
durch seine Sammlung überliefert ist, dieselbe fQr die Zeit Gregor X.
bis zur Thronbesteigung Nicolaus IIL zu einer Quelle ersten Banges :
Ohne ihr hätten wir (die Correspondenz im weitesten Um&nge auf-
geÜEisst) darüber 13 Briefe der Curie; so besitzen wir deren 58, und
berücksichtigen wir auch diejenigen, welche noch der Fublication
harren, so erhalten wir noch eine wesentliche Bereicherung des Ma-
terials, Yor allem für die Verhandlungen über die Eronentsagung E.
Alphons von Castilien und för die Ordnung der italienischen Ver-
haltnisse. — Wenn das mit der Beschaffenheit des päpstlichen Be-
gistrums dieser Zeit zusammenhangt, welches eben unter Gregor X. und
Johann XXf. die politische Correspondenz völlig ignorirt und für
Innocenz V. überhaupt nicht existirt'), so wird dies anders unter
Nicolaus IIL unter ihm wurde ein zweiter Begisterband angelegt,
der geradezu dem «Liber de negotio imperii'* unter Innocenz IIL an
die Seite gestellt werden kann. Da dürften wir uns also nicht wun-
dem, wenn die Sammlung des Berardus als allein dastehende Quelle
in Bezug auf die politische Correspondenz herabgedrückt wür^e. Aber
wir finden in seiner Sammlung überhaupt mit einer einzigen Aus-
nahme') keine Briefe de negotio imperii und über die einschlägigen
Verhältnisse vor. Das fordert . natürlich eine Erklärung und es bietet
*) Schon die Thatsache, dara der 10. Theil der bei Pottbast veraaichiieteii
Brieib Gregor X., und zwar weitaas der wichtigste, von Berardus herrührt,
characterisirt die Arbeitsthätigkeit desselben unter diesem Papste. Ich möchte
auch darauf hinweisen, dass das Vorhandensein des griechischen Einlaufs in A-B
auf eine Art Referat, dfis dem Berardus in der Unionsfrage übertragen war, hin-
zudeuten scheint. *) Es sei hier auch auf die beträchtliche Anzahl der Briefe
des Oardinal-CoUegiums während der Sedisvacanzen hingewiesen, die uns nur
durch Berardus überliefert sind. ') Das ist P. 21496, der sich auch (wieder als
einzige Ausnahme) im ersten Begisterbande Nioolaus HI. findet. Wie ich unten
darthun werde, ist er nicht 1278, sondern schon 1277, noch vor der Krönung,
abge&ast und somit der früheste Brief Nioolaus III. an K. Rudolf.
604 Kaltenbrunner.
^icli eine doppelte dar. Es wäre möglich, dass die Goncepte des
Berardus, welche mit zur Anlegung des zweiten fiegisterbandes ver-
wendet wurden, nicht in die Hände der Bedacteure unserer Hand-
schriften gelangt sind; aber an sich klingt das gekünstelt, und dami
sind manche Anhaltspunkte für die Annahme vorhanden, dass die
politische Correspondenz durch die Hände des Cardinal Mathaeus
Orsini und des Benedict ▼. Anagni (des nachmaligen Bonifaz VIII.)
gegangen sei. So ist es also wahrscheinlicher, dass Berardus unter
Nicolaus III. mit den Beichsverhältnissen überhaupt nichts zu than
hatte und da liegt es nahe, den Grund hiefÜr in seiner Persönlichkeit
selbst zu suchen, da er als Neapolitaner und Verwandter einer dem
neuen Eönigshause eng befreundeten Familie mit einer Politik in
Widerstreit stehen mochte, die sofort nach der Thronbesteigung des
Orsini dem selbstsüchtigen Anjou wirksam entgegentrat^). Damit war
<) Berardus war mit der Familie der Caraccioli von Neapel verwandt: in
n' 281 schreibt Gregor X. an den Gaalterus OEunodoli in der KrenzzugBangel^gen-
lieit und in F. 21050 wird von ihm dem Matthaeus Caraccioli eine Pfrfinde in
Verdun yerliehen, und jeder derselben wird in der Adresse als »nepos magistri
Berardi de Neapoli aabdiaconi et notarii nostri* bezeichnet. Ferner findet sich
in der Sammlung (n® 752) der Trostbrief des Berardus an seinen Nefieo Landulfits
Caraccioli, Qber den schon vorher pag. 599 gehandelt wurde. — Dieser LandnUuB
wird yon Karl I. i. J. 1269 zum Jusütiarius der Universität Neapel ernannt und
bleibt in dieser einflussreichen und einträglichen Stellung dessen ganze Regie-
rungszeit (Del Giudice p. 258. 268). Dass er in dem Emennungsdecrete »syn
dicns militum* genannt wird, zeigt, welch' hervorragende Stellung die Familie
damals in Neapel einnahm. In einer anderen Urkunde (Del Giudice 261) wird
Landulfus genannt »nepos venerabilis viri magistri Berardi di Neapoli D. Pape
notarii, dilecü amici et consiliarii nostri*. Damit steht im Zusammenbang, wie
sich Berardus Karl IL gegenflber in n^ 757 auf die dem Vater geleisteten Dienste
berufen und ihn geradezu seines Wohlwollens' veraichem kann. — Dieses per-
sönliche Verhältnis zu den Anjous mag Berardus angeknüpft haben anlSsslich
der letzten Verhandlungen Clemens IV. mit Karl über dessen Krönung, zu denen
er am 28. XII. 1265 nach P. 19492.93 delegirt worden war. WahischeinHch
hängt es auch mit diesen zusammen, dass sich der Papst zwei Monate früher bei
Hargaretha von Frankreich und Eleonore von England entschuldigt, dass er den
Berardus »cuius presentia est nobis multum necessaria* ihrem Wunsche gemSm
nicht gesandt habe (P. 19704), und wir werden nicht irren, wenn wir hiebet an
die Streitigkeiten denken, welche die Königinen mit ihrem Schwager Karl sn
schlichten hatten. Wird hier unser Notar als unentbehrlich hingestellt, so lassen
die Worte des Papstes in P. 19492: »mittimus et cum eis (cardinalibns, die am
29. XII. designirt wurden) virum consilii, vimm profimdi pectoris, probate fidei et
gravitatis ex acte, d. f. mag. Öerardum notarium et familiärem, qni tibi ex parte
noetra secreto dicit aliqua, que scripto noluimus commendare*, die hochangesehene
Stellung, welche schon damals Berardus an der Curie einnahm, in hellem lichte
erscheinen. — Das gibt mir Gelegenheit, die mir bekannten Daten über Beraidns
Römische Stadien IIL 605
aber Berardus mit nichten yoü den Oesohaften überhaupt entfernt;
schon die Thatsachen, dass ihm nach wie vor die griechische Cor-
reapondenz anvertraut ist und dass die fransSsisch-castilische An*
gelegenheit, deren Wichtigkeit die Absendung drei hoher Kircheu-
f&rsten hinlänglich charakterisirt, unter Nicolaus IIL ebenso wie unter
dessen Vorgänger einzig durch ihn besorgt wird, bürgen uns dafür,
znsamlaeiiziiflftellen, wobei ich die Notizen, welche Delisle p. 88 und G^arampi am
Voxsteckblatte des A geben, benutz: Zoent finden wir ihn unter Innooenz lY.
frwfthnt, wie bereits p. 70 angeführt wurde; er' igt damals »subdiacanns et capel*
lanus x)ape et juris ciTÜis professor*, also noch nicht Noti^. In letzterer Eigen-
schaft begegnet er. uns zum ersten Male anter ürban IV.; von ihm erhält er
nach »Reg. T. IV. p. 815< eine PfHinde in der DiGcese Wincliester (0), und ist
nach »Reg. II. p. 64* Ezecator einer anderen Vergabung (G); femer finden wir
ihn bei einer Urban IV. vorgelegten Streitfrage mit der Untersuchung derselben
betraut (Reg. T.. LA. IL ep. 22). Unter den Iblgendion Kpsten stossen wir. auf
keinerlei .dem Berardus zu Theil gewordene Oonstbeseugong, und er scheint'
aueh niemals zu hohen kirchlichen Würden emporgestiegen zu sein, denn aooh
unter Gregor X. wird er Subdiaoonus genannt und erst unter Martin W^ ersclieint
er als Prior von Bari (Reg. T. I. A. II. ep. 185), welche Würde natürlich nur als
Pfründe anzusehen ist, da wir ihn ja durch den ganzen .Pontificat Martin IV. als
Dictator thfttig wissen. -— . Sowie unter Urban IV. finden wir Berardus auch^pftter
in mannigfieusher Weise auftreten: so ist er am 27. V« 1267 Zeuge in einer Ur-
kunde Kiurl I. (D), und prüft im Auftrage Clemens IV. einen Candidaten für das
Doctorat von Ifontpellier (D). Bei Gregor X. interveniert er für die Heirathdispens
neapolitanischer Edler (D) und für die Entbindung des Nicolaus^ Kantors von
Tours von der Residenzpfiicht (D). Sowie unter Clemens IV. tritt er uns auch
jetzt als Jurist entgegen, wenn er einen Pfründenstreit an der Kathedrale von
Quimper entscheidet (D), und als Examinator des sich um das Notariat bewerbenden
FlprentinerbÜrgerB Raynerius dei Tholomei erscheint (Reg. A.I. ep. S5). Als her-
vorragender Beamter endlich h&ngt er zusammen mit dem Camerarius sein Siegel
an ein Memoriale, das Grregor X. an. den Kreuzfiüirer Oliverius de Termulis sendet
(V. Mitth. VI. 498), und unter Nicolaus III. wird ihm die Ehre zu Theil, in dem
wichtigen Acte, den 1278 am 4. Mai der Machtbote K. Rudolfs, der Minderbruder
(}honrad, im Consistorium ausstellt, als Zeuge zu fungiren. — Hiebei haben wir
auch der in der Sammlung eingestreuten Privatcorrespondenz des Berardus zu
gedenken, die freilich wenig Au&chlüsse gibt: Im engen Verhältnisse finden wir
ihn zu den Cisterciensern stehen (nach n*^ 75S),.- und Einblick in seinen Freundes-
kreis an der Curie gewährt der von Delisle p. 99 gedruckte Brief an den nobilis
vir Riccardus (n® 754). Diesem Kreise mag auch der in n® 750 als Adressat auf-
tretende Magister Johannes de Castello abgehört haben, vielleicht aber nur im
Verhältnisse eines Famiüaren des Berardus, in welchem er nun zum Johannes
de Oapua steht, denn Berardus begljückwünscht ihn, dass er die »Neapolitana
riiditas' mit der »CiSapuana dulcedo* vertauscht habe. Als fiuniliaris selbst tritt
Berardus in |i® 749 dem König; voi^ Navarra g^^^enüber; es klingt aber das Be-
vrusstseiut ednfi'ussreicher M<mu zu. sein, in diesen Dankschreiben ebenso entgegen,
wie ifk den .Briefen an den König von England und an Karl von Anjou (nP 760.,
606 Kaltenbrnniier.
dass Berardus auch jetzt eine bedeutende Stellung an der Carie ein-
nahm. — Unter Martin IV. ruhen die Verhandlungen mit dem Beiche;
dessen ganzes Trachten ist auf die Beruhigung der eben gewonneneu
Bomagna, und nach der Sicilianischen Vesper auf die Vernichtung
Peters v. Aragon gerichtet In Bezug auf jene hat die I^eder des
Berardus keine Dienste geleistet; es ist aber auch wahrscheinlich, dass
die betreffende Corre&pondenz direct durch die papstliche Kammer
Yermittelt wurde ^); dagegen finden wir, dass der grossteTheil der Briefe
in der andern Angelegenheit von Berardus besoigt wird, und nur der
Umstand, dass dieselben in beträchtlicher Anzahl auch Aufiiahme im
Biegistrüm gefunden haben, bewirkt, dass wir die Sammlung auch
unter Martin IV. nicht mehr in dem Maasse hochstellen können, wie
firüher unter Gregor X.>)
767). — Endlich kemien wir ancb swei Briefe an Berardus: den des englisehea
Theeaoran (y. pag. 115), und den desHenrieoB de Isexiiia (bei Erben IL in), auf
den College Bneson mich anfinerkeam machte. 8o wenig wie der eiste, berührt
auch er thateäohliche VerhftltniBBe; wird in jenem hauptsAchlich des Benndnt
fiinflufls gertthmt, ao hier die edle Abkunft, die Ffille der ihm anverbraoteB Ge-
heimnisse und die Perlen leiner Sprache.
*) Vgl. R. St. I. 870 u. ff. Die daselbst ausgesprochene Vermnthung, dass»
Berardus damals Gunerarius gewesen sei, lasse ich fidlen. Die BefiÜügung hiesa
wäre ihm nicht absusprechen, denn schon unter Gregor X. und im erhOhtoi
Maasse unter Martin IV. hat Berardus recht verwickelte und heikle Verfaaad.
langen in Geldsachen zu besorgen. *) Es würde sn weit führen, die 'niltig>
keit des Berardus und die Bereicherung, welche unser Wissen durch seine Ssmm-
hmg erführt, im einseinen zu beleuchten. Dagegen soll hier noch einer Reihe
von Beriditigungen gedacht werden, welche sich aus ihr für Potihasts Bsgesfcs
ergeben: Soweit dieselben Datirangen betreffen, sind sie im VerzeichniBBe bereit §
kenntlich gemacht; hier ist diesbezüglich nur noch anzuführen, dass P. 81496
vom 18. XII. 1878 weg zum gleichen Tage des Jahres 1877 zu rücken ist; denn
sowie in A-B und den Epistolae Notabiles hat auch der Brief im Begister (A. L
ep. CUT. 7) das Datum ,11. Id« Dec. suscepti a nobis ap. of&cii a. L*, ist süso sicher
vor der Consecration ausgestellt. Potthast hat übersehen, dass audi bei Themer,
der aus R. druckt, das Datum so gegeben ist. (V. 608). — Es ergibt sich ferner,
dass P. 80858. 80974. 81146. 81180. 81866. 81866*, weil identisch mit anderen
Nummern, zu streichen sind: Ersteres fällt mit n' 80976 zusammen und ist da-
durch entstanden , dass Potthast die Identität des von Palacky unter n^ SS6
regestirten ep. A 59 mit den Drucken von NO 75. DV 45 bei Bajnald und
Böhmer nicht erkannte. (V. 89S). — Umgekehrt hat er das Regest von ep. A «5
bei Palacky n® S49 fälschlich auf den undatirten bei Rajnald 1874. 45 gedm^tea
ep. NO 78* bezogt, und einerseits ihn dem Datum Pala ckys gemfiss warn 61. XII
unter n® 80974, andererseits in der richtigen Erkenntnise, dass er am sdben
Tage ausgestellt sein mflsse wie n* 80646, mit Anführung desselben Citates aas
Raynald zum 11. Juni als n^ 80846 eingereiht. (V. 890). -- Unter n* «1146
(fnnocenz V.) stellt Potthast einen bei Martine aus DP gedruckten Brief ein.
ROmkoh« Studien m« 607
Wir müssen aber nun fragen, in wie weit wir die Sammlung,
die uns solches Material liefert, als historische Quelle benutzen können,
und wie weit wir die Besultate, die auf Ghrund derselben bereits ron
der Forschung gezogen worden sind, als sichere hinnehmen dürfen?
Dass wir es nicht mit Siilblüthen und nicht mit Musterbriefen zu
thun haben, d. h. mit solchen, welche mit dem Zwecke, es zu sein,
abgefasst wurden, ist wol sicher. DafQr bürgt das durchaus individuelle
Gepräge welches den Briefen anhaftet,» und die Art der Texte, welche
der Yon Concepten ebenso vollkommen als ausschliesslich entspricht,
femer der reale Hintergrund, welchen ein Drittel der Briefe durch
ihr Vorkommen in andern Quellen besitzt; dafür endlich bürgt auch
die Persönlichkeit des Berardus, der als vielbeschäftigter Mann kaum
Müsse gefunden hätte, derartige litterarische Erzeugnisse auf den
Büchermarkt zu werfen oder seinen Nachfolgern im Amte zu hinter-
lassen^). Sichern wir also hiemit den Briefen ihren realen Oehalt,
80 müssen wir doch ihren £Aktischen Werth einschränken, wenn wir
der bei Nicolaus m. unter ii9 21454 unter nochmaliger Citirung Mart^nes wieder-
holt wird, nun mit Beifügung des Druckes bei Sbaralea, der ihn Nicolans IIL
zuweist. Wie seine Stellung in den Handschriften lehrt, gehOrt der Brief sicher
Nicolaus III. SU, und in A-B trftgt er denn auch das auf diessn, nicht aber auf
Innocenz Y. passende Datum »Viterbii Kai. Augusti*. Demgemäss ist n'^ 21145
2EU streichen und der bisher als undatirt angesehene 21454 zum 1. YIII. 1278
binaufzurücken. (V. 548). — Femer entf&Ut P. 21180 aus folgendem Grande:
indem Potthast den bei Zaccagni aus NV 228 gedruckten undatirten Brief mit
dem Regeste Ton A 118 bei Palacky n^ 878 identifidrte, bildete sich n^ 21180
Jobann XXI. y. 16. XI. 1276. Aber A 118, und somit auch das Regest bei Palacky,
fällt mit n° 21181 zusammen, und der Brief bei Zaccagni thut dies mit A 117,
welcher von Palacky unter n® 872 regestirt, sodann von Theiner gedrackt und
bei Pv'tthast unter n® 21108 zu Innocenz V. eingestellt wurde. (Y. 454). ~ In
P. 21256 wird vom Cardinal-Collegium der Stadt Parma der gleiche Befehl ge-
geben wie in P. 21255 Nami; da beide Stftdte doch nicht gleichzeitig den Honte
8. Angelo als Eigenthum requirirt haben werden, so ist jeden&lls einer der Briefe
zu streichen» und zwar der ganzen Sachlage nach der an Parma. Entstanden ist
der Fehler bei Potthast einfach dadurch, dass NO, dem Rainald den Druck ent-
nimmt, Parma f&lschlich für Narni setzt, welch' letzteres vom Cod. Colbert. von
D und Ton NY gebracht wiid. (Y. 495). — Endlich istP. 21266* zu tilgen, d. i.
der Auszug eines Briefes bei Bzovius, den derselbe Reg. T. I. A. I. ep. 24 ent-
nimmt. Derselbe ist dort, und Übereinstimmend damit auch in NP und B, vom
29. I. 1278 datirt. Indem nun Theiner denselben in den Mon. Slavor. drackt
und hiebei irrig den 27. I. als Datum gibt, wurde Pottbast verleitet, Auszug und
Abdruck von einander zu trennen und sie den 2 Nummern 21265. 66 zuzuweisen.
(Y. 520). — Dass P. 21272, weil identisch mit 21249 (Y. 478), und P. 21781 als
Berardusbrief (Y. 752) zu streichen sind, wurde schon pag. 599 angefthrt.
>) YgL was darüber Delisle p. lao schreibt
608 Ealtenbrantfer.*
uns der in A befindlichen Bandno^en erinnern. Zwei derselben be-
sagen durch ihr «non processit*, dass die mit ihnen versehenen Briefe
ni<iht angelaufen seien. Der eine derselben (P. 21038) ist gedruckt
und. von seinem Herausgeber, Bussen, auch als historische Quelle ver-
werthet worden; Es geschah dies mit YoUer Berechtigung, denn die
Handschrift NO, welcher er ihn entnahm, lässt das .non prooessit'
weg» so wie sie überhaupt, und mit. ihr die änderen Vertreter der
Epistolae Notabiles und desgleichen die Dictamina, keinerlei Setenngen
von solchen Noten aufweist Das führt uns zunächst darauf, daas
wir alle jene Briefe, welche einzig in diesen zwei Ejitegorien der
Handschriften überliefert sind, mit dem Beservate gebrauchen müssen,
dass etwa auf ihrer Vorlage derartige tilgende Noten gestanden haben
könnten. Wir sind aber auch genöthigt, dasselbe auf die you B
überlieferten Briefe auszudehnen, denn die tilgenden Noten Yon A 100
und 410 lasst auch er bei den correspondirenden Briefen aus, trotz-
dem wir in ihm sonst eine Reihe Yon Noten coustatirt haben. Finden
sich dieselben zum Grosstheil übereinstimmend in A Yor, so fehlen
dort doch die von B 137 und 382. Da wir nun die Noten von A
und B dahin gedeutet haben, dass sie Yon deren Redacteuren Auf-
zeichnungen entnommen vforden seien, die Berardus selbst auf seinen
Concepten, ihrer gemeinsamen Vorlage, angebracht habe, so ergibt
sich aus obiger Thatsache, dass auch A nicht erschöpfend dieselben
wiedergeben könne, was wir übrigens schon frQher pag. 36 bei der
Umwandlung der Legatiousbriefe Innoeenz V. in die Johann XXL
constatirt haben. Also auch den in A überlieferten Briefen muss,
wenn auch im verringerten Maasse, dasselbe Misstrauen entgegen-
gebracht werden, wie allen andern.
Aber — so fragen wir weiter — sind deshalb die Briefe, welche
in k getilgt sind, absolut zu verwerfen, und sind alle andern, die,
weil in der Sammlung allein überliefert, hiebei in Betrübt kommen,
mit dem Verdachte zu bebaften, dass sie gänzlich werthlos sein könnten?
Ich glaube das \erneinen zu müssen. Sowie ein getilgter Brief im
Registrum von einer Entscheidung der Curie Kunde gibt und damit
eine historische I'hatsache verbürgt, so ist es auch hier der Fall
Alle Briefe der Berardussammlung sind Ausflüsse von Entschliessungen
und Ansichten, die an der Curie herrschten, und dadurch sind sie
für uns von* Werth. Eingeschränkt aber wird derselbe dadurch, dass
wir nicht wissen können, ob sie auch wirklich erlassen worden seien,
ob sie die von ihnen erwartete Wirkung innerhalb der Verhältnisse,
welche sie. berühren, hifMlurch vrirklich geübt oder zu üben versoeht
haben, oder ob sie nicht etwa durch. Einwiskungen dar eiaen* oder
Römische Stadien IlL 609
andern Art Modificationen erfahren haben oder Entwürfe geblieben
sind« Bei manchen Briefen wird das erstere nachweisbar sein, bei
anderen wird sich die Wahrscheinlichkeit f&r das letztere ergeben;
das aber yon Fall zn Fall durchzufahren, wird die Ati%abe sein,
welche sich der Forscher, welcher die Sammlung benützt, stellen muss,
ehe er an die Verwerthung ihres Materials selbst herantritt
Die Concepte des Berardus.
Wenn die in einzelnen Handschriften auftretenden Titel, die in
ihnen zerstreut vorkommenden Privatbriefe, und die in A-B aus den
Vorlagen herübergenommenen Noten — und ich kann noch hinzu-
ftSgeu — die Einheit des Stils ^) den Berardus als Autor der gesammten
Sammlung erscheinen lassen, so setzt uns der Umstand, dass wir mit
Ausnahme der Dictamina bei den Handschriften engen Anschluss an
die gemeinsame Vorlage constatiren konnten, in die Lage, die Art,
wie Berardus seine Concepte anlegte, des näheren zu beleuchten.
Da finden wir nun die Briefe yielfi^h in einer Form auftreten,
in welcher sie nicht an ihre Adressaten ausgefertigt sein konnten ;
und zwar ist diese ihre Unfertigkeit begründet einerseits darin, dass
sie sich eben im Stadium des Conceptes befinden, andererseits in der
Manier des Berardus, der als hochgestellter und vielbeschäftigter Be-
amter häufig nur den Kern der Sache im Auge hatte und es andern
überliess, demselben die gebührende Hülle zu geben. Das erstere gilt
namentlich von der Datirung: Wir können mit Bestimmtheit erklären,
dass eine beträchtliche Zahl in der Sammlung undatirt gewesen sei,
nur müssen wir darauf verzichten, dieselbe zu fiziren, da bei Briefen,
die nur in einer der in Betracht kommenden Handschriften über-
liefert sind, durch den Schreiber derselben Vernachlässigung der Da-
tirung eingetreten sein kann; dagegen dürfen wir bei solchen, die
von mehreren Handschriften gegeben werden, mit ziemlicher Sicher-
heit nicht nur auf Fehlen oder Vorhandensein der Datirung auf dem
Concepte schliessen, sondern auch in letzterem Falle auf demselben
gleiches Ausmaass der Formel annehmen. Mit wenigen Ausnahmen
A) Im Stile des Berardus Iftsst sich genaue Beachtung des im 12. und 18.
Jahrhnndert von der päpstlichen Eanslei geObten »Cursus« constatiren. VgL
Valois, Etüde sur de rythme de bulles pontificales. Bibl. de TEcole des chartes
T. XLH, welcher erst von Nicolaus IV. an Abnahme des Gebrauches constatirt.
Dem Geschmacke der Zeit Überhaupt folgend liebt es Berardus, synonyme Aus*
drficke und Sätze aneinanderzureihen, ohne jedoch in SchwerfUligkeit zu vor-
fftUen. CharakteriBtiBoh Iflr seinen Stil sind vielleicht Wendungen wie »devota
tranquillitas et tranquilla devotio * oder » operosum Studium et studioea opera * u. ä. m.
MiitbeiluDfen VU. 89
610 Kaltenbrunner.
können wir die Briefe unserer Sammlung der Classe der «litterae
legendae ' zuweisen, d. h. sie als solche bezeichnen, deren Dictat dem
Papste zur Approbation vorgelegt werden musste, und wir mOsaen
daher fragen, ob ihr Datum den Zeitpunkt des päpstlichen Befehls,
die Urkunde anzufertigen, oder den der Approbation des Conoeptes
bedeute, denn die dritte Möglichkkeit, dass das «Datum* zusammen-
falle mit , scriptum", wird durch das Vorkommen der Datirung auf
den Concepten vorweg ausgeschlossen. Da spricht nun entschieden
für die Approbation die Thatsache, dass wir in Folge übereinstimmen-
der üeberlieferung in den Handschriften vielfadi uns die Datirung
verkürzt auf dem Concepte stehend denken müssen. Zum Theil ist
dies freilich in der Natur der Concepte begründet : wenn die Angaben
des Ortes oder des Jahres fehlen, oder wenn in der Formel die Worte
«pontificatus nostri" ausgelassen sind, so kann eben der Dictatordie
Setzung oder Ausfällung dem Grossator überlassen haben, nament-
lich wenn kein Besidenz- oder Jahreswechsel vor der Thüre stand.
Anders aber ist es, wenn wir Formen wie , Datum Viterbii" oder
, Datum Viterbii (pontificatus nostri) anno primo" vorfinden. Für
diese gibt es doch nur die eine Erklärung, dass der Dictator, indem
noch längere Besidenz der Curie zu Viterbo in Aussicht stand, in der
sicheren Voraussetzung, dass die Approbation seines Conceptes noch
daselbst erfolgen werde, den Beginn der Datirungsformel, den Aus-
stellungsort anticipirend, seinem Dictate anfügte^). Durch diese An-
nahme lassen sich denn auch Widersprüche, die s^wischen Ort- und
Tagesangabe aufstossen, in einfacher Weise lösen : Das übereinstimmend
in den Handschriften überlieferte Datum von n^ 358 (P. 21038)
Beaucaire 10. Mai 1275 steht in directem Oegensatze zu dem von
no 349 (F. 21036) Auray 12. Mai 1275; wir können aber die Daten
vereinen, wenn wir annehmen, dass der letztere an einem der früheren
Tage in Auray concipirt und am 12. Mai zu Beaucaire approbirt
worden sei. Das gleiche ist der Fall bei n^ 366 (F. 21071), der
1275 am 15. October zu Valence gegeben sein will, während Gregor X.
nach allem, was wir wissen, an diesem Tage auf seiner Bückreise
schon zu Lausanne weilte^). Unter denselben Gesichtspunkt müssen
0 Die Annahme, daas die Orteangabe das Stadium des Befehles rar An>
fertigung des Conceptes oder der Anfertigung selbst reprftsentiTe, ist natfirlieb
aasgescblossen, denn dann mfissten wir sie ja bei allen Concepten yorfindeii.
*) £in weiterer dritter Fall stellt allerdings an diese Ansicht starke Anforderungen:
Das »Dat. Viterbii Id. Martii a. I°* von n° ISO passt nicht ku demeas IV^t^td*
ehem ich den Brief auf Grund der Handschriften zuwies, wol aber au Urban IT^
so daas wir drei Jahre Distanz (1262—1265) zwischen Anfertigung und Approbatioi
Römische Stadien III. 611
trir auch den bereits p. 36 besprochenenvFall stellen, dass drei Briefe
(n^ 480—482) ein «Datnm ntsupra* in den Handschriften aufweisen,
ohne dass der vorhergehende Brief datirt wäre: aus dem engen Zu-
sammenhang, in welchem die Briefe untereinander stehen, ergab sich
ihre gleichzeitige Approbation und Expedition von selbst, und so
konnte der Dictator gleich bei Anlegung des Conceptes durch den
Verweis das ihm noch unbekannte Datum der Approbation anticipirend
dahin bestimmen, dass es gleich dem des vorhergehenden Briefes sein
werde i).
Wenn wir also annehmen, dass speciell das Tagesdatum die Ap-
probation des Conceptes bedeute'), so würde es nahe liegen, die Schei-
dung der Briefe, die mit oder ohne Tagesdatum in den verlässlichen
Handschriften Überliefert sind, zusammenfallen zu lassen mit der in
approbirte und nicht approbirte, oder doch : in Hinblick auf die üeber-
lieferung alle Briefe ohne Tagesdatum mit dem Verdachte zu behaften,
dass sie nicht approbirt worden seien. Hiebei müssten wir aber sicher-
lich denselben auseinanderhalten von dem Beservate, dass wir durch
die Sammlung selbst bei keinem ihrer Briefe die Gewähr erhalten,
dass sie chcpedirt worden seien; denn auch nach der Approbation
des Conceptes annehmen müssen. Der Brief ist aber eine Pfründenvergabung,
und wenn wir die mannigfachen WecbselfäUe in Betracht ziehen, denen nach
den Koten des 4. {tegisterbajides Urban IV. derlei Concepte ausgesetzt waren
(R. St. I. 276), so können wir den sich uns darbietenden Ausweg, der uns eine
Emendation der Datirung erspart, doch nicht kurzweg abweisen. — Dagegen
halte ich beim »Datum Rome XIII. El. Septembris« von n^ 566 (P. 21481), wel-
ches mit der Thatsache in Widerspruch steht, dass Nicolaus III. erst im No-
yember 1279, in welchem Jahre der Brief ausgestellt sein muss, nach Rom über-
siedelte, die Emendation in »Decembris* für nicht zu gewagt, da der Brief einzig
in NO überliefert ist.
t) Ein analoger Fall scheint bei dem »Datum ut supra* von n^ 528. 524
vorzuliegen, die im engsten Zusammenhange mit dem nur »Dat. etc.* aufwessen-
dea n* 522 stehen; da aber die Briefe nur in NP überliefert sind, kann auch
ein Ausfall des Datums von n® 522 in der Handschrift stattgefhnden haben. —
Mehrere F&lle, die sich in NO ergeben, können deshalb nicht einbezogen werden,
weil seine Schreiber die Datirungen häufig willkürlich kürzen. Dagegen scheint
mir das von A und B gleichmässig gebotene »Dat. ut supra V. El. Augusti* bei
n** 445 hieher zu gehören, da der yorhergehende Brief kein Datum hat: Hier
hat der Concipist da« Datum anfänglich als gleichlautend mit diesem anticipirt
und dann doch das der Approbation nachgetragen, wol deshalb, weil dieselbe
wider sein Erwarten nicht gleichzeitig mit der des voranstehenden Briefe er-
folgte. *) Eine Reihe von anderen Gründen, dass dies auch für die erste H&]ffce
des 18. Jahrhunderts gelte, führt Rodenberg in der trefflichen Abhandlung »Ueber
die Register Honorius UI. etc.* Neues Archiv X. 549 ff. an.
89*
612 Ealtenbrunner.
konnte der eine oder andere Zwiachen&U die Grossimng oder die
Expedition hintertreiben. Das lehrt uns n^ 358, den dorch «non
processit* getilgt ist, und doch mit Yollem Datnm versehen ist; und
das9 selbst nach der Expedition Ereignisse die Einhändigung von
Briefen an den Adressaten hintertreiben oder piodifidren konnten,
bezeugen die Noten zu n^ 479. 480, die doch schon am Wege nach
Constantinopel bis Ancona gekommen waren. Gerade dieser letzte
Fall beweist aber auch, dass der Mangel des Tagesdatums uns nur in
sehr beschränktem Maasse berechtigt, jenen Verdacht auszusprechen,
denn n^ 479, den wir sicher als approbirt und expedirt nachweisen
können, hat kein Tagesdatum, und so wie bei ihm wissen wir bei
einer beträchtlichen Anzahl anderer Briefe, die in den Handschnften
ohne jede Datirung gelassen sind, oder sie in einer Form haben, die
auf Anticipation zu beruhen scheint, dass sie expedirt worden sind.
Wir beschränken uns daher mit Constatirung der Thatsache, dass das
Vorhandensein der Datirung weder Gewähr für die Expedition noch
das Fehlen derselben es daftlr sei, dass die betreffenden Concepte
nicht approbirt worden seien.
Sowie der wichtige Bestandtheil der Datirung der Natur der Sache
nach erst hinterher zu den von Berardus angefertigten Conoepten
kommen konnte, so scheint dies hie und da auch mit den Adressaten
geschehen zu sein. Darauf deuten wenigstens in n^ 50. 125. 134.
409. 419. 420 die ganz unkanzleigemässen Adressen . Judidbus (meist
abgekürzt «Jud.'') hin^). Es handelt sich in allen diesen Briefen um
Streitsachen, deren vom Papste verfügte Erledigung Executoren zur
Ausführung übertragen wird; da konnte die Behandlung der Bechte-
frage selbst und der Aufkrag zur Anfertigung des Gonceptes erfolgen,
ohne dass schon bestimmte Persönlichkeiten zu Executoren dcsignirt
waren, so dass der Concipist genöthigt war, am Kopie der Urkunde
einen allgemeinen Titel an Stelle der hinterher einzutragenden Adresse
zu setzen').
Konnte Berardus bei der Datirung die Ausfüllung einzelner Worte
und Formeln dem Orossator überlassen, so that er dies auch sonst
am Protocoll. So hatte er es wahrlich nicht nöthig, demselben Namen
*) In n^ 420 steht sogar unter Bezugnahme auf den vorgehenden Brief
»Eisdem*. ') Freilich wissen wir bei keinem dieser Briefe durch andere Pro-
venienz, ob sie erlassen worden sind. Ist aber obige Erklärung richtig, ao müsKS
wir constatiren, dass nach der Designirung der Personen reepecüve bei ihrer
Einfügung in [das Concept" eventuell Aenderungen an demselben voxgenonuneB
werden mussten, da ja nach ihrer Stellung und Zahl sich die Form der An-
sprache im Contexte richten musste. (YgL Bodenberg a. a. 0. p. 5iS.)
Römische Stadien Iir. 613
und Titel des Papstes und die übliche Grussformel vorzuschreiben;
er thut es aber dann, wenn aussergewöhnliche Verhältnisse eine Mo-
dification derselben bedingen, bei ersterem also vor der Consecration,
bei letzterer, wenn der Brief an Excommunicirte oder ungläubige ge-
richtet ist^). Er hat femer Formeln, die noth wendige Bestandtheile
gewisser Briefe sind, wie .Nulli ergo*; ,Si quis autem*; «Non ob-
stantibus" nur mit diesen Anfangsworten seinen Goncepten angef>
aber der Umstand, dass sie derart vermerkt sind, zeigt, dass Berardus
seinem Orossator wol die Ausf&llung der Formeln, nicht aber auch
die Entscheidung darüber, ob sie gesetzt werden müssten, überliess*).
Viel mehr Gelegenheit zu Kürzungen ergab sich durch den in-
haltlichen Zusammenhang von Briefen untereinander. Es waren häufig
in derselben Angelegenheit mehrere Erlässe entweder an dieselbe
Person oder an verschiedene zu richten; im ersteren Falle konnten
die gleichen Gesichtspunkte, welche die Curie geltend machen wollte,
auch mit denselben Worten zum Ausdruck gebracht werden ; in letzterem
konnte die gleiche Verfügung gleichlautend getroffen werden, während
die Begründung den einzelnen Adressaten gegenüber verschieden ge-
halten sein musste^). Ebenso häufig erging ein und derselbe Erlass
an mehrere Personen. Da lag es nahe, Kürzungen vorzunehmen, und
in der That begegnen wir zwei Haupttypen derselben: Dort, wo nur
einzelne gleichlautende Stellen herangezogen werden konnten, wird
der Text bei denselben abgebrochen, mit einem ,etc ut supra* auf
den vorhergehenden Brief verwiesen, und nach den mit , usque * ein-
geleiteten Schlussworten der gleichlautenden Stelle wieder der dem
Briefe eigenthümliche Text fortgesetzt, bis etwa neuerdings sich Ge-
legenheit zur Kürzung ergab. In andern Fällen dagegen ergibt sich
die Möglichkeit, den ganzen Text eines Briefes weiteren zu Grunde
zu l^en, und es geschieht dies durch Anreihung ihrer mit ^In
*) Ein durchaus conBequentes Vei&hren lässt sich übrigens diesbezüglich
nicht erkennen und dasselbe gilt von den den Adressaten gebührenden Titulaturen*
£8 entspricht dies aber ganz der freien Bewegung, die sich ein hochgesteUter
Concipist erlauben konnte. *) Hie und da wird auch die Ergänzung durch
eine im Gebrauche befindliche Formel für einen ganzen Brief gefordert, so bei
n® 851, der einfach lautet: »üniversiB etc. Com carissimus res Gast eile ambas-
satores aliqnos civitatis Januensis, sicut nobis fecit ezponi, ad presenüam suam
evocet, nos volentes, ipsos plena securitate gaudere, universitatem vestram etc
quatiiius ambassatores ipsos accedentes ad regem eundem etc usque in finem.*
9) Bei dem verkürzt eingetragenen n® 861 wird dies auch auf einen analogen
Gegenstand ausgedehnt: es handelt sich in n^ 860 um die AnsprAche K. Alphons
»af Schwaben, in n® 861 um die desselben auf Navarra, zu deren Berücksichtigang
einerseits E. Rudolf, andererseits E. Philipp von Frankreich aufgefordert wird.
614 Kaltenbrunner.
eundem modom* eingeleiteten Adressen and eventueller Beisetzong
der Veränderungen, welche die verschiedene Stellung der Adressaten
nöthig machte. Natürlich gehen diese zwei Haupttypen mannig&che
Combinationen mit einander ein.
Es bot sich dem Goncipisten von selbst dar, derartig verkürzt
angelegte Concepte auf demselben Blatte mit dem in extenso ab-
ge&ssten anzubringen; es war dies für ihn nicht blos bequem beim
Niederschreiben, sondern auch dann, wenn er sein Elaborat zur Ap-
probation vorlegte. Es gebot dies aber auch die Vorsicht, da bei
anderem Gebahren leicht Verwirrung gelegentlich der Reinschrift ent-
stehen konnte. Auch die anticipirenden Datumverweise mit »ut supra'
sind anders nicht gut denkbar, und desgleichen nicht Verweise wie
„ut in prima*, «in tertia' u. ä.^) Des weiteren bestätigen auch die
Handschriften diese an sich nahe liegende Vermuthung, indem sie
wol derartig zusammenhängende Briefe insofeme zerreissen, als sie
den einen oder andern auslassen, niemals aber so, dass sie zwischen
ihnen andere einschieben.
Allerdings stossen uns in ihnen zwei Fälle auf, die es zweifel-
haft erscheinen lassen, ob wir alle in ihnen auftretenden Kürzungen
auf ihre Vorlagen , d. i. also auf ^die Concepte, zurückführen dürfem,
und die daher aufgeklärt werden müssen, ehe wir jene einer ein-
gehenden Besprechung unterziehen^). N^ 19 und 621 sind nämUch
in einigen Handschriften in extenso, in andern mit Beziehung auf
die ihnen vorangehenden Briefe verkürzt eingetragen, und da tritt
*) Auch später angelegte Ck)ncepte kömien derart auf einem Blatte mit
früheren f ereint und mit Beziehung auf sie gekürzt werden. Beweis bieför ist
n? 525, der sicher um 8 Wochen später concipirt sein muss, als n^ 522, auf den
er mit einem »ut supra in tertia superiore« verweist. Ausführlicher komme ich
auf diesen Fall später noch zu sprechen. ') Alle andern Kürzungen treten so
gleichmässig in den verschiedensten Combinationen der Handschriften auf, das
wir sie getrost auf die Vorlage zurückföhren kömien. Nur hie und da begegnen
wir dem Abbrechen des Textes in gegenüberstehenden Handschriften bei anderen
Worten; so in dem schon pag. 58 Anm. 1 angeföhrten Fall bei n® 299 in A
und B. Aber das kann denn doch auf den Schreiber zurückgefthrt werden, der
erkannte, dass schon früher, als es auf der Vorlage geschieht, die Kürzung ein-
treten könnte. Aber es ist auch denkbar, dass Berardus sich bei Anlage eine^
Conceptes erst später erinnern mochte, dass er ja kürzen könnte, und dann die
schon überflüssiger Weise geschriebenen Worte getilgt habe; indem nun dieise
Tilgung vom Schreiber der einen Handschrift berücksichtigt, von dem der anderem
ignorirt wurde, ergaben sich von selbst derartige Verschiedenheiten, die sich «teh
nur auf einzelne Worte erstrecken , niemals aber darauf, dass eine gan» Texi-
stelle in der einen Handschrift verkürzt, in der andern in extenso geachtieba
wäre.
r
ROmiBclie Studien IIL 615
natürlich die Frage nach der Form der Vorlage auf. In n^ 19 wird
dem Erzbischof von Bouen dasselbe wie in nP 18 dem König von
Frankreich geschrieben nnd daran noch eine selbständige Weisung
geschlossen. Die naheliegende Kürzung weisen denn auch A und
NP auff während B und NO den Brief in extenso bringen. Für NO
wäre nun allerdings hinlängliche Veranlassung vorhanden gewesen,
den auf dem Concepte gekürzten Brief seinerseits zu reconsimiren,
denn er bringt ihn seinem Theilungsplane gemäss nicht nach n^ 18
(NO ep. 6), sondern erst in Th. II als ep. 287, also ausser Zusammen-
hang mit dem früheren. Für die Annahme der Beconstruction durch
NO^) würde auch der umstand sprechen, dass der als ep. 287 in extenso
eingetragene Brief «I. e. m.' vorgesetzt hat, was an sich ganz sinnlos
ist, denn nicht der voranstehende ep. 286, sondern ep. 6 steht mit
ihm in inhaltlichen Zusammenhang; somit muss das I. e. m. der Vor*
läge entnommen sein^ wo es aber doch nur im Falle der Kürzung
angebracht gewesen sein kann. Aber auch B hat deh Brief in extenso,
und zwar in Anschluss an n^ 18 ; da wir nun die beiden Handschriften
anabhängig von einander stellten und es überdies für wahrscheinlich
halten, dass B vor NO angelegt sei, so müssen wir doch — den Fall
für sich betrachtet — uns dafür entscheiden, dass der Brief auf dem
Concepte in extenso eingetragen und durch A und NP gekürzt wor-
den sei'). Dieselbe Losung ergibt sich als zunächstliegende auch bei
dem (eben&lls) an den Erzbischof von Bouen adressirten n^ 621, der
in NP in extenso, in A-B dermassen verkürzt eingetragen ist, dass
auf den ganzen Text von 620 bis zum .NuUi ergo* verwiesen wird,
worauf sich noch ein selbständiger Theil anschliessL Aber 620 ist
ein sehr umfangreiches Actenstück und behandelt dem König von
*) Direot würde derselben nicht widenpreohen , da» NO in einem andern
analogen Falle nicht so sorgsam vorgeht: n? 881 wird nämlich von ihm ebenso
verkürzt gegeben wie von B, ohne dass ihm aber so wie dort der damit zusammen-
hängende 880 vorgesetzt ist. — Auch in B stossen wir auf einen ganz analogen
Fall: n" 465 trägt er an zwei Stellen (als ep. 418 und 688) in gleichem Maasse
yerkürzt ein, bringt aber n^ 464, auf den hiemit Bezug genommen wird, nur als
ep. 412> 80 dass die Kürzung bei ep. 688 ebenso in der Luft schwebt, wie die von
n9 S81 in NO. Beide iWe beweisen, dass die Handschriften im engen Anschluss
an ihre Vorlagen sich halten. ') Wir könnten höchstens annehmen, dass der
Bedacteur von B fQr seinen Schreiber den yerkürzten Brief auf dem Ck)ncepte
selbst in die volle Form gebracht habe, welche dann NO henütot haben könnte.
Aber ftr B lag ja gar kein Grund vor, gerade an dieser Stelle zu vervoUstftndigen.
— Die in A und NP gleichmässig auftretende Kürzung kann daduzch erklirt
werden, daas NP die vom Redaoteur von A am vollständigen Concepte in Form
einer Correctur vollzogene Kürzong herllbergenommon hat.
616 Ealtenbrunner.
Frankreich g^enüber einen sehr heiklen Gegenstand; da lag es f&r
Berardus nahe, ehe der Wortlaut von 620 approbirt, und ehe ge-
billigt war, dass derselbe in Tollem Umfange in 621 dem Erzbischof
mitgetheilt wenden sollte, diesen zweiten Brief mit dem einfachen
Verweise auf 620 zur Approbation vorzulegen. Kennen wir diesen
Gesichtspunkt als stichhältig an, so müssten wir also dem NP die
Beconstruction zuschreiben. Aber ich glaube, dass es noch eine dritte
Lösung gibt, die ich in Folge der analogen Sachlage auch f&r n<^ 19
allen andern vorziehen möchte : Die Verwendung des Textes von 620
in 621 konnte nicht durch mechanische Nachbildung erfolgen, sondern
es galt, das, was in ersterem dem Könige auseinandergesetzt und ver-
liehen wird, im zweiten dem Erzbischof zu erzählen; und die Ver-
änderungen sind derart, dass es dem Grossator kaum zugemuthet
werden konnte, vom gekürzten Concepte weg fehlerfrei die Becon-
struction auf der Beinschrift vorzunehmen; sondern wir werden an-
nehmen müssen, dass zwischen dem gekürzten Concepte und der Bein-
schrift eine fiir letztere zurecht gemachte Vorlage stehe, welche von
Berardus selbst oder einem seiner ünterbeamten nach der Approbation
gemacht wurde. Diese war der Pergamentlage, auf der sich die Con-
cepte von 620 und 621 befanden, auch späterhin noch beigegeben
und wurde von NP benützt, während sich A und B an den ursprüng-
lichen Entwurf gehalten hatten^).
Gehen wir nun auf die Kürzungen näher ein und fiebssen wir die
Fälle ins Auge, welche unverwischt den ersten Typus derselben re-
präsentiren, so finden wir, dass Berardus sich nur formell ein Schema
für denselben gebildet hat, dagegen bei seiner Anwendung nach Gut-
dünken verfahrt, derart, dass er oft Verweise auf ganz kurze Satze,
ja selbst auf Titulaturen anbringt, ein andermal dagegen die Ge-
legenheit, zu kürzen, sich entgehen lässi Wichtiger ist, dass wir die
Anforderungen, welche er an die Aufmerksamkeit desjenigen stellt,
welcher seine Dictate in volle Form zu bringen hatte, als hoch-
gespannte bezeichnen müssen, denn er häuft nicht blos die Verweise
auf einen unmittelbar vorhergehenden Brief, sondern er zieht auch,
wenn er etwa drei zusammenhängende Briefe ab£Eisst, f&r den letzten
bald den ersten, bald den zweiten heran, derart, dass er sie durch
■) Gegen die Annahme, daes NP reoonbtrnirt habe, spriobt auch der Um*
stand, dass sich in seinem Texte von 621 Aenderungen vorfinden, die auf freier
Nachbildung der Vorlage von 620 beruhen. Für die Frage, ob A-B gekfibst haben
oder ob eine Transcription des verkürzten Conoeptes vor der GrosBirong statt-
gefunden habe, entscheidet derselbe natürlich niöhte.
Römisclie Studien m. 617
die gegenüberstehenden Ausdrücke «ut supra ut in prozima* und ,ut
in prima* oder ,in tertia* und ähnliche Wendungen auseinanderhält,
nachdem er bereits den zweiten mit Bezugnahme auf den ersten ge-
kürzt hat*). Diese Anforderungen steigern sich nun und sie dehnen
sich auch auf die stilistische Gewandtheit und auf die Vertrautheit
mit Formeln und Titulaturen aus, wenn wir den zweiten Typus —
die unter I. e. m. eingetragenen Erlässe — und dessen Combinationen
mit dem ersten ins Auge fassen. Stellten wir für denselben den Fall
auf, dass ein und derselbe Erlass an verschiedene Personen gerichtet
werde, so kann derselbe doch nur dann in gleichlautenden Exemplaren
ausgehen, wenn alle Adressaten in der gleichen Lebensstellung und
in gleichem Verhältniss zum Papste und zur Angelegenheit stehen.
Nur dann kann die mit L e. m. eingeleitete Adresse nach dem Haupt-
briefe genügen, in allen anderen Fällen waren Aenderungen desselben
unerlässlich. Dem gegenüber schlägt nun Berardus ein sehr ver-
schiedenes Verfahren ein; bald begnügt er sich, dem Transcriptor
im allgemeinen durch ein .verbis competenter mutatis*^ anzuzeigen,
dass solche vorgenommen werden müssten, bald specificirt er die-
selben. So finden wir beides vereint in folgenden Sätzen nach dem
an den griechischen Kaiser gerichteten n^ 434:
I. e. m. No. vi. Neapoleoni et Francisco de Turre civib. Mediol.
Sub spe etc. usque provideri. Quocirca nobilitatem vestram etc. usque
gaudentibus. Nos sinceritatem vestram etc. ut in alia.
I. e. m. Potestati .... Parmensium. v. c. m. I. e. m. Potestati . . .
Cremonensium.
I. e. m. Electo SedunensL v. c m.')
Hier zeigt also Berardus die Aenderungen an der Titulatur für
die DeUa Torre voll an, überlässt es aber dem Transcriptor, bei den
folgenden Briefen sie vorzunehmen; nur deutet er durch Anbringung
und Weglassung des v. c m. an, dass die an Parma und Gremona gleich
zu lauten hätten, während für den Erwählten von Sitten wieder anders
abzuändern sei. Auch in folgenden Fällen lässt er dem Transcriptor
freien Spielraum: nach n^ 395, in welchem dem Erzbischof von
Embrun das CoUectoramt in Deutschland übertragen wird, fiigt er an :
') Wenn wir auch die Schwierigkeit für den Transcribiienden durch die
£rwftgnng verriDgem können, dass er ja, wenn er zur Constxnction eines solchen
Briefes achritt, bereits* den vorangehenden in voller rForm vor sich liegen hatte,
so bleibt sie doch noch bestehen, und sie steigert sich bedeutend, wenn wir den
Transcriptor mit dem Grossator zm>ammen&llen lassen, der ja auch auf die Rein-
schrift selbst-, auf die gebotenen Kürzungen und ähnliches Bedacht nehmen mus<iie.
*) Die Stelle ist von Delisle p. 189 aus B mitgetheilt.
618 Kaltenbrunner.
I. e. m. 6. electo Virdunensi y. c. m. in regno Anglie, partibus WalUe
et Ibernie. L e. m. Eidem Electo in regno Sootie; hier bezieht sich
das V. c m. offenbar auf die verschiedene Titulatur, die beigesetste
Localbezeichnung dagegen auf die sachlichen Aenderungen^). Ebenso
lakonisch lautet die Weisung nach dem an den Eizbisohof von Genua
gerichteten n^ 725: .1. e. m. Archiepiscopo Pisano quoad Pisanos*.
Präciser und praktischer wird die Ordnung f&r den an die Venetianer
adressirten n^ 160 durch folgende Sätze angezeigt: ,1. e. nu Capi-
taneis Januensium, excepta clausula quibus etiam usque assignarL
L e. m. ut in proxima. Vicario et communi Massiliensium': Der
wegzulassende Satz steht inmitten des Textes des Hauptbriefes und
verlangt die Stellung einer Anzahl von Bogenschützen zum Ereuzsug,
während gemeinsam von allen drei Städten die Ausrüstung von Galeeren
gefordert wird.
Beziehen sich hier summarisch angezeigte Aenderungen am Texte
auf die verschiedene Stellung, welche die Adressaten zum Erlasse ein-
*) In diese Kategorie gehört auch das Conoept von n^ 451, in welchem dem
Erzbischof von Sevilla die Erenzpredigt im Königreich Aragon übertragen wird.
Da es sich aber um eine allgemeine auf der Halbinsel einzuleitende Action geg«ii
die Sarazenen handelt, genüg^te dies nicht, nnd es wurden noch weitere durch
folgende L e. m. Sfttze markirte Briefe abgefasst:
1. L e. m. Priori provinc. R. Aragonum 0. Pr. in regno ipso.
usque noBCunter ; darauf selbstSndiger Schluss.
2. I. e. m. Hinistro generali R. Aragonum 0. M. in regno ipso.
' 8. I. e. m« Episoopo Pampilonensi in R. Navarre v. c. m. ut snpra prox.
4. I. e. m. Priori provinc« R. Navarre 0. Pr.
ipsi, ut in alia, in qua scribitur priori provinc. R. Aragonum.
• 5. I. e. m. Priori provinc. R. PortugaUie 0. Pr. in regno ipso, ut superiori.
6. 1. e. m. Ministro generali R. Portugallie 0. M. in regno ipso.
Da müssen wir nun constatiren, dass die Stellung der Adressaten in Z. l
und 2 einige Aenderungen im Texte des Hauptbriefes nöthig macht, was dem
Transcriptor nicht einmal angedeutet ist; jedoch ist ihm durch die Worte »in
regno ipso* gesagt, dass er bezüglich de« Gebietes der Kreuspredigt nidite sa
ändern habe. Der Brief an den Bischof von Pampeluna soll im SchluBssatae
gleich lauten mit den beiden vorhergehenden, also nicht mit dem Hauptbriefe;
aber seine Stellung in der Hierarchie nöthigt sonst zu Aenderungen, welche durch
das V. c. m. angedeutet sind. Das »in regno Navarre* derselben Zeile bezieht sich
aber sicherlich nicht auf die Adresse, sondern auf Aenderungen in jenen S&tsea,
in welchen das ihm übertragene Gebiet zur Predigt — das Königreich Navarrm
nämlich — zu erwähnen ist. In Z. 4 wird dann der gleiche Wortlaut mit den
in gleicher Stellung befindlichen Adressaten gefordert, es aber als selhstveTsUad-
lieh vorausgesetzt, dass er im sachlichen Theile mit dem vorhergehenden gleich
zu lauten habe. Dasselbe ist in Z. 6 für den ganzen WortJaut der Fall» während
in Z. 5 die gleiche Stellung der Adressaten und die geänderte Sachlage aus-
drücklich vermerkt werden.
BOmische Studien in. 619
nehmen, so sind andere in der verscliiedenen Lebensstellung derselben
begründet. So finden sich nach dem an den Erzbischof von Trier
adressirten Hauptbriefe von n^ 299 I. e, m. Sätze in folgender An-
ordnung:
L e. m. Archiepiscopo Maguntino. I. e. m. Archiepiscopo ColoniensL
I. e. m. Archiepisc Sal^eburgensi. \ cum ad te tanquam
I. e. m. Archiepisc. Magdeburgensi. J ad nobile membrum impe-
I. e. m. Archiepisc. BremensL I rii pertinere noscatur^).
I. e. m. Ludovico comiti Palatino, ut in prima v. c. m.
I. e. m. Henrico duci Bavarie etc. wie bei Theiner C. D. I. 187").
Der Satz, welcher hier ftir drei Erlässe anders stilisirt wird, lautet
im Hauptbriefe : « cum te tanquam ad eximium principem et honorabile
membrum imperii pertinere noscatur**; es handelt sich also nur um
eine Formalität, welche darin begründet ist, dass die drei betreffenden
Adressaten keine Wahlstimme haben, denn für den Pfalzgrafen bei
Bhein wird wieder die Fassung des Hauptbriefes, die auch für die
Erzbischöfe von Mainz und Köln gelten soll, verlangt, daneben werden
aber durch das v. c. m. die durch dessen Stellung als weltlicher Fürst
nöthigen Veränderungen angezeigt. — Auch das verschiedene Verhält-
nis des Adressaten zum Papste kann auf ähnliche Weise fixirt werden.
Hierüber besitzen wir ein Beispiel in der Encyclica Nicolaus 111.
(n^ 505 — 511)8), deren Fassungen und 1. e. m. Sätze auch deshalb
1) Diese Dispositiozi ist sicher auf das Concept zurückzuf&bren, da sie A und
B Tollkommen Übereinstimmeiid auiweisen. Die Dictamina (and auch der Druck
bei Theiner) bringen sie nicht zum Ausdruck. •) Die weiteren Exemplare und
I. e. m. Sätze des Briefes druckt Theinfer leidlich gut ab. — Es sei hier gleich
eines zweiten Conceptes gedacht, das ebenso wie jenes und manches der folgen*
den an die Aufinerksamkeit und Gewandtheit des Transcribirenden hohe An-
forderungen stellt. In n« 99 fordert Clemens IV. den König Yon Frankreich zu
raschem Eingreifen im hl. Lande auf. Hiezu kommen nun folgende weitere
£xemplare :
1. Regi Navan-e. gekürzt ; aber daneben seine Stellung zur Frage kennzeichnend.
I. e. m. Regi Boemie. I. e. m. Comiti Pictavie y. c. m.
2. Universis nobilibus regni Francie. mit Verweisen ,etc ut in proxima*.
8. Archiepiscopo Tyrensi A. S. L. mit Verweisen bei Darlegung der Sachlage.
4. PrincipibuB et alüs magnatibus Alamannie. Selbständiger Schlusssatz.
I. e. m. Duci de Brunswic et ceteris principibus Saxonie.
I. e. m. Principibus Polonie. I. e. m. liarchioni Brandeburgensi. v. c. m.
I. e. m. Marchioni Misnensi. y. c. m. I. e. m. Duci BaYarie. y. c. m.
*) Da ich im Verzeichnisse der Briefe, wenn es thunlich war, den alten Nume-
rirungen der Handschriften folgte, erscheinen hier im AnschluBs an NF unter
7 Nummern Exemplare eines und denselben Briefes.
620 KaltenbrunneT.
hier angefbhrt werden müssen, weil sie noch zu weiteren Erwägungen
Anlass geben:
n^ 505. Hauptbrief an die Erzdiocese Tours.
n^' 506., Begi Francie, gekürzt mit Bezug auf 505.
I. e. m. B^i Bomanorum, amotis: tui specialiter et dicitur :
tua et aliorum catholicorum consideratio.
I. e. m. aliis regibus.
In provinciis, in quibus sedesmetropolisyacat, insalutatione serfator
hec forma: Yen.fratr.episc et dil. fil. capitulis ecclesie Bothomagensis
et abbatibus ae aliis eccles. prelatis per Bothom. prov. constitutis etc.
n ^ 507. An den Legaten, n® 508. Abt u. Convent v.Citeaux. Unter I. e. m. :
Die Aebte v. Clairvaux u. Clugny; die Dominikaner u. Minoriten.
n® 509. No. Vi Petro nato L. regis Francie.
I. e. m. scriptum est aliis comitibus.
L e. m. ImperatoriConstantinopolitano, et ubi dicitur : nobilitatem
tuam dicitur: imperialem celsitudinöm.
n® 510. Patriarchat von Jerusalem,
n^ 511. Johanniter. Unter I. e. m.: Templer und Marienritter.
Es wird also hier dem König von Frankreich als rex christianissi-
mus in einer rein formellen Bedewendung^) eine bevorzugte Stellung
gegenüber allen anderen Königen eingeräumt, und wir sehen weiter,
wie für das Exemplar des auf geringeren Stand herabgedrückten
Kaisers in Constantinopel die nöthige Aenderung der Titulatur spe-
cificirt isi So reichhaltig aber auch hier die Liste der Adressaten
auftritt'), so kann sie doch nicht als die einzige Weisung f&r den
Grossator angesehen werden. Sicher wird die Encyclica nicht einzig
an die Provinz Tours erlassen worden sein, und im dritten Satze unter
n^ 506 finden wir auch hiefur eine' directe Bestätigung. Der Satz
entspricht den thatsächlichen Verhältnissen, denn der erzbischöfliche
Stuhl von Bouen war um diese Zeit vacant; er deutet darauf hin,
<) Der Satz lautet an den König von Frankreich: »Adiicit quoque spei
nostre suffiragium tui specialiter alioniinque catholicorum consideratio piinedpum. '
In der an denselben König adressirten Encyclica Gregor X. (n* 146) lautet da-
gegen ein analoger Satz: »Aoddit etiam ad grande nostre fidude fbldmentam
tua et aliorum catholicorum principum considerata devotio*. Man sieht also,
dass hier gerade jene Wendung beliebt wird , die bei Nicolaus IIL den andern
Königen im Gegensatz zu dem durch eine besondere ausgezeichneten Franzosen
zugewiesen ist. ') Die andern von Berardus abge&ssten Encyclicae sind ebenso
wie mehrere Rundschreiben Gregor X. des Kreuzzugs und des Concils halber Tiel
einfacher abgefieiasi Ich komme auf sie gelegentlich der Vergleichnng mit der
Begistrum später zu sprechen.
Römische Stadien HI. 621
dasB man wenigstens im Principe an alle Kirchenprovinzen Exemplare
ausgehen lassen wollte, so wie dies auch im zweiten Lern. Satze
von n^ 506 ausdrQcklich für die Könige vermerkt ist Als Vorlage
ffir die Qrossirong können wir da ein in der Kanzlei liegendes Pro-
vindale mit Fag annehmen, f&r dessen modificirte Benützung Berardus
jene die Yacanz in Bouen berührende Weisung niedergeschrieben hat^).
Wir können weiter bezweifeln, ob es wirklich, wie es hier den An-
schein hat, dem Grossator überlassen war, die «alii reges' zu speci-
ficiren; sicher aber kann dies nicht bei den durch den ersten I. e. m.
Satz von 509 angedeuteten Exemplaren an die Grafen der Fall ge-
wesen sein. Dieser Satz hat aber auch eine Fassung, die ihn gar
nicht als Weisung für die Kanzlei sondern als erzählende Note des
Berardus darüber, dass der Brief auch noch an andere Grafen ge-
gangen sei, erscheinen lässt. Wir erinnern uns hiebei an die Note
des Berardus zu n^ 755 d. i. dem von ihm gefällten Schiedsspruch:
yconfirmata est a domino papa cum insertione tenoris"; gibt hier
Berardus Nachricht von einer Urkunde, die sich nicht in seiner Samm-
lung vorfindet, so kann er auch weitere Ausfertigungen von Exemplaren,
die er ursprünglich auf seinem Concepte nicht in Aussicht genommen
hatte, die vielleicht erst über nachträgliche Entschliessungen ergingen,
derart in Noten auf seinem Concepte vermerkt haben. Für diese An-
nahme finden wir aber auch in der Sammlung selbst eine Stütze:
nach n^' 400, einem an den GoUector in England adressirten Briefe
heisst es: «I. e. m. eidem scriptum est «Cum te ad partes Scotie*.
Deuten wir diese I. e. m. Sätze als historische Notizen des Be-
rardus, so fordert der von n^ 238: «I. e. m. singulis civitatibus Lom-
bardie est scribendum' eine andere Erklärung. Hielten wir ihn trotz
seiner Fassung für einen ursprünglichen Bestandtheil des Gonceptes,
so könnten wir auf keinen Fall annehmen, dass die Spedfication der
Adressen und die Stilisirung der einzelnen Fassungen dem Grossator
überlassen worden sei, denn die Lombardischen Städte befanden sich
in sehr verschiedenem Verhältnisse zu Gregor X.: mit einigen, wie
mit Pavia, war der Verkehr ganz abgebrochen, andere befiinden sich
im Stadium des Excommunications-Processes, so dass weder an alle.
1) Die Annahme, dass zwischen 505 und 506 ein dem I. e. m. Sats von 506
analoger ausgefallen sei, wird dadurch sehr unwahrscheinlich, dass da« Goncept
durch die Epistolae Notabiles und durch B in vollkommen gleicher Disposition
aberliefot ist Wie die Note über Ronen unterhalb der Briefe an die KOnige
gerathen ist, während ihr Platz doch nach n® 505 gewesen wfire, Iftsst sich nicht
mit Sicherheit sagen ; vielleicht beruht es auf ihrer localen Disposition als Rand-
note, die bei 505 begann und sich an den Sätzen von 506 herontersog.
622 Kaltenbrunner.
noch an alle gleich geschrieben werden konnte^). Auf jeden Fall
müssten wir also hier, so wie bei manchem anderen Goncepte, zwischen
ihm and der Beinschrift ab Mittelglied eine Transcription annehmen.
Die Fassung des Satzes macht es aber viel wahrscheinlicher, dass wir
es mit einem Beurkundungsbefehle zu thun haben, der nachtraglich,
vielleicht bei Vorlage oder Approbation des Conceptes auf demselben
angebracht wurde ^). — Auch bei anderen Concepten gibt es Anzeichen
daftlr, dass mehrere Stadien päpstlicher Entschliessungen vorliegen.
So bei n*^ 458: In demselben wird dem an E. Budolf abgesandten
Erzbischof von Embrun der Unterhändler Bernardus de Castaneio
empfohlen, worauf sich eine mit «Ceterum desiderantes* beginnende
Weisung über die Zehntsammlung anschliessi Es folgen hierauf
I. e. m. Sätze mit den Adressen der Erzbischöfe von Köln, Mains,
Trier, der Bischöfe von Basel, Trient und Würzburg, des Hereogs von
Baiern und des Burggrafen von Nürnberg mit abschliessenden v. c m.
Nach dem ersten Adressaten ist überdies eingeschoben: «amota clau-
sula ceterum', d. h. es wird angezeigt, dass der zweite Theil des
Hauptbriefes in diesem und in allen folgenden Exemplaren nicht auf-
zunehmen sei, und in der That kann er ja nur für den Adressaten
des Hauptbriefes, der CoUector für Deutschland war, bestimmt ge-
wesen sein. Nun ist aber dieser Satz in A durch ein .vacat* getilgt,
was wir, unseren Ausführungen gemäss, als aus der Vorlage herüber-
genommen annehmen müssen^). Diese Tilgung kann aber doch auf
dem Goncepte erst vorgenommen worden sein, nachdem die I. e. m.
Sätze bereits in der geschilderten Weise geschrieben worden waren.
Wir werden dies am einfachsten dadurch erklären, dass bei der Ap-
*) Mit welch^ peinlicher Genauigkeit man in der päpstlicben Kanzlei aaf
derlei Verhältnisse bedacht war, lehrt n® 598, in welchem 591. 592 dem Legaten
mit der Weisung übermittelt werden, je nach dem deren Adressaten ezcommnnieiTi
seien oder nicht, das eine oder andere £xemplar zu Übermitteln (vgl. K St. L
265), das andere sorgsam zu vertilgen. Die Abweichung in der Fassung beider
Exemplare besteht aber nicht bloss in der Grussformel, sondern sie erstreckt «ich
auch auf folgenden Satz im Ck)ntexte :
591
id enim operari de vobis
consideratio gentis ac generis
et cqjuscumque restnim fama
laudabilis non permitÜt. Quorum
592
id enim openuri de TobiB
geiitiB ac generis cqjuscnmqne
vestrum consideratio non
permittit. Quorum
*) Möglicherweise sind die früher besprochenen Sfttze von n® S95 und 725 eben.
falls so aufrafassen. *) In B ist diese Tilgung nicht fibertragen worden ; wir
werden darum mit ihm nicht ins Gericht gehen, wenn wir finden, dass
welcher den Brief aus A abdruckt, die Tilgung ebenfalls ignorirt
Römische Studien III. g23
probation der Satz geatriohen wurde, sei es, weil man ihn für über-
flüssig hielt, sei es, weil man ihn zum Vorwurf eines gesonderten
Briefes machen wollte, wobei die Weisung „amota clausula '^ von selbst
jede Bedeutung verlor i). — In anderer Weise scheint eine Aenderung
im Entwürfe bei n^ 94 vorzuliegen, der I. e. m. Sätze in folgender
Anordnung hat:
I. e. m. m^stris et fratribus domorum \
Hospitalis S. Johannis Jerusalem, Milicie | cuilibet per se.
Tempil et S. Marie Theutonicorum. I
L e. m. N. V. principi Antiocheno et comiti Tripolit. ac baronibus suis.
Hier muss ursprünglich f&r die drei Orden ein gemeinsamer Brief
geplant gewesen und hinterher f&r jeden derselben ein Exemplar be*
stimmt worden sein, denn sonst hätte Berardus seiner Gewohnheit
gemäss die einzelnen Adressaten unter gesonderte I. e. m. Sätze ge-
stellt und es nicht dem Grossator überlassen, sie aus seinem Concepte
herauszuschälen. — Tn ähnlicher Weise lässt sich auch nur der letzte
I. e. m. Satz von n^ 299, dessen erste uns vorher schon beschäftigten,
erklären: Nach der unter der Adresse , universis principibus, ducibus . . .
nobilibus .... per Alamanniam constitutis* eingetragenen Fassung
steht: ffl. e. m. universis lancraviis Begni Bomanorum per Alaman-
niam constitutis. Dat Lugduni VI. El. Octobris *. Dass gerade an die
Landgrafen ein eigener Brief gerichtet werden sollte, ist doch im
höchsten Grade unwahrscheinlich, zumal da ja die obige Adresse alle
Edlen Deutschlands zusammenzufassen bestrebt ist Es ist aber denk-
bar, dass bei der Vorlage des Gonceptes der Abgang der Landgrafen
constatirt und formeU corrigirt wurde. Warum dies nicht einfach
durch Einschaltung des Wortes bei der Adresse geschah, entzieht sich
unseren Blicken; aber die Correctur stellt sich auch dadurch geradezu
als päpstliche Entschliessung dar, dass dem Satze ein Datum bei-
gegeben ist, und zwar das des Hauptbriefes, während alle anderen
Exemplare mit einem (anticipirenden) »Dat. ut supra' auf jenes ver-
-vreisen. Wir fassen also den Satz so auf, dass die Correctur für den
Grossator (oder Transcriptor) formell beglaubigt wurde, wobei ein
Handweiser den für ihre Einrückung gewählten Platz angezeigt haben
mag. Wahrscheinlich ist es ferner, dass der Satz nicht in dem An-
schlüsse an den vorhergehenden Brief auf dem Concepte gestanden
liat. wie er uns jetzt iu den Handschriften entgegentritt, sondern
i) Die Annabme, da^s bei der Anferiigimg der Exemplare durch den Gros-
3flior die Weisung »amota clausula* durch Anbringung des »vacat* auf seiner
'Vorlage ezecutirt worden sei, scheint mir doch all* zu gewagt.
624 K'alienbraiiner.
Bandnote gewesen sei, denn B , welcher sonst alle I. e. m. Sätze be-
rücksichtigt, dagegen in der HerQbernahme yon Noten lau ist, Yer-
nachlässigt ihn« — Der f&r den Italiener ungewohnte Ausdruck und
Begriff mag die eben geschilderte Auslassung yerursacht haben, denn
wir begegnen ihr nochmals bei n<^ 366, nach dessen drei Faesungen
(V. Theiner I. 193) steht: «L e. m. universis Lancravüs Begni Bo-
manorum etc. I. e. m. Archiepiscopo (Toloniensi ¥. c. m.* Nachdem
in F. 2 und 3 die Gesammtheit der weltlichen Grossen und Obrig-
keiten zum Ausdruck gebracht ist, kann auch hier nicht an einen
separaten Erlass an die Landgrafen gedacht werden^). Dagegen müssen
wir allerdings einen solchen an den Kölner Stuhl annehmen, nach-
dem in F. 1 die Gesammtheit der geistlichen Grossen umspannt ist,
und auf diese bezieht sich offenbar auch das v. c. m. nach der Adresse
des Kölners. — Schwieriger ist die Erklärung folgenden Falls: In
n^ 170 fordert Gregor S. die Genuesen auf, behufs Beilegung ihrer
Streitigkeiten mit Venedig bevollmächtigte Gesandte an die Curie zn
senden. Dann folgen als I. e. m. Sätze :
I. e. m. Duci .... Venetorum y. c. m. usque destinaretis, ad comp, cum d. £
comm.Bononiensiumdaturi eisdeni similem potest. ... etc. usquein fineoL
I. e. m. Potestati . . . Bononiensium. Quanta ex concordia inter vos et d. £
commune Venetorum etc. ut in prima usque in finem.
Nun lagen damals auch die Venetianer und Bolognesen im Streite;
es konnte daher an letztere die gleichlautende Aufforderung ergehen
wie im Hauptbriefe an die Genuesen. Wir müssen aber im Coneepte
des Briefes an die Venetianer in soferne eine Lücke constatiren, ab
in ihm ja auch der Verhandlungen mit Genua, schon wegen der ihren
Gesandten hiefür zu ertheilenden Vollmachten, gedacht werden musste.
Ferner wäre es an sich einfacher gewesen, den Brief an Bologna ak
ersten I. e. m. Satz einzustellen, denn dann wäre der Vermerk, dass
er mit dem Hauptbriefe gleich zu lauten habe, überflüssig gewesen.
Da vier yerlässliche Handschriften die Sätze übereinstimmend in obiger
Form bringen, so kann weder an einen Ausfall der Worte ,et Ja-
nuensium* im ersten I. e. m. Satz, noch an den eines die Venetianer
gesondert zu Verhandlungen mit Genua auffordernden dritten Le.nL
Satzes gedacht werden, sondern wir müssen aus verschiedenen Stadien
des Conceptes diese Unregelmässigkeiten zu erklären suchen. Da
scheint es nun am einfachsten zu sein, anzunehmen, dass ursprüng-
lich nur der Brief an die Genuesen vorgelegt worden sei, und dass«
*) In dem zeitlich dAKwiBchen liegenden n" 844 (V. Theiner L 188) Bind da-
gegen die Landgrafan in die Qesammtadresse der weltlichen Grossen
Rdmiflche Studien III.
625
als erst »nachträglich beschlossen wurde, auch den Zwist zwischen
Venedig und Bologna beizulegen, die beiden L e. m. Sätze beigefügt
wurden. Hiebei müssen wir es aber dahingestellt sein lassen, wie die
Correspondenz über den Streitfall Venedig -Genua behandelt wurde:
ob ein ganz selbständiger Brief hierüber an Venedig concipirt worden
sei, oder ob etwa seine Lösung ganz fallen gelassen wurde, wobei der
für ungiltig erklärte Hauptbrief doch noch als Schema f&r den Trans-
scriptor oder Grossator der beiden andern Briefe gedient haben konnte.
Endlich haben wir noch zwei Fälle zu' betrachten, bei denen
Berardus mehrere Concepte zur Auswahl vorgelegt zu haben scheint.
Bei n^ 358 betrifft dies nur den Schlusssutz, nach welchem zwei durch
Alineas getrennte und beide Male mit »alia conclusio*^ eingeleitete
Fassungen eingetragen sind, die sich nicht etwa blod in Stilisirung
und rhetorischen Wendungen von jenem unterscheiden, sondern den
Kern der Sache selbst betreffen^). Bei n° 344 erstreckt sich dies
aber auf ganze Fassungen: Die erste derselben hat den Erzbischof
Ton Trier zum Adressaten und .1. e. m. archiepiscopo Maguntino et
singulis principibus vocem in electione Imperatoris habentibus** an-
gehängt; die zweite verkürzt eingetragene ist an den Erzbischof von
Salzburg gerichtet und vervollständigt mit dem Satze «I. e. m. scriptum
est archiepiscopo Magdeburgensi et singulis principibus vocem in
electione non habentibus '^ die Kategorie der BeichsfÜrsten *). Die
Fassungen unterscheiden sich dadurch von einander, dass der Satz
der ersteren: ,cum te tanquam ipsius membrum imperii quasi per-
1) Es sollen die treuen Lombarden Über dio Plfine K. Alphons durch den
Hinweis auf die zwischen Rudolf und E^arl erzielte Einigung beruhigt werden.
Da heisst es nun:
Gk>nteKt
Scituri pro certo, quod
memorati Sicilie regis
uequaquam vos auzilium
deseret, nee ipsius vohis
regimen vel dominium
subtrahetur.
alia conclusio
Scituri pro certo, quod
aderit yobis eorundem
principum unita x>otentia,
nee ipsos, quos iam unit
multa de yestro regimine
ac dominio voluntatäsidem-
ptitas, aliquorum, sicat fir-
miter credimus , einistra
suggestio separabit.
*) Theiner I. 188 druckt diesen Theil des Briefes aus A so ungenau, dass ein
Unmnn hinauskommt. Bei anderer Gelegenheit komme ich auf diese 8&tze, so-
wie auf die von n'^ 299, da sie mir für das Verlifiliaus der Curie zur Wahlftkxsten-
fxa^ von Wichtigkeit zu sein scheinen, noch zu sprechen.
mtCheüimgen VIT. 40
alia conclusio
Scituri pro certo, quod
aderit vobis eorundem
principum unita potentia,
nee alter utrius ipsorum,
sicut malitioee confingitur,
auxilium deerit, vel presi-
dium subtrahetur.
G26 Ealtenbrnnner,
ducem* eta in der zweiten fehlt ^). Wir haben also hier in 'analoger
nur durchgreifenderer Weise die Scheidung der Fürsten nach der Wahl-
stimme zum Ausdruck gebracht, wie in dem früher besprochenen
n^ 299. Die folgende Fassung hat als Adresse: «uniTersis archi-
episcopis et diL fil. abbatibus feudatariis in Imperio etc.*, worauf unter
F. 4 und 5 die Gesammtheit einerseits der Edlen, andererseits der
Obrigkeiten des Reiches zusammengefasst wird^). Auch diese drei
Briefe sind verkürzt eingetragen, und da finden wir unter ihren selbst-
ständigen Stellen einerseits in 3, andererseits gemeinsam in 4 und 5
die Sätze: «cum vos tanquam speciales ipsius fideles imperii* etc. und
ff cum TOS quasi speciale ipsius robur imperii' etc. gegenüberstehen.
Da muss denn doch auffallen, dass ein derartiger auszeichnender Säte
beiden Katego lien gegeben wird, während er den Fürsten ohne Wahl-
stimme in F. 2 ausdrücklich entzogen ist; ferner, dass die Adressaten
von F. 3 durchaus nur solche geistliche Personen umfassen, die nach
damaliger Anschauung principes Imperii, also bereits in einer der
vorhergehenden Fassungen inbegriffen sind, und dass auch bei F. 4,
wo die ffUniversi duces, marchiones* u. s. f. bis zu den ,alii nobiles*
herab angeredet werden, die weltlichen Fürsten einen wesentlichen
Bestandtheil der Adressaten bilden. Ich meine, diese Widerspruche
durch die Annahme lösen zu dürfen, dass Berardus die Fassungen
eventualiter zur Approbation vorgelegt habe und zwar derart, dass er
für die Wahlfiirsten eine eigene als sicher hinstellte, was er durch
ffl. e. m. archiepiscopo Maguntino** etc. am Schlüsse derselben an-
zeigt. Dagegen war die Fassung mit der Adresse des Salzburger Erz-
bischofs ohne weiteren I. e. m. Satz den drei folgenden gegenüber-
gestellt. Dass dann dem, den ersten zwei Fassungen zu Grande
liegenden, Theilungsprincipe nach der Wahlstimme zu Ungunsten des
bei den drei folgenden auftretenden — nach geistlichen und ^w^elt-
liehen Stand — der Vorzug gegeben wurde, scheint durch den als
historische Notiz auftretenden Satz nach F. 2 ,^1. e. m. scriptum
est** etc. gewährleistet zu sein. Allerdings müssen wir im Falle der
Bichtigkeit dieser Ansicht es dahingestellt sein lassen, ob nur diese
zwei Fassungen überhaupt beliebt wurden, wobei dann ganze Kategorien
von Adressaten, die in den analogen Fällen bei n^ 299 und 366 zum
Ausdruck gebracht sind, übergangen wären, oder ob för dieselben
andere Fassungen hinterher festgestellt worden seiend). Auf jeden
*) Darauf macht auch die in einige HandBchriften übergegangene Rmndnntr *
»hie non ponitur clausula cum te* aufmerksam. *) Den Wortlaut dieser dz««
Fassungen bringt Theiner a. a. 0. genau. ') Ziehen wir diese beiden bEnefe
Römische Stadien III. 627
Fall lehrt uns dieses Concept, so wie manches vorher besprochene,
dass es so, wie es nns in der Sammlung vorliegt;, nicht zur Grossirung
fibevgefaen worden sein kann.
Verhältnis zum Begistrum.
Bekanntlich sind in den Begistern des 13. Jahrhunderts die
Briefe ebenfalls vielen Eürzifugen unterzogen, und zwar erkennen wir
in ihnen dieselben zwei Typen, welche wir vorher bei den Goncepten
des Berardus aufgestellt haben; und eben so wie dort gehen sie auch
hier die mannigfiachsten Gombinationen ein ^). Doch wäre es voreilig,
hieraus sofort den Schluss zu ziehen, dass die Eintragungen ins Be-*
gistrum nach den Goncepten erfolgt sein müssen, denn Berardus konnte
sich ja in jüngeren Jahren im Begistraturdienste diese Manier an-
geeignet haben und sie nun für seilte Goncipisten-Arbeit verwerthen.
Diese Erklärung wird aber bereits zurückgedrängt werden, wenn wir
nicht blos denselben Typen und ihren Gombinationen begegnen, son-
dern auch die Art und Weise, wie sie zum Ausdruck gebracht wer-
den, durchaus analog finden^). Obiger Schluss aber wird sich uns
ZQT Yergleicbung heran, bo finden wir keineswegs consequentes Verhalten gegen-
über der gestellten Angabe, einen Erlaas aar allgemeinen Kenntnis der betheiligten
Kreise Deutschlands zu bringen: In n° 866 wird auf die gesonderte Stellung der
Wahlfürsten gar keine Rücksicht genommen, sondern nur nach geistlichen und
weltlichen Kategorien geschieden. In n® 299 werden jene mit einer eigenen
Fassung bedacht, und derselben die ErzbischOfe ohne Wahlstimme als besondere
Kategorie untergestellt, während die episcopi (nicht aber auch die abbates feu'
datarii) erst in der folgenden Fassung besonders auftreten. Sind dergestalt die
geistlichen Fürsten wenigstens zum Grosstheil in drei Kategorien erschöpft, so
werden die weltlichen WahllÜrsten, für welche der Uauptbrief gelten soll, doch
vrieder in der Adresse der nächsten Fassung, welche die »unirersi principes,
duces' etc. anredet, einbegriffen. Aber entscheidend für die verschiedene Be-
urtheilung, welche die Concepte von n® 299 und S44 er&hten müssen, scheint
mir zu sein , dass in ersterem bei allen Fassungen ein jenem unterscheidenden
Satze »cum vos tamquam* analoger in entsprechenden Abstufungen angewendet
wird.
<) Vgl. hierüber R. St. I. 2S6 u. ff., und iür die erste Hälfte des Jahr-
liunderts im besondem Rodenberg's bereits erwähnte Abhandlung, welche mir
für die folgenden Ausführungen mannigfache Anregung gegeben hat. *) Die
Ausdrücke, mit denen die Kürzungen angezeigt werden, sind durchaus dieselben,
besonders deutlich wird dies bei den LegationspriTÜegien , die stets in grosser
Anzahl, aUe mehr oder minder verkürzt, im Registmm eingetragen sind nnd eine
-vollkommen gleiche Anlage aufweisen, wie die in der Sammlung unter n^ 685
'bis 716 verzeichneten. Auch die Disposition der I. e. m. Sätze ist analog; so wird
in n® 570 — der einzigen Wahlbestätigung eines £rzbischo&, welche die Samm<'
Inng darbietet ^ die im Registrum ständig anftretende Reihenfolge der I. e. m.
40*
628 Ealtenbrunner.
aufdrängen, wenn wir bei einem und demselben Briefe vollkommene
Debereinätimmung der Eintracpingen im B^^trum und in der Samm-
lung constatiren. Ich kann, gestützt auf eine Beihe von Collationen,
die ich zwischen dem Begistrum Martin IV. und A anstellte, ver-
sichern, dass nicht blos in den beiderseitigen Eintragungen &8t voll-
kommene üebereinstimmung der Texte herrscht, sondern dass anch die
Kürzungen desselben an denselben Stellen und im gleichen Ausmaasse
stattfinden ^). Desgleichen fand ich bei mehreren Le.nL Sätzen wört-
liche üebereinstimmung und vollkommen gleiche Disposition bis auf
das räumliche Ausmaass der einzelnen Zeilen. ^ Da kann man denn
doch nicht annehmen, dass der Begistrator die Briefe, die ihm in
extenso grossirt vorlagen, zufalliger Weise ebenso gekürzt und dia-
ponirt habe, wie vorher der Concipist sie geschrieben hatte, sondern
die üebereinstimmung muss dadurch erklärt werden, dass ersterem
unmittelbar das Elaborat des letzteren vorlag. Femer wird dies durch
die Thatsache bekräftigt, dass die im 2. Begisterbande Nicolana UI.
zu epp. 22. 23 A. II eingetragene Note «fuit autem facta huiusmodi
sab diversitate salutationem ** etc. (mitgeth. B. Si L 265) sich wort-
lich übereinstimmend in A und B zu denselben Briefen (n^ 591. 592)
vorfindet^), wie denn auch sonst Analogien zwischen Noten im Be-
gistrum und in diesen Handschriften, deren Bedacteure, wie wir sahen,
die von Berardus auf seinen Concepten angebrachten Noten herüber-
nahmen, bestehen^).
Sätsse (Sufiraganeis, clero, populo, vasallis, regi) eingehalten. Ja dies entre<^
sich auch auf Aeusserlichkeiten : die von mehreren Adressaten zu einen f&r sie
gemeinsam geltenden Satz gezogenen Linien, wie wir sie bei n* 299 in A-B finden,
begegnen ims in vollkommen gleicher Anordnung auch in Tom. IL Nioolans IlL
(vgl. das Facsimile in Mitth. Bd. V).
>) Allerdings fand ich bezüglich des Ausmaasses der Kürzungen auch eine
Abweichung, nämlich bei n'^ C77, dessen Beginn A und das Registrum in fol-
gender Weise yerschieden verkürzt bringen:
A : Solebat hactenus etc usque absque spe
proxime facultatis similis impedire etc.
R: Solebat hactenus mater
ecclegiastiea etc usque similis impedire etc
Aber einer ganz gleichen Differenz begegneten wir auch früher (bei n® 299)
zwischen A und B ; wir werden sie also, sowie dort auch hier, auf eine Oorrector
des Conceptes zurückfahren, die von der einen Handschrift ^berücksichtigt, toh
der andern ausser Acht gelassen wurde. ') Auch die Dispontion des zweiten«
verkürzt eingetragenen Briefes stimmt wörtlich mit der vorher pag. 622 mit*
getheilten von A und B Überein. ') Im besondem sei darauf hingewieaen, das
die Noten zu n^ 480. 481 ebenso Abänderungen des Diaposition Über approbute
und ezpedirte Briefe anzeigen, wie es die zu den epp. 4 n. 7 (P. 21SS2. 81) im
A. I des 2. Bandes Nicolaus IIL (v. Zaccagni Dissertatio App. n® 45 n. 54) thon«
RömiBche Stadien IIL 629
•
Wenn es somit unzweifelhaft ist, dass die Goncepte des Berardus
zugleich zur Registnrung verwendet worden sind, so stossen wir doch
auch auf bemerkenswerthe Abweichungen, bei denen eine directe Be-
nützung der Yon den Handschriften überlieferten Goncepte seitens des
Begistrums geradezu ausgeschlossen ist: Wenn esnochauf Aenderungen
zurückgeführt werden konnte, die über weitere Entschliessungen ge-
legentlich der Vorlage zur Approbation, oder anderer Erwägungen
halber (weil es der Sitte widersprach?) am Goncepte gemacht worden
waren, dass die Encyclica Gregor X. (n^^ 144. 145) in den Hand-
schriften^) am 4. März, d. L vor der Gonsecration, und zwar voll-
kommen stilgemäss nicht blos in der Datirung, sondern auch im Titel
des Papstes und durch Beifügung der Formel . Ne mireris quod buUa
nostra", gegeben erscheint, während sie im Begistrum erst am 23. IIL
d. i. nach der Krönung, datirt ist, so wird eine derartige Erklärung
in folgendem Falle ausgeschlossen: N<^ 522 und 525 der Sammlung
beherrschen zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Stadien der fran-
zosisch-castilischen Angelegenheit, indem sie in ihren ersten Theüen
mit gleichen Worten die Ernennung des als Legaten thätigen Minoriten-
generals Hieronymus zum Gardinal proclamiren. Ihre zweiten Theile
handeln von dessen Bückkehr «derart, dass in 522 eine bestimmte
Weisung hierüber in Aussicht gestellt wird, sobald ein erwarteter
Bericht der beiden Legaten eingelangt sein werde, in 525 dagegen
dieselbe nach der inzwischen erfolgten Ankunft des Legationscuriers
wirklich ertheilt wird. 526 führt diese Weisuncren des näheren aus
und 527. 528 sind die Pässe für die zurückberufenen Legaten; sie
sind alle drei mit ,Dai ut supra* versehen, und verweisen damit auf
den 24. April, an dem 525 approbirt ist Auch 523. 524, welche
specielle, die Bückkehr unberücksichtigt lassende Weisungen an Hie-
ronymus und seinen GoUegen enthalten, beziehen sich (wahrscheinlich
wie die früheren anticipirend) mit einem «Dai ut supra* auf das
Datum der ersten Promotionsurkunde, die aber in NP (welcher allein
diese Briefgruppe aufgenommen hat) nur mit «Datetc* versehen ist;
es ist jedoch ziemlich sicher, dass dieselbe vom 4. April datirt ist,
denn sie ist verkürzt mit Beziehung auf 521, d. i die Promotion des
Erzbischofs von Ganterbury zum Gardinalbischof, welche den 4. IV.
als Datum aufweist, eingetragen. Die Verweise mit «Dai ut supra*,
vor allem aber der Umstand, dass die zweite Promotionsurkunde (525)
nach den ersten Worten abbricht, und mit einem «etc. ut in tertia
superiori* auf die erste (522) verweist, lassen wol die Annahme zu,
I) YgL p, 11-7.
680 Kalteubrunner.
dasB alle diese Concepte inclusive 521 auf einem Blatte resp. einer
Lage Ton Berardus geschrieben worden seien. Haben wir hier eine
vollständig klare Entwicklung des Geschäftes vor uns, so ist dies
nicht so im Begistrum, in welchem epp. cur. 20 — 26 A. I darüber
handeln. Wol ist das zweite Stadium ebenso vollständig wie. in NP
enthalten^ aber es schiebt sich zwischen die zweite Promotionsurkunde
(22) und die drei andern Briefe die des Erzbischofs von Gantebury
als ep. 23 ein. Im ersten Stadium aber fehlt die Promotionsurkunde
ganz, während die speciellen Weisungen, nun vom 4. April datiri,
an erster Stelle (epp. 20. 21) eingetragen sind. Die im Register
fehlende erste Promotionsurkunde muss aber erlassen sein, sofern dies
mit den am 4. IV. ausgesprochenen Weisungen von epp. 20. 21. ge-
schehen ist, denn in diesen wird Hieronymus bereits als acardinalis
S. B. ^. quondam minister generalis O.TJL* angesprochen. Wir können
also ihr Fehlen im Begistrum nicht auf eine Cassirutig ihres in NP
eingeschriebenen Conceptes zurückf&hren , sondern müssen ihre Ver-
nachlässigung durch das Begistrum annehmen. Schon dieser ümstandi
sowie die verschiedene Stellung der Promotionsurkunde des Erzbischofs
von Gantebury weisen darauf hin, dass die Vorlage von NP nicht die
des Begistrums sein könne, es wird dies aber zur Qewissheit, wenn
wir die in jenem verkürzt eingetragene zweite Promotionsurkunde hier
in extenso vorfinden. Das alles erklärt sich wieder am natürlichsten
dadurch, dass wir zwischen dem von NP benützten Concepte und der
Orossirung Transcriptionen annehmen, welche die Vorlage des Be-
gistrums gebildet haben.
Beachtenswerthe Differenzen ei^eben sich ferner in der Behand-
lung der Adressaten von Bundschreiben. Sowie bei der Encydica
Nicolaus lU., deren Conoept wir bereits einer Betrachtung unterzogen
haben, finden wir auch bei den von Johann XXL (n^ 459) und
Martin IV. (n^ 604) als alleinige Bepräsentantin der Eirchenprovinaen
die von Tours auftreten, und so wenig wie in jener wird hier die
Vervielfältigung dieses Exemplars für alle durch einen allgemein ge-
haltenen oder specificirenden I. e. m. Satz angezeigt Ganz analoges
Verhalten sehen wir auch bei n^ 146, dem ersten Ausschreiben des
Lyoner Goncils (P. 20525. 27); auch hier ist die Provinz Tours Be-
präsentantin für alle — allerdings nur in einer Gruppe der Hand-
schriften, denn in den Epistolae Notabiles hat das Exemplar die
Adresse : « archiepiscopo et episcopis ac dilectis filüs abbatibus etc. per
provindam constitutis', was deutlich die Auslassung des Namens der
Provinz erkennen lässt Noch weiter gehen die Handschriften ge-
meinsam bei n" 1175 (zweites Ausschreiben P. 20716. 17), indem sie
ROmuche Stadien III. 631
der Fassung f&r die Geistlichen gar keine Adresse yorsetzen, und das-
selbe ist mit Ausnahme von NO, der das Exemplar an den Patriarchen
von Jerusalem bestimmt, bei der Encyclica Gregor X. (n^ 144) der
Fall, wobei nur anzufahren ist, dass NF hiebei die generalisirende
Adresse «Prelatis* vorsetzt, welche sie von der folgenden, für die
weltlichen Fürsten bestimmten Fassung scheiden solL Lassen wir es
dahin gestellt sein, ob diese Markirung vom Goncipisten selbst oder
erst von NP angebracht wurde, so lässt die sonstige Uebereinstimmung
der Handschriften doch den Schluss zu, dass die von ihnen ohne
Adresse gelassenen Fassungen auch auf dem Concepte eine solche
nicht gehabt haben«
Zu dieser Annahme stehen nun die früher angef&hrten Adressen
nicht nur nicht im Widerspruch, sondern sie bekräftigen sie; denn
wir begegnen bei den betreffenden Briefen im Begistrum nicht der
Proyinz Tours, sondern dreimal Sens und einmal (bei Johann XXL)
Bheims^), und zwar ebenfalls ohne irgend einen L e. m. Satz. Es ist
nicht denkbar, dass vollkommen gleichlautende Briefe zweimal con-
cipirt worden sein sollten, und auch der Ausw^, dass ja grossirte
Ausfertigungen bei der Begistrirung verwendet worden sein könnten,
verschliesst sich sofort, wenn wir bei der Encyclica Nicolaus III. nach
dem an die Provinz Sens adressirten Hauptbrief den an den König
von Frankreich verkürzt eingetragen und ihm dieselben zwei L e. mu
Sätze mit der Clausel «amotis tui specialiter* (vgl. p. 620) wie in der
Sammlung angehängt finden. Er verschliesst sich femer auch da->
durch, dass die Adresse bei Johann XXI. im Begistrum ganz un-
kanzleigemäss lautet: «Archiepiscopo Bemensi et dioecesanis Be-
mensibus**)i Da bleibt also nur die Erklärung offen, dass die Concepte
dieser Briefe überhaupt keine Adresse hatten und dass ihnen einer-
0 Rajnald oonstatirt mehnnaU diese Differens zwischen dem Begistnmi und
dem von ihm benütasten NO. *) Hier ist auch heranzuziehen, dass im Register-
fragmente Gregor X. das erste Lyoner-Ausschreiben als ep. 19 (unser n^ 146)
weder an den Erzbischof von Sens, noch an den von Tours, sondern sn den
Ffttziarchen von Jerusalem adreäsirt ist Ich vermag jedoch nicht anzugeben, ob
die Faasongen nicht doch in etwss abweichen (sie ist hier auch um 1 Tag später
datirt P. 20527), so dasa wir vielleicht doch selhständigeB Goncept oder eine
Ttanscription des ursprttoglich mit Bezug auf andere Fassungen verkürzt ein-
getragenen Oonceptes vor uns haben. Auch bei der Encyclica Martin IV. schliesst
sich in NP an ihre ersten zwei Fassungen noch ein verkürzt eingetragenes Exem-
plar an den Patriarchen von Jerusalem (n® 606) an, und bei der Encydioa Ni-
oolans EL fuiden wir ja eine ganze Reihe solcher verkürzt eingetragener Fas-
sungen vor«
632 Ealtenbranner.
seits regelmässig bei der Begistrirung, andererseits theilweise bei An-
legung unserer Handschriften willkürlich solche gegeben wurden^).
Das ist das gleiche Besnlta^t, zu dem Bodenberg (a. a» 0. 546)
bei Prüfung der Eintragungen mehrerer Encyclicae Gregor IX. und
Innocenz IV. gelangt ist, und auch die daran sich schliessende Folge-
rung, dass für derartige den Encyclicae angehängte Lern. Sätze Tom
Concepte getrennte Schedae die Vorlage gebildet haben, finden wir
f&r unsere Zeit bestätigt : Schon beim Concepte der Encydica Nicolaos IIL
fassten wir den Satz ,in provinciis, in quibus* etc. als eine W^nng
för die Benützung eines Provincl^les bei der Anfertigung der einzelnen
Exemplare auf, und dass bei jenen Briefen, welche ihrer Katur nach
an alle Provinzen in je einem Exemplare gehen sollten, auch im Be-
gistrum keine I. e. m. Sätze auftreten, scheint darauf hinzudeuten,
dass ein, ein für allemal festgestelltes Schema hiefUr benützt wurde.
Denn in andern Fällen, wo sich die Verallgemeinerung des Erlasses
nicht auf mit bestimmten Würden bekleidete Adressaten bezog, son-
dern wo Ernennungen stattfinden, welche sich in eine in der christ-
lichen Welt vorzunehmende Arbeit theilen sollten, da finden wir im
Begistrum unserer Zeit eben solche I. e. m. Sätze eingetragen. Gerade
hiebei ist aber des weitern sein Verhältnis zu unserer Sammlung lehr-
reich, indem es die früher aufgestellte Behauptung bestätigt: n^' 307
(Ernennung der CoUectoren P. 20925) trägt im Begistrum (A. IIL
cur. 96) die Adresse des Boemundus von Asti für Schottland, in der
Sammlung dagegen die des Patriarchen von Jerusalem f&r die irans-
marinen Gebiete. Während in letzterer der Brief ohne weitere L e. m.
Sätze steht, schliesst sich an ihn in jenem eine lange, erschöpfende
Beihe von Adressaten an, an deren Spitze der Patriarch von Jerusalem
steht. Hier ist also die Adressaten-Scheda ins Begistrum übergegangen»
aus der der Begistrator willkürlich eine Adresse für den Brief selbst
auswählte, während die Handschriften für das ihnen eben&Ils un-
adressirt vorliegende Concept den ersten Adressaten der Scheda heraus-
hoben*). T- Ganz analog ist das Verhältnis bei einem Bundschreiben
^) Auch die in den Varia dea DV befindlichen Encyclicae weisen ganz ana-
loge Differenzen mit dem Registram auf: Nicolaus IV. R. keine Adiesse; DT
Arohiepiscopo Lugdunensi. — Cölestin V. R. Archiepiscopo Ravennati ; DV Axchi-
episcopo Bituricensi. — Boni£ELz YIII. R. Archiepiscopo Senonensi; DV keine
Adresse. — Benedict XL R. Archiepiscopo Mediolanensi , mit I. e. m. Regi • . .
illustri. I/e. m. sufiraganeis et capitolo ecclesie Ravemmtezisis (unkaazleigemSaB) :
DV Regi Sicilie. Nur die von Honorius IV. ist in beiden Sammlungen-ohne Adresse
gelassen. >) Die Scheda hatte Tollkommen analoge Anlage wie das Oonoepi
ven n^ 451 (v. pag. 618); der erste Satz lautet: ,1. e. m. Patriarche JeroioliiBi'
Römische Studien HL 633
über die Ereuzpredigt n^ 308 (P. 20920. 32), welches übereinstimmend
in der Sammlung die Adresse des Bheimser Erzbischofs trägt, wäh-
rend im Begistrum (A. III. ep. cur. 94) der Erzbischof von York an
der Spitze steht; auch hier folgt in ihm die Abschrift der Adressaten-
scheda,^ aus der yerschiedene Zeilen« für die Sammlung und das Be-
gistrum herausgehoben wurden. Dagegen hat n^ 350 (F. 20685),
das im Begistrum (A. I. ep. cur. 65) mit der Adresse des Erzbischofs
Yon Drontheim und zahlreichen I. e. m. Sätzen eingetragen ist, in der
Sammlung gar keine Adresse^). '
Auch ftLr die Ausfertigungen an weltliche Grosse müssen Adressaten-
Schedae üblich gewesen sein, denn wir finden ein solches eingetragen
im Begistrum bei P. 20717 unter ep. cur. 5 A. II, nachdem der Haupt-
brief an den König yon Frankreich adressirt ist; in der Sammlung
dagegen (n^ 276) wird aus ihr der König von Gastilien herausgegriffen,
ohne dass die I. e. m. Sätze selbst Aufnahme gefunden haben. Sonst
allerdings tritt bei allen in Betracht kommenden Briefen (abgesehen
▼on der Encyclica Gregor X., bei der in mehreren Handschriften der
Adressat fehlt) im Begistrum und in der Sammlung der König von
Frankreich als Adressat auf, welche Uebereinstimmung jedoch, auch
bei Annahme der nachträglichen Setzung, bei der hervorragenden
Stellung des allerchristlichsten Königs wenig Auffalliges an sich hat*)«
tano, in omnibu^ partibns tranBinariniB*. . Bas YerzeiclmiB der I. e. m. S&tze vor
n® 451 werden wir aber doch auf dem Concepte selbst stehend annehmen, da
sich in ihnen Verweise auf den Hauptbrief vorfinden. Es gab eben Uebergänge^
wie der sicherlich auf dem Concepte selbst aDgebrachte Satz bei n^ 895 ,1. e. m.
eidem Electo pro regno Scotie« lehrt.
*) Das gleiche ist der Fall bei den im Registmm fehlenden n® 211—219
nnd n® 280. 281, die sicherlich auch bestimmt waren, in sahlreichen, mit ver-
schiedenen Adressen versehenen Exemplaren auszulaufen. *) Mit Ausnahme
der von Martin IV. haben alle Encyclicae eine zweite Fassung -tax die Könige der
an die geistlichen Fürsten nachgesetzt. Dort beruht das Fehlen aber sicher nur
auf einem Versehen des Registrums, denn die an den König yon Frankreich
adreasirte Fassung an die Königei welche in NP auftritt, wird dadurch nicht blos
im Concepte, sondern auch in ihrer Ausfertigung beglaubigt, indem Rymer das
Exemplar an den englischen König (P. S17S9) aus einem Empftnger- Archive ab-
drucken kann. Ob diese Ausfertigung auch f&r den König von Frankreich be-
stimmt war, ist freilich zweifelhaft, denn Martin IV. hatte schon vor der Krönimg
demselben (P. 217S6) und seiner Gemahlin die Wahl angezeigt, was uns einzig
durch NP und SS (n<> 601. 602) überliefert vrird. An sich ist diese ungewöhn-
liche Eile, als welche sie selbst in den Briefen bezeichnet wird, durch die per-
sönlichen Beziehungen des Franzosen und langjährigen Legaten in Frankreich
zum Königspaare erklärbar, und es ist sicherlich nicht ausgeschlossen, dass nicht
auch die formelle Encyclica noch nachher an den französischen König geschickt
worden sei.
634 Kaltenbrunner.
Nor in einem Falle können wir diese Annahme entschieden nichi
aufrecht halten, sondern müssen die ursprüngliche Setzung des Adres-
saten auf dem Concepte voraussetzen, nämlich bei der Encyclica
Nioolaus III., denn bei ihr werden übereinstimmend im Begisfrum
und in der Sammlung dem französischen Könige die andern gegen-
übergestellt. Eine Specification der Könige findet mit der schon be-
rührten Ausnahme bei n^ 276 in keinem der Briefe statt, wol aber heisst
es bei der Encyclica Johann XXI. (n^ 460) übereinstimmend: .1. e. m.
aliis regibus. I. e. m. aliis magnatibus v. c. m.* und bei n^ 147 im
Registrum, nicht aber auch in der Sammlung: .L e. m. scribitur
singulis aliis regibus**, was wol dem n^' 238 in der Sammlung bei-
geschriebenen «I. e. m. scribendum est singulis civitatibus Lombardie'
an die Seite zu stellen ist^). Auch da kann ein Schema für den
Kanzleigebrauch aufgestellt gewesen sein, aber schwerlich wird es ohne
specielle Weisungen von den Grossatoren gehandhabt worden sein'),
wenn auch nicht wie bei der Encyclica Nicolaus III. eine besondere
Bevorzugung des einen oder andern Königs beliebt wurde. — Bei
derselben fanden wir nach den Briefen an die Könige eine Reihe
weiterer Fassungen, zum Theil mit L e. m. Sätzen versetzt, vor, und
unter den letzteren mussten wir den Satz . L e. m. scriptum est aliis
comitibus' als einen historischen Vermerk des Berardus erklären.
Qetaz abweichend stellt sich nun das Registrum dar, denn es f> dem
Satze ,,1. e. m. aliis regibus ** einfach «I. e. m. aliis comitibus et
nobilibus v. c. m.* bei. Hier haben wir die Weisung, dass die Pas-
sung an die Könige unter Vorbehalt der nöthigen Titulaturänderungen
auch fdr diese Kategorien von Adressaten zu benützen sei ; dort den
Vermerk, dass wirklich an Grafen geschrieben worden ist. Aber es
geschah dies in anderer Weise, denn der Vermerk steht nach einer
besondem an den Grafen von Alen9on adressirten Fassung. Dieser
offenkundige Widerspruch kann nur dadurch erklärt werden, dass wir
zwei verschiedene Stadien der Anlage des Conceptes in den gegen-
'j In der That sind von allen in Betracht kommenden Eiu^clicae, sowie
von den beiden ConcilsauBSchreiben Gregor X. Exemplare an den Eogliacheii
König durch Bymer bekannt gemacht; von der Encyclica Johann XZL keimea
wir auch ein Exemplar an den König von Majorka u. s. f. *) Welche Geeicht«-
punkte hei Erlassung der Exemplare mafiagebend sein konnten, lehrt eine Kote
za DV ep. S69 d. i. die an den König von Frankreich adreasirte Einladung Eom
Concil vonVienne durch demens V.: >I. e. m. scriptum fiiit XV Regibos, vide-
licet Anglie. Sidlie et Friderico Trinacrie. Cipri. Ungarie. Boemie. Norweie. Daoie.
Swide. Navarre. Caatelle. Maioricarum. Aragonum et Portagalie. I^on foitecrip
tum Begi Alamannie, cum non esset confirmatua, Begi Armenorum propler distu*
tiam nee Regi Sardinie.«
RGmifiche Studien IIL 635
überstehenden Sammlungen vor uns haben, und wenn wir dem Ver-
merke ,1. e. m. scriptum est* überhaupt Glauben sehenken dürfen,
so müssen wir das im Berardus überlieferte unbedingt als das spätere
erklären, ohne dass wir es aber an sich schon geeignet zur üeber-
gäbe an den Grossator ansehen könnten^).
0 Scheint es durch diese Verhältnisse verbürgt zu sein, dass Bundschreiben
auf dem Concepte keine Adressen hatten, so bleibt noch zu erklären, wie in unsere
Handschriften mehrmals ein und derselbe Adressat gelangt ist. Das kann natür-
lich nicht ZuflEÜl sein, sondern muBs auf Nachtragungen , die an den Concepten
angebracht waren, beruhen. Die Frage aber, wer sie vorgenommen hat, ist mit
Sicherheit nicht zu beantworten. Dass sie nicht gelegentlich der Registrinmg
geschahen, ist klar, denn dann mttssten ja in den Handschriften die Adressaten
des Registnuns erscheinen; sondern dort fimd ihre Ergänzung unmittelbar ohne
Vorschreiben statt, wobei das Ueberwiegen der Kirchenprovinz Sens auf tra-
ditioneller Fortpflanzung beruhen mag. Sie kann aber auch in ihrer Gesammt-
heit nicht dem Bedacteur einer bestimmten Handschrift zugewiesen werden, wo-
bei wir in erster Linie an den von A, welcher sonst nach mancher Richtung hin
die Concepte präparirt hat, denken konnten, denn nachgetragene Adressen, und
im speciellen die des Erzbischoft von Tours, treten auch in Briefen au£ die nicht
durch seine Hand gegangen sind. Andererseits aber weist A solche in n^ 146
und 276 auf, so dass sie auch nicht erst dem Zusammensteller der den Epistolae
Notabiles zu Grunde liegenden Beihe zugeschrieben werden dürfen. Vielleicht
aber hat der Bedacteur von A durch die beiden Nachtragungen jenem Anregung
zu den andern 'gegeben, denn die beiden angefahrten Briefe sind in der grossen
Beihe die ersten, bei denen wir mit diesen Verhältnissen zu rechnen haben« Das
ist natürlich nur eine Vermuthung, aus deren Bereich wir ja bei mancher über
unseren Gegenstand au%eworfenen und au&uwerfenden Frage nicht hinauskommen
können.
Kleine Mittheilungen.
Vmi^rMhei im larkgrtfM OtU in. vm Bnidaibvg u OtMir tm Mm
betreib der rUnseheil UlipWfthl (1212). Palacky hat ^) eine undatirte Ur-
kunde eines Markgrafen Otto von Brandenburg, in welcher dieser einem
nicht mit Namen genannten König Ton Böhmen unter Anderem yer-
spricht, bei der Wahl eines römischen Königs nur nach seinem Willen
stimmen zu wollen, auf die Verhandlungen vor der Wahl Adolfs von
Nassau bezogen, und Alle, die sich mit Adolfs Wahl beschäftigt haben,
sind ihm darin gefolgi Mit Becht aber hat vor Kurzem Scheffer-
Boichorst darauf hingewiesen, dass die von Palacky getroffene Be-
ziehung des Actenstückes eine irrthümliche ist*).
Man darf in der That nur die vollständig herausgegebene Ur-
kunde') mit einiger Aufmerksamkeit durchlesen, um sich zu über-
zeugen, dass Palackys Einreihung derselben ganz unhaltbar ist Der
Markgraf Otto von Brandenburg nimmt in seiner dem böhmischen
König ausgestellten Urkunde aus: exceptis . . . fratre nostro germano
domino Johanne marchione Brandeburg. — in der Zeit aber, auf die
Palacky die Urkunde bezog, in der die Verhandlungen vor der Wahl
Adolfs 1291 — 1292 stattfanden, gab es gar kein Bruderpaar im Hanse
der Markgrafen von !ßrandenburg mit Namen Otto und Johann^).
<) Geschiclite von Böhmen II, 1. S. 869 Anm. 488. *) Scheffer-Boichont^
Zur Geschichte der baierischen und pfiJzischen Kor, Sitz.-Ber. der phÜM.-phÜoL
und historiBchen ClaBse der k. bayer. Akademie der WiBsenBchaften 1884 Heft IH
497 Anm. 8 ; »Dagegen hat Palacky auf derselben Seite — wie ich doch bemerken
will — einen Irrthum begangen, der ihm vielfoch nachgeschrieben worden ist«
und zwar auch von solchen, die es besser wissen konnten. Denn die Urkunde
üttot) von Brandenburg, die Palacky zur Wahl Adolft gezogen hat, ist ein Ver-
trag Ottos mit seinem Schwager, dem 1278 gefallenen König Ottokar. Das war
aus Palackys Citate nicht zu ersehen, wohl aber aus dem vollstfindigen Druck
der Urkunde, der seit 1868 in dem Formelbuch des Heinricus Italiens vorUegt
ed. Voigt p. 60.* >) Archiv für Kunde österr. Geschichiaquellen XXH, 50.
«) Palacky bezog die Urkunde auf Otto den Langen (t 1298), dessen Bruder Jo-
Verspr. d. Markgr. Otto III. r. Brandenburg an Ottok. y.^BOhmen. 637
Ausserdem passt weder auf Otto den Langen noch auf die Zeit der
Verhandlungen vor Adolfs Wahl, dass der Markgraf von Brandenburg
in der Urkunde zu dem Konig von Böhmen als karissimo genero
nostro spricht Diese Bezeichnung des Böhmenkönigs als Schwager
des die Urkunde ausstellenden Markgrafen weist letzteren mit un wider-
leglicher Sicherheit als den Markgrafen Otto III. von Brandenburg
nach, der 1244 Ottokars Schwester Beatrix geheirathet hat und am
9. October 1267 gestorben ist^).
Ebenso unhaltbar wie die von Falacky yersuchte Einreibung der
Urkunde stellt sich aber auch die von dem Herausgeber derselben
J. Voigt versuchte Einordnung derselben heraus. Voigt meint, dass
die Urkunde in das Jahr 1278 gehört «Eine Urkunde gleichen In-
halts,, nur dass statt des Markgrafen Johann von Brandenburg der
römische König genannt ist, steht im Wiener Codex mit dem Datum:
Acta sunt hec anno dom. incamationis 1277. XL kal. Februar. Dem-
nach könnte auch vorstehende Urkunde noch in das Jahr 1277 zu
setzen sein.* Dagegen ist zu betonen, dass.es auch 1277 ebenso wie
1291 — 92 keinen Markgrafen Otto von Brandenburg gibt, der einen
Böhmenkönig Schwager nennen kann. . Ausserdem aber erscheint eine
Einigung zweier Kurfärsten über eine Eönigswahl, Wie die Urkunde
sie enthält, im Jahre 1277 vollständig unmotivirt, weil damals eine solche,
soviel wir wissen, absolut nicht in Frage kam, derartige Abmachungen
aber sonst zwischen Kurf&rsten, wie zahlreiche Analogien lehren, nur
getroffen wurden, wenn eine Wahlaction vor der Thüre stand*).
Es wird nunmehr, nachdem wir die beiden bisher beliebten Ein-
reihungen der Urkunde als unhaltbar erkannt haben, zu versuchen
hann der Prager aber schon am 19. (?) April 1268 gestorben ist: £zoerptum
chronicae prindpum Saxoniae M. G*. Scr. XXIY, 480. Der Brader Ottos mit dem
Pfeil (t 1809), mit Namen Jphann, an den man ja ebenlalls auch denken könnte,
war bereits am 10. Sept. 1281 gestorben: Cohn-Voig^l Tabellen nro 78.
^) Die in Anm. 8 S. 636 angezogenen Belege. *) Diese mit unserer Urkunde bis
auf die hervorgehobene Einzelheit gleichlaatende Urkunde, die Voigt ansieht,
dflrffce schwerlich, so wie er will, als selbständiges Actenstück anfeufessen sein«
Ich meine, wir haben in den beiden 8tQcken wol nur die zwie&che Copie einer
und derselben Vorlage. Ob nun in der Vorlage etwa der römische König und
Johann von Brandenburg ausgenommen waren, oder in der von Voigt angezogenen
Urkunde eine Abweichung von der Vorlage vorliegt, wird sich bestimmt schwer-
lich entscheiden lassen. Doch ist es im Ganzen ja nicht wahischeiniich, dass
Otto III. von Brandenburg den römischen König, unter dem, wie meine weiteren
Aosfiihruugen lehren, nur Richard von Comwallis verstanden sein könnte, aus*
^nommen haben sollte: vgl. Bauch, Die Markgrafen Johann I. und Otto III.
von Brandenburg in ihren Beziehungen zum Reich 1220 — 1267 usw. Breslau
1886 S. 94.
638 Kleine Mittheilnngen.
sein, ob sieh nieht doch dem Actenatück ein sicherer Platz wird an-
weisen lassen.
Die Zeitgrenze, zwisdien denen die Urkunde ausgestellt sein muss,
sind der 25. December 1261 1) — Tag der Eönigslrönang Otkekaniv
seit welchem er den Eönigstitel f&hrt, mit dem er in der Urkunde
angeredet wird, während er vorher in seinen Urkunden sich dominoa
regni Bohemie nennt — und der 4. April 1266>), an welchem Jo-
hann, Ottos III. von Brandenburg Bruder, den die Urkunde noch als
lebend vorauseeixt, gestorben ist.
Den wichtigsten Anhaltspunkt, dem Actenstfick innerhalb des
Zeitraumes 1261 Dec. 25 bis 1266 April 4 eine bestimmtere Stelle
anzuweisen, bietet meiner Meinung nach die Stelle, welche Ober ein
eintrachtiges Vorgehen des Markgrafen Otto mit dem böhmischen
König bei der Wahl eines römischen Königs handelt: Geteram pro-
posita nostra ad explendam amiciciam nostram circa sepedictum regem
continua fidelitatis tenacitate firmantes spondemus: sub fide prestiti
iuramenti, quod in eleccione Bomanorum imperatoris Alemanie regis
secum habere diaposuimus eonoordem et nnanimem yolnntatem, po-
nentes in hoc, quod ipse ponit, et tollen tes quod non vult, ut in hoc
et in aliis negotiis suis pariter atque nostris una sit yolnntas mencium
et exsecucio actionum. Ohne einen ,ganz bestimmten Anlass wird eine
solche Bestimmung, durch welche der Markgraf von Brandenburg sich
mit seiner Wahlstimme ganz an den Willen des böhmischen Königs
band, doch schwerlich getroffen sein.
Als Anlass flir eine solche Bestimmung betreffs der Königswahl
innerhalb der Zeit, in die die Urkunde fallen muss'), bieten sich, uns
1) Canonioorum Prageiuduin Contin. Coemae M. 0. Scr. IX, 178. *) Bauch,
Die Markgrafen Johann I. und Otto III. von Brandenburg usw. Breslau 1886.
S. 94 Anm. 2. *) Wenn man gegen meine Verwerthnng des KDnigstitels Otto-
kara in der Urkunde zur Bestimmung des terminus a quo mir etwa einwenden
sollte, dass in einer von einem Fremden ausgestellten Urkunde die Betheilung
Ottokan mit dem Königstitel auch wol schon vor der Krönung und Annahme
des Titels durch Ottokar selbst begreiflich wflre, so würde sich — die Berechtigung
dieses Einwurfe, den ich nicht für begründet halte, zugegeben — als terminus aquo
der Regierungsantritt Oltokan nach dem Tode seines Vaters am 22. Sept. 1253 er*
geben und damit die M5gllchheit, dass die Veranlassung zu Ottos von Branden*
bürg Versprechen an Ottokar die bevorstehende Wahl von 1257 gewesen sein
könne. Aber die Haltung Ottos lil. bei der Neuwahl von 1257, bei der er selbst
Throneandidat gewesen, ehe er zu Aliens X. übertrat, spricht entschieden gegen
die Besiehung der Urkunde auf diese Wahl und ebenso der Umstand, dass bei
derselben wol nicht er, sondern sein Bruder Johann die brandenburgische Stimme
gelührt hat, vgl. Bauch, Die Markgrafen Johann I. und Otto m. von Branden-
burg usw. Breslau 1886 8. 91 antec.
Verapr. d. Harkgr. Otto III. v. Brandenbarg an Ottokar y. Böhmen. 639
die zweimal gemachten Versuche, an Stelle der beiden im Zwiespalt
gewählten Ausländer Conradin von Staufen zum romischen König zu
wählen, wie sie im Jahre 1262 und später nochmals 1265 und 1266
angestellt worden sind.
Auf den ersten Blick wäre man geneigt, unsere Urkunde mit dem
späteren Project der Wahl Conradins in Verbindung zu setzen. Das-
selbe wurde 1265 und 1266 von dem Ffalzgrafen Ludwig und den
rheinischen Erzbischofen betrieben, bis es durch ein scharfes Verbot
Papst Clemens IV. am 18. September 1266^ vereitelt wurdet). Den
naheli^enden Anhaltspunkt zu .vermuthen, dass die Urkunde des Mark-
grafen Otto Ton Brandenburg mit Beziehung auf diese Pläne aus-
gestellt sei, bietet der Brief Bichards von Comwallis an Ottokar, der
ihm zu seiner am 6. September 1265 erfolgten Befreiung aus der Oe-
fangenschaft Olück gewünscht hatte. In diesem Briefe theilt Richard
Ottokar mit, dass er nach demnächstiger Besorgung der Angelegen-
heiten Englands mit dem Cardinal Ottobonus, welchen der Papst, um
ihn zu fordern, mit voller Legationsgewalt nach England und Deutsch-
land geschickt habe, nach Deutschland zu kommen gedenke, und er-
sucht ihn, bei den Markgrafen Johann und Otto von Bran-
denburg und bei dem Erbherzog von Sachsen ftir seine Anerkennung
sich zu bemühen. Bichard übertrug zugleich Ottokar bis zu seiner
Ankunft den Schutz der Beichsgüter, welche Conradin und dessen
Anhänger, als ob es Erbgut wäre, verschleudern und in Besitz nehmen,
auf der rechten Seite des Rheins, wie er solchen auf der linken dem
Erzbischof von Mainz übertragen hat^).
Es ist in der That verlockend, anzimehmen, dass unsere Urkunde
das Ergebnis der von Ottokar auf diesen Wunsch Richards hin an-
gestellten Bemühungen sei, die Brandenburger für diesen zu gewinnen.
Während Richard selbst sich über den Erzbischof von Mainz, der mit
Planen zu seiner Beseitigung durch die Wahl des letzten Staufers
umgieng, in vollständiger Täuschung befand, so dass er diesem sogar
den Schutz der links vom Rhein gelegenen Reichsgüter übertrug,
hätte Ottokar in richtiger Würdigung der Sachlage den Wunsch Ri-
chards nach Gewinnung der Brandenburger aufs wirksamste in der
Weise erfüllt, dass er sich die Brandenburger Wahlstimme sicherte
gegen die für Richard drohendste Gefahr, das Project der Wahl Con-
radins.
Aber bei genauerer Prüfung dürfte sich die Beziehung unseres
I) Von der Kopp, Erzbischof Werner von Mainz S. 41 ff. Böhmer-FiokeT
Beg. Imp. V nro 4806«. >) BAhmer-Ficker Beg. Imp. Y nro 5485.
(J40 Kleine Mittheilangen.
Acteastückes auf diese . erneaerten Bem&lmiigeii am die Wahl des
jungen Staufers als unhaltbar herausstellen, und zwar besonders nach
folgender in unserer Urkunde Ton dem Marli^rafen Otto von Branden-
burg übernommenen Verpflichtung: Ad maiorem autem nostre amica-
bilis compromissionis valitudinem adicimus huic pacto , quod filios
nostros et filias iuxta voluntates ipsius regis uzorare et maritare ro-
lumus, presertim in hiis, qui et que adhuc de promissionibus oontractm
matrimonialis libere' et absolute sunt eondicionis, de aliis subiungentes,
qui forsan ad aliqua nostra promissa respiciunl, quod iuxta oonsiliom
ipsius domini regis erepti ^ huiusmodi promissis, si que fecimu^Of
tenebimus et regemus, illam de agendis nostris circa memoratam regem
sollicitudinem ex animo impensuri, per quam evidentibus indiciis nostre
amicicie appareat exsecucio pro toto tempore vite nostre.
Man wird nach dieser Stelle unbedenklich annehmen dürfen, dass
zur Zeit, da Otto von Brandenburg diese Verpflichtung übernahm, von
seinen Kindern noch keins eine Ehe eingegangen hatte, dass höchstens
bezüglich des einen oder des anderen Kindes von Seite Ottos von
Brandenburg Eheberedungen mit Andern stattgefunden hatten. Dann
aber kann unsere Urkunde auf das Project der Wahl Gonradins, wie
es in den Jahren 1265 und 1266 betrieben worden ist, nicht beaogen
werden. Denn im Jahre 1264 hat Ottos von Brandenburg Tochter
Kunigunde den Prinzen Bela von Ungarn geheirathet — eine Ehe
abgeschlossen im Interesse der Politik Ottokars'), die sich durchaoä
als eine Erfüllung des von Otto von Brandenburg in unserer Urkunde
abgegebenen Versprechens an Ottokar von Böhmen darstellt.
Somit werden wir für den Versuch, dem Actenstück seine neue
Stelle zu geben, hingewiesen auf das Project einer Wahl Gonradins,
<) Hier ist wol etwas zu ergänzen, etwa nos oder eos. *) Caaomoonun
Pragensium Cont. Cosmae M. G. Scr. IX, 186: Anno domini cae mcamatioiiis 1264
4kal. ootobris in festivitaie gloriosi paironi sancti Wendslai idem rex Praemj&l
ad ecclesiam maiorem, devotissime recommendons se orationibuB tarn clencomm
quam laycorum, occurrit genero suo Ottoni marchioni et sorori sue dilecÜflsinik
de Bramburk, Ozaslow, qui filiam eorum secum duxerant, quam dominus rex.
ne aliqua scintilla discordiae inter eum et regem Ungariae.
patruum eius remaneret, pro treugia retro habitis et pro pace
perpetua terrarum suarum, dictam puellam filio regia nomine
Bela ante Posonium coram tribus episcopis, Pragensi, Olomu-
censi, ßramburgensi matrimonio destinayit copulandam. Dit*
Österreichischen Quellen geben die richtige Ortsbestimmung in campo qui Viszc
dicitur : Cont. Lambacens. M. G. Scr. E^, 646 in campo dicto Yisae poiee Poteo-
burch: Hist annorum 1261—1276 ib. S. 649. Cont Praed. Yindob. ibid. 8. Te?
in coDfinüs Anstrie et Ungarie, Ann. S. Rudberti Salisb. ibid« 8. 797.
Verspr. d. llarkgr. Otto HI. v. Brandenburg an Ottokar t. Öölimen. Ö41
wie 68 früher im Jahre 1262 betrieben worden war. Sehen wir, ob
und wie es sich in diesen Zusammenhang einf>.
Nach Yerstossung seiner Gemahlin Margaretha Ton Oesterreich
hatte Ottokar, ohne den päpstlichen Gonsens abzuwarten, sich mit
Belas von Ungarn Enkelin Kunigunde yermählL Ottokar wollte, um
der neuen, canonisch ungültigen Ehe den Schein des Hechtes zu geben,
nun die lange aufgeschobene feierliche Krönung, die dem Erzbischof
von Mainz zustand, yornehmen lassen. Der Erzbischof Werner von
Mainz wurde im Spätherbst 1261 zu dem feierlichen Akt nach Frag
eingeladen, woselbst er die Ejönung am Weihnachtsfeste vollzog. Sehr
plausibel ist vermuthet worden, dass bei dieser Gelegenheit, wo doch
jedenfalls die Lage des Beiches zur Sprache gekommen ist, Werner
von Mainz zuerst mit seinem Plan hervorgetreten ist, durch Vornahme
einer Neuwahl dem Beiche an Stelle der beiden fremden Könige wie-
der einen Herrn zu geben. Ottokar war zu einer entgegenkommenden
Haltung gegen den Erzbischof genöthigt, da er selbst anerkannte,
dass Werner durch die Krönung Kunigundes sich leicht vom Papste
Widerwärtigkeiten zuziehen konnte. Er konnte sich darum dem Pro-
ject des Erzbischofs gegenüber nicht wol einfach ablehnend verhalten
— zumal es sich zunächst wol nur im allgemeinen um den Plan
einer Neuwahl, noch nicht aber um die Candidatur Conradins ge-
handelt hat^). In diesen Zusammenhang passt nun unsere Urkunde
aufs allerbeste hinein. Otto von Brandenburg war mit seiner Ge-
mahlin und seinen Kindern') bei der Krönungsfeier seines Schwagers
Ottokar in Prag anwesend b).
Die Mittheilungen des Erzbischofs von Mainz über den Plan einer
Neuwahl könnten da doch sehr plausibel als Motiv für Ottokar an-
gesehen werden, sich auf diese Eventualität hin mit seinem gerade
I) Von der Kopp, Werner von Mainz S. 25 ff. >) Die Chronica prindpum
Sazoniae M. G. XXY, 479 nennt als solche: Johannem de Praga, Ottonem Mag-
nnm, Albertum, Ottonem, Conegundim, Mechtildim and bemerkt S. 480, daas der
älteste Sohn Johann bei Gelegenheit der Hochzeit seiner Schwester mit Prinz
Bela von Ungarn 1264 Ritter geworden ist. ') Canonicorum Pragensium Contin.
Cosmae M. G. Scr. IX, 178: A. d. i. 1261 . . . Eodem anno 8. kal. novembris
prinoeps regni Bohemorum duxit in uzorem Conegundem, filiam Hostislai ducis
Bulgaroram, in castello Ungarie quod vulgari Ungarico Possen nnncupator, quam
venientem Pragam cum solemni processione recepimus in ecclesia Pragenai 10 kaL
iannarii. In die nativitatis domini princeps Bohemorum dictus Prziemjsl con-
a«cratu6 est in regem cum eadem Cunegunde in ecclesia Pragensi a venerabili patre
Ibioguntino, Yemhero nomine, praesentibus sex episcopis . . . praesentibus etiam
xoarchione Branburienai cum uxore et filiis et filiabus. Die Anwesenheit der Kin*
der Ottos motivirt ganz gut seine Versprechungen bezüglich ihrer Verheiratung,
MiUlMUimfen VU. 41
642 Kleine MittheilungeiL .
anwesenden Schwager Otto von Brandenbarg in Verbindung zu setzen^
und diesen zur Ausstellung der hier behandelten Urkunde zu bewegen.
Ottokar verstärkte jedenfalls dem im Allgemeinen — noch nicht mit
Beziehung auf Conradin — vom Erzbischof von Mainz proponirten
Plan einer Neuwahl gegenüber, den er aus Rücksicht auf Werner
doch nicht einfach ablehnen konnte, seine Position sehr wesenÜich)
indem er zu seiner eigenen Stimme sich für eine etwa vorzunehmende
Neuwahl auch die seines Schwagers von Brandenburg sicherte^).
Als dann aber nach Werners Abreise von Prag das Project einer
Neuwahl festere Formen annahm, als Ottokar nicht zweifeln konnte,
dass es auf die Erhebung Conradins, des Neffen seiner baierischen
Gegner herauskommen würde, hat Ottokar der erzielten Einigung des
Pfalzgrafen Ludwig und der rheinischen Erzbischöfe gegenüber, gegen
die er auch mit der Brandenburger Stimme nicht hätte aufkommen
können, zu dem Aushilfsmittel gegriffen, die Sache in Rom zu denun-
ciren, und dadurch das päpstliche Verbot zu veranlassen, durch wel-
ches die Angelegenheit vereitelt wurde').
Zugleich hat dann Ottokar bald in seiner Politik eine entschiedene
Schwenkung gemacht, sich Richard von Cornwallis genähert, diesen
anerkannt, und dafQr von Richard am 6. August 1262 die Belehnung
mit Böhmen, Mähren, Oesterreich und Steiermark erhalten").
Innsbruck. Arnold Busson.
Eine Qaelle der Historia Poloniea des Johann DIogoss. Bei meinen kritischen
Studien über die Schriften Dietrichs von Nieheim hatte ich vielfach
Veranlassung, die Berichte Dlugoss' mit denen Dietrichs und über-
haupt der übrigen Quellenschrifksteller über die Zeit des grossen Seisma
(1378 — 1417) zu vergjieichen. Schon bald stellte sich klar heraus,
dass Dlugoss mancherlei zeitgenössische Berichte über die kirchlichen
Ereignisse jener Zeit benutzt habe und zwar sowol solche von der
Partei der römischen Päpste, als auch von der der Avignoner Gegen-
^) Wenn in der unmöglichen Datirung, die unsere Urkunde in dem tob
Voigt angezogenen Wiener Codex führt, 1277. XL kaL februar. yielleicht das*
Tagesdatum zuverläsdig wäre, bo könnte unser Actenstück sehr wol am 22. Januar
1262 ausgestellt sein. *) Böhmer-Ficker Reg. Imp. Y nro 4778 c. PotthastRg-
18846^48. >) Böhmer-Ficker Reg. Imp. Y nro 5899. Ich habe mich, -wie icb
schliesslich bemerken will, auch umgesehen, ob sich nicht aus dem Unutandf.
dass in der Urktmde auch der Erzbischof von Magdeburg ausgenommen wird,
ein Anhaltspunkt für die Einreihung der Urkunde gewinnen lasse, aber ohn«
Erfolg.
Eine Quelle der Historia Polonica des Johann Dlugoss.
d43
papsie. Beispielsweise stammt sein Bericht über ürbans VI. Wahl^)
entschieden aas der letzteren, da er hier ürbans Wahl als ungiltig,
weil erzwangen, und die Clemens VII. als canonisch aufÜBLsst und
nachzuweisen sucht Der grösste Theil seiner das Scisma betreffenden
Quellen steht aber auf der entgegengesetzten Seite, und hierbei entdeckte
ich dann bald so auffallende Anklänge an Dietrichs Schriften, dass
mir eine specielle und gründliche Vergleichung beider nothwendig
erschien. Als Besaltat dieser hat sich dann ergeben, dass ftir Dlugoss
zwar eine Benützung des Nemus ünionis nicht nachweislich ist, wol
aber eine recht starke Ausnutzung der libri III de scis-
mate und der Vita Johannis papae XXIII., welche mehrfach
sogar wörtlich ausgeschrieben sind. Ich lasse im Nachstehenden eine
Beihe solcher Entlehnungen in paralleler Orduung folgen*):
De Sc. II. 1 : Clemens .... de ! Dlugoss. pg. 42 : Clemens septi-
domo comitum Gebennensium . . .
idiomatis Alemannici non imperitus,
uno pede parum claudicans, . . . lar-
gae conscientiae, mediocris staturae
• . • dapsilis, eloquens . . .
De Sc I. 1 : Urbanus timc erat
pauper archiepiscopus Acherontinus
. . . natus fiiit in Neapoli Vindi^) in
quodam loco, qui vulgariter yocatur
infemus, (ex diversis comparenti-
bufl)^) ex patre Pisano et matre
Neapolitano . • . egregius decretorum
doctor . . . Erat etiam brevis staturae
et spissus, coloris lividi sive fusce.
Bemerkt sei hierbei, dass von Yornherein die Annahme aus-
geschlossen ist, dass Dlugoss und Dietrich möglicher Weise aus einer
mus de domo et genere comitum
Gebenensium , Almanici idiomatis
aliqualem habens peritiam, pede
uno parum claudicans, largae con-
scientiae, mediocris staturae, elo-
qaens et dapsilis.
ürbanus vero erat homo tenuis
et pauper, decretorum tamen doctor
egregius, Neapoli in platea Nidi in
loco, qui infemus appellatur, ex
patre Pisano et matre Neapolitana,
ortus, brevis staturae et spissus,
coloris lividi et fnsci.
I) lib. X. pg. 41. Ich citire nach der Ausgabe des H. ab. HuysseD, Leipzig,
17 11. fol. *i Der üebersichtlichkeit halber citire ich die Vita Joh. XXItl. nach
der durch v. d. Hardt vorgenommenen Eintheilung in Bücher und Capitel. *) Irr-
tbCbnliche Schreibweise der Dmckausgabe und des Codex Gothanuft. Die be-
trefiende Seggione der Stadt Neapel hiess Nido. vgl. Giomali Napol. bei Marat.
JCXL S. 1088, 1054 etc. ^) Das eingeklammerte fehlt sowol im Cod. Gothanos
aJB auch bei Dlugoss, wodurch es wahrscheinlich wird, dass letzterem Dietrichs
'W'erk in der durch den Cod. Goth. dargestellten Receusion vorgelegen hat ; das-
i^^slbe gilt von dem gleich darauf folgenden : et matre, an dessen Stelle der ge-
dzoickte Text von De Scismate unrichtig: de matre hat»
41- .
644
Kleine ttittheilangeil.
getneinscbafÜiclieiL Quelle gecchopft hätten; denn hier berichtet Biei-
rich aus seinen eigenen personlichen und unmittelbaren Erfahrungen.
Wenn man dann ferner die Berichte Dlugoss' über die Gefangen-
nahme, Folterung und Hinrichtung der Cardinäle ürbans (1385 — 6)
und über Urbans Gardinalsernenniingen (1385) mit den entsprechen-
den Berichten Dietrichs vergleicht (Dl 90—91: De Sc. L 42, 45,51
bis 53, 60; 44.), so ergibt sich, dass erstere nur kurze Auszüge aus
letzteren darstellen.
Nicht nur bezüglich der Vorgänge an der päpstlichen Curie, son-
dern auch in der Darstellung der ungarischen Begebnisse hat Dln-
goss den Dietrich benutzt; so zum Beispiel bei Erwähnung der nach
Frankreich abgeordneten ungarischen Gesandtschaft im J. 1385. (DL
99 : De Sc. I. 58). Bei dem Bericht über die Ermordung der Königin
Elisabeth von Ungarn im J. 1386 schreitet die Benutzung vrieder bis
zur wörtlichen Entlehnung vor:
De Sa I. 59: Sigismundus rez
. • . . dictum castrum potenter ob-
sedit ; et tandem ipsi obsessi, eadem
Elisabet regina per eos iugulata et
extra fenestram dicti castri sus-
Dl. 118: Sigismundus rex libe-
raturus illas castrum potenter ob-
sedii Sub qua obsidione ElisabeÜi
regina ab obsessis iugulata et extn
fenestras dicti castri suspensa est etc.
pensa etc.
Was femer Dlugoss über die Person und die Thätigkeit Boni-
faz IX. meldet, ist wieder ein bis zur wörtlichen Entnahme gehender
Auszug aus den betreffenden Partien desselben Werkes Dietrichs:
De Sc. IL 6 : Hie erat magnae
seu procerae staturae ac decorus
facie . . . natione Neapolitanus, scri-
bendi atque canendi imperitus. Cum
eligebatur, in XL Y. aetatis sue anno
aut circiter constitutus^) ignoravit
gravitateln pontificalis officii
II. 7: Ipse vero reperit plures
bonos et legales cardinales de suo
coUegio, qui symoniae vitium de-
testabantur omnino; quorum prae
timore, quoad vivebant, quasi per
Septem annosnon audebatsymoniam
Dl. 119: (Bonif. IX.) vir pro-
cerae staturae ac decorus facie, na-
tione Neapolitanus, quadragesimnm
quintum aetatis tunc agens annam,
scribendi et cantandi inscius, igii&-
rus insnper pontificalis ofBcii gra-
vitatem, in avaritiam et symoniam
proclivis. Et licet simoniam per
annos Septem publice exercere, bo-
norum cardinalium reprehensionem
veritus, ausus non fuerit, bonis
tamen cardinalibus obeuntibus pub-
lice eam practicare coepit exigens
>) Vgl. NenL VL 89 : aetatis XL. aimorom et ultra.
Eine Quelle der Historia Polonica des Johann Dlugoss.
645
publice exercere . . . Cardinalibus a vacantibas ecclesiis et monasteriis
autem pro maiori parte successive annii primi integros fructus et be-
defanctis, quos ipse symoniam odio neficia vacantia plurimis personis
habere cognovit, ezhilaratas est ni- vendens.
mium, quia tunc liberas habebat
habenas symoniam pro libito etiam
publice exercendi . • • primos fiructus
unius anni omnium ecclesiarum ca-
thedralium et abbatiarum yacan-
tium suae camerae reservayit.
Auch der Bericht Dlugoss' über die kurz vor Bonifaz* Tode in
Born erschienene franzosische Gesandtschaft und über des letzteren
Tod (S. 174) charakterisirt sich als ein Auszug aus Dietrichs Werke
(Sc. II. 28 — '24.) ; desgleichen die Erwähnung der Flucht Gregors XII.
von Cividale nach Gaeta. (Dl. 194: Sc. III. 49, 50.)
Die Benutzung yon De Scismate reicht bis au die letzten Capitel
dieses Werkes; so ist die Charakteristik Alexanders Y. (DL 205) aus
De Scismate III. 51. excerpirt, wobei wieder mehrere Ausdrücke wort-
lich herübergenommen. Auch der Bericht über das Erscheinen der
Gesandten des Königs Ruprecht auf dem Fisaner Concil (DL 208) ist
ein Auszug aus dem betreffenden Capitel (III. 39) De Scismate.
In seinen später folgenden Angaben über Johann XXIII. hat
dann Dlugoss die yon Dietrich yerfasste Vita dieses Fapstes benutzt.
Vita Job. L 17 : Alexander papa
et domini cardinales . . . persuasio-
nibus et promissis . . . Balthasaris
inducti in illo . . . frigide tempore
hyemali per asperos montes et yias
terribiles . . . tunc repletos glacie-
bus et niyibus ... ad Bononiam
accesserunt ... Et ei adiunxit quos-
dam cubicularios et alios domesticos,
de quibus dictus Alexander papa,
ut dicebatur, non erat bene con-
tentus. Sed contradicere non prae-
sumsit ....
L 1 : Dum autem simplex cleri-
cus ac in adolescentia constitutus
existeretf cum quibusdam fratribus
suis piraticam in mari Neapolitano,
DL 306: (Job. XXTTL) ipsum
Alexandrum per asperos montes
glaciebus et niyibus oppletos in
&igido tempore Bononiam deduxit
eique suos domesticos pro cubicula-
riis, licet moleste ferente contra-
dicere tamen non audente, deputayit
DL. 307 : Firaticam, dum adhuc
adolescens esset, cum quibusdam
fratribus suis exercens yitam, per
Bonifacium nonum primum in archi--
646
Kleine Hittheilungen.
ut fertur, ezercuit ... I. 2 : Boni-
&cia8 nonus . . . contulit illi tunc
archidiaconatum Bononiensem. . . .
I. 7: in diaconum cardinalem S.
Eostacliii per eundem Bonifacium
creatus extitit . . .
I./ 40 : sperabat permaxime in
pecuniis et thesauris .... Credidit
tarnen Constantiae per aliquot men-
ses remanere et ibidem rebas pro
Teile 8X10 dispositis subito ad Bo-
noniam redire et illic more solito
dominari ... IL 2 : Quosdam epis-
copos et alios magnae auctoritatis
yiros . . . secreto per diversas gratias
et promissiones sophisticavit et cor-
rupit, adeo quod nihil ita secretum
in ipso concilio fieret aut diceretur
quin illud • . . singulis diebus re-
yelaretur eidem.
II. 3 : Quibus sie stantibus, qui-
dam, ut praesumitur, Italiens mul-
tos articulos .... omnia peccata
mortalia neenon infinita quodam-
modo abominabilia oontinentes con-
tra eundem Balthasarem .... ex-
hibuit . . . Quibus quidem articulis
per aliquot maiores nationum Ger-
maniae, Angliae etPoloniae perlectis,
ipsi nullatenus consentire volebant,
quod dicti articuli publiearentur aut
contra ipsum Balthasarum inquisitio
fieret huiusmodi super illis. Et boc
propter honestatem. Et si contra-
rium fieret, ut asserebant, per hoc
macularetur sedes apostolica etc. . •
Quibus eciam iuterim clanculo et
proditorie ad notitiam dicti Baltha-
saris deductis, illico mente conster-
natus est . . .
diaconum Bononiensem, deinde in
cardinalem promotus.
Dl. 361 : Confidens siquidem in
thesauris credidit omnibus pro voto
dispositis Bononiam reverti et pro
libito dominari. Adeo autem pleros-
que episcopos et alios magnae au-
thoritatis viros pecuniis et pro-
missis corruperat, quod nihil po-
terat tam secreto agi, quin ad suam
confestim deduceretur notitiam.
Exhibuit interim unus plnres
ex Italicis articulos contra eom
horrenda et abominabilia scelen
continentes. Ad quorum publica-
tiönem et probationem ne proce*
deretur, per aliquorum (lies : aliquot)
ex natione Germanica, Polonicaet
Anglicana praelatorum (lies : prae-
latos) honori Sedis Apostolicae con-
sulentium (lies: consulentes aegre)
obtentum est. Quod cum Joannes
papa intellexisset mente conster-
natus varia ad evadendum ingenta
coepit meditari.
Eine Reise yon HaJberstadt nachPreasburg und zurück. 1429—1480. 647
Die im Vorstehenden gegebenen Paralleleitate werden genügen,
um sowol die Thatsache, als auch die Art und Weise der Benutzung
beider Werke Dietrichs durch Dlugoss ins Klare zu stellen. Auch wird
sich schon bei schärferer Prüfuug eben derselben erkennen lassen,
dass Dlugoss den Text und Sinn seiner Vorlage öfters nicht Yollstandig
und oft auch nicht genau und deutlich wiedergegeben hat. Nament-
lich giebt Dlugoss mehrfach das als bestimmt, was Dietrich als un-
bestimmt und als Gerücht hinstellt^). In dieser Beziehung sei schliesslich
noch auf den Parallelbericht beider über ein sehr wichtiges, aber bis
heute auch noch unaufgehellt gebliebenes Factum hingewiesen, näm-
lich auf die erst nach langen Schwierigkeiten und durch die person-
liche Inter?ention Balthasar Cossas von den Florentinern erlangte
Bewilligung Pisas als Ortes für das beabsichtigte Concil Yom Jahre
1409. Während Dlugoss (S. 192) in bestimmtester Weise diese Be-
willigung auf den 15. August verlegt, berichtet seine Vorlage (De
Sc. III. 38) viel unbestimmter und doch richtiger, dass Cossa « circa
festum assumptionis B. M. V.'^ von Bologna nach Florenz gereist sei
und hier jene Bewilligung durchgesetzt habe. Ein Vergleich der
gesammten über diesen Punkt handelnden Quellen ergiebt nämlich,
dass Cossa erst am 12. August 1408 von Bologna abreiste und sich
zunächst nach Pisa begab, wo er von den dort anwesenden Cardinälen
zum Vicarius ecclesiae und Prior der Cardinäle erwählt wurde; dass
dann Cossa erst in der zweiten Hälfte oder gegen Ende August oder
gar erst Anfang September eben jene Bewilligung von Florenz er-
reichte.
Unter solchen Umständen ist einleuchtend, dass sowol der Forscher
in der Benutzung Dlugoss als auch der künftige kritische Bearbeiter
des Textes von Dlugoss, soweit dieser die Zeit von 1878 — 1416 be-
trifiFt, stets den eventuellen Parallelbericht Dietrichs in Bücksicht zu
ziehen hat.
Frankfurt a. M. H. V. Sauerland.
Eine Reise ven Halberstadt nach Presskarg nnd lurileL 1429 N. bis 14M Febr.
Nachstehende Eechnung ist im Halberstädter Stadt-Archiv unter EE 46
erhalten. In der Processsache der Ammendorf und Tangen gegen Bath
und Stadt Halberstadt (s. mein ÜB. der Stadt Halberstadt II, 802 ff.)
sandte der Bath den Stadtschreiber Eggeling Brunsrode an den könig-
lichen Hof. In dem am 21. Dec. in der domaen des Bathhauses vom
*) Vgl. oben Sc. II. 6: aut drciter; Vita Job. L 17: ut dicebatur; L 1:
ut fertur.
g48 Kleine Mittheilungen.
Notar Henning Belstrop von Ascbersleben aufgenommenen ProtocoU
wird bezeugt, dass in Gegenwart des Bürgermeisters Hermann der
Weddewen und des Batbs der Batbsdiener Tile Otten einen klemen
Sack (bisacien) mit besiegelten Briefen in Empfang genommen hat,
die Eggeling, bereit mit seinen gewöhnlicben wandeme cUydem za
reisen, dem Könige übergeben soll. Am 22. Dec. reiste Eggeling mit
Tile Otten und einem zweiten Diener Gerken Müller ab, letzteren
schickte er von Erfurt zurück.
Anno Domini m. cccc zxix etc. sequenti die b. Thome apostoli,
que erat quinta feria [Dec. 22]^ exivimus civitatem Halberstat et de
vespere in Staleberge^) solvebamus pro tribus personis, tribus eqnis,
pro mensa et cervisia xviiij antiquos grossos.
item die sequenti, scilicet feria sexta [Dee, 23'\ in meridie in
Eellebra') vj antiquos gr., sed de vespere in Wissensee') pro tribus
personis, duobus equis xv gr. antiquos.
item sabato, que erat vigilia nativitatis Cbristi [Dec. 24]^ iiij antiqaos
gr. per aquas^). item eodem die dedimus famulo nostro, scilicet Oereken
Muller, xij novos gr., qui reduxit equos de Erforde ^) ad Halberstat
item ipso die nativitatis [Dec. 25'\ per totam diem et in vigilia
pro mensa et vino et pro avena f flor. Binsch. item j novum gr. pro
podio*).
item ipso die b. Steffani [Dec. 26^ in meridie ij antiquos gr. in
una villa prope Arnstete^ consumpsimus, sed de vespere in Amstete
x antiquos gr.
item ipso die b. Johannis [Dec. 27} in meridie v antiquos gr. in
Ilmana^}, sed de vespere to den Frowen^) xj antiquos gr. pro cena
cervisia et vino.
item in die puerorum [Dec. 28] in meridie in Ezevelde^^) iij ani
gr. et j den., sed de vespere in Eoiborch^^) iiij novos gr.
summa' illius est: Iiij (!) gr. et vij /^.
hie ulterius inmutatur moneta.
item quinta feria, que erat proxima dies post diem puerorum
[Dec. 29]^ in una villa distanti a Koiborch iij miliaria ix >^: et illius
monete vij /^ faciunt Bobemicalem. item iiij /^ per aquas, scilicet over
de[n] Mayne, sed de vespere in una villa prope Bamberge ij Bohem.
gr. et V 4
item sexta feria [Dec. 30] in Bamberge de mane j gr. Bohem.
») Stolberg. ») Kelbra. «) Weissensee. <) Die Unstrut. ») Erfart«. •) En
Fufisbad? ') Arnstadt. «) Ilmenau. ») Frauenwald. *») Eisfeld. «') Koburg.
Eine Reise von Halberstadt nach Pressburg nnd zurück. 1420—1480. 649
et ij /^ pro panibus allecibas et yino, sed de vespere in Yorcheym^)
iij Bobem. gr. et iij 4.
item sequenti die, scilicet sabato [Dee. 31] in Erlangen j gr. et
j y^, item eodem die in Nuremberg j gr. rasori et j gr. pro cirotecis'),
sed de vespere ibidem y gr. Bobem. et j 4 solvebamus pro cena cer-
yisia et yino.
item in die circumcisionis Domini [Jan. 1] de mane in Fucbt')
j gr. et ij /^, sed de vespere in Novoforo*) iij gr. et iij /^
item die sequenti [Jan.2} de mane in Stayn j gr. et iij /^, sed
de vespere in fiockslo^) ij gr. et vj /^
item tertla feria post circumcisionis Domini [Jon. d] in Heymur^
in meridie j gr. et iiij /^, sed de vespere per Dannubium ij /^, et
ij gr. et iiij /^ pro cena et vino in una villa prope Batisponam.
item quarta feria [Jan. 4] in Batispona ij gr. et ij /^ pro uno
estario^, item iij gr. pro Gallico vinö, quod propinavimus notario
cardinalis Olomocensis, item eodem die yj gr. et iiij /^ pro mensa
per istam totam diem et pro vino.
item quinta feria [Jan. 5] j gr. et iij /^ pro mensa in navi, sed
de vespere in una villa prope Strubunge®) ij gr.
item in die trium Begum [Jan. 6] iiiij^ gr. pro expensis in navi,
sed de vespere in Hoffkircben^) pro cena et vino iij gr.
item die sequenti [Jan. 7] in Filsbove^^) de mane j gr. et eodem
die iiij gr. magistris nautarum, sed de vespere in Fassau üij gr. pro
cena et vino.
item dominico die [Jan. 8] post epiphanias Domini de mane vj
gr. pro expensis in nayi, item j gr. pro familia, sed de vespere in
Ossat^i) pro cena iij gr. et v /^, sed magistro nautarum x gr., qui
duxit nos de Patavia ad Wyennam.
item secunda feria [Jan. 9] in Linz de mane in prandio ij gr. et
vj /^, sed de vespere ij gr. et vj /^ pro cena et vino in una villa.
item 8. feria [Jan. 10 \ in Tpzk**) ij gr. et iiij /^ pro prandio,
sed de vespere in Spitz*») ij gr. et iij /^
item 4. feria [Jan. 11] zu deme Stayn *^) iij gr. et iij /^ sed de
vespere in una villa prope Wyennam iij gr. et iij /^ pro cena et vino.
item quinta feria [Jan. 12] in Wyenna iiij /^ pro camisüs la-
vandis et balniatori j gr. et iiij 4. item sartori **) iij ^ pro refor-
xnatione caligarum. item eadem die solvebamus pro mensa vj gr. et j z^-
*) Forchheim. *) Handschuhe. ») Feucht. *) Neumarkt. ») ? •) Hemau.
^ escario ? •) Straubing. •) Hofkirchen a. d. Donau. *•) Vilshofen. ") Aschach.
*») Ips. «'} Spitz. ") Stein bei Krems. ») Wol statt iutori.
650 Kleine MittheÜnngen.
item sexta feria [Jan. 13] in Wyenna j gr. pro vino notario car-
dinalis, item zyiij /^ pro duobus calceis, item eodem die in Wienm
^ SP", et j /^ pro mensa et yino per totam diem.
item sabato, die sequenti \Jan. 14] in Fischmonde^) j g^. et y 4«
sed yectori üij gr., qai daxit nos de Wyenna in Heymboreb*), sed de
vespere in Heymborch iij gr. et v /^.
item decima qainta die [Jan. 15] mensis Januarii yeniebamas ad
Fosonium') et incepimus comedere^) cum' domino Gonrado , qui est
lector capelle Coi^ioris Christi, et solvebamus ab ista dominica usqae
ad dominicam sequentem [Jan 22] xliiij gr. Bohem. pro nuda mensa,
item rj gr. pro yino per istam totam septimanam.
item quinta feria post Anthonii [Jan. 19] ij gr. rasori pro Petro
Wacker^) et pro domino Conrado et pro aliis familiariboa suis, item
yj flor. Hungar. propinayimus domino Casparo Sligk^).
idem die dominico post Fabiani [Jan, 22] et per totam septi-
manam solyebamus pro vino et prandiis et' ad coUationem et sexta
feria [Jan, 27] pro coUatione quingenlos * ducatos et &ciunt j flor.
Hungariealem. item pro iiij faisanis^, quos propinayimus domino
doctori Nicoiao Stock et Petro Wacker quadringentos et Ixxx ducatost
et faciunt xj gr. Bohem. cum dimidio.
item dominico die post festum s. Pauli [Jan. 29] usque ad do-
minicam sequentem solyebamus pro yino ad mensam et ad collatio-
nem, pro papiro incausto etc. trecentos Ixx ducatos et faciunt bene
noyem gr. Bohem.
item in die purificationis Marie [Febr, 2] computayimus cum do-
mino Conrado et solyebamus pro mensa pro xij diebus ij flor. Hungar.,
6^ ^j gl*- familiaribus suis, quando recessimus. item iij flor. Hungar.
domino Bartolo procuratori fiscali et iij flor. Bin. domino Antonio,
qui est notarius domini regis. item domino doctori Nicoiao Stock,
qui est promotor cause nostre, ix flor. Hungar.
item in die purificationis Marie [Febr. 2] quadringentos et Ixx
ducatos pro üij perdicibus domino Petro Wacker, notario cardinalis,
et Georio Hoitel et domino Conrado. item ij flor. Hungar. pro citatione.
summa illius est xiiij^ flor. Binsch, iiij gr. et irj >^
et xxii^ flor. Hungar.
*) Fischament. *) Hainburg. •) Pressbarg. ^) Quartier haben. ■) Proto-
notar und Hofschreiber König Sigmunds, schon 1418 und noch 1481. ^) Caspar
Schlick, kön. Vicekanzler, später Kanzler. ^) Fasanen.
Eine Reise von Halberstadt nach Pressburg und zurück. 1429—1480. 651
In reversione:
primo ipso die Blasii [Febr. 31 in Heymborch iij 'gr. et iij /^ item
die sequenti, scilicet sabato [libr. 4] in Fischmunde iij gr. et iij /^
et vectori ü\j gr., sed de vespere in Wyenna iij gr. et j /^
item dominico die [libr, 5] ibidem in Wyenna per totam diem
solvebamus pro mensa iiij gr. et pro yino yiij /^
item 2. feria , scilicet in die s. Dorothee [i^^. 6] de mane in
Borgerstorp ij gr., sed hora vesperorum in Ensbach y /^^ sed de
yespere in Beinkirchen ^) ij gr. pro cena et ij /^ pro vino.
item 3. feria post Dorothee [Febr. 7] in Pulten') xij /^ sutori,
sed pro prandio ij gr. et ij y^, sed hora vesperorum in una villa iiij /^
pro vino, sed de vespere in Milch s) iij gr. et iij 4*
item quarta feria [Febr. 8] de mane in Novoforo^) iij gr. et üj /^
et ij /^ per aquam^), sed de vespere in Ammestete ^ iij gr. et vj /^
pro cena et vino, item j gr. famulo pro reformatione calceorum.
item octava purificationis [Fßbr. 9] zu dem Stremberge^ ij gr.
et iiij /^, sed post prandii^m in Ens^ iij /^ pro vino et de vespere
in Eversberge^) iij gr. et iij /i^.
item sexta feria [Febr. 10] de mane in una villa prope Ever-
dingen j gr. et üj /^, sed in Everdingen^^) ij gr. et iij /^, sed eodem
die dedimus ij gr. et v /^ pro duobus equis, qui duxerunt nos per
duo miliaria.
item sabato [Febr. 11] in Engelcelle^^) ij gr., sed de vespere in
Patavia iiij gr. et ij /^
item dominica die sequenti [Febr. 12] in Passau de mane ij gr.,
sed in meridie in Filshove ij gr. et j z^, sed de vespere in Oster-
hove**) iij gr.
item 2. feria [Febr. 13] de mane in Pletinge ij gr. et vectori
iiij gr., qui duxit nos de Pletinge ^^) in Strubunge, sed de vesperein
Strubunge i^ gr. pro una lancea, et ij gr. et ij /^ pro cena et post
cenam vj /^ pro vino.
item feria tertia [Febr. J4], que erat s. Valentini, ze Foyter^*)
iJ gr. et iij /i^, sed de vespere in Batispona iij gr. et ij z^, item x 4
pro duabus bracis et ij ^ per Dannubium.
item 4. feria post Valentini [Febr. 15] zu der Steynbrucke ij gr.t
sed de vespere in Heymur iiij gr. pro cena et vino.
item 5. feria [Febr. 16] in meridie to den Steynen j gr. et vj 4i
<) Die drei Orte sind Purkersdorf, Ansbach, BOheimkirchen. *) St Polten.
•) Helk. *) Neumarkt. *)DieIpB. •) Amstetten. 0 Strengberg. *)£nn8. *)Ebel8-
l>erg. ^<>) Efferding. ii) ^i^gelhardszell. «*) Osterhofen. ^>) Plattling, i«) Pfotter.
652 Notizen«
sed de vespere in una villa prope NoYumforum üj gr. et iij /^ sol-
yebamus.
item 6. feria [libr. 17] in meridie in Noremberg j gr. rasori,
sed pro prandio ibidem et pro cena solvebamus tüj gr. minus j ^
item iiij gr. pro vino Oallico sindico Nurembergensi et officialL
item sabato [Febr. IS] in Erlangen ij gr. in meridie, sed post
prandium in Vorcheym iij /l^ pro vino, item ij gr. yectori, qui duxit
nos a Vorcheym usque ad Bamberg, sed de vespere in Bamberge
Ü 8^- P'o <^i^a et iiij /^ pro vino.
item die dominico llibr. lO] in una villa prope Koiborch j gr.
et iiij /^ in meridie, item iiij gr. vectori, qui düxit nos de Bamberge
usque ad Eoiborcb, sed de vespere in Koiborch v gr. gro oena et
pro vino.
item 2. feria [Febr. 2Ö\ in Ezevelde ij gr., sed de vespere to den
Frowen ij gr. et vj /^.
item 3. feria [Ftbr. 21] in Ilmana j gr. et iij 4i ®* ^Ü P*
vectori, qui duxit nos a Ilmana usque ad Erfordiam, sed de vespere
in Erfordia iiij gr. minus duobus /^.
item 4. feria [Fsbr. 32] de mane in Erfordia v antiqnos gr. pro
prandio et ij novos vectori, qui duxit nos usque in Wissensee, sed
de vespere in Sega^) ij novos gr. et ij ^
item 5. feria [Fsbr. 23] to deme Guntersberge ^ de vespere ij
gr. novos et ij /^.
item 6. feria [Febr. 24] in Quedelingborg in prandio vij anti-
quos gr.
summa illius vii^ flor. j gr.
summa exposita extendit se ad Uiij flor. Bin.
et vij gr. Bohem.
Halberstadt. G. Schmidt
IotiZ6D« Zur Schlacht bei Tagliacozzo. In dem über die
Vorbereitung und den Verlauf der Schlacht zum Theil auch in diesen
Blättern geführten Streite spielt die Bestimmung von «Ovinulum*, wo
Earl vor der Schlacht lagerte, eine gewisse Rolle und Herr G. Kohler
rechnete .zu den merkwürdigsten Irrthümem historischer Forschung*,
dass Ficker und ich dieses in dem hochgelegenen Ovindoli wieder-
fanden, während er sich ein Ovinulum, das , heute nicht mehr exisiirt'
(Mitth. IV; 556), in der Ebene von Avezzano am Fuciner See zurecht-
legte. Herr Theodor dei Baroni Bonanni, Director des Provinaal-
0 Seega bei Frankeuhauseu. >) GOntheFsberge nördlich von Stolberg.
Kotizen. 653
aröhivö von Aquila und VerfiMser einer tCorografia dei comnni e
dei YÜlaggi deUa provincia del 2^^ Abrozzo ulteriore (Aquila 1883)",
dem ich die immerhin nicht unwichtige, für mich freilich keinen
Augenblick zweifelhaft gewesene Streitfrage yorleg^te, hatte die Oüte,
darauf zu antworten, dass das heutige Ovindoli in der That das alte
Ovinulum sei und dass es einen zweiten Platz des letzteren Namens,
wie solchen 0. Köhler in die Gegend von Avezzano yerlegt hatte, in
der Provinz weder gebe noch gegeben habe.
Heidelberg. Winkelmann.
In der Zeitschrift des Vereines f&r Lübeckische Geschichte und
Alterthumskunde 4, 283 — 310, publicirt A. Hagedorn nach den
neuau%efundenen Oringinalau&eichnungen zwei amtliche Berichte
des Bathssecretars Johann Amdes über die Aufnahme König
Christians I. Ton Dänemark L J. 1462 und des Herzogs
Albrecht von Sachsen i. J. 1478 in Lübeck, welche dadurch
an allgemeinem Interesse gewinnen, dass «ie zeigen, .mit welcher
Besorgniss eine Stadt im Mittelalter einen fürstlichen Besuch in ihren
Mauern au&ahm und welche Vorsichtsmassregeln von den Bürgern
für nothwendig erachtet wurden, um die Gefahr, welche aus der An-
wesenheit eines zahlreichen fürstlichen Gefolges für die Freiheit und
Sicherheit des Gemeinwesens erwuchs, abzuwenden. ** Im Anschlüsse
an diese Publication begründet Hagedom kurz die ansprechende Ver-
mathung, dass Johann Amdes auch der Verfasser der fünften, die
Jahre 1458 — 80 umfassenden Fortsetzung von Detmars Lübischer
Chronik ist
In den Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und
dem Cistercienser-Orden VII, 1, 150, 409; 2, 121, beginnt Bibliothekar
P. Vincenz Stau f f e r in Melk die Veröffentlichung des Tagebuches des
berühmten Geschichtsforschers Hier onimus Pez über die Ereig-
nisse in Melk und Oesterreich vom 31. Juli 1741 — 1746.
Der bis jetzt publicirte bis zum 16. April 1742 reichende Theil bietet
interessante Daten zur Geschichte des baierisch-französischen Einfiälls in
Oesterreichs. Noch wünschenswerther wäre die Publication des Brief-
wechsels der Brüder Pez. Der in derselben Zeitschrift (S. 26 — 42) ent-
haltene Aufsatz des französischen Benedictiners Bada P 1 a i n e : De yeritate
consultationis a Pippino, ut Bex inungeretur, ad Zachariam directae,
^anz ohne Eenntniss der diesbezüglichen deutschen Literatur, hätte
ohne jedweden Schaden für die historische Forschung ungeschrieben
und ungedruckt bleiben können«
654 Notizen.
Im Archivio Veneto Bi 28, Heft 55 (1885), berichtet L Pe-
rosa über die von ihm neu geordnete und catalogisirte Bibliotecs
Querini-Stampalia, deren Anfänge ins 16. Jahrh. zurückreichen.
Am meisten verdankte sie aber dem Senator Andrea Querini (1710
bis 1784), unter dem auch der erste Catalog angelegt wurde, am
Anfang dieses Jahrhunderts wuchsen durch Erbschaft die Handschriften
der Familie Lipomani zu; auch der letzte des Geschlechtes, Giovanni
Querini, ein Sonderling, legte grossen Werth auf dieselbe, theilie
seine Schätze aber absolut Niemandem mit. Doch yersöhnt sein letzter
Wille mit dieser Engherzigkeit, er bestimmte die Bibliothek dem
öffentlichen Gebrauch. Sie enthält nach Perosa, dem die Ordnung
übertragen war, 714 Handschriften in 1043 Bänden vom 13. bis 18.,
über die Hälfte aber erst aus letztem Jahrh., und 200 ActenfiEUcikel;
die Handschriften scheinen grossere Bedeutung nur für venetianiscke
Geschichte zu haben, doch ist auch eine Sammlung von päpstUcheu
Bullen und Breven, sowie von Chroniken des 16. Jahrhunderts aus
Friaul und Vicenza zu erwähnen; werthvoUer sind eine Reihe von
Gesandtschaftsberichten, die von Mitgliedern der Familie erstattet
wurden: so des Vicenzo Querini, der 1505 zu Philipp von Boxfrondt
später zu E. Max als Botschafter ging, des G. Lippomano, der 1575
als Gesandter nach Polen geschickt wurde. Wie von einer vene-
tianischen Bibliothek zu erwarten, enthält sie auch Portulane and
anderes geographisches Material.
In den Mittheilungen des Vereines für Geschichte
der Deutschen in Böhmen 1884/5 handelt Loser th im zweiten
Beitrag zur älteren Geschichte Böhmens über die Entstehung des
böhmischen Herzogthums, schildert das Emporkommen der
BoJ^iwoy über die übrigen Theilftb^sten und den Adel, den E!ampf
zwischen beiden Factoren, der sich zu Gunsten der Herzoge entschied
da sich H. Wenzel I. mit dem Christenthum und dem deutschen König
verband, eine Politik, welcher Boleslav nach Ermordung seines Broden
Wenzel im wesentlichen treu blieb und welche ihm eine so energische
Niederhaltung der Aristokratie ermöglichte, dass sich nur ein einziges
Theiliürstenthum noch über Boleslavs Tod hinaus erhielt.
Im Anzeiger für Schweizer Geschichte 1884 n^ 2 and 4
finden sich Untersuchungen von Gisi zur Topographie der West*
Schweiz; ebenda (S. 292) weist G. v. Wyss nach, dass Otto L im J. 963
über den Lukmanier nach Italien zog, da die Annales Einsidlensas,
welche die genaueste Nachricht über diesen Zug enthalten, die Leseart
Notizen. 655
Luggm bieten, was nur falschlich in den Mon. Oerm. SS. 3, 142 mit
Luggiam aufgelöst wurde. — In n<) 5 (S. 331) yeröffentlicht Th.
Y. Liebenau eine Erzählung über den Tod König Albrecht I. aus dem
1340 — 1350 geschriebenen Codex Bernensis n^ 452 einer Fortsetzung
des Martinus Polonus.
In der Zeitschrift des Vereines für thüringische Ge-
schichte 1884, Band 4 (neuer Folge), S. 107 — 184, untersucht
Erich Schmidt die Chronik des s. Feterklosters zu Erfurt
in Bezug auf ihre einzelnen Theile und deren geschichtlichen Werth.
Der Verfasser dieser yerdienstyoUen Abhandlung kommt zum Resultat,
dass die vermeintlichen Spuren eines grösseren Chronicon Sampetrinum
nur auf der Mangelhaftigkeit der Qöttinger Handschrift beruhen, dass
die uns erhaltene Compilation zwischen 1315 und 1345 abgefasst sei
und aus 10 verschiedenen Theilen bestehe, welche seit dem 12. Jahrh.
successive in Erfurt entstanden seien. Die Endpunkte derselben treffen
die Jahre 1149, 1185, 1207, 1254, 1272, 1276, 1293, 1314, 1338,
1355 — die letzte rührt vom Compilator selbst her. Diese unter sich
selbstständigen Bestandtheile schliessen sich natürlich nicht immer genau
an die vorausgehenden Aufzeichnungen an, auch sind sie meist nur
für einen Tbeii der betreffenden Jahre im strengsten Sinn gleich-
zeitig; dann aber theilweise von grösstem Werth und besonderer Zu-
verlässigkeit. In den beiden letzten Partien zeigt sich eine besondere
Berücksichtigung der städtischen Verhältnisse.
Der gleiche Band enthält von C. Wenck eine Ausgabe des Liber
Cronicorum (Erfordensis) Chron. Thuringicum Viennense (meist nur
von localem Werth) mit kritischem Apparat (S. 185 — 251) und einen
Catalog der Beinhardsbrunner Handschriften von 1514 (S. 279 — 290).
Das Archivio Veneto Bd. 28 (Fase. 55 und 56) enthält einen
Aufsatz von Ernesto Degani, II castello di Cusano, der auch
eine Episode der österreichischen Geschichte berührt, indem dieses
ScUoss der Bischöfe von Concordia eine gewisse Bolle beim Krieg
TT- Rudolfs IV. gegen den Patriarchen von Aquileia spielte. Degani
f^Lgt seiner Monographie einen reichen Anhang von Documenten (das
älteste von 1164) bei, von denen sich mehrere auf jenen Zwischen-
fall beziehen, ich erwähne die Ernennung des Bischofs von Concordia
zum geheimen Rath Rudolfs S. 367, die Nobilitirung der Formentini
durch Karl IV. 1357 Dec 20, S. 387.
Literatur.
A. D. Xeuopol, Les Boumains au moyen age. Paria
1885. Emest Lerooz, editeur. In 8. pp. 288.
Die Frage nach den An&ngen und den Geschicken des ramänischen
Volkes im Mittelalter ist noch keineswegs zur allgemeinen Zufriedenheit
beantwortet. Auch wer geneigt ist, die Bumttnen in Siebenbürgen und
dem Königreich für die romanisirten Nachkommen der von K. Trajan nieder-
geworfenen Daker zu nehmen, wird Autoritäten wie F. Miklosich und
W. Tomaschek respectiren müssen, von denen der erstere neuerdings
wieder (Sitzungsber. d. W. Akad. 101 S. 49) die Walachen für romanisirte
Illyrier (Albanesen) erklärt hat, während der letztere, ein vorzüglicher
Kenner der ethnogn^hischen und geographischen Verhältnisse auf der Balkan-
halbinsel, sie in der Schrift »Zur Kunde der Haemus-Halbinsel^ (1882) mit
allem Nachdruck als Abkömmlinge des thrako-bessischen Volksstunmes hin-
stellt. Hiezu konmit Paul Hunfalvy*s bedeutendes aber auch politisch
tendentiöses Werk: »Die Bumänen und ihre Ansprüche* (1888).
Wenn wir X^nopols Buch mit den angeführten Publicationen v^-
gleichen, werden wir sofort inne, dass dasselbe nicht gleichwerthig ist
Dies liegt daran, dass der Verfl viel&ch Combinationen auf Qrund seiner
Lecture aufstellt, ohne dieQuellen studirt zu haben: so, indem er S. 146
den Namen des Flusses Alt mit dem der Stadt Altinum in Oberitalien zu-
sammenbringt; oder wenn er S. 192 in Abrede stellt, dass die Gepiden
ihre Wohnsitze in Altdacien gehabt hätten, da dieselben nach Procopius
um Sirmium sassen, demnach unter dem Dacien des Jordanes (Verf. schreibt
Jemandes) Dacia nova zu verstehen sei; oder wenn er S. 56 nach A.Thieny,
Attila 11 p. 204 die »epistola Eugenii papae ad Tutund Avarorum chaganum,
ann. 826* dtirt, wo er doch aus der Neubearbeitung der Jaffe'schen Be-
gesten (n. 2566) hätte ersehen können, dass dieses Actenstück zu den Falsi-
ficaten in Sachen des Erzbisthums Lorch gezählt wird.
Zu tadeln ist auch der leichtere Sinn, der über Miklo8ich*s Annahme
mit dem veralteten Argumente von Hasdeu hinwegzukommen meint, wo-
nach Albanesen und Daker identisch wären; femer dass die gnechischen
Elemente im Bumänischen aus dem Einflüsse der griechischen Colonisten
in Altdacien erklärt werden, obwol diese Elemente griechisch-byzantinischen
Ursprungs sind. Auch Tomaschek*s Ausführungen über die Ohristianisinmg
der in Frage stehenden Bomanen in der Zeit vor der Slaveninvaaion hätten
literotar. 657
eingehendere Berüökaiehtigiuig yerdient. Waram die Gründe niclit aner-
kennen, welohe wissensobafblich hochstehende and weiter nicht interesairte
Männer für die Einwanderung der Rumänen aus den Balkangegenden
vorbringen? Es bleibt ja doch eine stattliche Beihe von Gründen gegen
jene These übrig : so dass Niemand einen Zeitpunkt der Elinwanderang über-
zeugend darthun kann (alle Bestimmungen, die man versucht hat, auch die
letzte von Tomaschek, schweben in der Luft) ; dass man wiederholt^ Völker-
Verschiebungen annehmen muss ; dass die (Nord-) Rumänen genau im Rahmen
des Tr^anischen Daoiens sitzen; dass die Physis der heutigen Rumänen
zur wohlbekannten der alten Daker passt, wie die der Franzosen und
Spanier zu der ihrer gallischen und iberischen Vorfahren.
Zudem erscheinen die Daten, die über die Bevölkerung Altdaciens im
ersten Jahrhundert nach der Festsetzung der Ungarn VQigebracht werden,
als sehr fraglicher Natur. So, wenn behauptet wird, die Bevölkerung
Transilvaniens sei - eine slavisohe gewesen, aber ohne jede Beziehung zu
Bulgarien: »denn Siebenbürgen war um 950 gewissermassen ein neutrales
Territorium, auf dem sowol die Magyaren als auch die Petschenegen das
Jagdrecht beanspruchten, von dem aber die Bulgaren ausgeschlossen waren
und das sie auch nicht in Anspruch nahmen* (Hunfalvy, Anspr. S. 83).
Es steht doch fest, dass um jene Zeit der ungarische Häuptling Achtum,
der in Gsanad an der Maros residirte und auch die kleine Wallachei (Se-
verin) unter sich hatte (vgl. Huber, Oesi Gesch. I, 143), zu Widdin sich
taufen lies und Verbindungen mit der »griechischen Kirche* anknüpfte;
während andere Häuptlinge, wie der Gylas, den die spätere Tradition nach
Transilvanien setzt, zu demselben Zwecke nach Byzanz giengen. Daraus
ist, wie auch X^nopol darthut, zu ersehen, dass man in den altdakischen
Gegenden damals allerdings nach Bulgarien und Konstantinopel gravitirte;
daher die Zugehörigkeit der Walaohen zur griechischen Kirche als Argu-
ment für die Einwanderungstheorie anzuführen (Huber a a. 0. S. 84) be-
denklich erscheint.
Unter die »Slaven* aber, die in den erwähnten Gegenden nach Maas-
gabe der Orts- und Flussnamen gesessen haben (vgL Huber a. a 0. S. 154
und 474), wird man getrost die »Walachen* subsumiren dürfen; denn
warum sollte man die damaligen »Walaohen* nicht »Slaven* nennen können,
nachdem im Sprachschatz des Bumänischen noch heute die slavisohen Ele-
mente die romanischen überwiegen? (Schon Sulzer machte ähnliche Be-
merlningen; vgl. Gesch. des transalp. Dadens U, 6 ff.). Erst nach und
nach (Tomaschek nimmt beiläufig das Jahr 1000 als das entscheidende an)
zeigte sich, dass das herrschende slavische Element das niedergedrückte
romanische doch nicht zu verdauen vermochte ; was bei den Bulgaroslaven
von den Byzantinern nach 1018 sofort im Sinne des »divido et impera*
verwerthet wurde. Gleichwol ging den Walachen die Wirkung jener sla-
viseben Herrschafks- und Imprägnirungsperiode in jeder Beziehung nach;
in Sprache, Schrift, Liturgie, in der Organisation unter den Enäsen usw.
Aach die »slavische* Toponymie Siebenbürgens wird unter diesen Umständen
nicht Wunder nehmen dürfen. Wird dieser Gedanke, den der Verf. gegen
Hun&iyj nicht ohne Glück ausführt, aoceptirt, so hat man nicht nöthig,
die hei Ankuafb der Ungarn in Transylvanien sitzenden »Slaven* wieder
YOracbwinden zu lassen, um, wie Bösler that, das famose »desertum* zu
ÜfttheUuifea YH 48
658 Literatur.
schaffen und dann die Einwanderung der Wakohen in Soene zu setrau —
In Bezug auf das » argumentum ex silentio ^ stimmt X^nopol mit dem tob
Anderen Bemerkten überein; auch sonst sind die Schriften von Pi6 usw.
so fleissig benutzt, dass wir vielßu)h weniger, als uns lieb war, aus diesem
Buche zu profitiren vermochten. J. Jung.
Acta Tirolensia. Urkundliche Quellen zur 6e-
Bchiclite Tirols. Erster Band. Die Traditionsbficher
des Hochstiftes Brixen, herausgegeben von Dr. Oswald
Redlich. Innsbruck, Wagner 1886. LXIII und 356 S., S«.
Seit Besch's Annales ecclesiae Sabionensis (1767) und Aetaa miUeniria
ecclesiae Aguntinae (1772), zweien für die damalige Zeit recht tüchtigen
Werken, war bei den Publicationen, welche tirolische Urkunden des fräheitn
Mittelalters in grösserer Menge enthielten, ein steter Bückgang, zwar nicht
quantitativ wol aber qualitativ, zu bemerken. Weder Hormayr (BeytrSge
zur Gesch. Tjrols, Geschichte Tyrols, Sämmtliche Werke, 1804—1821), noeh
Sinnacher (Bejtrftge zur Geschichte der Kirche Sähen und Brixen, 1821 — 28),
um nur die Gielehrten zu nennen, welche viel aus den gleichen Quellen pabli-
cirten wie Bedlich, noch die Ausgaben der auf verwandtem Gehiete arbeitenden
£ink (Codex Wangianus, Fontes rer. austr., II. Abth. 5. Bd. 1852) and
Mairhofer (ürkundenbuch des Klosters Neustift, Bd. 34 derselben Samm-
lung, 1871) erreichten mit Bücksicht auf die inzwischen gemaohten Fort*
schritte der Geschichtsforschung den Werth des alt^i Besch.
Nun endlich haben wir in Bedlich^s Acta Tirolensia wieder ein Werk
zu verzeichnen, welches ebenso durch kritische Durchdringung des Stoffes,
wie durch wissenschaftliche und praotische Editionsprincipien und endlich
— soweit ich das ohne die mir hier unmögliche Nachprüfung an Hand der
Manuscripte beurtheilen kann — durch (Genauigkeit der Abdrücke dem
heutigen Stand der Wissenschaft vollauf entspricht.
Allerdings war B. bei der Ausgabe dieser Traditionen vermöge der
einheitlichen Anlage und Gestalt seiner Quellen sehr im Yortheil gegenüber
vielen andern Herausgebern von ürkundenbüohem , aber diese Traditions-
oodices bieten andererseits, wie wir gleich sehen werden, wieder eine ganie
Beihe eigenthümlicher Schwierigkeiten, welche B. nicht wie so manche
auch moderne Herausgeber von Traditionen umgangen, sondern sa lüsen
versucht hat.
Die ausftihrliche Einleitung, an sich eine für den Diplomatiker nnd
Bechtshistoriker beachtenswerthe Abhandlung, gibt allen wünflchensweriben
Aufschluss über Alter, Anlage und Bedeutung der zum Abdruck gebischten
Quellen. Die Traditionen der Sähen - Brixener Kirche beginnen unter B.
Meginbert (907 — 925; die von einem älteren tirolischen Forscher dem im
8. Jahrh. lebenden B. Antonius von Sähen zugeschriebene Tradition B. n^ 408
gehört dem B. Ante 1097— c. 1100 an) und reichen in geschlossener Masse
bis zu B. Johannes 111. (1306 — 1322), worauf noch vereinaelte spätere
Nachträge bis ins 15. Jahrh. folgen, im ganzen 743 Stücke. Mit As«-
naHme des letzten, das B. dem sogenannten Oalendarium Wi&tkeii efti-
nahmi sind sttmmtliche in zwei Traditionsbüchem verzeichaet» welche mioh
literaiar. 669
der SiksolariBiTiuig des Fürstenihums zonfichst ins Begierangsarchiy zu Inns-
bmok gebraohti dann w^en der drohenden baieriscben Invasion 1805 nach
Wien überföbrt wurden und im dortigen Staatsarchiv als Codex 460, von
Redlich mit A, nnd Codex 515 von Sedlich mit B bezeichnet, verblieben.
Codex A, das filtere Traditionsbuch, besteht nach der detaiUirten mühe-
vollen Beschreibung des Herausgebers aus 68 BL in Quart, die aber nach
Format, Linienschema und Schrift keineswegs schon ursprünglich ein Ganzes
bildeten. Der älteste Theil, f. 61 — 65 und 68, mit den Traditionen der
Bischöfe Meginbert, Wisunt und Bichbert kann nicht gleichzeitig angel^
sein, da die einzige Tradition des erstgenannten Bischofs erst auf £. 63
steht. Ebenso ist auch die nächste Traditionsgruppe aus der Zeit des Bischofs
Albuin (975 — 1006) erst nach dessen Tod zusammengestellt, daA. wieder-
holt als »beatae memoriae* bezeichnet ist. Aehnlich verhält es sich mit
den folgenden Traditionen der Bischöfe Hartwig (1022 — 1039) und Alt-
win (1049 — 1096), indem die ersten Traditionen des letzteren noch von
gleicher Hand wie die des erstem eingetragen sind; ja B. glaubt» dass der
Schreiber, welcher die Traditionen Hartwigs zu verzeichnen anüeng, noch
Stücke aus der Zeit von 1070 — 1080 hinzufügte, so dass also auch die
Traditionen der ersten Deoennien Altwins erst nachträglich zusammenge*
schrieben sein können. Im reichlichen Zuwachs von Traditionen unter dem
letztgenannten Bisohof erblickt B. die Veranlassung zur Anlage eines neuen
Codex (B).
B besteht jetzt aus 188 Blättern in Quart. Ursprünglich zählte er
etwa 118 BL, denen dann noch 4 gleicher Ausstattung zur unmittelbaren
Fortsetzung beigefügt wurden. Später band man noch alle folgenden theils
auf Doppelblättem, theils in Heften verzeichneten Traditionsoomplexe bei,
aber, wie schon der Card. Nie vonCusa bemerkte, in abscheulicher Unord-
nung und Confusion, so dass B. erst mit Hilfe der Schriftvergleichung, der
Aufeinanderfolge der Bischöfe und einer Beihe anderer scharfsinniger Com-
binationen die richtige Einordnung wieder herzustellen vermochte. Eine
Kachprüfung dieser Beconstruction an Hand des Codex war znir, wie schon
erwähnt, unmöglich, aber man wird sie getrost benutzen können, mir
veenigstens scheinen die von B. angeführten Haltpunkte durchwegs über-
zeugend.
Die innere Verwandtschaft beider Codices ergibt sich schon daraus,
dass die bereits in A verzeichneten Traditionen Altwins in B wiederkehren,
und zwar von einer der in A ebenfäUä beschäftigten Hände geschrieben.
Der Anfang von B kann also ebenfalls nicht streng gleichzeitig sein mit
den eingetragenen Traditionen. Aber auch die Fortsetzung der Traditionen
Altwins ist es nicht, da auch dieser Bischof wiederholt als »beatae memoriae*
bezeichnet wird, die gleiche Schrift bei den Traditionen des nächsten Nach-
folgers wiederkehrt Die Merkmale gleichzeitiger protokollarischer Führung
erkennt B. dem Codex überhaupt erst für den Schluss des 13. und Anfang des
14. Jahrh. zu, wo sich der Charakter des Buches bereits wesentlich ge-
fljidert hat, worauf noch zurückzukommen ist. Wir haben es also im ganzen
nicht mit Originalaufzeichnungen zu thun. Desto wichtiger wird nun ao-
^v^ol i'ür die Urkundenlehre als für den Grad der historischen Glaubwürdig-
]ceit die Frage, welcher Art und BeschalSenheit waren die Quellen der Bnxner
^^xaditionsbücher ?
48*
^60 Literatax*.
Bedlich hat die Antwort auf diese Frage schon in einer Vorarfoeit för
diese Ausgabe, in seiner trefflichen Abhandlang » Ueber bairische Tradiüons-
bücber und Traditionen* (Mittheilungen 5, 1 — 82) durch Elarlegung der
Entwicklung des bairischen Urkunden wesens bis zum 18. Jahrh. gegeben
und brauchte in der Einleitung seiner Ausgabe nur mehr den Sachverhalt
spedell für Brizen des nähern auszuführen. Die im 8. und 9. Jahrh. in
Baiem vorherrschende Dispositivurkunde oder Charta tritt im 10. Jahrh.
gegen die Notitia zurück, da das ürkundenwesen nicht bis zur Möglichkeit
eines Schriflbeweises gedieh, das Yolksbewusstsein den ürkundenbeweis
überhaupt perhorrescirte, an der Yollziehung der Bechtsgeschäfle durch die
altherkömmlichen Formalacte und am Beweis derselben durch die zuge-
zogenen Zeugen festhielt. So wurde das Massgebende jeder urkundlichen
Aufzeichnung die Nennung der Zeugen, durch welche das BechtsgeschSft
im Yolksgericht erwiesen werden konnte. Daher ward die Charta durch
die schlichte Beweisurkunde (Notitia) verdrängt, diese wieder bekam, da
nur mehr die Zeugennamen in die Wagbchale fielen, den Charakter eines
ziemlich formlosen unbeglaubigten »Actes*, wie er erweislich für das einzelne
Bechtsgeschäft der Kirche aufgezeichnet zu werden pflegte. Die Traditionen
seit dem 10. Jahrh. sind nun durchwegs solche »Notitiae testium*, nur
n^ 4 dieser Ausgabe macht unter den Brixner Traditionen eine Ausnahme,
indem es auf einer Charta beruht. Bein practische Gründe föhrten dann
dazu, diese Acte in Bücher zu sammeln oder wol auch die Handlung^-
zeugen direct in das Traditionsbuch einzutragen. In letzterem Falle sind
somit die Aufzeichnungen im Traditionsbuch Original, im ersteren Eall
Copien, deren Grad und Glaubwürdigkeit erst festzustellen ist Nach den
Ausführungen Bedlich's enthalten, wie erwähnt, die Brixner TradiÜonsbücher
überwiegend blos Copien von Acten. Ist nun der Tenor des Actes getreu
wiedergegeben? Für den Zweck als blose Notitia testium waren die ur-
kundlichen Formeln ein unnützes Kleid, es kam nur auf Gegenstand der
Schenkung und auf Zeugen an ; wirklich hat man die urkundliche Fassung
mehr oder weniger abgeworfen; hat sich an manchen Grien mit nackter Auf-
zeichnung des Thatbestandes begnügt Für Brizen aber erweist & ein
zähes Festhalten an der alten Sitte.
Schon unter Albuin, von dem virir 59 Traditionen besitzen, ftllt der
gleich bleibende Wortlaut der beibehaltenen Formeln auf; dass derselbe
schon auf die ursprünglichen Acte zurückgeht, ersieht man aus dem noch
erhaltenen Act von n^ 46 und aus der Uebereinstimmung des Textes in
den wenigstens theilweise unabhängig von einander copirten Partien auf
f. 1 — 14 und f. 28 — 47 des Codex A. In den mehr als 300 Traditionen
aus der Zeit Altwins (1049 — 1096) zeigt sich eine solche Constanz der
Fassung, dass B. sogar die Entwicklung des Dictates nachzuweisen vermag.
Er unterscheidet eine Zeit des Schwankens im Formular bis etwa 1065,
eine Consolidirung zu einiacher schlichter Formel von 1065 bis 1075, von wo
an eine reiche schwülstige aber stetig wiederkehrende Phraseologie zum
Durchbruch kommt, man möchte &st sagen eingeführt wird. In einigen
wenigen Fällen ist geradezu die eine Tradition als Vorlage für die andere
iienutzt, meist, jedoch nicht* immer, stehen dann solche in innerem Zu-
sammenhang. Im allgemeinen aber bandelt es sich um Terwendung eines
bestimmten Musters als Formel, Eine solche Uebereinstimmung der Fas*
literatui; 661
sang erkl&rt sich natürlich weder daroh Zufall noch durch gleibhmässige
Weiterbildung alter Formeln in ganz verschiedenen Kreisen , sondern nur
durch Goncipirung der Traditionen an einem bestimmten Orte oder doch
durch eine bestimmte Schule. Wol mit Recht sagt B., das Concept stammt
aus der Brixner bischöflichen Schreibstube. Und zwar stellt sich der Heraus-
geber mit Bücksicht auf die vielen fem von Brixen eilenden Ausstellungs-
orte und auf die Uebereinstimmung der Fassung auch bei jenen Stücken
der CkMÜces, welche mit Bischof und Hochstifb gar nichts zu thun haben,
den Sachverhalt so vor, dass zunächst reine Thatbestandsacte mit Angabe
des Ortes der Handlung aufgenommen und in Brixen in chronologischer
Ordnung aufbewahrt, dann und zwar bei der Eintragung in Codex A —
daher die vielen Correcturen und Nachträge in demselben — in die jetzige
Fassung gebracht, endlich nochmals in B reingeschrieben wurden, dass man
endlich »von da an diese Uebung regelmässig fortsetzte^. Diese Annahme
beseitigt allerdings die oben erwähnten Schwierigkeiten, redncirt auch die
Zahl der unbekannten Glieder auf eines. Aber wenn B. auch die damit un-
vereinbare Aufstell ng, dass die Traditionen der ersten Jahrzehnte Altwins
erat zwischen 1070 und 1080 zusammengestellt worden seien, als auf nicht
ganz sicher zu erweisender Identificirung der nur vereinzelt zwischen andern
Händen auftauchenden Schrift von n" 182, 248 beruhend aufgeben sollte,
scheinen mir die von ihm für solchen Sachverhalt angeführten Gründe nicht
ausschlaggebend zu sein. Die formelhaften Theile sind ziemlich stereotyp
und einfach, so dass in der bischöflichen Schreibstube herangebildete Hlbi-
ner dieselben recht wol im Kopfe haben konnten, ohne die Muster stets
zur Hand zu haben. Ich finde nicht, dass das Actum vieler Traditionen
Abwesenheit des Bischofs und damit eines solchen geschäftskundigen
Mannes seiner Umgebung voraussetzte. Ist nicht das Itinerar unserer
Kaiser ungleich reicher an Ortswechseln? Im Lande vielfach herum-
zuziehen, gebot dem Bischof ja auch die pastorale Hirtenpflichi £s
dürfte femer zu beachten sein, dass solche bedenkliche Acta vielfach
nicht in die Gegend des geschenkten etc. Gutes fallen, und schon deshalb
Anwesenheit des Bischofs vermuthen lassen. Am ehesten möchte man die
Annahme B.'s betreffs der an kämtnerischen und krainischen Orten vor-
genommenen Traditionen theilen, aber diese stehen vielfach gruppenweise
zusammen, bilden oft, insbesondere wenn man von einer ganz ausnahms-
los zutreffenden chronologischen Beihenfolge im Codex absieht, eine natür-
liche Beiseroute, so dass auch die meisten dieser Gruppe in Anwesenheit
des Bischofs vorgenommen sein dürften. Sehe ich also nach dieser Seite
keine Veranlassung, warum im allgemeinen die Tradition nicht sofort in dem
uns erhaltenen Wortlaut abgetasst worden sein sollte, so gebe ich doch gerne
zu, dass in manchen aber nur vereinzelten Fällen der von B. vermuthete
Sachverhalt zutreffe ; aber weil bei derartigen Bechtsgeschäften oft Terhand-
lungen vorausgegangen sein mussten, konnte auch da der Stil der bischöf-
lichen Schreibstube sich geltend machen. (Gewichtiger wäre der Einwand,
dass auch nur in Brixen als einem locus credibilis hinterltgte Traditionen
gleiches Dictat haben. Aber unter Altwin finden sich als derartige Stücke
nur das actumlose n^ 194, testamentarische Bestimmung eines Brixner Ca-
nonicus über ein vom Bisthum eingetauschtes Gut, und n^ 214: Schenkung
an eine S. Georgenkirche mit actum ad s. Georgium, wobei nach dem Actum
662 tiiteratoK
der Yoransgehenden and der folgenden Tradition ^ sowie naeh den Zeugen
Anwesenheit des Bischofs an diesem Orte anzuoehmen isi Diese beiden
Traditionen können also sehr wol ans der bischöflichen Schreibstabe stammen. —
Ob somit die erhaltenen Traditionen Altwins eine ITeberarbeitang nnd Erwei-
terang der ursprünglichen Aofzeichnong sind oder nichts moss noch dahin-
gestellt bleiben, doch scheint mir aach B.'s Annahme sehr fraglich, dasssftmmt-
liehe Einzelacte, oder aach Grappen von Acten, wenn sie auf Blättern oder in
Heften partienweise eingetragen waren, durch viele Jahre in so richtiger ohrono-
logischer Beihenfolge auf bewahrt werden konnten; auch ist zu bedenken, dass
anter Albuin erwiesenermassen die Einzelacte schon jene Eassong gehabt haben,
in welcher sie in das uns erhaltene Traditionsbach eingetn^en worden.
Unter den Nachfolgern Altwins tritt nach den Ansführangen B.'8 za-
nftchst im Lauf des 12. Jahrh. ein gewisser YerMl der Traditionabücher
ein : die einzelnen Fortsetzungen sind mit geringer Sorgfalt und unordent-
lich geführt, viele Traditionen sind aller Formeln bar, reine Thatbeatands-
acte. Anderseits mehrt sich seit Altwin (n<> 74, 183, 236, 282) die Zahl
der Traditionen, deren Vorlage eine förmliche Urkunde gewesen sein moss.
Wir sind bereits in die Zeit gelangt, in welcher das Beglaubigongsmittel
des Siegels der Urkunde wieder zu grösserer Yerbreitong verhilft. Für
wichtigere Bechtsgeschttfte begnügte man sich jetzt nickt mehr mit der
Notitia testium und der Eintragung in das Traditionsbuch, nur minder
wichtige Dinge, namentlich Schenkung und Ergebung von Leaten zu Gen-
sualenrecht, werden nach wie vor blos durch die Eintragung des Actes in
das Traditionsbuch schriftlich fixirt
Werden also über Bechtsgeschäfbe auch Urkunden ausgestellt, so wird in
solchem Falle das Traditionsbuch zum Ck)pialbuch. Jedoch nicht ganz. B. hat
an einer Beihe von Fällen den interessanten Beweis erbracht, dass die Ein-
tragung im Traditionsbuch auch noch im 1 3. Jabrh. ihren eigenthümUchen
Werth hat, indem nicht blos die Fassung von der zufiLllig uns erhaltenen
urkundlichen Ausfertigung abweicht, sondern auch der Inhalt, in der An-
gabe der Zeugen, namentlicher Aufzählung von Eigenleuten, dadurch dass
die Traditionsnotiz lateinisch und undatirt, die Urkunde deutsch und datirt
ist usw. Dass dem Traditionsbuch noch eigenthümliches Leben innewohnt,
zeigt sich auch darin, dass sich im Lauf des 13. Jahrh. die Form des Actes
ändert. Jetzt tritt zuerst Einfluss der italienischen Notariatsurkunde zn
Tage: n^ 557 vom J. 1233 beginnt mit Datirung, endet mit Unterfeitigang
des Schreibers; eine stätigere halb italienische, halb deutsche Fassung be-
gegnet dann seit der zweiten Hälffce des 13. Jahrh. Die Eintragong im
Traditionsbuch wird zum selbständigen Beweismittel, die angeführten Zeugen
zu Zeugen der Beurkundung. Namentlich unter Johann HI. findet sidi
von 1308 — 1322 diese Beurkundungsart oft, und zwar sind die Eintragungen
gleichzeitig, von B. mit Becht den italienischen Notariatsabbreviatoren an
die Seite gestellt. — So hat B. die ganze Entwicklung der Brizner Tra-
ditionen von Charta und Notitia bis zur voUkonmien aasgebildeten Form
italienischen Urkundenwesens überzeugend dargethan.
Für die Edition der Traditionen, von denen 374 überhaupt bisher ungedmckt
waren, hielt sich B. wesentlich an die von Sickel für die Diplomata au%e8tellte&
und bei deren Ausgabe durchgeführten Begeln, nur in Kleinigkeiten modificirte
er dieselben in einer den Besonderheiten des Stoffes ganz entsprechenden Weise.
B. hat jede Tradition als Einzelstück behandelt, nur eng zusammengehörige,
Literatar. 663
auch im Codex mit einander yerbondene Stücke oder Reihen nackter Act-
aufzeichnongen nnter eine Nummer gestellt. Auf das knappe Hegest mit
Datirung folgt die Provenienzangabe, darauf, um Baum zu ersparen, in der
gleichen Zeile die in möglichster Yollftändigkeit aufgenommenen Drucke
mit gleicher Filiationsangabe wie bei den DD., endlich wieder blos durch
grösseres Spatium getrennt, die kritische Note mit Ortserklärungen, chrono-
logischen Erörterungen etc. Aehnliche Sperrung ist dann in recht nütz-
licher Weise verwendet, um die Hauptbestandtheile des Contextes fiusser-
lich hervortreten zu lassen. Die Anmerkungen folgen wegen der Kürze
der Stücke unmittelbar auf jede Tradition, nicht alle zusammen am Fusse
der Seite. Benützung einer Vorlage ist durch Petitdruck angezeigt, bei
doppelten Ausfertigungen oder Becensionen ist Spaltendruck verwendet. Dem
zwischen Original und Copie schwankenden Charakter auch der nachträglich
eingetragenen Tradition suchte B. bei Behandlung des Textes, wie mir scheint
ganz glücklich, dadurch gerecht zu werden, dass er Lesefehler des eintragen-
den Schreibers im Text verbesserte, Correcturen, Zusätze etc., welche gar
nicht auf den Act zurückgehen, gleich wie bei Originalen vermerkte. Wenn
man davon absieht, dass etwa die vereinzeint neben den Traditionsbüchern
anzuführenden Quellen die gleichen Siglen (A, B) wie jene erhielten, dass
das Spatium zwischen den verschiedenen von einander unabhängigen Drucken
gar zu klein ausgefallen ist, so dass man z. B. bei n^ 5 oder 7 auf den
ersten Blick liest : Boschmann . . . aus A. Besch, statt aus A. — Bosch etc.,
dass die Verwendung der gleichen Type für i und I. störend wirkt, da »vi*
und »VI* nur nach dem Zusammenhange unterschieden werden kann, dass
das Arrangement der Anmerkungen bei Stücken, die von der Becto- auf
die Versoseite hinüberreichen, unbequem ist, wird gegen die von B. vor-
genommenen Aenderungen der Editions- und Druckprincipien der Diplo-
mata kaum etwas einzuwenden sein.
Eine grosse Schwierigkeit bereitete die chronologische Einreihung, da
bis zum 13. Jahrb., d. h. bis zu n^ 587 nur ein einziges Stück (n^ 22)
nach Jahr und Tag datirt ist, die Angabe des Tages in einigen andern
Fällen oder die des Actum bei den Traditionen Altwins keine nähere Zeit-
bestimmung gestattet. Mit vollem Becht erklärt es B. als Pflicht des
Herausgebers, bei solchem Material die engsten Zeitgrenzen itir jedes ein-
zelne Stück festzustellen (auch das ist nur zu billigen, dass B. jedesmal
den terminus a quo und ad quem angibt). Die mühevollen Untersuchungen,
die er zu diesem Zwecke anstellen musste, ersieht man aus der S. XXVI
bis XXXIX gegebenen Uebersicht und Begründung seiner Einreihung. Der
nftchstliegende und vielfach einzige Haltpunkt ist der Name des Brixner
Bischofs; aber bei Altwin z. B. lässt derselbe noch einen Spielraum von
ÜEkst 50 Jahren. Es galt also aus der Erwähnung anderweitig bekannter und
chronologisch fixirbarer Personen und Thatsachen gewisse Anhaltspunkte
für die nähere Einreihung zu gewinnen. Mit grosser Umsicht hat da Bed-
lich die verschiedensten Momente in Betracht gezogen. Es ist nicht seine
Schuld, wenn nur wenige derselben eine ganz fest umschriebene Zeitgrenze
gewährten. Es war für seine Arbeit schon von grösster Wichtigkeit, wenn
er daraus, namentlich aus der Nennung bischöflicher Beamter (Vögte) und
aus einer gewissen Constanz der Zeugenreihen erweisen konnte, dass die
Beihenfolge der Traditionen bis zum 12. Jahrh. im ganzen eine streng
chronologische sei, dass also jeder nShere Anhaltspunkt für die Einreihung
664 literator.
einer Tradition zugleich ein Terminus ad quem flir die vorauBgehenden
oder ein Terminus a quo für die folgenden bilde, dass es ferner beim
Mangel anderer Haltpunkte gerechtfertigt sei, die Reihenfolge des Codex
beizubehalten. B. datirt also die im Codex zwischen zwei durch nfihere
Haltpunkte fixirten Traditionen stehenden Nummern zunftchst nach den da>
durch gegebenen engeren Grenzen, geht dann aber, wenn es sich um eine
längere Reihe handelt, auch noch weiter, rückt die Grenzen der Entstebungs-
zeit allmählig nach vorwärts. Gewiss entspricht bei der chronologischen
Beihenfolge des Codex ein solches Yeriahren den Thatsachen, ebenso gebe
ich auch recht gerne zu, dass durch die eingehende und andauernde Be-
schäftigung mit derartigem Stoff der Sinn für den Punkt, an welchem
solche Erhöhung vorzunehmen ist, sich ungemein schärft, aber der Zeit-
raum z. B. von 5 zu 5 Jahren, um welchen vorgeschritten wird, ist doch
nur ganz willkürlich zu bestimmen. Hat B. dem auch immer durch den
Beisatz »circa* Ausdruck gegeben, so schiene es mir doch angeme^ener,
in der Batirung die möglichst sicheren Zeitgrenzen zu belassen, auf solche
Wahrscheinlichkeit nur in der Einleitung oder in den Vorbemerkungen
hinzuweisen. Traditionen, welche nicht in der Hauptreihe des Codex ein-
getragen sind, wurden nach den sich ergebenden chronologischen Haltpunkten
jenen angefugt; natürlich war hier die Einreihung oft eine weniger sichere
als dort. Ebenso konnten auch bei der zweiten Hälfte des Codex B nur
mehr auf Grund innerer Haltpunkte die Zeitgrenzen bestimmt werden.
Sehr grosse Sorgfalt hat B. auf die Erklärung der Oertlichkeiten ver-
wendet; ausser der gedruckten Literatur hat er in grossem Umfang und
mit gutem Erfolg die alten Brixner urbare herangezogen. Trotzdem ist
hier so manches unaufgeklärt, so manche Deutung zweifelhaft geblieben;
hier wartet für den heimischen Forscher noch ein lohnendes Feld. In den
Begesten oder kritischen Noten sind seltenere Ortsnamen beim ersten Auf-
treten näher bestimmt, im Wiederholungsfalle ist der Benutzer auf das
Begister augewiesen.
Die Begister bestehen aus 1. (Personen- und Orts-) Kamen- 2. Sach-
register 3. einem nach Ländern geordneten Yerzeichniss der Stücke, welche
aussertirolischen Besitz Brixens betreffen. B. hat sich beim Namenregister
an die von Ficker in der Einleitung zu den »Acta selecta* entwickelten
Grundsätze gehalten und das Begister ist an practischer Anlage und Ge-
nauigkeit solchen Meisters werth ; bei zahlreichen Stichproben bin ich andi
nicht auf einen fehlenden Namen gestossen. Bei den Personennamen ist
die älteste Form als Schlagwort benutzt, bei den Ortsnamen die heutige
(detaillirt bestimmte), ein Zugeständniss an den localen Forscher und Ge-
schichtsfreund, das bei einem derartigen Werke gewiss zu billigen ist
Sehr reichhaltig ist das Wort- und Sachenregister, in welches nicht nur
alle seltenen Worte, sondern auch die wichtigeren technischen Ausdrücke
aufgenommen sind; durch fortwährende Verweisungen auf synonyme und
verwandte Worte wird die Brauchbarkeit dieses gleich gewissenhaft wie
das andere gearbeiteten Begisters nicht wenig erhöht.
Es fehlt der Baum, um die Wichtigkeit des Inhaltes, insbesondere für
die Landesgeschichte, auch nur flüchtig zu skizziren. Treffen auch die In-
edita theilweise Erain und Kärnten , so sind doch überhaupt die Brixner
Traditionen für alle diejenigen, welche sich der Erforschung nicht einzelner
Literatur. 665
hiitorischer Facta, sondern historischer Zustftnde widmen, erst durch eine
solche zusammenhttngende kritische Ausgabe zugftnglich gemacht. Mögen
die hier noch schlummernden Schätze bald gehoben werden!
Ich habe mich bei der Besprechung dieser Ausgabe wesentlich referirend
verhalten. Ich hoffe, den Lesern der Zeitschrift den grössern Dienst er-
wiesen zu haben, wenn ich denselben eine Ilebersicht über die werthYoUen
Erörterungen der Einleitung gab, als wenn ich weitläufig verschiedene doch
nur kleine Versehen der Ausgabe aufgezählt und gerügt hätte ; dass etwa
n^ 182 Bertholdi de T. Patrimonium, quia introitum non dedit, in primo
placito acquisitum est zu interpungiren sei und nicht quia .... dedit in
primo placito, a. e., oder dass der Ausdruck Hochstififiangehörige für qui-
dam de familia s. Gassiani et Ingenuini doch nicht recht passend ist usw.
B. deutet in der Vorrede an, dass der Titel Acta Tirolenda gewählt
worden sei, weil diese Ausgabe der Brizner Traditionen den ersten Band
eines tirolischen Urkundenbuches (mir würde der deutsche Titel trotz der
Begründung S. VIII besser zusagen) zu betrachten sei und entwickelt in
grossen Zügen das Programm desselben, dass nämlich der heutige Umfang
des Landes für die Aufnahme der Urkunden in die Sammlung massgebend
zn sein habe ohne Bücksicht auf kleine erst später hinzugekommene oder
zeitweise abgetrennt gewesene Theile, dass nur bis zu Ende des 13. Jahrh.
alle Urkunden vollständig gedruckt werden sollen, endlich dass eine nach
dem Geltungsgebiet des Notariatswesehs und der bairischen Urkunde be-
stimmte Scheidung des urkundlichen Materiales zu treffen sei. Die beiden
ersten Punkte werden rückhaltlosen Beifall finden, während der dritte zwar
theoretisch sehr gerechtfertigt ist, auch den Abschluss der Sammlung und
damit die Edition eines weitern Bandes beschleunigen wird, aber doch viele
zusammengehörige Gruppen zerreissen oder vielfache Verweisungen noth*
wendig machen müsste, ohne dass dann die eine Abtheilung ausschliesslich
Notariatsinstrumente enthalten würde.
Jedenfalls ist zur Herausgabe eines tirolisdien ÜB. Niemand berufener
als Bedlich. Möge es ihm ge^nnt sein, diese Arbeit baldig in die Hände
za nehmen und rüstig daran zu schaffen. Die k. Akademie der Wissen-
schaften zu Wien hat bereits den Druck des vorliegenden Bandes sub*
ventionirt; hoffentlich wird nun auch der Tiroler Landtag, für den die
JPörderung dieses für die Landesgeschichte so hochwichtigen Werkes ge-
radezu Ehrensache ist, die Fortsetzung durch kräftige materielle Unter-
stützung ermöglichen.
Innsbruck. E. v. Ottenthai.
Frederic Seebohm, Die Englische Dorfgemeinde,
nach der 3.. Auflage aus dem Englischen übertragen von
Th. Ton Bunsen. Heidelberg, Winter 1885.
Dass ein genaues Verständnis der politischen und rechtlichen Ent-
wicklung eines Volkes ohne gründliche Kenntnis der Wirthschafts- und
besonders der Agrargeschichte desselben nicht zu gewinnen ist, wird heut-
zutage allgemein anerkannt. Tüchtige wiiihschaftsgeschichtliche Forschungen
helfen bedeutende Fortschritte in der historischen Erkenntnis überhaupt
anl>ahnen und sind daher stets willkommen zu heissen. Dies gilt auch
666 Idteratnr.
von dem vorliegenden popalftr-wissenachaftliehen Werke, welches siob Toa
andern Arbeiten dieser Art durch die auf Autopsie gegründete und mit
graphischer Darstellung der Feldmarken verbundene Forschungsweise <k6
Verfiissers vortheilhaft unterscheidet. Im Folgenden soll der wesentliche
Inhalt des Buches skizzirt und besonders auf jene Punkte näher einge-
gangen werden, in welchen die Argumentationen des Verfassers von den
bisher üblichen Ansichten abweichen.
Der Verf. handelt im L Hauptstück von den heutigen Ueberbleibsebi
altenglischer Flureintheilung , wobei er von der Gemarkung des Dorfes
Uitchin in Hertfordshire ausgeht, welches seit den Zeiten KOnig Eduards
des Bekenners bis auf den heutigen Tag — von kurzen Unterbrediungeii
abgesehen — stets eine königliche Herrschaft gewesen ist. Mit Hilfe einer
um 1816 angefertigten Flurkarte dieser Dor&chaft erläutert S. die Kenn-
zeichen der Feldgemeinschafb. In so zahllose Stücke ist die Flur von
Hitchin eingetheilt, dass das Gfanze wie ein Spinnengewebe erscheint. Nodi
i. J. 1816 war ein bedeutender Theil der Feldmark, und früher wol die
ganze, in kleine schmale Streifen (strips) zertheilt, welche in England nir-
gends auf uneingezäunten Feldern fehlen und durch grüne Baine unanf-
gepflügten Basens von einander getrennt sind. Vergleicht man diese Strei-
fen mit dem heute gesetzlichen Landmass, dem Statute aore, so sieht man,
dass sie in der Begel an GrGsse mit dem acre übereinstimmen, dessen vor-
schriftsmässige Länge ein Furlong zu 40 Stäben oder Stangen ist, während
die Breite 4 Stäbe betragen muss. Der Furlong (furrowlong), lat. qoaien-
tena, ist die Furchenlänge, d. die Länge des Weges, die der Pflug zurück-
legt, bis er gewendet wird. Die Ackerstreifen liegen in Gruppen susanunen,
und die Feldmark zerfllUt somit in grössere Abtbeilungen, Gewanne oder
Zeigen. Letztere haben in der Begel die Breite von einer Furchenlftnge.
Weder die Aecker noch die (Gewanne bildeten ein ganzes Grundstück, die
einzelnen Besitzungen bestanden vielmehr aus einer Menge von Aeckem,
welche in der ganzen Feldmark zerstreut umher lagen, bald in der einen,
bald in der andern Zeige. Die uneingel^gten Felder einer solchen Flor
bildeten das gemeinsame Ackerland einer auf g^tsherrlichem Gebiete er-
richteten Dorfschaft. Wie verbreitet die Feldgemeinschaft einst in England
war, ersieht man aus der Thatsache, dass zwischen 1760 und 1844 be-
treffs 3867 Fluren von Ffarrgemeinden Einhogung^gesetze erlassen wurden,
welche bewirkten, dass jeder einzelne Besitzer statt einer Unzahl gemengt
durch einander liegender Ackerstreifen einen fest begrenzten Antheil zn-
gewiesen erhielt.
Im II. Hauptstück verfolgt der Ver&sser die Spuren der Feldgemein-
schaft bis in die Zeit der normannischen Eroberung zurück. Der Normal-
umfang der Hufe oder des Jochs (virgata, yard-land) zur Zeit K. Eduards IH
war 30 acres (Morgen), nämlich je 10 in jeder der drei Fhiren, in welche
die Feldmark der Dreüelderwirthschaft entsprechend eingetheilt ist Das
Herrengut besteht aus dem vom Herrn selbst bewirthschafteten Gut (Herren-
land) und den Dienstgütern (Bauernland). Letztere wurden meist in Ge-
stalt von Virgaten und Halbvirgaten stets an einen Einzelerben, den ältesten
oder jtLngsten Sohn, verliehen; daneben gibt es Häusler, die kleinere Flächea
als Dienstgut inne haben. Manchmal bildet das Herrenland eigene Ge-
wanne, manchmal besteht es aus Einzeläckem, die mit dem Bauemlasd
literatQT. 667
gemengt zoBammenliegen. Eine Virgate z&blt nicht immer die nämliche
Anzahl acres, eine hide (Vierhnfenland, caracata, Oroaahnfe, hofbta) nicht
immer die nämliche Zahl Yirgaten. Die Normal-hide enthielt 120 acresi
d. i. Tirgaten zn je 30 acres. Was die Bedeatang der verschiedenen Grösse
unfreier Gtlter betrifft, so scheint das Vierhufenland (caracata Yon mittel*
lat camca, Pflng) das Pachtgat zu sein, welches dem Inhaber eines vollen
Pflnggespannes von 8 Ochsen zukam. Das Pflügen ward nämlich im alten
England gründlicher vorgenommen, als von den dassischen VGlkem des
sonnigen Südens, die sich damit begnügten, den Boden mit ein- oder zwei-
spännigem leichten Pflug zu ritzen. Der .altenglische Pflug war schwer,
pflügte tief und erforderte ein Gespann von acht Ochsen, die man zu vieren
neben einander unter ein einziges Joch spannte. Wer nur vier Ochsen
besass, erhielt ein Zweihufenland, der Besitz einer Hufe war verknüpft mit
dem Besitz von zwei Ochsen; wer eine halbe Hufe (bovata) besass, stellte
einen Ochsen.
Sehr interessant sind die Ausführungen des IIL Hauptstückes über
das Grundbuch von 1086 (Domesday Survey). Die Bauern machten zur
Zeit der Aufnahme des Domesdaybook*s 91 pCi der Bevölkerung aus; es
gab liberi homines 4 pGi, sochmanni (Freisassen und Erbzinapächter in
den nordwestlichen dänischen Grafschafben) 8 pGt., die servi, das herrschaft-
liche Gesinde, betrugen 9 pCt. , bordarii oder cottarii 32 pGt. Letztere
sind die Häusler, welche zwischen 1 und 10 acres innehatten, gewöhnlich
5; oft gehörten ihnen nur Häuschen und Gärten, aber gar keine Grund-
stücke. Ihre Stellung in der Dorfgemeinde war eine untergeordnete. Ihre
Fronden waren geringfügiger als die der eigentlichen Gutsbauem (villani),
die 38 pCt ausmachten. Die Gesammtzahl der Bauern im weiteren Sinne
belief sich auf 108.407. Hätte ein jeder eine Hufe zu 80 aores besessen,
80 hätten sie insgesammt annähernd 8,250.000 acres innegehabt. Nun
war aber vermuthlich die Anzahl von Halbhüfnem grösser als die der Be-
sitzer von Vier- oder Zweihufenland, so dass die durchschnittliche Grösse
eines unfreien Gutes kaum dem normalen Umfang, 30 acres, gleich-
zustellen sein wird. Nähmen wir den Durchschnitt zu 20 acres an, so
würden wir 2,168.000 acres erhalten, was wieder ein zu niedriger An-
schlag wäre. Nehmen wir daher an, die Gesammtheit der villani Englands
hätte 2 V4 Millionen acres innegehabt. Hiezu wären noch die Grundstücke
der 82.000 bordarii und 6000—7000 Häusler zu zählen. Berechnen wir
dieselben zu durchschnittlich 8 acres, so erhalten wir rund ^j^ Million
acres, also für sämmtliohe hörige Grundstücke zusammen 2% Millionen a.
Di« Güter der 23.000 sochmanni und 12.000 liberi homines der dänischen
Landestheile, durchschnittlich zu 30 acres berechnet, gibt eine Mülion acres,
das Herrenland lässt sich auf IVs Millionen veranschlagen. So ergeben
sich rund 5 Millionen acres als Minimalflächeninhalt des kurz nach der
Eroberung in Cultur befindlichen Landes, ein Umfang, der mehr als ein
Drittel und weniger als die Hälfte des heute bebauten betrüge.
Das lY. Hauptstück handelt über die Feldgemeinschaft unter den
Sachsen. Nicht unmöglich ist es, wie man oft gemeint hat, dass König
Ethelwulf den 10. Theil Englands der Kirche geschenkt habe. Der König
konnte ja ein Gesetz erlassen, dass jeder 10. durch Gemeindepflügen in
allen Dorfschaften Englands gepflügte Acker der Kirche zugehören solle,
i
668 Literatur,
ohne damit die geringste Verwirrong des Besitzes zu bewirken. Diese Za-
weisung eines jeden 10. Ackers an die Eirohe veranlasst uns zur Yer-
muthung, dass die Aecker jährlich auf die verschiedenen Besitzer in be-
stimmter Reihenfolge zur Yertheilung gelangten, wobei der, welche zwd
Ochsen stellte, zweimal so häufig an die Reihe kam, als der Besitzer eines
einzigen Ochsen, infolge dessen die Yirgate zweimal soviel Morgen enthielt,
als die Bovate. Das Zerstreutliegen der Grundstücke hat offenbar im ge-
meinsamen Pflügen seinen Ursprung. Eine vortreffliche Beschreibung des
gemeinsamen Pflügens der Feldmark findet sich auch in den alten walli-
sischen Gesetzen, deren aus dem 14. Jahrh. stammender Text meist alte
Ueberlieferungen enthält, die im 10. Jahrh. gesammelt und zu einem Ge-
setzbuch vereinigt wurden. Diejenigen, die am gemeinsamen Pflügen theil-
nahmen, mussten als Beisteuer entweder Ochsen oder Pflugeisen mitbringen
und während der gemeinschaftlichen Bestellung dem Pflugmann und Treiber
überlassen. Der Antheil am Ackerland richtete sich auch den waUisiachen
Gesetzen zufolge nach der Anzahl der zum Gespann gelieferten Ochsen.
Wer einen Ochsen stellte, erhielt ein »erw* (Antheilstreifen auf der ge-
meinsamen Flur), wer 2 Ochsen mitbrachte, hatte Anspruch auf 2 erw usw.
Die Mitarbeit anderer konnte nur entbehren, wer ein volles Achtergespann
besass. So gewinnen wir eine genügende Erklärung der heute bedeutungs-
losen und höchst unbequemen Yertheilung der Parzellen eines Eänzelgrund-
Stücks über die ganze Feldmark. Als das gemeinsame Pflügen aufhörte»
und die in einer Hufe enthaltenen Aecker, statt jährlich anders vertheilt
zu werden, jahraus jahrein von den nämlichen Bauern bewirthachaftet wor-
den, blieb jene Zerstreutheit des Besitzes als Ueberrest früherer wirth-
schaftlicher Einrichtungen noch weiter bestehen.
Im Y. Hauptstück zeigt der Yerf., dass die Herrenhöfe und hörigen
Dorfgemeinden, wie sie uns im Domesdaj - book entgegengetreten, bereite
unter sächsischer Herrschaft und sogar schon bei Erlass der Gesetze £. Ine»
vorhanden waren, welche das Gewohnheitsrecht des 7. Jahrh. darstell^a. Au&
dem immerwährend gleichbleibenden Umfang der kleinen ländlichen Grund-
stücke auf einem Frongut und aus der Untheilbarkeit der Hufen, halben
und Doppelhufen, zieht der Yerf. mit Recht den Sdiluss, dass die Bauern
Hörige waren und nicht Mitglieder einer freien Dorfgemeinde. Und die^«
Hörigkeit war sogar härter und drückender als im spätem Mittelalter. Im
10. Jahrh. z. B. war die Wochenfronde der Hörigen noch nicht auf eine
bestimmte Anzahl Tage begrenzt, während um 1300 die Hörigen nar 2Vt
bis 3 Tage wöchentlich für den Gutsherren zu arbeiten und nebenbei einige
Beden oder Sonderleistungen zu thun hatten. Der spätere Zustand mit
begrenzten und in Geldzins verwandelbaren Diensten bildet den Uebergaog
aus früherer Leibeigenschaft zum Pachtsystem. Ein anderes Zeichen der
Zeit ist, dass im 14. Jahrh. neben den herkömmlichen Claaaen von Guts-
leuten auf dem unfreien Lande uns eine ganze Menge von Freisassen anf
dem Herrenlande begegnet, die nicht nothwendig Freie waren, sondern zosi
Theil Hörige, welche nebenher gepachtete Stücke des freien Herrenlande^
für sich bewirthschafteten. Derartige Freisassen kennt die frühere Zeit nicht
Die Hauptstücke YI. und YIL setzen die Eigentbümlicfakeiten der
StammesverfiE»3ung in Wales, Irland und Schottland auseinander. Nament-
lich sind es die aus amtlichen Berichten bekannten irischen Zustände des
Literatitf. 669
16. und 17. Jahrky welche ein Bild der Stammeswirihachaft auf nodhaelir
früher Entwicklongastafe geben. Znnttchst fUlt hier die Abwesenheit der
flnfe anf, weil hier alle Erben, alle Mttnner der Sippe (sept) gleiche An-
sprüche an das Land besitzen. Stirbt ein Gesippe, so fällt sein Antheil
nicht an -seine Söhne, sondern das Haupt der Sippe veranstaltete eine neue
V^ertheilnng aller LftudereieU) die jener Sippe angehörten, und gab jedem
seinen Antheil nach seinem Alter. So oft femer eine EamiUe ausstarb,
ward eine Neutheilung des Landes unter alle Mitglieder dee ganzen Stam-
mes nach Alter und Rang vorgenommen. Unzertrennlich von der Stammee-
Verfassung ist die Feldgemeinschaft, der gemeinsame Anbau nach dem >ran-
rig*, d. i. Gemengelage-Sjstem ; der Ackerbau war jedoch im Vergleich
zur Weide Nebensache.
Um zu erfahren, ob die Gutsherrlichkeit in England durch die Saidisen
eingeführt wurde oder schon vor der sächsischen Eroberung in dem von
sessbaften Ackerbauern bevölkerten Süden und Osten Britanniens bestand,
hält es der Verf. mit Becht für nothwendig, im YIII. Hauptstüek den Zn-
sammenhang zwischen den ländlichen Einrichtungen im römischen Beiche
und der späteren Gutsherrlichkeit zu erforschen. Zunächst sucht er die
Verwandtschaft zwischen dem angelsächsischen » Ham *, dem deutschen »Heim *
und der fränkischen »Villa* nachzuweisen. In England kommen die »Harns*
am häufigsten in den südöstlichen Grafschaften vor. In Deutschland sind
die »Heims* am zahlreichsten (80 pCt.) dort, wo die römische Provinz
Germania prima war, am linken Ufer des Oberrheins, dem heutigen Elsass,
auf beiden Seiten des Bheins in der Nähe von Mainz, also in Bezirken, in
denen eine germanische Bevölkerung sehr früh unter römische Herrschaft
gekommen war und lange unter derselben gelebt hatte. Die Ortsnamen
auf »heim* wechseln mit solchen auf »villa, wilare, weiler, wyl, hof, hoven*
ab. Aus den ältesten Urkunden deutscher Stifter geht hervor, dass diese
Orte alle gutsherrliche Besitzungen oder viliae fiscales, Krongüter, waren,
oft bereits als sie den Mönchen geschenkt wurden. Im Folgenden geht S.
auf das Wesen des römischen Landguts, der »Villa*, ein und zeigt, dass
sie dem fränkischen Herrenhof recht ähnlich war und es unter den spätem
Kaisem in den gallischen und deutschen Provinzen immer mehr wurde.
Nach Columella ward das römische Landgut entweder durch Familien von
Sclaven oder Colonen bewirthschaftet. Der Golonus besass in der Begel
seine eigene Hofstätte und ein Stück Land, das ihm zur Nutzung zuge-
wiesen war, und entrichtete seinem Grundherrn eine Abgabe in Korn oder
Vieh. Die coloni bewohnten ein Dorf (vicus) oder mehrere, welche ausser-
halb des Hofes der Villa, aber noch auf dem Gute lagen.
Abgesehen von dieser Aehnlicbkeit der Bewirthschaftung durch Sclaven
sciwol als halbfreie Coloni lässt sich in einigen Fällen ein unmittelbarer Ueber-
gang der römischen Villa in das fränkische Herrengut nachweisen; schon
Paul Both hat gezeigt, dass namentlich viele Bischöfe und Aebte unter
frünkiscber Herrschaft im ungestörten Besitz ihrer viliae verblieben sind.
Ausser den Landgütern römischer Grossgrundbesitzer zieht der Verf. auch
die kleinen Landwirthe auf den Staatsländereien (ager publicus) der römi-
schen Provinzen in Betracht, und zwar zunächst die Veteranen, die nach
Beendigung eines Krieges zur Belohnung ihrer Dienste auf den Staat&-
landeren angesiedelt wurden. Zu diesem Behuf wurden manchmal f)}nn«
670 üteratiir«
liehe MilitSreoloBien angelegt; num theilte ein grosees Stöok Lsnd in oen*
toriae za 200 bis 240 jogera; das jogerom» der Morgen, war 120' breit
und 240' lang. Es blieben nur die Ecken und Enden, haaptsftohlieh Marsch-
und Waldland, als Gemeinheit för die Ansiedler (vicini) übrig. Zuweilen
erhielten die Veteranen Erlaubnis, sieh anzusiedeln, wo sie unbeseixtes
Land fanden. Sie erhielten überdies eine Ausstattung von Ochsen und
Saat, die Veteranen 1. dasse 2 Paar Ochsen und je 100 modii von Weizen
und Hafer oder Hülsenfrüchten. Alle übrigen erhielten die Hälfte, l Paar
Ochsen und le 50 modii Dies gibt uns einen Begriff vom Um&ng des
Orundstüokes eines Veteranen. Die Angelsachsen statteten mit einem Ochsen-
paar die Hufe von 30 acres aus, wovon nach der Dreifelderwirthschafl
10 Morgen mit Eom, 10 mit Hafer oder Hülsenfrüchten bebaut wurden,
10 brach lagen. Nach den römischen Schriftstellern über Landwirthschaft
reebnete man 5 modii Weizensaat auf 1 Morgen. Der Veteran mit 1 Ochsen-
paar erhielt also Aussaat für 10 Morgen Weizenlandes, und man setzte bei
ihm voraus, er könne nach der Dreifelderwirthschaft im Ganzen 30 Moxgen
bewirthschaften. Ausser den Veteranen gab es auch noch andere Ansiedler
auf den Staatsländereien, die nicht wie jene bevorrechtet, sondern den v«-
sohiedenen vom Staat auferlegten Lasten unterworfen waren. Hieher ge-
hören ganz besonders die Familien überwundei^er germanischer Stttmme, die
als sog. Laeti in den Provinzen Ober- und Untergermanien, dem Zehntland,
Bätien, im belgischen Gallien und Britannien, angesiedelt wurden; sie
sollten das Land bauen, Tribut zahlen und das Beich vertheidigen helfen.
Dieser Stand der kleinen Landeigenthümer sank immer weiter, bis er unter
dem Druck der kaiserlichen Fiscalbeamten und unter den ihm auferlegten
Ijasten -— > dem meist in Bodenerzeugnissen zu leistenden Tributum und
den niedem persönlichen Diensten (sordida munera) — &st in einen Zustand
der Hörigkeit gerieth. Zu den letzteren gehörten die praebitio paranga-
riarum et paraveredorum (die Fuhren mit Ochsen oder mit Packpferden),
die obsequia artifioum diversorum (das Verrichten aller Art Arbeit auf Ver-
langen), das obsequium pistrini (Arbeit im Backhaus), das obsequium co-
quendae calcis (Kalkbrennen), endlich die cura publicarum vel saaarum
aedium, viarum et pontium construendorum. Diese sordida munezm gleichen
auf&llend den Diensten späterer gutsherrlicher Hintersassen; besonders deut-
lich sind die geschichtlichen Zeugnisse' in Betreff der Fortdauer derselben
in dem spttter von den Baiem bewohnten Bätien.
Die Bewirthschaftung der kaiserlichen oder öffentlichen Lftndereien
nahm in der späteren Kaiserzeit einen gutsherrlichen Charakter an. Mehrere
Stellen des Codex Theodosianus beklagen die Neigung der höheren und
niedem Beamten, die unter ihrer Gerichtsbarkeit Stehenden zu unterdrückes
und sogar zu Fronden auf ihren eigenen Besitzungen nniuhaltm ^ aowit
den Missbrauoh der Amtsgewalt, der dadurch begangen ward, dass An-
siedler auf den öffentlichen Ländereien, ja bisweilen ganze Dörfer bewogen
wurden, sieb unter den Schutz (patrocinium) jener Beamten zu begeben«
wodurch sie jedoch gewissermassen in Hintersassen eines Grundherrn ver-
wandelt wurden, welcher sich auf einmal zwischen die bisherigen Ftö*
Sassen und den Kaiser stellte. Doch war es den Grundbesitaem auf den
Beiobsdomänen nicht verboten, sieh gegen Erpressung daduxoh zu sohBLtWj
daaa sie den Herrn einer benachbarten Vüla zum Schirmvogt erkoren und
literatoT. 671
deesen halbfireie HmtersaaBen wurden, am säeh dem ]>niok des Steuer-
erhebers zu entEieben. Die klemeren Landei^nihftmer anf den Öffent-
liehen Ländereien gaben sich und ihr Eigenthnm einem reieberen Grand-
eigentbümer bin and erbielten dasselbe als precariom oder Dienstgat zor
Natzniesanng sojrüek, fOr welcbes sie ibrem Sohatzberm den oensos oder
Pacbtzins eines Dienstbaaem entricbteten. In Gallien batte dieser €tobraacb
der oommendatio scbon lange Tor der lümiscben Zeit bestanden. Wftbrend
des 5. Jabrb. war die commendatio ein sebr gewObnlicber Vorgang and
nicbt die Folge germanisober Eroberang, sondern römisober Misswirthscbaft.
Unter germanischer Herrscbaft wiederbolten sieb die Gommendationen fort
und fbrt; dorob die leges Alaniannorom and Baiawarioram ward überdies
den freien Besitzern oder Picbtern aaf < den Offentlicben Ländereien, welobe
nun terra regis geworden waren, gestattet, ibre Besitzungen an die Kirche
abzutreten. Im 7. Jabrb. gab es abf Eirdbengütem zwei Arten Grund-
besitzer: 1. die za Abgaben verpfliditeten ooloni oder aocolae und 2. die
servi, die ausser den Abgaben nocb die Arbeit an bestimmten Wochentagen
zu leisten hatten. Die Stellung der letzteren hob sieb seif dem 7. Jabrb.
allmäblig; an drei Tagen in der Woche war die Arbeit ihr eigen. Da-
g^en sanken die Colonen immer mehr und mehr, wodurch eine Ver-
mischung der beiden Stftnde vorbereitet ward, als deren nat&rliches Ergeb-
nis die Hörigkeit des mittelalterlichen Fronhofes sich darstellt. Gleichzeitig
erhalten wir eine Erklftrung des Doppelweeens der späteren Bauemdienste ;
sie waren eben eine Vermischung der Staatsabgabe und der an den Staat
zu leistenden Dienste (sordida munera) des römischen oolonus mit der Aiv
beit des römischen Solaven.
Betreffii der Abtretungen und Schenkungen (traditiones) Ton Grand-
stfioken an die Klöster, besonders Lorsdi und Weissenburg, polemisirt 8.
mit Erfolg gegen G. L. von Maurer, der die Schenker fär Gknossen freier
deutscher Dorfgemeinden angesehen batte, während S. sie mit weit mehr
Wahrscheinlichkeit als coioni oder accolae auf ehemaligen römischen Staats-
l&ndereien, die Erongut (terra regis) geworden waren, betrachtet. Diese
Colonen waren offenbar von dem Hof des fiscalisoben Bezirksbeamten be-
reits abhängig geworden, der um diese Zeit bereits alle gutsberrlioben Be-
fugnisse sich angemasst hatte. Den Erpressungen der Beamten entzogen
sich die Colonen durch Begebung in den Schutz der Kirche. Als Wirkungen
der vom 5. bis 8. Jahrb. fortdauernden EigentbumaÜbertrag^gen zählt S.
Bobliesslicb auf: 1. die Umwandlung der villa zum Fronhof mit einer leib-
eigenen oder hörigen Dorfgemeinde. 2. Das Verfidlen alles Grundbesitzes
anter eine Gutsherrlicbkeit, sei es der Krone, der Kirche, der Klöster oder
eines Adeligen. 3. Die Vermengung der beiden Stände, der Freisassen und
der Sclaven, zu einer gemeinsamen Classe, den Leibeigenen des Mittelalters.
Bef. hält dafftr, dass betreffs der einst römisdt gewesenen Provinzen Deutsch-
lands die Thatsache des ununterbrochenen Znsammenhangs zwischen den
ländlichen Verhältnissen der Bömerzeit und des früheren Mittelalters als
vollkommen feststehend zu betrachten ist, und dass tiefer eingebende Detail-
forschuDgen die allgemein gehaltenen Ausfährungen S.'s gewiss nur be-
stätigen werden. Was freilich das übrige niemals römisch gewordene Deutsch-
laad betrifft» so liegt hier die Sache anders; hier ist die Bildung der Dorf-
gemeinden unbeeinflusst von Besten zümischen Wesens vor sich gagängen,
072 Litdratiir«
ihre Grundlage war die Markgemeinsehaft, wie Maurer gezeigt hat —
Das oben akizzirte VUl. Haaptstück bildet den Glanzpunkt von S.*8 Unter-
sachnngen. Schw&Qher ist das IX. Hanptstäok, in welchem er zeigt, daas
sich auch aus den germanischen Stammeseinrichtungen unschwer die Guts-
herrlichkeit entwickelte. Infolge des Besitzes Ton Leibeigenen l^en die
deutschen Stämme schon in dem frühesten Zustand ihrer wirthschaftiichen
Entwicklung Grund zu dem künftigen Fronhof und Bitteigui. Die be-
rühmte Stelle im Tac. Genn. c. 26 erklärt S. gewiss richtig, dagegen
missversteht er jene im cap. 16, wenn er die Hofsiedelung auf die Häupt-
linge und freien Mitglieder des Stammes, die Dor&iedelung auf die Leib-
eigenen derselben bezieht. Im 2. Gapitel wirft S. die Frage auf, von wel-
chen Deutschen jene Niederlassungen herrühren, deren Namen ein auf Ge-
schlechter oder Sippen hinweisendes Anhängsel (ing, ingen) führen. Die
im VI. Hauptstück über die Sippen in Wales und Irland erlangten Besol-
tate benützend gelangt S. zu dem SohlusSi dass jene Ortsnamen im engsten
Zusammenhang stehen mit alamannischen Niederlassungen auf römischem
Gebiet. Für diesen Schluss findet er eine Bestätigung darin, dass die
gruppenweise Yorkommenden Ortsnamen auf > ing^ mit den Bezirken über-
einstimmen, wo Probus, Maximian und Constantius Chlorus am Schlüsse
ihrer Kriege mit den Alamannen zwangsweise deutsche Ansiedlungen grün-
deten. Solche Colonieen von laeti wurden z. B. im Moselthal gegründet
und dort kommen bis auf den heutigen Tag Ortsnamen auf »ing^ zahl-
reich vor ; andere errichtete man im Lande der Trikasser in der Nähe von
Tiojes und Langres, wo viele Orte dgL Namen tragen, femer im Lande
der Nervii um Amiens herum, wo im 9. Jahrb. so viele Dörfer auf inga-
hem als der Abtei von ^t. Bertin gehörig angeführt werden. Auch betreffs
der Ortsnamen auf ing in England vermuthet S., dass sie auf ursprüng-
liche, ohne oder mit Zwang unter römischer Herrschaft bewerkstelligte
Niederlassungen von Deutschen hinweisen» So ansprechend die Termutfaung
ist, so fehlt ihr doch viel zu ihrer vollkommenen Begründung.
Das X. Hauptstück behandelt den Zusammenhang zwischen der Feld-
gemeinschaft und Leibeigenschaft in England mit der in den römischen
Provinzen Germanien und Gallien. Auch dieser Abschnitt weist aehr viele
treffende und interessante Analogieen nach, auf welche einzugehen wir uns
versagen müssen, da sie zum Zweck der Skizzirung der Hauptrosultaie des
Buches irrelevant sind. Erwähnt sei nur der Nachweis, dass Dreiielder-
wirthschaft und Leibeigenschaft auf deutschem Boden nur dort auftritt, wo
der römische Einfiuss sich lange mehr oder weniger geltend machte. In
Norddeutschland begegnet man nirgends weder der einen noch der andern.
Jahrhunderte lang hat man in den sandigen Tbeüen und Moorgegenden
Norddeutschlands auf dem nämlichen Boden jahraus jahrein Boggen, Buch-
weizen usw. gezogen, indem man mit Mergel und Torf düngte (sog. Ein-
felderwirthschaft). »Man kann sich daher gar nicht vorstellen^, sagt S.,
dass die Dreifelderwirthschaft und die Leibeigenschaft der firühesten angel-
sächsischen Urkunden aus Norddeutschland, wo beide nicht vorhanden waren,
als etwas Neues nach Britannien sollten eingeführt worden sein.^ S, sdieint
deshalb geneigt, anzunehmen, dass England nicht von den am Noidsee-
strande, sondern von den in Mitteldeutschland von Westfisklen bia naek
Thüringen hin wohnenden Stämmen unterworfen worden sei, denn hiar
titet&tnt. 6^3
fand sich die Feldgemeinschaft vor, und unter dem Einfloss der benach-
barten Bömer mochte die Leibeigenschaft zor Entwicklung gelangt sein. Es
ist indess nicht einzusehen, warum die Eroberer BritannienSi wenn man an
ihrer sächsischen Abkunft festhält, die Dreifelderwirthschaft und Leibeigen-
schaft, die in Britannien seit längster Zeit Wurzel gefeisst haben mussten,
nicht ebenso gut übernommen haben sollten, wie sie die bestehenden yillae,
zu deren Herren sie sich gemacht hatten, bei ihrer Yorgefundenen Yer-
fassong beliessen. Die Eroberung Britanniens gieng nur sehr allmählig
Yor sich, und die sächsischen Einwanderer hatten Zeit genug, sich den übrig
gebliebenen Besten römischen Wesens anzubequemen.
Im letzten (XL) Hauptstück endlich resumirt 8. die Ergebnisse seiner
Untersuchung. Die Urzustände der deutschen und keltischen (wallisisch-
irischen) Stämme zeigen geringe Verschiedenheiten. Bei den einen wie den
andern fand der Landbau in der Ausdehnung, wie ihn HirtenYÖlker be-
nöthigen, in der Weise statt, dass jedes Jahr frischer Boden gemeinschaft-
lich au%epflügt wurde, der nachher wieder als Gemein weide diente. In
beiden Fällen fehlen die Kennzeichen der Dreifelderwirthschaft, das stets
wiederholte Aufpflügen des nämlichen Ackerlands in einer bestimmten Reihen-
folge. In Deutschland bildete die Bömerherrschaft den Einfluss, welche zur An-
sässigkeit zwang und eine bestimmte Fruchtfolge einführte. In Wales führte
die Sesshaftigkeit im allgemeinen nicht zur Dreifelderwirthschaft mit den
Hufen als Ackerbündeln, weil die Walliser die SclaYen nur als Hausgesinde,
nicht als Landarbeiter benutzten. Unter Zusammenwirkung römischer und
germanischer Institutionen ist die Gutsherrlichkeit in den römischen Pro-
Yinzen entstanden. Die Folge der Eroberung scheint, sowol in betreff der
PriYatgüter als der Staatsländereien nur ein Wechsel der Gutsherren ge-
wesen zu sein. Der erobernde Fürst setzte seine Gefährten sofort an die
Stelle der römischen Fiscalbeamten, welche gewissermassen Gutsherren auf
den dem König gehörenden Domänen des Kronguts wurden. Der Gutsherr-
lichkeit wurden allmählig ebenso die freien Grundeigner unterworfen als
die Yerschiedenen halbfreien Stände, die später in den einen Stand der
Hörigen zusammenflössen. Die englische Feldgemeinschaft zeigt sich in
ihren Anfllngen als das Gehäuse nicht eines Stammes, dessen Sippen
sich wie in Wales zum Pflügen ihrer Feldmark Yerbinden, sondern einer
Gemeinde leibeigener Unterthanen der Gutsherren. Die Verbreitung der
durch uraltes Herkommen als untheilbares Ganzes Yon Geschlecht zu Ge-
schlecht weiter wandernden Hufen setzt Yoraus, dass keine Vertheilung des
Bodens unter die Erben stattfand, folglich dass die Hufe ein unfreies Gut
war. — Im Vorwort spricht der Herausgeber (Bunsen)' u. a. Yon der po-
litischen Bedeutung des Yorliegenden Buches und citirt eine Stelle, die sich
in S.'s Vorrede zur englischen Originalausgabe flndet und wirklich recht
manchesterlich klingt. Meines Erachtens thut man besser, an dem Grund-
satz festzuhalten, dass die Wissenschaft sich Selbstzweck ist, und deshalb
bei wirthschafts- sowie sodalgeschichtlichen Untersuchungen Yon politischen
Gesichtspunkten, die ja rein practischer und überdies blos subjectiYer Natur
sind, ganz abzusehen, weil dadurch gar leicht ein Zerrbild der geschicht-
lichen Wirklichkeit entsteht. Die Wirthschaftspolitik der Zukunft wird sich
vrie alle Politik nur von realen Interessen, aber nicht Yon den Besultaten
der wirthschaftsgeschiohtliohen Forschung bestimmen lassen. S. hat sich
Mirtheüunfen YII. iS
674 tiiezaiut.
\^i seinen üntersuohangen von Beimischung politisdier (Sesidhtspiinkte durd^-
ans ferngehalten, was den Werth seiner Leistung nur erhöht.
Prag. Emil Werunsky.
Max Plischke, Das Recktsverfahren Rudolfs yon
Habsburg gegen Ottokar von Böhmen. Inaugoral- Disser-
tation etc. Bonn 1885.
Die hier zu besprechende unter Anleitung yon Prof. MoritB iUtter in
Bonn entstandene Dissertation hat sich eine genauere Darlegung des von
Budolf gegen Ottokar durchgeführten Bechtsver&hrens yor dem Aiubmch
des ersten Krieges zur Aufgabe gesetzt Des YerfEttsers Ausfährong geht
darauf hinaus, dass das auf dem Nürnberger Tage gegen Ottokar eingeleitete
Processverfahren lehensrechtlicber Natur gewesen, sich gegen die Weigemng
Ottoksrs, seine Beichslehen — Böhmen und Mähren — zu muthen, ge-
richtet habe. Scharf davon zu trennen sei das von Budolf an Ottokar ge>
stellte Begehren, die von demselben oocupirten (Gebiete Oesterreioh, Stoiei^
mark, Eärnthen, Erain, Wind.-Mark und Eger herauszugeben. Es war
früher erhoben als jenes. Zum Gegenstand eines gerichtlichen Yerfiüirens
ist es nicht gemacht worden, wol aber hatte Papst Gregor X. seine Ver-
mittlung in dieser Frage angeboten und darüber wurde noch yerhandeit,
als Budolf über Ottokar wegen des von diesem Salzburg gegenüber ver*
übten Landfriedensbruch die Acht verhängte. Plischke glaubt, von Budolf
sei die Acht in ihrer schärferen Form, als definitive Acht verhängt warden.
Demgegenüber muss ich doch, obwol ich sonst in diesen Fragen den Bechts-
historikem den Vortritt lassen möchte, auf die von Plischke selbst SL 47
aus Rudolfs Brief angeführten Stelle: Ceterum cum rex Bohemie manifestus
Sit hostis imperii et in proscriptione Begia perseveret hinweisen. Die-
selbe scheint mir doch ganz bestimmt vorauszusetzen, dass Ar Ottokar
n^h Budolfs Ansicht und nach dem gebrauchten Ausdruck die MOgliohkeit
vorlüg, von der Acht loszukommen, es sich mithin nicht um die definitive^
sondern um die »provisorische* Acht gehandelt haben dürfte.
Gerade der letzte, die Acht betreffende Abschnitt behandelt vielfitth
Dinge, über die ich zuletzt gesprochen, in abweichender Weise. Ich würde
es im allgemeinen kaum für nöthig halten, genauer auf die Abweichungen
in Plischkes Auffassung von der meinigen einzugehen. Die paar Fach-
genossen, welche solche Specialarbeiten lesen, würden sich ja ohnehin ihr
Urtheil bilden können. Wenn ich es trotzdem thue, so geschieht es ans
einem besonderen Grunde. Es beginnt in jüngerer Zeit mehrfach eine Un-
sitte einzureissen, gegen die von Seite der Berufenen, zunächst der aka-
demischen Lehrer eingeschritten werden sollte — die Uxisitte, dass ganz
junge Herren, die sich eben die Sporen verdienen, im Hochgefühl dür
glücklich vollbrachten Erstlingsleistung älteren Leuten gegenüber einen Ton
anschlagen, der mit den einfachsten Begeln literarischen Anstandes nicht
zu vereinbaren ist Eine neue Manifestation dieser Unsitte scheint mir nun
bei Plischke S. 78 vorzuliegen, da er sagt: »Erst nach Abs<^luss meiner
Arbeit konnte ich den Aufsatz von Bussen, »Salzburg und Böhmen vor
dem Eri% von 1876 *, einseheui der für die Beurtheilung des Veriiält-
niises des Erzbisohofs zu Otiokar interessante neue Gesichtspunkte auMellti
tiieraiüt. 675
ohne injessea Budolfs Beobtsverfabren in die Unt^rsuohimg mit einzQ-
bezieben. B. kommt 68 daher auf eine genaue Datining der Schreiben des
Erzbischofs weniger an, dieselbe versucht er nur beiläufig und oft auf un-
zureichende Gründe gestützt.^ Meine erwäbnte Arbeit hatte es sich zum
Ziel gesetzt» aus den meist undatirten Briefen in den verschiedenen Formel-
sammlungen das Verhältnis des Erzbischofs Friedrich von Salzburg zu Budolf
einerseits, zu Ottokar andererseits darzulegen. Dazu ist natürlicherweise
erste Vorbedingung, die zeitliche Folge der Schreiben möglichst genau fest-
zustellen — wenn ich das wirklich nur »beiläufig und oft auf unzu-
reichende Gründe gestützt« gethan habe, so ist meine Arbeit keinen Pfiffer-
ling werth. Eine kurze Prüfung der einzelnen von Plischke hervorgehobenen
Punkte wird zeigen, wie leichtfertig derselbe sein absprechendes Urtheil
gefällt hat.
Plischke sagt: »Bodmann S. 14 bezieht er (S. 279) auf Gregors Brief
vom 15. Februar, worin dieser das nächste Fest Allerheiligen als Erönungs-
termin angibt^ während darauf doch offenbar das Schreiben Gerbert 1, 35
Bezug nimmt, in welchem der Salzbuigor seine Freude über die endliche
Festsetzung jenes Termines ausspricht. < Was soll sich nun ein Leser, der
meinen Aufeatz nicht kennt oder nicht zur Hand hat» dabei denken? Doch
schwerlich, dass ich S. 279 desselben den Brief Gerbert I, 85 benutzt und
ausdrücklich auf Gregors Brief vom 15. Februar 1275 bezogen habe —
neben dem Brief Bodmann 14, in dem der Erzbischof Budolf seine Freude
ausdrückt über den ihm bekannt gewordenen Entschluss des Papstes, dem
König die Kaiserkrone aufzusetzen.
Die weitere Bemerkung Plischkes: »Da? Schreiben Bodmann 15, wel-
ches wir S. 70 in die zweite Hälfte des Jahres 1275 verwiesen haben,
scheint B. S. 280 ff., da er in den Worten: oportet vos . . sententias vestras
non tam iure quam facto invare (S. 281 A. 1) eine Anspielung auf die
Sprüche des Nürnberger Tages, allenfalls auf den Tag von Würzburg er-
blickt, noch vor den 15. Hai anzusetzen. Jedenfalls nimmt er dasselbe
als vor dem Prager Vertrag vom 29. Mai abgefiisst an. Eine Sentenz
gegen Ottokar ist indessen weder zu Nürnberg, nocb zu Würzburg, son-
dern erst zu Augsburg am 15. Mai gefällt worden und somit bestärkt uns
auch dieses Moment in unserer obigen Ansicht* erscheint überhaupt nur
als ein Ausfluss seiner ganz einseitigen Betrachtungsweise erklärlich. Dass
ich ganz berechtigt war. den Brief Bodmann 15 geraume Zeit vor den
Prager Vertrag vom 29. Mai einzureihen und dass der von Plischke da-
gegen erhobene Einwand ganz hinfällig ist, zeigt neben vielem andern,
das ich übergehe, schlagend Ottokars Brief vom 9. März 1275: sed dictus
electus . . in curia apud Nurenberch celebrata quaedam de facto in nostri
honoris dispendium et terrarum nostrarum . . detrimentum attemptare per
suas sententias nitebatur et adbuc nititur. Wenn Ottokar am 9. März
1275 hier von den sententiae Budolfi, die gegen ihn gerichtet seien, redet,
wird auch Erzbischof Friedrich wol lange vor dem Prager Vertrag vom
29. Mai in dem Brief Bodmann S. 15 schreiben dürfen: oportet vos ma-
num ad fortia mittere, et sententias vestras non tam iure, quam facto iuvare.
Plischke setzt die Zerstörung Friesachs, wie überhaupt den Beginn
kriegerischer Unternehmungen Ottokars gegen den Erzbischof von Salzburg
erst nach dem Pr^er Vertrag vom 29. Mai, während ich dieselben weit
48 •
^76 titerattur.
früher ansetzte nnd in dem Prager Vertrag das Besaltat der von Ottokar
über den Erzbischof verhängten Eriegsdrangsale erkannte. Die Ao&tellangen
Püschkes sind Tollkommen unhaltbar. Es handelt sich besonders um die
Einreibung des Briefes Bodmann S. 186. Flischke behauptet, derselbe &lle
erst nach dem Bruch des Prager Vertrages, etwa in den Juli 1275, wah-
rend ich den Brief weit früher ansetzen zu müsssen geglaubt hatte. In
dem Briefe Bodmann 15 heisst es: Ad partes Stjriae missujB est novus
capitaneus quidam potens Bohemie ad hoc specialiter, . . ut de terra yi-
ventium nos evellat. Dieser capitaneus ad partes Styriae missus ist der
Landeshauptmann von Steiermark. Als Landeshauptmann von Steiermark
ist seit dem 26. Januar 1275 Milota von Diediz (quidam potens Bohemie)
nachzuweisen — ich setzte den betreffenden Brief daher in eine Zeit, da
die Ernennung Milotas zum Landeshauptmann von Steiermark noch so
jungen Datums war, dass Erzbisohof Friedrich ihn als »novus capitaneus*
bezeichnen konnte. Milota hat das Amt während des ganzen Gonflictes
zwischen Ottokar und Erzbischof Friedrich bekleidet, er, der capitaneus
Styriae, hat im Auftrag Ottokars nach Bodmann 186 den Krieg gegen den
Erzbischof eröfihet, und namentlich, wie auch die Gontinuatio praed« Vin-
dobon. hervorhebt, Friesach zerstört.
Um seine abweichende Einreihung der Briefe scheinbar zu rechtfertigen,
sieht sich Plischke S. 69 genöthigt, zu behaupten, indem er den bekannten
Amtstitel capitaneus (sc. Styriae) mit »Feldhauptmann* übersetzt, der Bod-
mann 15 genannte novus capitaneus sei eine von Milota verschiedene Per-
sönlichkeit, und sieht sich weiter genöthigt, den Brief des Erzbischofs Bod-
mann S. 16: Dissipatam in igne et gladio Salisbnrgensem ecclesiam usw.
in eine Zeit zu setzen, in der es »bis zu einem verheerenden Einfül
böhmischer Truppen und vollends bis zur Verwüstung des Erzstifts* schwer-
lich gekommen war. Man muss den Brief Bodmann 13 dazu nehmen, um
die crasse Willkür solcher Ausführungen in ihrer ganzen Grösse zu würdigen.
Wer selbst so argumentirt, sollte doppelt vorsichtig sein, wenn er andere
tadeln zu müssen glaubt.
Münster L W., im JuH. Arnold Busson.
Kaiser Karls IV. Jugendleben, von ihm selbst er-
zählt, übersetzt von L. Oelsner (Oeschichtschreiber der deut-
schen Vorzeit, 14. Jahrhundert. Band V.), Leipzig, Duncker 1885.
Die kritischen Bemerkungen, die der Uebersetzer in der Einleitung
beibringt, sind in Kürze folgende: Die zeitliche Begrenzung, in welcher
die Vita vorliegt, indem sie nur Karls Erlebnisse als Prinz erzfthlt, ent-
sprach von Anfang an der Absicht des Autors. Die Abfassung der Vita
ist in den Frühling oder Sommer 1348 oder 1350 zu setzen. Die Sehluss-
capitel (15 — 20) sind kurz nach der Hauptarbeit unter den Augen und
der Mitwirkung des Königs, vielleicht von Johann von Neumarkt, ge-
schrieben, dessen aus Briefen bekannte stilistische Eigenthümlichkeit in
Ueberladung des Ausdruckes bestand, wie sie auch in jenen Capiteln be-
gegnet Die Widmung ist gleichzeitig mit der Vita selbst vefffii^ mAi
wie Loserth irrig meinte, erst nach Karls Tod entstanden« Im Anhang
Idteratnr. Q77
sind einige aaf KOnig Johanns nnd Karls Aofenthalt zu Pannft 'bezQgliclie
Stellen der Annales Parmenses majores übersetzt, ebenso die Vorrede zur
Majestas Earolina und endlich der Brief des Johannes de Yi^ario, eines in
Karls Diensten stehenden italienischen Ritters, über des MaiiLgrafen Erleb-
nisse auf dem Bückweg vom ruhmlosen Eeldzag gegen die Litthauer i. J.
1845. Hier hätte der üebersetzer, der alles mit Noten begleitet, den
»comes de Aynaldo^ als Grafen von Hennegan erlftutem sollen. Anf S. 28 hat
es statt »Idtitsch* Lititz zu heissen. Tier Stammtafeln bilden den Schluss.
Prag. Emil Werunsky.
Ludwig Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Aus-
gange des Mittelalters. Mit Benutzung des päpstlichen Geheim-
Archives und vieler anderer Archive. I. Band: Geschichte der Päpste
im Zeitalter der Benaissance bis zur Wahl Pius IL Freiburg i. Br.,
Herder'sche Verlagshandlung, 1886. XL VI u. 723 S., S».
Der Verf. dieses Werkes führte sich Iftngst durch verdienstvolle Ar-
beiten in den Kreis quellenkundiger und kritischer Forscher ein. Seine
Monographie über die kirchlichen Beunionsbestrebungen des 16. Jahrb.,
sein erstes grösseres Werk, bewegt sich auf einem Felde, dessen Acker-
fläche zunächst Altmeister Bänke durchgepflügt hatte. Das, was P. gegen-
wärtig bietet und weiterhin in Aussicht stellt, fUlt in Hinsicht eines Haupt-
theiles der ganzen Aufgabe mit dem Werke des verewigten Gkschichtschreibers
»Die römischen Päpste im sechzehnten und siebenzehnten Jahrhundert* zu-
sammen, und wir begreifen, dass das »Vorwort* des Verf. mit der Elar-
stellung seines Verhältnisses zu Bänke anhebt. Es ist dieses literarische
Verhältnis, diese Coincidenz des Gkschichtsstoifes analog der Stellung, die
das Werk Janssens über Deutschland seit dem Ausgange des Mittelalters
zu Bankes Greschichte Deutschlands im Beformationszeitalter einnimmt, denn
auch die Geschichtsauffassung oder historische Parteistellung bringt P. an
Janssens Seite, für Beide ist die Apologie des Papstthums, das Eintreten
für die historische und ewige Mission der römischen Kirche Fuss- und
Scheitelpunkt der Geschichtschreibung. Beide verfugen über eine um-
fassende Kenntnis des Stofies und anerkennungswerthe Gestaltungskraft, nur
möchten wir Janssens Darstellungsweise accentuirter , geschärfter, die P.*s
getragener, glätter nennen.
P. hat sich eine gewaltige Aufgabe gestellt, reich genug, um das
halbe — wo nicht ganze — Leben eines Historikers auszufällen. Der
erste, vorliegende Band umfasst die Zeit der avignonensischen PKpste, das
Schisma, die Wiederherstellung der päpstlichen Macht, das Papat Martin V.,
Eugen IV., Nicolaus V. und Calixt III., also vorzugsweise die Epoche von
1417 — 1458, zu welcher sich das innerhalb der Jahre 1805 — 1417 Ge-
stellte gewissermassen als Einleitung verhält. So erscheint denn der erste
Band als »Geschichte der Päpste im Zeitalter der Benaissance bis zur Wahl
Pius IL* Der zweite Band soll das Zeitalter der Benaissance zu Ende
fuhren, während sich die weiteren vier Bände mit der »grossen abend-
ländischen Kirchenspaltung*, mit der »katholischen Bestauration* und mit
der »modernen Bevolution* als massgebenden Qeschichtspbasen beschäftigen
678 Literatur.
werden. Wir haben also ein grosses Stück Weltgeschiohte tu erwarten,
und es kann der Sache nur frommen, wenn sich die Zahl der Bftnde ver-
doppelt.
Bas folgende ist ein einfaches Beferat. Ist es in den meisten FSllen
angezeigt, den Inhalt eines Buches zu skizziren, ^tt sich die Miene zu
geben, man stünde über dem Verfasser, oder sich in einen unerquicklichen
Streit über Standpunkt, Tendenz u. dgl. des Werkes kopfüber zu stürzen,
so erscheint angesichts dieses Buches ein solches Vorgehen doppelt geboten,
denn es ist inhaltreich, aus umÜEissender Forschung erwachsen und das
Ergebnis derselben bedeutend auch für den, welcher die leitenden Ueber-
zeugungen, die Grundunschauung des Verfassers nicht theilt. Denn aaf
diesem Felde wird der Kampf der Meinungen eben so lange dauern, wie
der Gegensatz, welcher Autoritätsglauben und Skepsis, Optimismus und Pes-
simismus auseinanderhält.
Das Büstzeug des Werkes ist namhaft genug. Der Verf. knüpft seine
archivalischen Studien an nicht weniger als 61 Oertlichkeiten. Den
Löwenantheil nehmen hievon Deutschland mit 23, Italien mit 19 Städten
in Anspruch; ihnen folgen Oesterreich mit 7, Frankreich mit 5, Schweiz
mit 4, Belgien, Polen und England mit je 1 Oertlichkeit. Am ei^ebigaten
musste die Ausbeute in Italien sich gestalten, woselbst Florenz mit dem
Staatsarchive und drei Bibliotheken, Mailand mit ebensoviel Fundstätten,
Neapel mit 2 Bibliotheken, Padua mit 3 Bibliotheken, Siena mit Bibliothek
und Staatsarchiv, Turin und Venedig mit je 1 Bibliothek und je 1 Staats^
archiv, an erster Stelle Bom jedoch mit 13 Archiven und 12 Bibliotheken
die Forschung P.*s unterstützten. Als Belege derselben erscheinen 86 Stücke
aus der Zeit von 1374 — 1458 dem Anhange einverleibt. Unter dem halben
Tausend benutzter Werke dürfte man nicht leicht ein Einschlägiges ver-
missen.
Die Einleitung (S. 1 — 51) hebt mit der literarischen Benaisssnce
in Italien und ihrem Verhalten zur Kirche an. Der Verf. stellt der
»wahren* Benaissanoe, die in den alten kirchlichen Traditionen in Hinsicht
des Studiums der Classiker wurzelte, die »falsche, heidnische* gegenüber.
Als deren Hauptvertreter gelten ihm: Lorenzo Valla, A. Beccadelli und
Poggio.
Die Nachsicht der kirchlichen Würdenträger gegenüber der Msdien
Benaissance werde erst ganz verständlich, sobald man in Betracht ziehe,
dass die gefährlichen Tendenzen nicht die allein herrschenden waren. Als
Fahnenträger der wahren christlichen Benaissance gelten ihm: Gianozxo
Manetti, Ambrogio Traversati, Lionardo Bruni, Gregorio Corraro, Franoesoo
Barbaro, Maffeo Vegio, Vittomio da Feltre und Tommaso Parentuoelli (Ni-
oolaus V.).
Das erste Buch (S. 53 — 159) bietet einen »Rückblick auf die Ge-
schichte der Päpste vom Beginne des avignonesischen Exils bis zur Be-
endigung des grossen Schisma (1805 — 1417)*. Der Verf. beleuchtet die
GefUhrdung der universalen Stellung des Papstthums durch dessen üeber»
Siedlung in die »avignonesische Papstbmig*. »Sie ist ein Geffebignis der
Päpste (heisst es S. 72) und zugleich ihr Baronalschloss aus jener Epoche
der Feudalität, in welcher die Häupter der Christenheit Vasallen der fran-
literatur. 579
zösisohen Erone waren nnd nicht errötheten, sich mit dem baronalen Titel
der Grafen von Yenaissin und Avignon za schmücken. * — In dem Kampfe
zwischen den ayignonesischen Päpsten nnd K. Ludwig dem Bayer, >der
beiden gottgesetzten Autoritäten gegen einander <, gewahrt er eine unheil-
volle Erschütterung des päpstlichen Ansehens, dem auch nach der Ueber-
siedlung des Stuhles Petri nach Bom die rücksichtslose Heftigkeit des reform-
lustigen P. Urban Tl. nicht aufzuhelfen vermochte. Die Hauptschuld an
dem Schisma findet der Verf. in dem > verweltlichten, sich nach Frankreich
zurücksehnenden und von dort aufgehetzten Cardinalcollegium*. Sehr ein-
gehend werden die »grossen häretischen Bewegungen* skizzirt. Was Hus
betrifft, so äussert sich P. (S. 126) über dessen Verhältnis zu Wiclef fol-
gendermassen: »Auf den Mann, der hier an die Spitze der Bewegung trat,
auf Johannes Hus, haben die Ideen des kühnen EnglSnders nicht blos
mächtig eingewirkt, sondern sie haben ihn völlig beherrscht. Neuere For-
schungen (insbesondere Loserths) haben den unwiderleglichsten Beweis ge-
liefert, dass Hus, soweit seine Lehre in Betracht kommt, alles Wiclef ver-
dankt, dessen Werke er oft mit überraschender Naivetät ausgeschrieben hat*.
Und weiter heisst es (S. 127/8): »Ob Hus sich die Consequenzen solcher
Lehrer vergegenwärtigt hat, oder auch in dieser Beziehung nur seinem
Meister gefolgt ist, mag dahingestellt bleiben: das Eine aber wird auch
der begeisterte Lobredner des czeohischen Beformators nicht in Abrede
stellen können, dass ein Einschreiten gegen derartige Lehren, welche die
Anarchie in Staat und Eirche permanent machen müssen, von Seiten der
staatlichen und kirchlichen Gewalten ein Act der Nothwehr gewesen ist.
Die Consequenzen der Lehren, welche Hus verkündete, zeigten sich bald
in der furchtbaren böhmischen Revolution, in welcher die Idee einer demo-
kratischen Bepublik und einer auf oommunistischer Grundlage beruhenden
Gesellschaftsordnung practisch wirksam wurde ^.
üeber den geringen Erfolg der Constanzer Synode sohliesst sich der
Verf. dem ürtheile G. Voigts an; er findet in dem Vorwiegen der parti-
cularen und in dem Widerstreite der nationalen und politischen Interessen
den Grund des Scheiterns der Beformaufgabe.
Das zweite Buch (1417 — 1447) hat es mit den Päpsten Martin V.
und Eugen IV. zu thun. Besonders willkommen erscheint die eingehende
Würdigung des Charakters und des Pontificates Ottos Colonna, »temporum
suorum felidtas*, wie ihn die Monument-Inschrift des Humanisten Antonio
Loschi nannte. Allerdings kann auch P. nicht umhin , den Schlagschatten
des Lichtbildes ganz bei Seite lassen. »Es ist ein unbedingtes Verdienst
des mit einem ungewöhnlichen Herrschertalent, scharfem Verstand, politischer
Klugheit und Entschlossenheit begabten colonensischen Papstes, dass er
nach Zeiten grenzenloser Verwirrung mit fester Hand den Grund zur Bestau-
ration der geistlichen wie weltlichen Macht des Papstthums legte, dass er
der ewigen Stadt den alten Glanz, dem Kirchenstaate seine Grösse, der
Kirche ein goldenes Zeitalter des Friedens zurückgab, wenn man es auch
mit dem Cardinal Aegidius von Viterbo beklagen muss, dass von jetzt an
vielfach über dem Gewinn von Macht und Beichthum die Autorität der
Tugend verloren gieng.*
Das Eitiheits- und Machtprindp war gefestigt, aber die Beformatio
ecclesiae blieb im Schuldbuche der Zeiten etebn, und was P. über das Pon-
680 Idteratar.
tifioat Eagena lY. sagt, beweist doch nur, dass die Machtfrage den Stmi
zwischen dem Papate and den »Condlfanatikem^ entzündete, ebenso wie
sie es war, welche Eugen lY. in den Yertrag vom 14. Juni 1448 mit
dem schlauen Neapolitanerkönige Alfonso drängte. Wir brauchen dabei an
dem Lobe des persönlichen Charakters Eugen lY. nicht zu mäkeln, aber
der Nachweis, welchen universalen Erfolg die Bestrebungen dieses Papstes
zu Ounsten der Yerbesserung und Begenerirung der Orden und dann auch
des Clerus hatten, dürfte sich schwer führen lassen. Die Hauptsache blieb
das monarchische Princip der Kirche, und diesem Princip sollte auch die
Kunst je nach ihrer Art dienen, wie dies naiv genug die Entwürfe Fila-
retes för die Broncethüren der Peterskirche darthun. Neben Christus, Haha
und den Aposteln, neben Scenen aus der pontificalen Wirksamkeit Eugen lY.
finden wir die Büsten römischer Kaiser, Mars und Eoma, Zeus und Ganjmed,
Hero und Leander, ja auch Leda mit dem Schwane angebracht.
Das dritte Buch (S. 273 — 490) ist ganz von dem Pontificate Ni-
colaus Y. (Parentucelli) 1447 — 1455 ausgefüllt, einer der bedeutendsten
und edelsten Erscheinungen unter den Trägem der dreifachen Krone, des
.Begründers des päpstlichen Mäcenats*, wie ihn der Yerf. nennt. Für das
Jubeljahr 1450 können wir uns allerdings nicht begeistern, denn das, was
der Yerf. einen »moralischen Grewmn* nennt, muthet uns yielmehr als ein
bedenkliches Yorzeichen jener pontificalen Massregeln an, welche die Oppo-
sition gegen Rom inmier bedenklicher schärften. Die Katastrophe auf der
Engelsbrücke war ein böses Omen, und was ein römischer Chronist über
den Hauptgewinn der ewigen Stadt durch das Jubeljahr sagt, dass dabei
vornehmlich die Greldwechsler, die Apotheker, die Maler des Schweisstaches
Christi uiid die Wirthe profitirten, klingt wahrhaftig nicht sehr erbaulich
Und was den Erfolg der Mission Niclas von Cues in Deutschland anbelangt,
80 kam er wol der Ordnung der hierarchischen Bechtsverhältnisse und der
Aussenseite des kirchlichen Lebens zu gute, aber den inneren Segen des
Christenthums konnte der Mann nicht säen, der nur das »schneidige Schwert*
im evangelischen Gleichnis vor Augen hatte, und vom Concilmann zum
Papalisten geworden war, schlecht und recht wie sein Zeitgenosse, der geist-
volle Humanist und Epicuräer, Enea Silvio de Piccolomini, dessen Yorleben
Pastor ziemlich unverblümt kennzeichnet.
Eines der besten Capitel, ebenso reich an Daten als verständnisvollen
Ausführungen ist das Y. : »Förderung der Renaissance auf künstlerischem
und literarischem Gebiet; Bestaurationen und Neubauten in Born und im
Kirchenstaate, Alberti, Eiesole, der Musenhof Nicolaus Y., Gründung der
vatioanischen Bibliothek.* Und ebenso fesselnd ist die Episode »Die Yer*
schwörung des Stefano Porcaro* (1453) geschrieben. Die b^üghche
Literatur konnte P. durch neue Mittheilungen aus den Staatsarchiven von
Mailand, Florenz, Siena und Lucca und durch die Entdeckung des Geständ-
nisses Porcaros in einer Handschrift der Stadtbibliothek zu Trier ergänzen.
Die gleiche Sorgfalt im Au&püren des Materiales zeigt sich auch in den
Schlussabschnitten, welche von der orientalischen Frage seit dem Falle
Constantinopels handeln.
Das vierte und letzte Buch (S. 493 — 619) bringt die Geachidite
des Pontificats Calizt IIL (1455 — 1458) und darf eine gerundete Mono>
graphie desselben genannt werden. Der Schwerpunkt li^ in der Türken-
literainr. 681
ge&hr« Calixi^ TerhlÜtnis zum Homanismus kennzeiohnei P. mit den Worten:
»Der rabige, trockene ßechtsgelehrte stand der Bewegung der Renaissance
nicht direct feindlich, sondern nur gleichgiltig gegenüber.* Auch nimmt
er ihn wider den Vorwarf, der sich vornehmlich auf die bedenkliche Au-
toritftt des Filelfo und Yespasiano de Bisticci stützt, Calixt habe die Schätze
des Yatioans verschleudert, in Schutz. Das was über den Türkenkrieg gesagt
wird, beruht auf den neuesten Forschungen. Gewandt ist die Yertheidigung
des Papstes und des Gardinais Piccolomini gegen die Angriffe der deutschen
Opposition und ihrer — allerdings feilen — Feder, Martin Meyer, dar-
gelegt; — gegen den leidigen und verhängnisvollen Nepotismus kann
und will P. den Papst nicht vertheidigen. Die Erhebung und der Sturz
der Borgias war eine unangenehme Lehre, die Calixt III. davon trug. Um
mit einem Lichtbilde zu schliessen, hat der Verf. die Persönlichkeit des
Cardinais Capranica in den Epilog gestellt.
Wir scheiden von dem Buche Pastors mit dem Eindruck einer wissen-
schaftlichen Leistung, die auch da, wo sie nicht überzeugt, fruchtbar an-
regt, und nirgends Beherrschung des weitschichtigen Stoffes und Gestaltungs-
kraft vermissen lässt. Krone s.
Schnürer Fr., Falkenberg und die Falkenberge. Histo-
riscli-topographische Studie mit einem Excurs über das Pfarrverzeich-
nis des Lonsdorfer Codex (Sep.-Abdr. aus den «BL d. Y. f. Landes-
kunde von N.-Oesterr. «, 1885), gr. 80, 75 SS.
Eine archäologische Studie im 23. Bd. der >Ber. u. Mitth. d. Alterth.-Y.
zu Wien* (1885), von welcher auch ein von Job. Newald gezeichneter
Separatabdruck erschien, hat Seh. veranlasst, der Greschichte der Falken-
berger genauer nachzugeben und mit Zuhilfenahme einzelner bisher un-
gedmckter Notizen aus dem Archiv des Grafen Breunner zu Grafenegg und
dem Pfarrgedenkbuche zu Strass die Ansichten Newalds, dessen ganze Ti-
tulatur S. 3 unter dem Strich angegeben ist, zu corrigiren.
In erster Linie wird die Lage der alten Burg Falkenberg bei Strass
im Y. u. d. M. genau zu bestimmen gesucht, zu welchem Zwecke der Yerf.
von älteren Kartenwerken auch Ortelius und Mercator heranzieht, da Ne-
wald aus der Karte des W. Lazius illlschlich Wynklberg als Falkenberg
abgelesen hat. Weiter tritt Seh. der Ansicht Newalds entg^n, dass das
Pfarrverzeichnis im sog. Lonsdorfer Codex erst 1419 bei Gelegenheit einer
Diöcesansjnode zu Passau angelegt worden sei und sagt, das in Mon. boic
2, XXYin abgedruckte Yerzeichnis habe mit einer Synode von 1418 zu
Salzburg (1419 Passau ist überhaupt irrig!) nichts zu thun, sei viel früher
schon begonnen, vielleicht bereits vom Passauer Bischöfe Otto v. Lonsdorf
(1254 — 65) angeregt, wenigstens vor 1350 abgefasst, dann fortgesetzt und
c. 1420 einfach abgeschrieben und in Hinsicht auf die Cbllatoren nach-
corri^irt worden (S. 20), eine Ansicht, der schon M. A. Becker in seiner
»Topographie* Baum gegeben hat. Im 2. Theile der Abhandlung geht der
Verf. auf die spärlichen historischen üeberlieferungen der Geschichte der
Falkenberger über und befleissigt sich einer klareren Darstellung, als er
682 literator.
sie im 1. Theile geboten bat. Die Falkenberger stammteii wabradieiBlieh
ans der Oberpfalz, wo sich die gleicben Ortsnamen vorfinden, wie in dem
in Bede stebenden Bezirke Niederösterreiebs, in dem sie sich im 12. Jahrb.
niederliessen ; nm 1144 wird uns ein Bapoto yon Ealkenberg genannt,
nach einem halben Jahrhundert begegnen wir wieder einem Waldion von
Valohenberch am Hofe der Babenberger zu Wien. Von nun an treten die
Falkenberger hftufiger und in Verbindung mit den mächtigen Geschlechtern
der Kuenringer und Sunnberger auf; 1251 stehen sie mit den Kttenringen
auf Seite Ottokars IT., Rapoto IV. aber wird Schenk von Oesterreich und
kämpft im Heere Budolfs bei Dümkrut, wie die Beimchronik erzählt; seine
Tochter heirathet Ulrich den Capeller (Stammtafel S. 75). ESn sfAterer
Falkenberger kämpfte mit Albredit L gegen Iwan von Gfins, aber bald
setzten sich Hadmar und Bapoto V. in Gegensatz zum Landesherm, bei
dem sich besonders das Kloster Zwettl beklagte. Die Falkenberger nahmeni
wie es zwar nicht belegt, aber bei den verwandtschaftlichen Beziehungen
zu den Euenringem erküürlich ist, an dem Aufstande derselben geilen Al-
brecht theil, worauf dieser durch seinen jugendlichen Sohn Rudolf Fbiken*
berg belagern und März 1800 brechen Hess (S. 51). Nachdem das Ge-
schlecht noch einmal einen Aufstand gegen Friedrich den Schönen an-
gezettelt hatte, trat es wieder in den Hintergrund und starb ca. 1355 mit
Bapoto Vn. aus. Die Capeller und Wallseer traten das Erbe an und 1367
finden wir die ersteren als die Inhaber der meisten Falkenberg*schen Güter,
mit denen sie auch von Albrecht UI. belehnt wurden. Ihnen folgten
dann die Eytzinger und Werdenberg und in neuei'er Zeit die Breunner^
Enkevoirth.
Linz. S. H. Prem.
A Gynlafehervari kaptalani levelt^rnak czimjegy-
zäke. Keszitette Beke Antal. (Register des Earlsburger
Capitelarchives. Von Anton Beke.) Budapest 1884. 72 &, 8".
In den Mittheilungen IV, 101 ist zugleich mit Anzeige der Schrift:
Die Vereinigung des Capitelarchives von Earlsburg und des ConventarehiTes
von Eolosmonostor mit dem Landesarchiv in Ofen-Fest (Hermannstadt 1882)
der Thatsache Erwähnung geschehen, dass der die XJeberfÜhrung der ge-
nannten Archive nach Budapest anordnende Gesetzentwurf vom ungaridcben
Abgeordnetenhaus angenommen worden sei. Entsprechend diesem Gesetz
(Gesetzartikel XXIU vom Jahre 1882) hat am 20. October 1882 die üeber-
gabe der nach Budapest bestimmten Archivalien an einen Begiemngs-
beamten und dann der Transport stattgefunden. Der Capitelarchivar Dom-
herr Anton Beke berichtet in obiger Schrift eingehend über die abgegebenen
Archivalien, verzeichnet sowol fehlende Nummern als auch alle jene, die
als das Earlsburger Capitel besonders berührend in Karlsburg weiterhin
verblieben sind. Wenn schon Kemenys Notitia historioo-diplomaiica ardiivi
et literalium capituli Albensis Transsilvaniae (2 Bde., Hermannstadt 1836)
die Beichhaltigkeit dieses Archives bekannt gemacht hatte, so geschieht dies
noch mehr durch Bekes Schrift. Wer diese duichliest, wird, insbesondere
^en»* '^^ '^'^'^ altem Verfaesungs- und Verwaltungsverhältnisse Siebenbürgen»
UteratuT. x 688
kennt, nur tief bedauern, dass diese in erster Beihe Siebenbürgen an-
gehenden Arcbivalien aus diesem Lande hinweggescbaffi; worden sind. Das
ungarische Landesarchiv hat dadurch folgenden Zuwachs erfahren: eine
Beihe von Bänden libri regii (Bücher mit siebenbürger Fürsten-Urkunden)
aus den Jahren 1580 — 1689; Protocolle des Earlsburger Capitels aus dem
Zeitraum 1526 — 1886; siebenbürgische Landtagsacten aus den Jahren 1505
bis 1699 geschrieben, 1791 — 1865 gedruckt; Urkunden nach Comitaten
und Stühlen in Laden eingestellt und geordnet, mit lateinischen Begesten
und Copien versehen, beilSufig 8800 Nummern; mehrere Bände Indices;
etwa 6000 Urkunden, welche in neuerer Zeit in Fascikel eingetheilt wor-
den sind, und mehr als 1300 Urkunden-Fragmente; Bechnungen sieben-
bürgischer Salzbergwerke aus den Jahren 1640 — 1690; Bechnungen über
die Staatseinkünfte aus den Jahren 1608 — 1699, 7 Bände; Bechnungs-
bücher von siebenbürgischen Comitaten und Stühlen; die Correspondenz-
bücber der Kanzlei des Capitels aus den Jahren 1727 bis 1882; die Ur-
barial-Conscriptionen von 1819 — 20 der Gemeinden der Comiiate Unteralba,
Hunjad, Eokelburg, Torda, Zarand und des Szeklerstuhles Aranyos; end-
lich zahlreiche Adelsbriefe (armales).
In Earlsburg sind verblieben die sogenannte Cista capituli Albensis
und aus den nach Budapest abgegebenen Archivabtheilungen etwas über
300 Urkunden, welche als speciell das Karlsburger Capitel betreffend be-
zeichnet worden sind. Auch dies in Karlsburg gebliebene Material ist wie
vordem das ganze Archiv durch die Liberalität des gegenwärtigen Ober-
hauptes der katholischen Kirche Siebenbürgens, Bischofs L6nhart, der wissen-
schaftlichen Benützung zugänglich. A.
Quellen zur Geschicbte der Stadt Kronstadt in Sie-
benbürgen. Herausgegeben auf Kosten der Stadt Kronstadt von
dem mit der Herausgabe betrauten Ausscbuss. Erster Band. Kron-
stadt 1886. XI u. 769 S., S^. (Mit 3 Tafeln Wasserzeichen und Schrift-
proben.) — Auch u. d. T.: Bechnungen aus dem Archiv der
Stadt Kronstadt Erster Band: Bechnungen aus 1503 — 1526.
Kronstadt. In Commission bei H. Zeidner.
Dem Vereine für siebenbürgische Landeskunde, welcher mit VeröfTent-
lichang filterer Bechnungsbücber hier zu Lande vorangegangen ist (siehe
die Anzeige des ersten, 1880 erschienenen Bandes in MittheiL II. 650 fL) sind
bald Andere gefolgt. Im vorigen Jahre hat die ungarische Akademie durch
Ladislaus Fejärpataky verschiedene Bechnungsbücber der Städte Schemnitz,
Pressbarg, Neusohl, Tirnau, Oedenburg, Bartfeld und Kremnitz aus den
Jahren 1364 — 1455 herausgeben lassen^) und jetzt ist der 1. Band von
Bechnungen aus dem Archiv der Stadt Kronstadt erschienen. Es ist ein
die Vertretung dieser Stadt ehrendes Zeugniss, welches sich dieselbe aus-
stellt dnrch Unterstützung wissenschaftlicher Bestrebungen in ihren Hauern
0 Hagyarorszdgi värofiok r^gi szAmadäskönyvei (Alte Bechnungsbücber un-
garischer Städte), Budapest 1885. Alle Texte der darin publicirten BechnungB-
bücber sind in lateiniscner oder deutscher Sprache abgefiust.
ji
684 literator.
zu einer Zeit, in welcher sie ebenso wie andere Gfemeinwesen in Sielen-
bürgen einen schweren Kampf fährt am das nackte Dasein. Dank der tot
etlichen Jahren gegebenen Anregung des Senators Dr. Engen von Transchen-
fels, welcher ganz richtig als nnerlässliche Vorbedingong der Ab&ssQDg
einer Geschichte Kronstadts die Sammlang and Dracklegang der wichtigsten
Qaellen aas verschiedenen Archiven bezeichnet hatte and der materiellen
Unterstützang seitens der Stadt Kronstadt ist denn im vorli^enden Bande
der Anfang gemacht worden mit der Ersohliessang einer reichen Fond-
grabe zur G^eschichte Kronstadts nicht allein, sondern aach ganz Sieben-
bürgens and der Nachbarländer.
An den Arbeiten für diesen Band haben sich aas der darch die Stadt-
vertretnng aafgestellten Editionscommission betheiligt die Gymnasiallehrer
Franz Herforth, Andreas Tontsch and Michael Türk, Stadtprediger Karl
Nassbftcher and der Vorstand des Kronstftdter Stadtarchives, Archivar Fried-
rich Stenner. Welchen Antheil jeder einzelne Mitarbeiter an der AoBgabe
hat, ist in der Inhaltsübersicht gesagt Ausserdem erfahren wir aas dem
Vorwort, dass Gymnasiallehrer Herforth bezüglich Bechtschreibang und
Anordnung des Stoffes die Bedaction der Ausgabe gefELhrt hat; von dem-
selben ist »im Namen des herausgebenden Ausschusses* das Vorwort unter-
zeichnet worden.
Das Vorwort gibt, willkommenen Aufschluss über die Entstehung der
Ausgabe, enthält aber sonst nichts von all* Dem, was hinein gehören würde.
Betreffs der bei der Arbeit befolgten Editionsgrundsätze verweist dasselbe
einfach auf Band I. der »Quellen zur Geschichte Siebenbürgens* und er-
klärt, der herausgebende Ausschuss habe sich »im Wesentlichen* von den-
selben Grundsätzen leiten lassen, welche iür die genannte Publication des
Landeskundevereines massgebend gewesen seien. Dieser Punkt ist damit
etwas bündig abgethan, aber das wäre noch hinzunehmen, wenn der Kron-
städter Ausschuss sich »im Wesentlichen* wirklich an jene Grundsätze ge-
halten hätte ; dass dies nicht der Fall ist, wird jedem Kenner beider Edi-
tionen nur zu klar werden. Vor allen Dingen musste das Vorwort als
Einleitung einer Ausgabe bisher noch gar nicht benutzter Geschichtsquelleiu
welche erst vor wenigen Jahren durch den thätigen Archivar Stenner aas
dunklem Verliess ans Tageslicht gezogen worden sind, bedeutend mehr
bringen. Wir vermissen nämlich darin Mittheilungen über das einschlägige
Quellenmaterial, femer über die Einrichtung der verschiedenen Arten von
Rechnungen, über die Person des BechnungsfELhrers, womöglich auch dea
Schreibers, über die Eechnungslegung, mit einem Wort über den amtlichen
Charakter der Bechnungen. Das Wichtigste über Kronstadts und des Bunen-
landes Stellung im Veriassungsleben der Gesammtheit der Siebenbürger
Deutschen hätte im Vorwort ebenfalls seinen Platz finden sollen. Nicht
einmal jedem Einheimischen wird geläufig sein, welche Einnahmen und
Ausgaben in den Schafiiier- oder Törzburger Castellans-Bechnungen verbucht
sind, und fär den auswärtigen Benutzer wird auch der Ausdruck Stadt-
hannenrechnnng kein guter Bekannter sein.
Die von den Herausgebern gebotene Inhaltsübersicht ist ein chrono-
logischer Wegweiser, aber keineswegs eine wirkliche Uebersicht des Inhalts,
wie sie hätte sein sollen, nämlich eine Uebersicht über alle in diesem
Bande zum Abdruck gelangten Stücke. So erftbrt man in der That nur
literatai:« 685
mühsam, welche Archivalien yeröffentlioht worden sind. Sie sind sogar im
Text nicht alle durch Nummern hervorgehoben worden. Um den Inhalt
des Bandes zu erfahren, ist man genOthigt, denselben Blatt für Blatt durch-
zusehen. Nur zwei Stücke, auf S. 1 — 81 und S. 82 — 177, sind ohne
Unterbrechung durch Einfügung von Theilen anderer Bechnungsbücher
gedruckt, denn von S. 177 weiter hielten es die Herausgeber angezeigt,
den Stoff aus den verschiedenen Bechnungsbüchem zusammen zu tragen
und in chronologischer Folge zu drucken unter den Titeln : Städtische Ein-
nahmen, Städtische Ausgaben, Aus dem registrum debitorum civitatis,
Eronstädter Zwanzigstrechnung , Schaöherrechnung , Stadthannenrechnung,
Törzburger Castellansrechnung. Angesichts solcher Zerlegung der Arohi-
yalien wäre eine genaue Inhaltsübersicht in oben angedeutetem Sinn um
so nothwendiger gewesen.
Der Text der Bechnungen hat eine ähnliche Behandlung er&hren, wie
in neueren deutschen XJrkundenbüchem, aber einerseits zeigt sich dabei,
dass rieh die Herausgeber als Neulinge auf ein ihnen wenig bekanntes
Gebiet begeben haben, andrerseits ist vom Bedacteur nicht genug Sorgfalt
aufgewendet worden auf die Ausgleichung mannigfacher Abweichungen in
der Behandlung der Texte. So darf das in dem 2. Bande nicht weiter-
gehen. Als leitender Grundsatz steht: nur Eigennamen und von solchen
abgeleitete Eigenschaftswörter werden mit grossen An&ngsbuchstaben ge-
druckt. Da ist nun, von vereinzelten Fällen nicht zu reden, S. 174 ff.,
181 ff., 388 ff. in bunter Folge bald corporis Christi, bald Corporis Christi
gedruckt; S. 183 sind mehr als ein Dutzend, S. 187 7 Wörter (statt
richtig mit kleinen) mit grossen Anfangsbuchstaben gedruckt; S. 244 steht
mehrmals Bussenn (büchsen), S. 40 1 ebenso oft; bussen. — In den Eron-
städter wie auch in den Hermannstädter Bechnungsbüchem begegnet man
nicht selten eingelegten oder eingebundenen Zetteln, auf welche Zusätze
geschrieben sind. Die Einschaltung dieser in den Text geschieht nun im
vorliegenden Bande in ganz verschiedener Weise, was seitens der Bedaction
hfttte vermieden werden sollen; bald werden Zettelnotizen oben in den
Text gesetzt und in einer Anmerkung unten dies vermerkt, bald kommt
alles auf den Zettel Geschriebene in eine Anmerkung, oder es wird der
Inhalt des Zettels in den Text aufgenommen und in der sogenannten In-
haltsübersicht (S. VI) unter besonderem Titel darauf aufmerksam gemacht
Vgl. SS. 37, 38, 194, 224, 592. — S. 389 ist zweimal, dann S. 391
lianioni gelesen statt Lanioni. — Auf S. 695 — 769 stehen ein alphabeti-
sclies Yerzeichniss der Orts- und Personen-Namen, ausgearbeitet durch Ar-
chivar Stenner, Lateinisches Glossar von Gymnasiallehrer Julius Gross und
Dentsches Glossar von Gjmnasialdirector ' Johann Wolff in Mühlbaoh. —
Ueber Druck und Papier würde Johannes Honterus bedenklich das Haupt
schütteln.
Bei allen Mängeln dieses 1. Bandes, welchem hoffentlich Besseres folgen
wird, ist sein Inhalt so beschaffen, dass er eine ganz bedeutende Erweite-
rung xmserer Kenntniss siebenbürgischer Zustände zu Beginn des 16. Jahrh.
begründet. Der Band enthält : die Eronstädter Zwanzigstrechnung aus dem
Jahre 1503, die Törzburger Castellansrechnung aus d. JJ. 1504 — 1513,
das Begistrum debitorum civitatis a. d« JJ. 1508 — 1526 (dasselbe reicht
bis 15S7)| den über proventuum civitatis a. d. JJ. 1506 - 1526 (reicht
686 literatar.
bis 1581), die Kronstadter Zwanzigstrechniing a. d. JJ. 1515 — 1517, die
Schaffnerrechnang a. d. JJ. 1520 — 1524, die StadthaDnenredmaiig a. d.
JJ. 1520—1528, die Törzburger Castellansrechnung a. d. JJ. 1522—1526
(geht bis 1587) und die Schafinerrechnong a. d. JJ. 1525 — 1526 (der
betreffende Band reicht bis 1582). In den Zwanzigstreohnnngen ist der
Yon eingeführten Waaren erhobene Grenzzoll verzeichnet, welchen damals
die Städte Hermannstadt und Kronstadt in Pacht hatten. Fische, Gewürze,
Eisenwaaren, verschiedene feine Stoffe und allerlei Sorten Tuch, darunter
aus Bresslau, Görlitz, Köln, Mecheln, Nürnberg, Verona wurden über die
Walachei nach Siebenbürgen eingeführt Der Castellan des südwestlich von
Kronstadt gelegenen Grenzschlosses Törzburg verrechnet in seinea Büdiem
als Einnahmen den von den Landgemeinden eingehenden Zins und als Aas-
gaben die Kosten für Erhaltung des Schlosses, femer Auslagen für städtische
Beamte, welche Törzburg passirten, und für die auf Törzburg bediensteten
Leute, deren es ausser dem Castellan z. B. im Jahre 1507 noch 12 gab,
darunter 2 Yicecastellane. Die Schaffher (procuratores) haben ihre Einnahmen,
welche besonders in Baargeld aus der Stadtcasse, aber auch aus dem für Yer-
kauf von städtischen Materialien, Blei, Salpeter u. a. erzielten Erlös bestehen,
zu verwenden auf Erhaltung der Festungswerke, Badstuben, Mühlen, Strassen,
Brücken, Brunnen und Wasserrinnsale. Der Stadthann (villicus) nahm Bei-
träge der Stadt und der Landgemeinden ein und hatte aus denselben zu
bestreiten die Ausgaben für Beisen der Beamten, Diener mit Briefen, Unter-
halt fremder Gäste, Erhaltung des Bathhauses (praetorium), aber auch —
da berühren sich Stadthannen- und Schaffnerrechnung — für verschiedene
andere locale Bedürfnisse. Eine ganz bedeutende Summe Geldes ging jähr-
lich auf fiir den Unterhalt Fremder, welche vom gastlichen Kronstadt be-
wirthet und unterstützt oder auch, wie 1520 die vor dem Feind in die
Stadt flüchtenden Szekler Adligen, als Schützlinge aufgenommen wurden.
Ueber sehr regen Verkehr zwischen Siebenbürgen und den unteren Donau-
ländem finden sich in den Kronstädter Bechnungen zahlreiche Belege. Auch
die siebenbürgisch - deutsche Dialectforschung wird aus dem besprochenen
Bande brauchbaren Stoff gewinnen. A.
Jahrbuch für schweizerische Geschichte, hg. von der
allgem. geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz. Bd. XI. Zürich,
Höhr 1886, gr. 8^ XXVIII, 332 S.
Von den vier in diesem Bande vereinigten Abhandlungen ist weitaios
die wichtigste die von S. Vögelin: Wer hat zuerst die römisehen
Inschriften in der Schweiz gesammelt und erklärt? Zweck
der Arbeit ist die von Mommsen in seinen Inscript. Coni, Helv. Lat. aof-
gestellte Behauptung, dass das Verdienst, die römischen Inschriften der
Schweiz gesammelt zu haben, welches bis auf ihn allgemein Tschudi bei-
gemessen wurde, nicht diesem, sondern Stumpf gebühre, als unriditig naeh-
zuweisen. Und in der That ist dieser Nachweis überzeugend exbridit.
V. zeigt nämlich, dass Mommsen das richtige Verhältnis der för die Ent-
scheidung dieser Frage massgebenden Handschriften verkannt hat» Durch
eine genaue Untersuchung derselben, besonders des von Mommsen wenig
beachteten Cod. 1088 der St Galler SüftsbibUothek kommt V. au dem
literatniis 687
fiesnltal^ dass Stampf die Tschudi^sohe InsehrUtensammliuig (52 NununeniX
deren sacoefattives Wachsthom sioh conatatiren lässt, ein&ch abgeschrieben
hat (frühestens 1542) und dass folglich g^enüber der Daratellmig Momm-
sens der thatsächliche Hergang gerade der umgekehrte gewesen ist. Eine
Besprechung der einzelnen Inschriften mit jedesmaliger Berücksichtigong
der Stumpfisohen und Tschudischen Auflösungen bestätigt dieses Sesultat
in erwünschtester Weise. Es zeigt sich dabei ferner, dass Tschudi ein
überaus schar&inniger und mit einer relativ ganz ausserordentlichen Kennt-
niss des Alterthums ausgerüsteter Epigraphiker gewesen ist, während
Stumpf von diesem edlen Zweig der Historiographie so gut wie nichts ver-
stand und Tschudis Auflösungen blindlings, hie und da in verrätherisch
ungeschickter Form angenommen hat. Dass Tschudi bei einzelnen Stücken
fehlg^riffen und mitunter auch willkürlich ver&hren ist, soll damit nicht
geleugnet werden. Im Ganzen aber ist der Altmeister der Schweizer Gto-
Schichtschreibung durch Y.'s Untersuchung doch von einem gewichtigen
Yorwarf, der um so gewichtiger war, als er vou einem so bedeutenden
Forscher wie Mommsen ausgieng, befreit worden. Und hierin liegt der
Schwerpunkt der Arbeit y.*s. Das unbegrenzte Vertrauen, das man noch
vor einem halben Jahrhundert in chronicalische Mittheilungen zu setzen
gewöhnt war, hat seitdem so vollständig in das Gegentheil umgeschlagen,
dass man es nur mit Genugthuung begrüssen kann, wenn alte Gewährs-
männer, über die man in unserer Zeit mitleidig hinwegsieht, wieder zu
Ehren kommen. Hoffentlich gelangt der Verf. im Verfolg seiner »kritischen
Würdigung der wissenschaftlichen Thätigkeit Tschudis * zu gleich günstigen
Besaltaten. — Dem Aufsatze V.^s folgt eine ermüdend breite Abhandlung
Th. y. Liebenaus: Die Luzernerischen Cistercienser und die
Nuntiatur, Die Sache ist kurz die: Edmund Schnyder, von 1640 — 1677
Abt des Gistercienserklosters St. Urban, gerieth mit dem päpstlichen Nuntius
wegen des Visilationsrechies und der Bestellung von Beichtigem für die Non-
nenkloster Eschenbach und Bathausen, die einerseits seiner Jurisdiction unter-
standen, während andererseits auch den Jesuiten durch Clemens VIU. im
Jahre 1601 das Visitationsrecht eingeräumt worden war, in einen lang-
dauernden und erbitterten Streit (1642 — 1655), in welchen allmählig der
Bath von Luzem, der Ordensgeneral der Cistercienser und sogar der König
von Frankreich als Protector des Ordens hineingezogen wurden. Eine Zeit-
lang schien es, als ob die Jesuiten ihren Gegnern, die von Ludwig XIV.
und dem Bathe von Luzern lebhaft unterstützt wurden, weichen müssten.
Allein die Drohung Innocenz X., die Schweizergarden aufzuheben, machte
den Bath fügsam; Abt Edmund musste der wiederholten Citation nach Bom
schliesslich doch Folge leisten, die beiden Frauenklöster blieben in den
Händen der Jesuiten, die mit dem Nuntius auf lange Zeit ihren Posten
in der Schweiz behaupteten, und die ganze Geschichte verlief solchergestalt
in den Sand. Als Beitrag zur Charakteristik der päpstlichen Herrschaft und
noch mehr der Thätigkeit der Jesuiten, die, auch in der Darstellung, nir-
gends hervortreten und deren unheimliche Wirksamkeit man doch auf
Schritt und Tritt fühlt, wird der Au&atz nicht unwillkommen sein. —
Den Schluss des Bandes bildet eine mit Wärme aber etwas ungelenk (vgl.
z. B. S. 269. 274) geschriebene Darstellung des Mülhauser Krieges von
146 7 — 1 468 vonH. Witte, die unsere Kenntnis der Beziehongen zwischen
688 literattu'.
den Eidgenossen! dem Snndganer Adel und Herzog Sigismond in dankens-
werther Weise bereichert. Eingeleitet wird das Bach durch eine Abhand-
lung von 6. Amieti der auf Grund weitreichender archiyaliBcher For-
schungen Abkunft und Jugendjahre Hans Waldmanns, des unglücklichen
Siegers bei Murten, bespricht. Er corrigirt vor allem die bislang geltende
Ansicht, als ob Waldmann sich aus drückender Armuth emporgearbeitet
hätte. Von dem hochfahrenden und abenteuerlustigen jungen Manne ent-
wirft er kein sehr anziehendes Bild.
BaseL B. Thommen.
üebersicht der periodischen Literatur Oesterreich-
Ungarns.
Archäologisch-epigraphische Mittheilungen aus Oester-
reich-üngarn, hg. von 0. Benndorf und 0. Hirschfeld. Jahrg. 8.
Wien 1884: Toöilescu, Neue Inschriften aus der Dobrudscha und Bamänien.
— Studniczka, Mithraeen und andere Denkmäler aus Dacien. (Forts.) —
T^gl4s und König, Neue Inschriften aus Dacien. • — Hauser, Ausgrabungen
aus Oamuntum. — Studniczka, Bildwerke aus Camuntum. — Hirschfeld,
Inschriftliche Funde in Carnuntum. — Epigraphische Mittheilungen: In-
schriften aus Serbien, Nicolitzel, Dalmatien und der Herzego vina, Aguntum,
Stein bei Laibach, Beinegg, Brigetio, Mödling; Bömische Grabstätte in
Steiermark; Grabfund in Wien. — Domaszewski, Briefe der Attaliden an
den Priester von Fessinus. — Kubitschek, Die Glaubwürdigkeit des
Cyriacus von Anoona. — Frankfurter, Epigraphischer Bericht aus Oester-
reich. — Mordtmann, Griechische Inschriften aus dem Hauran; Inschriften
aus Kleinasien; Zur Epigraphik von Thracien. — Bellet und Benndorf,
Scherbe aus Camuntum. — Hoemes, Bömisches Denkmal in Cilli. —
Wünsch, Inschriften aus Armenien. — Domaszewski, Inschriften aus
Bosnien. — Frankfurter, Bericht über eine Beise in £[ärnten. — Hirsch-
feld, Inschriften in Pola. — Mommsen, Zu den Inschriften aus der Do-
brudscha. — Frankfurter, Berichtigungen und Nachträge zu dem epi-
graphischen Bericht. — Jahrg. 9. Wien 1885, Heft 1: Hirschfeld und
Schneider, Bericht über eine Beise in Dalmatien. — Petersen, Die Iris-
schale des Brygos. — Schuchhardt, Die römischen Grenzwälle in der
Dobrugea. — Domaszewski, Inschriften aus Kleinasien. — Szanto, Zur
Sammlung Millosicz. — Frankfurter, Epigraphischer Bericht aus Oesterreich.
Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und
Gistercienser-Orden mit besonderer Berücksichtigung der Ordens-
geschichte und Statistik. Hauptredacteur P. Maurus Kinter, Würzburg und
Wien, 1888, lY. Jahrg. L Bd.: Braunmüller, Propst, Decan und Prior in
ihrem gegenseitigen Verhältnisse. — Dungl, Die österr. Benedictiner-
Gongregation. — Gsell, Beitrag zur Lebensgeschichte des Anton Wolfiadt;
Das Stift Heiligenkreuz und seine Besitzungen 1683. — Lindner, Die
Schriftsteller 0. S. B. im heutigen Königreich Würtemberg. — SaLzer,
TJeber die Entwicklung der christlich-römischen Hynmenpoesie. — Sohmid,
Beiträge zur Geschichte des ehemaligen Benedictiner-Stiftes Mondsee. — *
Literatur. 689
Schmidt, Die Vorrede zur Begel des hl. Benedict. — Schramm, Begesten
zur Oeachichte der Benediotifier-Abtei BJ^vnoy-Braanaa. — Söder, Die erste
Kirchenversammlung auf deutschem Boden. — Tomanik, Aus dem Sonetten-
kranze : » S. Benedict und sein Orden« * — Jost, Zur Geschichte des Cäcilien-
klosteirs in Köln. — Eienast, Im Atelier Glibers. — ICttermüller, Er-
gänzungen zur Biographie und literarischen Thätigkeit des Abtes Bupert
Kommann von Prüfening. — Nekrologe. — Kurze Ordens-Bundschau. —
— Both, Seelbuch des ehemaligen Ben.-Nonnenklosters Schönau; Zur Ge-
schichte des Klosters Bleidenstett. — Stampfer, Besitzungen der bairischen
und schwäbischen Benedictiner-Stifte in Tjrol. — Hauthaler, Literatur-
berichi — Beiners, Die werthvollen Ms. der ehem. Ben.-Abtei zu Echter-
nach in der National-Bibliothek zu Paris. — Literarische Beferate und
Notizen. — Correspondenzen. 2. Bd., D. A., Die hemina und libra der
Ben.-Begel. — Dungel, Die österr. Benedictiner-Congregation. — Gsell,
Das Stift Heiligenkreuz und seine Besitzungen im Jahre 1683. — Lindner,
Die Schriftsteller 0. S. B. im heutigen Königreiche Württemberg. — O&er,
Pflege der Medicin im Benedictiner-Orden. — Salzer, Ueber die Ent-
wicklung der christlich-römischen Hjmnenpoesie. — Scarella, Notae chrono-
logicae de Ben. mon. S. Maria de Pragha; Adumbrationes biographicae
monachorum de Phragha. — Schmidt, Beiträge zur Geschichte des ehem.
Benediotiner-Stiftes Mondsee. — Schmid, Das IV. Gapitel der Begel des
hl. Benedict. — Schmieder, Zur Geschichte der Durchführung der Bene-
dictina. — Söder, Die erste Kirchenversammlung auf deutschem Boden. —
Tomanik, Aus dem Sonettenkranze: »S. Benediet und sein Orden.* —
Ulbrich, Das bildende Moment des Gymnasial-XJnterrichtes in den alt-
olassischen Sprachen. — Braunmüller, Beihe der Aebte von St Emmeram;
Wiohrammi mon. opusculum de computo. — Brunner, Correspondenzen und
Actenstücke Bischof Nausea von Wien betreffend. — Gatalogns mon. Loco-
ciagensium. — Decretum etc. quo festum S Benedicti etc. pro an. eocl. ad
ritiun dupl. maj. evehitur. — Diel, Excidium horribile Abbatiae Sti. Maxi-
mini prc^ Treviros. — Falk, Zum rotulus eocl. S. Stepbani Moguntiae.
— Ooldmann, Zwei unedirte Briefe des Trithemius. — Jost, Geschichte
des Cäcilienklosters in Köln (Schluss). — Kinnast, Veränderungen im Per-
sonalstande. — Kotzurek, In mortem Beverendiss. Dom. Guntheri Kali-
woda. — Mayer, Cardinal Bernhard Gustav von Baden. — Mittermüller,
Der Günthehanismus durch einen alten Benedictiner der Salzburger Uni-
versitfit bekämpft; Ein Ordensfall-Pastoral&ll. — Naeff, P. T. Polding,
erster Erzbischof von Sydney. — Nekrologe. — Bössler, Das Türkenjahr
1683 und das Stift Zwettl. — Both, Conrad von Bodenberg, Abt zu Jo-
bannisl^erg. — Schmieder, Woher war der Beformabt Theodorich von
Kremsmünster. — Scriptores hodierni congregationis Hallicae. — Gold-
mann. Zur Literaturgeschichte der Benedictiner-Congregation von St. Maur.
— Hanthaler, Literatur-Verzeichniss 15 und 16. — Literarische Beferate
und Notizen. — Correspondenzen. — V. Jahig. Würzburg und Wien 1 884,
1. Bd.: A. D., Die hemina und libra der Ben.-Begel (Schluss). — Söder,
Die erste Kirchenversammlung auf deutschem Boden (Schluss). — Bauer,
Dichotomie oder Trichotomie. — Grashof, Das Benedictinerstift Ganders-
heim u^^ Hrotsuitha. — Kienle, Ueber ambrosianische Liturgie und am-
brosianischen Gesang. — Lindner, Die Schriftsteller 0. S. B. im heutigen
Kittibeilimveii YIL 44
690 Literatur.
Würtembeig. — MittermüUer, Die Benediotiner-Universität Salzbuig und
der heil. Thomas von Aquin. — Äingholz, Der heil Odilo von Clony. —
Schmid, Ueber den Ursprung zweier Citate in der Begel des hl. Benedict.
— Schmidt, Geschichte des aufgehobenen Cistercienserstiftes Engelszell. —
Tomanik, Aus dem Sonettenkranze: »S. Benedict imd seine Orden.* —
Wichner, Eine Admonter Todtenrotel des 15. Jahrh. — Benedictiner- und
Cistercienser-Gymnasien Ungarns. — Brunner, Correspondenzen des Königs
etc. Ferdinands I. — Diel, Excidium vere horribile AbbatiaeS Mazimini. —
Fischer, Ein Fragment aus dem »jüngeren TitureL* — H. Dr. E., Die
goldene Jubelfeier des Erzabtes Wimmer. — Heigl, Ave Maria — Salve
Bemarde I — Heindl, Einige Blüthen etc. der B«formation. — Held, Eine
Neugründung in Oregon. — Kinnast, Personal-Nachrichten. — Maier,
Denkwürdigkeiten aus der Ordensgeschichte. — Panhölzl, Bemerkungen
zur Bulle Innocenz VIII. — Plaine, Series chronologica Script 0. S. B.
Hispanorum. — Kloster Seckau. — Tobner, Liter. Findling. — Yanghan,
Erzbisohof von Sydney. — Wichner, Der Benedictiner- und Cistercienser-
Orden auf der culturhistorischen Ausstellung in Graz. — Kleinere Mit-
theilungen. — Necrologe. — Hauthaler, Literatur- Verzeichniss 17 u. 18.
— Literarische Referate und Notizen. — Correspondenzen. 2. Bd.: Gras-
hof, Das Bened.-Stifk Gandersheim und Hrotsuitha. — Jungwirth, Ueber
die Bedeutung des Unterrichts in den classischen Sprachen. — Kienle,
Ueber ambrosianische Liturgie und ambr. Gesang. — Mittermüller, Die
Benedictiner-Universität Salzburg und der hl. Thomas von Aquin. — Bing-
holz, Der hl. Odilo von Cluny. — Schmidt, Geschichte des aufgehobenen
Cistercienserstiftes Engelszell. — Schmieder, Zur Geschichte der Durch-
führung der Benedictina in Deutschland. — Söder, Zum Buche Daniel. —
Tomanik, Aus dem Sonettenkranze: »St. Benedict und sein Orden.* —
Weber, An den hl. Beda. — Wichner, Eine Admonter Todtenrotel des
15. Jahrh. — Wolff, Psalmodi, Lesung und Gebet — Braig, Welchen
Werth hat für uns das Studium der neueren Philosophie? Braunmüller,
Ein hochbetagter Abt — Brunner, Correspondenzen des Königs etc. Fer-
dinand I. — Cuissard, De reliquiis insignibus S. B. Benedicti. — Ein
neues Beeret das Brev. mon. betreffend. — Diel, Excidium vere horr. Abb.
S. Maximini. — Dolan, Catalogus Congr. Anglo-Benedictinae ; Necrologium
et Status reg. in Anglia. — Mittermüller, Zum Ordens- Pastoralfall. —
Plaine, Series chronologica Script. 0. S. B. Hispanorum. — Söder, Don
Gabriel Garcia Moreno. — Tiefenthal, Corona Beiudictina saecnli 19. -
Zirwich, Kunstbildhauer Piger in Salzburg. — Hauthaler, Literatur-Ver-
zeichnis XIX. und XX. — Literarische Referate. — Nachträge zu Lindner,
Die Schriftsteller etc. im heutigen Königreiche Bayern. — Literarische
Notizen und Correspondenzen.
G91
Zur Abwehr.
Die Bemerkungen, welche P. H. Denifle im Archiv f. Literatur- u.
Kirchengeschiohte des Mittelalters II. 1 gegen meine über die päpstlichen
Register des 13. Jahrh. handelnden Bömischen Studien I. machte, veranlassen
mich, den Lesern unserer Mittheilungen folgende Erklärung abzugeben,
welche einerseits die von H. D. gegebenen Berichtigungen präcisiren, anderer-
seits aber auch die Art seines Angriffes charakterisiren soll.
Als das Haupiresultat meiner Untersuchungen glaube ich ansehen zu
können, dass die die einzelnen Jahrgänge der Register fortlaufend ent-
haltende Serie, von der ich eine Beihe anderer unter besondern Umständen
angelegter und daher auch gesondert zu betrachtender Bände ausschied,
nicht eigentliche Kanzleibücher im engsten Sinne des Wortes, sondern plan-
mässig durch Lohnschreiber angefertigte Handschriften enthalte. Eine Be-
kräftigung dieser durch Prüfung der äusseren und inneren Anlage der
Bände selbst gewonnenen Ansicht fand ich darin, dass wir in einzelnen
Bänden die Namen ihrer Schreiber und Vermerke über das von ihnen be-
arbeitete Pensum vorfinden Dagegen bringt nun H. D. (pag. 87 ff.) un-
widerlegliche Beweise, dass diese Schreibervermerke sich auf Copien, welche
unter Urban Y. von unsem Bänden angefertigt wurden, beziehen, und so stehe
ich nicht an, zu erklären, dass der betreffende Abschnitt meiner Abhand-
lung (p. 215 .ff.) auf unhaltbare Grundlage gestellt ist
Ich habe eben die bisher allgemein geltende Ansicht über diese Ver-
merke, welche auch noch gleichzeitig und nach mir von mehreren Forschern
ausgesprochen worden ist, accepürt, und auf eine paläographische Prüfung
ihrer Schrifbzüge verzichtet, und zwar angesichts der grossen Schwierigkeit,
welche die zeitliche Fizirung kurzer, zum Theil in Cursive geschriebe-
ner Bandnoten an sich bereitet, und angesichts der Unsicherheit, welcher
die Beurtheilung von Schriftdenkmalen aus curialen Schreiberkreisen noch
immer unterliegt. Ich war auch nicht in der Lage, die sich mit manchen
Unterbrechungen über das ganze Jahrhundert erstreckenden Noten unter-
einander in paläographischer Hinsicht zu vergleichen und so zur Ansicht
zu gelangen, dass sie auf eine einheitliche Gopirung der Begister zurück-
gehen ; ich constatirte aber p. 218 ausdrücklich, dass Anzeichen vorhanden
seien, dass unsere Bände nochmals copirt worden sind ; hievon nimmt aber
H. D. keine Notiz.
H. D. hatte nun Acten zur Verfügung, welche sowol die Anfertigung
der Copien unter Urban V. erweisen, als auch einzelne in den Vermerken
auftretende Schreiber damit in directe Verbindung bringen. Es muss dahin
gestellt bleiben, ob H. D. ohne diesen glücklichen Fund, den zu machen
f£Lr mich so gut wie ausgeschlossen war, und ohne die Möglichkeit, die
Noten unter einander zu vergleichen, » auf den ersten Blick * erkannt hätte,
dass sie sämmtlioh in der 2. Hälfte des 14. Jahrh. geschrieben seien;
sicherlich aber wäre es angemessener gewesen, die acten massige Wider-
legung aller seiner Vorgänger ruhig zu erbringen, statt einzelne derselben mit
Hohn und Spott zu übergiessen.
Mit den Schreibernotizen i%llt der Natur der Sache nach auch die
Deutung der in den Begistem stehenden Lohnvermerke; sie werden von
692 Ealtenbrunner.
nun an nicht mehr auf die Niederschreibung der Register sondern auf
deren Copirung zu beziehen sein. Was aber den von H. D. (p. 49) hiefar
erbrachten positiven Grund anlangt, dass H. Pertz und ich schon durch die
Schreibweise der Zahlen wie uä &af die Niederschreibung der Vermerke za
Avignon hätten schliessen müssen, so bemerke ich, dass mir sehr wol der
französische Ursprung dieser Schreibweise bekannt ist; H. D. wird aber
nicht leugnen können, dass durch französische Oieriker an der in Italien
weilenden Curie der Gebrauch ebenso gut angewendet, resp. eingeführt
worden sein konnte, als später in Avignon ihn italienische Kanzleibeamte
aoceptirten.
Gestehe ich nun bezüglich der eben besprochenen Punkte es ein, dass
ich geirrt habe, so kann ich es doch auch nicht unerwähnt lassen, da»
mit der Zurückweisung der Argumente meine These über die Anlage der
Begister selbst nicht geworfen ist H. D. macht dieselbe auch nicht zum
Gegenstand des Angriffes, sondern bemerkt (p. 63) bei den Begistem In-
nocenz III., dass das, was ich für das Gros der Begisterbände geltend mache,
bei ihnen in vollem Masse zutreffe. Es ist daher der Sachlage nidit ent-
sprechend, wenn H. D. Eingangs der betreffenden Ausföhrungen (p. 39)
bemerkt, er wolle meine Hypothesen fELr immer unmöglich machen; 69
handelt sich nicht um solche, von denen aus weitere Schlüsse und Folge-
rungen gezogen werden könnten, sondern nur um zwei Argumente eines
noch immer aufrecht steheuden Satzes.
Einen weiteren Punkt des Angriffes bietet H. D, meine zeitliche Fixi-
rung einiger Indices unter Innocenz III., Honorius III. und XJrban IV. dar
(p. 256 ff.). Auch hier vermag er (p. 27 ff.) aus Acten zu erweisen, dass
sie unter XJrban Y. angelegt seien, während ich sie aus andern als palfio-
graphischen Gründen unter oder bald nach Urban IV. ansetze. Gestehe ich
auch hier — jedoch wieder unter Betonung, dass in der Hauptsache, näm-
lich in der Scheidung zweier Arten von Indices und der nachträglichen
Anlage der einen derselben H. D. mit mir übereinstimmt — meinen Irrthum
zu, so weise ich doch seinen Torwurf, dass ich mich in den Begistem der
Avignoneser-Päpste hätte umsehen sollen, da ich dort dieselbe Schrift wie
in den in Frage stehenden Indices gefunden hätte, mit dem Bemerken
zurück, dass eine Durchsicht dieser Begister zur Zeit, als ich meine Arbeit
vornahm, für mich ausser dem Bereiche der Möglichkeit lag.
Habe ich also auch hier einen Fehler als Paläograph gemadit, so wirft
mir überdies H. D. (p. 33) vor, dass ich mir als » Diplomatiker * bedenk-
liche Blossen gegeben habe. Ich hätte wissen müssen, dass auch nach
Urban IV. noch die als »Capitula* bezeichneten Indices im Gebrauche waren,
und so hätte ich schon angesichts der festen Formen der damaligen päpst-
lichen Kanzlei auf die Anlage der sich Bubricae nennenden im 14. Jahrh.
schliessen müssen. H. D. scheint mir hier zwei Vorwürfe, die sich nicht
mit einander reimen, zugleich zu erheben.. Entweder wusste ich nichts
von der durch ihn erwähnten Thatsache von dem weiteren Vorkommen dieser
Art von Indices, dann beruht« dies auf Flüchtigkeit, die zu rügen er alle
Ursache hatte, oder ich wusste von ihr und liess mich doch nicht abhalten,
unter oder bald nach Urban IV. die Anlage der Bubricae-Indices azua-
nehmen, dann konnte er mich als »Diplomatiker* angreifen. Ich wusste
nun, dass bis Bonifaz VIII. (weiter dehnte sich meine Forschung nicht ans)
Zur Abwehr. 693
•
die Gftpitala-Indices im Gebrauobe waren; H. D. hätte dies daraus ersehen
können, dass ich p. 258. 259 ihr Vorkommen und Fehlen bei den einzelnen
Jahrgängen bis Bonifaz VIII. verzeichne (wobei ich, wie ich nachträglich
aus meinen Aufschreibungen ersehe, den Index des Jahrg. 1 von ürban lY.
irrig als fehlend angebe). So habe ich mich denn als »Diplomatiker* vor
H. D. wirklich zu verantworten, und ich thue dies mit der Bemerkung,
dass die Formen der päpstlichen Kanzlei, soweit wir uns bisher über diese
Dinge unterrichten konnten, nicht als so feste erscheinen, als er annimmt.
Ich bitte ihn, bei E. Berger nachzulesen, wie schwierig und unsicher die
Bestimmung darüber ist, welche Briefe als Litterae clausae ausgiengen oder
welche mit Seiden- oder Hanfsohnur gesiegelt wurden, und um auf unsere
Begister selbst einzugehen, so mache ich ihn darauf auänerksam, dass unter
Innocenz lY. plötzlich in den Begistem eine eigene Serie von »Litterae
beneficiorum* auftritt-, welche uns nochmals unter Urban lY. aber in ganz
anderer Weise beg^net, um dann f&r das ganze 13. Jahrh. definitiv zu
verschwinden. Damit glaube ich bewiesen zu haben, dass ich den festen
Formen der päpstlichen Kanzlei doch nicht zu nahe getreten bin.
Auch der Abschnitt »Foliirung und Oustoden* eriUirt von H. D.
(p. 36) Zurechtweisung. Auch hier habe ich nämlich Zeitfixirung nicht
ausgesprochen, sondern mich mit Constatirung der Thatsache, dass bei allen
Bänden von einer gleichzeitigen Foliirung nicht die Bede sein könne, be-
gnügt. Damit ist auch H. D. einverstanden, fragt aber dann weiter:
»Lässt sich denn nicht mit ein wenig paläographischer Kenntnis aus der
Form der römischen Zahlen, der Tinte und der Art und Weise, wie die-
selbe da und dort verblichen ist, unge&hr auf die Entstehungsgeschichte
schliessen, lassen sich nicht verschiedene Stadien unterscheiden. * Ich fordere
H. D. auf, diese Arbeit, so fem sie ihm wichtig genug erscheint, durch-
zuführen; sie wird ihm, der stets alle Bände zur Hand hat, möglich sein,
mir war sie es bei den auferlegten Beschränkungen nicht. Wahr ist es,
dass ich die Foliirung der mit Bubricae-Indices versehenen Bände um ein
Jahrhundert zu früh ansetzte; das ist eine natürliche Consequenz des fehler-
haften Ansatzes dieser Indices selbst. Ob H. D. ohne seine Acten die Blatt-
zahlen in diesen Bänden richtig in die zweite Hälfte des 14. Jahrh. gesetzt
hätte, weiss ich nicht; doch dessen glaube ich sicher zu sein, dass der von
ihm betonte und mir »entgangene* Unterschied zwischen den römischen
Blattzahlen und den alten römischen Brie&ummern unter ürban lY. nicht
derart ist, dass die Differenz eines Jahrhunderts fOr ihre Kiedersdhreibung
sofort erhellt.
Auf einem Yersehen des H. D. beruht es, wenn er mir p. 64 die
Behauptung unterschiebt, dass die Numerirung der Briefe von den Schreibern
derselben herrühre. Ich finde keinen solchen Ausspruch in meiner Abhand-
lung, wol aber spreche ich p. 249 von gleichzeitiger Numerirung und
bringe hiermit die auch von H. D. getheilte Meinung zum Ausdruck, dass
die Biiefnummem (im Gegensatz zur Foliirung), sowie die Initialen und
Bubricae zur ursprünglichen Anlage gehören.
Ich habe ferner einer Beihe von einzelnen Berichtigungen, die H. D.
meist gewürzt mit Ausfallen gegen meine Person gibt, zu gedenken. Es
wird richtig sein, dass die von mir als gleichzeitig erklärte, den Lagen
folgende Foliirung in Tom. 32 (p. 217 Anm.) nicht gleichzeitig ist (p. 50
G94 Ealtenbranner.
Anm. 1), and dass die Worte »Bubricae litterarom commaniiun D. Mar-
tini lY. in Tom. 42 in Carsive des 1 5. Jahrh. nnd nicht, wie ich p. 272
bemerke, »vielleicht gleichzeitig* geschrieben sind (p. 52), femer, dass die
Bandnote »Legatar* (welche im Tom. 6 nicht, wie ich p. 263 schreibe,
mehrmals, sondern nur zweimal anflritt) deatlich die Corsive der 2. HJÜfte
des 13. Jahrh. aufweist (p. 54). Ich bestreite es auch nicht, dass meine
Angabe über den Kladdenband Urban lY., den ich p. 268 als aas losen
Blftttern bestehend erkläre, nar far einen kleinen Theil seines Bestands
zatrifFt (p. 53); H. D. mag vielleicht die Prüfung der Lagen energischer
vorgenommen haben, als ich es för erlaubt hielt.
Mir war es hauptsSchlich um die von andern Bänden verschiedene
innere Anlage zu than, und über diese bringt H. D. keinerlei Berichiigpuig
als die, dass ich irrthümlich den Inhalt des ganzen Bandes als »Gameralia*
bezeichne, denn es kommen auch Kreuzzugsbriefe und Beneficialsadien vor ;
wer aber berücksichtig^, wie sehr gerade diese Fragen häufig unter dem
Gesichtspunk ie ties Gelderwerbes standen, wird obigen Ausdruck yielleicht
ungenau, aber nicht vollkommen verfehlt ansehen. Die Anstellung des
Vergleiches dieses Bandes mit den um ein Jahrhundert später angefertigten
Conceptbüchern, über welche sich H. D. so sehr verwundert zeigt, be-
schränkt sich auf meine Bemerkung, dass er »als sogenannter Kladdenband ^
seinen nächsten und auch nur sporadisch auftretenden Nachfolger erst ein
Jahrhundert später unter Clemens VI. findet. — Vollkommen zutreffend
endlich sind die Berichtigungen, weldie H. D. p. 43. 67. 74. über Tom. 8
und p. 72 Anm. 2 über meine p. 279 Anm. gegebene Darstellung des
fragmentarischen Jahrganges 3 von Innocenz III. gibt.
Wenn ich nun im Voranstehenden zugebe, dass H. D. eine ganze Reihe
von Bemerkungen von mir berichtigt hat oder als irrig bezeichnen durfte,
so kann ich ihm doch nicht das Becht zu den Aeustorungen einräumen,
welche er über meine Person und meine Befllhigung zu derartigen Arbeiten
macht, umsoweniger, als er sich die sehr verschiedene Lage, in der wir
uns bei der Arbeit befanden, vor Augen halten musste, und als er audi
die in meinen einleitenden Worten ausgesprochene Erklärung, dass meine
Arbeit nicht abschliessend sein wolle und könne und dass ich Berichtigungen
und Ergänzungen entgegensehe, in Betracht hätte ziehen sollen.
Das gilt nach beiden Bichtungen hin auch von dem Angriffe, den
H. D. gegen den Anfang meines Abschnittes »Geschichte der Bände* machte,
und wenn ich mir diesen Punkt auf den Schluss meiner Erklärung ver-
sparte und ihn nun auch ausführlicher als die übrigen bespreche, so ge-
schieht es hauptsächlich deshalb, weil er wie kein anderer geeignet ist,
dem schon fizirten Zwecke dieser Zeilen dienlich* zu sein.
Das älteste Inventar, welches mir überhaupt zugänglich war, ist das
im Jahre 1339 zu Assissi aufgenommene, das später von Ehrle im 1. Bd.
des Archivs f. Literatur- und Kirchen geschichte publicirt wurde. In diesem
werden die Eegister nicht erwähnt. Nach Erscheinen meiner Abhandlung
wurden aber von Wenck ein Inventar aus Perugia v. J. 1311 und von
Ehrle ein solches aus Assissi v. J. 1 327 bekannt gemacht, in welchen sich
die Begister erwähnt finden, und bereits Wenck hat auf Grund dessen
meine Behauptung, dass die Begister gleich bei der Wanderung der Curie
nach Frankreich dahin gebracht worden seien, berichtigt
Zur Abwehr. 695
Ich konnte aber zu meiner Ansicht um so eher gelangen, als es ja
an sich dem Charakter der Begister entsprach, dass sie za Händen der
corialen Kanzleien waren, und als ich im speciellen das Vorhandensein eines
Begisterbandes Bonilaz YIII. (Tom. 50) unter Clemens V. zu Yienne im
Hause des Vioecanoellarius nachweisen konnte. Dass Wenck mich bereits
berichtigt hatte und daas ich jenen Nachweis aus Yienne erbracht hatte,
ignorirt H. D. vollständig und ebenso unterlftsst er es p. 15, wo er die
Möglichkeit hinstellt, dass beim Ueberfall in Anagni i. J. 1303 altere Re-
gister verloren gegangen seien, des von mir p. 277 erbrachten Beweises
zu erwähnen, dass thatsftchlich damals Eingriffe in den Begisterbestand
stattgefunden haben. Nebenbei bemerke ich auch, dass H. D. aus der eben
erwähnten Abhandlung WencVs erfahren hfitte, dass der von ihm p. 13
gedruckte (auch von mir p. 277 erwähnte) Act über die in Yienne am
Begister Bonifaz YIU. vorgenommenen Basuren bereits von Tosti in der
Storia di Bonifazio YIU. 2, 445 aus dem Begister publicirt worden war.
Das nächste mir zugängliche Inventar ist ein i. J. 1369 zu Avignon
aufgenommenes, nun publicirt im Begestum Clementis Y. cura monachorum
0. S. B. In ihm finden sich die Begister des 1 3. Jahrh. verzeichnet und
so bot es mit den ersten »sicheren Anhaltspunkt* für das Yorkommen
derselben in ihrer Gesammtheit zu Avignon. Dass ich nun versuchte, seine
Angaben mit dem jetzigen Bestände zu vergleichen und den damaligen
Yorrath an Begistern festzustellen, war für mich wol das nächstliegende,
auch wenn sich das Inventar nur in dürftigen Zahlenangaben ergeht.
H. D. , welcher mit sichtliclier Yerachtung dasselbe behandelt, wirft mir
allerdings vor, dass ich mich nicht damit beschied, es abzudrucken und
den jetzigen Bestand in Anmerkungen gegenüber zu stellen. Ich erwidere
ihm darauf, dass mir das Inventar in einer Weise zugänglich gemacht war,
dass ich mich zu seinem Abdrucke nicht fär berechtigt hielt, und wenn
H. D. an derselben Stelle (p. 26) meint, ich hätte nicht eingesehen, dass
die blo.^sen Zahlen alle möglichen Combinationen zulassen, so stelle ich dem
gegenüber, was ich eingangs der Besprechung des Inventars p. 278 sage:
»Die wichtigste Thatsache, die sich aus dem Inventar zu ergeben scheint,
ist nun die, dass verhältnissmässig bald nach Schluss des 13. Jahrh. nur
um weniges mehr von den Begistern vorhanden war als jetzt; freilich muss
dies unter der Yoraussetzung ausgesprochen werden, dass die Erklärung,
die ich im folgenden den im Inventar auftretenden Zahlen gebe, stets die
richtige ist.*
H. D. hat nun inmitten der Avignoneser-Begister ein zu Assissi i. J.
1339 aufgenommenes Inventar der Begister aufgefunden, hinter dem in der
That das von mir benützte an Werth ganz bedeutend zurücksteht. Um
nun zu zeigen, in welchem Grade dies der Fall sei und wie »die von mir
überreichlich angewendete moderne Errungenschatt des Combinirens auf
Abwege führt ^, hebt H. D. als Beispiel meine Erklärung der im Inventar
v. 1869 verzeichneten »XI libri^ Innocenz III. hervor. Ich deute sie,
dass damit die zu meiner Zeit noch erhaltenen vollständigen 11 Jahrgänge
gemeint seien und meinte, schon 1369 seien die Jahrgänge lY. X — XII
und XYU — XIX verloren gewesen, ausserdem sei der jetzige fivgmentarische
Bestand von A. III nicht eingerechnet worden. Zu dieser letzteren Annahme
Walte ich mich um so mehr berechtigt, als ich aus einer Note (Baynaldä)
696 Kaltenbrunner.
auf dem Fragmente Ton A. IIL woasie, dass dasselbe, mindestens in swei
Bmchstüoke gesondert, einst nnter Begeistern anderer Pfipste gestanden bat
(p. 279 Anm.). Nnn konnte ich allerdings ans Mnnch-Lowenfeld p. 66
ersehen, dass Bnbrieae ans der Mitte des 14. Jahrk. fnr Jahrg. HL lY.
im Yaticanischen Archive ezistiren ; doch konnte dies för mich nicht zwingend
sein, die Jahrgftnge selbst noch als existirend anzunehmen, da ja der Nach-
weis, dass die obigen Bnbrieae gerade erst nnter Urban Y. (in dessen Pon-
tificat das Jahr 1369 fHUt) angelegt seien, nicht von Manch, sondern jetzt
erst von H. D. erbracht worden ist. Durch denselben wird es allerdings
im höchsten Grade wahrscheinlich, dass diese zwei Jahrgftnge mit im In-
ventar V. J. 1869 einbegriffen sind, und dasselbe ist der ¥eJl bei den Jahrg.
X — ^Xn und XYUI. XIX, von denen nun erst H. D. ebensolche Bubricae
aus der Zeit ürban Y. als im Archive befindlich constatiri Dass ich aber
aus der Publication von Jahrg. X — ^XII durch Baluze auf ihr Yorhanden-
sein an der Curie i. J. 1369 schliessen musste, wie H. D. meint, kann
ich nicht zugeben. Dass ich von ihrer Publication wusste, wird man mir
glauben; da aber Baluze nur aus Abschriften, die ihm von Born ans zu-
gegangen waren, schöpft und nähere Provenienzangaben ausser Acht Iftsst^
so konnte dieser Umstand mich nicht abhalten, von der mir nächstliegen-
den Erklärung abzugehen; dagegen gebe ich zu, dass ich bei dem Satze
»also schon damals waren auch A, lY. X — ^XII und die letzten drei Jahr-
gänge verloren % der Publication von X — XU und der von Munch nach-
gewiesenen Indices Erwähnung hätte machen sollen.
Irreführend ist aber die Darstellung des H. D. darüber, wie ich zu
dieser und anderen Erklärungen gekommen bin. Aus verschiedenen An-
zeichen, welche ich p. 277 anführe, erkannte ich, dass einst die einzelnen
Jahrgänge gesondert von einander gelegen haben, und aus dem Umstände,
dasb uns dies verhältnissmässig spät noch begegnet, meinte ich die Ein-
bände, welche im Inventar v. J. 1869 und später erwähnt werden, als
losen Umschlag auffassen zu müssen, welcher leichter als ein Einband in
unserem Sinne Aenderungen in der Zusammenlegung der Jahrgänge zu*
liess (p. 278). Daraus ergab sich nun auch die Möglichkeit der Annahme,
dass von einem Papste alle Jahrgänge einzeln als gesonderte Libri oder
Yolumina aufgestellt waren. Das benutzte ich för die Deutung der Zahlen
bei einer Beihe von Päpsten, darunter auch bei Innocenz ni., bei andern
dagegen nahm ich zum Theil übereinstimmend, zum Theil abweichend vom
jetzigen Bestände mehrere Jahrgänge in 1 Liber oder Yolumen stehend an.
Dass die Jahrgänge zum Theil im Gegensatz zum jetzigen Bestände einsein
»gebunden* waren, erhellt aus dem Inventar v. J. 1339 selbst und des-
gleichen, dass Umwandlungen in ihrer Stellung in den Yolumina zwischen
1339 und 1369 stattgefunden haben Ja bei Innocenz in. selbst scheint
dies der Fall gewesen zu sein: das Inventar v. J. 1339 führt nämlich von
ihm 10 Bände an und darunter auch den »Liber super negotio Imperii*;
somit waren nur 9 Yolumina der fortlaufenden Serie damals aufgestellt, wie
n. D. p. 21 auch richtig bemerkt. Es geht also — auch das Yorhanden-
sein jenes Liber super negotio Imperii i. J. 1369 vorausgesetzt — * aas
der Yergleichung der beiden Inventare hervor, dass, wenn überhaupt in
beiden die gleichen Bestände verzeichnet sind, die 19 Jahrgänge i. J. 1339
in 9, i. J, 1369 in 10 Yolumina vereint gewesen sein müssen. Das über-
Zur Abwehr. 697
sieht H. D.9 and er begeht überdies p. 26 den Fehler, za behaupten, dass
ohne den Liber super negotio Imperii i. J. 1839 11 Yolamina vorbanden
gewesen seien, die sich mit den 11 Libri des Inventars v. J. 1869 decken
sollen.
Keineswegs halte ich jetzt, indem ich das Inventar v. J. 1389 kenne,
von den unter Urban Y. angelegten Bubricae sichere Kunde habe, und von
der L J. 1885 erfolgten Rückkehr der Jahrg. X— XII in das Yaticanische
Arohiv weiss, an meiner Erklärung der »XI libri* Innocenz III. fest; ich
glaube aber dargethan zu haben, dass dieselbe nicht so thöricht und unklug
war, wie sie H. D. hinstellt.
Es lohnt sich nun H. D. nicht mehr der Mühe, » auf meine Erklärungs-
versuche der im Inventar v. J. 1869 den übrigen Begisterbänden (!) bei-
gesetzten Zahlen einzugehen.* »Man kenne nun meine Methode.* Trotz-
dem konnte ich es mir doch nicht versagen, die Angaben des Inventars
V. J. 1389 mit denen v. J. 1369 und meinen Erklärungen zu vergleichen;
das Resultat dieser von H. D. al& überflüssig erklärten Arbeit stelle ich
im folgenden kurz zusammen, ohne mich in eine Charakteristik der oben
wiedergegebenen Bemerkung auch nur mit einem Worte einzulassen.
Honorius IIL Denifle p. 21. 90. R. Si 279.
1369: Y Libri. — Jetzt 5 Bände.
1339: Yol. I. Jahrg. 1. 2. Yol. U. Jahrg. 8. 4. Yol. IIL Jahrg. 6. 6.
Yol. lY. Jahrg. 7. 8. Yol. Y. Jahrg. 9. Yol. YI. Jahrg. 10. 11.
Ich deute die »Y libri*, dass die Jahrgänge so wie heute zusammen-
gelegt waren. Es stellt sich nun heraus, dass für 1339 dies wirklich bei
den ersten 4 Bänden zutrifft; dagegen waren damals die letzten 3 Jahr-
gänge in 2 Bände vertheilt, während sie jetzt einen bilden. Hieraus er-
klärt sich d^nn auch die Differenz zwischen 6 und 5 Bänden in den gegen-
übergestellten Inventaren.
Gregor IX. Denifle p. 21. 83. B. St. 280.
1869: X Libri. — Jetzt 7 Bände.
1339: YoL L Jahrg. 1. 2. 3. YoL IL Jahrg. 4. 5. YoL UI. Jahrg. 6.
YoL lY. Jahrg. 7. Yol. Y. Jahrg. 8. Yol. YI. Jahrg. 9. YoL YII.
Jahrg. 10. YoL YIIL Jahrg. 11. YoL IX. Jahrg. 12. 13. YoL X.
Jahrg. 14. 15.
Die Yertheilung der 15 Jahrgänge auf die X libri erkläre ich nicht
vornehmen zu können. Jedoch wird meine auf Grund eines späteren In-
ventars ausgesprochene Yermnthung, dass Jahrg. 4. 5 einen Band gebildet
hätten, durch das Inventar v. 1339 bestätigt
Innocenz lY. Denifle p. 22. 75. R. St. 280.
1369: X Libri; und an anderer Stelle »alius liber oontinens Regestrnm
Innocentii pp. IUI. — Jetzt 3 Bände.
1339: Yol. L Jahi^. 1. YoL IL Jahrg. 2. Yol. IIL Jahrg. 8. Yol. lY. Jahrg. 4.
Yol. Y. Jahrg. 5. YoL YI. Jahrg. 6. Yol. YU. Jahrg. 7. Yol. YIIL Jahrg,8.
Yol. IX. Jahrg. 9. Yol. X. Jahrg. 1 0. Yol. XL Jahrg. 1 1 . Yol. XII. Jg. 1 2.
Ich erkläre, dass die erste Angabe des Inventars den jetzt erhaltenen
10 Jahrgängen entspreche. Den »alius liber* bin ich geneigt, für den
Liber super negotio Imperii Innocenz lU. zu halten, oder in ihm die jetzt
im Archive fehlenden Jahrg. 6. 7 vereint in einem Bande zu denken.
698 Ealtenbranner.
Das Inventar von 1339 löst diesen Zweifel nicht; aber es ergibt sieh aus
ihm, dass für dieses Jahr meine Yermuthang, dass die Jahrgänge einzeln
lagen^ zntrifiiL Bis 1369 hat also entweder eine Umstellung derselben
stattgefunden, oder es ist eine von den 2 gebotenen Erklärungen des »alins
liber* richtig.
Alexander lY. Denifle p. 22. 78. R. St. 279.
1369: Vll Libri. — Jetzt 2 Bände.
1339 : Vol. I. Jahrg. 1. Vol. H. Jahrg. 2. Vol. IH. Jahrg. 3. Vol. IV. Jahrg. 4.
Vol. V. Jahrg. 5. Vol. VI. Jahrg. 6. Vol. VII. Jahrg. 7.
Meine Deutung, dass alle 7 Jahrgänge einzeln »gebunden* waren, wo-
bei der jefzt in Paris befindliche Jahrg. 7 noch im Archive befindlich an-
genommen werden müsse, wird bestätigt.
Urban IV. Denifle'p. 22. 81. R. Si 280.
1369 : III Libri. — Jetzt 4 Bände.
1339: Vol. I. Jahrg. 1. 2. Vol. IL Registr. de litteris beneficiorum (T. 29).
Vol. IIL Jahrg. 3. 4. VoL IV. Cameralband (T. 27).
VoL V. jetzt verloren.
Ich deute die III Libri auf die auch jetzt in 2 Bände getheilten vier
Jahrgänge (T. 26. 28) und auf den Tom. 29; fuge aber bei: »wir könnten
aber auch den Kladdenband des Cameral- Registers (T. 27) schon in der Serie
stehend annehmen, wobei wir dann die 4 Jahrgänge der T. 26. 28. in
einen Band zusammenlegen oder den Abgang eines derselben vorauasetzen
müssten, lyobei wir dann, gestützt auf ein späteres Inventar, zu T. 26
greifen würden.*
Clemens IV. Denifle p. 22. 82. R. St. 279.
1369: n Libri. — Jetzt 7 Bände.
1339: Vol. L Jahrg. 1. 2. Vol.n. Jahrg. 3. 4. Vol.IIL Cameralband (T. 31).
Ich erkläre die II libri damit, dass 1369 die jetzt in einem Bande
(T. 32) vereinten 4 Jahrgänge in 2 Bände abgetheilt waren. Das ent-
spricht also der Zusammenstellung i. J. 1839; der Cameralband mag 1369
vielleicht wieder anderswo aufbewahrt gewesen sein. Bei obiger Deutung
hielt ich mir auch die Möglichkeit offen, dass einer der Bände 30. 33 — 36
oder deren Original mit inbegriffen sei, wobei dann die 4 Jahrgänge wie
jetzt in einem Bande vereint gedacht werden müssten.
Gregor X. Denifle p. 22. 86. R. St. 279.
1369: II Libri. — Jetzt 1 Band.
1339: Vol. I. Jahrg. 1. 2. Vol. IL Jahrg. 3. 4.
Meine Erklärung, dass die jetzt in T. 37 vereinten 4 Jahrgänge in
2 Bände getheilt waren, wird bestätigt.
Innoconz V. Denifle p. 22. 78. R. St. 281.
Von diesem Papste fehlt jetzt das Registrum und auch 1369 wird
keines angefahrt.; dagegen verzeichnet das Inventar v. J. 1339 einen Band.
Genaue Inventurisirung i. J. 1369 vorausgesetzt, erhellt hieraus, dass zwi-
schen der Ankunft der Register in Avignon und ihrer Inventarisirung i. J.
1369 doch Verluste eingetreten sein können, was U. D. p. 25 in der
Polemik gegen mich für unmöglich erklärt.
Zur Abwehr. 699
Johann XXI. Denifle p. 22. 93. B. St. 279.
Entsprechend dem jetzigen Bestände führen beide Inventare einen
Begisterband dieses Papstes an.
Nico lau 8 IIL Denifle p. 22. 88. B. St. 281.
1369: IV Libri. — Jetzt 2 Bände.
1339: Vol. I. Jahrg. 1. Vol. IL politischer Band (T. 40),
Vol. III. Jahrg. 2. Vol. IV. Jahrg. 3.
Ich deute die IV libri richtig dahin, dass die 3 Jahrgänge des T. 39
(d. i. in der fortlaufenden Serie) 3 Libri bildeten, und dass der 4. liber
der 2. (politische) Begisterband Nicolaus III. (T. 40), in welchem die Jahr-
gänge zum Unterschied vom andern nicht räumlich geschieden sind, sei.
Martin IV. Denifle p. 23. 92. B. St. 281.
1369: II Libri. — Jetzt 2 Bände.
1339: VoL L Jahrg. 1 . 2. Vol. H. Jahrg. 3. 4. VoL ni. Cameralband (T. 4?).
Ich lasse es dahin gestellt sein, ob mit den U libri der jetzige Be-
stand repräsentirt sei, oder ob die jetzt in T. 41 vereinigten 4 Jahrgänge
in 2 Libri getheilt waren, da der cameralistische Inhalt des T. 42 ver-
muthen lasse, dass er einen andern Aufbewahrungsort gehabt habe.
Honorius IV. Denifle p. 23. 92. B. St. 281.
1369: IV Libri. — Jetzt 1 Band.
1 339 : Vol. I. Jahrg. 1. Vol. IL Jahrg. 2. Vol. lU. Cameralband in Paris.
Ich constatire hier einen Verlust von mindestens 2 Bänden, indem
ich mir die 2 Jahrgänge noch getrennt liegend dachte, was i. J. 1339 that-
sächlich der Fall war. Bezüglich des Verlustes wies ich auf einen von
Garampi notirten Pariser-Codex hin ; dieser ist höchst wahrscheinlich identisch
mit einem Bruchstücke des Vol. III v. J. 1339.
Nico lau 8 IV. Denifle p. 23. 89. B. St 279.
1369: V libri. — Jetzt 3 Bände.
1339: VoL L Jahrg. 1. Vol. IL Jahrg. 2. VoL IH. Jahr^. 3. VoL IV.
Jahrg. 4. 5. Vol. V. Cameralband in Paris.
Hier habe ich, den Cameralband nicht kennend, vielleicht eine irrige
Deutung der V Libri dahin groben, dass alle 5 Jahrgänge geordnet in
5 Libri gelegen hätten.
Aussee, im September 1886. Kaltenbrunner.
Es kam mir sehr gelegen, dass ich gerade in Bom von dem H. Unter-
archivar P. Denifle dessen Abhandlung über die päpstlichen Begisterbände
des 13. Jahrh. überreicht erhielt. Ich konnte dort mit dem H. Verfasser
über seine und über die von ihm scharf kritisirte Arbeit Kaltenbrunners
reden und ich konnte mir sofort den einen und den andern in Bede stehen-
den Begisterband vorlegen lassen und mir ein eignes Urtheil über die strei-
tigen Punkte bilden. Werde ich mich auch hüten, auf einige' Stichproben
bin einen Anspruch über die äusserst verwickelte Hauptfrage zu thun, so
glaube ich doch etwas zu einer Verständigung beitragen zu können. In
dieser guten Absicht und in Erwartung einigen Erfolges ergreife auch ich
das Wort Ich schicke voran, dass ich mich in vielen Punkten für Denifle
und gegen Kaltenbrunner erklären muss. Und doch nehme ich des let^ren
700 Sickel.
Arbeit, damit auch dessen Person in Schu^. Einerseits bin ich selbst da-
für verantwortlich, dass er, wie sein Kritiker mit Recht bemerkt, mit un-
zureichendem Material gearbeitet hat. Anderseits meine ich darthun bu
können, was D. nicht gelten lassen will, dass es bei dieser Arbeit K. als
Grast im Yaticanisohen ArchTve mit dessen Beamten nicht aufnehmen konnte.
Mit alledem, was ich so zur Entschuldigung K/s beibringe, trete ich P.
Denifle in keiner Weise zu nahe. Und dessen freue ich mich, denn ich
schlage nicht allein die Verdienste des Forschers und des Archivars D. sehr
hoch an, sondern ich fühle mich auch, wie ich an anderm Orte weiter aus-
führe, ihm persönlich zu Dank verpflichtet Nur kann selbst das mich
nicht abhalter , auch Öffentlich auszusprechen , wie ich von D.'s Kampfes-
weise denke, dass er n&mlich in der Polemik gegen K. weiter gegangen
ist, als es die Widerlegung von Irrthümem und Trugschlüssen erforderte.
Kaltenbrunner war, als er in den J. 1881 — 1883 wiederholt nach
Rom entsendet wurde, eine bestimmte Aufgabe gestellt worden, wie ich
bereits in den Mitth. 6, 204 berichtet habe. War er dabei von mir, wel-
chem die Leitung und Ueberwachung der Arbeit oblag, von Anbeginn an
angewiesen worden, die als Quellen für die Geschichte der ersten Habsburger
in Betracht kommenden Register, Privilegien- und Formelsammlungen auf ihre
Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit hin zu prüfen, so entstand doch bald
eine Differenz zwischen K. und mir betreffii des Ausmasses der Quellenunter-
suchung. Ich wollte diese, damit die Hauptarbeit möglichst bald zum Ab-
schlüsse gelange, eingeschränkt wissen, während K. sich in dieselbe immer
mehr vertiefen und sie, um die Einrichtungen und das Wesen der Re-
gistratur zu ergründen, nach rückwärts und nach vorwärts ausdehnen wollte.
Die Entscheidung, welche mir zustand und für K. massgebend war, lautete
dahin, dass K. sich mit cursorischer Prüfung der Register bis Gregor X.
begnügen und von der Prüfung der Register des 14. Jahrb. ganz absehen sollte.
Trifit somit der von D. gegen K. erhobene Torwurf leichtfertiger Arbeit
nicht K., sondern mich, oder erklärt sich die Thatsache, dass sich K. als Er-
forscher der Register innerhalb gewisser Schranken gehalten hat, aus
der Natur des ihm ertheilten Auftrags, so kann allerdings die Frage
angeworfen werden, inwieweit er unter solchen Umständen berufen war,
sich in den Römischen St dien I. im Allgemeinen über die päpstlichen Re-
gister des 13. Jahrh. zu äussern. In der That ist K. bei cursorischer Prüfung
manche wichtige Notiz entgangen ^). Er hat femer mit zu grosser Zuversicht
die eine und die andere Behauptung aufgestellt, welche sich sofort als un-
haltbar erwiesen hat. Hat er den Schaden davon z i tragen, so sollte doch
auch einerseits der von ihm gemachte Vorbehalt, das Thema nicht erschöpfen
zu können, beachtet') und anderseits sein relatives Verdienst gebührend
gewürdigt worden. Sagt doch Denifle selbst, dass sich K. eingehender als
0 Ich fthre gleich hier den Ansatz von G. Digard, La s^rie des re^pstres
Sontificaux du l€e si^cle (Bibl. de TEcole des chartes 47, 80—87) an. Die be-
entaame Rasur in n^ 50 war K. (s. S. 65 Anm. 2, dazu Digard 82) nicht eni-
mxigen. Dagegen f&hrte er aus den Bänden BonifEiB VIII. , n^ 47 — 50 nur drei
Kandbemerkungen an, Disard dagegen fünf. Ebenso fibersah K. in andern Bänden
gewisse Notizen oder funrte sie wenigstens in seiner Abhandlung nicht an.
*) Denifle wfirde ee sicher unangenehm berflhren, wenn seine analoge Verwahrung
auf 8. 64 Qbersehen würde.
Zur Abwelir. 701
andere Gelehrte mit diesen B^gistem bescli&ftigt (ß. 24) und dass er in man-
chen Punkten mehr als seine Vorgänger oder richtiger als diese gesehen hat
(S. 27, 66, 38, 60). Trotzdem kommt in der G^genschnft das, wofür wir E.
am meisten zu danken haben, nicht zu rechter Geltung. Digard, welcher ja
ebenÜEdls gegen K. auftritt, äussert sich da ganz anders als Denifle. Le
caract^re original et oificiel des registres pontificaux du 13^ si^le conserv^
aux archiyes da Yatican n' ayait fait jusqu* id Tobjet d'aucun doute^). M.
Kaltenbrunner vient de contredire, ümidement il est vrai, l'opinion com-
mune, et a soulev^ ainsi un probl^me interessant, non seulement pour la
oritique, mais aussi pour Thistoire de oes importants manuscrits .... La
gravite de ces oonclusions nous engage ä suivre Tinvitation que M. K. adresse
ä tous ceuz qui s' occupent des registres pontificaux. Weist nun Digard nach,
dass die Begister Bonifacius YIII. uns in der ursprünglichen Gestalt erhalten
sind, so wird damit der Ausspruch E.*s über die Mehrzahl der Begister des
13. Jahrh. um so weniger umgestossen, als er mit dem Vorbehalt verbunden
ist, dass es noch der genauesten Untersuchung eines jeden Bandes bedarf,
um über Originalität oder Nichtoriginalität ein Urtheil zu fällen^. Doch
um auf Denifle zurückzukommen, so pflichtet ja auch dieser gelegentlich
(S. 63) der Ansicht K.*8 über »das Gros der Begisterbände * bei und tritt,
indem er den einen und undem Beweis seines Vorgänger entkräftet und uns
dafür bessere Beweise bietet, gerade zu deren Gunsten ein. E.'s Abhandlung
verdient somit trotz ihrer Mängel alle Beachtung und wird sie zweifelsohne
auch noch finden.
Um einen zweiten Punkt, in dem Denifle E. nicht gerecht geworden
ist, zu berühren, muss ich zuvor von dem jetzigen Vaticanischen Archive,
wie ich es kennen gelernt habe, reden ^). Nicht allein Leo XIIL sind wir
alle, welche in den letzten Jahren dies Archiv besucht haben, für die liberale
Eröflhung desselben Dank schuldig, sondern auch sämmtlichen Herren Be-
amten, vom Cardinalpräfecten bis zu den Scriptoren herab, weil sie sich red-
lich bemühen, des Pupstes hochherzige Pläne zu verwirklichen. Bei Beginn
des neuen Begimes konnte mit Fug und Becht der für die Gäste her-
gerichtete Arbeitssaal als geräumjg genug betrachtet worden. Ebenso schien
allen billigen Anforderungen durch die Vermehrung der Zahl der Beamten
und durch die im J. 1883 erfolgte Wahl neuer Beamten entsprochen zu sein.
Mehr als wir zu hoflen berechtigt waren, bot" uns das neue Beglement vom
1. Mai 1884. So tri£fl die Vaticanischen Ereise keine Schuld, wenn sich
alle Vorkehrungen und im ersten Moment möglichen Einrichtungen nicht
genügend erweisen in Anbetracht des über Erwarten starken Stromes von
Besuchern und in Anbetracht der von diesen gestellten Forderungen. In-
dem diese reiche Fundgrube der Forschung bisher so gut wie verschlossen
geblieben ist, lässt sich nicht mit einem Male der Heisshunger der Historiker
') Das ist nicht ganz richtig. Zweifel sind doch hie und da schon laut
geworden. Ich verweise z. B. auf das Archiv der Ges. f. ä. d. Geschichtskunde
5, 852, wßi bereits Pertz S Bände der Begister Clemens IV. (er meint wol die jetzt
n® 80, 88, Si signirten, vgl. Ealtenbrunner 261) als erst im 14. Jahrh. geschrieben
bezeichnet. '} Es würde mich zu weit führen, wenn ich mich hier auf eine
Definition von Originalregistem usw. einlassen wollte und ich ho£Pe auch ohne
eine solche verstanden zu werden. ') Ich fi&sse mich hier kurz, da ich an
anderm Orte mich ausführlicher auszusprechen gedenke.
702 Sickel.
aller Länder stillen. Im letzten Winter mussten diejenigen, welohe nidit
täglich im Arbeitssaal erschienen, erst suchen, wo sie einen Platz för einen
Sessel und auf den Tischen Baum für einen Folianten fanden. Den drei Be-
amten, welchen obliegt, die erbetenen Urkunden oder Bände aufzusuchen
und aus entlegenen Sälen herbeizuschaffen, haben wir nicht eine Minute
Buhe gegönnt Wir haben es schmerzlich empfunden, dass der Schleier,
welcher von jeher die archivalischen Schätze verhüllte, nicht sofort gelüftet
werden kann und dass wir, um planmässig und mit Erfolg zu forschen,
fortwährend auf die Einsicht, Erfahrung und Hingabe der Beamten ange-
wiesen blieben und diese Herren doch nicht über Grebühr in Anspruch
nehmen konnten. Die Administration darob anzukl^en, wäre um so un-
gerechter, da sie den besten Willen bekundet, auf dem eingeschlagenen Wege
fortzuschreiten und auch den gesteigerten Anforderungen gerecht zu werden.
Sobald der neue Arbeitssaal der Yaticanischen Bibliothek fertig sein wird,
soll ein grösserer Arbeitssaal auch für das Archiv hergerichtet werden;
aber schon den geeigneten Baum für ihn ausfindig zu machen, hält sehr
schwer. Die Zahl der Beamten mit rechter Vorbildung zu vermehren, ist
die Scuola di paleografia bereits eröffnet worden. Zum Frommen der Graste
und zur Erleichterung des Dienstes ist mit Veröffentlichung von Bepertorien
begonnen worden. Für gewisse Arbeiten kommt uns D. Gregorio's Manu-
ductio doch recht zu statten. £3 wird daran gedacht, eines der besseren,
im vorigen Jahrhundert angelegten Bepertorien auch den Fremden zugäng-
lich zu machen. Indessen wird nach Thunlichkeit einzelnen Besuchern durch
diese und jene Begünstigung geholfen. War gerade der Saal minder besucht
und damit den Archivaren mehr Masse gegönnt, so wurde den Anwesenden
sofort die gleichzeitige Bennt^zang mehrerer Urkunden oder Bände gestattet
Mir und ebenso andern wurde lür Arbeiten, die sich nicht füglich im
gemeinsamen Saal durchfahren Hessen, eines der für den internen Dienst
reservirten Zinuner angewiesen ; natürlich musste mir ein Beamter zur Auf-
sicht beigegeben werden, weshalb ich nur im äussersten Fall von solcher
Erlaubnis Gebrauch machen konnte. Galt es Urkunden aufzusuchen, deren
Signaturen ich nicht kannte und deren Inhalt und Datum ich auch nur
annähernd anzugeben vermochte, so opferte etwa einer der Herren Archi-
vare mir allein seine ganze Zeit; auch diese Bevorzugung durfte ich doch
nur ausnahmsweise in Anspruch nehmen. Kurz, jeder von uns, der von
der Sohwierigkeit und Verantwortlichkeit des Archivdienstes und zumal in
dem päpstlichen Archive eine Vorstellung h«it und auch billig denkt, vrird bei
aller Dankbarkeit für das, was uns heutzutage im Vatican geboten wird, sei-
nem Drange zu forschen, Zügel anlegen, um nicht ungebührliches oder ge-
radezu unmögliches zu fordern.
Eine der Folgen dieser Sachlage ist, dass, wenn bei gleicher Befolgung
und bei gleichem Eifer ein Gast und ein Aichivar sich dieselbe Aufgabe
stellen, jener im Vergleich zu diesem entschieden im Nachtheil ist Das
erleben wir ja in jedem Archiv und vollends in dem Vaticanischen. Suchet,
so werdet ihr finden — dies gilt hier im Grunde nur von dem Beamten.
Der Fremde mag noch so lebhaft wünschen und noch so dringend bitten,
dass der Archivar für ihn suche, des Erfolges, selbst des möglichen, wird
er doch nicht sicher sein. Für mich war das ein Grund mehr, mich in meinen
Anforderungen zu massigen. — P. Denifle erzählte mir einmal, dasi er darauf
Zur Abwehr. 703
verzichtet habe, in einem gewissen Staatsarchive za arbeiten, da ihm alle
seine Mühe vergeblich erschienen sei. Er meinte dort auf üblen oder doch
anf geringen Willen gestossen zu sein. Doch auch wenn dem nicht so ge-
wesen ist, würde er bei den Einrichtungen des betreffenden Archives nicht
dieselbe Freiheit zu forschen gehabt haben, wie etwa in Wien oder in Paris.
Und wird die Arbeit in den letztgenannten Archiven jedermann leicht ge-
macht und zamal Grelehrten von Kaf und Ansehen, zu denen P. Denifle
zfthlt, so wird dieser doch selbst zweifelsohne die Erfiihrung gemacht haben,
das8 er weder in Paris noch in Wien ganz so zu schalten und zu walten
vermochte, wie daheim in seinem Yaticanischen Archive.
In seiner Abhandlung über die Kegiater hat P. Denifle an diese Yor-
theile, welche er dank seiner Stellung im päpstlichen Archiv vor £. voraus
hatte, nicht gedacht oder er hat sie mindestens zu gering angeschlagen. Es
gereicht ihm sicher zu grossem Verdienste, dass er seine Untersuchungen über
die Begister auch auf die nach Paris verschlafenen Bände oder Fragmente
ausgedehnt und dass er überhaupt nach dem Vorgänge K.*s intensiver als
dieser das Thema bearbeitet hat. Er darf sich auch mit Becht rühmen, dass
er suchen musste und gesucht hat. Aber dass er, was die Ausbeutung der
Yaticanischen Schätze anbetrifft;, in derselben Position gewesen sei, wie andere
(S. 47 Anm. 5), ist nicht richtig. Wenn K. den Namen Johann Lardati und
dieses Mannes Handschrift, ohne irgend welche Anhaltspunkte zu haben, in
der grossen Serie der nachfolgenden Begister hätte aufspüren wollen, was
würde ihm W^ Balan , an den er sich damals hätte wenden müssen, wol
geantwortet haben ? Ich will mich hier auf das eine Beispiel beschränken,
da K. zuvor schon selbst ausgeführt hat, dass ihm in mancher Hinsicht die
Hände gebunden waren.
Erklären sich schon daraus mehrere Fehler, welche K. als Paläograph
und als Diplomatiker sich hat zu Schulden kommen lassen , so fällt noch ein
anderer Umstand sehr ins Gewicht. Die einstige Unzugänglichkeit der päpst-
lichen Archive hat zur Folge gehabt, dass wir über die Entmcklung und
Verwendung der Schriftarten in Bom und speciell an der Cmie noch mangel-
haft unterrichtet sind. Auf die von Bom in alle Welt versandten Bullen ist
allerdings schon seit Mabillon geachtet worden. Doch aus ihnen allein ver-
mögen wir nicht mit Sicherheit zu entnehmen, wie es sich in diesem oder
jenem Jahrhundert mit der curialen Schrift verhalten hat, so dass wir noch
bei mancher Bulle darüber streiten, ob sie Original sei oder nicht. Wahr-
nehmungen, die sich mir bei dem ersten Besuche des päpstlichen Ar-
chives aufdrängten, habe ich auch in der Folge inuner von neuem gemacht.
Zumeist finden wir in Bom dem Abendlande gemeinsame und Italien in
grösserem oder geringerem Umfange eigenthümliche Alphabete gleichzeitig
in Gebrauch. An den Schriftdenkmälern beider Art, wenn sich wenigstens
annähernd ihre Entstehungszeit bestimmen Hess, fiel mir nun mehrfach auf,
dass die Schrift im Vergleich mit der in andern Ländern entweder antiquirt
oder auch jünger erscheint Kurz, ich kam hier mit den allgemein aner-
kannten Begeln für Zeitbestimmung nicht aus und überzeugte mich, dass
die Lehre von der römischen Schrift überhaupt noch nicht ezistirt^). Diese
<) Der gleichen Meinung war der selige Diekamp, dem P. Denifle mehr&ch
Einblick in seine Vorarbeiten zu der Abhandlung Ober die Begister gewäluii hatte.
704 Sickel.
Lücke in miflerm Wiasen aüszaf&lleii, wird fOr die Zeit bis zu Innocenz IIL
^ders yonogehen sein als ftir die folgenden Jahrhunderte. Betraft der
ersteren Periode ist nicht zu erwarten, dass aus dem Yaticanischen oder aas
anderen römischen Archiven noch viele bisher unbekannte Originalbullen
oder sonstige Aufzeichnungen der päpstlichen Kanzlei zum Yorsehein kom-
nen werden. Aber anderes nicht minder lehrreiches Material scheint noch
reichlich vorhanden zu sein. Die scriniarii s. Bomanae eoclesiae haben nlm-
ich nicht allein die Bullen mundirt, sondern auch Documente anderer Art
tlr die CuriCi für die Kirchen in Born und für Privatpersonen geschrieben.
£rfllhrt man nun schon aus den erst zum geringen Theile verOfientlichten
Arbeiten Galletti's (ich beschränke mich auf Nennung dieses einen Forschen
auf dem Gebiete der Localgeschicht6)| dass sich bis zu seiner Zeit ausseihalb
des Yaticans ein reiches und weit zurückgehendes urkundliches Material er-
halten hatte, so wurde mir versichert, dass diese Schätze intact geblieben sind.
In einem Fall vermochte ich selbst das auf indirectem W^e zu constatiren:
die Originalurkunden des Capitels von S. Maria in Yia lata reichen bis in die
erste Hälfte des 10. Jahrh. zurück. Was mir gelegentlich zu Gesichte ge-
kommen ist, so die mit 1138 anhebenden Urkunden des Engelsburg-Azchivs,
welche wir so eben als Documenti per la stoiia ecdesiastica e dvile di Boma
zu veröffentlichen begonnen haben ^), hat mich vollends überzeugt, dass die
Geschichte der Schrift in Bom bis 1200 noch zu schreiben ist. Noch drin-
gender scheint mir im Hinblick auf die mit 1198 beginnende Serie der
Begister, dass wir die in ihnen vorkommenden Schriftarten der Zeit nadi
mit Sicherheit bestimmen lernen. Fanden unsere Yorgänger nur selten Ge-
legenheit, die betreffenden Bände selbst einzusehen, und erhielten sie dann
zumeist nur vereinzelte Bände zugewiesen, so standen sie überdies unter dem
Banne der Annahme, dass es sich vorherrschend um Originalregister oder
doch um fast gleichzeitige Copien (Prachthandschriften) handle, eine An-
nähme, welche jetzt hinfällig geworden ist. Dies alles erklärt, dass Pertz
Palacky, Dudik, Munch, Berger, Kaltenbrunner, Ottenihal, die Editoren des
Begistrum Clementis Y. u. a. in einzelnen Zeitbestimmungen mehr oder
minder fehlgegriffen haben, wie es jetzt P. Denifle nachgewiesen hat. Dass
Pertz und seine Nachfolger doch hie und da stutzig geworden sind, darf
wenigstens nicht verschwiegen werden. Der einzige Gast des Yaticanischen
Archivs, welcher in der Altersbezeichnung nicht zu weit zurückgegriffen hat,
ist Delisle, welcher allerdings mehr als irgend ein Zeitgenosse zu sehen und
zu prüfen in der Lage war und sich immer als unser aller Meister bewährt
hut Doch, irre ich nicht, so ist Denifle in einzelnen Fällen auch mit De-
lisle nicht ganz einverstanden — ein Beleg mehr, dass wir noch der wün-
schenswerthen Sicherheit entbehren. Denifle ist zweifelsohne in den Hand-
schriften der späteren Jahrhunderte, aus welchem Lande sie stammen mögen,
sehr bewandert Und hat er seit seiner Anstellung im Yaticanischen Archive
mit staunenswerthem Fleisse und mit beneidenswerthem Scharfblicke dessen
Schätze und insbesondere auch die Begisterserien immer und immer wieder
Erst auf die aus andern . Begistem beigebrachten Beweise hin hatte Diekamp
P. Denifle beizupflichten vermocht.
*) Studi e documenti di storia e di diritto, anno Yll. — Den Drucken wer-
dpn auch einige Facsimiles beigefllgt werden.
Zur Abwehr. 705
geprüft, hat er im vollsten Sinne des Wortes vergleichende Stadien anstellen
und dabei in zweifelhaften Fällen bestimmte Anhaltspunkte für die Datiran;
der Manoscripte gewinnen können, so werden wir ihn gern als Autorität and
Lehrmeister auf diesem speciellen (Gebiete anerkennen und das um so mehr,
als es ja selbst gleioh uns bekennt, dass wir noch viel&ch im Dunkeln
tappen, und als er zumebt recht vorsichtig in seinen Aussprüchen als Paläo^
graph ist, wo diesen noch keine Stütze in andern Momenten geboten isti
Dem P. Denifle also alle Ehre; doch deshalb unterschreibe ich noch nioht,f
was er von Kaltenbrunners geringem Berufe und geringer Befllhigung in.
Bezug auf Schriftkunde sagt
Wer sich je einmal über die Begister des 13. Jahrh. und spedell über
das Alter der einzelnen Bände hat vernehmen lassen, wird von unserm grund-
gelehrten und wachsamen Unterarchivar in etwas berichtigt, sei er Cardinal
oder Conventuale, Geistlicher oder Laie^ dieser oder jener Nation, dieser oder
jener Confession oder Sichtung. Was Denifle unrichtig oder unwahr erscheint,
lässt er nicht ungerügt. Doch besteht ein Unterschied in der Art, in wel-
cher er seinen wahrhaft heiligen Censoreneifer bekundet. Zu unterst auf
der Scala stehen die Bericlitigungen auf S. 19 Anm. 4 oder auf S. 49 Anm. 2
zu gewissen Angaben in der BibUoth^ue de T^le des chartes und in un-
serer ZeitschrifL Ich musste erst nachschlagen, um zu erfahren, dass L.
Richard und W. Diekamp die von Denifle beanstandeten Aeusserutigen ge-
than hatten. Ich verfolge hier nicht von Stufe zu Stufe die aufsteigende
Linie. Dass Kaltenbrunner obenan steht, weiss jeder Leser der demselben
zu Theil gewordenen Entgegnung. Dass er dies nicht blos dem S. 24 be-
tonten eingehenden Studium der Frage verdankt, kann ich nicht unaus-
gesprochen lassen. Doch was da weiter hineinspielt, gehört nicht in die
öffentliche Besprechung dieser literarischen Fehde.
Ich will endlich einige der Angaben Kaltenbrunners, welche ich selbst
unrichtig befunden habe, besprechen ^). Auch ohne Denifles Abhandlung zu
kennen, hätte ich gleich ihm die Indices zu den Bänden 10, 28, 29 (jetzige
Zählung) der Schrift nach um die Mitte des 14. Jahrh. angesetzt; ich wundere
mich, dass K. dies verkannt hat. Dasselbe habe ich von der Schrift des
Martin de Stans (Denifle 46) zu sagen. Auch den Lesefehler Eichlus statt
aaill(elm)us (K. 216, D. 48) hätte sich Kaltenbrunner nicht zu Schulden
kommen lassen sollen. Auf Flüchtigkeit bei der Ausarbeitung oder auf
Ungenauigkeit des Ausdrucks läuft es hinaus, dass K. 262 das Wort lega-
tur als mehrmals in Beg. 6 vorkommend bezeichnet; es findet sich in der
That (D. 55) nur zweimal eingetragen. Dass K. sich nicht bestimmt äussert,
welcher Zeit diese Bandbemerkung angehört, ist wahr. Gleichzeitigkeit nimmt
er nicht an, denn er redet von späteren Notizen. Er hätte aber, um Miss-
verständnissen vorzubeugen, doch dies später genauer bezeichnen und er
') Ich wiederhole, dass ich nur einiffen Differenzen nachzugehen die Zeit
hatte. Dass K. selbst die Belehrunffen Denifles bereits zum gössen Theile willig
angenommen hat, hält mich nicht ao, auch meinerseitB den emen und den andern
Fafi zu berühren. Ich untersuche dabei nicht, ob K. in der That sich so be-
stimmt, wie Denifle annimmt, ausgesprochen hat oder nicht. Ich möchte eher
mit Digard Kaltenbrunner einen Vorwurf daraus machen, zu ängstlich gewesen
und über Einzelheiten, über die wir gern unterrichtet worden wären, hinweg-
gesdilüpft zu sein.
MittheUosceii YIL 45
706 Sickel.
hätie ebenso gat, wie D. 55 auf dem ersten Blick erkennen sollen, dsss
diese Sclirift nicht vor die Mitte des 18. Jahrh. gesetzt werden kann. I>och
genügt mir in diesem Falle auch noch nicht» dass Denifle nor nach rück-
wärts eine Zeitgrenze angibt und dahin gestellt sein Iftsst, ob wir uns für
die zweite Hälfte des 18. Jahrh. oder etwa für spätere Zeit entscheiden
sollen. Es ist sehr denkbar, dass dieser wichtige Band (es handelt dich am
Innocenz UI. super negotio imperli) in der Folge wiederholt za Bathe ge-
zogen und daher mit Glossen verschiedener Perioden versehen worden ist
Sehe ich aber vor der Hand von dieser Möglichkeit ab und ziehe ich auch
längere Eintragungen in diesen Band, wie auf f 17 und 22 in die Unter-
suchung ein, so würde ich diese und demnach auch l^gatur auf Grand
meiner bisherigen Kenntnisse als erst um 1850 geschrieben erklären müssen.
Und so finde ich mich auch in einer andern Frage mit Denifle nur, inso-
weit als er K. widerspricht, im Einklang. Nach D. würde nämlich die
Folürung in den Bänden 28, 29 in die zweite Hälfte des 14. Jahrk. ge-
hören, was mir als zu früher Ansatz erscheint. Möglicherweise ist hier D.
in ähnlicher Weise wie sein Vorgänger durch eine Voraussetzung beeinfloast
worden. K. hatte gewisse Erscheinungen mit Urban IV. in Verbindung ge-
bracht und hatte sie deshalb in das Pontificat dieses Papstes gesetzt. In-
dem dem gegenüber D. den Beweis erbrachte, dass man sieb unter Urban V.
vielfach mit den Begistem der Vorgänger beschäftigt hat, nahm er (s. S. 50)
auch Folürang zu dieser Zeit an^). Halte ich nun diese Folürung för be-
deutend jünger, so will ich auch offen sagen, was mich dazu bestimmt:
diese Blattzahlen schienen mir ganz gleich denen in den mir am häufigsten
darch die Hände gegangenen Begistem des 15. Jahrh.; doch bin ich nicht
mehr dazu gekommen, die Sache weiter zu verfolgen und eigentliche Ver-
gleiohung vorzunehmen. Und ich wage nur in dem Sinne diese und einige
andere Aussprüche des H. Unterarchivars mit einem Fragezeichen z.i ver-
sehen, dass ich meine, dass auch er noch nicht die Zeit gehabt hat, seine
bevorzugte Stellung nach allen Seiten hin auszunützen und daher noch
nicht im Stande is^ über jede Specialität das letate Wort, wie wir es gerade
von ihm erhoffen, zu sprechen.
Ich kehre zu Ealtenbrunners Abhandlung zurück. Es trifft ihn hart» dass
er so oft als'Paläograph gefehlt hat und so auch in Punkten, aus denen
er dann Folgerungen gezogen hat. Dass letztere mit den unrichtigen Zeit-
bestimmungen hinfällig geworden sind, ist lediglich seine Schuld. Anders
steht es damit, dass ihm die Geschichte des Transportes des päpstUchen
Archives noch nicht so bekannt war, wie sie jetzt durch die Publi-
cationen von Ehrle und Denifle aufgehellt worden ist» und dass er spedeil
von der Existenz des Inventars vom 15. März 1889 noch keine Ahnnng
hatte. War er somit» wie auch sein Gegner wiederholt anerkennt» bei sn-
nen Untersuchungen auf das erst im J. 1369 zu Avignon angelegte In-
ventar angewiesen, so war doch meines Ermessens die Berufdng auf das-
selbe nicht so tadelnswerth oder nicht so unklug, wie D. 24 meint. Und
überhaupt geht D. in seiner Verwerfung der » Hypothesen modemer Diplo-
*) Noch beseiohnender heisst es in D. 85, dass er gewisse Indices der Schiift
noch in spätere Periode setzen würde, aber doch Entstehung unter Urban V.
wahrsoheinliGAier findet.
Zur Abwehr. 707
matiker« und in der Brandmarkang dar Gombinationen zu weil Ich unter-
sache nicht, ob sich nicht etwa auch in Denifle*8 Schriften Gombinationen
nachweisen lassen. Ich erörtere nur die prindpiellen Fragen. Indem wir
in unserer Arbeit immer wieder anf Lücken im Material stossen, müssen
wir wol oder übel diese, um den Zusammenhang der Dinge herzustellen,
mit Annahmen überbrücken. Auch die exacteste Forschung kann derselben
nicht entrathen und hat nur darüber zu wachen, dass Hypothesen nicht
für mehr ausgegeben und angesehen werden, als sie sind. Dass sie so
häufig durch Entdeckung neuer Thatsachen über den Haufen geworfen
werden, ist kein genügender Grund, sich derselben ganz zu entschlagen.
Verdanken wir ihnen doch auch wieder, eben weil sie subjecüv und nicht
jedermann mundgerecht sind, den Antrieb zu neuer Untersuchung, zu fort-
gesetzter Forschung und im günstigen Falle zu neuen, das Material ver-
Yollständigenden Funden. Als kritischer Kopf möge also P. Denifie jede
einzelne Hypothese mit allen Mitteln prüfen und eventuell verwerfen oder
vernichten. Aber er schiesst über das rechte Ziel hinaus, wenn er über
die Ck)mbination in Bausch und Bogen den Stab zu brechen versucht, und
er wird der modernen historischen Wissenschaft nicht gerecht, wenn er sie
beschuldigt, sich mehr als in früheren Zeiten geschehen sei, mit Hypothesen
zu behelfen und zu schmücken.
Brauche ich deshalb zu versichern, dass ich mich mit dem Herrn
Unterarchivar durchaus eins in den Postulaten ezacter Forschung weiss?
Ein Compliment, welches er mir gelegentlich, um Kaltenbrunner zu grösserer
Vorsicht anzuspornen, macht, gebe ich ihm in alier AuMchtigkeit zurück.
Ja, ich beneide ihn, dass er auf dem weiten Gebiete, für welches wir von
den Vaticanischen Schätzen noch zahlreiche Berichtigungen und neue Auf-
schlüsse erhoffen, dank seiner amtlichen Stellung, seine Befidiigung und
Schulung mehr als wir alle zur Förderung der historischen Erkenntnis
geltend machen kann. Es ist schon ein grosser Gewinn für uns, dass jetzt
ein auf deutschen Schulen gebildeter und in der deutschen Wissenschaft
ebenso wie in der Wissenschaft anderer Länder heimischer Mann als Be-
amter der päpstlichen Archive den Verkehr mit der gelehrten Welt zu ver-
mitteln berufen ist. Wir verdanken jedoch ihm als Historiker und er-
warten von ihm noch mehr. Erst drei Jahre im päpstlichen Archive an-
gestellt, hat er bei gewissenhafter Erfüllung aller ihm als Beamten ob-
liegenden Pflichten nic^t allein seine früher b^onnenen Arbeiten fortgesetzt,
sondern auch neue, für die ihm ein reiches archivalisches Material zu seiner
Verfügung steht, in Angriff genommen. Zunächst ist er wiederholt als
gestrenger und streitbarer Kritiker aufgetreten. Aber er hat uns auch neue
aehr werthvolle Funde geboten. Wir können nur wünschen, dass er fort-
fahre, die grossen Vortheile seiner Stellung zum Frommen unserer Wissen-
schaffe in jeder Weise auszunützen.
Gegen den Ton, in welchem Denifle Kaltenbrunner gegenüber seine
Ueberlegenheit geltend gemacht hat, hat dieser sich zu wehren gesucht,
und das muss jedem freistehen, welchen etwa noch das gleiche Schicksal
triffL Uns andere kümmert diese Seite des Streites weniger als das , was
bei demselben für unsere Wissenschaft schliesslich herauskommt Es handelt
sich um ein recht schwieriges Problem der Quellenforschung für die Ge-
schichte des 13. Jahrb., welches ja auch P. Denifle noch nicht vollständig
708 SickeL
geKtot zu haben erklärt and welches wir doch endlich einmal gelöst za
sehen wünschen. Hat nun dazu K.*s Abhandlang in der That gar nichts
beigetragen? Wer nar die Kritik Denifle*s liest, könnte za dem Glaaboi
▼erleitet werden, dass dem so sei, and sich bestimmen lassen, Ton O
Untersachongen ganz abzasehen. Mehr am davor za warnen, als am die
Person K.*s za yertheidigen and za entsohaldigen, trete ich hier der Kritik
D.'s entgegen. Diese trifft, genaa besehen, doch nar Einzelheiten, b^prondet
noch keineswegs ein ürtheil über die ganze Arbeit K.'s and Ifisst anch eine
Beihe wichtiger Ergebnisse ganz unangetastet. Ich erinnere nochmals daran,
dass D. selbst seinen Yorgftnger in den ailerwesentlichten Pnnkten bei-
pflichtet. Und so kann K.*s Abhandlang recht wol, zamal nachdem sie
bereits von Denifle and Digard, denen gewiss noch andere folgen werden,
berichtigt and ergänzt worden ist, als Aasgangspankt und Grundlage wei-
terer Forschung dienen.
Aussee, September 1886. Sickel.
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