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Full text of "Mittheilungen des Instituts für Oesterreichische Geschichtsforschung"

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MITTHEILM6EN  DES  INSTITUTS 

FÜR 

OESTEßREICHISCHE 

GESCHICHTSFORSCHUNG. 

UNTEB  UITWIRKUNa  VON 

TH.  RITTEB  I.  SICKEL  b»d  H.  RITTEK  ».  ZEISSBEEG 


E.  HOHLBACHER 


INNSBRUCK. 

VKKUQ  DER  WAGNER'SCHEN  UKlVEBSniTS-BOCBBAKDLUNG. 
1886. 


jSf4Mt^-.^'<U^^^^r^i/- 


Aus  8f.2 


N'       I 


yt'QAyy^^a^^ 


Druck  der  Wagnerischen  Univerdtäts-Buchdruckerei. 


f 


Inhalt  des  Vn.  Bandes. 


Seite 


Stadien  zur  filtesten  und  älteren  Geschichte  der  Habsburger  und  ihrer 
Besitzungen,  vor  allem  im  Elsass  I.  Das  Kloster  Ottmarsheim  und 
die  EDabsburger  im  Elsass  bis  c.  IISO.    Von  Aloys  Schulte       .  1 

Römische  Studien  IQ.  l.Die  Brielsammlung  des  Berardus  de  Neapoli.  Von 

F.  Kaltenbrunner 21 

Briefe  Yon  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.    Mit- 

geiheilt  von  A.  Graf  Thürheim 119 

BdirSge  zur  Erklärung  und  Geschichte  der  peutingerschen  TafeL    Von 

R.  Hotz 209 

Der  Mondjseer  Codex  traditionum.    Von  F.Willibald  Hauthaler      .      223 

Leber  die  bei  der  Absetzung  des  Königs  Wenzel  yerlesencn  ArtikeL    Von 

Theodor  Lindner 240 

ileine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde.  I.  Geschichtl.  Notizen 
yon  1404—1487  (Wien).  IL  Zur  Handschriflenkunde  und  inhaltL 
Würdigung  der  sog.  Hagen'schen  Chronik  und  des  »Auszugs  (Vsterr. 
Chroniken*.  EL  Zeitungen  yon  der  Türkennoth  aus  dem  15.  Jahrh. 
Von  F.  y.  Krön  es 247 

Die  Belagerung  yon  Kanizsa  durch  die  christlichen  Truppen  im  Jahre  1601. 

Von  Albrecht  Stauffer 265 

Beiträge  zur  historischen  Kritik  des  Leon  Diakonos  und  Michael  Psellos. 

Von  William  Fischer 85S 

Zur  Geschichte  des  siebeigährigen  Krieges.  I.  Zwei  Berichte  über  die 
Schlacht  bei  Kolin  (18.  Juni  1757).  IL  Zum  Rflckzug  der  Preussen 
aus  Böhmen.  III.  Die  Eroberung  der  Stadt  Zittau.  IV.  Das  Trefifon 
bei  Moys.  V.  Berichte  Aber  die  Eroberung  der  Festung  Schweidnitz. 
Von  Franz  Martin  Mayer S78 

Ünedirte  Diplome  m 4S6  I 

Studien  zur  ältesten  und  älteren  Geschichte  der  Habsburger  und  ihrer  | 

Besitzungen,  yor  allem  im  Elsass  IL  Die  Verwaltung  der  Habs- 
burgischen  Besitzungen  im  Elsass  im  Jahre  1S08.  Von  Aloys 
Schulte • 518 

Römische  Studien  IIL  2.  Die  Sammlung  des  Berardus  als  historische  Quelle. 

7on  F.  Kaltenbrunner 555  i 


VI 

Seite 
Kleine  Mittheilungen: 

Zu  Nicolaus  m.  Plan  einer  Theilung  des  Kaiserreiches  von  Arnold 

Bussen 156 

Ein  Fall  der  Rechtsprechung   des  Reichsho%etichts  von  Oswald 

Redlich 160 

Zum  Kanzleramte  von  J.  Ficker 166 

Ueber  ein  ürkundenfragment  zu  St.  Gallen  von  J.  Ficker    .        .      814 

Bruchstück  einer  deutschen  Bearbeitung  der  ältesten  steirischen  Land- 
handveste  von  1186  aus  der  Zeit  von  1289  bis  1251  von  Aloys 
Schulte 816 

Ein  Marmor  mit  dem  Monogramm  K.  Heinrich  IV.  von  E.  v.  0 1 1  e  n  - 

thal 461 

Chronographische  Bemerkungen  I.  Ueber  den  byzantinischen  Stil  der 
Jahreszählung  vom  1.  September.  IL  Ueber  die  Indiction. 
III.  Ueber  Datirung  nach  Jahren  des  Imperiums  in  Notariats- 
instmmenten.  IV.  Ueber  die  Zählung  der  Monatstage  nach 
Kalendae,  Nonae  und  Idus.    Von  C.  Paoli  .      464 

Zur  Geschichtschreibung  des  Klosters  Neuburg  im  Elsass  von  Dr. 

Aloys  Schulte 468 

Aus  den  letzten  Tagen  Kaiser  Friedrich  III.  von  AdolfBachmann      47 1 

Das  päpstliche  Archiv  unter  Calixt  III.  von  FranzMareä    .  477 

Versprechen  des  Markgrafen  Otto  III.  von  Brandenburg  an  Ottokar 
von  Böhmen  betreffs  der  rOmischen  KOnigswahl  (1262)  von  Ar- 
nold Bussen 686 

Eine  QueUe  der  Historia  Polonica  des  Johann  Dlugoss  von  H.  V. 

Sauerland 642 

Eine'  Reise  von  Halberstadt  nach  Pressburg  und  zurflck.   1429  Dec. 

bis  1480  Febr.  von  G.  Schmidt 647 

Notizen 820,  478,  652 


Literatur: 

Neuere  Literatur  über  deutsches  Städtewesen.  L  Kölner  Schreins- 
urkunden des  zwölften  Jahrh.  herausg.  von  Robert  Hoeniger, 
L  Band,  1.  Lief.  (Karl  Uhlirz) 166 

öelakovsky  Jar.,  Ck>dex  iuris  municipalis  regni  Bohemiae,  Tom.  I. 

(Franz  Mareä) 178 

Fritz  Johannes,  Das  Territorium  des  Bisthums  Strassburg  um  die 

Mitte  des  XIV.  Jahrhunderts  und  seine  Geschichte  (Aloys  Schulte)      178 

Bruder  Adol^ .  Studien  Über  die  Finanzpolitik  Herzog  Rudolf  IV. 

von  Gestenreich  (A.  Huber) 188 

Jahrbuch   der    kunsthistorischen   Sammlungen    des    aUerhöchsten 

Kaiserhauses,  L  bis  IV.  Band  (Simon  Laachitzer)  .        .186 

BuöhmLld   Gustav  v.,   Deutsches   Gesellschaftsleben  im   endenden 

Mittelalter,  L  Band  (F.  M.  Mayer) 190 

Die  historische  Pro^framme  der  öatexreiohisohen.  Mittelschulen  im 

Jahre  1885  (S.  M.  Prem) 191 


vn 

Seite 

{},  Waitz,  Jahrbücber  des  deutscben  Reichs  unter  König  Heinrich  L 

Dritte  Auflage.  (E.  y.  Ottenthai) 888 

Alfons  Huber,  Geschichte  Oesterreichs,  I.  und  II.  Band  (Zeissberg)    .      886 

Julius  Stmadt,  Die  Qeburt  des  Landes  ob  der  Enns  (E.  Richter)    .      840 

Heniy  Thode,  Franz  von  Assisi  und  die  Anfänge  der  Kunst  der 

Renaissance  in  Italien  (F.  Wickhoff) 842 

Die  Bemer  Chronik  des  Valerius  Anshelm,  herausgegeben  vom  histo- 
rischen Verein  des  Kantons  Bern,  L  Band  (H.  Reinhardt)  .      844 

Die  historischen  Arbeiten  der  südslavischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Agram  (Jos.  Starä) 845 

W.  Ohnesorge,  Der  Anonymus  Valesii  de  Constantino  (J.  Jung)       .      487 

Henri  Delpech,  La  tactique  au  Xlllme  si^le.    T.  I  und  H  (M.  Baltzer)      489 

Dr.  Gerhard  Seeliger,    Das  deutsche  Hofineisteramt   im  späteren 

Mittelalter  (Oswald  Redlich) 492 

M.  Rastler,  Das  sogenannte  Ghr^nicon  Universitatis  Pragensis.  Mit 
einem  Vorworte  von  A.  Baohmann,  Professor  an  der  deutschen 
Universität  zu  Prag  (Jaroslav  GoU) '       .      495 

Recueil  des  Instructions  donn^es  aux  ambassadeurs  et  ministres  de 
France  depuis  les  traitäs  de  Westphalie  jusqu^ä  la  revolution 
firan9aise.  Publik  sous  les  auspices  de  la  commission  des  archives 
diplomatiques  au  ministäre  des  affaires  j^trang^res.  Autricha 
Avec  une  introduction  et  des  notes  par  Albert  Sorel  (A.  Pribram)      497 

Amtliche  Sammlung  der  Acten  aus  der  Zeit  der  helvetischen  Republik 
1798—1808,  hg.  auf  Anordnung  der  BundesbehOrden,  bearbeitet 
von  J.  Strickler.  Bd.  L  Oct.  1797  bis  Mai  1798  (R.  Thommen)  .      505 

A.  D.  X^nopol,  Les  Romains  au  moyen  ftge  (J.  Jung)       .        .  656 

Acta  Tirolensia.  Urkundliche  Quellen  zur  Geschichte  Tirols.  Erster 
Band.  Die  Traditionsbücher  des  Hochstiftes  Brizen,  herausg.  von 
Dr.  Oswald  Redlich  (E.  v.  Ottenthai) 658 

Frederic  Seebohm,  Die  Englische  Dorfgemeinde,  naoh  der  8.  Auflage 

aus  dem  Englischen  flbertr.  von  Th.  v.  Bunsen  (Emil  Werunaky)      665 

Max  Plischke,  Das  Rechtsverfahren  Rudolfs  von  Habsburg  gegen 

Ottokar  von  Böhmen  (Arnold  Bussen) 674 

Kaiser  Karls  IV.  Jugendleben,  von,  ihm  selbst  erzählt,  Übersetzt  von 
L.  Oelsner  (Geschichtschreiber  der  deutschen  Vorzeit,    14.  Jahr-       * 
hundert.    Band  V.)  (Emil  Werunsky) 676 

Ludwig  Pastor,  Geschichte  der  Päpste  seit  dem  Ausgange  des  Mittel- 
alters. I.  Band :  Geschichte  der  Päpste  im  Zeitalter  der  Renaissance 
bis  zur  Wahl  Pius  H.  (Krones) 677 

Fr.  Schnürer,  Falkenberg  und  die  Falkenberge.  Historisch -topo- 
graphische Studie  mit  einem  Excurs  Über  das  Pfiärrverzeichniss 
des  Lonsdorfer  Codex  (S.  M.  Prem) 681 

A  Grynlafehörväri  käptaJni  lev^ltämak  czimjegyz^ke.  K^szitette  Beke 
AntaL  (Register  des  Karlsburger  Capitelarchives.  Von  Anton 
Beke.)  (A.)       .       .        .        . 682 

Quellen  zur  Geschichte  der  Stadt  Kronstadt  in  Siebenbürgen.  Heraus- 
gegeben auf  Kosten  der  Stadt  Kronstadt  von  dem  mit  der  Heraus- 
gabe betrauten  Ausschuss.    Erster  Band.    (A.)      ,        ,        ,        ,      688 


vm 

Seite 

Jahrbuch  für  schweizerische  Geschichte,  herausg.  von  der  allgem. 

'geschichtforschenden  Gesellschaft  d.  Schweiz.  Bd.  XL  (R.  Thommen)  686 
Uebersicht  der  periodischen  Literatur  Oesterreich-Üngams  202,  S52,  688 
Zur  Abwehr  von  Kaltenbrunner  und  Sickel        .  .691 

Bericht  des  Istituto  Austriaco  di  studi  storici  in  Rom     .  197 

Bericht  der  Central-Direction  der  Monumenta  Germaniae  .      508 

Sechsundzwanzigste  Plenarversammlung  der  historischen  Commission 

bei  der  kgl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften  .  .  .  198 
Nekrolog  von  Wilhelm  Diekamp  (£.  Mühlbacher)  ....  2(^6 
Personalien 208 


] 


Studien 

zar  ältesten  ttnd  älteren  Geschichte  der  Habsburger  und 
ihrer  Besitzungen,  vor  allem  im  Elsass. 


Von 

Aloys  Schnlte. 


I.   Das  Kloster  Ottmarsheim  und  die  Habsburger  im  Elsass 

bis  ca.  1120. 

Wol  selten   hat  Jemand  in   einer   unscheinbaren,   f&r   ein   un- 
bedeutendes Erlöster  ausgestellten  Urkunde  einen  glücklicheren  Fund 
gemacht  als  Oswald  Bedlich,   da  er  in  einer  Copie  des  Statthalterei- 
archives   zu  Innsbruck   die   von  Heinrich  IV.   am    1.  März  1064  Rlr 
das  Kloster  Ottmarsheim  im  Elsass  ausgestellte  Besitzbestätigungs- 
nrkunde    entdeckte,    deren   Wortlaut  unsere   Zeitschrift    im    fiinften 
Band  auf  S.  405  brachte.     Ottmarsheim  selbst  hat  als  Frauenkloster 
niemals    in    der   Geschichte  eine    bedeutendere  Bolle    gespielt,    nur 
wenige    Beste    seines    Archives    sind    nebst    der   prächtigen,    weit- 
berühmten Kirche  das  Einzige,  was  an  vergangene   stolze  Zeiten  in 
dem   einsamen  Dorfs   am   Bheinesufer   erinnert  und   doch  wirft  die 
Urkunde,  da  das  Kloster  die  Zweitälteste  nachweisbare  Gründung  der 
Habsburger  ist,    in   ihrer  Aufzählung   des  vom   Stifter  geschenkten 
Gutes  ein  helles  Licht  in  die  ältesten  Zeiten  des  habsburgischen  Hauses; 
ist  sie   doch   neben   den  Berichten   der  Acta  Murensia  weitaus   das 
wichtigste  Dokument  der  ältesten  Geschichte  der  Habsburger;  und  da 
die  Acta  Murensia  um  zwei  Jahrhunderte  jünger  sind,   als   das,  was 
sie  berichten,   ist  in   dieser   gleichzeitigen  Urkunde   ohne  Frage  die 
wichtigste  Quelle  zur  Urgeschichte  der  Habsburger  erschlossen. 
Sie  bietet  noch  einmal  die  Möglichkeit,  die  alte  vielbesprochene  Frage 
nach   der  Herkunft  und  Abstammung   der  Habsburger  au&uwerfen. 
So  lockend  es  sein  mag,  die  eifrigen  Forschungen  des  vorigen  und 
dieses  Jahrhunderts  über  die  Abstammung  des  Hauses  vor  dem  ältesten 

HittbeUoiven  vn.  1 


2  Schulte. 

urkundlich  ganz  zweifellos  gesicherten  Stammherrn  Guntram  wiederum 
aufzunehmen,   so  mag  ich  doch  nicht  voreilig  dieses  Gebiet  betreten, 
da  für   eine  nutzbringende  Untersuchung  noch  zweierlei  fehlt:  eine 
völlige  Ausbeutung  der  elsässischen  und  nordschweizerischen  Archive 
und  dann  eine  sorgfaltige,  von  Vorurth  eilen  und  Combinationsgelüsten 
freie  Untersuchung  über  den  Zusammenhang  und   die  Machtverhält- 
nisse der  elsässischen  Grossengeschlechter;  ohne  diese  beiden  Voraus- 
setzungen würde   eine  Untersuchung  zu  den  alten  Hypothesen  ver- 
muthlich  eine  neue  aufbauen,  die  gerade  so  gut,  wie  jene,  das  heisst 
auf  dem  Sande  fundamentirt  wäre.     Meine  Aufgabe  soll   es  sein,  das 
Machtgebiet  der  ältesten  sicher  nachweisbaren  Habsburger  darzustellen 
und  dann  den  weiteren  Entwicklungsgang   der  Macht  dieses  Hauses 
im  Elsass  bis  zu  den  Zeiten  der  grossen  Begierungsthat  König  Albrechts 
zu  zeigen,   der  seinem   Notar  Burcard  von  Fricke  den  Auftrag  gab, 
ein  Urbar  des  ganzen  Besitzes  des  habsburgischen  Hauses  im  Bhein- 
gebiet  anzufertigen.   Ueber  30  Jahre  sind  verflossen,  seit  Franz  Pfeiffer 
auf  Grund  der  nun  in  der  Fürstl.  Fürstenbergischen  Hofbibliothek  be- 
ruhenden Originalhandschrift  seine  Ausgabe  des  Urbars  veranstaltete, 
aber  unsere  sonst  doch  nicht  so  lahme  Forschung  hat  bislang  den  auf 
das  Elsass  bezüglichen  Theil   noch   immer   unbenutzt  gelassen.     Die 
elsässLBche  Forschung  hat  sich  ja  leider  ganz  daran  gewöhnt  innerhalb 
der  von  Schöpfiin   und   Grandidier  erreichten  Ziele   zu  arbeiten,   als 
wäre  es    selbst   in  Einzelheiten  unmöglich  über  sie  hinauszukommen. 
Angesichts  dessen  wage  ich  den  Versuch  mit  Hilfe  der  unzureichenden 
Publikationen  eine  Geschichte  der  habsburgischen  Macht  im  Elsass  zu 
geben,  wol  wissend,  dass  selbst  in  wichtigen  Punkten  eine  Correctur 
nicht  ausgeschlossen  ist.   Während  ich  im  ersten  Abschnitt  die  Macht- 
stellung  der  Habsburger   bei   ihrem   Eintritt  in   die   Weltgeschichte 
darzustellen  versuche,  bietet  der  zweite  einen  Ueberblick  des  Zustandes 
der  elsässischen  Besitzungen   im  Jahre  1303;   dem  dritten  bleibt  es 
dann  vorbehalten,  die  Besultate  aus  den  beiden  ersten  Abschnitten  zu 
ziehen  und  die  zeitliche  Lücke  zwischen  ihnen  auszufüllen.   Es  ist  die 
Zeit,  in  der  aus  der  wenig  bekannten  Familie  am  Bhein  jenes  mächtige 
Geschlecht  geworden  war,  dem  nach  dem  Interregnum  die  Kurfürsten 
die  Wiederbelebung  des  ersterbenden  Reiches  übertrugen^). 

Eudolf,  ,vir  illustris'',  war  der  Sohn   des  Grafen  Lanzelin  von 
Altenburg  und  der  Bruder  jenes  iladeboto,  der  nach  den  Acta  Murensia 


*)  Besonderen  Dank  schulde  ich  meinem  verehrten  früheren  YorgeBeizten 
Herrn  Archivar  Dr.  Baumann  in  Donaueschingen,  dessen  umfiassende  Kenntnisse 
mir  die  Arbeit  vielfach  erleichterten. 


Habsburger  Studien  L  3 

mit  seiner  Gemahlin  Ida  und  dem  Bischof  Wernher  von  Strassburg  das 
Kloster  Muri  begründete^).  YonBudolf,  dem  Gründer  Ottmarsheims,  be- 
richten die  Acta  Murensia,  dass  er  mit  seinem  Bruder  Badbot  wegen  der 
Theilung  der  in  der  Schweiz  liegenden  Besitzungen  in  Streit  gerathen 
sei  und  die  Besitzungen  um  Muri  geplündert  habe,  ohne  seinen  Zweck 
erreicht  zu  haben.  Das  ist  da  die  angebliche  Erwähnung  Budolfs  in 
einer  Urkunde  ganz  falsch  auf  ihn  bezogen  ist,  alles  was  wir  ohne 
seine  Beziehungen  zu  Ottmarsheim  von  ihm  wissen  würden^).  Das 
Material  für  die  Geschichte  Ottmarsheims  ist  nun  ebenfalls  sehr  dürftig. 
Wol  schon  1272,  als  das  Kloster  von  den  mit  Graf  Budolf  yon  Habs- 
barg  yerfehdeten  Neuenburger  Bürgern  durch  Feuer  vernichtet  wurde  <^), 
ist  auch  das  Archiv  zum  Opfer  gefallen^).  So  sind  nur  drei  Urkunden 
aus  dieser  älteren  Zeit,  die  Bestätigungsurkunde  seitens  Heinrich  IV. 
vom  29.  Januar  1063^),  die  gleichen  Inhalts  von  Eugen  III.  vom 
21.  Mai  1153®),  welche  von  Schöpflin  aus  dem  Baseler  Stadtarchiv 
veröffentlicht  wurden,  erhalten;  beide  berufen  sich  auf  eine  leider 
nicht  erhaltene  Papst  Leo's  IX.  Zu  ihnen  kommt  dann  die  jüngst 
aufgefundene  Urkunde  Heinrichs  IV.  vom  1.  März  1064.  Schon  in 
den  beiden  ältesten  Urkunden  wird  der  Stifter  als  gestorben  bezeichnet 
seine  Witwe  Kunigund  tritt  in  den  Vordergrund^).  Für  die  Zeit  der 
Gründung  des  Klosters  erhalten  wir  aber  eine  andere  Bestimmung 
durch  die  Angabe,  dass  das  Kloster  Papst  Leo  IX.  bereits  einweihte. 


*)  VgL  die  neue  Ausgabe  der  Acta  Murensia  in  Quellen  zur  schweizerischen 
Geschichte  IE,   Abt  8   Muri  S.  18  und  19.  *)   Herrgott:  Gen.  Habsb.  IL  1. 

S.  102— los.  In  der  Schenkung  des  Grafen  Pircelo  ftlr  daa  Kloster  Sukberg  vom 
28.  MSrz  1010  ist  der  zweite  Zeuge  Budolf  comes.  Dafür,  dass  dieser  Budolf 
identisch  mit  dem  Gründer  von  Ottmarsheim  ist  ein  Beweisgrund  nie  erbracht, 
gleichwol  ist  das  mei»t  Herrgott  geduldig  nachgeschrieben.  Es  kann  aber  gar 
nicht  der  Habsburger  Rudolf  gewesen  sein,  da  dieser  nicht  Graf  war  und  schwer- 
lich, da  seine  Witwe  noch  1064  lebte,  schon  1010  als  Zeuge  vorkonunt.  *)  An- 
nales Basilienses.  M.  G.  SS.  XVII,  195.  ^)  Nach  gütiger  Mittheilung  des  Herrn 
Archivdirectors  Dr.  Pfannenschmidt  in  Colmar  ist  das  älteste  dort  erhaltene  Do- 
cument  von  Ottmarsheim  ein  Regest  einer  Urkunde  von  1288  in  einem  fdten 
Inventare  der  Abtei  von  1586  (Abtei  Ottmarsheim  C.  Nr.  15).  *)  Abgedruckt 
Schöpflin  Als.  dipL  I  nr.  216  Stumpf  Nr.  2618.  Der  Ort  Ottmarsheim  wird  zuerst 
881  in  einer  Schenkung  fQr  das  Kloster  Murbach  erwähnt,  »a.  a.  0.  I  nr.  78  mit 
dem  irrigen  Datum  801.  «)  a.  a.  0.  I  nr.  684  Jaffi§  6723.  Die  betreffende 
Urkunde  scheint  vorwiegend  im  Interesse  gegen  den  Vogt  von  der  Aebtissin 
Euanchildis  erbeten  zu  sein.  ^)  Der  Wortlaut  der  Urkunde  von  1068  ist  unklar. 
Man  hat  aus  dem  Satz :  Kunigundis  cujus  tunc  thalamo  utebatur,  schlienen  wollen» 
ei  sei  die  Kunigundis  vor  Rudolf  gestorben,  da  aber  diese  in  der  Urkunde  von 
1064  als  Witwe  und  noch  lebend  aufbritt,  so  ist  jener  SatK  vielmehr  so  au&u- 
£usen,  dass  auch  schon  damals  Rudolf  gestorben  war. 


4  Schulte. 

Leo's  IX  Beise  durch  seine  Heimat  bestand  in  der  reichsten  Ausübung 
seiner  geistlichen  Thätigkeit:  an  vielen  Orten  weihte  er  Kirchen  und 
Altäre,  er  besuchte  die  z.  T.  von  seinen  Verwandten  gestifteten  Klöster; 
und  zu  denjenigen,  welche  Leo  IX.  in  den  Schutz  des  päpstlichen 
Stuhles  nahm,  gehörte  auch  Ottmarsheim.  Wie  er  dem  von  seinen 
Eltern  gestifteten  Kloster  Woffenheim  als  Zins  die  jährliche  Darreichung 
einer  goldenen  Böse  auflegte,  so  musste  Ottmarsheim  för  den  päpst- 
lichen Schutz  jährlich  eine  Albe  und  ein  Superhumerale  nach  Rom 
liefern.  Es  hat  fast  den  Schein,  da  ein  drittes  elsässisches  Kloster, 
Andlau,  für  den  päpstlichen  Gebrauch  geeignetes  Leinen  liefern  musste, 
als  habe  Leo  IX.  auch  äusserlich  die  innige  Vereinigung  der  elsässi- 
schen  Klöster  mit  Rom  in  dem  von  diesen  dargebotenen  Zins  aus- 
drücken wollen.  Durch  diese  Erhebung  zutn  päpstlichen  Kloster  ge- 
wann das  Kloster  Freiheit  vom  Diöcesanbischof,  freie  Aebtissinnenwahl 
und  den  mächtigen  Schutz  von  Rom^).  Trotz  dieses  Verhältnisses  zu 
Rom  wurde  gleichwol  eine  Vogtei  vom  Stifter  organisirt  In  den 
Bestimmungen  über  das  Vogteiverhältniss  der  Urkunden,  welche  wol 
auf  die  Bulle  Leo's  IX.  zurückgehen,  ist  zweierlei  auf&Uend:  zunächst 
die  für  diese  Zeit  ganz  seltene  Selbständigkeit  des  Klosters  —  wird 
doch  selbst  der  Aebtissin  unter  den  Erben  des  Vogtes  die  Auswahl 
gestattet,  erhält  der  Vogt  doch  nur  von  dem  nach  der  Gründung  er- 
worbenen Gute  den  zwölften  Theil;  dann  zweitens  die  Bestimmung 
über  die  Erbfolge  in  der  Vogtei;  nach  dem  Tode  des  Stifters  soll  zu- 
nächst die  Witwe,  dann  einer  der  Söhne  und  männlichen  Nachkommen 
nach  der  Wahl  der  Aebtissin  und  schliesslich  eine  der  Töchter  und  deren 
Erben  folgen.  Diese  Anerkennung  selbst  der  weiblichen  Erbfolge  setzt 
eine  tiefe  Abneigung  gegen  die  Brüder  des  Stifters  voraus,  wie  sie  durch 
die  obenerwähnte  Erzählung  der  Acta  Murensia  bestätigt  wird.  Wenn 
nun  aber  später  die  Vogtei  doch  in  habsburgischem  Besitze  erscheint*), 
so  muss  man  annehmen,  dass  aus  der  Ehe  Rudolfs  weder  Söhne  nodh 
Töchter  hervorgiengen.  Jene  Bestimmung  über  die  Vogtei  muss  also 
aus  einer  Zeit  herrühren,  wo  noch  Ho&ung  auf  eine  Nachkommen- 


<)  Ueber  Leos  IX,  VerhältnisB  zu  den  elBässischen  Kirchen  vgL  meinen  Auf- 
satz in  Martin  und  Wiegand,  Strassburger  Studien  Band  II,  78  ff.,  wo  auch  die 
vielfach  falsch  beurtheilten  Verhältnisse  der  »römischen*  Klöster  dargelegt  sind. 
*)  Sonst  wSre  die  oben  erwähnte  Verbrennung  des  Klosters  durch  die  Feinde 
Rudolfs  von  üabsburg  ja  undenkbar.  Auch  in  dem  Vertrag  betr.  die  Theilungs- 
Streitigkeiten  zwischen  Graf  Albrecht  und  Rudolf  von  Uabsburg  nach  1882 
(Trouillat,  Mon.  de  Tanc.  ^vech^  de  Bäle  I,  549)  wird  festgesetzt:  »Ze  Otmanhein 
da  enhet  graue  Albreht  noch  enhein  man  der  sinre  innerhalb  dem  clostere  nut 
ze  tunne,  wann  mit  des  grauen  Rudolfs  willen  unde  der  vrowen*. 


'  Habsburger  Stadien  I.  5 

Schaft  Yorhanden  war.  Mit  Bücksicht  auf  die  Zeitbestimmung  für  den 
Bruder  Budolfs,  Badbot  i),  können  wir  daher  schwerlich  die  Gründung 
nach  1045  ansetzen. 

Die  Macht  und  das  Ansehen  Budolfs  zeigt  sich  am  Besten  in 
den  noch  heute  erhaltenen  Bauten  des  Klosters  und  dem  Grundbesitz, 
mit  dem  er  seine  Stiftung  ausstatten  konnte.  Zu  den  interessantesten 
Bauwerken  des  ja  sonst  schon  so  reichen  Elsasses  gehört  die  alte 
Kloster-,  jetzt  Pfarrkirche  von  Ottmarsheim.  Dass  es  sich  hier  um 
eine  Nachbildung  der  Aachener  PfiEÜzkapelle  handelt,  erkannte  sofort 
Schnaase,  ganz  so,  wie  dasselbe  Vorbild  auch  auf  andern  Pfalzhöfen 
der  Karolinger  nachgeahmt  wurde.  Ist  nun  aber  eine  Bauart  für 
den  Gottesdienst  eines  Frauenklosters  ungeeigneter,  als  die  centrale 
des  Aachener  Münsters  mit  seinem  zweistöckigen  Umgang  um  den 
Mittelbau?  Vergleicht  man  die  Anlage  des  Aufenthaltsortes  der  Nonnen 
in  andern  Kirchenanlagen,  Nonnenchöre  usw.  mit  dieser  Anlage,  so 
ist  es  klar,  dass  kaum  eine  andere  Construction  erdacht  werden  konnte, 
welche  weniger  dem  Zwecke  entspräche,  die  Nonnen  den  Blicken  der 
übrigen  Menge  zu  entziehen  >).  Wie  das  Münster  zu  Aachen  alle 
seine  andern  Nachahmungen  und  die  späteren  doppeltgeschossigen 
Burgkapellen  eben  Kapellen  zur  Hausandacht,  Pfalzkapellen  waren, 
so  ist  es  auch  wol  bei  Ottmarsheim  der  Fall.  Es  ist  somit  höchst 
wahrscheinlich  uns  eine  alte  habsburgische  Pfalzkapelle  in  der  Kirche 
▼on  Ottmarsheim  erhalten  und  ihre,  ftir  die  damalige  Zeit  prächtige 


*)  Nach  Eiern  in  Quellen  z.  Schweiz.  Geschichte  lU.  S.  7  starb  Badbot 
wahrscheinlich  1086.  *)  Bislang  hat  man  freüich  die  Anlage  der  Emporen  in 
der  Ottmarsheimer  Kirche  mit  den  übrigen  Nonnenchoraolagen  in  Beziehung  ge- 
setzt, so  noch  Otte,  Handb.  d.  Idrch.  Eunstarchftologie  5.  Aufl.  I,  96.  Aber  es 
ist  doch  bei  allen  Nonnenchoranlagen  Grundprincip,  sie  so  anzuordnen,  dass  die 
Nonnen  den  Blicken  der  zum  Altar  (also  nach  Osten)  gewendeten  Gläubigen  ent- 
zogen weiden  sollen.  Dieses  lässt  sich  am  allerwenigsten  durch  eine  centrale 
Anlage  erreichen.  Den  üebergang  von  centraler  Anlage  zum  Westchor  bietet  der 
Nonnenchor  im  Münster  zu  Essen;  aber  da  ist  ja  nur  die  westliche  Hälfte  des 
Kreisbaues  ausgeführt,  für  die  östliche  den  Blicken  der  Gläubigen  offen  liegende 
war  kein  Platz.  Vgl.  jetzt  darüber  Humann :  Der  Westbau  der  Münsterkirche  zu 
Eesen  im  Correspondenzblatt  des  Gesammtvereina  der  deutschen  Geschichts-  und 
Alterthamsvereine  1884  Nr.  11.  Beim  Studium  der  Ottmarsheimer  Eirche  ist  die 
Parallele  mit  den  NonnenchOren  nicht  angebracht,  es  ist  lediglich  der  Vergleich 
zu  ziehen  mit  den  Centralanlagen  und  den  sich  daraus  entwickelnden  Doppel- 
kapellen —  und  diese  dienten  als  Pfalzkapellen.  Zu  der  bekannten  Literatur  über 
dieselben  ist  jetzt  auch  die  Untersuchung  der  der  Ottmarsheimer  Eirche  so  nahe 
▼erwandten  Pfalzkapelle  auf  dem  Falkenhof  zu  Nymwegen  von  Hermann:  Der 
Pala«t  Eaiser  Earls  des  Grossen  zu  Nymwegen  in  Jahrbb.  d.  Ver.  v.  Alterthums- 
fireonden  in  den  Rheinlanden  Bd.  77  hinzugekommen. 


6  Schulte. 

V 

Bauart  beweist  am  sichersten  den  Beichthum  des  Hauses^).  Es  ist 
das  einzige  Beispiel,  dass  von  seiten  eines  Edlen  der  Pfalzkapellenstil 
des  Eaiserhofes  nachgealunt  wurde. 

Der  Grundbesitz,  mit  dem  Rudolf  seine  Stiftung  begabte,  liegt 
in  drei  yon  einander  getrennten  Gebieten :  das  Hauptgebiet  zu  beiden 
Seiten  des  Bheins  im  Breisgau  und  oberen  und  mittleren  Elsass,  das 
kleinere  auf  der  schwäbischen  Alb  um  Ehingen,  das  zersplittertste 
und  kleinste  im  Frick-  und  Elettgau  in  den  Theilen  des  schweizerisch- 
schwäbischen Juras  am  Bheindurchbruch.  Von  ihnen  kann  nur  der 
elsässisch-breisgauische  und  der  schweizerische  Anspruch  erheben,  das 
Stammland  der  Habsburger  zu  sein.  Gehen  wir  nun  zur  Betrachtung 
der  einzelnen  Ortschaften  über'^). 

Die  Breisgauischen  Besitzungen  des  Klosters  Ottmarsheim  lagen 
in  zwei  Theilen  getrennt.  Das  eine  Stück  ist  der  westliche  reben- 
bekränzte Abhang  des  Eaiserstuhls  gegen  das  damals  noch  auf  links- 
rheinischem Boden  liegende  Altbreisach,  das  zum  Reichsgut  gehörte, 
zu;  das  andere  besteht  aus  Ortschaften,  die  zu  beiden  Seiten  der  ur- 
alten Ton  Offenburg  nach  Basel  fuhrenden  Strasse,   die  immer   hart 


')  Vgl.  Kraus,  Kunst  und  Alterthum  in  Elsass-Lothringen  II.  S.  496—502 
mit  Grundriss  und  Querschnitt.  Die  in  der  Kirche  erhaltenen  Wandgemälde 
stammen  nach  Kraus  aus  dem  18.  und  14.  Jahrhundert.  Die  Nachbildung  des 
Aachener  -Münsters  ist  allerdings  eine  sehr  freie,  aber  zu  bezweifeln  ist  sie  nicht. 
')  Zur  grösseren  Bequemlichkeit  wiederhole  ich  aus  dieser  Zeitschrift  Bd.  Y  S.  406 
das  Stück  der  Urkunde,  welches  die  Güter  aufzählt  -.  ,in  comitatu  videlicet  Chuo- 
nonis  comitis  et  in  pago  Alsatia  Othmarsheim,  Fuetteim,  Habuchenesheim,  Bichenes- 
heim,  Balterescheim,  Bladolnesheim,  Hamelriche&wilare,  Bebenwilare  cum  omnibus 
suis  appendiciis ;  item  in  comitatu  Gerardi  comitis  Arcenheim,  Jebensheim,  Prieten- 
heim,  Scherweilare,  Northusen  cum  omnibus  suis  appendiciis;  item  in  comitatu 
Wemhardi  comitis  et  in  pago  Mortenua  Obemwilire ;  item  in  comitatu  Herimanni 
comitis  et  in  pago  Brisergoviae  Bottwilla,  Hatcharl,  Heiterscheim,  Vuinchoven, 
Rinchostainenstal  (verderbt  aus :  Rinchostainenstat),  Hercincheim  (statt:  Hertincheim), 
PaUinchoven,  Raminchoven,  Ottlinchoven,  Pinizheim  cum  omnibus  suis  appendiciis ; 
item  in  comitatu  Rudolphi  comitis  et  in  pago  Scerron  Dodemhusen,  Dumiwach, 
Ehingen,  Burchveld,  Tagolvingen,  Anomutingen  cum  omnibus  suis  appendiciis; 
item  in  comitatu  Liutoldi  comitis  et  in  pago  Chletgove  Halvo ;  item  in  comitatu 
Amoldi  comitis  et  in  pago  Frichgove  Taleheim,  Fricho,  Ramingen*.  Dieselbe 
Urkunde,  welche  diesen  reichen  Einblick  in  die  Geschichte  der  Habsburger  ge- 
stattet, gibt  uns  im  Grafen  des  Scherragaus  auch  einen  Ahnen  der  Hohenzollem 
kund.  Die  aufgezählten  Güter  enthalten  auch  die  Güter,  welche  die  Gemahlin 
Rudolfs  an  Ottmarsheim  schenkte  (yel  quae  ipsa  eidem  monasterio  et  inibi  ser- 
▼ientibus  contulisset  et  contraderet),  diese  sind,  wenn  sie  Erbgut  waren,  also  nicht 
ursprünglich  habsburgisch.  Sie  sicher  auszuscheiden  ist  unmöglich;  am  ersten 
möchte  ich  den  Complez  im  Scherragau  für  nicht  althabsbnrgisch  halten,  da  hier 
sonst  keine  Beziehungen  zu  den  Babsburgem  nachzuweisen  sind. 


Habsburger  Studien  I.  7 

am  Fass  dea  Schwarzwaldes  über  dessen  Vorhügel  sich  hinzieht,  in 
dessen  südUchstem  Theil  im  heutigen  reichen  Markgräflerlande  liegen 
und  dort  unmittelbar  mit  den  überrheinischen  Besitzungen  von  Ottmars- 
heim zusammenstossen.  In  ganz  dieselben  Quartiere,  zum  Theil  aus 
denselben  Orten  bestehend,  zerfallen  die  Besitzungen  der  andern  älte- 
sten habsburgischen  Gründung,  Muri,  im  Breisgau,  die  freilich  nicht 
alle  direct  von  den  Habsburgem  herstammen,  die  aber  diesem  Kloster 
doch  nur  deshalb  zufielen,  weil  seine  Gründer   dort  begütert  waren. 

Dem  Kloster  Ottmarsheim  wurden  von  dessen  Gründer  geschenkt 
am  Kaiserstuhl  Besitzungen  in  den  beiden  uralten  Orten  Niederroth- 
weil  (Bottwilla)  und  Achkarren  (Hatcharl).  Auch  die  Besitzungen  des 
Klosters  Muri  in  diesen  beiden  Orten  gehen  auf  althabsburgischen 
Besitz  zurück.  Nach  den  Acta  Murensia  war  der  Haupttheil  zuerst 
Tom  Grafen  Adelbert  II  (oder  L?)  an  das  Kloster  yerpföndet,  einen 
guten  Weinberg  daselbst  gab  Berinherus  de  Rotwile,  der  als  miles 
Adelbercti,  comitis  de  Habspurg  bezeichnet  wird^).  Auf  diesen  Besitz 
legte  das  Kloster  einen  ganz  besonderen  Werth^). 

In  Achkarren  gehörten  Muri  zwei  Aecker,  die  ihm  von  Judenta, 
Gemahlin  des  Grafen  Adelbert  IL  geschenkt  waren  ^).  Von  Adelbert 
selbst  scheinen  auch  in  dem  am  so.  Abhang  des  Elaiserstuhls  ge- 
legenen Oberschaff  hausen  18  mansi  dem  Kloster  Muri  gegeben  zu 
sein^).  In  all  den  genannten  Orten  besassen  aber  neben  Muri  und 
Ottmarsheim  auch  noch  zahlreiche  andere  Klöster  Besitzungen,  ohne 
dass  sich  jedoch  eine  Beziehung  der  Schenkgeber  zum  habsburgischen 
Stamme  nachweisen  liesse. 

Im  Markgräflerland  hatte  dann  Ottmarsheim  Güter  in  Heitersheim 
(Heiterscheim),  Bheinsteinenstadt  (Kinchostainenstal),  das  Ottmarsheim 
gegenüber  auf  dem  rechten  Kheinufer  liegt,  den  anstoss^nden  Ge- 
meinden Hertingen  (Hercincheim ,  wol  verderbt  aus  Hertincheim) 
und  Bellingen  (Fallinchoyen)  südlich  von  Schliengen,  und  den  drei 
Orten  des  Kanderthals  Bummingen  (Baminchoven),  Oetlingen  (Ottlin- 


<)  YgL  Acta  Murenda  S.  91— 94.  VgL  dazu  die  vortreffliche  Karte  über  den 
Besitz  von  Mtiri.  *)  a.  a.  0.  8.  94.  Hoc  ergo  predium  necesse  est,  ut  firmiter 
custodiatar,  quia  cum  masimo  labore  huc  acquidtam  est.  *)  a.  a.  0.  S.  95. 
Acharlon  ist  ohne  jeden  Zweifel  Achkarren,  nicht  wie  in  der  Anmerkung  auch 
als  möglich  vorausgesetzt  wird,  Auggen.  *)  a.  a.  0.  S.  95.  Der  Zusammenhang 
der  Stelle  ist  schwierig.  Bei  8chafhusen  heisst  es,  quos  simul  tradiderat  sancto 
Martino  predictus  Adelbertus,  nun  ist  aber  als  zuerst  übergeben  genaimt  Achkarren, 
nicht  das  im  Argau  liegende  Göslikon.  Man  mnss  also  wol  entgegen  der  Deutung 
des  Herausgebers  das  Schaf  hausen  in  der  Nähe  von  Achkarren,  nicht  im  Ai-gau 
suchen.  Vielleicht  ist  aber  nicht  an  Oberschaffhausen,  sondern  an  das  an  der 
Nofdseite  des  Eaiserstuhls  belegene  Dorf  Eönigsschaffhausen  zu  denken. 


8  Schulte. 

choven)  und  Binzen  (Pinizheim).  Ein  in  der  Beihenfolge  zwischen 
Heiterheim  und  Bheinsteinenstadt  genanntes  Vuinchoven  ist  nicht  mehr 
zu  bestimmen^). 

Von  den  Muri^schen  Gütern  in  dieser  Gegend  gehen  auf  eine 
habsburgische  Schenkung  die  Besitzungen  im  Dorfe  Ballingen  (Böllikon 
der  Acta  Murensia),  die  die  Habsburger  von  einer  reichen  Frau  Berklint 
erworben  hatten;  von  andern  Besitzungen  zu  Wettelbrunn  (Wetil- 
brunnen)  und  Seefelden  (Seveld)  bei  Heitersheim,  dann  zu  Müllheim 
(Mülheim),  Schliengen  (Sliengen)  und  Holzen  (Holzikon)  wissen  wir 
den  Schenker  nicht  anzugeben,  wenn  nicht  die  auf  das  Gut  zu 
Schliengen  zunächst  gehende  Angabe,  dass  es  von  einem  Freien  Budolf 
gegeben  wurde,  auch  auf  die  andern  Güter  zu  beziehen  ist>).  Besitzungen 
in  Muschon  hat,  wie  mir  scheint,  man  mit  Unrecht  in  dem  Dorfe 
Manchen  bei  Steinenstadt  gesucht^).  Da  alle  genannten  Orte  mit 
Ausnahme  von  Holzen  in  einer  Gegend  liegen,  in  denen  im  Mittel- 
alter, wie  heute,  der  Weinbau  im  ausgedehntesten  Masse  gepflegt 
wurde,  so  ist  schon  sehr  frühe  eine  starke  Theilung  des  Grundbesitzes 
anzunehmen  und  kann  es  daher  nicht  Wunder  nehmen,  dass  schon 
um  1050  und  etwas  später  in  diesen  Orten  auch  andere  benachbarte 
Klöster  Besitzungen  hatten.  Wenn  so  nun  aber  die  Besitzungen  des 
Klosters  Ottmarsheim  und  die  sicher  auf  habsburgische  Schenkungen 
zurückgehenden  Güter  Yon  Muri  beinahe  einen  geschlossenen  Bezirk 
bilden  —  selbst  die  Güter,  deren  Schenker  wir  nicht  kennen,  dürfen 
wir  wol  als  habsburgisches  Machtgebiet  einbeziehen,  da  doch  Muri, 
das  entlegene  Kloster,  diese  Güter  nur  deshalb  geschenkt  erhielt,  weil 
die  Verbindung  durch  die  Habsburger  bestand  —  so  kann  kein  Zweifel 
sein,  dass  in  diesen  breisgauischen  und  den  gegenüberliegenden 
elsässischen  Besitzungen  ein  altes  Machtgebiet  der  Habsburger  nach- 
gewiesen ist. 

Zu  Budolf  Ton  Habsburgs  Zeiten  begegnet  uns  nur  noch  eine, 
allerdings  sehr  wichtige  Besitzung  auf  dem  rechten  Bheinufer  in  dem 


*)  Die  alte  Form  yon  Hertingen  heiast  nioht  Hartingim,  wie  za  erwarten 
wäre,  sondern  Hertingheim  in  Urkunde  von  1180  bei  Schöpfiin,  Hist.  Zar.  Bad.Y, 
69,  wie  überhaupt  in  dieser  Gegend  mehr&cb  die  beutige  Endung  ingen  aus 
ingbeim  oder  ingboyen  bervorgegangen  ist.  Bellingen  beisst  1005—1006  Bellinkon, 
das  auf  die  filtere  Form  Balhncboyen  zurückgebt,  s.  Schweiz.  Urkundenregister 
Nr.  1209.  Bunmiingen  beisst  in  der  Urkunde  yon  764  für  St.  Denis:  Romanincboya. 
Neagart,  Cod.  dipl.  I,  nr.  41;  Oettün^en  1270  Otlikon.  Neugart  a.  a.  0.  II, 
nr.  1004;  Binzen  764:  Binusbaim  a.  a.  0.  I  nr.  41.  807:  Pinuzbeim.  Wartmann 
I,  185  usw.  ')  Acta  Mur.  a.  a.  0.  8.  90  ff.  Die  Identität  yon  Böllikon  mit 
Bellingen,  dem  Pallincboyen  der  Ottmarsbeimer  Urkunde  stebt  fest,  da  BOllikon 
ak  unmittelbar  am  Rhein  gelegen  bezeicbnet  wird.        ")  a.  a.  0.  S.  95  Anm.  6. 


Habsburger  Studien  I.  9 

Besitze  der  Habsburger^).  Ob  die  Limburg  bei  Sasbach  am  Kaiser- 
stahl altbabsburgisches  Gut  oder  vielleicht  später  aus  zahringischer 
Erbschaft  an  sie  gelangte,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Die  Limburg 
liegt  an  der  Westseite  eines  vom  Kaiserstuhle  vorgeschobenen  Berges, 
an  dessen  Bande  der  Bhein  hart  vorbeifliessi  Sehr  bedeutende  Beste 
lassen  noch  den  Zweck  der  Burg  deutlich  ersehen').  Auf  halber  Höhe 
des  Berges  liegt  die  Hauptburg,  durch  einen  tiefen  Burggraben  von 
dem  oberen  Theile  des  Berges  getrennt.  Unterhalb  dieser  Hauptburg, 
von  der  eruige  Mauern  noch  bis  zur  Giebelhohe  erhalten  sind,  ziehen 
sich  die  Yorbefestigungen  in  verschiedenen  mindestens  drei  Etagen 
zum  Bhein  herab,  der  hohe  Bergrücken  im  Osten  schliesst  die  Burg 
ganz  vom  Breisgau  ab  und  nur  zu  dem  Flachlande  des  Elsasses  ist 
ein  freier  Ueberblick.  Die  ganze  Anlage  der  Burg  beweist,  dass  sie 
wesentlich  zu  dem  Zwecke  angelegt  war,  den  Bhein  und  seinen  Handel 
zu  beherrschen.  Von  Basel  bis  Strassburg  gibt  es  nur  die  drei  Punkte, 
welche  einen  weiten  Ueberblick  über  den  Bhein  gewährend,  mühelos 
den  Handel  auf  ihn  sperren  können:  Breisach  mit  dem  Uesenberg, 
der  Stammburg  des  bekannten  Geschlechtes  gleichen  Namens,  die  un- 
bedeutende Burg  Sponeck,  die  sich  später  im  hachbergischen  Besitz 
befand  3),  und  die  Burg  Limburg.  Die  populäre  Geschichtschreibung 
lässt  auf  letzterer  König  Budolf  geboren  sein^).  Aber  dieser  Bericht 
gehen  auf  Birken  zurück,  dem  dann  alle  späteren  ohne  Prüfung 
nachgeschrieben  haben.  Die  Angaben,  welche  sich  über  die  Limburg 
erhalten  haben,  sind  nicht  so  leicht  zu  combiniren. 

Budolf  L  Graf  von  Habsburg-Laufenburg  versprach  1239  beim 
Abschluss  der  Ehe  seines  Sohnes  Gottfried,  den  er  mit  einer  Tochter 
des  Grafen  Egiao  von  Freiburg  verlobte,  seiner  Schwiegertochter  die 
Hälfte  der  Burg  Limburg  mit  60  Mark  Einkünften  zu  geben ;  er  sagt 
ausdrücklich,  dass  er  das  „de  patrimonio  meo*  besitze^);  wenn  nun 
andererseits  1240  der  spätere  König  Budolf  auf  derselben  Burg  eine 
Urkunde  ausstellt*^),  so  ist  wahrscheinlich  bei  der  Theilung  zwischen 
der  älteren  und  jüngeren  habsburgischen  Linie  die  Burg  Limburg  im 


0  In  Endingen  hatten  noch  1219  die  Habsburger  Besitzungen.  Vgl.  die 
Urkunde  bei  SchÖpflin  Historia  Zaringo-Badensis  Y,  152.  ')  Vgl.  die  Abbildung 
in  Baders  Badeuia  1840  ü,  S.  261  und  Baders  Auftatz  daselbst.  ')  1G05  er- 
scheint sie  im  Besitz  der  Hachberger,  Schöpflin,  Bist.  Zaringo-Badensis  V,  S20 
▼gL  821.  SS2.  8S8.  *)  Vgl.  Birken,  Spiegel  der  Ehre  des  Hauses  Oedterreich  I,  6. 
^)  ^gl-  FQrstenbergisches  Urkundenbuch  I,  177—179.  »medietatem  castri  de  Lim- 
berch  cum  appenditiis  suis  ad  reditus  sezaginta  marcaruni  de  patrimonio  meo*. 
Dazu  Riezler,  Gesch.  d.  Hauses  Fürstenberg  8.  101,  102.  «}  1240  April  15—21» 
bei  Herrgott:  GeneaL  U,  259. 


10  Schulte. 

gemeinsamen  Besitze  verblieben;  blieben  ja  doch  andere  Theile  des 
allerältesten  Besitzes  der  Habsburger  ganz  oder  doch  aaf  Lebenszeit 
der  Theiler  zusammen :  so  die  Landgrafschafb  im  Oberelsass,  die  Bechte 
am  Kloäter  Ottmarsheim  und  der  Hardtwald').  Ein  in  Urkunden 
häufiger  vorkommender  »Vogt  von  Limburg*  war  wol  der  habsbur- 
gische  Burgvogt  2).  Eine  Urkunde  von  1300*)  zeigt,  dass  die  Habs- 
burger längst  nicht  mehr  im  Besitz  der  Limburg  waren.  Damals 
Hessen  die  Bitter  von  Bergheim  die  Burg  Limburg  dem  Grafen  Egen 
von  Freiburg  auf,  um  sie  von  ihnen  zu  Lehen  zu  nehmen.  Der  Vater  ' 
der  Bitter,  Herr  Cune  von  Bercken  hatte  sie  »umb  den  edlen  Herrn 
Graven  Budolphen  von  Hapspurg*  gekauft.  Dieser  Graf  Budolf  ist 
nun  entweder  der  obengenannte  Stifter  der  Laufenburger  Linie,  oder 
der  spätere  König  Budolf.  Ersterer  starb  aber  schon  1248,  der  Käufer 
lebte  aber  noch  1300,  wie  die  Urkunde  beweist;  ist  letzterer  gemeint, 
60  muss  der  Verkauf  vor  1273  stattgefunden  haben,  da  in  der  Ur- 
kunde der  Verkäufer  nur  als  Graf  bezeichnet  wird.  Noch  verwirrter 
wird  die  Geschichte  der  Burg  durch  die  Urkunde  von  1281*),  in  der 
die  Burg  vom  Grafen  Egen  von  Freiburg  an  den  Grafen  Eberhart 
von  Habsburg-Laufenburg  gegeben  wird,  in  der  Absicht  die  Burg  bei 
der  bevorstehenden  Fehde  in  die  Hand  eines  Unparteiischen  zu  bringen. 
Die  einfachste  Lösung  würde  die  sein,  dass  1281  die  Habsburg-Laufen- 
burger noch  einmal  in  den  Besitz  der  Limburg  kamen,  dass  dann 
später  von  ihnen,  speziell  vom  Grafen  Budolf  (1270  bis  1315)  die 
Herren  von  Bergheim  sie  erkauften,  um  sie  dann  von  den  Freiburgem 
zu  Lehen  zu  nehmen. 


*)  Vgl.  Kopp:  drittes  Buch  S.  582  bis  588.  Man  könnte  glauben,  die  Ur- 
kunde sei  gar  nicht  vom  späteren  König  Rudolf,  sondern  von  dessen  Oheim,  dem 
Grafen  Rudolf  von  Habsburg-Laufenburg  ausgestellt  —  die  Consequenzen  für  die 
Geschichte  der  Limburg  ergäben  sich  von  selbst  —  und  in  der  That  steht  der 
Inhalt  der  Urkunde  dem  nicht  entgegen,  aber  da  nach  Ueirgott  das  anhängende 
Siegel  (abgebildet  bei  ihm  Tab.  17  nr.  7)  das  des  späteren  Königs  ist,  eine  jüngere 
Untersuchung  über  die  Siegel  der  Habsburger  aber  nicht  vorliegt,  und  nach  der 
Bemerkung  des  Grafen  Pettenegg  (Zeitschrift,  Adler  IX,  88  Anm.  1)  auch 
für  die  nächste  Zeit  unmöglich  ist,  so  bleibt  die  Sache  unentschieden.  ')  »Advo- 
catus  de  Limperc*  Zeuge  in  der  Schenkungsurkunde  des  Markgrafen  Heinrich 
V.  Hachberg  fiir  Kloster  Thennenbach  1281.  Schöpflin  Hist  Zar.  Bad.  V,  180. 
DerFclbe  advocatus  de  Limperg  (der  vogit  von  Limpurch)  wurde  1255  von  den 
Herren  von  Weissweil  zum  Schiedsmann  erwählt  in  einem  Streite,  den  sie  mit 
dem  Kl.  Thennenbach  hatten.  Schöpflin  a.  a.  0.  V,  226.  228.  In  der  letzteren 
Urkunde  ist  Graf  Rudolf  von  Habsburg  MitauKsteller.  Der  »advocatus  de  limberch* 
auch  Zeuge  in  der  S.  9  Anm.  5  erwähnten  Urkunde  von  1289.  *)  Bei  Bader 
-a.  a.  0.  8.  268  nach  dem  schlechten  Druck  Besolds.  *)  Oberrhein.  Zeitschf!^. 
Xt  99*  1281  August  4. 


Habsburger  Studien  I.  1 1 

Auch  die  ältere  Geschiclite  der  Limburg  bietet  grosse  Schwierig- 
keiten dadurch,  dass  sich  in  älterer  Zeit  die  Zähringer  der  badischen 
Linie  comites  de  Linthburg  nennen.  Mehrfach  hatte  man  diese  Be- 
zeichnung auf  die  Limburg  am  Kaiserstuhl  bezogen^),  aber  wenigstens 
hierin  kann  ich  mit  Caspart^)  übereinstimmen,  dass  unter  der  Lint- 
burg  der  Zähringer  die  Limburg  bei  Weilheim  (wiri  OA.  Korchheim) 
zu  verstehen  ist.  Möglich  wäre  es  ja  allerdings,  dass  die  Burg  am 
Bhein  nach  jener  älteren  auf  der  rauhen  Alb  benannt  wäre;  aber 
dagegen  bleibt  doch  einzuwenden,  dass  die  rheinische  Limburg  im 
13.  Jahrhundert  meist  Limberg  hiess^).  Es  ist  also  ein  zähringischer 
Besitz  der  Burg  nicht  nachzuweisen;  die  Limburg  kann  also  ein 
Seat  althabsburgischen  Gutes  sein,  der  letzte  Best  einst  sehr  ausge- 
dehnter Güter  auf  dem  rechten  Bheinufer,  der  am  Ende  des  13.  Jahr- 
hunderts in  die  Hände  der  den  Habsburgem  treu  anhängenden  Berg- 
heimer  übergieng.  Die  stattlichen  Beste  der  Burg  bieten  nur  wenige 
architektonische  Verzierungen,  die  zur  Bestimmung  des  Alters  der 
Baureste  dienen  könnten;  was  sich  davon  erhalten,  geht  nicht  über 
die  spätgothische  Zeit  zurück;  auch  fand  sich  keine  Spur  von  Ver- 
wendung der  Buckelquadern,  die  sich  aber  auch  nur  ganz  spärlich 
an  den  Breisacher  Bauten  verwandt  finden.  Die  Eaiserstuhler  Be- 
festigungen sind  aus  dem  unmittelbar  zur  Hand  befindlichen  Material 
erbaut,  das  eine  architektonische  Gliederung  nicht  zulässt.  Der  Besitz 
der  Limburg,  die  f&r  eine  grosse  Besatzung  Baum  bot,  sperrte  den 
Rhein  und  bot  zugleich  den  nördlichsten  Ausläufern  der  habsburgischen 
Besitzungen  auf  dem  linken  Bheinufer  Schutz. 

Bedeutend  länger  würde  sich  ein  Best  der  Besitzungen  der  Habs- 
burger im  Breisgau  erhalten  haben,  wenn  die  St.  Trudperter  Urkunden 

«)  Vgl.  Stalin  (Vater),  Wirtemb.  Geschichte  I,  511.  551.  und  Stalin  (Sohn), 
Gesch  Würtembergs  I,  887  lassen  die  Frage  unentschieden.  *)  »Die  Urheimat 
der  Zähringer  auf  der  schwäbischen  Alb'  in  Württ.  Vierteljshefte  f.  Landesgesch. 
in,  224.  *)  In  der  einen  oben  erwähnten  Urkunde  von  1258  heisst  die  Burg 
aber  schon  limpurch,  und  andererseits  heisst  die  Burg  auf  der  rauhen  Alb  ebenso 
in  älterer  Zeit  bei  Chronisten:  »Lintberg*  s.  StäHn  (Vater)  a.  a.  0.  I,  511.  Wenn 
ßtälin  a.  a.  0.  daraui  au^erksam  macht,  dass  das  bei  Limburg  gelegene  Teck  in  den 
Besitz  der  Nachkommen  des  herzoglichen  Zweiges  der  Zähringer  kam,  die  badische 
Linie  derselben  aber  sich  anfangs  dennoch  nach  einer  Limburg  nennt,  so  ist  darauf 
zu  erwidern,  dass  wir  mit  solcher  Genauigkeit  die  Trennung  der  Güter  zwischen 
den  beiden  Linien  nicht  nachweisen  können,  aber  wissen,  daes  auch  der  badische 
Zweig  auf  der  rauhen  Alb  Güter  erhielt.  Dazu  kommt,  dass  auf  der  Burg  bei 
Teck  der  Herzog  Berthold  L  von  Zähringen  seine  Tage  beschlossen  hatte,  als  er 
alles  ringsum  durch  Heinrich  IV.  verwüstet  sah.  S.  Stalin  I,  511.  War  dieses 
Limburg  des  Vaters  ultimum  refiigium  gewesen,  so  war  es  doch  wol  eine  der 
Hauptburgen,  nach  der  man  dann  das  Geschlecht  benannte. 


12  Schulte. 

echt  wären.  Seit  der  sorgfältigen  Edition  von  Weechs  kann  man  aber 
nicht  einer  von  den  vielen  Trudperter  Urkunden,  Vielehe  den  Namen 
von  Habsburgern  bringen,  mehr  recht  trauen.  Ganz  offenbar  haben 
sich  die  Trudperter,  vfol  um  1300,  die  Verbindung  mit  den  Habs- 
burgern in  Urkunden  zurechtgefalscht,  um  deren  Schutz  zu  erhalten^). 

Ein  kleines  Stück  der  Ottmarsheimer  Besitzungen  lag  in  der 
Ortenau;  v^ir  können  aber  nicht  bestimmen,  welches  von  den  vielen 
»Oberweiler*  unter  » Obern wilire*  gemeint  ist. 

Die  Hauptmasse  der  in  der  oberen  Grafschaft  Elsass  dem  Kloster 
Ottmarsheim  geschenkten  Güter  liegen  rings  um  den  grossen  Hardt- 
wald,  der  noch  heute  den  grössten  Theil  des  Gebietes  zwischen  111 
und  Bhein  von  Basel  abwärts  bis  Büstenhart  südlich  Neubreisach 
einnimmt^).  Wie  der  andere  grosse  Forst  der  elsässischen  Tiefebene, 
der  Hagenauer  Forst,  zuerst  den  Mittelpunkt  der  Macht  der  Lützel- 
burger  Grafen  und  dann  deren  glücklicher  Erben,  der  Staufer  selbst, 
bildete,  so  werden  v^ir  sehen,  dass  auch  dieser  Forst  im  Centrum  der 
elsässischen  Allodialgüter  des  habsburgischen  Hauses  liegt  Der  ganze 
ausgedehnte  Forst  war  ursprünglich  Beichsforst  gewesen,  bis  ihn  1004 
1.  Juli  König  Heinrich  IL  der  Baseler  Kirche  unter  Zustimmung  der 
nutzniessenden  Nachbarn  schenkte^).  Wenn  auch  noch  zweimal  von 
Kaiser  Konrad  und  dann  von  König  Heinrich  IIL  diese  Schenkung 
erneuert  wurde*),  so  waren  es  doch  die  Habsburger,  welche  von  dieser 
Schenkung  den  Nutzen  zogen.  In  dem  Theilungsvertrag  zwischen 
Graf  Albrecht  von  Habsburg  und  Graf  Budolf  von  Habsburg-Laufen- 
burg um  das  Jahr  1239  war  es  völlig  unklar,  ob  „diu  Hart  elliu 
sament  egen"  sei  oder  ob  sie  zur  Grafschaft  gehöre,  oder  ob  sie  Lehen 
sei^).  Jedenfalls  wurde  seit  dieser  Zeit  der  Wald  als  AUod  angesehen 
und  behandelt.  Von  den  Ottmarsheimer  Gütern  lagen  zwei  Budenheim 
(Puetteim)  und  Biodesheim  (Bladolnesheim)  südlich  und  nördlich  von 
Ottmarsheim  an  der  Strasse,  welche  an  Stelle  der  alten  grossen,  noch 
heute  z.  T.  erhaltenen  Bömerstrasse  Strassburg  und  Basel  unmittelbar 
dem  Lauf  des  Bheins  folgend  verband.   In  Budenheim  wurde  um  1111 

^)  Zeitschrifb  f.  Gesch.  des  Oberrheins  Band  80:  ȟrkundenbucb  des  Bene- 
diktinerklosters St.  Trudpert  76  ff.  Es  bandelt  sich  vor  allem  um  Eigenleute  im 
Thal  von  Si  Trudpert  und  im  Britznachthal.  ')  Er  ist  noch  heute  SO  Kilo- 
meter lang  und  im  Mittel  6  Kilometer  breit,  vgl.  die  vortreffliche  Karte  in  Kraus : 
Kunst  und  Alterthum  in  Elsass  Lothringen  Bd.  II  zu  Seite  ISO.  ')  Vgl.  den 
Abdruck  der  Urkunde  bei  Trouillat,  Monuments  de  Tanden  6v§oh6  de  Bfile  I, 
145:  »quendam  iuris  nobtri  in  Alsatia  saltum*  Stumpf  nr.  1889.  *)  Die  Urkunde 
Konrads  nicht  erhalten,  die  Heinrichs  III.  von  1040  April  26  bei  Trouillat  I.  167 
Stumpf,  2174;  letztere  beruft  sich  auf  erstere.  »)  Vgl.  den  Vertrag  bei  Trouillat  I, 
549.  Herrgott  Genealogia  II,  1,  255. 


Habsbarger  Stadien  I.  13 

ein  Habsburger  Graf  Otto  II.  vonHesso  von  üsenberg  in  seinem  eigenen 
Hause  ermordet  i).  In  gleicher  Weise  lagen  an  der  andern  von  Basel 
über  Colmar  nach  Strassburg  fahrenden  Strasse,  die  wie  jene  andere 
den  ostlichen,  den  westlichen  Band  des  Hardwaldes  begleitet,  die 
Ottmarsheimer  Orte  Habsheim,  dessen  Name  Habuchenesheim  unwill- 
kührlich  an  den  der  Habsburg  erinnert*),  Bixheim  (Bichenesheim) 
und  Baldersheim  (Balterescheim).  So  war  also  das  mittlere  Stück  des 
Hardwaldes  von  habsburgisch-ottmarsheimischen  Gütern  umgeben,  und 
dass  hier  nicht  sämmtliche  Güter  an  Ottmarsheim  geschenkt  wurden, 
beweist  ausser  dem  Aufenthalt  Graf  Ottos  IL  in  Budenheim  auch  der 
zu  Hüningen  unterhalb  Basel  erfolgte  Tod  des  Sohnes  Badbots  Adal- 
bert,  der  ein  Drittel  dessen,  was  er  zu  Hüningen  besass,  an  Muri  gab'). 
Somit  dürfen  wir  yiel  eher  annehmen,  dass  die  von  Budolf  geschenkten 
Güter  nur  ein  Bruchtheil  der  habsburgischen  Güter  dieser  Gegend 
waren.  Der  Vergleich  mit  dem  späteren,  im  habsburgischen  Urbar- 
buch fixirten  Besitz  und  den  urkundlichen  Nachrichten  wird  lehren, 
was  hier  als  althabsburgisch,  was  als  jüngere  Erwerbung  anzusehen 
ist.  Im  Oberelsass  wurde  Ottmarsheim  auch  noch  in  zwei  Orten  be- 
gütert, Ton  denen  der  erste  später  wiederum  im  habsburgischen  Be- 
sitze erscheint:  in  Ammerschweier  (Hamelricheswilare)  und  dem  nahe- 
liegenden Benweier  (Bebenwilare). 

Im  Niederelsass,  in  der  Grafschaft  des  Grafen  Gerhard,  erhielt 
Ottmarsheim  durch  seinen  Stifter  in  5  Ortschaften  Besitzungen:  in 
Arzenheim  (Arcenheim),  Jebsheim  (Jeben«heim),  dem  abgegangenen 
Breitenheim  bei  Heidolsheim  (Prietenheim),  Scherweiler  (Scherwilare) 
und  Nordhausen  nördlich  Erstein  (Northusen).  Die  drei  erstgenannten 
Orte  stossen  fast  an  die  habsburgischen  Besitzungen,  wie  wir  sie  aus 
dem  ürbarbuch  kennen  lernen  werden.  Aber  in  späterer  Zeit  finden 
wir  in  keinem  der  genannten  Orte  eine  Spur  habsburgischer  oder 
ottmarsheimer  Kechte;  nur  Scher weiler,  das  in  weinreicher  Gegend 
am  Fuss  der  Vogesen  liegt,  ist  auch  später  wieder  habsburgisch  und 
in  Nordhansen  schenkte  erst  König  Budolf  noch  als  Graf  1258   die 


>)  VgL  Acta  Murensia  a.  a.  0.  S.  40.  Die  Reste  des  alten  Schlosses  sind 
1865  abgetragen,  der  Ort  selbst  ist  schon  lange  eingegangen.  ')  Die  älteste 
Form  heisst  Habahineshaim  757.  Wartmann  St.  Gall.  Urk.-Buch  I,  25.  Der  Name 
der  Habsbarger  geht  auf  Habicht  zurück,  wie  Falkenstein,  Falkenberg,  Habsberg 
(^=  Habichtsberg),  während  der  Ortsname  Habsheim  auf  einen  Personennamen 
zurückgeht.  Später  hatten  in  Habsheim  Besitzungen  St.  Alban  in  Basel  und 
St.  Ursanne.  Vgl.  die  betr.  Urkunden  bei  Trouillat  im  Band  L  ')  Acta  Murensia 
S.  S5.  »Frater  quoque  Adelberctus  com  moriturus  esset  ad  Hönigin  remisit  tertiam 
partem  suam,  quam  possederat  in  loco  isto,  et  de  defnuctus  est*. 


14  Schulte. 

letzten  Besitzungen  des  Hauses  an  die  hier  schon  reich  begüterte 
Strassburger  Domkirche  ^).  Es  wird  durch  das  Bekanntwerden 
unserer  Urkunde  zugleich  auch  eine  weitere  viel  ventilirte  Frage  ent- 
schieden. Durch  die  Untersuchung  A.  Schrickers  ist  bereits  die  Grenze 
zwischen  Ober-  und  Unterelsass,  zwischen  Maxima  Sequanorum  und 
Germania  prima,  welche  sich  auch  hier  mit  der  der  geistlichen  Be- 
zirke, der  Erzbisthümer  Mainz  und  Besan9on  deckt,  soweit  sie  im  W. 
der  111  liegt,  definitiv  festgestellt,  im  0.  derselben  zum  Bhein  hin 
gibt  noch  Schricker  der  Grenze  einen  andern  Lauf,  als  die  Diöcesan- 
grenzen  ihn  haben,  und  rechnet  Arzenheim  und  Jebsheim  noch  zum 
Elsass.  Aber  dass  sich  auch  hier  die  alte  Grenze  in  der  kirchlichen 
Grenze  erhalten  hat,  ist  jetzt  klar  zu  Tage  liegend^). 

Die  Besitzungen  des  Klosters  Ottmarsheim  im  Scherragau  (in  pago 
Scerron  in  comitatu  Budolphi)  sind  schwerlich  ein  althabsburgischer  Be- 
sitz. Die  Orte  Dotternhausen  (Dodernhusen  württ.  OA.  fiottweil),  Ehin- 
gen (Ehingen),  Burgfelden  (Burchveld),  Thailfingen  (Tagolvingen)  und 
Onstmettingen  (Ansmutingen)  (alle  württ  OA.  Balingen)  bilden  zwar  ein 
fast  geschlossenes  Gebiet,  aber  da  sonst  sie  ganz  zwischen  zoUern^schen 
und  hohenbergischen  Besitzungen  eingeklemmt,  welche  an  diese  wol  von 
dem  Geschlechte  der  Unruchinger  (Achalm,  Urach,  Ereiburg,  Fürsten- 
berg) kamen,  sich  auch  sonst  keine  Spur  anderer  habsburgischer  Be- 
sitzungen nachweisen  lässt,  so  bleibt  nichts  anderes  anzunehmen,  als 
dass  diese  Güter  durch  eine  Heirath  in  den  Besitz  der  Habsburger 
kamen,  die  mit  ihnen,  weil  zu  weit  entlegen,  das  Kloster  Ottmars- 
heim ausstatteten.  Das  Kloster  behauptete  seinen  Besitz  bis  in  die 
Mitte  des  15.  Jahrb.,  wo  die  Aebtissin  Adelheid  von  Flachslanden  den 
Kirchensatz  zu  Burgfelden  mit  den  Dinghöfen  zu  Burgfelden,  Dürr- 
wangen und  Dotternhausen,  sowie  Gülten  zu  Burgfelden,  Laufen, 
Pfefifingen,  zwei  Filialorten  von  Burgfelden,  und  Dürrwangen  an  Wolf 
von  Bubenhofen  yerkaufte.  Leibeigene  zu  Dürrwangen  und  das 
Zehentlein  zu  Pfeffingen  hatten  die  Grafen  yon  Zollern-Schalksburg 
Yom  Kloster  zu  Lehen  und  wurden  von  diesen  mit  der  Herrschaft 
Schalksburg  1403  an  Wirtemberg  verkauft^). 


>)  Vgl.  die  Notiz  über  diese  ungedruckte  Urkunde  in  Wiegand,  Strassburger 
Urk.-Buch  Bd.  I,  S28,  S9.  In  Nordhausen  war  ein  Centralpunkt  der  Kapitels- 
gutfiverwaltung  schon  lange  vorher,  wie  aiu  dem  Donaueschinger  Anniyersarien- 
buch  des  MüuBters  hervorgeht  ')  Vgl.  Schrickers  Aufsatz:  Aelteste  Grenzen 
und  Gaue  im  lülsass,  in  Martin  und  Wiegand :  Strassburger  Studien  II  mit  4  Karten. 
Vgl.  dazu  die  Karte  des  Baseler  Bisthums  bei  Trouiilat  Band  V ,  die  aber  nicht 
ohne  viele  Fehler  ist.  ')  VgL  Beschreibung  des  Oberamts  Balingen  Stuttgart 
1880  SS.  220.  280.  S12.  S18.  820.  416.  483.  und  Mon.  Zoll.  I  nr.  480. 


Habsburger  Studien  I.  15 

Ein  ganz  besonderes  Interesse  bieten  die  allerdings  nnr  unbe- 
deutenden Besitzungen,  welche  das  Kloster  Ottmarsbeim  von  seinem 
Stifter  im  Elettgau  erhielt  Nur  in  dem  Dorfe  Hallau  (Kant  Schaff- 
hausen) wurde  es  begütert;  aber  wir  erhalten  dadurch  den  Beweis, 
dass  die  Habsbarger  auch  hier  Besitzungen  erhalten  und  somit  ist  es 
wol  wahrscheinlich,  dass  der  comes  Badeboto,  der  1023  als  Graf  im 
Klettgau  vorkommt^),  mit  dem  comes  Badeboto  de  Altenburg  der 
Acta  Murensia  identisch  ist^).  Man  hat  dagegen  geltend  gemacht, 
der  Name  Badeboto  sei  sehr  häufig,  er  ist  im  Gegentheil  sehr  selten  3). 
Wenn  nun  Altenburg  am  Bhein  als  Gerichtsstätte  des  Klettgaus  nach- 
zuweisen ist^),  so  sehe  ich  wirklich  keinen  Grund  mehr,  die  Identität 
der  beiden  Badeboto  zu  bezweifeln.  In  der  Kaiserurkunde  heisst  er 
nach  seiner  Grafschaft,  in  dem  jüngeren  Berichte  des  Historikers  nach 
der  Gerichtsstätte,  wie  das  ja  bei  vielen  Grafengeschlechtern  der  Fall 
ist  War  Badbot  also  auch  Graf  des  Klettgaus  im  Jahre  1023,  so 
ging  die  Grafschaft  doch  nicht  auf  seine  Erben  über;  denn  schon 
1045  erscheint  ein  Graf  Ulrich  s),  dem  dann  1064  ein  Liutold  folgte  ß). 
Diese  beiden  Namen  kommen  aber  in  der  älteren  Zeit  niemals  in  der 
habsburgischen  Familie  vor.  Liutold  war  ein  verbreiteter  Name  im 
Klettgau,  er  erscheint  dort  bei  den  Freiherrn  von  Weissenburg  und 
Krenkingen  und  der  ältesten  nach  Stühlingen  sich  nennenden  Familie*^). 

Die  Besitzungen  von  Ottmarsheim  im  Frickgau  umfassen  zwar 
nur  drei  Ortschaften :  Thalheim  (Talcheim),  Frick  (Fricho)  und  Bemigen 
(Bamingen),  (alle  Kant  Aargau) ;  sie  sind  aber  von  um  so  grösserem 
Interesse,  da  sie  sich  unmittelbar  an  das  sogenannte  „Eigen''  an- 
scbliessen,  das  man  bislang  als  die  einzige  Heimat  der  Habsburger 
ansah. 


<)  Schenkung  Heinrichs  IIL  an  Rheinaa  vom  29.  Okt.  1028  über  Wizzinburc, 
aitom  in  pa^o  Chiegeuwet  in  comitatu  vero  Radebotinis  comitis*.  Jetzt  Quellen 
zur  Schweiz.  Gesch.  III,  2,  48.  *)  Der  comes  Badeboto  erscheint  als  Sohn  des 
Laozelinus,  comes  de  Altenburg.  ')  Vgl.  y.  Liebenau  a  a.  0.  121.  Anm.  22. 
Bei  Uidber  linde  ich  den  Namen  nur  dieses  einmal,  bei  Neugart  finde  ich  ihn 
nach  1000  überhaupt  nicht  mehr.  *)  892  Febr.  lä.  Hidber  Nr.  854.  Quellen 
zur  Schweiz.  Cresch.  III.  2,  Sl.  Ich  weiss  sehr  wol,  dass  man  imter  Altenburg 
auch  das  im  habsburgischen  »Eigen*  belegene  Dörfchen  Altenburg  verstanden 
hat.  Dafür  sind  aber  zwingende  Gründe  nicht  beigebracht.  ')  Heinrich  III. 
für  Schaffhausen  1045  Juli  10  >in  comitatu  Odalrici  comitis  atque  in  pago  Chlet- 
gouri*.  Quellen  z.  Schweiz.  Gesch.  III.  Abth.  1  S.  4.  ^)  s.  oben  S.  6.  Anm.  2. 
f)  Die  Gra£9chafUyerbäItnisse  im  Klettgau  und  Albgau  liegen  ganz  im  Unklaren. 
Man  entbehrt  da  schmeizlich  Baumanns  Graugrafschaften  im  Württembergischen 
Schwaben. 


16  Schulte. 

Ehe  ich  die  Darstellung  der  Gründungsgeschichte  des  Klosters 
Ottmarsheim  beschliesse,  muss  ich  aber  noch  einmal  auf  die  verwandt- 
schaftlichen Beziehungen,  seines  Stifters  Budolf  eingehen,  da  jüngst 
von  einem  so  vorsichtigen  Forscher,  wie  Theodor  von  Liebenau  in 
einer  Studie  über  die  Anfange  des  Hauses  Habsburg  ^)  die  Behauptung 
aufgestellt  wurde,  Budolf  gehöre  nicht  zu  den  Habsburgern.  Bei 
dieser  Untersuchung  muss  ich  dann  leider  auch,  so  gern  ich  es  ver- 
miede, auf  die  kompliderte  Frage  nach  Alter  und  Werth  der  Acta 
Murensia  eingehen  >). 

Mit  Liebenau  stimme  ich  zunächst  darin  überein,  dass  Bischof 
Wernher  I  von  Strassburg,  nicht  wie  die  Acta  Murensia  zu  behaupten 
scheinen^),  ein  Bruder  des  Herzogs  Theodorich  von  Oberlothringen, 
und  Schwager  des  Habsburgers  Batbod,  sondern  selbst  ein  Habsburger 
und  zwar  gerade  derjenige  ist,  der  den  Grund  zur  Blüthe  dieses  Hauses 
legte.  Zu  seiner  Beweisführung  hätte  ich  noch  zwei  Momente  hinzu- 
zufügen: Einmal  erscheint  das  Gut,  welches  Bischof  Wernher  zur 
Begehung  seines  Jahresgedächtnisses  an  das  Strassburger  Münster 
schenkte,  inmitten  des  Gebietes,  welches  in  der  Ottmarsheimer  Grün- 
dnngsurkunde  und   später  wieder  als  habsburgisch  erscheint^);   dann 


<)  Jahrbuch  des  heraldisch-genealogischen  Yereins  »Adler*  in  Wien  9.  Jahr- 
gang 1882.  S.  119.  *)  Nach  Fertigstellung  des  Textes  geht  mir  Eiem*s  Ent- 
gegnung auf  »die  Anfönge  des  Hauses  Uabsburg*  von  Dr.  Theodor  von  Liebenau 
(aus  Zeitschrift  des  »Adler*)  zu.  Um  mich  nicht  unnöthig  in  diese  Privatfehde  zu 
mischen,  habe  ich  nur  das  für  meine  Beweisführung  Nothwendige  noch  hinzuge- 
zogen. ^)  Die  Acta  Mur.  bezeichnen:  Ita  als  so<Tor  Theodrici  ducis  ac  Wern- 
harii  Argentine  civitatis  episcopi;  später:  a  fratre  suo  Wemhario  episcopo 
(a.  a.  0.  S.  19.).  Kiem  will,  um  die  Uebereinstimmung  der  Acta  Murensia  und 
der  gefälschten  Strfiiungsurkunde  von  1027  zu  retten,  soror  und  f  rat  er  als 
Schwager  und  Schwägerin  übersetzen.  Das  geht  aber  unmögUch,  da  dann  an  der 
ersten  Stelle:  soror  zugleich  mit  »Schwester*  und  mit  »Schwägerin*  müsste  über- 
setzt werden.  Liebenau  betont  a.  a.  0.  S.  1S7  ganz  richtig,  dass  in  Muri  zwei 
verschiedene  Versionen  der  Gründungsgeschichte  vorhanden  waren.  Die  eine, 
welche  Wernher  als  solum  fundatorem  darstellt,  liegt  in  der  Fundationsurkunde 
von  1027  vor,  der  anderen  folgte  unter  steter  Polemik  gegen  die  erstere  die  Acta. 
Die  einzig  feste  Basis  ist  im  Nekrolog  des  zu  Muri  gehörigen  Frauenklosters 
üermetswil  gegeben.  Dort  steht  unter  dem  28.  Oktober:  Wemherus  episcopus, 
und  zwar  ist  der  Name  durch  rothe  Striche  hervorgehoben,  was  nicht  beim 
Badeboto  comes  SO.  Juni  S.  152  der  Fall  ist.  Liebenau  wurde  berichtet,  es  stünde 
hinter  Wemherus  episcopus  noch  F.  N.  C,  was  er  statt  frater  nostri  conventus 
als  fundator  nostri  conventur  auflöst.  Aber  nicht  allein  bei  Kiem  S.  161  fehlen 
die  drei  Buchstaben,  sondern  auch  in  der  für  die  Ausgabe  in  den  Monum.  Germ, 
hergestellten  Abschrift,  wie  mir  gütigst  Herr  Dr.  Baumann  mittheilt  Vgl.  ICiems 
Entgegnung  S.  8.  «)  Im  Necrologium  des  Strassburger  Domstifts  (Handschrift 
des  12.  Jahrhunderts  in  Donaueschingen)  heisst  es  zum  28.  October:  »Werinharius 


Habsburger  Studien  I.  17 

kommt  der  Name  Wernher  sonst  niemals  in  der  Lothringischen  Familie 
vor;  wol  aber  ist  es  ein  habsburgischer  Name. 

Auch  das  scheint  mir  Liebenau  erwiesen  za  haben,  dass  aus  dem 
in  den  Acta  gegebenen  Titel  comes  nicht  zu  erschliessen  ist,  dass  die 
Habsburger  damab  eine  Grafschaft  besassen.  In  der  uns  vorliegenden 
jüngeren  Form  der  Acta  ist  die  Bezeichnung  comes  auf  alle,  welche 
dem  habsburgischen  Hause  angehören,  ausgedehnt.  MogKch  bleibt  es 
aber  immerhin,  dass  einzelne  Olieder  zeitweise  ein  Grafenamt  bekleiden: 
insbesondere  ist  die  Identität  des  Habsburgers  Batbod  im  Kletigan, 
wie  wir  oben  sahen,  nicht  ausgeschlossen^).  Aber  dauernd  haben  sie 
aach  die  Grafschaft  im  Elettgau  nicht  besessen. 

In  andern  Punkten  kann  ich  mit  Liebenau  aber  nicht  überein- 
stimmen. Er  glaubt,  weil  in  der  Ottmarsheimer  Urkunde  von  1063 
Rudolf  «vir  illustris*  genannt  wird,  diese  Bezeichnung  aber  nur  auf 
Grafengeschlechter  Anwendung  finde,  dass,  da  die  Habsburger  damals 
nicht  Grafen  waren,  auch  Budolf  trotz  der  Angabe  der  Acta  Murensia 
kein  Habsburger  gewesen  sein  könne.  Der  Grafentitel  ist  aber  damals 
noch  durchaus  eine  Amts-,  nicht  eine  Standesbezeichnung;  es  kann 
somit  die  in  der  Bezeichnung  vir  illustris  liegende  Standesqualifikation 
nicht  durch  die  Bekleidung  oder  Nichtbekleidung  eines  Grafenamtes 
bedingt  werden. 

Aber  so  einfiEtch  ist  die  Frage  nicht  erledigt.  Es  kommt  darauf 
an,  ob  den  Acta  Murensia  gegenüber  eine  so  starke  Skepsis  berechtigt 
ist,  wie  Liebenau  sie  verwendet  Da  zugleich  von  ihm  in  gleicher 
Weise  das  Chronicon  Ebersheimense  angegriffen  ist,  welches  den  Werth 
der  Acta  Murensia  stützt,  so  inuss  ich  auch  auf  dieses  zurückgreifen. 
Die  Chronik  des  elsassischen  Klosters  Ebersheimmünster')  hält  Liebenau 
für  einen  Bing  in  der  grossen  Kette  von  Fälschungen,  die  in  diesem 
Kloster  begangen  wurden,  gewissennassen  für  eine  wolberechnete 
Tendenzschrift,  welche  im  Kampf  zwischen  Ludwig  dem  Bayern  und 
den  Herzogen  von  Oesterreich  den  Hass  gegen  die  letztere  Ffimilie 
nea  entfachen  und  den  Kaiser  zur  Bestätigung  der  falschen  Privile- 
gien bestimmen  sollte  3).  Eine  so  späte  Abfassung  der  in  älteren  Theilen 
ja  sehr  unsoliden  Quelle  ist  bei  der  grossen  Fülle  guter  Nachrichten, 


episcopus  obiit,  de  Northusen  a.  d.  111)  et  Blapatesheim  (Plobebeim  n.  ö.  davon) 
et  Wachenheim  (abgegangen)  plenum  aervitium  .  .  .*  Ueber  Nordhaasen  vgL 
oben  S.  18. 

«)  Vgl.  oben  S.  15.  >)  Jetzt  Mon.  Germ.  SS.  XXIIT,  427^458  heraus- 
gegeben von  Weiland.  Eine  Untersuchnng  über  Zweck  und  Zeit  der  Ebersheimer 
UrknndenftlBchungen  wäre  auch  wol  für  die  Kritik  des  Chronicon  noch  von  Er- 
trag.       >)  a.  a.  0.  S.  127. 

MitthefliiDceD  VII.  2 


18  Schulte. 

die  nicht  einmal  erst  mit  dem  13.  Jahrhundert  beginnen,  undenkbar. 
Aber  selbst  angenommen,  die  letzte  üeberarbeitung  sei  in  der  Ton 
Liebenau  angegebenen  Zeit  gemacht,  so  hätten  doch  ältere  Quellen 
aus  EbersheimmSnster  selbst  vorliegen  müssen  —  und  auf  deren 
Prüfung  käme  es  dann  an.  Aber  selbst  in  dem  gewiss  recht  bedenk- 
lichen Bericht  über  Bischof  Wemher  I.  von  Strassburg  steckt  ein  fQr 
uns  wichtiges  Eornlein  Wahrheit.  Es  wird  erzählt,  Wernher  habe 
nicht  allein  Güter  des  Bisthums  seinem  Bruder  Badbot,  der  als  comes 
de  Habechesburc  bezeichnet  wird,  widerrechtlich  gegeben,  «Deinde 
ad  tantam  insaniam  devenit,  ut  etiam  allodia  et  curtes  quasdam 
s.  Mauritii  Novientensis  cenobii  (d.  i.  Ebersheimmünster)  eidem  Rade- 
botoni  fratri  suo,  per  rapinam  concederet;  id  est  Suiza  cum  perti- 
nentiis  suis,  Burcheim  cum  appenditiis  suis,  Northus  et  Hundenes- 
heim  cum  omni  utilitate,  curtim  etiam  monasterii  in  Egenesheim  cum 
vineis  et  agris  et  omni  utilitate  sna*^).  Wenn  das  alles  spätere 
Fälschung  sein  sollte,  so  muss  der  Fälscher  zufallig  an  mehreren 
Stellen  das  Wahre  gefälscht  haben.  Denn  Wernher  war  ja  ein  Habs- 
burger, sein  angeblicher  Bruder  heisst  hier  ebensogut  Badkboto  wie 
sein  Schwager  in  den  Acta  Murensia,  wie  der  Bruder  in  der  Urkunde 
von  1027;  und  doch  ist  zwischen  beiden  Klöstern  keine  Verbindung 
nachweisbar.  In  einem  der  angegebenen  Orte  sind,  wie  wir  oben 
sahen,  die  Habsburger  später  wirklich  begütert').  Ich  meine,  wenn 
ganz  auffallende  Uebereinstimmungen  zwischen  zwei  sonst  verdächtigen 
Quellen  vorhanden  sind,  die  nicht  von  der  einen  zur  andern  gelangt 
sein  können,  so  muss  man  diese  Angaben  als  wahren  Kern  retten, 
mag  die  Erzählung  selbst  auch  entstellt  sein.  Eine  Verbindung  hat 
freilich  zwischen  den  beiden  Klöstern  bestanden  —  die,  dass  sie  beide 
unter  der  Vogtei  der  Habsbarger  standen.  Das  war  aber  bei  Ebers- 
heim erst  seit  dem  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  der  Fall,  vorher  war 
die  Vogtei  dort  in  den  Händen  der  Vögte  der  Strassburger  Kirche, 
Es  ist  das  Geschlecht  der  Anshelm  und  Heinrich,  die  sich  später  nach 
der  Stadt  Bheinau  nannten.  Aber  ist  denn  durch  die  gleiche  Vogtei 
ein  näherer  Verkehr  zwischen  zwei  Klöstern  bedingt? 

In  womöglich  noch  schärferer  Weise  hat  Liebenau  dann  die 
Glaubwürdigkeit  der  älteren  Theile  der  Acta  Murensia  angegriffen 
und  sie  fast  auf  dieselbe  Zeit  datirt,  wie  das  Chronicon  Ebersheimense ; 
er  setzt  ihre  Abfassung  nach  1338.  Die  neue  Ausgabe  der  Acta 
Murensia  von  Kiem  nimmt  einen  älteren  Anonymus  aus  der  Mitte 
des    12.,  einen  zweiten  aus  der  Mitte   des   13.    Auf  B«chnung  des 


1)  a.  a.  0.  S.  444.        >)  In  Noidhauaen,  piehe  oben  S.  18.  16. 


Habfibnrgei'  Studien  I.  19 

Schreibers  der  einzig  erhaltenen  Handschrift,  die  dem  14.  Jahrhundert 
angehört,  setzt  sie  fast  nur  die  Abänderung  der  Namen  in  ihre  jün- 
geren Formen  1).  Im  Wesentlichen  glaube  ich  mich  Eiern  anschliessen 
za  müssen.  Einen  Beweis  dafür,  dass  seit  dem  zweiten  Anonymus 
nicht  viel  an  dem  Bedtand  geändert  wurde,  will  ich  einfügen.  In 
dem  Katalog  der  sehr  reichhaltigen  Bibliothek  von  Muri  scheint  mir 
das  jüngste  Buch  die  Homihen  des  Cäsar  von  Heisterbach  zu  sein. 
Da  dieser  1240  starb,  im  Katalog  seiner  Schriften  von  1237  bereits 
seine  Homflien  erscheinen,  so  dürfte  die  vorliegende  Bedaction  des 
Bibliothekkataloges  schwerlich  jünger  als  1237  sein').  Diese  Grenz- 
marke  für  die  späteste  Entstehungszeit  des  Bibliothekskataloges  würde 
noch  vollends  wegfiallen,  wenn  unter  den  omelie  Cesarii  nicht  die 
Homilien  Cäsars  von  Heisterbach  zu  verstehen  wären,  sondern  die 
des  Cäsar  von  Arles.  Dann  würde  die  Abfassung  des  Katalogs  in 
noch  frühere  Zeit  zurückgeschoben.  Wie  dem  sei,  entweder  hat 
der  Schreiber  der  einzig  vorliegenden  Handschrift  an  dem  Text 
des  zweiten  Anonymus  nicht  viel  geändert  —  und  das  halte  ich  für 
richtig  —  oder  in  dem  sonst  geistig  so  thätigen  Kloster  ist  in  den 
nächsten  80  Jahren  kein  neuerschienenes  Buch  mehr  angeschafft 
worden.  In  diese  80  Jahre  fallt  aber  die  Ausbildung  der  Literatur 
des  kanonischen  Bechts,  welche  jetzt  auch  Deutschland  formlich  über- 
fluthet,  die  Blüthe  der  Scholastik,  die  Anfange  der  Mystik  und  das 
sollte  alles  an  Muri  spurlos  vorübergegangen  sein,  obwol  der  Schluss 
des  Bibliothekskataloges  die  grosste  Freude  an  Büchern  athmet,  drin- 
gend die  Instandhaltung  und  Vermehrung  der  Bibliothek  fordert!') 
Dieser  Schlusssatz  ist  gewiss  ganz  gedankenlos  aus  der  Vorlage  (dem 
zweiten  Anonymus)  abgeschrieben.  Wenn  somit  in  den  Acta  Murensia 
seit  dem  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  nicht  viel  mehr  geändert  ist, 
so  gewinnen  ihre  Angaben  wiederum  an  Wertk 

Die  Acta  Murensia  bezeichnen  nun  den  Gründer  von  Ottmarsheim 
Rudolf  als  einen  Bruder  Radbots,  den  ich  gegenüber  Liebenau  als 
einen  wirklichen  Habsburger  festhalte.  Wie  sollten  die  Mönche  von 
Mari  überhaupt  wissen,  dass  das  Kloster  Ottmarsheün  ungefähr  gleich* 


*)  Das  Kachwort  zur  Ausgabe  a.  a.  0.  bekämpfb  die  Gründe  von  Liebenau^s. 
*)  a.  a.  0.  S.  51  —  55.  S.  58  >Item  omelie  Cesarii*.  Mit  meiner  Bestimmung  des 
Alten  des  Eataloges  stimmt  nicht  überein  6.  Becker:  Catalogi  bibliothecamm 
antiqni.  Bonn  1885.  S.  250,  der  den  Katalog  noch  dem  12.  Jahrhundert  zuschreibt. 
*)  Es  heiast:  »Sunt  adhuc  hie  opuscola  libelloram  satis  utilia,  que  oportet  servare 
et  meliorare  et  non  destruere,  quia  nos  non  potuimus  ea  hie  Higillatim  deecribere. 
Libros  autem  oportet  semper  desoribere  et  augere  et  meliorare  et  omare  et  an- 
aotare  cum  istis,  quia  vita  omninm  spiritalium  hominum  sine  libris  nichil  est*. 

8* 


20  Schulte. 

zeitig  mit  Muri  entstand,  wie,  dass  dessen  Gründer  Rudolf  heisse? 
Die  einzige  Verbindung  ist  auch  hier  wieder  die  gemeinsame  Vogtei 
in  der  Hand  der  Habsburger.  Die  Erzählung  über  die  Erbstreitigkeiten 
zwischen  Badbot  und  Rudolf  mag  erfunden  oder  entstellt  sein,  an'  der 
Zugehörigkeit  Rudolfs  zur  Habsburgerfamilie  ist  kein  Zweifel. 

Das  scheint  mir  unzweifelhaft  zu  sein,  dass  die  drei  Brüder 
Bischof  Wemher,  Radbot  und  Rudolf  (zu  denen  noch  Lanzelin  kommt) 
an  der  Schwelle  der  habsburgischen  Geschichte  stehen.  Höchst  wahr- 
scheinlich war  von  ihnen  einer  im  Besitz  einer  Grafschaft,  des  Elett- 
gaus,  sonst  erscheint  die  Familie  aber  als  hoch  adlig  (vir  illustris). 
Der  Bischof  Wernher  war  derjenige,  welcher  den  Grund  zu  späterem 
Gedeihen  seiner  Familie  legte.  Im  Besitz  derselben  waren  zwar  auch 
schon  schweizerische  Theile  —  die  Gegend  um  Muri  und  das  «Eigen* 
im  Winkel  zwischen  Aar  und  Reu^s  sind  hier  mit  Gütern  im  Frick- 
gau  das  Stammgut  —  einzelne  Besitzungen  liegen  in  Schwaben  (in 
der  Ortenau,  im  Scherragau  und  im  Klettgau)  -  alswoldaswich- 
tigste  Gebiet  erscheint  aber  der  Besitz  im  Oberelsass, 
im  ünterelsass  und  im  Breisgau.  Das  Kloster  Muri  erhält 
ausserhalb  seiner  nächsten  Umgebung  nur  im  südlichen  Breisgau 
und  im  Oberelsass  Besitzungen;  Rudolf  gründet  sein  Kloster  im 
Winkel  zwischen  Hl  und  Rhein  und  begabt  es  dort  und  in  den  beiden 
andern  Gauen,  und  gleichwol  sind  —  wenigstens  im  Elsass  —  die 
Habsburger  auch  später  gerade  an  diesen  Orten  noch  begütert  Ein 
späterer  Habsburger  wird  bei  Ottmarsheim  auf  seinem  Schloss  er- 
mordet, ein  anderer  beschliesst  nicht  weit  davon  seine  Tage.  Das 
alles  beweist,  dass  die  Habsburger  mit  dieser  Gegend  auf  das  Engste 
verwachsen  waren.  Das  alles  war,  bevor  sie  die  Grafschaft  im  oberen 
Elsass  erhielten;  sie  erhielten  ihre  Macht  im  Elsass  nicht  durch  die 
Uebertragung  der  Grafschaft,  sondern  die  Grafschaft  wurde  ihnen 
übertragen,  weil  sie  ein  mächtiges  Geschlecht  dieser  Ge- 
gend waren.  Vielleicht  kann  man  mit  demselben  Rechte  wie  man 
die  Wiege  des  Hauses  Habsburg  im  «Eigen*  an  der  Reuss  sucht, 
sie  in  das  Gebiet  zu  beiden  Seiten  des  Rheins  von  Basel  bis  unter- 
halb Breisach,  vom  Schwarzwald  bis  zu  den  Yogesen  verlegen,  viel- 
leicht ist  dort  in  der  Dorfkirche  von  Ottmarsheim  noch  heute  die 
Kapelle  der  Pfalz  erhalten,  in  welcher  die  Habsburger  des  11.  Jahr- 
hunderts lebten. 


Römische  Studien, 

Von 

F.  Ealtenbrnniier. 


III.  Die  Briefsammlung  des  Berardus  de  Neapoli. 

Nachdem  die  Briefsammlung  des  Berardus  de  Neapoli,  welcher 
unter  den  Päpsten  von  Urban  IV.  bis  Martin  IV.  eine  hervorragende 
Stellung  in  der  Kanzlei  einnahm,  in  einzelnen  ihrer  Handschriften 
schon  vielfach  ausgebeutet  worden  war,  hat  zuerst  L.  Delisle  in  der 
Abhandlung  „  Notice  sur  cinq  manuscrits  de  la  Biblioth^ue  Nationale 
et  8ur  un  manuscrit  de  la  Biblioth^que  de  Bordeaux  contenant  des 
recueils  epistolaires  de  Berard  de  Naples  •  *)  auch  der  üeberlieferung 
derselben  sein  Augenmerk  zugewandt.  Er  erkannte,  dass  die  wichtigeren 
von  ihm  untersuchten  Handschriften  unter  einander  nur  insofeme  einen 
Zusammenhang  aufweisen,  als  sie  auf  eine  gemeinsame  Quelle  zurück- 
gehen, als  welche  die  in  der  päpstlichen  Kanzlei  aufbewahrten  Gon- 
cepte  des  Berardus  selbst  anzusehen  sind.  Er  hebt  ferner  aus  ihnen 
drei  fiedactionen  hervor,  von  denen  die  eine  einen  Bepräsentanten  im 
Codex  von  Bordeaux  findet,  die  zweite  in  den  Codd.  Paris.  14173  und 
4043,  die  dritte  im  Cod.  Paris.  4311  vertreten  ist.  Den  in  ihnen  vor- 
findüchen  Titeln  folgend  nennt  er  die  zweite  ,Dictamina",  die  dritte 
,Epistolae  Notabiles*. 

Die  Untersuchungen,  welche  ich  an  den  römischen  und  fran- 
zosischen Handschriften  anstellte,  haben  das  bekräftigt,  was  Delisle  mit 
scharfem  Blick  gefunden  hat;  auch  ich  halte  die  Concepte  des  Berardus 
als  die  Quelle,  von  welcher  alle  Handschriften  mehr  oder  minder  direct 
abgeleit<et  sind.  Aber  auch  die  Gruppirung,  welche  Delisle  vorgenommen 
hatte,  erhielt  vollkommene  Bestätigung :  zu  dem  Codex  von  Bordeaux 
gesellte  sich  der  des  Yaticanischen  Archivs,  welcher  mit'  Unrecht  von 
firüheren  Forschern  als   der  » Originalcodex  des  Berardus*  bezeichnet 


•j  Notices  et  extraits  des  Manuscritfl.   Tom.  XXVII.  2.  p.  87  ff.  Paria  1879. 


22  Kaltenbrunner. 

worden  ist.  Die  Dictamina  erhielten  einen  weiteren  Bepräsentanten 
im  Cod.  Vaticanus  3977,  und  durch  Yergleichung  desselben  mit  den 
beiden  französischen  glaube  ich  einen  Archetjpus  nachweisen  zu  können, 
der  ebenfalls  direct  auf  die  Concepte  zurückgeht,  und  dessen  Verwendung 
in  der  Kanzlei  es  erklärlich  macht,  dass  in  seinen  Abschriften  und 
Auszügen  firiefe  auftreten,  welche  ferne  der  Zeit  liegen,  in  der  Berardus 
seines  Amtes  gewaltet  hat  Als  Bedactionen  der  fipistolae  Notabiles 
endlich  stelle  ich  zum  Pansiensis  den  Cod.  Vaticanus  6735  und  den 
Codex  der  Vallicelliana  C.  49,  welche  sich  wol  selbst  nicht  als  Hand- 
schriften des  Berardus  bezeichnen,  es  aber  ohne  Zweifel  sind  und  so 
wie  ihr  französischer  Genosse  die  Concepte  zur  Quelle  haben.  —  Meine 
Leistung  für  die  Elarlegung  der  üeberlieferung  der  Sammlung  besteht 
also  nur  darin,  dass  ich  auf  breiterer  Grundlage  eine  eingehende 
Beschreibung  der  mir  bekannt  gewordenen  Handschriften  gebe,  und 
neben  dem  directen  Nachweise  ihrer  Entstehung  aus  den  Concepten 
auch  noch  den  Versuch  wage,  die  Art  und  Weise,  wie  diese  vor  sich 
ging,  zu  erklaren. 

Wer  die  von  Delisle  und  mir  angeführten  Gründe,  dass  die  Concepte 
des  Berardus  die  gemeinsame  und  letzte  Quelle  derBerardushandschriften 
seien,  gelten  lasst,  der  wird  die  in  ihnen  überlieferten  Briefe  als  histo- 
rische Quellen  anders  schätzen,  als  derjenige,  welcher  in  ihnen  Auszüge 
aus  yaticanischen  Begisterbüchem  sah,  zumal  wenn  er  den  Nachweis 
erhält,  dass  einzelne  Briefe,  welche  bisher  als  historische  Zeugnisse 
galten,  trotz  ihres  Vorkommens  in  der  Sammlung  nicht  expedirt  worden 
seien.  Zur  Würdigung  der  Sammlung  als  Geschichtsquelle,  welcher 
die  zweite  Abtheilung  der  Abhandlung  gewidmet  sein  wird,  ist  es  daher 
nothwendig,  aus  der  Masse  der  aus  ihr  bisher  publicirten  Briefe  jene 
herauszuheben,  welche  einzig  aus  ihr  bekannt  geworden  sind  und  einzig 
in  ihr  überliefert  sind.  Konnte  das  erstere  aus  der  Untersuchung  der 
Provenienz  der  betreffenden  Drucke  emelt  werden,  so  war  das  letztere 
für  mich  nur  theilweise  möglich,  da  ich  nur  ^ine  weitere  Fundstelle, 
das  vaticanische  Begister  nämlich,  zur  Verfügung  hatte.  Aber  auch  da 
brachte  es  die  Natur  meiner  Hauptaufgabe  in  Bom  mit  sich,  dass  ich 
nur  halb  die  Lösimg  bewerkstelligen  konnte;  während  die  Sammlung 
des  Berardus  die  Päpste  von  Urban  IV.  bis  Martin  IV.  umspannt,  bin 
ich  nur  im  Besitze  einer  Uebersicht  des  Inhaltes  der  Begister  von 
Gr^or  X.  an ;  nur  von  da  ab  vermag  ich  also  sowol  bei  den  gedruckten 
als  angedruckten  Briefen  genau  anzugeben,  welche  sich  auch  im 
Begistrum  vorfinden  und  infolge  dessen  sicher  als  ausgelaufen  anzu- 
sehen seien.  Ich  bringe  diese  Scheidung  in  dem  Verzeichnisse  an,  das 
ich  von  den  Briefen  der  gesammten  Sammlung  gebe,  welches,  wie  ich 


Römische  Studien  III.  28 

hoffe,  trotz  seiner  schlagwortartigen  Inlialtsangaben,  zu  denen  mich 
Beschränkung  des  Baumes  nöthigte,  willkonmien  sein  dürfte,  bis  dereinst 
eine  Ausgabe  der  wichtige];!  Quelle  vorliegen  wird. 

Aber  auch  nach  einer  anderen  Seite  hin  bot  die  Sanmilung 
Anregung  zu  Untersuchungen.  Indem  sie  die  Concepte  überliefert, 
und  indem  die  Yergleichung  der  Texte  der  einzelnen  Handschriften 
lehrte,  dass  dieselben  ziemlich  getreu  sich  an  ihre  Vorlagen  halten, 
ergab  sich  die  Möglichkeit,  die  Art  und  Weise,  wie  die  Dictate  in  der 
päpstlichen  Kanzlei  zu  jener  Zeit  gemacht  wurden,  näher  zu  beleuchten. 
Ist  dergestalt  der  letzte  Theil  der  Abhandlung  ein  Beitrag  zum  päpst- 
lichen Kanzleiwesen,  so  ist  er  auch  ein  solcher  zum  Begisterwesen, 
denn  es  lag  nahe,  die  Art  der  Concepte  mit  den  Eintragungen  im 
B^ristnun  zu  yergleichen,  und  mit  dem  Besultate  Stellung  zu  nehmen 
in  der  jetzt  lebhaft  ventilirten  Frage,  ob  die  Originalausfertigungen  oder 
die  Concepte  für  die  Begistratureintragungen  verwendet  worden  seien. 

Nicht  alle  Fragen,  welche  aufgeworfen  werden  können,  sind  in 
den  folgenden  Zeilen  gelöst,  nicht  alle  Zweifel,  die  auch  noch  mich 
selbst  beherrschen,  sind  behoben.;  es  liegt  dies  zum  Theil  in  der 
Beschaffenheit  der  Aufgabe  selbst,  zum  Theil  aber  auch  an  mir.  Indem 
ich  die  Sammlung  zunächst  nur  für  eine  abgegrenzte  Quellenpublication 
ausbeuten  wollte,  war  mir  anfanglich  nur  der  vaticanische  Codex  der 
Dictamina  zugänglich;  der  viel  wichtigere  des  vaticanischen  Archives 
dagegen  war  für  mich  in  Folge  seines  jetzigen  eigenthümlichen  Stand- 
ortes lange  unauffindbar,  und  gelangte  schliesslich  nur  durch  Zufall 
in  meine  Hände;  und  auch  nach  längerer  Zeit  erst  kam  ich  zur 
Erkenntniss,  dass  die  nur  als  .Epistolae  Foutificum*  bezeichneten  zwei 
anderen  xömischen  Handschriften  auch  Bepräsentanten  der  Berardus- 
yj^wimlnng  seien.  Erst  dann  trat  Möglichkeit  und  Neigung  an  mich 
heran,  diese  zum  Gegenstand  eingehender  Untersuchung  zu  machen, 
die  ich  aber  doch  erst  zu  dem  von  mir  erlangten  Abschluss  bringen 
konnte,  als  ich  auch  die  französischen  Handschriften  eingehenderer 
Prüfung,  als  sie  im  Plane  von  Delisle  gelegen  war,  unterzog.  Das 
war  mir  aber  erst  möglich,  als  die  römischen  ausserhalb  meines 
Bereiches  waren,  während  doch  für  viele  erst  jetzt  auftauchende  Fragen 
nochmalige  Einsicht  derselben  wünschenswerth  gewesen  wäre. 

Viele  Unterstützung  danke  ich  meinem  Arbeitsgenossen  in  Born, 
Herrn  Dr.  A.  Fanta,  der  mir  nicht  blos  von  einigen  römischen  Hand- 
schriften die  Auszüge  besorgte,  sondern  auch  in  vielen  Detailfragen 
nachträglich  Auskünfte  gab.  Auch  habe  ich  dankend  zu  gedenken 
der  Förderung,  welche  ich  bei  den  Beamten  des  Archivs  und  der 
Bibliothek  am  Vatican  und  der  Biblioteca  Vittorio-Emanuele  in  Bom 


24  Ealtenbrunner. 

gefunden  habe,  vor  allem  aber  die  Liberalität,  mit  der  mir  die  fran- 
zösische Regierung  und  der  Manidpalrath  von  Bordeaux  die  Benützung 
der  französischen  Handschriften  hier  in  Innsbruck  ermöglichten. 

1.    Die  Handschriften. 
Der  Codex  des  yaticanischen  Archives  saec  XIU.  4^. -==A. 

Derselbe  ist  jetzt  eingestellt  in  die  Serie  der  Begisterbände  als 
Tom.  29  A  d.  i  inmitten  der  mit  Tom.  29  beginnenden  Begister 
ürban  lY.,  von  welchem  Papste  an  die  Sammlung  des  Berardus  beginnt. 
Von  älteren  Signaturen  sind  nur  die  Zahlen  8  und  25  ersichtlich ;  es 
ist  jedoch  sehr  fraglich,  ob  dieselben  dem  vaticanischen  Archive  an- 
gehören, denn  erst  i.  J.  1754  gelangte  der  Codex  endgiltig  in  dasselbe, 
wie  aus  folgender  Notiz  am  Vorsteckblatte  erhellt :  Magistri  Berardi  de 
Neapoli  subdiaconi  et  notarii  apostolici  CoUectio  .  .  .  munificentia 
S.  D.  N.  D.  Benedicti  XIV.  P.  M.  in  archivo  secretiori  apostolico 
Vaticano  repositus  Idibus  lulii  1754  curante  Josepho  Garampio  eidem 
archivo  Praefecto  *.  Damals  wurde  der  Codex  auch  mit  seinem  jetzigen 
das  Wappen  Benedict  XIV.  tragenden  rothen  Lederbande  versehen. 
Garampi,  der  ihn  mit  Indices  versah  und  einige  Notizen  über  die 
Persönlichkeit  des  Berardus  ihm  einfügte,  gibt  uns  nach  der  ange- 
führten Stelle  noch  weitere  Nachrichten  über  seine  froheren  Geschicke : 
9  In  veteri  illius  integumento  titulus  legebatur  ,  Bartholomaei  Politiani 
Epistolae";  errore  siquidem  nimis  crasso,  si  quidem  Bartholomaeus  a 
secretis  fuit  Eugenio  IV.  et  Nicoiao  V.  Quapropter  existimo,  Bartho- 
lomaeum  fuisse  aliquando  codicis  possessorem '.  Mag  dies  richtig  sein 
oder  nicht,  sicher  war  der  Codex  einmal  in  fremden  Händen,  denn 
Garampi  erzählt  weiter,  dass  er  dem  Petrus  Bucelli  gehört  habe,  «qui 
illum  inter  pretiosa  sui  musei  dmelia  diu  asservavit*',  und  dass  ihn 
von  diesem  Benedict  XIV.  um  35  Goldstücke  gekauft  habe.  Der  Name 
dieses  früheren  Besitzers  steht  denn  auch  an  der  unteren  Aussenecke 
am  ersten  Blatte,  und  auf  dem  vorletzten  hat  auch  ein  solcher  im 
15.  Jahrh.  seinen  Vermerk  angebracht,  von  dem  jedoch  nur  mehr  die 
Worte  «iste  liber  est  mens  Nobilis*  zu  lesen  sind.  Von  wann  ab  der 
Codex,  welcher  gewiss  in  der  Schreibestube  der  Curie  entstanden  ist, 
im  Besitze  von  Privatleuten  war,  lässt  sich  nicht  sagen;  in  keinem  der 
mir  zur  Verfilgung  stehenden  Inventare  der  päpstlichen  Sammlungen 
findet  sich  ipn  ihm  eine  sichere  Spur^). 

Der  Codex,  welcher  keinen  Gesammttitel  und  bei  den  einzelnen 

^}  Zwei  Noten  über  eine  HandBcbrift  des  Berardus  in  einem  Inventar  von 
IS 69  und  einem  nach  1578  angelegten  beziehen  sich  nicht  auf  ihn,  sondern  wahr- 
scheinlich auf  den  Archetypus  der  als  »Dictamina*  zu  bezeichnenden  Handschriften. 


Bömiäche  Studien  III.  25 

Briefen  nur  vorgeschriebene  Bubricae  besitzt,  auch  unfoliirt  und  ohne 
jede  Ausschmückung  gelassen  ist,  enthält  jetzt  (abgesehen  von  den 
durch  Garampi  eingeftügten  Papieren)  300  Blätter,  die  sich  auf  36  Lagen 
vertheilen.  Meist  sind  dieselben  Quintemionen ;  mehrfach  aber  wird 
ihre  Beihe  durch  Lagen  anderen  ümfanges  unterbrochen,  was  mit  der 
Anlage  des  Codex  in  Zusammenhang  steht.  Indem  nämlich  die  Briefe 
nach  Gruppen  geordnet  und  so  von  verschiedenen  Schreibern  erledigt 
werden,  fand  f&r  jede  derselben  Bemessung  des  nöthigen  Pergaments 
statt,  so  dass  also  am  Ende  von  ihnen  meist  kleinere,  hie  und  da 
aber  auch  grossere  Lagen  als  die  normalmässigen  genommen  werden 
mussten.  Trotz  dieser  Bemessung  aber  blieben  doch  nach  mehreren 
Briefgruppen  Blätter  über,  die  dann,  (wahrscheinlich  schoi^  beim  ersten 
Binden)  weggeschnitten  wurden.  Nur  bei  Gr.  L  fanden  die  drei  letzten 
leer  gebliebenen  Blätter  praktische  Verwendung,  indem  auf  ihnen 
zehn  Briefe  aus  dem  Beginn  des  14.  Jahrh.  —  alle  die  Pariser  Uni- 
versität betreffend  —  nachgetragen  sind.  Dieselben  sind  schon  in 
die  den  Briefen  gegebene  Numerirung  einbezogen,  welche  beim  letzten 
Briefe  die  Zahl  533  erreicht;  thatsächlich  aber  enthält  der  Codex 
535  Briefe,  da  nach  epp.  87  und  378  je  ein  Brief  (87»  und  378») 
ohne  Nummer  gelassen  ist.  Der  ursprüngliche  Bestand  von  A  besteht  also 
aus  525  Briefen,  die  sich  in  folgende  16  abgeschlossene  Gruppen  gliedern: 
L  epp.  1—39  (29).  fol.  1—20.  (L.  1.  2.  Quintemionen.) 
Nur  die  ersten  29  Briefe  kommen  hiebei  in  Betracht,  denn  die 
folgenden  zehn  sind  jener  Nachtrag  saec.  XIY,  \on  dem  bereits  ge- 
sprochen worden  ist^).  Zum  Unterschiede  von  den  meisten  anderen 
Gruppen  der  Handschrift  lässt  sich  bei  ihnen  aus  dem  Lahalte  selbst 
kein  einheitlicher  Gesichtspunkt  erkennen,  nach  welchem  sie  zusammen- 
gestellt wären,  aber  so  wie  in  den  andern  sind  auch  sie  nach  chrono- 
Ipgisch  fortschreitenden  Pontificaten  geordnet:  epp.  1 — 11  gehören 
Urban  IV.;  epp.  12—29  Clemens  IV.  an«). 


*}  Ich  theile  die  Rubricae  dieser  zehn  Briefe  hier  mit:  1.  üniversitas  Pari- 
siensis  supplicat  pape  pro  monasterio  S.  Victoria  Parisiensi.  8.  Facultas  Theologie 
recommendat  pape  quendam.  S.  Facultas  Theologie  rogat  quendam  pro  quodam 
Scolari  promovendo.  4.  Facultas  Theologie  rogat  episcopum  Parisiensem,  ut  pro- 
Tideat  coidam.  5.  Facultas  Theologie  supplicat  pape  pro  magistro  in  Theologia 
heneficiando.  6.  Ut  cardinalis  habeat  recommendatum  magistrum  in  Theologia 
erga  papam.  7.  Sicut  in  precedenti.  8.  Litter e  Gastelleti  pro  iuvando  Scolari. 
9.  Facultas  Theologie  regraciatur  cuidam  cardinali  de  gratia  facta.  10.  Facultas 
Theologie  rogat  quendam  episcopum  pro  baccaulario  in  Theologia  heneficiando 
(mit  »Datum  die  Jovis  post  festum  Bamabe  Apostoli  1817).  *)  Vgl.  das  km-ze 
Verzeichniss  der  ersten  27  Briefe  des  C^d.  Burdegallensis  (B)  bei  Delisle  p.  107, 
die  lieh  zum  Grosstheil  mit  A  I  decken. 


26  Ealtenbrunner. 

IL  epp.  40—122.  fol.  21—62.  (L.  3.  5.  6.  7.  QuiuternioneiL 
L.  4.  2  Blätter.) 

Die  Störung,  welche  nach  dem  ersten  Quinternio  durch  das  Ein- 
schieben der  zwei  Blätter  eintritt,  ist  in  der  Anlage  begründet:  Man 
theilte  nämlich  die  Briefe  zwei  Schreibern  zu,  und  zwar  dem  ersten 
epp.  40 — 49.  Derselbe  kam  inmitten  von  ep.  47  am  Ende  des  ihm 
zugefallenen  ersten  Quintemio  an,  und  benöthigte  demgemäss  ftir  dessen 
Best  und  die  beiden  letzten  Briefe  nur  mehr  eine  kleinere  Lage ;  indem 
er  sie  zur  Hand  nahm,  beging  er  den  Fehler,  den  Best  von  ep.  47 
nicht  mehr  zu  schreiben,  sondern  gleich  mit  ep.  48  zu  beginnen.  Für 
die  Fortsetzung  von  ep.  47  existirt  noch  der  Beclamante  auf  foL  30 ; 
man  könnte  daher  glauben,  dass  zugleich  mit  ihr  eine  Anzahl  anderer 
Briefe  vor  dem  jetzigen  ep.  48  ausgefallen  seL  Da  der  zweite  Quin- 
temio der  Gruppe  die  alte  Lagenbezeichnung  IIl  trägt,  so  könnte  dies 
nur  derart  gedacht  werden,  dass  die  jetzt  auf  zwei  Blätter  zugestutzte 
zweite  Lage  einst  mehr  Blätter  hatte,  welche  die  jetzt  noch  yorhan- 
denen  einschlössen,  so  also,  dass  die  ihnen  vorhergehenden  jene  Fort- 
setzung und  die  übrigen  Briefe  vor  ep.  48  enthielten,  die  ihr  nach- 
folgenden leer  gelassen  waren.  Damit  wäre  auch  ein  Grund  f&r  den 
Verlust  der  beschriebenen  Blätter  gefunden:  indem  die  mit  ihnen 
organisch  zusammenhängenden  leeren  dem  sonst  auftretenden  Gebrauche 
gemäss  weggeschnitten  wurden,  konnte  die  die  Lage  zusammenhaltende 
Schnur  verletzt  und  damit  jenen  der  Halt  im  Codex  entzogen  worden 
sein.  Das  wird  aber  alles  dadurch  ausgeschlossen  (und  damit  wird 
die  obige  Erklärung  der  Störung  von  selbst  gegeben),  dass  sowol  Cod. 
Burdegall.  als  die  Handschriften  der  Dictamina,  welche  in  sonst  voll- 
kommener üebereinstimmung  mit  A  die  Gruppe  bringen,  nach  dem 
vollständigen  ep.  47  sogleich  ep.  48  ohne  jede  Unterbrechung  folgen 
lassen.  —  Die  Gruppe  trägt  die  gleichzeitige  Ueberschrift:  ,Littere 
facte  per  Berardum  de  Neapoli  domini  pape  notarii  super  negotiis 
imperii  temporibus  ürbani,  Clementis,  Gregorü,  Linocentii,  Johannis  et 
Nicolai  Summorum  Fontificum'^.  Die  hier  genannten  Päpste  sind  in 
der  That  alle  mit  Briefen  vertreten,  und  zwar  derselben,  also  der 
chronologischen  Beihe  nach,  ohne  dass  der  üebergang  von  dem  einen 
zum  andern  bei  Clemens  IV.  (ep.  44 — 45),  Gregor  X.  (ep.  50—51) 
und  Nicolaus  III.  (ep.  119 — 120)  durch  eine  Unterbrechung  ersichtlich 
gemacht  ist;  wol  aber  thtt  eine  solche  ein  nach  den  Briefen  Gregor  X. 
(ep.  114)  und  Innocenz  V.  (ep.  127),  indem  nach  diesen  der  Best  des 
betreffenden  Blattes  leer  gelassen  ist.  Die  früher  erwähnte  Zweitheilung 
der  Gruppe  nach  Schreibern  zwischen  ep.  49.  50  fallt  also  nicht  mit 
dem  Üebergang  zu  einem  neuen  Pontificate  zusammen.     Der  Ueber- 


Römische  Studien  III. 

Bchrift  entsprechend  sind  diese  Briefe  alle  von  der  grössten  Wichtigkeit: 
Die  Verhandlungen  der  Curie  mit  Bichard  und  Alphons,  speciell  die 
Bemühungen  Gregor  X.«  letzteren  zur  Entsagung  der  deutschen  Krone 
zu  bringen,  dann  die  Verhandlungen  dieses  Papstes  und  seiner  nächsten 
Nachfolger  mit  König  Budolf  sind  uns  zum  Grosstheil  in  dieser  Gruppe 
der  Berardussammlung  und  zwar  nur  in  ihr  überliefert,  was  in  anderem 
Zusammenhange  besprochen  werden  wird.  Hier  aber  ist  hervorzuheben, 
dass  die  Briefe  den  Pontificat  Nicolaus  III.  nur  streifen,  denn  nur  der 
letzte  gebort  ihm  an  und  zwar  ist  er  aus  der  Zeit  vor  der  Krönung;  in 
keiner  andern  Gruppe  von  A  finden  wir  etwa  eine  Ergänzung  hiefür, 
und  überhaupt  bietet  die  Berardussammlung  keine  weiteren  Briefe, 
welche  als  »  epistolae  de  negotiis  imperii  tempore  Nicolai  III '  bezeichnet 
werden  könnten,  wol  aber  besitzt  die  Sammlung  der  Epistolae  nota- 
biles  zwei  solche  Briefe  von  Martin  IV.  Während  also  fast  die  ge- 
sammte  uns  bekannte  Correspondenz  de  negotiis  imperii  unter  Gregor  X. 
und  seinen  nächsten  Nachfolgern  von  Berardus  besorgt  worden  ist, 
muss  er  unter  Nicolaus  III.  speciell  dieser  Thätigkeit  enthoben  gewesen 
sein,  ohne  dass  er  aber,  wie  wir  sehen  werden,  von  den  sonstigen 
Geschäften  verdrängt  worden  war. 

III.  epp.  123—189.  foL  63—92.  (L.  8.  9.  10.  Quinternionen.) 
Die  ursprüngliche  Anlage  dieser  Gruppe  geht  nur  bis  ep.  187,  der 
auf  foL  8'  des  dritten  Quintemio  schliesst,  worauf  üach  Leerlassung 
des  nächsten  Blattes  auf  fol.  10  epp.  188.  189  eingetragen  sind.  Mit 
Ausnahme  dieser  beiden  letzten  Briefe,  welche  Martin  IV.  angehören, 
umspannen  sie  ganz  dieselben  Pontificate,  wie  die  der  vorhergehenden 
Gruppe,  nur  lassen  sie  den  Clemens  IV.  unberücksichtigt,  greifen  dafür 
aber  tiefer  in  den  Nicolaus  III.  ein.  Es  fallen  epp.  123 — 130  ürban  IV. ; 
ep.  131  der  Sedisvacanz  nach  ihm;  epp.  132 — 170  Gregor  X.;  ep.  171 
Innocenz  V. ;  epp.  172—177  Johann  XXI.  und  epp.  178—187  Nicolaus  IIL 
zu.  Wieder  ist  also  die  chronologische  Beihenfolge  der  Pontificate  ein- 
gehalten, und  auch  ein  verschiedenes  Verhalten  beim  Wechsel  derselben 
lässt  sich  wieder  erkennen;  während  bei  allen  andern  der  IJebergang 
räumlich  nicht  kenntiich  gemacht  ist,  geschieht  dies  nach  dem  letzten 
Briefe  Gregor  X«,  der  Mitte  der  letzten  Seite  des  zweiten  Quinternio 
schliesst,  worauf  erst  mit  der  neuen  Lage  der  Innocenz  V.  gehörige 
Brief  einsetzt.  Die  Gruppe,  welche  von  einer  Hand  geschrieben  ist, 
scheint  schon  vor  der  jetzigen  Zusammenstellung  des  Codex  im  directen 
Anschluss  zu  Gr.  U  gestanden  zu  haben,  denn  ihr  erster  Quinternio 
trägt  die  alte  Bezeichnung  VI,  was  also  an  die  5  Lagen  von  Gr.  II 
anknüpft  —  Was  den  Inhalt  der  Briefe  anlangt,  so  kann  man  sie 
geradezu   als   eine   friedenstiffcende  Correspondenz   aller   auftretenden 


28  'Ealtenbranner. 

Päpste  bezeichnen,  und  zwar  fällt  diese  Tendenz  fast  ausnahmslos  in 
den  Bereich  der  Politik,  oder  bezieht  sich  mindestens  auf  Streitigkeiten 
weltlichen  Charakters;  namentlich  die  nach  allen  Seiten  ausblickende 
Friedenspolitik  Gregor  X.  tritt  uns  hier  entgegen.  Während  nun  seine 
Briefe  und  auch  die  ürban  lY.  die  mannigfachsten  Verhältnisse  be- 
rühren, wird  dies  anders,  sobald  Johann  XXI.  mit  seinen  Briefen 
eintritt;  er  und  sein  Nachfolger  Nicolaus  III.  bezwecken  einzig  die 
Beilegung  des  Streites,  der  zwischen  Frankreich  und  Castilien  des 
Königreiches  Navarra  halber  ausgebrochen  war.  unter  dieselbe  Tendenz 
endlich  stellen  sich  auch  die  beiden  nachgetragenen  Briefe  Martin  IV. 
(epp.  188.  189);  sie  betreffen  nämlich  die  Legation  der  Cardinäle  von 
Ostia  und  S.  Giorgio  in  Velabro  nach  Rom  (vgl.  Potth.  21737  =  ep.  188). 
Ich  gebe  auf  Grund  dieses  einheitlichen  Gesichtspunktes  der  Gruppe 
den  Titel  ,de  pace*,  sowie  die  vorhergehende  fortan  als  die  «de 
n^otiis  imperii*  bezeichnet  werden  soll. 

IV.  epp.  190—205.  fol.  93—122.  (L.  11. 12. 13.  Quinternionen.) 
Der  ursprüngliche   Bestand   umfasst  nur  die   Briefe    190 — 201, 

welch*  letzterer  auf  fol.  2'  des  dritten  Quinternio  Mitte  der  Seite 
endet,  worauf  erst  mit  fol.  3  ep.  202  beginnt.  Derselbe  steht  ganz 
isolirt,  denn  die  weiteren  drei  Briefe  (epp.  203 — 205)  schliessen  sich 
ihm  nicht  unmittelbar  Mitte  von  fol.  9  an,  sondern  stehen  erst  auf 
fol.  10,  das  wieder  nur  in  seiner  zweiten  Seite  bis  zur  Hälfte  voll- 
geschrieben ist.  Diese  Vertheilung  kat  wol  ihren  Grund  in  der 
Zugehörigkeit  der  Briefe  zu  verschiedenen  Päpsten;  während  die 
Hauptgruppe  bei  ep.  190  mit  Urban  IV.  beginnt  und  dann  durch  den 
Pontificat  Clemens  IV.  (epp.  191  —  196)  zu  den  Gregor  X.  übergeht, 
dem  alle  übrigen  angehören,  ist  ep.  202  ein  Brief  Martin  IV.;  die 
drei  letzten  dagegen  sind  wiederum  solche  von  ürban  IV.  Die  auf 
diese  Weise  zusammengestellten  Briefe  lassen  einen  einheitlichen  Ge- 
sichtspunkt erkennen,  der  auch  durch  die  ihnen  gegebene  üeberschrift 
«Sententie"  zum  Ausdruck  gebracht  ist;  Entscheidungen  über  Streitig- 
keiten kirchlicher  Natur  sind  durchgehends  in  ihnen  ausgesprochen. 

V.  epp.  206—224.  fol.  123—132.  (L.  14.  Quinternio.) 

Es  sind  durchaus  Briefe  aus  den  zwei  ersten  Jahren  Nicolaus  III., 
inhaltlich  ziemlich  zusammenpassend;  sie  sind  nicht  ausschliesslich 
Schiedsprüche,  beziehen  sich  aber  doch  alle  auf  kirchenrechtliche  Ver- 
hältnisse und  sind  alle  nach  Frankreich  bestimmt.  Würde  es  nicht 
die  eigeuthümliche  Beschreibung  der  vorhergehenden  Lage  hindern, 
könnte  man  den  Quinternio  zur  vorhergehenden  Gruppe  IV  schlagen ; 
es  wird  dies  aber  auch  dadurch  unthunlich,  dass  andere  Bedactionen 
der  Sammlung  die  Briefe  derselben  ebenfalls  gesondert  von  denen  der 


Römische  Studien  IIL  29 

Yorhergehendeu  bringen.  Im  übrigen  standen  die  beiden  Gruppen 
firübzeitig  in  enger  Verinndang;  auf  jenem  Blatte  nämlich,  auf  dem 
der  isolirte  Brief  Martin  lY.  (ep.  202)  eingeschrieben  ist,  findet  sich 
folgende  zum  Theil  weggeschnittene  Notiz : ,  deficiunt  duo  f olia  Urbani  IV. 
de  anno  et  m.  novembris  (?)  et^quintemo  Nicolai*  d.  h.  die  zwei 
Seiten  yon  foL  10  der  Lage  13,  auf  welcher  drei  ürbanbriefe  stehen 
und  der  Quintemio  der  Gruppe  Y.  Da  jenes  Blatt  als  10.  eines 
Quintemio  organisch  einer  Lage  angehört,  kann  die  Notiz  nicht  leicht 
dahin  erklart  werden,  dass  das  Blatt  einmal  im  Codex  A  gefehlt  habci 
sondern  sie  wird  auf  die  Yergleichung  mit  einer  andern  Handschrift 
bezogen  werden  müssen,  wahrscheinlich  darauf,  dass  der  in  ihr  fixirte 
Baum  nicht  abgeschrieben  worden  seL  Diese  Deutung  wird  dadurch 
unterstützt,  dass  noch  andere  Notizen  auf  eine  derartige  Controlirung 
einer  vom  Codex  genommenen  Abschrift  hinweisen:  am  Ende  der 
Lagen  2.  20.  21.  24 — 28  steht  nämlich  ^ scriptum  est',  welcher  Yer- 
merk  vielleicht  bei  anderen  durch  das  starke  Beschneiden  der  Blatter 
vertilgt  worden  ist 

VL  epp.  225—259.  fol.  133—148.  (L,  15.  Quinternio.  L.  16. 
Ternio.) 

Die  Briefe  vertheilen  sich  auf  die  Pontificate  so,  dass  epp.  225 — 
232  ürban  lY.;  epp.  233—236  Clemens  lY.;  epp.  237—252  Gregor  X. 
angehören,  worauf  wieder  mit  ep.  253  reichend  bis  256  Clemens  lY. 
einsetzt,  dem  mit  den  letzten  Briefen  257 — 259  abermals  Gregor  X 
folgt  Inhaltlich  schliessen  sich  die  Briefe  an  die  vorhergehenden 
Gruppen  an;  auch  sie  sind  meist  Erlässe  kirchenrechtlicher  Natur, 
beschränken  sich  aber  nicht  wie  die  von  Gr.  Y  auf  ein  Territo- 
rium. Auch  dort,  wo  mit  ep.  253  Clemens  lY.  von  neuem  einsetzt, 
lässt  sich  keineswegs  eine  Aenderung  des  Inhaltes  erkennen,  wol  aber 
dann  bei  ep.  257,  der  zusammen  mit  den  beiden  folgenden  die  Wahl- 
akten Gregor  X.  enthält.  Die  Briefe  sind  in  continuo  von  einem 
Schreiber  erledigt,  der  genothigt  ist,  auf  dem  letzten  Blatte  das  Linien- 
schema zu  verlassen  und  enger  zu  schreiben.  Er  ist  noch  innerhalb 
der  Gregorbriefe  bei  ep.  244,  als  er  die  zweite  kleinere  Lage  zur  Hand 
nimmt;  es  ist  daher  anzunehmen,  dass  das  ganze  von  ihm  erledigte 
Pensum  ihm  von  Anfang  an  vorgelegen  habe,  dass  wir  also  trotz  des 
ZnrQckgreifens  auf  einen  früheren  Pontificat  und  des  isolirten  Inhaltes 
der  drei  letzten  Nummern  an  keinen  Nachtrag  zu  denken  haben. 

YIL  epp.  260—329.  foL  149—173.  (L.  17.  18.  Quinternionen. 
L.  19.  5  Blatter.) 

Die  Briefe  sind  von  einer  Hand  in  einem  Zuge  ohne  Unter- 
brechung bis  zum  letzten  Briefe  geschrieben,  der  auf  der  ersten  Hälfte 


30  Ealtenbrunner. 

der  Versoseite  des  letzten  Blattes  schliesst;  der  ursprüngliche  umfang 
der  Lage,  von  der  jetzt  nur  mehr  f&nf  Blatter  erhalten  sind,  lässt 
sieh  nicht  feststellen.  Die  Briefe  gehören  von  n^  260 — 271  ürban  lY., 
von  272  ab  bis  zum  Schlüsse  Gregor  X.  an ;  durchwegs  beziehen  sie 
sich  auf  die  Kreuzzugsangelegenheit;  wir  bezeichnen  daher  diese  auch 
in  andern  Handschriften  geschlossen  auftretende  Gruppe  als  die  «de 
Terra  Sancta*. 

VIII.  epp.  330—390.  foL  174—210.  (L.  20.  21.  Quint.  L  22- 
Quat  L.  23.  9  Blätter  eines  Sexternio.) 

Auch  diese  Briefe  sind  in  continuo  von  einer  Hand  geschrieben 
und  enden  auf  der  Bectoseite  des  letzten  Blattes,  das  weiterhin  un- 
beschrieben ist.  In  ihren  zwei  ersten  Nummern  gehören  sie  Clemens  TV. 
an,  worauf  ep.  332  aus  der  nach  ihm  folgenden  Sedisvacanz  hinüber- 
f&hrt  zu  epp.  333 — 367,  die  Gregor  X.  zufallen  mit  Ausnahme  Yon 
xio  349 — 357^  welche  aus  dem  Orient  an  Gregor  X.  eingelaufene 
Schreiben  sind;  es  kommen  dann  epp.  368 — 378  aus  dem  Pontificate 
Innocenz  V.  resp.  Johann  XXI.  i),  worauf  die  übrigen  epp.  378* — 390 
sich  fiber  den  Nicolaus  IIL  erstrecken.  Die  Gruppe  trägt  die  gleich- 
zeitige üeberschrift  «Super  unione  Latinorum  et  Grecorum',  welche 
sich  dort,  wo  der  Pontifieat  Nicolaus  IIL  bei  ep.  378*  einsetzt,  mit  den 
Worten  ,,Littere  domini  Nicolai  super  negotio  Grecorum*  wiederholt*). 

IX.  epp.  391—401.  fol.  211—214.  (L.  24.  4  Blätter.) 
Gemäss  der  gleichzeitigen  üeberschrift  „  Littere  facte  per  eundem 

notarium  pro  concilio  congregato  Lugdunensi  per  fei.  rec.  dominum 
Gregorium  pp.  X.  '^  beziehen  sich  alle  Briefe,  deren  letzter  Mitte  der 
letzten  Seite  endet,  auf  das  von  Gregor  X.  i  J.  1272  ausgeschriebene 
und  i  J.  1274  abgehaltene  zweite  Lyoner  GonciL 

X.  epp.  402—405.  fol.  215—224.  (L.  25.  Quinternio.) 

Die  Lage  ist  nicht  einheitlich  beschrieben,  indem  einerseits 
epp.  402 — 404,  andererseits  405  von  ^iner  Hand  erledigt  wurden; 
räumlich  aber  schliessen  sich  die  beiden  Theile  unmittelbar  aneinander 
und  f&Uen  den  ihnen  zugemessenen  Baum  bis  zur  Bectoseite  des  letzten 
Blattes.  Inhaltlich  gehören  die  Briefe  auf  *s  engste  zusammen ;  epp.  402 — 
404  sind  P.  19434  d.  i.  die  Belehnungsurkunde  Clemens|IV.  für  Karl 
y.  Anjou,  deren  Insertionen  von  dem  Numerirer  des  Codex  theilweise 
mit  selbständigen  Nummern  (d.  s.  403.  404)  Tersehen  wurden;  ep.  405 
aber  ist  P.  21362  d.  i.  die  in  das  Yerhältniss  Karls  zur  Curie  tief 
einschneidende  Constitution  Nicolaus  III.  über  die  Senatorie  yon  Born. 


M  Vgl.  die  Bemerkungen  6  Seiten  später.    *)  Aus  Cod.  Burdegall.  hat  Delide 
p.  127  die  Rnbricae  dieser  Gruppe  publidrt. 


Römische  Studien  III.  31 

» 

XL  epp.  406—410.  fol.  225—230.  (L.  26.  Ternio.) 

Räumlich  und  inhaltlich  zerfallen  diese  f&nf  Briefe  in  drei  Gruppen; 
epp.  406.  407,  die  Bestätigungen  von  Senatorie  und  Yicariat  einerseits, 
Ton  Konigthum  andererseits  f&r  Karl  y.  Anjou  seitens  Innocenz  Y. 
(P.  21104.  21103),  enden  Mitte  der  3.  Seite,  und  erst  auf  der  5.,  d.  i. 
also  auf  dem  3.  Blatte  beginnt  ep.  408,  der  zusammen  mit  ep.  409 
bis  zur  Mitte  der  Yersoseite  des  5.  Blattes  reicht;  sie  sind  die  „Con- 
stitutio  de  electione  Pontificis'  von  Johann  XXI.  (P.  21151)  und  das 
damit  in  Yerbindung  stehende  Bundschreiben  desselben  (P.  21152). 
Erst  zu  Beginn  des  6.  Blattes  beginnt  dann  ep.  410,  ein  Schreiben 
Martin  lY.  an  den  Legaten  in  Ungarn,  das  Mitte  der  Yersoseite  dieses 
letzten  Blattes  der  Lage  schliesst. 

XXL  epp.  411—428.  foL  231—243.  (L.  27.  Qua  ternio.  L.  28. 
5  Blätter.) 

Xm.  epp.  429—473.  fol.  244—260.  (L.  29.  Sex  ternio.  L.  30 
5  Blätter). 

Mit  diesen  Gruppen  beginnt  in  gewissem  Sinne  der  zweite  Theil 
des  Codex ;  während  bisher  die  Pontificate  von  ürban  lY.  bis  Nicolaus  III. 
vertreten  waren,  und  nur  wenige  stets  als  Nachträge  erkennbare  Briefe 
Martin  lY.  vorkamen,  wird  jetzt  dieser  so  dominirend,  dass  die  vor- 
hergehenden Päpste  ganz  ausgeschlossen  sind.  Aber  doch  gehören 
diese  und  damit  auch  die  folgenden  Gruppen  zur  ursprünglichen  An- 
lage, denn  die  Hand  von  XI  setzt  auf  XII  über.  Inhaltlich  schliessen 
sich  XII  und  XIII  enge  aneinander,  denn  alle  ihre  Briefe  betreffen 
die  sidlisch-aragonische  Angelegenheit,  die  wichtigste  unter  dem  Pon- 
tificate Martin  lY.  Eine  Scheidung  aber  wird  durch  den  Wechsel  der 
Schrift  und  durch  den  ursprünglich  bedeutenden  leeren  Baum,  der 
zwischen  ihnen  gelassen  wurde,  nöthig  gemacht;  ep.  428  schliesst 
nämlich  zu  Beginn  der  Yersoseite  des  5.  Blattes  der  2.  Lage,  worauf 
dessen  Best  und  die  weiteren  Blätter  der  wahrscheinlich  einen  Quaternio 
bildenden  Lage  leer  blieben,  was  zur  Entfernung  derselben  wie  in 
anderen  Fällen  Anlass  gab.  Diese  Scheidung  ist  nun  durch  den  Inhalt 
der  Briefe  insoferne  begründet,  als  alle  von  XII  dem  Annus  III,  alle 
von  XIII  dem  Annus  lY  angehören.  Auch  diese  letzteren  föUen  die 
2.  Lage,  die  ihnen  zugemessen  worden  war,  nur  mehr  bis  zum  5.  Blatte 
ans,  und  da  ging  man  dann  bei  Tilgung  des  leergebliebenen  Bestes 
so  weit,  dass  man,  nachdem  ep.  473  in  der  Mitte  der  Bectoseite  des 
5.  Blattes  endet,  dessen  untere  Hälfte  zusammen  mit  den  noch  folgen- 
den Blättern  wegschnitt. 

XIY.  epp. 474— 512.  fol.  261—276.  (L.  3L  32.  Quaternionen.) 

Die    durchw^s   Martin  lY.   angehörigen   Briefe    schreiten   vom 


32  KaltenbrunneS:. 

Annus  I  durch  Annas  II,  dem  die  Hauptmasse  angehört,  zu  Annus  III 
vor.  Sie  sind  verschiedenen,  zum  Theil  sehr  wichtigen  Inhaltes;  im 
überwiegenden  Maasse  behandeln  auch  sie  die  sicilisch-aragonische 
Angelegenheit,  aber  im  Gegensatze  zu  den  zwei  früheren  (Gruppen 
werden  auch  andere  Verhältnisse  (die  Senatorie  E^arls,  die  Empörung 
der  Söhne  gegen  Alphons  von  Castilien  u.  a.)  berührt.  Zu&llig  traf 
es  sich,  dass  der  Schreiber  einige  Zeilen  vor  Schluss  des  ersten  Qoaternio 
mit  ep.  490  zu  Ende  kam;  da  begann  er  denn  ep.  491  erst  auf  der 
nächsten  Lage,  welche  er  bis  Mitte  der  letzten  Seite  vollschrieb. 

XV.  epp.  518—522.  foL  277—292.  (L.  33.  Quinternio.  L.  34. 
5  Blätter.  L.  35.  1  loses  Blati) 

Es  sind  durchaus  Excommunicationsprocesse  von  Martin  IV.  und 
Honorius  IV.  Die  beiden  Fontificate  sind  dadurch  von  einander  ge- 
schieden, dass  nach  dem  letzten  Processe  Martin  IV.  (ep.  518),  der 
auf  fol.  2'  der  einen  Temio  bildenden  Lage  34  endet,  das  3.  ^latt 
und  die  Bectoseite  des  4.  leergelassen  wurde,  welch^  ersteres  dann,  wie 
üblich,  weggeschnitten  wurde.  Die  Verschwendung  rächte  sich,  indem 
der  Schreiber  nun  mit  dem  Temio  nicht  mehr  auslangte  und  ein  loses 
Blatt  zu  Hilfe  nehmen  musste,  auf  dessen  Versoseite  er  sodann  den 
letzten  Process  Honorius  IV.  zu  Ende  bringt. 

XVL  epp.  523—533.  foL  293—300.  (L.  36.  Qua  temio.) 

Die  Briefe  gehören,  mit  Ausnahme  des  vorletzten  Honorius  IV. 
zufallenden  Briefes,  wieder  Martin  IV.  an,  und  zwar  sind  sie  alle  aus 
den  letzten  Monaten  des  Annus  III  und  aus  Annus  IV,  schliessen  sich 
also  zeitlich  an  die  Gruppe  XIV  an,  in  welcher  Annus  III  und  zwar 
dessen  ersten  Hälfte  den  Schluss  bildet;  auch  inhaltlich  ist  dies  in- 
sofeme  der  Fall,  als  sie  nicht  wie  Gruppe  XIT.  XIII  sich  auf  einen 
einzigen  Gegenstand  beschränken,  sondern  mannigfache  Verhältnisse 
berühren.  Ep.  533  schliesst  in  der  Mitte  der  Bectoseite  des  7.  Blattes ; 
das  leer  gebliebene  8.  dient  jetzt  dem  Codex  als  Schutzblatt 

Die  eben  geschilderte  eigenthümliche  Anlage  des  Codex,  welche 
ihn  in  eine  so  stattliche  Anzahl  von  Theilen  zerfallen  lässt,  kommt 
auch  in  den  Beclamanten  zum  Ausdruck,  welche  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Anbringung  nur  ein  Band  zwischen  den  einzelnen  Lagen  der 
Gruppen,  nicht  aber  auch  unter  diesen  selbst  herstellen.  Die  Lagen 
1.  3.  5.  8.  11.  12.  15.  17.  20.  21.  29.  33.  34  sind  von  den  Schreibern 
selbst,  meist  in  derselben  Manier,  mit  Beclamanten  versehen,  und  sie 
alle  kommen  zu  Beginn  oder  inmitten  von  Gruppen  zu  stehen;  da- 
gegen haben  die  Gruppen  abschliessenden  Lagen  7.  19.  23.  24.  28. 
30.  35  gar  keine  solchen.  Bei  den  in  diese  zwei  Zusammenstellungen 
nicht  aufgenommenen  Lagen  begegnen  uns  wol  auch  Beclamanten, 


Rl^miscHe  Studien  tU.  33 

aber  sie  sind  nachträglich  pder  mindestens  nicht  ursprünglich  ange- 
bracht.    Zunächst  finden  wir  in  L.  4.  14.  25.  31    sie  gleichzeitig  in 
sorgfaltiger  Curialschrift  gesetzt;  von  ihnen  bildet  nurL.  25  den  Schluss 
einer  Gruppe  (X);  hier  ist  also   gleichzeitig  die  Verbindung  mit  XI 
yermittelt,   was  wol   durch   den  Inhalt   der  beiderseitigen  Briefe  er- 
klärbar ist,  denn  die  zwei  ersten  von  X  betreffen  ebenso  wie  alle  von 
XI  das  Yerhältniss  Siciliens  zur  Curie.    Die  drei  andern  angeführten 
Lagen  fallen  innerhiklb  von  Gruppen;    es   ist  also  bei  ihnen  wol  nur 
an  eine  die  unterlassene  Arbeit  des  Schreibers  ergänzende  Nachtragung 
zu  denken,  und  ebenso  werden  wir  dies  thun  bei  den  Innenlagen  6. 
22.  27,  wo   die  Beclamanten  in  gleichzeitiger  Cursivschrift'  auftreten. 
Dagegen  hat  man  nun  bei  einzelnen  Endlagen  später  die  Verbindung 
durch  in  Cursive  gesetzte  Beclamanten  hergestellt,   nämlich  bei  L.  2. 
10.  13.  16.  32;   dieselbe  Hand  hat  femer  auch  bei  L.  9  u.  18,   zwei 
Innenlagen,  bei  denen  bisher  die  Setzung  von  solchen   unterlassen 
worden  war,  ergänzt  —  Entbehrt  also  der  Codex  in  Bezug  auf  die 
Beclamanten  eines  den  Zusammenhang  der  Gruppen  von  Anfang  an 
herstellenden  Bandes,  so  besass  er  ein  solches  überhaupt  nicht,  denn 
Folürung  ist  bis  heute  nicht  durchgefiihrt,  und  die  Numerirung  kann 
aus  dem  schon  angeführten  Grunde  erst  im   14.  Jahrhundert  vorge- 
nommen worden  sein.  Was  endlich  die  Lageuzähluug  anlangt,  so  finden 
wir  Spuren  von  ihr  bei  einigen  wenigen  Gruppen;   sie  könnte  auf 
anderen  Lagen  bestanden  haben   und   beim  Beschneiden   des  Codex 
anlasslich  des  Bindens  weggefallen  sein.    Aber  trotzdem  können  wir 
kaum  glauben,   dass  einst  eine  einheitliche  Zählung  bestand,   da  die 
wenigen  erhaltenen  Custoden  an  verschiedenen  Stellen  der  Schluss- 
blatter angebracht  sind.     Sie  sind  also,  sowie  die  Beclamanten,  auch 
nur  als  Verbindung  der  Lagen  innerhalb  der  Gruppen  aufzufassen; 
aber  auch  sie  dienen  einmal  (bei  Gruppe  II  und  m,   was  schon  an- 
geführt wurde)   zur  Fixirung   der  nahen  Verbindung  zweier  benach- 
barter inhaltlich  verwandter  Gruppen. 

Der  Codex  zeigt  vielfache  Spuren  von  Bearbeitung  und  Benützung. 
Auf  die  letztere  weisen  namentlich  an  den  Band  geschriebene  einzelne, 
meist  kräftige  Worte  oder  Bedewendungen  hin,  welche  ein  späterer 
Dictator  sich  dermassen  hervorgehoben  haben  mag;  ich  glaube  nicht 
zu  irren,  wenn  ich  in  ihm  den  Schreiber  sehe,  welcher  nach  Gruppe  I 
die  die  Pariser  Universität  betreffenden  Briefe  saec.  XIV  eingetragen 
hat.  —  Zahlreiche  Noten  gehen  aber  unmittelbar  au^  die  Anlage  des 
Codex  selbst  zurück.  So  wird  zweimal  vom  Schreiber  auf  das  vati- 
canische  B^strum  verwiesen:  vor  ep.  413  bemerkt  er  «Ista  omnia 
Bmnpta  sunt  de  o  |  li  et  regestro';   es  ist  dies  vor  der  Gruppe  XV 

Mittheilaug;«!!  Yll.  S 


34  Kaltenbrunner. 

m 

V 

mit  den  Processen  Martin  IV.  und  Honorius  IV.,  und  in  der  That 
stehen  alle  Briefe  dieser  Gruppe  auch  im  Begistrum  der  betreffenden 
Päpste.  Die  Stelle  ist  durch  das  Beschneiden  des  Bandes,  so  wie  oben 
angedeutet  ist,  beschädigt;  das  o  wird  wol  zu  originale  zu  ergänzen 
sein,  und  es  würde  dies  auch  mit  dem  Charakter  der  Urkunden  gut 
vereinbar  sein,  die  sicher  in  drei,  wahrscheinlich  aber  in  mehreren 
Exemplaren  ausgefertigt  und  in  einem  an  der  Curie  zurückbehalten 
worden  sein  werden.  —  Zu  ep.  200  steht  die  Notiz :  ^  Memento,  quod 
ista  littera  deficit  in  minoribus  epistolis  ** ;  der  Brief  steht  im  Begistrum 
Gregor  X.  als  ep.  97  A.  III  eingetragen,  d.  i  also  unter  den  Litterae 
communes ;  in  den  ihnen  gegenüberstehenden  Litterae  curiales  yermuthe 
ich  nun  die  in  der  Note  citirten  epistolae  minores ;  denn  jene  nehmen 
fast  ausnahmslos  unter  den  Päpsten  dieser  Zeit  ein  bedeutend  kleineres 
Volumen  als  die  Litterae  communes  ein,  andererseits  aber  sind  gerade 
unter  ihnen  die  Briefe  der  Berardussammlung  zu  finden.  Warum  man 
sich  aber  gerade  bei  diesem  Briefe  zur  Note  veranlasst  sah,  nachdem 
die  meisten  Gregorbriefe  des  Berardus  gar  nicht  im  Begistrum  stehen, 
ist  mir  unverständlich  —  vielleicht  eben  wegen  der  exemptionellen 
Stellung  des  Briefes  unter  den  Litterae  communes?  Möglicherweise 
könnte  man  aber  auch  an  einen  jetzt  verloren  gegangenen  zweiten 
Begisterband  Gregor  X.  denken,  der  analog  mit  dem  Tomus  II  von 
Nicolaus  111.  die  politische  Correspondenz  enthalten  haben  würde. 
Ich  werde  aber  zur  ersteren  Deutung  hauptsächlich  dadurch  bewogen, 
dass  ich  den  Ausdruck  „minores  epistolae'  für  Litterae  curiales  nun 
auch  unter  Martin  IV.  nachweisen  zu  können  glaube.  B.  St.  I.  247 
schloss  ich  aus  der  fol.  40'  des  Tom.  I  Martin  IV.  eingetragenen  Notiz: 
„  post  istum  quaternum  immediate  reponi  debet  et  ligari  alius  quatemus, 
cuius  prima  epistola  incipit  Martinus  etc.,  habes  in  principio  libri 
minoris  Martini  IV.''  auf  den  Verlust  eines  so  benannten  Begister- 
bandes  dieses  Papstes ;  es  ist  mir  nun  viel  wahrscheinlicher,  dass  dieser 
Liber  minor  aus  den  vier  Jahrgängen  der  Litterae  curiales,  welche, 
wie  ich  nachgewiesen  habe,  ursprünglich  gesondert  gelegen  haben, 
gebildet  gewesen  sei.  Die  Weisung  wurde  nicht  befolgt  und  die  Litterae 
curiales  des  ersten  Jahres  sind  (gerade  deshalb)  verloren  gegangen, 
aber  der  Index  für  sie  ist  dem  Gebrauche  gemäss  auf  der  letzten  Seite 
des  Jahrganges  I  der  Litterae  communes,  das  ist  eben  fol.  40',  bereits 
eingeschrieben  worden. 

Wichtiger  sind  gleichzeitig  vorgenommene  Tilgungen  von  Sätzen 
oder  ganzen  Briefen;  ersteres  geschieht  genau  so  wie  im  Begistrum 
dadurch,  dass  das  Wort  vacat  in  seine  zwei  Silben  getheilt  zu  Beginn 
und  Schluss  des  zu  tilgenden  gesetzt  und  dieselben  durch  einen  geraden 


ROmiBohe  Stadien  IIL  35 

Strich  mit  einander  verbunden  werden:  So  ist  nun  in  A  bei  ep.  77 
(F.  20975)  der  erste,  bei  ep.  116  (F.  21106)  der  letete  sehr  wichtige 
Satz  getilgt  worden,  auf  welch'  letzteres  in  anderem  Zusammenhange 
noch  zurückgekommen  werden  wird.  Die  Tilgung  eines  ganzen  Briefes 
im  Begistrum,  womit  also  angezeigt  werden  soll,  dass'^  trotz  seiner 
Eintragung  nicht  expedirt  worden  sei,  geschieht  dort  ebenfalls  in  der 
eben  geschilderten  Weise,  in  unserm  Codex  dagegen  durch  die  fioi*- 
Setzung  der  Note  »non  processit*.  Ohne  weitere  fieigabe  erscheint 
sie  bei  ep.  100  (F.  21088),  der  dadurch  von  der  Stellung  einer  wich- 
tigen historischen  Quelle  (vgL  Bussen  Doppelwahl  106)  in's  Nichts 
zurückgeworfen  wird.  Bei  ep.  410,  der  einen  scharfen  Tadel  gegen 
den  König  von  Ungarn  darüber  ausspricht,  dass  er  sich  an  die  heid- 
nischen Cumanen  angeschlossen  habe,  erhalten  wir  aber  auch  die 
Begründung  der  Tilgung  in  folgenden  Worten:  .non  processit,  quia 
licet  sie  mandasset  dominus  Martinus  papa  et  notam  auditam  multum 
aoeeptasset,  tamen  ad  instanciam  cardinalis  mitigavit*. 

Diese  und  die  folgenden  Noten  sind  von  anderer  Hand  beigesetzt, 
welche  höchst  wahrscheinlich  dem  Zusammensteller  des  Codex  ange- 
hört; ihr  Autor  aber  ist  Berardus  selbst,  welcher  sie  auf  seinen  Gon- 
cepten  angebracht  hatte.  Das  letztere  wird  durch  folgende  Note  zu 
ep.  196  sicher  gestellt:  »Ipse  Clemens  fecit  istam  et  ego  tempore 
Gregorii  X.  sequentem,  in  qua  respondetur  ad  allegationes  oontentas 
in  ista,  et  providetur  contra  processum  habitum  per  istum^  Der  von 
Clemens  IV.  selbst  concipirte  Brief  196  ist  die  Suspension  des  Erz- 
bischofs Heinrich  von  Trier  (F.  20191),  der  darauf  folgende  die  Be- 
Yocation  dieser  Sentenz  durch  Gregor  X.  (F.  20645) ;  zu  diesem  letzteren 
machte  nun  auch  Berardus  zahlreiche  auch  in  unsern  Codex  über- 
gegangene Bandbemerkungen,  welche  Erläuterungen  und  Begründungen 
der  einzelnen  Abschnitte  der  Sentenz  geben.  —  Auf  ähnliche  Weise 
erhalten  wir  durch  Berardus  selbst  Nachricht  über  die  Entstehung 
anderer  Briefe;  bei  ep.  271  (ungedruckt  an  das  Capitel  Ton  Bheims. 
1267.  14.  VIII.)  bemerkt  er  neben  einem  durch  Striche  abg^prenzten 
Satz : .  A  loco  isto  usque  ad  locutionem  istam  dictavit  dominus  Clemens  *• 
Zu  ep.  202  d.  L  die  Entsetzung  und  definitive  Bannung  Feters  t.  Aragon 
(F.  21998  y.  21.  III.  1283)  schreibt  er:  .Monitiones  &cte  in  festo 
Ascensionis  Domini  immediate  sequente  post  auditam  rebellionem 
Fanormitanam  *.  Das  bezieht  sich  auf  den  Himmelfahrtstag  von  1282 
(7.  V.),  an  welchem  Martin  IV.  nach  F.  21895  im  Dom  zu  Orrieto 
das  erste  Mal  den  Bannstrahl  gegen  die  Sieilianer  schleuderte;  die 
Note  besagt  also,  dass  ein  Theil  der  damals  gesprochenen  und  ur- 
kundlich niedergeschriebenen  Worte  beim  Concepte  von  ep.  202  ver- 


36  Kalt^nbrttnner. 

• 

wendet  worden  sei.  —  Die  Angelegenheit  des  Peter  v.  An^on  betrifft 
auch  noch  eine  Note  zu  ep.  500  =  P.  21972.  «Ista  litte ra  processit 
sicut  jacet,  antequam  ferretur  sententia  contra  Petrum  quondam  regem 
Aragonie.  Sed  post  latam  sententiam  fdit  ampliata  prout  in  correctione 
apparet.  Nonis  Aprilis  anno  IV^*.  Der  Brief  ist  vom  13.  L  1283 
datirt,  ist  also  vor  der  definitiven  Absetzung  und  Bannung  Peters,  die 
nach  P.  21998  am  21.  III.  1283  erfolgte,  geschrieben;  im  incorrigirten 
Wortlaute  findet  er  sich  auch  eingetragen  im  Begistrum  (T.  L  A.  IL 
ep.  cur.  86).  Die  Erweiterungen,  welche  nun  an  seinem  Texte  gemäss 
der  Ankündigung  des  Berardus  vorgenommen  wurden,  beziehen  sich 
lediglich  auf  die  Zusätze  von  „  quondam  '^  und  „  olim '  bei  der  Erwähnung 
Peters,  welche  nach  curialem  Sprachgebrauche  erst  einem  definitiv 
abgesetzten  Könige  zukonmien.  Im  Begister  des  Annus  IV  suchte 
ich  vergeblich  nach  dem  also  corrigirten  Briefe;  wahrscheinlich  wurde 
er  ausgesandt  gel^entlich  des  neuerlichen  Processes,  der  gegen  Peter 
am  6.  IV.  1284  (P.  22123)  also  einen  Tag  nach  dem  Datum  der  Note, 
verkündet  worden  ist. 

Wichtige  Noten  hat  Berardus  ferner  bei  epp.  368.  369.  370.  373 
in  Gruppe  VIII  de  unione  Grecorum  eingetragen.  Die  beiden  ersten 
sind  aus  Cod.  Burdegall.  bereits  von  Delisle  p.  121  publicirt  und  p.  137 
gewürdigt  worden;  ich  muss  aber  doch  auf  dieselben  nochmals  ein- 
gehen, da  erst  A  vollkommene  Klarheit  in  die  merkwürdig  verwirrte 
üeberlieferung  dieser  Briefe  bringfc :  Während  der  Bückreise  Gregor  X. 
von  Lyon  kamen  zwei  Gesandte  des  Paläologen  (der  Archidiacon 
Georgios  und  der  Dispensator  Curiae  Theodoros)  an  die  Curie.  Erst 
nach  dem  Tode  Gregors  zu  Arezzo  erledigte  dessen  Nachfolger  Inno- 
cenz  V.  ihre  Botschaft  und  sandte  sie  von  Bom  aus  mit  P.  21136 
zurück;  dass  dieser  Brief  durch  die  griechischen  Gesandten  selbst 
überbracht  wurde,  wird  in  ihm  selbst  nicht  gesagt,  wir  erfahren  es 
aber  aus  der  Note,  die  zu  seiner  Eintragung  in  A  n«  368  gesetzt  ist: 
.,ista  processit  et  portaverunt  eam  nuntii  Paleologi,  qui  recesserunt  de 
Urbe  vivente  adhuc  domino  Innocentio  '^.  (Delisle  a.  a.  0.  aus  B  ep.  387.) 
Gleichzeitig  wurde  aber  vom  Papste  die  Entsendung  einer  eigenen 
Legation  beschlossen  und  wurden  hiezuderMinoritengeneralHieronymus 
und  die  Minoritenbrüder  Guido,  Angelus  und  Gentilis  designirt.  Sie 
sollten  zwei  Briefe  an  den  Paläologen  (P.  21137.  21138  =  A  epp.  369. 
370),  einen  an  die  griechischen  Prälaten  (P.  21139  ^=  A.  ep.  371) 
und  einen  an  den  Prinzen  Andronicus  (P.  21140  =  A  ep.  372)  über- 
bringen; überdies  wurden  ihnen  zwei  Legationsbefugnisse  (P.  21141 
und  Delisle  App.  n^'  IX  =  A  epp.  373.  374)  and  ein  Memoriale 
(P.  21142  =^  A  ep.  376)  sammt  dem  entsprechenden  Mandate  (P.  21143 


RömiBche  Studien  III.  37 

=  A.  ep.  875)  lüitgegeben.  —  Inzwischen  starb  luuoeenz  V.  und  die 
auf  der  Beise  zu  Ancona  angekommenen  Minoriten  kehrten  auf  die 
Kunde  hieyon  zur  Curie  zurück;  sie  wurden  dann  von  Johann  XXL 
ihrer  Mission  entbunden  und  statt  ihnen  die  Bischöfe  von  Ferentino 
und  Turin  und  die  Dominikaner  Baynonus  und  Salyus  hiezu  bestimmt. 
Wir  werden  hierüber  belehrt  durch  die  (schon  von  Delisle  aus  B  ep.  388 
a.  a.  0.  mitgetheüte)  Note  zu  ep.  369:  »Iste  alie  confecte  de  isto 
negotio  sub  nomine  domini  Innocencii  non  prooesseruni  Quamquam 
enim  minister  generalis  et  tres  alii  firatres  Ord.  Hin.,  qui^*)  tunc 
mittebantur^),  iam  iter  arripuissent,  tarnen  audito  domini  Innocencii 
obitu,  cum  essent  adhuc  Anchone,  redierunt  ad  curiam,  et  per  dominum 
nostrum  lohannem  S.  P.  negotium  aliis  est  commissum  videlicet  lacobo 
Ferentinati,  Oaufrido  Taurinensi  episcopis,  fratribus  Baynono  priori 
conyentus  Viterbiensis  et  Saluo  lectori  Lucano  Ord.  Fred,  cum  litteris 
eiusdem  tenoris  excepto  quod  in  istis^)  est  aliquid  additum  aliquid 
immutatum"^).  Dieser  und  die  folgenden  Briefe  gehören  also  alle  iu 
den  Pontificat  Johann  XXI.  nicht  in  den  Innocenz  V.,  in  welchen  sie 
Potthast,  anderer  üeberlieferung  folgend,  verweist').  Zu  ep.  370  ist 
dies  auch  noch  ausdrücklich  bemerkt,  indem  an  der.  Stelle,  wo  die 
Minoriten  dem  Paläologen  empfohlen  werden,  die  Note  gesetzt  ist: 
,Isti  non  processerunt  sed  alii  missi  fuerunt,  sicut  notatum  est  in 
principio  precedentis '^.  Diese  Note,  welche  in  B  fehlt,  kann  dann 
wol  auch  noch  gelten  für  die  zwei  folgenden  Briefe  (epp.  371.  372), 
in  denen  ebenfalls  der  Minoriten  Erwähnung  geschieht  Eine  grössere 
Aenderung  war  aber  bei  ep.  373  (P.  21141)  nöthig,  da  ja  derselbe  , 
die  Adresse  der  Minoriten  trug;  dieselbe  ist  in  der  That  durch  ein 
«yacat*  getilgt  und  die  der  neuen  Mission  am  Bande  yermerki  Zu 
keinem  der  weiteren  Briefe,  die  bis  incl.  376  ^ sicher  schon  den  Mino- 
riten mitgegeben  worden  waren,  wozu  dann  noch  als  ep.  377  ein 
zweites  wahrscheinlich  erst  unter  Johann  XXL  aufgesetztes  Memoriale 
(P.  21144)  kommt,  ist  irgend  eine  corrigirende  Note  angebracht;  yon 
ihnen  hat  der  erste  (374)  keine  Adresse,  375  hat  .Eisdem',  376  die 
Namen  der  Minoriten,  377  wieder  „Eisdem*  als  Adresse.  Wir  ertappen 
also  hier  A  auf  einer  üngenauigkeit,  deren  Wichtigkeit  für  die  Werth- 


')  Der  Text  von  B  weicht  in  einigen  Stellen  yon  dem  vorliegenden  ab: 
IL)  B  qoia;  b)  6.  miscebantor;  c)  B  ista;  d)  immatatum  sicut  infra  legende  litteram 
ridere  potea. 

*)  Keiner  dieser  Briefe  steht  im  Registrnm  Johann  XXL,  von  dem  übrigens 
der  Giosstheil  der  litterae  curiales,  unter  welchen  sie  zu  suchen  wären,  yerloren 
gegangen  ist  (ygl.  R.  St  I.  247).  Dass  die  Gesandtschaft  nach  Oonstantinopel 
kam,  lehrt  der  Brief  des  Palftologen  an  Johann  XXL  bei  Raynald  1277.  21. 


t 


38  Kaltenbrunner. 

Schätzung  der  Ueberlieferung  im  Berardus   nicht  hoch  genug  ange- 
schlagen  werden  kann:   während  wir   durch   die  Adresse  genöthigt 
werden,  373.  875  (und  wol  auch  374)  an  die  Legation  Johann  XXI. 
gerichtet  anzusehen,  müssen^wir  aus  demselben  Grunde  376.  377  als 
an  die  Minoriten  adressirt  bezeichnen.   Es  ist  nun  möglich,  dass  376, 
wo  die  Teralterte  Adresse  stehen  geblieben  ist,  unter  Johann  XXI. 
nicht  mehr  verwendet  wurde,  und  dass  deshalb  eine  Bemerkung  des 
Berardus  unterblieb,  aber  gerade  dann  müssen  wir  377  als  das  neue 
Memoriale  ansehen,  und  trotzdem  weist  seine  Adresse  auf  die  Minoriten ; 
auch  könnte  man  ftgUch  erwarten,   dass  jene  Ungütigkeit  von  376 
wie  sonst  im  Codex  durch  ein  «non  processit*^  zum  Ausdruck  gebracht 
sei^).    Man  könnte  aber  andererseits  auch  glauben,  dass  der  Sammler 
seine  Note  zu  370   als  genügend  auch  f&r  diese  Briefe   angesehen 
habe;   warum   aber   hat   er   dann   trotzdem   die   unter   den  gleichen 
Umständen  stehende  Adresse  von  373  getilgt  und  die  neue   an  den 
Band  geschrieben?    Aber  auch  andere  Ungenauigkeiten  stossen  uns 
auf,  nämlich  in  der  Datirung  und  im  Adressanten.    A  368  hat  die 
Datirung  «Lateraui  23.  Y.  anno  I,   was  auf  Innocenz  Y.  passt  und 
richtig  ist,   denn  wir  wissen  von  diesem  Briefe,   dass   er  unter  ihm 
den    griechischen   Gesandten  mitgegeben   worden   sei.     A   369    hat 
keine  Datirung,  die  drei  folgenden  (370 — 372)   aber  haben  „Datum 
ut  supra'.    Da  braucht  man  nun  gerade  keine  Gedankenlosigkeit  des 
Schreibers  anzunehmen :  auf  dem  Concepte  von  369  (d.  i.  dem  ersten 
der  vier  nach  Constantinopel  bestimmten  Briefe)  war  eben  das  Datum 
nicht  angebracht,  es  konnte  aber  auf  den  Concepten  der  drei  folgenden, 
welche  der  Natur  der  Sache  nach  mit  ihm  zugleich  ausgefertigt  werden 
sollten,  vorweg  durch   das  ,ut  supra*   das   gleiche   nur  noch   nicht 
fixirte  Datum  angezeigt  werden.   Die  drei  folgenden  Briefe  (373 — 375 
d.  s.  die  Briefe  an  die  Legation)  tragen  der  Beihe  nach  das  Datum 
„LateranL  X.  KL  lunii  a.  primo*,  d.  L  also  das  gleiche  wie  ep.  868. 
Zunächst  erfahren  wir  daraus,   dass   die  Entsendung   der  Minoriten 
bereits  beschlossen  war,   als   ep.  368   durch   die  griechischen  Boten 
expedirt  wurde  und  femer,  dass  alle  drei  Briefe  bereits  für  die  Mino- 
riten  bestimmt  waren.     Aber  wir    ersehen  auch   daraus,    dass   der 
Sammler  bei  seinen  Aenderungen  an  den  Briefen  nicht  durchgreifend 
vorgegangen  ist:  trotzdem  er  sie  von  Innocenz  Y.  auf  Johann  XXI. 


I)  Zu  mehreren  Sätzen  dieses  Memoriales  schreibt  die  firemde  Hand  »non  est 
üftctum*  d.  h.  wol,  diese  Sätze  des  Conceptes  sind  nicht  gebilligt,  daher  auch 
nicht  grossirt  worden.  Füx  unsere  Frage  entscheidet  dies  wenig,  da  wir  ja  nicht 
bestimmen  können,  ob  die  durch  sie  angezeigten  Tilgungen  noch  unter  Innooens  V. 
oder  erst  unter  Johann  XXI.  yorgenommen  worden  sind. 


Römifiche  Studien  m.  39 

überwies,  liess  er  das  für  Inuoceuz  V.  geltende  Datum  steheu,  auch 
in  373,  wo  ßr  doch  die  Adresse  der  Minoriten  tilgte  und  einige  dem 
entsprechende  Aenderungen  am  Texte  rornahm.  Die  beiden  folgenden 
Stacke  (376.  377)  tragen  gemäss  ihres  Charakters  als  Memoriale  keine 
Datirung.  Die  gleiche  luconsequenz  wie  bei  dieser  begegnet  uns  ferner 
beim  Fapstnamen:  368  hat  ganz  richi(ig  .Innoeentius'^  an  der  Spitze; 
die  folgenden  aber  bis  373  haben  das  auf  ihn  verweisende  Idem,  auch 
373,  so  dass  also  in  ihm  Innocenz  V.  der  Yon  seinem  Nachfolger 
eingesetzten  Legation  den  Brief  zu  ertheilen  scheint;  die  folgenden 
Nummern  haben  dann  keinen  Adressanten  mehr.  —  Es  erübrigt  noch 
zu  erklaren,  wie  alle  diese  Briefe  von  Potthast  Innocenz  V.  zugewiesen 
werden  konnten,  und  wie  neben  der  Legation  der  Minoriten  hiebei 
auch  die  Johann  XXL  (in  P.  21141)  zu  Tage  treten  konnte,  so  dass 
wir  also  in  P.  21136 — 21144  drei  verschiedene  Lq^tionen  unter 
Innocenz  V.  (die  griechischen  Boten;  die  Minoriten;  die  zwei  Bischöfe 
mit  den  zwei  Dominikanern)  erhielten.  Das  geht  zurück  auf  den  der 
Gruppe  derDictamina  angehörigen  Codex  Paris.  14173,  aus  demMartene 
(Ampi  ColL  YIL  244  ff.)  alle  Briefe  abgedruckt  hat.  Dadurch,  dass 
die  Noten  von  A  in  jenem  Codex  fehlen,  mussten  die  Briete  natürlich 
alle  Innocenz  Y.  zugewiesen  werden,  verweisen  sie  doch  mit  Idem  auf 
das  wirklich  von  Innocenz  Y.  erlassene  P.  21136.  Nun  bringt  aber 
der  Parisiensis  die  geänderte  Adresse  von  A  373  (P.  21141)  und  zwar 
im  Texte  selbst,  nidit  wie  A  in  der  verbessernden  Bandnote;  dagegen 
lat  ebenso  wie  in  A  (und  B)  in  demselben  die  Adresse  der  Minoriten 
in  der  ersten  Instruction  (A  376.  P.  21142)  stehen  geblieben  und  zum 
Ueberflnss  hat  er  dann  die  Datirungen  bei  allen  Briefen  weggelassen 
(bei  Potthast  erscheinen  sie  daher  auch  undatirt),  so  dass  der  Wider- 
spruch in  den  den  verschiedenen  Legationen  zugewiesenen  Briefen  auch 
hiedurch  nicht  zu  Tage  treten  konnte^). 


'  f)  Damit  ist  aber  die  Yerwinrung  noch  lange  nicht  eu  Ende:  Mart6ne*8  Vor- 
lage hat  eine  etwas  andere  Reihenfolge  der  Briefe  als  A  und  B;  sie  setzt  ur. 
sprflnglich  A  874.  876.  877.  875  und  ändert  dies  durch  beigeeetete  Buchstaben 
in  874.  876.  875,  877,  welch*  letztere  Reihe  Martine  und  mit  ihm  Potthast  von 
876  ab  bringen.  Dadurch  muss  also  875  mit  seinem  »Eiadem*  auf  die  I^gation 
der  Minoriten,  deren  Adresse  in  876  stehen  geblieben  ist,  bezogen  werden,  während 
es  in  A  und  B  noch  unter  die  verbesserte  Adresse  von  87  C  fällt.  Dem^emäns  hat 
anch  Potthast  nur  6inen  Brief  an  die  Legation  Johann  XXL,  und  drei  an  die 
Minoriten,  während  nach  A  und  B  unter  den  bei  Potthast  stehenden  vier  Briefen 
zwei  auf  jede  Legation  entfallen.  Anders  würde  sich  die  Sache  wieder  stellen, 
wenn  wir  auB  dem  vaticanischen  Codex  der  Dictamina  schöpfen  werden;  dieser 
hat  die  Reihenfolge  von  A  und  B,  aber  mit  dem  Parisiensis  gemeinsam  die  ver- 
besserte Adresse  von  A  878  im  Contcxte  selbst.    Li  A  876  eraetzt  er  nun  die  in 


40  EalteBbrunner. 

Wir  gewinnen  nun  aus  dieser  Erwägung  zwei  Thatsachen:  ein- 
mal, dass  man  der  üeberlieferong  von  A  selbst  nicht  yoUkommeu 
trauen  darf;  denn  sowie  hier  die  Anbringung  von  yerbessemden  Noten 
nur  zum  Theil  durchgeflihrt  worden  ist  (sei  es,  weil  Berardus  dies 
selbst  auf  seinen  Concepten  verabsäumt  hat,  sei  es,  weil  der  Zusammen- 
steller von  A  in  der  üebertragung  der  Noten  des  Berardus  lässig 
und  inconsequent  gewesen  ist),  so  können  sie  bei  andern  Briefen  ganz 
ausser  Acht  geblieben  sein.  Weiters  müssen  wir  constatiren,  dass  die 
Ueberlieferung  in  den  andern  Handschriften  noch  unzüverlässlicher 
ist;  den  sonst  recht  sorgfaltigen  Cod.  BurdegalL  haben  wir  noch  fi-üher 
als  A  beim  Corrigiren  erlahmen  gesehen,  und  die  Dicfamina  haben 
durch  Vernachlässigung  aller  Noten  bis  auf  eine  die  eben  geschilderte 
Verwirrung  angerichtet.  —  Es  erübrigt  noch  am  Schlüsse  dieser 
Betrachtung  die  früher  aufgestellte  Behauptung  zu  begründen,  dass 
die  eben  besprochenen  Noten  ^)  vom  Zusammensteller  des  Codex  und 
nicht,  was  ja  an  sich  wahrscheinlich  wäre,  vom  Berardus  selbst  in  A 
eingeschrieben  worden  seien.  Dazu  nöthigt  die  Vergleichung  mit  B, 
welcher,  wie  schon  erwähnt,  bei  den  A  369.  370  entsprechenden  Briefen 
n^  387.  388  dieselben  Noten  aufweist;  das  konnte  nun  auch  auf  seine 
direkte  Abhängigkeit  von  A  hindeuten,  aber  er  hat  in  der  zweiten 
Note  nach  dem  letzten  Worte  von  A  noch  den  Satz  „  sicut  in&a  legendo 
litteram  videre  potes  '^.  Die  Noten  können  also  nur  auf  eine  gemein- 
same Quelle  zurückgehen,  die  wir,  da  beide  Codices  aus  den  Concepten 
des  Berardus  abzuleiten  sind,  nur  in  Noten,  welche  auf  diesen  standen, 


A.  B  und  D  P  stehen  gebliebene  Minoritenadresse  durch  »Eisdem*,  das  sieh  nun 
auf  die  in  A  878  aoftretende  Legation  Johann  XXL  zusammen  mit  dem  folgenden 
bezieht.  Der  Vatioanus  hat  also  gar  keine  Briefe  an  die  Mindriten,  lässt  sie  aber 
in  den  vorhergehenden  Briefen  (da  auch  in  ihm  sowie  im  Parisiensis  die  Noten 
von  A  869.  870  fehlen)  naoh  Ck>nstantinopel  empfehlen.  Endlich  kommt  Sbaralea, 
der  in  seinem  Bullarium  Frandscanum  die  scheinbar  auf  die  Minoriten-Legation 
bezüglichen  Stücke  aus  Mart^e  aufgenommen  hat,  das  sind  also  die  Briefe 
A.  S76.  876.  877  (auch  875,  weil  er  der  Beihe  des  Parisiensis  und  Mart^ne^s  folgt). 
Nun  kennt  aber  Sbaralea  zu  allem  Unglück  zwei  Briefe  Nicolaus  II L  (P.  2 1466. 
S1467),  in  denen  Ton  einer  Gesandtschaft  Johann  XXL  nach  Constantinopel  die 
Bede  ist  und  weist  die  drei  Briefe,  sowie  die  f&r  die  griechischen  Persönlichkeiten 
bestimmten,  Johann  XXL  zu;  A  878  aber  hat  er,  weil  nicht  Minoriten  berührend, 
in  Mart^e  unbeachtet  gelassen. 

<)  Von  derselben  fremden  Hand  sind  femer  folgende  minder  wichtige  Noten 
geschrieben:  zu  ep.  216  »quod  sequitur  foit  quedam  cednla  interclusa  proxime 
precedentibus  litteris*;  zu  epp.  419.  421  ,hec  ex«  dagegen  zu  ep.  420  »hecnon*. 
An  eine  Tilgung  des  letzteren  ist  hiebei  deshalb  nicht  zu  denken,  weil  er  (P.  22092) 
von  Rymer  (FOdera)  aus  einem  Empfängerarchiv  publioirt  ist.  Im  Register 
Martin  IV.  fehlen  alle  drei  Briefe. 


Römische  Studien  Ilt.  41 

suchen  können.  Auch  noch  ein  anderer  'Grund  spricht  ttir  diese  An- 
nahme: an  sich  ist  es  ja  wahrscheinlich,  dass  die  Noten  vom  Berardus 
gleichzeitig  gesetzt  worden  seien  und  in  der  von  ep.  A  370  finde  ich 
dies  auch  zum  Ausdruck  gebracht,  wenn  der  verstorbene  Innocenz  Y. 
mit  .dominus",  Johann  XX [.  mit  «dominus  noster*^  bezeichnet  wird. 
Wir  müssten  aber,  wollten  wir  die  Noten  in  A  vom  Berardus  ge- 
schrieben annehmen,  diese  Gleichzeitigkeit  fallen  lassen,  denn  die 
Gruppe  VIII,  welche  von  ep.  378*  an  Briefe  Nicolaus  III.  und  zwar 
mitten  in  einer  Lage  beginnend  bringt,  ist  in  continuo  geschrieben; 
die  Noten  könnten  also  frühestens  unter  diesem  gesetzt  sein.  Höchstens 
könnte  man  annehmen,  dass  der  Zusammensteller  des  Codex  Berardus 
selbst  gewesen  sei,  und  darin  mag  man  sich  vielleicht  durch  das  ,  ego  * 
in  der  im  Erzählertone  gehaltenen  Note  zu  ep.  A  196  bestärkt  fahlen ; 
aber  sicher  wird  man  dies  doch  daraus  nicht  schliessen  können, 
namentlich  nicht  in  Hinblick  auf  die  üngenauigkeiten,  die  wir  bei 
den  Noten  constatiren  mussten. 

Codex  Burdegallensis  761.  saec.  XIII.  4«  _-  B. 
Der  jetzt  auf  der  Stadtbibliothek  zu  Bordeaux  aufbewahrte  Codex 
wurde  bereits  von  Delisle  a.  a.  0,  103  flF.  einer  Besprechung  und 
Würdigung  unterzogen  und  als  eine  Handschrift  ^es  Berardus  erwiesen. 
Konnte  schon  Delisle  durch  Vergleichung  mit  dessen  Pariser  Hand- 
schriften seine  Sonderstellung  klarlegen,  so  kann  doch  jetzt  erst  durch 
A  die  Art  seiner  Zusammensetzung  und  seine  Wichtigkeit  dargethan 
werden.  So  wie  jener  zerfällt  auch  er  in  eine  grössere  Anzahl  von 
Briefgruppen,  die  meist  nach  bestimmten  Gesichtspunkten  zusammen- 
gestellt und  geordnet  sind  und  von  verschiedenen  Schreibern  erledigt 
wurden,  welche  ebenso  wie  die  von  A  Berechnung  des  für  ihr  Pensum 
nöthigen  Pergaments  anstellen.  Die  Analogie  in  der  beiderseitigen 
Anlage  erstreckt  sich  auch  darauf,  dass  Blätter,  die  trotz  derselben 
leer  geblieben  sind,  frühzeitig  (ehe  die  alte  Foliiriing  angebracht  ist) 
weggeschnitten  wurden,  so  dass  wie  dort  auch  hier  nur  mehr  leer- 
stehende Theile  eines  Blattes  nicht  Blätter  selbst  zwischen  den  einzelnen 
Gruppen  tiuftreten.  Der  Codex  enthält  jetzt  231  Blätter,  welche  mit 
fortlaufenden  Zahlen  bis  229  versehen  sind;  dadurch  dass  der  Foliirer 
die  Nummern  108.  142.  225  zweimal  setzt,  dagegen  132  überspringt, 
ergibt  sich  die  Differenz.  Diese  Blätter  vertheilen  sich  auf  36  Lagen, 
die  der  Begel  nach  Quaternionen  sind,  während  die  Normallage  von 
A  der  Quinternio  ist;  sie  sind  von  13  Schreibern^)  erledigt  und  zer- 
fallen in  folgende  17  Gruppen: 

I)  leb  hatte  die  Abhandlung  von  Delisle  hier  in  Innsbruck  nicht  zur  Ver- 
fügung,  ak  ich  die  Festsetzung  der  Hände  vornahm.    Wir  stimmen  (v.  Delisle 


42  Ealtenbrnnner. 

I 

I.  epp.  1—27.  fol.  1—13.  Sehr.  A.  (L.  1.  Quaternio.  L.  2. 
5  Blätter  eines  Quaternio.) 

Die  Gruppe  entspricht  A  I,  lässt  jedoch  deren  epp.  9.  10  ohne 
ersichtlichen  Grund  weg. 

IL  epp.  28— 45.  fol.  U— 24.  Sehr.  B.  (L.  3.  Quaternio.  L.  4. 
3  (ursprünglich  4)  Blätter.) 

Bis  ep.  38  decken  sich  die  Briefe  mit  A  IX  d.  i.  die  Gruppe  « de 
coneilio  Lugdunensi'';  von  ep.  39 — 44  mit  A  XI;  ep.  45  endlich  mit 
A  ep.  202.  Sie  sind  in  continuo  geschrieben,  was  auch  in  A  IX  nicht 
aber  auch  in  A  XI  der  Fall  ist,  denn  dort  fanden  wir  die  Scheidung 
in  drei  Theile,  welche  der  Inhalt  der  Briefe  ergibt,  auch  räumlich 
zum  Ausdruck  gebracht;  ebenso  ist  in  A  IV  ep.  -02  als  ihr  einziger 
Martinbrief  räumlich  von  den  andern  geschieden,  während  er  hier  in 
unmittelbarem  Anschluss  an  die  übrigen  erscheint.  An  eine  Zusammen- 
stellung von  Briefen  ähnlichen  Inhaltes  kann  bei  der  vorliegenden 
Gruppe  nicht  gedacht  werden,  aber  die  chronologische  Beihe  der  Pon- 
tificate  ist  trotz  der  scheinbar  willkürlichen  Zusammensetzung  einge- 
halten; es  fallen  nämlich  epp.  28  —  38  Gregor  X.;  epp.  39  —  41 
lunocenz  V.^);  epp.  42.  43  Johann  XXL;   epp.  44.  45  Martin  IV.  zu- 

IIL  epp.  46—140.  foL  25—54.  Sehr.  C.  (L.  5.  6.  7.  Quater- 
nionen.  L.  8.  Ternio.) 

Sie  correspondiren  bis  ep.  128  mit  A  II  d.  L  mit  der  Gruppe  «de 
negotiis  imperii'  und  zwar  ohne  irgend  eine  Unterbrechung,  und  von 
ep.  129  bis  zum  Sehluss  mit  A  IV,  jedoch  nur  bis  zu  dem  Punkte, 
wo  dort  mit  ep.  201  die  ursprüngliche  Eintragung  abschliesst;  ep.  202 
(der  schon  in  B  II  nachgewiesen  wurde)  und  epp.  203 — 205,  die  dort 
als  Nachträge  auftreten,  sind  hier  nicht  mehr  aufgenommen.  Die 
Gruppe  ist  in  continuo  niedergeschrieben;  auch  bei  dem  üebergange 
von  ep.  128  zu  129,  der  inmitten  der  4.  Lage  stattfindet,  ist  keinerlei 
Störung  Wahrnehmbar,  und  doch  besteht  ein  bedeutender  Unterschied 
im  Inhalte  der  vor-  und  nachher  auftretenden  Briefe. 

IV.  epp.  141—175.  foL  55—62.  Sehr.  C.  (L.  9.  Quaternio.) 

Trotz  des  gleichen  Schreibers  hier  eine  neue  Gruppe  eintreten 
zu  lassen,  nöthigt  die  bei  L.  8  vorgenommene  Baumbemessung  (schon 
fol.  54'  ist  unbeschrieben  geblieben),  wenn  auch  der  Inhalt  der  Brit»fe, 


p.  104  N.  2)  bis  auf  zwei  Punkte  überein:  bei  fol.  209  (Uebergang  von  Gr.  XV 
auf  Gr.  XVI)  nimmt  Delisle  keinen  Wechsel  an,  dagegen  lÄsst  er  einen  aolchen 
bei  fol.  ISO'  d.  i.  mitten  in  Gr.  XII  eintreten. 

*)  In  A  XI  gibt  es  nur  zwei  Nummern  (406.  407)  von  Innocenz  V. ;  die  Differenz 
erklärt  sich  dadurch,  da««  die  in  dem  ersten  Briefe  inserirte  »Forma  Uomagii  a 
Karolo  rege  prestandi*  in  B  mit  der  selbständigen  Numinor  40  versehen  ist. 


Römische  Studien  III.  43 

die  durchaus  Erlässe  kirchenrechtlicher  Natur  sind,  sich  au  den  zweiten 
Tbeil  Yon  III,  dessen  Briefe  in  A I Y  als  .  Sententie  *  bezeichnet  werden, 
enge  anschliessi  Gerade  aber  das  Yerhältniss  zu  A  rechtfertigt  des 
weiteren  die  den  Briefen  gewährte  selbständige  Stellung,  denn  sie 
fallen  zusammen  mit  denen  von  A  VI  und  zwar  mit  der  ganzen  Gruppe 
also  einschliesslich  der  auf  Clemeifis  lY.  zurückgreifenden  Briefe  imd 
der  Wahlakten  Gregor  X.  So  wenig  wie  in  A  YI  ist  auch  hier 
bei  den  drei  Abtheilungen  der  Gruppe  räumliche  Gliederung  oder 
Schriftwechsel  zu  bemerken.  Findet  also  hierin  vollkommene  Ueber- 
einstimmung  zwischen  A  und  B  statt,  so  ist  um  so  wichtiger,  dass  in 
B  als  ep.  156  ein  selbständiger  nur  diesem  Codex  angehöriger  Brief 
zwischen  A  240  und  241  eingeschoben  ist,  ohne  dass  irgendwie  an 
einen  Nachtrag  zu  denken  wäre. 

Y.  epp.  176—197.  fol.  63—73.  Sehr.  D.  (L.  10.  Quaternio, 
L.  11.  8  (ursprünglich  4)  Blätter.) 

Die  in  continuo  bis  Mitte  von  foL  73  geschriebenen  Briefe  decken 
sich  wieder  mit  solchen  von  A  so,  dass  von  ep.  179  an  die  gauze 
Gruppe  A  Y  eingeschrieben  erscheint,  vorher  aber  unter  n®  176 — 178 
jene  drei  Briefe  Urban  lY.  auftreten,  welche  in  A  lY  unter  n^208 — 205 
den  zweiten  Nachtrag  bilden. 

YI.  epp.  198—243.  fol.  74—85.  Sehr.  E.  (L.  12.  Quaternio. 
L  13.  3  (ursprünglich  4)  Blätter.) 

Dieselben  entsprechen  in  A  epp.  123 — 170  d.  s.  die  auf  den  zwei 
ersten  Quinternionen  von  A  III  stehenden  Briefe.  Wenn  nun  auch 
die  Beschreibung  der  Gruppe  der  Schrift  und  Disposition  nach  eine 
continuir liehe  ist,  so  muss  doch  hervorgehoben  werden,  dass  mit  ep.  231 
ein  Wechsel  der  Tinte  auftritt,  was  auf  eine  Unterbrechung  der  Arbeit 
schliessen  lässi  Da  ist  nun  von  Bedeutung,  dass  innerhalb  des  ep.  231 
von  L.  12  auf  L.  13  übergegangen  wird,  so  dass  man  berechtigt  ist, 
anzimehmen,  es  habe  im  ursprünglichen  Plane  gelegen,  nur  bis  dahin 
die  Briefe  in  diese  Gruppe  zu  bringen.  Allerdings  wird  diese  Ansicht 
durch  Yergleichung  mit  A  nicht  unterstützt,  denn  der  ep.  231  dort 
entsprechende  ep.'157  steht  inmitten  der  Lage;  aber  der  Inhalt  des 
Briefes  ist  vielleicht  heranzuziehen,  er  ist  nämlich  der  unter  Inter- 
vention Gregor  X.  auf  der  Arnobrücke  zu  Florenz  geschlossene  Stadt- 
friede (P.  20750),  also  eine  ganz  exemptionelle  Urkunde. 

YII.  epp.  244—348.  foL  86—119.  Sehr.  P.  G.  (L.  14.  15.  16.  17. 
Qnaternionen.  L.  18.  3  (ursprünglich  4)  Blätter.) 

Die  Beschreibung  dieser  Gruppe  ist  nicht  so  wie  die  der  vorher- 
gehenden eine  einheitliche;   auf  fol.  106  nämlich  schliesst  die  zuerst 


44  Kaltenbrnnner. 

auftretende  Haud  F  ihre  Arbeit  und  wird  von  fol.  107  an  durch  G 
abgelöst.  Dieser  Wechsel  der  Schreiber  prägt  sich  auch  äusserlich 
dadurch  aus,  dass  von  fol.  106'  etwa  die  Hälfte  leer  gelassen  ist,  und 
zwar  ist  dieselbe  auch  nicht  mehr  liniirt,  so  dass  wir  eine  genaue 
Baumberechnupg  für  F  annehmen  müssen.  Nur  der  Umstand,  dass 
der  Schriftwechsel  innerhalb  des  3.  Quaternio  (fol.  102 — 108^^»)  vor 
sich  geht,  dass  nicht,  wie  wir  dies  bei  so  vielen  Gruppen  des  Codex 
finden,  dem  Schreiber  schliesslich  eine  kleinere  L^e  zugemessen  wurde, 
trotzdem  derselbe,  wie  wir  aus  der  Liniiruug  schliessen  müssen,  selbst 
eine  Baumberechnung  vorgenommen  hat,  nöthigt,  das  vom  Schreiber 
G  auf  den  drei  letzten  Blättern  des  3.  Quaternio  und*  auf  den  bieiden 
folgenden  Lagen  geschriebene  mit  dem  Pensum  von  F  in  eine  Gruppe 
zusammenzustellen.  Denn  auch  inhaltlich  findet  zwischen  fol.  106  und 
107  eine .  Gliederung  statt.  Bis  foL  106  nämlich  erstrecken  sich 
epp.  244 — 314  (VIL  1),  welche  sich,  abgesehen  von  einer  Störung  am 
Schlüsse,  decken  mit  A  VIT  d.  i.  mit  den  » Epistolae  de  Terra  Sancta " ; 
diese  Störung  tritt  in  der  Weise  ein,  dass  epp.  327.  329  von  A  in  B 
fehlen,  ohne  dass  hiefür  ein  Grund  ersichtlich  wäre;  dagegen  stellt  B 
unter  n^  312  nochmals  A  ep.  322  ein,  den  er  schon  vorher  die  Reihen- 
folge von  A  einhaltend  unter  n^  308  gebracht  hat.  —  Die  Briefe  des 
zweiten  Theiles  der  Gruppe  (VIL  2)  epp.  315 — 348  fehlen  mit  Aus- 
nahme von  epp.  333.  334.  339  alle  in  A;  jedoch  ist  auch  dieser  Zu- 
sammenhang nur  ein  scheinbarer,  denn  die  genannten  drei  Briefe  sind 
Wiederholungen  von  n»  264.  265  (Gr.  VIL  1)  und  n»  218  (Gr.  VI). 
Die  Briefe  entfallen  der  Eeihe  nach  auf  ürban  IV.  (315—322), 
Clemens  IV.  (323—329),  Gregor  X.  (330—339),  der  Sedisvacanz  nach 
Johann  XXL  (340—346),  worauf  ein  Berardusbrief  (347)  zum  letzten 
vor  der  Krönung  fallenden  Brief  Nicolaus  IIL  (348)  hinüberleitet. 
Aus  dem  Inhalte  lässt  sich  kein  bestimmter  Gesichtspunkt  für  ihre 
Zusammenstellung  erkennen,  meist  allerdings  sind  es  Briefe  kirchen- 
rechtlicher Natur,  die  aber  auch  durch  politische  und  Kreuzzugsbriefe 
unterbrochen  werden;  hervorzuheben  ist,  dass  eine  beträchtliche  An- 
zahl für  oder  an  einzelne  Orden  und  Corporationen  erlassen  ist,  was 
dieser  Gruppe  gegenüber  allen  andern  des  B  und  auch  gegenüber  A 
eigenthümlich  ist^). 


*)  Bei  Beßprechung  der  Epistolae  Notabiles,  mit  denen  die  Gruppe  einen 
gewiBben  Zusammenhang  aufweist,  komme  ich  nochmals  auf  sie  zu  sprechen. 
Hier  ist  nur  noch  anzuftthren,  dass  zwei  Briefe  dem  B  ganz  allein  angehören : 
ep.  S24  an  den  Bischof  von  Vercelli  (über  Unterstützung  des  naoh  Italien  ziehenden 
Karl  V.  Anjon)  und  ep  845  an  die  Bewohner  der  Mark  Ancona  (geg^n  die 
Venetianer  gerichtet). 


Römische  Studien  m.  45 

VIII.  epp.  349—410.  fol.  120—139.  Sehr.  C.  (L.  19.  20.  Qua- 
ternioneiL  L.  21.  3  (ursprünglich  4)  Blätter.) 

Es  sind  die  Epistolae  ,  super  unione  Grecorum'',  die  uns  schon 
einschliesslich  der  unter  Gregor  X.  aus  dem  Orient  eingelaufenen 
Briefe  in  A  YIII  begegnet  sind.  Die  üebereinstimmung  der  Gruppen 
ist  in  den  beiden  Handschriften  eine  vollkommene. 

IX.  epp.  411—429.  fol.  140—146.  Sehr.  H.  (L.22.  Quaternio.) 
Dieselben  entsprechen  epp.  171 — 189  von  A,  das  sind  die  Briefe 

des  3.  Quintemio  von  A  III,  und  zwar  sind  jene  beiden  Briefe  Mar- 
tin IV.,  welche  dort  unter  n^  188.  189  nach  Leerlassung  eines  Baumes 
nachgetragen  sind,  hier  in  einem  Zuge  mit  de^  andern  niedergeschrieben^ 
Die  Briefe  der  zwei  ersten  Quinternionen  von  A  III  fanden  wir  schon 
früher  vollzählig  in  Gr.  VI,  so  dass  A  III  =  B  VI  -f  B  IX  ist 

*  X.  epp.  430—432.  fol.  147—154.  Sehr.  H.  (L.  23.  Quaternio.) 
Der  leere  Baum,  der  zu  Ende  des  vorhergehenden  Quaternio 
auftritt,  und  der  in  keinem  Zusammennang  mit  den  Briefen  desselben 
stehende  Inhalt  von  epp.  430 — 432  rechtfertigt,  dass  dieselben  trotz 
des  gleichen  Schreibers  als  besondere  Gruppe  gestellt  werden;  weiters 
der  umstand,  dass  sie  auch  als  solche  in  A  X  auftreten.  So  wie  dort 
sind  auch  hier  zwei  Insertionen  der  Belehnungsurkunde  Cl«3mens  IV. 
für  Karl  v.  Anjou  als  besondere  Nummern  aufgefasst  worden.  Ep.  405 
von  A,  das  wir  als  Nachtrag  gekennzeichnet  haben,  fehlt  hier  in  B 
und  kommt  auch  sonst  in  ihm  nicht  vor. 

XL  epp.  433—454.  fol.  155—159.  Sehr.  I.  (L.  24.  5  Blätter, 
eines  Ternio.) 

Die  Briefe  decken  sich  mit  epp.  491 — 512  von  A,  das  sind  die, 
welche  auf  dem  zweiten  Quaternio  von  A  XIV  stehen. 

XIL  epp.  455—495.  fol.  160—181.  Sehr.  K  L.  (L.  25.  26 
Qnaternionen.  L.  27.  6  Blätter  eines  Quinternio.) 

Schreiber  E  arbeitet  in  continuo  bis  ep.  478,  mit  welchem  er 
nach  Vollschreibung  der  zwei  ersten  Quaternionen  auf  fol.  1  des 
Quinternio  zu  Ende  kommt.  Der  übrige  Theil  dieses  Blattes  (176) 
ist  dann  leer  geblieben,  seine  Versoseite  auch  nicht  mehr  mit  Linien 
versehen.  Erst  fol.  177  beginnt  Schreiber  L  seine  Thätigkeit,  die  er 
nach  Niederschreibung  von  ep.  479 — 495  auf  dem  6.  Blatte  des  Quin- 
temio abschliesst,  worauf  die  weiteren  vier  Blätter  wie  üblich  weg- 
geschnitten wurden.  Der  Umstand  dasd,  obwol  K  schon  nahe  an  den 
Schloss  seines  Pensums  gelangt  ist,  ihm  doch  noch  ein  Quinternio 
,  gegeben  wird,  beweist  sicher,  dass  L.  nicht  Nachträge  liefert,  sondern 
dass   sein  Fensum  von  Anfang   an   mit  dem  von  K   zur  Erledigung 


46  Ealtenbranner. 

zurecht  gelegt  war.  —  Diese  Zweitheiluug  der  G^ppe  nach  Schreibern 
steht  nun  im  engsten  Zusammenhange  mit  dem  Inhalte  der  Briefe 
respective  mit  ihrem  Verhältniss  zu  A.  Der  Antheil  von  K  (455 — 478) 
deckt  sich  nämlich  bis  ep.  472  mit  A  epp.  411 — 428  d.  L  mit  der 
ganzen  Gruppe  A  XII;  von  epp.  473 — 478  aber  mit  A  epp.  513 — 518 
d.  i.  dem  ersten  Theile  von  A  XV.  Diese  letztere  enthält,  wie  vrir 
sahen,  nur  Excommipiicationsprocesse,  die  von  n^  513 — 518  Martin  IV., 
von  n^  519 — 522  Honorius  IV.  zufallen  und  in  diese  zwei  Theile 
getrennt  auch  räumlich  in  der  Gruppe  auftreten.  Also  nur  die  Frocesse 
Martin  IV.  sind  hier  ün  Anschluss  an  die  vorhergehenden  und  nach- 
folgenden ausschliesslich  diesem  Papste  angehörigen  Briefe  von  B 
aufgenommen,  während  wir  denen  von  Honorius  IV.  noch  an  anderer 
Stelle  in  ihm  begegnen  werden.  —  Der  Antheil  von  L  (479 — 4Sf5) 
deckt  sich  mit  A  474 — 490,  das  sind  die  Briefe  des  ersten  Quatemio 
von  A  XIV,  deren  zweiten  wir  eben  vorher  in  B  die  Gruppe  XI  bilden 
gesehen  haben.  Es  begegnet  uns  also  hier  ein  ähnliches  Verhältniss 
zu  A  wie  bei  B  VI  und  B  IX:  B  XI  -|-  B  XII.  L.  bilden  zusammen 
A  XIV. 

XIII.  epp.  496—500.  fol.  182—187.  Sehr.  E.  (L.  28.  6  Blätter 
eines  Quatemio). 

Alle  fünf  Briefe  sind  sowol  A  als  den  übrigen  Samxolungen 
gegenüber  B  allein  angehörig.  Die  ersten  vier  sind  die  wichtigen 
Urkunden  Honorius  IV.,  durch  welche  er  das  staatsrechtliche  Verhält- 
niss Siciliens  zur  Curie  von  neuem  regelt  (P.  22291.  89.  90.  93).  Das 
erste  und  dritte  Stück  sind  Privilegia  majora  und  da  hat  denn  B  auch 
die  Cardinäle  eingeschrieben,  jedoch  in  solcher  Verwirrung,  dass  wir 
dem  Schreiber  wenig  Eenntniss  der  Kanzleigebräuche  zusprechen 
können;  für  Bota  und  Benevalete  ist  nur  ein  freier  Baum  gelassen. 
Ep.  500  endlich  ist  ein  Urbanbrief  v.  22.  IV.  1266  (»Komane  ecclesie*), 
worin  streitige,  Satzungen  widersprechende  Belehnungen  in  der  Cam- 
pania  und  Maritima  gnadenweise  gutgeheissen  werden. 

XIV.  epp.  501—515.  fol.  188—194.  Sehr.  M.  (L.  29.  7  Blätter 
eines  Quatemio.) 

Die  in  continuo  geschriebenen  Briefe  decken  sich  mit  epp.  519 — 
533  in  A;  dort  aber  gehören  sie  nicht  einer  geschlossenen  Gruppe 
an,  sondern  bilden  bis  ep.  522  den  zweiten  Theil  von  Gr.  XV,  von 
da  ab  Gr.  XVI.  Ep.  519 — 522  sind  nun  jene  Ezcommunications- 
processe  Honorius  IV.,  die  in  A  XV  durch  drei  leere  Blätter  von 
denen  Martin  IV.  getrennt  sind,  welch'  letztere  wir  bereits  in  B  XII 
als  zweite  dem  Schreiber  E  zufallende  Partie  nachgewiesen  haben. 


BOmiBclie  Studien  ITt.  47 

XV.  epp.5l6— 563.  fol.  195—208.  Sehr.  B.  (L.30.  Quaternio. 
L.  31.  6  Blätter  eines  Quaternio.) 

AUe  Briefe  von  A  XIII  (epp.  429 — 473)  Bind  in  dieser  Gruppe 
enthalten;  überdies  hat  dieselbe  aus  A  XII  unter  n^  560 — 562 
epp.  419 — 421;  sie  sind  jedoch  Wiederholungen,  da  B  sie  schon  früher 
in  Gr.  XII  unter  n^  463  —  465  und  zwar  im  Zusammenhang  mit 
A  XII  gebracht  hat  Was  nun  das  Yerhältniss  der  vorliegenden  Gruppe 
zu  der  ihr  correspondiren  von  A  anlangt,  so  begegnet  uns  die  neue  und 
höchst  auffallende  Erscheinung,  dass  die  Aneinanderreihung  der  Briefe 
in  beiden  eine  verschiedene  ist,  vr orauf  vnr  bei  der  näheren  Charak- 
teristik des  Verhältnisses  vonB  und  A  noch  zusprechen  kommen  werden. 

XVI..  epp.  564—581.  fol.  209—214.  Sehr.  N.  (L.  32.  6  Blätter 
eines  Quaternio.) 

Alle  diese  Briefe,  welche  von  n^  564  —  576  Urban  IV.,  von 
no  577—579  Nicolaus  III.  und  in  n«  580.  581  Martin  IV.  angehören, 
fehlen  in  A;  sie  sind  dagegen  alle  in  der  Sammlung  der  Epistolae 
Notabiles  enthalten.  Schon  einmal  bei  B  VII.  2  konnten  wir  das 
gleiche  Verhältniss  constatiren,  und  so  wie  dort  muss  auch  hier  einst- 
weilen bemerkt  werden,  dass  sich  im  Gegensatz  zu  fast  allen  jenen 
Gruppen,  die  B  mit  A  gemeinsam  hat,  kein  einheitlicher  Gesichts- 
punkt für  die  Zusammenstellung  dem  Inhalte  der  Briefe  nach  er- 
kennen lässt 

XVII.  epp.  582—633.  fol.  215—229.  Sehr.  C.  (L.  33.  34.  35.  36. 
je  4  Blätter.) 

Auch  in  dieser  in  continuo  niedergeschriebenen  Gruppe  weist  B 
keinen  directen  Zusammenhang  mit  A  auf,  wol  aber  wieder  mit  den 
Epiatolae  Notabiles,  und  wieder  können  wir  für  die  Zusammenstellung 
der  Briefe  aus  ihnen  selbst  keinen  Grund  ersehen.  Sie  fallen  von 
n^*  582 — 604  auf  Gregor  X.,  von  da  ab  bis  ep.  623  auf  Nicolaus  III. 
Hier  ist  der  Schreiber  bis  gegen  den  Schluss  der  3.  Lage  gelangt; 
er  schreibt  sie  dann  voll  mit  dem  Martin  IV.  angehörigen  ep.  624 
und  setzt  diesen  auf  der  4.  Lage  fort  Das  ist  deshalb  anzuführen, 
weil  gerade  hier  die  Beihe  der  Nicolausbriefe  unterbrochen  wird,  die 
beiden  folgenden  Nummern  (epp.  625.  626)  sind  nämlich  wieder  solche. 
Dieses  Einschieben  eines  Briefes  Martin  IV.  kann  vielleicht  dadurch 
erklärt  werden,  dass  der  Schreiber  die  Absicht  hatte,  mit  ihm  seine 
Arbeit  abzuschliessen,  dass  er  aber  dann,  als  er  doch  noch  eine  neue 
Lage  zur  Hand  nehmen  musste,  weitere  Briefe  in  seine  Arbeit  ein- 
bezog. Dies  wird  auch  dadurch  wahrscheinlich,  dass  der  Brief  schon 
firüher  unter  n^  487  in  B  vorkommt,  weiters  dadurch,  dass  nachdem 
auf  der  neuen  Lage  die  zwei  erwähnten  Nicolausbriefe  eingesciiriebeu 


48  Ealtenbrunner. 

sind,  auf  frühere  Fontificate  zurückgegriffen  wird;  ep.  627  gehört 
nämlich  Innocenz  Y.  an  und  daran  reihen  sich  als  die  letzten  der 
Gruppe  und  des  Codex  unter  n^  628 — 633  Briefe  Johann  XXI.  an. 
Lag  die  Einbeziehung  derselben  im  ursprünglichen  Plane,  warum  hat 
sie  der  Schreiber  oder  Ordner  nicht  zwischen  Gregor  X.  und  Nicolaus  III. 
zwischen  ep.  604  und  605  gestellt,  nachdem  doch  in  allen  andern 
Gruppen  die  chronologische  Reihe  der  Fontificate  eingehalten  ist  Im 
Gegensatze  zur  vorhergehenden,  in  üebereinstimmung  dagegen  mit  der 
auch  sonst  unter  gleichen  Verhältnissen  auftretenden  Gr.  YII.  2  finden 
sich  in  ihr  auch  solche  Briefe,  die  B  allein  eigenthümlich  sind. 
Beachtenswerth  ist  es  ferner,  dass  die  Wiederholung  eines. schon  früher 
im  Codex  stehenden  Briefes  in  dieser  Gruppe  bei  ep.  624  nicht  ver- 
einzeint ist;  auch  epp.  594.  595.  596.  600.  601  von  Gregor  X.  und 
epp.  630.  633  von  Johann  XXI.  sind  Wiederholungen,  und  ebenso  wie 
wir  in  Gr.  VIL  2  derartig  wiederholte  Briefe  aus  zwei  getrennten 
Gruppen  genommen  fanden,  so  sind  auch  diese  nicht  in  einer  und 
derselben  vereint,  sondern  stehen  zerstreut  in  fiinf  verschiedenen 
Gruppen  i). 

Das  Auftreten  einzelner  Schreiber  in  verschiedenen  Theilen  des 
Codex  sichert  natürlich  deren  ursprüngliche  Zusammengehörigkeit;  es 
lässt  sich  aber  nicht  bestimmen,  ob  die  Gruppen  nach  der  ihnen  vom 
Ordner  des  Codex  gegebenen  Beihenfolge  jetzt  noch  liegen,  denn  so 
wie  wir  bei  A  bemerkten,  dass  die  einzelnen  Gruppen  ursprünglich 
durch  keinerlei  Band  zusammengehalten  waren,  30  trifft  dies  auch  hier 
ein.  Wol  ist  eine  alte  Folürung  vorhanden;  ob  dieselbe  aber  gleich 
bei  Anlage  des  Codex  angebracht  worden  sei,  ist  zweifelhaft,  da  die 
weggeschnittenen  Blätter  nicht  in  sie  einbezogen  worden  sind,  und 
wir  deren  Wegfall  doch  erst  beim  Binden  annehmen  können.  Eine 
Numerirung  der  Briefe  ist  erst  in  jüngster  Zeit  (wol  von  Delisle?) 
durchgeführt  worden,  und  eine  Custodenbezeichnung  gibt  es  gar  nicht; 
dagegen  sind  die  einzelnen  Lagen  der  Gruppen  (so  wie  in  A)  durch 
Reclamanten  aneinander  geknüpft.  Da  dieselben  in  den  wenigen  Fällen, 
wo  eine  intakte  Lage  am  Schlüsse  einer  Gruppe  auftritt,  regelmässig 
fehlen,  so  lässt  sich  auch  bei  B  dieselbe  Erscheinung  wie  bei  A  con- 
statiren,  dass  sie  nur  ein  Band  innerhalb  der  Gruppen  nicht  aber  unter 
diesen  selbst  zu  bilden  bestimmt  waren.  —  Der  Codex  macht  insofeme 
einen  unfertigen  Eindruck,  als  die  Initialen  durchwegs  mit  Ausnahme 
von  Gr.  VIL  2  und  XVI   (wo   sie  jedoch  der  Schreiber   selbst  ganz 

1)  Der  Reihe  nach  &llen  die  Briefe  zusammen  mit  Qr.  VII.  801 ;  Gr.  III.  101 ; 
Gr.  VII.  808 ;  Gr.  VIII.  886 ;  Gr.  VII.  806 ;  Gr.  11.  42 ;  Gr.  IX.  418.  Der  Martinbrief 
624  findet  sich  früher  unter  n®  487  in  Gr.  XII. 


Römische  Studien  III.  49 

schlicht  mit  Tinte  machte)  angeschrieben  geblieben  sind;  durchwegs 
ist  f&r  sie  ein  leerer  Baum  gelassen,  meist  sind  sie  auch  klein  yor- 
geschrieben  und  zwar  geschieht  beides  in  mannigfacher  Weise  ent- 
sprechend dem  Wechsel  der  Schreiber.  Auch  fQr  Bubricae  ist  in  mehreren 
Gruppen  ein  leerer  Raum  gelassen,  nicht  immer  sind  sie  dann  auch 
am  Bande  yorgeschrieben ;  ausgeftihrt  aber  sind  sie  nur  in  den  letzten 
yier  Briefen  der  2.  Lage  yon  Gr.  XII  und  zwar  mit  rother  Tinte. 

Es  gilt  nun,  über  das  Yerhältniss  yon  A  und  B  klar  zu  werden  • 
Wir  konnten  alle  Gruppen  yon  A  in  B  nachweisen,  fanden  aber  zu- 
gleich, dass  die  Gr.  VII.  2.  XIII.  XVI.  XVII  yon  B  in  A  fehlen.  Wenn 
sich  daraus  yon  selbst  ergibt,  dass  B  als  Ganzes  nicht  in  direcier 
Abhängigkeit  yon  A  stehen  könne,  so  kann  umgekehrt  dasselbe  auch 
nicht  yon  A  behauptet  werden,  da  er  in  Gr.  I  zwei  nicht  in  B  stehende 
Briefe  hat  Das  alles  kann  aber  noch  nicht  nSthigen,  die  yoUkommene 
Unabhängigkeit  der  Handschriften  yon  einander  zu  erklären;  gemäss 
ihrer  Anlage  konnte  neben  manchem  anderen  Material  auch  die  eine 
Handschrift  ganz  oder  theilweise  yon  der  andern  benützt  worden  sein. 
Die  Wahrscheinlichkeit  dieser  Annahme  wird  nun  bei  A  dadurch 
wesentlich  eingeschränkt,  dass  derselbe  mehrmals  am  Ende  seiner 
Gruppen  Briefe,  welche  sich  entweder  durch  den  Inhalt  oder  durch 
ihr  üeber-  oder  Zurückgreifen  in  einen  anderen  Pontüicat  als  Nach- 
träge oder  Zusätze  darstellen,  durch  Scheidung  yon  der  Hauptmasse 
auch  räumlich  als  solche  zum  Ausdruck  bringt,  während  B  eben  die- 
selben Briefe  in  continuo  mit  diesen  geschrieben  aufweist  Spricht 
dies  für  die  Abhängigkeit  yon  B,  so  werden  diese  Anzeichen  noch 
yermehrt,  wenn  wir  uns  erinnern,  wie  einige  seiner  Gruppen  sich  aus 
zwei  oder  mehreren  Gruppen  yon  A  bilden,  andere  dagegen  aus  be- 
stimmt abgegrenzten  Theilen  yon  solchen  bestehen.    So  fanden  wir: 

B  U  ^  =  A  IX  +  A  VI  +  A  IV  (1.  Nachtrag) 

B  III    =  A  II  +  A  IV  (Hauptmasse) 

B  V      =  A  IV  (2.  Nachtrag)  +  A  V 

B  VI     =.A  m  (1.  2.  Quintemio) 

B  IX     =  A  m  (3.  Quintemio) 

B  XI     =  A  XIV  (2.  Quaternio) 

B  XU   =  A  XII  +  A  XV  (Martin  IV.)  -f  A  XIV  (1  Quaternio) 

B  XIV  =-  A  XV  (Honorius  IV.)  +  A  XVI. 

Im  Zusammenhang  hiemit  muss  weiter  die  Notiz  gebracht  werden, 
welche  in  A  IV  yor  dem  zweiten  Nachtrage  angebracht  ist:  «deficiunt 
dno  folia  Urbani  de  anno  et . . .  quinterno  Nicolai  *,  was  wir  auf  eine 
Vergleichung  einer  Abschrift  oder  wenigstens  einer  andern  Handschrift 
mit  A  bezogen.    B  bringt  nun  diesen  zweiten  Nachtrag  yon  ürban- 

MitthefluDffeii  VU.  i 


50  Kaltenbrnnner. 

briefen  im  Vereine^  mit  A  V  das  ist  eben  dem  Qnintemio  mit  Kicolaos- 
briefen  vereint  in  seiner  Gruppe  Y,  während  er  die  Hauptmasse  (aller- 
dings ausschliesslich  auch  des  ersten  Nachtrages)  in  Gr.  III  hat ;  es 
liegt  daher  gewiss  sehr  nahe,  in  jenem  mit  A  yerglichenen  Codex 
nnsem  B  zu  sehen.  —  Scheint  also  aus  diesen  Wahrnehmungen  die 
Abhängigkeit  desselben  Ton  A  herrorzugehen,  so  müssen  wir  dieselbe 
aber  von  Tomherein  bei  einigen  seiner  in  A  stehenden  Gruppen  aus- 
schliessen  oder  wenigstens  für  höchst  unwahrscheinlich  erklären,  näm- 
lich bei  B  IV,  in  welcher  ep.  156  ihm  allein  angehörig  ist,  und  bei 
B  YIII,  wo  wir  ÜEUiden,  dass  die  Note  zu  ep.  388  einen  nicht  in  A 
stehenden  Schlusssatz  aufweist;  endlich  auch  bei  B  XV,  deren  Briefe 
sich  allerdings  vollkommen  mit  denen  von  A  XIII  decken,  aber  sich 
in  anderer  Beihenfolge  als  jene  darstellen. 

Im  allgemeinen  wird  aber  die  Frage  doch  nur  durch  Vergleichung 
der  beiderseitigen  Eintragungen  gelöst  werden  können.  Da  kommt 
uns  nun  wesentlich  zu  statten,  dass  die  Berardussammlung  mehr  als 
irgend  eine  dieser  Zeit  (wenigstens  in  der  jetzt  in  Betrachtung  stehenden 
Bedaction)  die  individuellen  Beziehungen  ihrer  Briefe  beibehalten  hat 
und  zwar  in  einem  solchen  Grade,  dass  man  sie  nicht  als  Formel- 
sammlung sondern  als  Briefsammlung  bezeichnen  muss.  Vor  allem 
tritt  dies  bei  der  Datirung  zu  Tage,  welche  mit  der  Formel  gar  nichts 
zu  thun  hat,  daher  auch  in  fast  allen  anderen  Sammlungen  wegge- 
blieben ist;  etwa  die  Hälfte  der  Briefe  hat  in  A  und  B  mehr  oder 
minder  vollständig  die  Datirung.  Vergleichen  wir  nun  dieselbe  in  den 
beiden  Handschriften  untereinander,  so  finden  wir  neben  grosser  üeber- 
einstimmung  doch  auch  einige  Abweichungen.  Zunächst  hat  A  gegen- 
über B  in  ep.  513  (:^  B  XII  ep.  473j  selbständige  Datirung  und  in 
ep.  120  hat  er  ,11.  Id.  Dec*;  während  B  in  Gr.  III  ep.  126  nur 
« Id.  Dec.  ^  setzt.  Passt  dies  zu  der  ohnehin  schon  gefassten  Meinung 
über  die  Selbständigkeit  von  A,  so  erhalten  wir  nun  auch  umgekehrt 
Beweise  für  die  von  B:  In  Gr.  111  und  XI  weist  er  nämlich  in  je 
einem  Briefe  (epp.  53.  450)  eine  Datirung  auf,  die  in  den  correspon- 
direnden  A-Briefen  (epp.  47  und  508)  fehlt,  und  in  Gr.  XIV  hat  ep.  515 
,11  Kl.  Dec*  gegenüber  ,K1.  Dec."  von  A  533.  Aehnliche  Incon- 
gruenzen  begegnen  uns  bei  jenen  drei  Gruppen,  für  welche  wir  die 
Abhängigkeit  von  A  aus  andern  Gründen  schon  unwahrscheinlich 
gefunden  haben  >).   Wir  erhalten  also  als  erstes  Resultat  dieser  Ver- 

>)  In  Gr.  IV  hat  B  selbetändige  Datirung  bei  opp.  17S.  175;  in  Gr.  VIII  bei 
epp.  Soü.  S60;  in  Gr.  Xlll  bei  ep.  546.  —  Kine  die  Frage  nicht  berührende  In- 
congrucnz  ist  es,  wenn  B  III  ep.  119  >II  Kl.  Dec.''  A  ep.  HS  dagegen  >II.  Id. 
Dec*  hat.  —  Kndlich  ist  noch  anzuföhren,   dass  B  in  Gr.  XII  zweimal  (ep.  464. 


Römische  Stadion  III.  51 

gleichungf  dass  wir  dieselben  (Gr.  IV.  YIII.  XIII)  nun  als  iinabhiingig 
erklären  und  ihnen  auch  6r.  III.  XL  XIV  anreihen.  Aber  auch  die 
Art  der  Uebereinstimmung  gibt  zu  Erwägungen  Anlass;  so  ist  denn 
doch  auffallend,  wenn  B  I  und  A  I  in  gar  keinem  ihrer  Briefe  ein 
Datum  setzen,  wenn  in  B  VI  und  A  III  1  unter  48  Briefen  nur  fönf, 
in  B  VII  1  und  A  VII  unter  den  68  Briefen  nur  16  Datirnngen  auf- 
treten und  von  diesen  II  auf  die  letzten  11  Briefe  der  Gruppe  fallen 
oder  wenn  in  B  IX  und  A  III  2  alle  Briefe  mit  Ausnahme  von  Einern 
Datirung  beigesetzt  haben.  —  Nicht  immer  ist  dieselbe  in  ihren  drei 
Bestandtheilen  (Ort,  Tag,  Jahr)  gegeben,  sondern  in  *  der  Mehrheit  der 
Pälle  ist  sie  bis  auf  die  zwei  ersten  verkürzt  Da  herrscht  nun  in 
den  nach  der  vorgenommenen  Ausscheidung  in  Frage  kommenden 
Gruppen  vollkommene  uebereinstimmung,  die  sich  auch  auf  solche 
Fälle  erstreckt,  in  denen  die  Kürzung  noch  weiter  um  sich  gegriffen 
hat  1).  Auch  die  nach  Begistraturgebrauch  angewendete  Datirung  mit 
Verweisung  auf  den  vorhergehenden  Brief  kommt  in  ganz  überein- 
stimmender Weise  zur  Anwendung,  und  zwar  wieder  auch  in  Fällen, 
die  von  der  gebräuchlichen  Form  abweichen^).  Sicher  sprechen  alle 
diese  Wahrnehmungen  iiir  eine  directe  Abhängigkeit,  aber  ihre  Be- 
deutung wird  sofort  dadurch  abgeschwächt,  dass  wir  eben  solchen 
Uebereinstimmungen  in  jenen  B-Gruppen  begegnen,  welche  wir  selb- 
ständig von  A  stellen  mussten^).  Besonders  lehrreich  und  uns  der 
Losung  der  Frage  näher  bringend  ist  nun  das  Verhältniss  zu  A  in 
jener  Gruppe  B  XV,  welche  wol  die  gleichen  Briefe  aber  in  verschie* 
dener  Beihenfolge  vne  jener  aufweist.  Die  Briefe  stellen  sich  in  nach^ 
stehender  Weise  gegen  einander: 


465)  »Dat.  ut  Bupra*,  A  dagegen  in  epp.  420.  421  »Dat.  ut  in  proxima  guperiori< 
schreiben ;  aber  das  könnte  doch  auch  auf  Willkürlichkeit  des  einen  oder  des  an- 
dern Schreibers  zurückgeführt  werden.  ' 

■}  So  hat  B  ep.  417  in  Gr.  IX  übereinstimmend  mit  A  177  nur  »Datum 
Viterbü*,  und  der  in  beiden  Handschriften  vorangehende  Brief  nur  »Datum  XUL 
Kl.  Novembr.*,  für  welch'  letztere«  analoge  Fälle  auch  in  andern  Gruppen  be- 
gegnen. Gerade  in  der  eben  erwähnten  Gruppe  stossen  wir  auch  noch  auf  eine 
weitere  anfallende  Congruenz:  B  429  und  A  189  haben  »Dat.  Viterbii  V.  Kl.  Martii 
guscepti  etc.«  *)  So  haben  B  180  und  A  207  (Gr.  B  V)  fibereinstimmend  »Dat. 
Viterbii  ut  supra*,  die  beiden  vorhergenden  dagegen  in  beiden  Handschriften 
»Dat.  ut  supra*.  ')  Bezüglich  der  Kürzungen  zeigen  die  Briefe  von  B  Vlll  voll- 
kommene Uebereinstimmung  mit  A,  unter  andern  sind  yier  aufeinanderfolgende 
Briefe  (B  402-405  =  A  882— S85)  nur  mit  »Dat.  Viterbii«  datirt,  und  in  der- 
selben Gruppe  hat  B  880  =  A  860  gemeinsam  »Dat.  v.  Kl.  Angusti*.  Aus  einer 
andern  Gruppe  wiederum  können  wir  jener  aufwenden  congnienten  Kürzung  mit 
eta  bei  B  429.  A  189  eine  ähnliche  gegenüberstellen:  B  IV.  ep.  160  hat  so  wie 
A  244  »Dai  etc.  X.  Kl.  lunii  p.  n.  a.  II«. 

4* 


52  Kaltenbrunner. 

A  431.  432.  433—439.  440—470.  471—473.  429.  [419—421].  430. 
B  548.  516.  549—555.  517—547.  556-558.  559.  [560— 562].  i)  563. 
Die  2ialil  der  Datirungen  ist  in  beiden  Handschriften  voUkommen 
gleioh;  insofeme  nur  begegnen  uns  Abweichungen,  als  A  die  Ver- 
weisung auf  ein  vorliegendes  Datum  stets  mit  »ut  in  proxima'  durch- 
führt, während  B  diesen  Ausdruck  mit  dem  sonst  üblichen  .ut  supra* 
alterniren  lässi  Weiters  begegnet  uns  in  A  dreimal  und  in  B  Einmal 
die  ausgeschriebene  Datumzeile,  während  die  andere  Handschrift  nur 
den  Verweis  setzt.  In  den  ersteren  drei  Fällen  (A  epp.  442.  443.  445) 
hat  das  nichts  zu  sagen,  denn  die  Torhergehenden  Briefe  tragen  das- 
selbe Datum;  die  Verweise  bei  B  bedeuten  also  dasselbe  wie  die  aus- 
geschriebenen nur  wiederholten  Zeilen  Ton  A.  Dort  aber,  wo  B  selb- 
ständig Yon  A  eine  Datumzeile  setzt,  ergibt  sich  eine  zeitliche  Differenz: 
nachdem  eine  Reihe  von  Briefen  in  beiden  Handschriften  mit  dem 
durch  die  Datumzeile  von  B  537  ^^  A  460  beherrschtem  « Dat.  VII.  KL 
lunii*  paralell  läuft,  setzt  B  zu  ep.  546  ,X.  El.  lunii*  und  im  nächsten. 
Briefe  547  darauf  wieder  „ut  supra*.  A  aber  lässt  im  correspondirenden 
ep.  469  diese  Datumzeile  ausser  Acht  und  setzt  so  wie  in  den  vor- 
hergehenden sein  ,ut  in  proxima*,  datirt  also  diesen  und  den  nach- 
folgenden ebenfalls  mit  dem  Verweise  versehenen  ep.  470  um  drei  Tage 
später  als  B.  Aehnliches  begegnet  uns  noch  an  einer  anderen  Stelle: 
indem  B  die  inhaltlich  enge  zusammengehörigen  Briefe  A  432 — 437 
dadurch  zerreisst,  dass  er  A  432  unter  n^  516,  A  433 — 437  unter 
n^  549 — 553  einstellt,  stimmt  er  doch  mit  A  darin  überein,  dass  er 
dem  ersteren  «Dai  III  Non.  Maii*,  den  übrigen  allen  «Dat  ut  supra* 
beisetzt.  Dieser  Verweis  muss  nun  natürlich  in  B  auf  ep.  548  be- 
zogen werden,  der  aber  «Dat.  III.  Id.  Maii"  hat,  so  dass  also  die 
Briefe  549 — 553  in  B  um  8  Tage  später  datirt  erscheinen,  als  die 
correspondirenden  epp.  433 — 437  in  A').  Finden  also  in  dieser  Gruppe 
einerseits  Abweichungen  statt,  welche  die  Unabhängigkeit  von  B  garan- 
tiren,  so  begegnen  wir  andererseits  einer  Uebereinstimmung,  die  wir 
jetzt  nur  mehr  durch  eine  gemeinsame  Vorlage  erklären  können,  und 


^)  epp.  660—562  sind  in  B  Wiederholungen  aus  Gr.  XIL  *)  Aus  diesen 
Fällen  resultirt  zugleich  die  wichtige  Thatsache,  dass  man  den  Datumverweifieii 
bei  A  und  B  (einmal  mussten  wir  dem  einen,  einmal  dem  andern  Unrecht  geben) 
wenig  Zutrauen  schenken  darf.  Hiefir  ist  auch  noch  folgender  Fall  anzuführen: 
B  SOS  =  A  822  wird  in  derselben  Gruppe  (B  VIl.  1.  A  Yll)  in  beiden  Hand- 
Schriften  wiederholt  unter  n°  812.  826.  An  ersterer  Stelle  hat  er  in  beiden  »Bat. 
Bellicardi  Non.  lub'i«,  an  der  letzten  »Dat.  ut  supra«,  was  auf  den  vorhergehenden 
Brief  bezogen  in  beiden  »Dat.  Yalentie  XV.  Kl.  Octobr.*,  also  eine  um  2Vt  Monate 
abweichende  Datirung  ergibt. 


Römisclie  Studien  III.  53 

zu  dieser  Annahme  passen  wol  auch  am  besten  alle  vorher  mitge- 
theilten  Wahrnehmungen;  indem  die  beiderseitigen  Schreiber  ange- 
wiesen sind,  sich  genau  an  die  Vorlage  zu  halten  und  sie  dieser 
Weisung  auch  im  ganzen  Folge  leisten,  stimmen  sie  in  der  über- 
wiegenden Zahl  Yon  Fällen  überein;  die  Geltungmachung  der  Indivi- 
dualitat und  hie  und  da  auftretende  Lässigkeit  aber  bringen  die  von 
vaia  nachgewiesenen  Abweichungen  naturgemäss  mit  sich. 

Nach  der  Datirung  ist  es  die  Behandlung  des  Protokolls,  welche 
zur  Vergleichung  der  beiden  Handschriften  herangezogen  werden  muss. 
Dasselbe  besteht  bekanntlich  in  den  Papstbriefen  regelmässig  aus  drei 
Theilen :  Name  und  Titel  des  Papstes,  Name  und  Titel  des  Adressaten 
und  die  Grussformel.  Es  hängt  nun  mit  dem  historischen  Sinne, 
welcher  bei  Anlegung  unserer  Sammlung  obwaltete,  zusanmien,  dass 
diese  Theile  nur  insoweit  verkürzt  werden,  als  es  die  Individualität 
der  Briefe  selbst  nicht  beeinträchtigt  Während  andere  Formelsamm- 
lungen das  Protokoll  ganz  auslassen  oder  doch  nur,  um  die  Formel 
näher  zu  fixiren,  den  Charakter  des  Adressaten,  nicht  aber  auch  seinen 
Namen  oder  die  individuelle  Beziehung  des  ersteren  auf  eine  Localität 
vorsetzen,  wird  in  unseren  Handschriften  mit  wenigen  Ausnahmen 
Name  und  Titel  des  Adressaten  so  gesetzt,  wie  wir  ihn  bei  den  be- 
treffenden Ausfertigungen  der  Briefe  selbst  voraussetzen  können.  Da- 
gegen wird  die  gewöhnliche  Orussformel  (salutem  et  apostolicam 
benedictionem)  regelmässig  ausgelassen,  nur  hie  und  da  durch  ein  etc 
angedeutet;  bezeichnender  Weise  aber  wird  die  Formel  gesetzt,  wenn 
sie  mithilft,  die  Stellung  des  Adressaten  zum  Papste  näher  zu  kenn- 
zeichnen, also  bei  Briefen  an  Ezcommunicirte  und  an  Ungläubige.  — 
Verwickelter  stellt  sich  die  Behandlung  des  Papstnamens  dar.  Der- 
selbe wird  in  der  fortlaufenden  Serie  der  Begisterbände  imter  den  in 
Betracht  kommenden  Päpsten  regelmässig  ausgelassen;  nur  beim  je- 
weiligen ersten  Briefe  eines  Jahrganges  oder  einer  Gruppe  wird^er 
gesetzt,  und  dies  genügte  auch  vollständig,  da  sich  ja  für  alle  folgenden 
der  Name  durch  die  räumliche  Zusammengehörigkeit  mit  jenem  von 
selbst  verstand.  Anders  ist  dies  nun  in  unserer  Sammlung,  in  der, 
wie  wir  sahen,  die  Pontificate  vielfsich  ineinander  geschoben  oder 
sprungweise  aufeinanderfolgend  auftreten.  Da  musste  eben  der  Zu- 
sammensteller oder  der  Schreiber  selbstthätig  auftreten,  wollte  er  anders, 
seinem  historischen  Sinne  folgend,  jeden  Brief  auf  den  ihm  zukom- 
menden Papst  fixiren.  Gerade  dadurch  nun,  dass  wir  hier  eine  gewisse 
selbständige  Thätigkeit  voraussetzen  müssen,  scheint  es,  dass  wir  durch 
die  Vergleichimg  der  Art,  in  welcher  sie  in  der  einen  und  in  der 
andern  Handschrift  zu  Tage  tritt,  eine  werthvoUe  Handhabe  zur  Lösung 


54  Ealtenbrunner. 

der  Frage  über  das  Yerhältniss  von  A  and  B  erlangen.    Führen  wir 
nun  diese  Vergleichung  durch,   so  erkennen  wir  bald,   dass  ein  ein- 
heitlicher  Gesichtspunkt  in   beiden   obwaltet;    es   tritt   nämlich   das 
Bestreben  uns  entgegen,  den  Beginn  eines  neuen  Pontificates  dadurch 
'ZU  fixiren,  dass  der  betreffende  erste  Brief  mit  dem  Namen  des  Papstes 
bezeichnet  wird;  die  weiteren  haben  allerdings  denselben  nicht  mehr, 
aber  ihre  Zusammengehörigkeit  mit  jenem  wird   durch  den  Verweis 
mit  ,Idem'  hergestellt^).    Stellen  wir  dies  als  Kegel  für  beide  Hand- 
schriften  auf,   so   müssen  wir   doch  auch   zahlreiche  Abweichungen 
constatiren.     Da  dürfen  zunächst  einzelne  Incongruenzen  nicht  allzu 
sehr  ins  Gewicht  fallen;   die  Auslassung  eines  iildem*^  in   der  einen 
oder  andern  Handschrift,  die  ausgedehntere  Setzung  der  Adressanten- 
formel in  der   einen  oder  die  Verkürzung   derselben   in  der  andern 
können  auch  dem  nach  einer  Vorlage  mit  dem  andern  arbeitenden 
Schreiber  beigemessen  werden,   und  wenn   wir  diese  einzelnen  Fälle 
nun  gegen  einander  halten,  so  sehen  wir  die  Abweichungen  als  gegen- 
seitige auftreten;  sie  können  also  auch  deshalb  wenig  Air  unsere  Frage 
entscheiden.     Anders  ist  es  aber,  wenn  wir  Abweichungen  von  dieser 
Begel  in  beiden  Handschriften  gemeinsam  vorfinden,  wenn  wir  also  die 
Setzung  des  Adressanten  ganz  vermissen,  oder  wenn  wir  dort,  wo  wir 
nach  dem  sonstigen  Vorgehen  den  Papstnamen   erwarten,   ihn  nicht 
finden,  endlich  wenn  wir  demselben  an  Stelleu  übereinstimmend  be- 
gegnen, wo  wir  ein  „  Idem  *  als  genügend  erachten  würden :  So  ist  in 
B  XI  und  im  Schreiberantheil  L  von  B  XII  der  Adressant  ganz  un- 
berücksichtigt, womit  Ä  XIV,  welche  sich   aus  diesen   zwei  Gruppen 
zusammensetzt,  vollkommen  übereinstimmt;  im  Schreiberantheil  E  aber 
hat  B  XII  in  allen  Briefen  die  ausgeschriebene  Martinformel  sowie 
der  oorrespondirende   erste  Theil  von  A  XV.     Ebenso   hat  A  XV.  2. 
(Honoriusprocesse)  in  den  drei  ersten  Briefen  die  ausgeschriebene  Formel, 
im  letzten  nichts,  und  in  gleicher  Weise  verfahrt  bei  den  vier  Briefen 
B  in  Gr.  XIV,  wo  er  dann,  weiters  übereinstimmend  mit  A  XVI,   in 
allen  Briefen  den  Adressanten  ganz  ausser  Acht  lasst.  —  Auf  eine 
grössere  gemeinsame  Unregelmässigkeit  stossen  wir  ferner  in  B  I  =^ 
A  I :  da  hat  der  erste  Brief  keinen  Adressanten,  der  zweite  aber  hat 
„Idem*,   und  dieses  setzt  sich  in  A  ununterbrochen,   in  B   mit  Aus- 
nahme des  leer  gelassenen  ep.  II  ebenso  durch  die  ganze  Gruppe  forti 
obwol  mit  B  1 1  A  13  die  bis  dahin  laufenden  Briefe  ürban  IV.  durch 
die  Clemens  IV.  abgelöst  werden.  —  Aehnlich  sind  in  A  VIII  B  VllI 


•)  Dieser  Verweis  wird  bei  Briefen  an  gleiche  Personen  auch  auf  den  Adres- 
saten ausgedehnt,  was  bekanntlich  auch  im  Registruin  gebräuchlich  ist. 


Römisclie  Studien  IIL  55 

die  beiden  ersten  Briefe  oline  Adressanten  gelassen  und  begegnet  uns 
bei  denselben  Briefen  innerhalb  der  Fontifieate  einzeln  oder  gruppen- 
weise das  Fehlen  von  .Idem'*,  und  die  Uebereinstimmung  in  dieser 
Gruppe  geht  so  weit,  dass  gleichmässig  in  A  378  und  B  397  die 
Formel  nach  Leerlassung  eines  Baumes  .eps.  seruus  seruorum  Dei' 
lautet  —  Analoges  Verhalten  schlagen  endlich  ein  B  IX  =  A  III.  2, 
deren  zwei  letzte  und  einzige  Martinbriefe  nur  in  der  zweiten  Nummer 
die  volle  Formel  haben,  dagegen  sie  ursprünglich  übereinstimmend  bei 
der  ersten  auslassen  (worauf  allerdings  der  Schreiber  sie  in  A  am 
Bande  nachträgt) ;  und  B  V  =  A  IV  (2.  Nachtrag)  +  A  V,  wo  die 
beiden  ersten  Briefe  ordnungsmässig  „Urbanus*  und  ,Idem*  haben,  der 
dritte  aber  in  beiden  ohne  Adressanten  gelassen  ist.  —  Vielfach  über- 
flüssige Setzung  der  Formel  finden  wir  sodann  in  B  IV  =  A  VI,  indem 
auch  der  zweite  ürbanbrief  (B  142  A  226)  noch  dieselbe  und  erst 
die  nächstfolgenden  vier  das  ,Idem*  haben;  dagegen  hat  der  zweite 
Clemensbrief  (B  148  A  232)  „Idem",  dafür  haben  aber  die  drei 
folgenden  wieder  den  Papstnamen  selbst;  von  den  Gregorbriefen  aber 
tragen  die  ersten  vier  dessen  Namen  selbst  an  der  Spitze*).  —  Ueber- 
achuHs  und  Mangel  nebeneinander  tritt  auf  bei  B  III  in  dem  A  II 
entsprechenden  Theile  (während  der  mit  A  IV  zusammenfallende  über- 
einstimmend mit  diesem  ganz  nach  der  Begel  vorgeht).  Dort  sind 
die  beiden  ersten  Briefe  ohne  Adressanten  gelassen  und  erst  der  dritte 
setzt  mit  «Idem*  ein;  dann  aber  begegnen  wir  6 mal  dem  überflüssig 
gesetzten  Papstnamen  übereinstimmend  in  beiden  Handschriften,  die 
auch  in  der  ferneren  Ausserachtlassung  des  Adressanten  und  im  XJm- 
£EUig  der  mehrfach  noch  überflüssig  gesetzten  Formel  vollkommen 
gleich  sind^).  Nach  einer  andern  Seite  wird  endUch  die  Frage  be- 
leuchtet in  B  II  =  A  IX  4-  A  XI  +  A  ep.  202:  in  B  haben  die 
beiden  letzten  Briefe  (44.  45),  welche  allein  Martin  IV.  zufallen,  dessen 
ganze  Formel;  es  begegnet  uns  also  in  ihm  eine  gegen  die  Begel 
verstossendie,  überflüssige  Setzung;  anders  in  A:  dort  ist  der  letzte 
Brief  von  B  als  erster  Nachtrag  und  alleiniger  Martinbrief  in  Qr.  IV 

*)  Auch  das  Ausmass  der  Formel  stimmt  in  den  Handschriflen  überein: 
B  H9— 151  A  28S— 285  haben  »Clemens  eps.  etc.«,  B  147  A  281  dagegen  nur 
»Clemens*:  B  158  A287  hat  »Gregorius  etc.«,  die  drei  folgenden  »Gregorius 
epB  etc«.  *)  Die  überflüssige  Setzung  erfolgt  in  B  50.  52.  58.  56.  58.  59  = 
A  44.  46.  47.  50.  52.  58,  dagegen  vermissen  wir  den  Adressanten  in  B  49.  54.  60. 
70.  125.  126  =r  A  43.  48.  54.  65.  119.  120.  —  l'ür  den  gleichen  Umfeng  der 
Formel  mögen  folgende  Fälle  angeführt  werden:  B  50  A  44  »Urbanus  etc.«, 
B  51  A  45  »Clemens  eps  etc.«,  B  56  A  50  »Clemens  etc.«,  B  57  A  51  »Gregorius 
epe  etc.«,  B  121.  124.  A  115.  118  »Innocentius  (resp.  lohannes)  eps  servus  servorum 
Bei«,  B  127  A  121  »Miseratione  diyina  etc.* 


56  Ealtenbrunner. 

» 

gestellt,,  hat  also  der  Begel  entsprechend  die  Formel^).  —  Fanden  wir 
bei  den«  bisher  betrachteten  Gruppen  nur  Uebereinstimmung,  so  er- 
geben sich  doch  auch  Abweichungen  in  anderen ;  so  im  ersten  Theile 
von  B  XII,  die  im  Gegensatze  zu  A  XII,  wo  der  Adressant  durchweg 
ausser  Acht  gelassen  wird,  bei  einer  Anzahl  von  Briefen  „Idem**  setzti 
ohne  dass  sich  eines  derselben  auf  einen  Torhergehenden  Papstnamen 
beziehen  würde.  Ferner  in  B  XV,  welche,  wie  schon  bemerkt,  andere 
Folge  der  Briefe  aufweist  als  A  XIII ;  da  vemachlässigt  nun  A  sehr 
häufig  das  Yon  B  gesetzte  «Idem*.  Dafür  begegnet  uns  aber  auch  wieder 
eine  auffallende  üebereinstimmung :  die  Gruppe  enthalt  nur  Martin- 
briefe ;  der  Begel  nach  würde  also  die  einmalige  Setzimg  der  Formel 
genügen,  beide  Handschriften  aber  setzen  sie  dreimal  bei  den  gleichen 
Briefen  überflüssiger  Weise,  und  diese  üebereinstimmung  wird  dadurch 
noch  auffallender,  dass  die  correspondirenden  Briefe  B  516  A  432  und 
B  559  A  429  (der  erste  Brief  der  Gruppe)  die  volle  Formel,  B  549 
A  433  und  B  563  A  430  dagegen  nur  «Martiaus  etc.*  vorgestellt 
haben.  —  Hie  und  da  ergeben  sich  nun  auch  Störungen,  welche  denen 
analog  sind,  die  wir  bei  der  durch  «ut  supra*  ersetzten  Datirung 
constatirt  haben:  In  B  VI  =  A  III  1  begegnen  wir  unter  n®  206.  131 
einem  Briefe  der  Cardinäle  mit  Vorsetzung  der  entsprechenden  Adres- 
santenformeL  Ihm  folgen  in  beiden  Handschriften  zwei  Briefe,  die 
ganz  sicher  Clemens  lY.  angehören  und  dennoch  ,Idem*  haben.  Dieses 
sinnlose  «Idem*  hat  auch  noch  B  209,  während  in  A  134  ein  Papst- 
name gesetzt  war,  der  aber  bis  zur  Initiale  C  wieder  getilgt  worden 
ist  *).  Dies  weist  auf  Clemens  IV.,  während  der  Brief  sicher  Gregor  X. 
angehört;  in  A  folgt  hierauf  eine  lange  Beihe  mit  .Idem*  versehener 
Briefe  Gregor  X.,  die  sich  nun  fölschlich  alle  auf  Clemens  IV.  be* 
ziehen,  wogegen  die  correspondirenden  Briefe  in  B  mit  ihren  « Idem ' 
noch  immer  auf  die  Cardinäle  von  ep.  206  weisen.  Endlich  macht  in 
B  231  und  übereinstimmend  damit  in  A  157  ein  ,Idem  Gregorius* 
den  Fehler  gut,  auf  weiches  dann  bis  zum  Schlüsse  der  Gruppe  die 
aldem''   richtig  in   beiden   Handschriften   deuten,   welche  üeberein- 

<)  Die  Congruenz  erstreckt  sich  auch  hier  auf  das  Ausmass  der  Formeln :  so 
haben  B  89  A  406  »Innoc.  eps  seryus  seryorum  Dei%  B  42  A  408  »lohannes  eps 
servus  servorum  Dei  etc*,  und  dieses  etc  tritt  gemeinsam  auch  schon  früher  auf 
bei  der  Gregorformel  von  B28A891.  —  Uebereinstimmend  lassen  auch  die  Hand- 
schriften im  2.  Johannesbriefe  das  >Idem*  aus;  der  Schreiber  yon  B  aber  trägt 
dann  die  ausgeschriebene  Formel  am  Rande  nach,  so  wie  wir  früher  fanden,  dass 
einmal  der  Schreiber  von  A  eine  gleiche  dort  allerdings  regelrechte  Verbesserung 
Yomahm.  *)  In  A  begegnen  wir  überhaupt  beim  Adressanten  sehr  häufig  Rasuren, 
meist  so,  dass  der  ausgeschriebene  Name  oder  das  »Idem*  bis  auf  den  ersten  Buch- 
staben getilgt  ist.    Grund  hieför  vermag  ich  keinen  anzugeben. 


Römifiche  Studien  III.  57 

stiininung  auch  schon  vor  der  Störung  in  ihnen  obwaltete  und  zwar 
auch  bei  einer  Unregehnässigkeit,  indem  B  199  A  124  die  Setzung 
des  «Idem*'  gemeinsam  verabsäumen.  —  Ein  anderer  Fall  ist  ebenso 
bezeichnend :  In  B  VII.  1  =  A  VII  ist  B  244  A  260  übereinstimmend 
mit  sUrbanus  eps  etc**  versehen;  dann  setzt  A  seinem  ep.  261  ,Idem', 
ep.  262  «Gregorius'^  und  allen  folgenden  bis  ep.  271  «Idem*  vor. 
B  aber  läset  bei  den  yier  ersten  der  hiemit  correspondirenden  Briefe 
(epp.  245 — 248)  den  Adressanten  ganz  ausser  Acht  und  beginnt  dann 
mit  der  Setzung  des  .Idem*,*  das  er  bis  ep.  257  (=  A  271)  jedoch 
mit  einigen  Unterbrechungen  fortsetzt  Während  nun  in  ihm  durch 
die  Lücken  epp.  245 — 257  bO  zu  sagen  in  der  Luft  schweben,  hat  A 
entschieden  einen  Fehler  begangen,  denn  schon  der  zweite  Brief  der 
Gruppe  d.  L  der  mit  «Idem**  auf  ürban  IV.  yerweisende  ep.  261  gehört 
Clemens  IV.  an  und  erst  mit  ep.  272  setzt  Gregor  X.  ein,  dem  in  A 
schon  ep.  262  und  durch  die  ^Idem*  auch  epp.  263 — 271  zugewiesen 
sind.  Der  Fehler  wird  dann  von  A  in  ep.  272  durch  neuerliche  Setzung 
der  Gregorformel  gut  gemacht,  während  B  durch  dieselbe  Setzung 
zum  correspondirenden  ep.  258  nun  erst  seinen  Briefen  einen  be- 
stimmten Halt  gibt;  yon  da  ab  herrscht  in  beiden  Handschriften 
Ordnung,  man  findet  (mit  Ausnahme  bei  B  271)  stets  das  zu  erwar- 
tende auf  Gregor  X.  weisende  .Idem'^  vor. 

So  wie  im  B^^trum  werden  auch  in  unserer  Sammlimg  Briefe, 
die  in  einer  und  derselben  Angelegenheit  an  verschiedene  Personen 
erlassen  werden,  verkürzt  in  der  Weise  eingetragen,  dass  nach  dem 
Hauptbriefe  nur  die  mit  In  eundem  modum  eingeleiteten  Adressen  — 
eventuell  unter  Beifügung  der  durch  die  verschiedene  Stellung  dieser 
Adressaten  nothwendig  werdenden  Aenderungen  im  Texte  —  gegeben 
werden.  Auch  in  dieser  Beziehung  muss  das  Verhältniss  zwischen  A 
und  B  festgestellt  werden:  von  allen  in  A  vorfindlichen  B-Gruppen, 
in  denen  solche  I.  e.  m.  Sätze  auftreten  (B  III.  IV.  VI.  VII  1.  VIH. 
XI.  XIV.)  weist  nur  B  VIII  Abweichungen  auf;  dort  hat  nämlich 
ep.  367  einen  Satz,  der  im  correspondirenden  A  348  fehlt,  und  um- 
gekehrt vermisst  man  in  B  den  I.  e.  m.  Satz  von  A  362  im  ent- 
sprechenden ep.  382  ^).   Alle  andern  Sätze  decken  sich  und  nicht  blos 


<)  Der  I.  e.  m.  Satz  von  A  S62  ist  unter  die  eigene  Nummer  S68  gestellt, 
welche  also  keine  correspondirende  in  B  besitzt;  vgl.  über  die  verschiedene  Auf- 
&fi8ung,  welche  bei  der  Numerirung  dergestalt  eingetragener  Briefe  zu  Tage  treten 
kann  R.  St.  I.  251.  —  Aehnliche  fUlle  begegnen  noch  mehrere:  Der  1.  e.  m.  Satz 
Ton  B  199  ist  hl  A  unter  die  selbständige  Nummer  124  imd  umgekehrt  der  von 
A 108  in  B  unter  die  eigenen  Nummer  114  gestellt  worden.  —  Die  vielen  1.  e.  m.  Sätze 


58  Ealtenbrunner. 

das,  sie  stimmen  auch  im  Wortlaute  und  in  der  localen  Anordnung 
vollkommen  überein ;  nur  in  Bezug  auf  den  Grad  der  Kürzungen  ab- 
weichender Textstellen  ist  mir  eine  wichtige  Verschiedenheit  aufge- 
fallen, welche  die  Selbständigkeit  von  B  III  gegenüber  A  II  wahrt  ^)' 
Ich  beschränke  mich  jetzt  darauf,  die  grosse  auf  engsten  Zusammen- 
hang hinweisende  Uebereinstimmung  unter  Hervorhebung  der  Ab- 
weichungen zu  constatiren,  da  ich  an  anderer  Stelle  noch  auf  diese 
Sätze  zu  sprechen  kommen  werde. 

Es  sind  endlich  noch  jene  Noten  zu  berücksichtigen,  die  wir  in 
A  vorgefunden  und  deren  Anbringung  wir  seinem  Zusammensteller 
zugeschrieben  haben.  Einige  derselben  finden  sich  auch  in  B,  nämlich 
die  von  A  215.  368.  369  =  B  188.  387.  388,  und  es  wurde  schon 
bemerkt,  dass  bei  der  Note  zum  letzten  Briefe  B  einen  in  A  fehlenden 
Schlusssatz  besitzt.  B  weist  aber  auch  A  gegenüber  zwei  ihm  allein 
gehörige  Noten  auf:  zu  ep.  382  ist  beigeschrieben  .Glaud(atur)'<>), 
und  zu  ep.  137  (6r.  III)  d.  i.  einem  Schiedspruch  des  Berardus  (gedr. 
Delisle  p.  117)  steht:  „confirmata  fuit  per  dominum  papam  cum  in- 
sertione  tenoris'^.  Auch  die  Noten  von  B  sind  vom  Zusammensteller 
des  Codex  angebracht,  welcher  sich  hiebei,  im  Gegensatze  zu  dem 
Cursive  schreibenden  Bedacteur  von  A,  der  Schrift  der  ihm  dienstbaren 
Schreiber  anschmiegt  3).  Beide  Zusammensteller  sind,  wie  wir  dies 
schon  früher  bei  A  constatirt  haben  und  nun  durch  die  Vergleichung 
mit  B  bestätigt  erhalten,  nicht  durchgreifend  in  der  Herübemahme 
der  Noten  aus  den  ihnen  zur  Verfügung  stehenden  Vorlagen  gewesen, 
und  es  ist  nun  bei  B  noch  besonders  hervorzuheben,  dass  jene  «non 


nach  A  62  B  68  sind  in  A  mit  n®  68—65,  in  B  mit  n'  69.  70;  die  nach 
A  268  B  262  in  A  mit  n"  269.  270,  in  B  mit  n°  258—256  versehen.  —  Hier 
mögen  auch  zweite  weitere  weniger  wichtige  Beobachtungen  ihren  Platz  finden: 
A  845  B  464  ist  ein  mit  »Idem*  bezeichneter  stark  mit  Verweis  aut  den  vorher- 
gehenden gekürzter  Brief,  der  in  beiden  Handschriften  trotz  der  ihm  gewahrten 
selbständigen  Stellung  das  I.  e.  m.  vorgesetzt  hat.  Aehnlich  sind  in  A  epp.  10  S. 
124.  344  selbständige  aber  mit  I.  e.  m.  bezeichnete  Briefe,  während  bei  den  ihnen 
entsprechenden  epp.  108.  199.  868  in  B  das  I.  e.  m.  weggelassen  ist. 

')  Im  ersten  selbständige  Textstellen  aufgleisenden  I.  e.  m.  Satze  von  A  62 
(=  P.  209G1  V.  Theiner  Cod.  Dipl.  I.  187)  heisst  es  zu  Beginn:  >Carissimo  in 
Christo  filio  nostro  etc  usque  ad  presentiam  nostram  mittat*;  in  B  68  dagegen 
steht:  »Carissimo  in  Christo  filio  nostro  Rudolfe  Kegi  Romanorum  illustri  de- 
nominationem  regiam  cum  fratribus  nostris  deliberatione  prehabita  etc.  usque  ad 
presentiam  nostram  mittat*.  Aehnlich  wiederholt  sich  dies  im  nächsten  I.  e.  m.- 
Satze  mit  selbständigem  Texte.  ')  Mitgetheilt  von  Delisle  p.  122.  *)  Es  ist 
diese  Bemerkung  deshalb  nicht  Überflussig,  weil  wir  ja  beide  Handschriften  als 
voii  einer  und  derselben  Person  zusammengestellt  ansehen  könnten. 


Römiscbe  Studien  II[.  59 

processit'   bei   A    100   und   410   von   ihin   bei   den    entsprechenden 
epp.  105  und  44  unberücksichtigt  geblieben  sind^). 

Fassen  wir  alle  diese  Wahrnehmungen  zusammen,  so  werden  wir 
in  der  schon  nach  der  Betrachtung  der  Datirung  ausgesprochenen 
Vermutfaung,  dass  A  und  B  auf  eine  gemeinsame  Vorlage  zurückgehen, 
sicherlich  bestärkt.  Diese  Vorlage  könnte  eine  uns  rerloren  gegangene 
Handschrift  sein,  welche  wir  aus  den  Concepten  des  Berardus  zusammen- 
gestellt annehmen  müssten,  denn  dass  diese  die  ursprüngliche  Quelle 
sind,  ist  völlig  sicher  durch  die  Art  der  Texte,  durch  die  gewiss  auf 
Berardus  selbst  zurückgehenden  Noten  und  durch  das  Vorkommen  von 
Privatbriefen  desselben  inmitten  einzelner  Gruppen.  Es  sprechen  aber 
gewichtige  Gründe  dafür,  die  gemeinsame  Vorlage  in  den  Concepten 
selbst,  nicht  in  einer  sie  zusammenstellenden  Handschrift  zu  suchen. 
Damit  erklärt  es  sich  Yor  allem  am  leichtesten,  dass  Gr.  XV  Ton  B, 
welche  sonst  ganz  gleiche  Verhältnisse  wie  alle  übrigen  zu  A  aufweist, 
andere  fieihenfolge  der  Briefe  als  A  XIII  hat;  damit  erklären  sich 
überhaupt  die  Wiederholungen,  die  wir  bei  B  nachgewiesen  haben ; 
durch  die  Benützung  dieser  yerschiebbaren  Vorlage  endlich  können 
am  einfachsten  die  Oombinationen,  die  wir  in  einzelnen  Gruppen  von 
B  g^enüber  A  constatirt  haben,  gedeutet  werden:  nachdem  aus  den 
Concepten  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  Zusammenstellungen 
gemacht  und  diese  einzelnen  Schreibern  übergeben  worden  waren, 
konnten  sie  sofort  nach  ihrer  Erledigung  unter  einander  in 
andere  Verbindungen  gebracht  und  neuerdings  Schreibern  zugewiesen 
werden').  Diese  Concepte  aber  hatten  ursprünglich  kaum  alle  die 
Protokolltheile  und  sicher  nicht  in  der  Form,  wie  sie  jetzt  in  den 
beiden  Handschriften  zu  Tage  treten;  ihre  Setzung  können  wir  dem 
ersten  Zusammensteller,  als  welchen  wir  aus  bald  anzuführenden  Gründen 
den  von  A  anzusehen  haben,  zuweisen;  er  hat  vor  allem  an  die  Spitze 
der  von  ihm  gebildeten  Gruppen  die  Adressantenformel  geschrieben 
und  die  darauf  folgenden  Briefe  mit  «Idem'^  bezeichnet,  und  er  mag 
hiebei  nicht  immer  consequent  und  soi^sam  vorgegangen  sein  und 
dadurch  die  gemeinsamen  Ungenauigkeiten  in  den  Handschriften  ver- 


*)  Bezüglich  der  mehrfachen  Tilgungen  von  Sätzen  in  A  durch  »vacat*  hat 
6  einige,  andere  wieder  nicht;  einmal  hat  er  auch  einen  in  A  getilgten  Satz  gar 
nicht  geschrieben.  >)  Daes  mehrmals  A-Gruppen  nach  Lagen  abgetheilt  in 

Terscbiedenen  B-Gruppen  auftreten,  behindert  diese  Aimahme  nicht ;  wir  conatatirten 
bei  emteren  Raumbemessung,  es  wird  daher  auch  Raumzahlung  stattgefunden 
haben;  es  konnten  daher  die  Vorlagen  für  die  einzelnen  Lagen  vom  Zusammen- 
steller des  A  abgegrenzt  gelegt  gewesen  sein,  als  sie  der  Zusammensteller  von  B 
zur  Hand  nahm. 


60  Kaltenbrunner. 

schuldet  haben.  Durch  die  obige  Annahme  erklärt  es  sich  endlich 
am  einfachsten,  dass  B  mehrere  Gruppen  hat,  die  in  A  fehlen;  wir 
dQrfen  allerdings  in  Hinblick  auf  die  Anlage  von  A  den  Gedanken, 
dass  ihnen  entsprechende  ursprünglich  in  A  vorhanden  gewesen  seien, 
nicht  unbedingt  zurückweisen,  aber  wir  können  auch  gar  wol  an- 
nehmen, dass  bei  der  Zusammenstellung  von  B  umfangreicheres  Material 
zur  Verfügung  gestanden  habe.  Für  diese  letztere  Annahme  spricht 
zunächst  der  Umstand,  dass  wir  bei  drei  von  den  vier  nicht  in  A 
stehenden  Gruppen  von  B  constatiren  mussten,  dass  sie  dem  Anlage- 
plane des  gemeinsamen  Bestandes  A — B  fremd  gegenüberstehen^  indem 
sie  nur  nach  Fontificaten  geordnet  sind,  während  doch  fest  alle  ge- 
meinsamen Gruppen  sich  nach  Materien  zusammengesetzt  zeigen. 
Aber  auch  sonst  stellen  sich  diese  drei  Gruppen  fremdartig  dar;  jene 
Verweise  mit  „Idem*,  welche  wir  innerhalb  der  Fontificatsreihen  den 
einzelnen  Briefen  beigeschrieben  fanden,  fehlen  hier  durchgehends, 
und  die  wenigen  Setzungen  der  Adressantenformel  selbst  können  nur 
als  regellose  bezeichnet  werden.  Das  weist  darauf  hin,  dass  wir  in 
jener  ordnenden  Hand  des  gemeinsamen  Bestandes  die  des  Zusammen- 
stellers von  A  erblicken  müssen,  dessen  Arbeit  dann  von  den  Schreibern 
von  B  über  Weisung  seines  Bedacteurs  benützt  worden  ist.  Dieser 
verwendete  also  die  von  A  zusammengestellten  Gruppen^),  und  bildete 
überdies  vier  Schreiberpensa  aus  weiterem  Materiale.  Als  solches 
können  wir  für  Gr.  XIII  (die  sicilischen  Staatsurkunden  Honorius  IV. 
und  eine  Bechtsurkunde  Urban  IV.)  unbedenklich  an  der  Curie  zurück- 
behaltene Originalausfertigungen  ansehen'),  das  für  die  drei  anderen 
Gruppen  (VII  2.  XVL  XVII)  werden  wir  noch  später  kennen  lernen. 
—  Dafür,  dass  derart  B  nach  A  entstanden  sei,  spricht  auch  noch 
ein  weiterer  Umstand:  A  hat  am  Ende  seiner  Gruppen  mehrmals 
Nachträge,  so  dass  es  den  Anschein  hat,  als  seien,  .nachdem  man  er- 
kannt, dass  das  Fergament  zu  reichlich  für  ein  Fensum  bemessen 
worden  sei,  diese  als  Nachträge  auftretenden  Stücke  hinterher  zuge- 
zogen worden.  Blieben  diese  nun  nach  ihrer  Erledigung  durch  den 
A-Schreiber  mit  dessen  ursprünglichem  Fensum  vereint  liegen,  und 
bestimmte  das  ganze  dann  der  Zusammensteller  von  B  neuerdings  zur 
Abschrift,  so  mussten  sich  die  Nachträge  von  A  so  darstellen,  wie  sie 


*)  Die  wenigen  Briefe  welcher  innerhalb  des  gemeinaamen  Bestandes  die  eine 
oder  andere  Handschrift  gegenüber  der  andern  allein  aufweist,  können  am  ein- 
fachsten dadurch  erklärt  werden,  dass  sie  die  Schreiber  der  entgegenstehenden 
ausgelassen  haben;  namentlich  gilt  dies  von  B  ep.  156  in  Gr.  IV.  *)  Die  zwei 
Bullae  minores  in  ihr  haben  die  Cardinalsunterschriften  und  leergelassenen  Raum 
für  Rota  und  Beneyalete. 


Römische  Studien  III.  61 

es  jetzt  in  B  thun,  in  continuo  nämlich  mit  der  Hauptmasse  nieder- 
geschrieben. Lässt  man  dies  alles  gelten,  so  entfallt  auf  die  Thätig- 
keit  des  Zusammenstellers  von  B  nur  die  Schreibung  der  angeführten 
Bandnoten,  welche  er  sowie  der  von  A  aus  den  Concepten  herüber- 
nahm, die  Neuordnung  des  Ton  A  überkommenen  Materials  und  die 
Bildung  der  angeführten  vier  Schreiberantheile. 

Wo  diese  Zusammenstellungen  vor  sich  gegangen  sind,  wird  uns 
durch  nichts  bezeugt ;  es  ist  aber  gewiss  keine  kühne  Annahme,  wenn 
man  sie  in  die  päpstliche  Kanzlei  selbst  versetzt^).  Damit  stimmt 
auch  die  Schrift  überein,  welche  sowol  bei  A  als  bei  B  (vgl.  Delisle 
p.  106)  in  das  Ende  des  13.  Jahrhunderts  zu  setzen  ist;  Delisle  spricht 
die  Hände  Ton  B  ausdrücklich  der  päpstlichen  Eanzlei  zu,  und  ich 
kann  mit  Bestimmtheit  für  beide  Handschriften  dasselbe  versichern 
und  auf  die  Aehnlichkeit  einzelner  Hände  von  A  mit  denen  verweisen, 
welche  den  zweiten  Begisterband  Nicolaus  III.  geschrieben  haben 
(vgl  MittheiL  V.  Taf.  II.)«).  Für  diese  Annahme  der  Entstehung  in 
der  päpstlichen  Kanzlei  selbst  spricht  (wenigstens  für  A)  endlich  auch 
jene  Note,  die  in  seinem  ep.  200  einen  Hinweis  auf  die  .Epistolae 
nünores*,  welche  wir  als  die  Litterae  curiales  des  Begistrums  gedeutet 
haben,  enthält;  wo  anders  als  in  der  Kanzlei  selbst  konnte  man  einen 
derartigen  Vergleich  anstellen  b). 

Mit  A  und  B  steht  in  engem  Yerhältniss  eine  spanische  Hand- 
schrift, die  ich  selbst  nicht  kenne,  die  sich  aber  Dank  der  genauen 
Beschreibung,  welche  P.  Ewald  von  ihr  gegeben  hat^),  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung bis  auf  wenige  Punkte  gut  erkennen  lässt: 

Codex  des  Escurial.  P.  IL  7.  saec.  XIV.  (E). 

Die  Handschrift  enthält  auf  den  ersten  131  Blättern  238  Papst- 
briefe, von  denen  sich  folgende  mit  Sicherheit  in  A  constatiren  lassen^): 
epp.  1 — 29  =  A  I;  epp.  30 — 116  =  A  II  (de  negotiis  imperii); 
epp.  134—196  =  AVIII  (de  unione  Grecorum);  epp.  197—207  =^ 
A  IX  (de  concilio)  und  epp.  209 — 212  ^^  A  XI.    Alle  diese  Gruppen 

<)  Vgl.  das,  wa£  hierüber  Delisle  p.  120  schreibt.  >)  Auch  andere  Ana- 
logien ergeben  sich  mit  dem  Registrum ;  so  begegnet  uns  bei  mehrerei^  Schreibern 
die  Sitte,  die  SchSile  der  obersten  Zeile  einer  Seite  in  die  Höhe  zu  ziehen,  ferner 
die  gleiche  Raiimbemessung  für  die  Rubricae  u.  a.  *)  Auch  die  Note  vor 
ep.  418  in  A  XV  beziehe  ich  auf  einen  Vergleich  der  hier  niedergeschriebenen  Briefe 
mit  anderen  Eanzleibeständen  und  nicht  darauf,  dass  ihre  Entlehnung  von  den 
Originalausfertigungen  und  aus  dem  Registrum  vor  sich  gegangen  sei.  ^)  P.  Ewald 
Reise  nach  Spanien.  Neues  Arch.  d.  Ges.  f.  ä.  d.  Geschichtsk.  Bd.  VI.  262  ff. 
*)  Der  Kürze  halber  lasse  in  B  ausser  Acht,  da  die  hier  zu  besprechenden  Ver- 
hältnisse nur  solche  sind,  in  denen  B  und  A  ganz  miteinander  zusammen&llen. 


62  Kaltenbrunner. 

sind  mit  ganz  geringen  Ausnahmen  erschöpfend  in  E  wiedergegeben ; 
ganz  sicher  ist  dies  bei  A  I  und  A  VIII,  und  swar  ist  bei  letzterer 
sowie  in  A  (und  B)  der  10  Briefe  umfassende  Einlauf  aus  dem  Orient 
mit  aufgenommen.  In  Gr.  XI  (bestehend  aus  den  Investituren  In« 
nocenz  V.  für  Karl  v.  Anjou,  dem  Wahldekret  Johann  XXI.  und  einem 
Martinbriefe  A  410)  ist  es  nur  zweifelhaft,  ob  der  letztere  auch  Auf- 
nahme in  E  gefunden  hat.  Derselbe  geht  nämlich  nach  ep.  212  =^ 
A  409  ebenso  wie  A  zu  den  Martinbriefen  definitiv  über,  von  denen 
er  26  Nummern  (epp.  213 — 238)  bringt  Diese  Briefinasse  kann  keiner 
der  in  A  und  B  mit  Martinbriefen  gefüllten  Gruppen  angehören,  auch 
nicht  zwei  combinirten  oder  abgeschlossenen  Theilen  einer  derselben, 
wir  müssen  es  daher  dahingestellt  sein  lassen,  ob  der  erste  dieser 
Beihe  etwa  A  410  entspricht  und  dadurch  den  vollen  Anschluss  an 
A  XI  herstellt,  und  wissen  überhaupt  nicht,  welche  Bhefe  Martin  IV. 
und  wie  an  A  anschliessend  E  in  sich  birgt.  —  Zu  einigen  Bemer- 
kungen geben  die  Briefe  der  Gruppe  II  Anlass:  sicher  lag  es  in  der 
Absicht  von  E,  sie  ganz  zu  bieten,  und  in  der  That  lässt  sich  nur 
bestimmt  nachweisen,  dass  er  nach  A  58  entweder  59  oder  60  aus« 
gelassen  hat.  Nach  der  Darstellung  von  Ewald  ergeben  sich  aber 
noch  weitere  Differenzen,  und  zwar  hat  es  in  zwei  Fällen  den  Anschein, 
als  ob  E  ein  Plus  gegenüber  A  aufweisen  würde.  Wenn  £  55  =- 
A  65  und  der  nächste  von  Ewald  bestimmte  Brief  £  85  =:  A  93  ist, 
so  liegen  in  E  30  in  A  nur  28  Briefe  dazwischen.  Das  beruht  aber 
wol  nicht  darauf,  dass  E  zwei  Briefe  mehr  hat  als  A,  sondern  nur 
auf  einer  verschiedenen  Numerirung,  die  an  den  I.  e.  m.  Sätzen  von 
P.  20990  =--  A  84 — 87  in  A  und  E  vorgenommen  worden  ist,  sowie 
dies  schon  früher  bei  den  Sätzen  von  P.  20931  nachweisbar  der  Fall 
ist,  indem  E  sie  den  Nummern  51 — 55,  A  nur  62 — 65  unterstellt  Das 
gleiche  ist  der  FaU  bei  der  Differenz:  E  100.  103  =  A  108.  109,  wo 
also  dem  ersten  Anscheine  nach  E  epp.  101.  102  selbständige  in  A 
fehlende  Briefe  wären.  Aber  A  108  (P.  21071)  hat  mehrere  L  e.  m.« 
Sätze,  von  denen  zwei  jene  beiden  Nummern  in  E  erhalten  haben 
werden  >).  Endlich  müssten  wir  auch  eine  Störung  der  beiderseitigen 
Reihen  annehmen  zwischen  E  94  A  102  und  E  100  A  108.  Innerhalb 
dieser  beiden  Stützpunkte  gibt  Ewald  £  95  als  fehlend  in  A  an  und 
lässt  E  96  mit  A  107  correspoudiren^).  E  95  ist  aber  sicher  der 
unter  1.  e.  m.  nach  A  102  eingetragene  ep.  103;   dann   hat   es  nun 


*)  Die  moderne  Numerirung  von  B  verhält  sich  in  allen  diesen  Fällen  auch 
anders  als  die  alte  von  A ;  im  Übrigen  kommt  sie  natürlich  bei  dieser  Frage  nicht 
in  Betracht  *)  Ewald  stützt  sich  bei  Au&tellong  der  Gleichungen  mit  A  auf 
Palacky  und  Theiner. 


Römische  Stadien  III.  63 

den  Anschem,   als  ob  A  104 — 106   in  E  fehlen,   dagegen  E  97 — 99 
selbständig  von  A  wären.    Da  aber  zwischen  unseren  festen  Punkten 
die  gleiche  Anzahl  ron  sieben  Briefen  in  beiden  Handschriften  liegt, 
so  lasst  sich  wol  yermuthen,  dass  nicht  E  97  sondern  E  99  mit  A  107 
correspondire,  wobei  wir  dann  vollkommen  gleiche  Beiheu  erhalten 
würden.  —  Eine  Rechtfertigung  bedarf  weiters  die  Behauptung,  dass 
die  Or.  IX  (de  concüio)  ToUkommen  Aufnahme  in  E  gefunden  habe; 
Ewald  gibt  nur  die  Gleichung  E  197  =  P.  20524   und  schliesst  die 
Bemerkung  an,   dass  neun  Briefe  Gregor  X.  noch  folgen.     P.  20524 
lässt  sich  aber  in  keiner  unserer  Handschriften   des  Berardus  sonst 
nachweisen,  wol  aber  das  vom  selben  Tage  ausgestellte  P.  20525  d.  L 
A  391  der  erste  Brief  von  6r.  IX,  von  wo  ab  gerade  auch  neun  Briefe 
Gregor  X.  bis  zum  Schlüsse  der  Gruppe  laufen.  —  Es  erübrigt  noch, 
die    bei    der    eingangs   gegebenen   Zusammenstellung    übergangenen 
epp.  117 — 133  und  ep.  208  zu  bestimmen.    Letzterer  soll  nach  Ewald 
P.  19038  sein  d.  i  die  erste  Investitururkunde  Clemens  IV.  für  Karl 
V.  Anjou;  ich  vermuthe  aber,  dass  er  P.  19434  d.  i.  die  zweite   und 
definiftive  Investitur  sei,   in  welche  P.  19038   inserirt  ist.     P.  19038 
nämlich  ist  sonst  d.  h.  als  selbständiges  Stück  nicht  in  der  Berardus- 
sammlung  enthalten,  wol   aber  P.  19434   und  zwar  in  A  Gruppe  X 
bildend;  ist  dies  richtig,  so  hätten  wir  also  auch  A  X,   und  zwar  in 
dem  gleichen  durch  den  Inhalt  der  Briefe  gerechtfertigten  Anschluss 
an  A  XI  vertreten.—  E>  122—124  fixirt  endlich  Ewald  auf  A  318-320,  ' 
während  er  die  vor-  und  nachstehenden  epp.  117 — 121  und  125—133 
unbestimmt  lässt;    construirt  man   nun  von   den   drei  bezeichneten 
A-Briefen  diese  E-briefe  nach  vor-  und  rückwärts,  so  erhält  man  die 
A-Briefe  313—329  d.  s.  die  letzten  Briefe  von  Gr.  VII  (de  Terra  Sancta), 
und  es  spricht  gewiss  für  das  enge  Verhältniss,  in  dem  E  au  A  steht, 
wenn  wir  finden,   dass  diese  Briefe  in  A  gerade  die  letzte  Lage  der 
Gruppe  ausfüllen  und  zwar  so,  dass  ep.  313  wirklich  den  Beginn  der 
Lage  bildet,  nicht  etwa  aus   der  andern   übersetzt  oder  nach  einem 
Bruchstücke  des  vorhergehenden  Briefes  auf  derselben  zu  stehen  kommt 
—  Mach  den  238  Briefen  der  Berardussammlung  schliessen  sich  Varia 
in  der  Handschrift  an,  und  unter  ihnen  führt  Ewald  auch  13  Papst- 
briefe an,  deren  letzter  Martin  IV.  P.  21740  sei.    Derselbe  steht  nicht 
in  A  und  B,  wol  aber  in  einer  der  Handschriften  der  Epistolae  Nota- 
biles,  es  ist  daher  immerhin  möglich,  dass  auch  die  ihm  vorangehenden 
Briefe  der  Berardussammlung  angehören. 


64  Ealtenbrunner. 

2.  Die  Dictamina. 

Schon  Delisle  hat  dem  von  ihm  ausf&hrlich  besprochenen  Codex 
Burdegallensis  zwei  Pariserhandschrifben  gegenübergestellt,  die  er  in 
Anschlnss  an  den  in  einer  derselben  (Cod.  14173)  auftretenden  Titel 
als  «Dictamina*  bezeichnet.  Und  in  der  That  wird  ihr  Wesen  da- 
durch trefflich  charakterisirt.  Der  historische  Sinn,  der  bei  der  Zu- 
sammenstellung Yon  A  und  B  obwaltete,  hat  dem  Interesse  des  Formel- 
sammlers Platz  gemacht;  wol  sind  auch  hier  nicht,  wie  dies  in  anderen 
Sammlungen  geschieht,  die  Briefe  gänzlich  ihres  historischen  Gewandes 
entkleidet  und  sind  statt  der  Namen  jene  den  Historiker  zur  Ver- 
zweiflung bringenden  N  und  «ille*  gesetzt,  aber  die  Datirungen  der 
Vorlagen  sind  fast  alle  ausser  Acht  gelassen  und  bei  der  Aneinander- 
reihung der  Briefe  tritt  nicht  mehr  das  Bestreben  zu  Tage,  sie  alle 
auf  die  ihnen  entsprechenden  Pontificate  zu  fixiren.  Zur  weiteren 
Charakteristik  der  jetzt  bekannten  Handschriften  der  Dictamina  gehört 
es  ferner,  dass  sie  entschieden  über  die  Thätigkeit  des  Berardus  hinaus- 
schreiten und  zwar  nicht  etwa  so,  dass  sich  diese  ausserhalb  fallenden 
Briefe  sofort  auch  in  ihnen  als  Nachträge  darstellen  würden,  sondern 
dieselben  sind  zum  grossen  Theil  in  ihre  ursprüngliche  Anlage  mit 
einbezogen.  Folgende  drei  Handschriften  sind  mir  zugänglich  gewesen : 

1.  Cod.  Parisiens.  lai  14173.  saec.  XIV.  KL  4«.  (vgl. 
Delisle  p.  89)  =  DP. 

Der  Codex  hat  247  Blätter,  die  sich  auf  23  Lagen  yertheilen; 
hie  von  sind  aber  die  ersten  zwei  mit  fol.  1 — 15  vom  Index  einge- 
nommen, so  dass  die  Briefsammlung  selbst  mit  fol.  16  beginnend 
21  Lagen  umfasst.  Dieselben  sind  gleichzeitig  mit  fortlaufenden  auf 
der  ersten  und  letzten  Seite  angebrachten  Nummeru  versehen  und  auch 
die  dem  jetzigen  Bestände  vollkommen  entsprechende  Foliirung  ist 
eine  gleichzeitige  >),  und  dasselbe  gilt  von  der  Numerirung  der  Briefe, 
welche  in  lateinischen  Zahlzeichen  durch  die  417  Briefe  der  Hand- 
schrift hindurchgeht  In  der  Begel  bilden  die  Lagen  Sextemionen ; 
eine  Ausnahme  machen  hievon  L.  15  mit  14,  L.  17  mit  10,  L.  5.  14. 
18  mit  8,  und  L.  11  mit  4  Blättern.  Während  bei  den  meisten  der- 
selben kein  Grund  für  ihren  ausnahmsweisen  ITm&ng  aus  der  Anlage 
des  Codex  selbst  ersichtlich  ist,  ergibt  sich  ein  solcher  bei  L.  IL  15. 
18,  welche  Schlusslagen  der  einzelnen  Theile  desselben  sind,  also  auf 
Kaumbemessung  für  den  Schreiber  beruhen.     Die  Theilung  an   den 

I)  Dieselbe  ist  nur  mehr  bruchstückweise  erhalten,  indem  de  am  äusseren 
Rande  stehend,  vielfach  weggeschnitten  worden  ist;  merkwürdig  ist  ihre  An- 
bringung auf  den  Innenseiten  der  Blätter.  Die  Lagenzählung  bezieht  den  Index 
nicht  ein,  sondern  beginnt  fol.  16  mit  I. 


Römische  Stadien  III.  65 

bezeichneten  Stellen  tritt  nämlich  dadurch  vor  Augen,  dass  Briefe  a\if 
den  letzten  Seiten  dieser  Lagen  enden  und  zwar  so,  dass  entweder 
nach  ihnen  der  übrige  Best  der  Seite  leer  gelassen  ist  (bei  L.  11.  15), 
oder  der  letzte  Brief  auf  dem  untern  Band  aus  Mangel  weiteren  Per- 
gaments fortgesetzt  ist  (bei  L.  18).  Nur  an  diesen  drei  Stellen  lassen 
sich  derartige  Wahrnehmungen  machen,  während  bei  allen  andern 
Lagen  unbehindert  um  ihren  Wechsel  die  Niederschreibung  der  Briefe 
Yor  sich  geht;  wir  erhalten  also  zunächst  in  Bezug  auf  die  äussere 
Anlage  folgende  vier  Abtheilungen: 

l)foL    16— 135.  (L.    1— ll).epp.      1—249. 

2)  foL  136—181.  (L.  12—15).  epp.  250—339. 

3)  foL  182—211.  (L.  16—18).  epp.  340—392. 

4)  foL  212—247.  (L.  19—21).  epp.  393—447. 

Der  Zusammenhang  derselben  untereinander  ist  durch  die  alte 
Lagenzählung  und  FoUirung  sicher  gestellt,  zudem  sind  auch  am  Ende 
Yon  1  und  2  Beclamanten  noch  vorhanden;  bei  3  fehlt  ein  solcher 
allerdings,  das  mag  aber  seinen  Grund  in  der  angefahrten  Beschreibung 
des  ganzen  unteren  Bandes  von  fol.  211'  haben.  Finden  wir  also  bei 
einheitlichem  äusseren  Anlageplane  eine  Yiertheilung  des  Codex  Tor, 
so  sehen  wir  weiter,  dass  drei  Schreiber  demselben  dienstbar  gewesen 
sind,  und  es  lässt  sich  hiebei  erkennen,  dass  einer  derselben  yon  den 
zwei  andern  nur  zeitweilig  abgelöst  wird. 

Sehr.  A  nämlich  beschreibt:  fol.  16—135.  fol.  160—211.  fol.  228—247. 
Hiezu  ergänzen:  Sehr.  B  fol.  136—159.    Sehr.  C  foL  212—228. 

Der  Eintritt  von  B  fällt  mit  dem  Beginn  der  Abth.  2  zusammen,  und 
seine  Thätigkeit  endet  am  Schluss  des  2.  Sextemio  derselben,  aber  sie 
endet  mitten  in  einem  Satze  des  dort  laufenden  ep.  290,  der  auf  die 
3.  Lage  foL  160  übersetzt  und  dort  von  A  fertig  geschrieben  wird. 
Sehr.  C  beginnt  seine  Arbeit  zu  Beginn  der  Abth.  4  und  wird  — 
wieder  inmitten  eines  Briefes  (ep.  438)  und  diesmal  auch  inmitten  eines 
innerhalb  einer  Lage  (XX)  fallenden  Blattes  —  von  A  abgelöst 
Fanden  wir  femer  A  thätig  auf  foL  160 — 211,  so  erhellt  daraus,  dass 
seine  Arbeit  durch  den  Uebergang  von  Abth.  2  auf  3  nicht  gestört 
wird,  was  also  zusammen  mit  dem  andern  auch  fQr  die  Einheitlichkeit 
der  Anlage   unserer  Handschrift  spricht^),   und   es  wird   dies  um  so 


')  Die  Arbeit  dieser  Schreiber  wurde  auch  mehr&cher  C!ontrolle  unterzogen. 
Fast  auanahmsloB  weisen  die  Lagen  am  Ende  neben  dem  Reclamanten  zweimal  die 
Koten  >Gor.<  au£  und  zwar  in  verschiedener  Weise  geschrieben;  die  eine  erklärt 
sich  dadurch,  dass  der  Codex  von  ^er  Persönlichkeit  und  zwar  sehr  sorg&ltig 
Gonigirt  worden  ist ;  ich  kann  aber  in  allen  diesen  Correcturen  nur  eine  und  die 
selbe  Hand  erkennen,  glanbe  also  das  zweite  »Cor.«  nicht  auf  eine  nochmalige- 

liittheilaDgeii  YII.  5 


Gß  Ealtenbrunner. 

wichtiger,  als  wir,  indem  wir  nun  auf  die  Theilung  nach  den  Briefen 
übergehen,   constatiren  müssen,   dass  gerade  bei  dem  letztberührten 


Darchcorrigirmig  beziehen  zu  müsseiif  sondern  darauf,  dass  der  Corrector  auch 
den  im  Codex  erledigten  Stoff  nach  der  Vorlage  revidirt  hat.  Ausserdem  ist  eine 

Controlle  nach  Peciae  (abgek.  p.  p.  pet.)  angebracht;  zuerst  tritt  sie  auf  fol.  6S' 

mit  IUI  p,  dann:  fol.  79.  V;  fol.  97'.  VI;   fol.  108'.  Vil;  fol.  121.  VllI;   fol.  185. 

li;   fol.  150.    X;    fol.  162'.  XI;    fol.    178'.  XIII;    fol.  182.  XUII;    fol.  197.   XV: 

fol.  228.  XVI.  Man  sieht  daraus,  dass  hier  die  Peciae  ganz  verschiedenen  Um&ng 
haben,  auch  halten  sie  sich  nicht  an  die  Lagen  des  Codex  und  treten  an  ganz 
verschiedenen  Stellen  meist  inmitten  der  Seiten  und  der  Briefe  auf  (vgl.  Watten- 
bach Schriftwesen  152);  auch  wenn  wir  den  von  den  Rubricae  einganommenen 
Raum  in  Abzug  bringen  würden,  kämen  wir  noch  nicht  auf  gleiche  Antheile. 
Nur  der  ganz  aussergewöhnliche  Umfang  von  P.  XIII  (5  Bl.)  und  von  P.  XV 
(82  Bl.)  findet  in  der  Anlage  des  Codex  eine  Erklärung:  von  fol.  178'  nämlich, 
wo  der  erstere  Vermerk  angebracht  ist,  laufen  nur  mehr  fönf  Blätter  bis  zum 
Schlüsse  von  Abth.  2,  welcher  zugleich  mit  dem  Ende  von  Th.  I  zusammenfallt; 
diese  Haupttheilung  tritt  also  auch  in  der  Vermessung  der  Peciae  zu  Tage.  — 
Die  grosse  Pecia  XV  aber  lässt  sich  unschwer  auf  das  den  andern  beiläufig  ent- 
sprechende Maass  von  15  Blättern  reduciren:  innerhalb  des  jetzt  von  ihr  be- 
herrschten Raumes  (fol.  197—228)  feilen  die  von  Sehr.  C  beschriebenen  Blätter 
fol.  212—228,  welche  nicht  einbezogen  worden  sind;  es  wird  dies  fest  zur  Gewias- 
he^t,  wenn  wir  die  P.  XVI  gerade  dort,  wo  A  inmitten  eines  Briefes  auf  fol.  228 
wieder  einsetzt,  vermerkt  finden;  P.  XV  läuft  also  von  fol.  197 — 211.  —  Beide 
Fälle  lehren  zugleich,  dass  mit  den  Bezeichnungen  der  Beginn  und  nicht  der 
SchluBs  der  Peciae  angezeigt  wird,  der  letztere  weist  ferner  darauf  hin,  dass  wir 
in  ihnen  nicht  gut  an  ^ine  Controlle,  die  an  einer  Abschrift  unseres  Codex  ge- 
macht wurde,  denken  können,  denn  der  Wiedereintritt  von  A  fällt  mitten  auf 
eine  Lage  und  inmitten  eines  Briefes,  kann  also  kaum  auch  in  einer  Abschrift 
zu  Tage  getreten  sein.  Wir  haben  also  bei  ihnen  auf  Raumbemessung  der 
Schreiberantheile  A  und  B  zum  Zwecke  der  Entlohnung  zu  denken.  —  Auf  eine 
Vergleichung  mit  irgend  einer  andern  Handschrift  aber  deutet  die  Note  saec.  XIV 
zu  dem  inmitten  einer  Lage  stehenden  ep.  164  hin:  »hie  deficit  nee  inveni  alibi*. 
—  Der  Schreiber  dieser  Note  hat  auch  andere  angebracht,  die  zum  Theil  Kritik 
an  den  vorliegenden  Dictaten  üben:  so  schreibt  er  zur  Textstelle  von  ep.  288  »non. 
sine  discrimine  nostro  et  c.  i.  Chi.  f.  K.  Sicilie  regis  et  firatrum  nostrorum  grar 
vamine*:  »non  proponi  regem  collegio*  und  zu  ähnlichen  Zusammenstellungen 
bei  epp.  145  und  216:  ,non  proponi  principes  prelatis«.  Zu  ep.  205,  der  über 
Vergehen  des  Canonikers  Vicedominus  von  Laon  handelt,  setzt  er:  »hie  yocat 
ililcctum  filium  et  tarnen  supra  tacuit  in  ca(pituli8)  de  ipso  loquentibua* ;  er  be- 
zieht sich  daiuit  auf  ep.  193,  der  den  Canoniker  über  dieselben  hart  tadelt  und 
bei  seiner  Adresse  in  der  That  das  »dilecto  filio*  auslässt,  war  unser  GrloBsator 
auch  durch  die  Worte  »non  dicitur  dilectus  filius*  hervorhebt.  So  wie  hier  hat 
er  auch  sonst  und  hat  ausnahmslos  sein  Augenmerk  auf  die  Titulaturen  ge- 
richtet, und  wenn  er  an  den  angeführten  Stellen  t^ulelte,  abstrahirt  er  an  andern 
aus  den  Dictaten  Regeln  für  dieselben ;  so  bemerkt  er  zu  ep.  29 :  »No.  quod  electum 
in  Regem  non  vocat  illustrem*;   es  bezieht  sich  dies  auf  Richard  y.  Comwallis, 


Römische  Studien  III.  67 

t 

üebergange  yon  Abth.  2  auf  8  die  Haupttheilang  des  Codex  eintritt, 
was  auch  äasserlich  dadurch  markirt  ist,  dass  die  erste  Initiale  von 
Th.  II  grosser  und  reicher,  entsprechend  der  ersten  des  Codex  ausge- 
führt ist  Wir  scheiden  also: 

Th.  I  -=  Abth.  1.  2.  epp.      1—339.  fol.     16—181.  Sehr.  A  B  von 
Th.n  =  Abth.  3.  4.  epp.  340—447.  fol.  182—247.  Sehr.  A  C. 

Die  Briefreihe  von  Th.  I  (ep.  1 — 339)  stellt  sich  mit  Ausschluss 
der  f&nf  letzten  Briefe  als  eine  Zusammenstellung  einer  Beihe  von 
Gruppen  aus  A — B  dar  und  zwar  als  eine  ununterbrochene,  so  dass 
also  der  üebergang  von  der  einen  zur  andern  in  unserer  Handschrift 
vollkommen  verwischt  ist  Auch  der  zweimalige  Wechsel  der  Schreiber 
(A  B  A)  fällt  nicht  mit  dem  üebergang  auf  eine  neue  Gruppe  zu- 
sammen und  doch  sahen  wir,  dass  A  bei  Schluss  der  Abth.  1  eine 
kleinere  Lage  zur  Hand  nahm,  also  *  wol  Baumbemessung  für  sein  hier 
zu  bewältigendes  Pensum  vorgenommen  hatte.  Folgende  Gruppen  von 
A^)  sind  dergestalt  der  Beihe  nach  in  DP  vertreten: 
I  in  epp.  1-24.  H  i.  e.  25-106.  VII  ine.  107-175.  VI  ine.  176-189. 
V  .  epp.  190-208.  III  i  e.  209-270.  VÜI  ine.  271-323. IX ine. 824-334. 

Jedoch  findet  nur  bei  A  II  (de  negotiis  imperii),  V  und  IX  (de 
concilio)  vollständige  Deckung  statt;  von-A  VII  (de  Terra  Sancta)  fehlt 
der  letzte  Brief,  von  A  III  (de  pace)  fehlen  die  ersten  vier;  von  A  VIII 
(deren  Beginn  die  gleichzeitige  Note  „incipit  negotium  super  recon- 
ciliatione  Grecorum*  beigeschrieben  ist)  sind  nur  die  Papstbriefe  auf- 
genommen, d.  h.  es  fehlt  der  A-epp.  349 — 357  umspannende  Einlauf 


während  der  neben  ihm  geetellte  Alphons  als  castilischer  König  »illustria*  genannt 
wird.  Andere  Noten  sind:  ,No.  non  didtur  iUnstris  mortuiiB*.  ~~  >No.  rens  non 
yocator  dilectos  filius.*  —  »iSTo.  non  mortuutf  episcopus  vocatux  yenerabilis  frater*. 
—  »Qualiter  nominantur  eimul  rex  et  regina*  (de  werden  mit  »illustres*  zusammen- 
ge&Bst).  —  Neben  dieser  gloesirenden  Hand  treten  auch  noch  andere  auf^  und 
auch  sie  bezeugen,  dass  der  Codex  yon  späteren  Dictatoren  als  Formelbuch  be- 
nfitzt worden  ist ;  HeiTorhebimg  besonders  ansprechender  Briefe,  markanter  Sätze 
oder  Worte,  Gliederung  des  Inhalts,  Verweise  auf  vorhergehende  Briefe  und 
Hamdweiser  wechseln  in  bunter  Reihe;  daffir,  dasa  die  älteren  wenigstens  in  der 
päpstlichen  Kanzlei  selbst  angebracht  worden  seien,  scheint  die  Glosse  zu  sprechen 
»Nota  hoc  prohemium  pro  Terra  Sancta«.  —  Die*  Briefe  sind  sämmtlich  mit 
Rubricae  versehen,  für  welche  eine  Yorschreibung  nicht  sichtbar  ist;  sie  treten 
aJs  Inhaltsangaben  auch  in  dem  gleichzeitig  aber  von  anderer  Hand  (als  ABC) 
geschriebenen  Index  auf.  Durchgehends  sind  auch  Initialen  abwechselnd  blau- 
roth  und  rothblau  angebracht,  und  weiteren  Schmuck  bilden  sehr  reichhaltig 
auftretende  Randzeichnungen  mannig&cher,  zum  Theil  sehr  zierlicher  und  humor^ 
ToUer  Art 

*)  Ich  lege  wieder,  um  die  Darstellung  zu  vereinfachen,  wenn  möglich  bei 
der  Vergleichung  ausschliesslich  A  zu  Grunde. 


o 


g3  Esltenbrunner. 

aus  dem  Oriente;  von  A  VI  endlich  hat  nur  die  erste  Oruppe  Ton 
Gregorbriefen  (epp.  238 — 252)  und  zwar  mit  Auskssij^g  von  ep.  239 
Aufnahme  gefunden,  während  die  vorhergehenden  Urban-Clemensbriefe 
(225 — 236)  und  der  Berardusbrief  (237),  sowie  die  nachfolgenden 
wieder  auf  Clemens  IV.  zurückgreifenden  epp.  253 — 256  und  die  Wahl- 
akten Gregor  3L  (epp.  257—259)  fehlen. 

Bei  allen  diesen  Gruppen  ist  die  Reihenfolge  der  Briefe  in  den 
gegenüber  gestellten  Handschriften  eine  gleiche  mit  der  geringfügigen 
Ausnahme,  dass  A'  ep.  375  in  DP  nach  376'  und  377  zu  stehen 
kommt  ^).  Eine  bedeutende  Störung  in  der  beiderseitigen  Reihenfolge 
tritt  aber  bei  A  I  ein:  zunächst  fehlen  in  DP  ganz  A  1.  2.  5.  25.  26 
und  überdies  stehen  sich  die  Briefe  folgendermassen  gegenüber: 

DP  1.  2.  3.  4.  5.  6.  7.  8.  9—17.  18.  19—21.  22—24. 
A  18.  8.  20^.  24.  3.  4.  6.  7.  9— 17.  19.  21  -23.  27—29. 
Ein  Grund  für  diese  Abweichung  ist  in  dem  Inhalte  und  dem  Zusammen- 
hange der  Briefe  nicht  ersichtlich ;  sie  ist  aber  insofeme  weitgreifend, 
als  durch  sie  die  Auleinanderfolge  der  Pontificate,  welche  in  A  eiuge« 
halten  ist,  in  DP  gestört  wird:  A  18.  20.  24,  denen  wir  an  1.  3.  4.  Stelle 
in  ihm  begegnen,  gehören  sicher  Clemens  IV.  an.  -r-  Von  den  5  letzten 
Briefen  dieses  ersten  Theiles  endlich  (epp.  335 — 339)  ist  nur  einer  in 
A  -  B  vertreten;  ep.  337  correspondirt  nämlich  mit  A  409  (Gr. XI  = 
P.  21162).  unter  einander  stehen  sie  in  keinem  Zusammenhange; 
ep.  335  könnte  im  Hinblick  auf  die  nahen  Beziehungen  zu  A  100 
(P.  21038)  in  Gr.  II,  ep.  339,  ein  nach  England  gerichteter  Kreuzzugs- 
brief in  A  VII  verwiesen  werden;  epp.  336.  338  endlich  sind  zwei 
Briefe  an  den  Cistercienserorden,  und  zwar  hat  ersterer  den  Berardus 
selbst,  letzterer  Clemens  IV.  zum  Adressanten. 

Ganz  anders  stellt  sich  nun  der  von  den  Schreibern  A  und  C  besoi^^te 
Theil  II  mit  epp.  340 — 447  dar,  dessen  Briefe  wir  aber  gesondert  in 
zwei  Gruppen  betrachten  müssen.  Die  erstere  mit  epp.  340 — 400 
repräsentirt  sich  uns  als  Briefreihe,  welche  von  Urban  IV.  an  chrono- 
logisch die  Pontificate  bis  inclusive  Nicolaus  III.  durchläuft,  so  dasa 
epp.  340—350  ürban  IV.;  epp.  351—356  Clemens  IV.;  epp.  357—385 
Gregor  X. ;  ep.  386  Innocenz  V. ;  epp.  387—390  Johann  XXI. ;  epp.  391 — 
395  der  Sedisvacanz  nach  ihm;  epp.  396—400  Nicolaus  III.  zufallen. 
Alle  diese  Briefe  fehlen  ohne  Ausnahme  in  A,  wol  aber  finden  sich 
einzelne  von  ihnen  in  jenen  Gruppen  von  B,  die  keinen  Zusammen- 
hang mit  A  aufweisen,   und   zwar  in  Gr.  VU  2.  XVI.  XVII,  das  sind 


')  Die  Numerirung  hat  dagegen  in  Anftchluss  an  eine  gleichzeitige  Correctur 
die  Reihe  S76.  Zlo.  S77.  hergestellt,  vgl.  das  hierüber  pag.  38  gesagte. 


Römische  Studien  IIL  69 

alle,  welche  ihrem  Briefvorrathe  nach  hier  überhaupt  in  Betracht 
kommen  können.  Aber  dieser  Zusammenhang  mit  B  ist  ein  völlig 
yerschiedener  von  dem,  welchen  wir  in  Th.  I  mit  A  (und  daher  aucb 
mit  B)  crmstatirt  haben;  während  dort  einzelne  Gruppen  derselben 
ider  Beihe  nach  in  DP  eingeschrieben  sind,  erscheinen  sie  hier  in 
einander  geschoben,  und  während  dort  mit  meist  geringfügigen  Aus- 
nahmen vollständige  Deckung  mit  den  betreffenden  Gruppeit  statt- 
findet, sind  hier  nur  einzelne  Briefe  der  "drei  Gruppen  in  DP  vertreten, 
und  andererseits  steht  diesen  in  DP  eine  beträchtliche  ja  überwiegende 
Zahl  von  solchen  gegenüber,  die  in  B  fehlen;  so  lückenhaft  aber  auch 
diese  Deckung  ist,  so  lässt  sich  doch  erkennen,  dass  die  B-Briefe 
numerisch  geordnet  in  DP  auftreten  i).  Sehen  wir  endlich  die  Briefe 
auf  ihren  Inhalt  hin  an,  so  finden  wir  keinen  einheitlichen  Gesichts- 
punkt, nach  welchem  ihre  Zusammenstellung  erfolgt  sein  könnte,  und 
auch  hierin  liegt  ein  entschiedener  Gegensatz  zum  ersten  Theile,  in 
welchem  dieselbe  in  Anschluss  an  A-B  nach  Materien  erfolgte,  üeber 
die  Bedeutung  dieser  Gruppe  werden  wir  jedoch  erst  bei  Betrachtung 
der  dritten  Bedaction,  der  Epistolae  Notabiles,  völlige  Klarheit  ge- 
winnen. 

Die  Briefe  nach  dieser  Gruppe  (epp.  401 — 447)  können  nur  unter 
dem  Titel .  Varia  '  zusammengefasst  werden,  schon  aus  dem  Grunde,  weil 
ihre  Mehrzahl  solche  sind,  deren  Dictat  wir  dem  Berardus  entschieden 
absprechen  müssen.  Können  wir  nämlich  in  allen  andern  Handschriften 
die  Thätigkeit  des  Berardus  nur  bis  Honorius  lY.  verfolgen,  so  ge- 
langen wir  hier  zunächst  bei  einer  beträchtlichen  Anzahl  von  Briefen 
in  den  Pontificat  Nicolaus  TY.,  dem  wir  geradezu  die  geschlossene 
Gruppe  von  epp.  401 — 440  zuzusprechen  berechtigt  sind^).  Die  darauf- 


*)  Das  Yerhältnias  ist  so,  dass  von  den  60  Briefen  des  DP  88  in  B  fehlen 
und  27  stehen,  diese  gemeinsamen  Briefe  sich  aber  auf  104  Nummern  von  B 
vertheilen.  Ich  stelle  den  diesbezüglichen  Auszug  aus  der  Concordanz  beider 
Handschriften  im  folgenden  zusammen:  > 

B  Vn  2:    816.  817.  818.  819.  822.  828.  827.  885.  886.  840.  848  —  846.  848. 

DP:  843.  845.  848.  849.  850.  851.  856.  860.  865.  891^892—895.  897. 

B  XVI:     569.574. 

DP:  841.  842. 

B  XVII:     585.  589.  591.  597.  602.  608.  627.  682.  629.  605. 

DP:  879.  880.  881.  882.  888.  884.  886.  887.  889.  898. 

*)  £p.  480  vermag  ich  als  A.  L  ep.  185  des  Registers  Nicolaus  lY.  nach- 
zuweisen; epp.  406.  407.  488.  440  sind  unter  seinen  Briefen  bei  Potthast  n®  28108. 
28110.  22869.  22881  eingestellt;  ganz  zweifellos  wegen  ihres  engen  Zusammen- 
hanges zu  ep.  440  gehören  daher  auch  epp.  484  und  489  ihm  zu.  Wahrschein- 
lich auch  ep.  482,  ein  Empfehlungsbrief  för  den  von  Petrus  de  Murone  gestifteten 


1 


70  Ealtenbrunner. 

folgenden  Briefe  scheiden  sich  wieder  in  zwei  Theile,  einerseits 
epp.  441 — 444,  andererseits  epp.  445 — 447;  die  ersteren  können  als 
Frocesse,  die  letzteren  als  Sicilische  Staatsorkonden  bezeichnet  werden. 
Diese  (Clemens  IV.  P.  19434  und  Innocenz  V.  P.  21104.  21103)  sind 
auch  in  A  nachweisbar,  aber  nicht  in  einer  geschlossenen  Gruppe 
sondern  in  A  X  und  XI  (B.  X  und  IL  2).  Von  den  ersteren  steht 
nur  ep.  444  in  A  (Or.  IV  ep.  199) ;  er  ist  der  Process  Gregor  X 
gegen  die  Mörder  des  Prinzen  Heinrich  (P.  20712);  ep.  443  schleudert 
den  Bannstrahl  gegen  die  Mörder  des  Bischofs  von  Silva  und  seiner 
Gefährten;  er  fallt  Clemens  IV.  zu  (vgl.  Baynald  1267.  20),  kann  also 
wol  Yon  Berardus  abgefasst  sein.  Sicher  aber  sind  wieder  die  beiden 
ersten  der  in  Betracht  stehenden  Briefe  demselben  abzusprechen; 
ep.  442  ist  nämlich  die  « Sententia  privationis  lata  contra  Fridericum 
imperatorem '^  Innocenz  IV.  F.  11733,  und  höchst  wahrscheinlich  ge- 
hört auch  ep.  441,  der  sich  ,Constitutio  contra  capientes,  percutientes 
et  insequutores  B.  E.  Cardinales'  bezeichnet,  diesem  an^).  Können 
wir  auch  Berardus  als  Curialen  unter  Innocenz  IV.  nachweisen'),  so 
ist  es  doch  kaum  glaublich,  dass  seiner  noch  wenig  erprobten  Feder 
das  Concept  eines  so  wichtigen  Aktenstückes,  wie  es  F.  11733  ist, 
anvertraut  worden  wäre. 

Codex  Vaticanus  lat  3977.  saec.  XIV.  4».  =  DV. 

Der  Codex  zeigt  in  seinem  Hauptbestande,  der  bis  foL  173  und 
ep.  489  reicht,  eine  völlig  einheitliche  Anlage,  die  sich  durch  eine 
Hand,  gleich  grosse  Lagen  (15  Sexternionen)  und  keinerlei  Gliederung 
der  Briefe  nach  ihnen  kennzeichnet  Der  15.  Sexternio  endet  auf 
foL  179>),  es  sind  also  von  ihm  die  letzten  7  Blätter  nicht  mehr  der 
ursprünglichen  Anlage  gewidmet   Auf  diesen  schrieb  eine  andere  Hand 

Orden  (der  nachinalB  der  der  Cölestiner,  hier  aber  noch  »Ordo  Humilitarom* 
genannt  wird),  yon  dem  ein  anderes  Exemplar  unter  P.  22787  eingetragen  ist; 
epp.  428—425  handeln  von  der  Befreiung  des  in  der  Gewalt  der  Aragoneeen 
befindlichen  Karl  IL  v.  Ai\jou;  ep.  402  von  den  unter  Nicolaus  IV.  ftUenden 
Streitigkeiten  Mainhards  von  Tirol  mit  Bischof  Philipp  von  Trient;  in  ep.  421 
wird  HonoriuB  17.  als  Vorgänger  genannt,  und  in  epp.  418 — 420  sind  Johannes 
und  Burcard  als  Vorgänger  des  Klage  führenden  Erzbischofs  von  Tours,  der  also 
wol  Regina!  (1291-^812)  ist,  genannt.  Ist  in  den  zwei  letzten  Fällen  Boni&z  VUL 
nicht  ausgeschlossen,  so  ist  er  es  aber  wieder  in  ep.  418,  wo  er  noch  als  Qar* 
dinal  Benedict  auftritt ;  kurz  alles  weist  darauf  hin,  dass  diese  ganze  Gruppe 
von  401—440  Nicolaus  IV.  zuzuwiesen  sei. 

')  Beide  Briefe  sind  undatirt;  ep.  441  hat  das  Incipit  »Summi  Providentia 
principis«.  *)  Innocenz  IV.  Registr.  A.  XL  ep.  816  und  A.  XIL  ep.  108  ertheilen 
dem  Magister  Berardus  de  Ijfeapoli  »subdiaponus  et  capellanus  (nicht  notarius) 
papae,  iuris  civilis  professor«  Pfründen^  ')    Fol.  18  ist    zweimal    gezählt, 

daher  erscheint  lücht  als  Endblatt  180. 


Römische  Studien  IIL  71 

derselben  Zeit  von  fol.  173'  an  8  Briefe  (epp.  490—497)  Clemens  V. 
ein,  welche  alle  im  Gegensatz  zu  den'  Briefen  der  ursprüngliclien 
Anlage  datirt  sind,  und  die  alle  mehr  oder  minder  nach  Bologna 
weisen,  was  vielleicht  ein  Licht  wirft  auf  die  Provenienz  der  Hand- 
schrift, die  zu  bestimmen  wir  sonst  keinerlei  Anhaltspunkt  besitzen. 
Dieser  Nachträge  liefernde  Schreiber  schloss  dann  noch  einen  Quaternio 
an,  auf  welchem  er  ausnahmslos  Wahlakten  (epp.  489 — 505)  und 
Wahlanzeigen  (Encyclicae  epp.  506—517)  niederschrieb,  die,  soweit  sie 
sich  fixiren  lassen,  alle  der  Zeit  von  Gregor  X.  bis  Clemens  Y.  ange- 
hören^). 

Der  Hauptbestand  des  Codex  (epp.  1—489)  trägt  die  üeberschrift 
«Incipiunt  dictamina  magistri  Berardi  de  Neapoli  domini  pape  notarii^, 
was  wörtlich  mit  der  von  Delisle  89  mitgetheilten  Bubrica  zu  Beginn 
(nnd  zu  Schluss)  von  DP  übereinstimmt.  Wird  dadurch  schon  auf 
den  engen  Zusammenhang  der  beiden  Handschriften  hingewiesen,  so 
tritt  uns  dieser  in  der  That  bei  Vergleichung  ihrer  Briefbestände 
deatlieh  vor  Augen.    Es  correspondiren  nämlich: 


*)  Die  Stücke  vertheilen  sich  folgendermassen :  Gregor  X.:  Anzeige  der 
Cardinäle  n»  498;  Wahlakt  n«  508—505.  Nicolaus  IIL:  Encyclica  n^  507.  Hono- 
riu8  IV.:  Encyclica  n®  509  (wobei  im  Rubrum  das  unsinnige  »littere  canoniza- 
tioniB  dni  Honorii  pp.^  erscheint).  Nicolaus  IV :  £ncyclica  n®  610.  511  (2  Exemplare). 
Oölestin  V.:  Anzeige  der  Cardinäle  n«  500;  Wahlakt  n^  601;  Enoyclic!^  n«  5 IS, 
Bonifaz  VIEL:  Encyclica  n°  514.  Benedict  XL:  Encyclica  n»  515.  Clemens  V.: 
Anzeige  der  Cardinäle  n®  499 ;  Wahlakt  n°  502.  —  Bei  dieser  Zusammenstellung 
sind  n^  506.  508.  512.  516.  517  Übergangen;  den  beiden  letzten  Nummern  (d  .s. 
die  letzten  des  Codex)  sind  nur  mehr  Bubricae  beigesetzt,  die  sich  auf  die  vor- 
hergehende Encyclica  Benedict  XI.  beziehen:  »Item  eodem  modo  omnibus  alüs 
regibus  Dat.  ut  supra*  und  »Super  eodem  prohemium.  Interne  dementia  mqje- 
statis*.  Diese  Deutimg  lassen  auch  n^  508  und  512  zu,  welche  beide  im  Bubrum 
»Super  eodem  et  aliter«  haben  und  derart  auf  die  ihnen  vorhergehenden  Ency- 
clicae Nicolaus  in.  (507)  und  Nicolaus  IV.  (510.  511)  Bezug  nehmen.  Die  einfache 
Deutung  ist  wol  die,  bei  den  beiden  letzten  an  blosse  Entwürfe  zu  denken,  und 
die  beiden  ersten  als  l.  e.  m.  Sätze  der  Encyclica  Benedict  XI.  aufEu&ssen.  Jene 
Entwürfe  können  durch  die  uns  jetzt  bekannten  Fassungen  (P.  21268  u.  22604) 
verdrängt  worden  sein;  es  wäre  aber  auch  denkbar,  dass  sie  die  Concepte  für 
Exemplare  der  betreffenden  Encyclicae  seien,  die  für  andere  Categorien  von 
Adressaten  bestimmt  waren;  dagegen  aber  spricht,  dass  ihre  Adressaten  (der 
König  von  England  und  ein  König  Heinrich,  wol  der  von  Jerusalem  und  Qypem) 
derselben  Categorie  von  Königen  angehören,  wie  die  von  n^  507  (König  von 
Frankreich)  und  n®  510  (König  von  Siciüen),  und  dass  Potthast  in  den  l.  e.  m.- 
Sätzen  der  ersteren  (21268)  eben  denselben  König  von  England  anzuführen 
vermag.  Es  werden  also  wol  doch  nicht  approbirte  Entwürfe  sein.  Ep.  506 
endlich:  lUustri  Romanorum  Regi.  »Immense  Deus  clementie*  bietet  in  seiner 
Tein  rhetorificheai  Fassung  keinerlei  Anhaltspunkt  zur  Bestimmung  dar. 


72  ^altenbrunner. 

DV  epp.      1—266  mit  DP  epp.      1—269  (270).  A  L  U.  VIL  VI.  V.  IH. 

DV    ,     307—367  .     DP    ,    271—334.  A  VHL IX. 

DV    ,     370—374  ,     DP  ^  ,    335—339.  (5  Schlassbriefe  von  TL  I). 

DV  epp.  383-- 390  mit  DP  epp.  441—447.  2.  Varia. 

DV    ,  391—429    ,    DP    .    401—440.  I.Varia  (Nicolaus  IV.). 

DV    ,      430.31.33—489    .    DP    ,    340—400.  HauptbestanA 

Wir  sehen  aus  dieser  Zusammenstellung,  dass   der   durch  die  höhere 

Gesammtziffer  der  Briefe  sich  ergebende  üeberschuss  von  DV  (489 :  447) 

nicht  etwa  auf  die  Gesammtstrecke  von  DP  vertheilt  ist,  sondern  dass 

derselbe,  in  mehrere  geschlossene  Gruppen  gegliedert,  ihm  entgegen- 

triti     Es  sind  nämlich  dem  DV  eigenthümlich 

epp.  267—306.  epp.  368.  369.  epp.  375—382.  ep.  432. 
Diese  Einschiebungen,  welche  bei  DV  in  den  mit  DP  gemeinsamen 
Bestand  gemacht  sind,  charakterisiren  sich  dadurch,  dass  sie  ohne 
räumliche  Trennung  jenem  sich  anschmiegen  und  weiters,  dass  sie, 
obwol  zum  Grosstheil  nicht  dem  Berardus  angehörig,  doch  mit  den 
benachbarten  Berardusbriefen  inhaltlich  einen  Zusammenhang  auf- 
weisen: So  ist  ep.  432,  welcher  sich  nach  epp.  430.  431  einschiebt, 
die  Canonisationsbulle  Ludwig  d.  H.  von  Bonifaz  VIII.  (P.  24561), 
jene  aber  betreffen  die  durch  ürban  IV.  vorgenommene  Ganonisation 
des  Bischofs  Bichard  von  Chichestre  (vgl  P.  18232);  epp.  368.  369, 
welche  nach  den  A  IX  (de  concilio  Lugdunensi)  entsprechenden 
epp.  357—367  zu  stehen  kommen,  sind  zwei  Ausschreiben  des  Concils 
von  Vienne  durch  Clemens  V.;  epp.  375 — 382  stellen  sich  vor  die 
Briefe,  welche  mit  DP  441 — 444  correspondiren  und  die  wir  als 
Processe  characterisirt  haben;  wir  erinnern  uns,  dass  die  beiden  ersten, 
weil  von  Innocenz  IV.  herrührend,  den  Berardus  abgesprochen  werden 
mussten,  dagegen  die  beiden  letzten  in  die  Zeit  desselben  fallen;  die 
jetzt  neu  hinzukommenden  Briefe,  die  sich  weiters  vor  die  Berardus- 
briefe  443.  444  aufbauen,  sind  nun  Akten  des  Templerprocesses  unter 
Clemens  V.  Epp.  267—306  endlich,  welche  sich  vor  Beginn  der  Gruppe 
A  VIII  -=^  DV  epp.  307 — 356  einschieben,  können  in  ihrem  Haupt- 
bestande geradezu  als  Orientalische  Varia  bezeichnet  werden.  Sehen 
wir  zunächst  von  den  letzten  3  Briefen  (304 — 306)  ab,  so  gliedern 
sich  die  andern  in  zwei  Reihen,  von  denen  die  eine  mit  epp.  267 — 293 
ausserhalb  der  Zeit  des  Berardus,  die  andere  mit  epp.  294 — 303  in 
dieselbe  tSWi.  Der  Grosstheil  der  ersteren  behandelt  die  durch  den 
Lateinischen  Kreuzzug  geschaffenen  Verhältnisse,  gehört  also  in  die 
Zeit  Innocenz  UL^);   einer  derselben  aber  (ep.  281  also  inmitten  der 

*)  Epp.  267.  268.  270—277  u.  285  Btehen  bei  Potthast  unter  Iimocens  UI. 
n®  2498.  2574.  2458—2468.  2465.  2518.  2578 ;  sicher  beziehea  flieh  auf  dieselben 


Römische  Studien  IIL  73 

Gruppe)  geht  noch  weiter  zurück,  denn  er  ist  die  „Instructio  fidei 
catholicae  ab  Alexandre  P.  III.  ad  Soldanum  Iconii  missa^).  —  Die 
zweite  Beihe  umfasst  Orientalische  Correspondenz  Gregor  X.  und  zwar 
gliedert  sich  dieselbe  wieder,  indem  epp.  298 — 303  einen  Theil  jenes 
Einlaufes  aus  dem  Orient  bilden,  den  wir  in  A  und  B  inmitten  der 
Or.  yin  (de  unione  Grecorum)  gefanden  haben,  der  aber  in  den  ent- 
sprechenden Brieireihen  der  Dictamina  fehlt ^);  epp.  294 — 297  aber 
entsprechen  der  Beihe  nach  A  334.  336.  335.  342  und  werden  als 
der  Gruppe  »de  unione  Grecorum'  angehörig  später  in  ihrem  Zu- 
sammenhange unter  n^  311.  313.  312.  342  (also  in  anderer  Beiheu- 
folge)  wieder  gebracht  —  Nur  die  3  letzten  Briefe  der  Gruppe  304 — 
306  f&gen  sich  nicht  in  die  Ton  uns  aufgestellte  Begel,  denn  sie  be- 
treffen nicht  den  Orient  sondern  Sicilien  und  zwar  fallen  die  ersten 
zwei  Ton  ihnen  in  die  Zeit  E.  Friedrich  IL  wahrscheinlicl^  unter 
Innocenz  IV.,  der  letzte  dagegen  ist  einer  der  Processe  Martin  lY. 
gegen  Peter  yon  Aragon  (P.  21998).  Sicilische  Staatsurkunden  im 
Zusammenhange  bringen  DV  und  DP  gemeinsam  am  finde  der  einen 
Gruppe  von  Varia  unter  n»  388—390  (=  DP  445^447),  dort  also 
wäre  fQr  ihre  Einschiebung  unserer  Begel  nach  der  richtige  Platz 
gewesen. 

Wenden  wir  uns  nun  von  den  DV  eigenthümlichen  Varia  zU 
jenem  Bestände,  welcher  mit  dem  von  DP  zusammenfallt,  so  müssen 
wir  zunächst  constatiren,  dass  man  von  einer  vollkommenen  Aufnahme 
der  letzteren  in  DV  insoferne  sprechen  kann,  als  auch  jene  Berardus 
nicht  angehörigen  Briefe  Nicolaus  IV.  und  Innocenz  TV.  Aufnahme 
gefanden  haben,  und  ferner,  dass  die  Zweitheilung  von  DP  sich  auch 
in  ihm  darstellt,  nur  dass  sie  nicht  so  wie  dort*  auch  in  der  äussern 
Anlage  selbst  gekennzeichnet  wird.  — Wenn  aber  auch  der  Bestand 
derselbe  ist,  so  ist  doch  die  Beihenfolge  der  einzelnen  Briefgruppen 
desselben  ein  verschiedener;  in  Th.  II  von  DV  nämlich  stellen  sich 
die  2  Varia  in  ganz  anderer  Weise  um  den  Haupttheil  wie   in  DP. 


Verhältnisse  epp.  269.  284.  286>-288;  den  Orient  betreffen  femer  epp.  279.  28o. 
t!89 — 292 ;  ich  kann  de  aber  nicht  bestimmt  fixiren  und  bei  der  völligen  Tilgung 
der  individuellen  Bezichimgen  vermag  ich  die  noch  übrig  bleibenden  epp.  278. 
280.  292  überhaupt  nicht  zu  bestimmen. 

0  Gedr.  unter  diesem  Titel  in  Petri  Blesensis  Opera  ed.  Giles  U.  XXI. 
cf.  Delisle  p.  94.  »)  Sie  entsprechen  A  849.  S50.  354.  855  =  B  868.  869.  878. 
374.  Ich  habe  bei  der  Numerinmg  der  Briefe  fälschlich  die  Subscriptionen 
von  A  854.  855  (y.  Delisle  p.  180)  unter  eigene  Nummern  gestellt,  erhalte  daher 
6  Stücke,  während  thatsächlich  nur  4  yorhanden  sind;  als  ich  zur  Erkenntniss 
des  Fehlers  gelangte,  wäre  eine  Aenderung  meiner  Numerirung  ohne  yielßushe 
Störungen  nicht  mehr  möglich  gewesen. 


74  Ealtenbrunner. 

In  Th.  I  ist  dies  allerdings  nicht  der  Fall,  da  auch  hier  wie  dort 
nach  dem  die  A-Gruppen  umspannenden  Haupttheile  die  ausserhalb 
des  Zusammenhanges  mit  A  stehenden  5  Briefe  den  Schluss  bilden, 
aber  dafür  haben  wir  bei  ihm  jene  Orientalischen  Varia  in  DV  con- 
statirt,  welche  sich  wie  ein  Eeil  in  den  von  DP  ununterbrochen 
niedergeschriebenen  Hauptbestand  einschieben.  —  Vergleichen  wir 
nun  die  beiderseitigen  Beihen,  so  finden  wir,  dass  DP  einige  Briefe 
hat,  welche  in  DV  fehlen,  nämlich  in  Th.  I:  epp.  11.  161.  270.  286.' 
292 ;  in  Th.  II :  epp.  353.  373.  Umgekehrt  aber  schiebt  DV  unter 
n^  17.  19  zwei  Briefe  ein,  welche  die  paralell  laufenden  beiderseitigen 
Beihen  unterbrechen;  aber  das  ist  nur  ein  scheinbarer  üeberschuss, 
denn  sie  sind  nur  Wiederholungen  von  epp.  1  und  3^).  Dagegen  ist 
wichtig  zu  bemerken,  dass  die  schon  berührte  Störung  des  Paralellismus 
mit  A-B  bei  DP  epp.  306—308  in  DV  nicht  stattfindet,  indem  hier 
die  Reihenfolge  von  A-B  eingehalten  ist;  ferner  enthält  sich  DV, 
ep.  370  von  A,  den  DP  im  ersten  und  zweiten  Theile  (n^  335  und 
378)  bringt,  im  zweiten  zu  wiederholen.  —  Diese  wenigen  Abweichungen 
genügen,  um  das  Verhältniss  der  beiden  Handschriften  dahin  zu 
fiziren,  dass  keine  von  der  andern  unmittelbar  abhängen  könne; 
offenkundig  ist  dies  bei  DP,  der  ja  eine  Anzahl  nicht  in  DV  stehender 
Briefe  hat;  aber  auch  bei  letzterem  scheint  mir  für  dieselbe  Annahme 
der  e^ige  Anschluss  an  A-B  in  der  Beihenfblge  der  epp.  DP  306—  308, 
sowie  die  Ausserachtlassung  [der  Wiederholung  des  einen  Briefes  in 
DP  ausreichend  zu  sein,  wenn  man  die  ganze  Anlage  des  Codex, 
welche  entschieden  den  Eindruck  einer  in  continuo  angefertigten  Ab- 
schrift macht,  mit  in  Betracht  zieht,  wie  denn  überhaupt  dieser  Ein- 
druck die  Wahrscheinlichkeit  zurückdrängt,  dass  sein  Schreiber  unter 
mehrmaligiBr  Verstellung  einzelner  Gruppen  des  DP  neben  ihm  noch 
eine  andere  Handschrift  benützt  haben  sollte.  Aber  auch  das  Ver- 
hältniss der  Texte  in  beiden  Handschriften  ist,  wie  ich  gestützt  auf 
eine  Anzahl  von  CoUationen  behaupten  kann,  ein  solches,  dass  directe 
Abhängigkeit  der  einen  von  der  andern  so  gut  wie  ausgeschlossen 
ist.  Aber  sicher  besteht  zwischen  ihnen  eine  sehr  nahe  Verwandt- 
schaft, die  sich  schon  durch  das  gleiche  Incipit  und  durch  die  durchaus 
gleichlautenden  fiubrieae  documentirt,  und  ferner  durch  ihr  Verhalten 
zu  den  individuellen  Beziehungen  der  Briefe,  also  vor  allem   zu  den 

')  £p.  17  und  ep.  1  haben  allerdings  yerschiedene  Adresse,  der  eine  »Regi 
Anglorum*,  der  andere  >Regi  Aragonum*.  Dass  aber  das  erstere  einfach  auf 
Irrthum  beruht^  lehrt  das  vorgesetzte  Rubrum:  »Exhortatio  ad  Regem,  ut  Sara- 
cenoB  de  terra  sua  expellat,  iudeis  publica  oflBcia  non  committat«  etc.  —  Eine 
Erklärung  dieser  Wiederholungen  wird  später  gegeben  werden. 


Bömiache  Studien  IQ.  75 

Datirougen,  den  I.  e.  m.  Sätzen  und  den  Adressanten.  —  Sicher  dient 
Qs  zur  Charakteristik  der  beiden  Handschriften  gegenüber  der  Anlage 
von  A-B  sQwol,  als  auch  in  Bezug  auf  ihr  Yerhältniss  zu  einander, 
wenn  wir  in  ihnen  nur  bei  je  zwei  und  zwar  correspondirenden  Briefen 
überhaupt  eine  Datirung  vorfinden  und  zwar  in  gleichem  Ausmaass 
der  Formel;  ferner  wenn  wir  oonstatiren,  dass  die  Zahl  und  die 
Disposition  der  L  e.  m,  Sätze  in  beiden  eine  vollkommen  überein- 
stimmende ist.  Noch  beachtensweriher  ist  die  Behandlung  der  Adres- 
santen; haben  wir  bei  A-B  als  Begel  hief&r  erkannt,  dass  bei  Beginn 
eines  Fontificates  der  Fapstname  und  sonst  das  verweisende  Jdem' 
gesetzt  wird,  so  können  wir  diese  bei  den  Dictamina  nicht  festhalten ; 
einerseits  nämlich  finden  wir  sie  den  Papstnamen  ausser  Acht  lassen, 
wo  vnr  ihn  als  Benutzer  wünschen  würden,  andererseits  sehen 
wir  ihn  gesetzt,  wo  wir  ihn  nach  obiger  Begel  als  überflüssig  be- 
zeichnen  müssen,  resp.  das  .Hern«  erwarten  würden;  und  überdies 
sind  wieder  diese  Verweise  so  sorglos  angebracht,  dass  wir,  wollten 
wir  ihnen  ahnungslos  folgen,  häufig  die  mit  ihnen  bezeichneten  Briefe 
auf  falsche  Päpste  beziehen  würden,  eben  weil  die  Anbringung  der 
Adressantenformel  bei  einem  der  vorhergehenden  Briefe  verabsäumt 
worden  war.  Oonstatiren  wir  also  im  Allgemeinen  eine  grosse  Sorg- 
losigkeit für  die  richtige  Zuweisung  der  Briefe  an  den  Adressanten, 
so  gewinnt  natürlich  der  Umstand  sehr  an  Gewicht,  dass  sich  die 
Behandlung  in  beiden  Handschriften  als  eine  vollkommen  analoge 
darstellt;  sie  weisen  im  gemeinsamen  Brief vorrathe  die  gleiche  Anzahl 
von  15  Adressantenformeln  auf,  aber  von  diesen  sind  nur  8  bei  Briefen 
angebracht,  die  einen  neuen  Pontificat  einleiten,  dagegen  ist  die 
Setzung  der  Formel  bei  DP  27.  29.  177.  392— 39'>  und  in  den  mit 
ihnen  correspondirenden  Briefen  des  DY  überflüssig,  und  die  Bedeutung 
dieser  analogen  Behandlung  wird  noch  dadurch  erhöht,  dass  wir 
durchaus  bei  allen  15  gleiches  Ausmaass  resp.  gleiche  Verkürzung  der 
Formel  constatiren  können^).  —  Nicht  so  vollkommene  üeberein- 
atimmung  herrscht  bezüglich  der  Verweise  mit  .Idem";  hier  weist 
nämlich  DP  gegenüber  DV  7  selbständige  Setzungen  auf,  während 
dieser  es  jenem  gegenüber  in  keinem  Falle  zu  thun  vermag;  aber  das 
kommt  bei  dem  Umstände,  dass  DV  überhaupt  und  auch  im  Texte 
häufiger  Auslassungen   von  Sätzen   und  Worten  beschuldigt  werden 

')  So  bei  P  27.  29:  »Urbanus  etc.«;  bei  P  177  u.  444:  »Gregorius  epc.  etc.«; 
bei  P  857:  »Gregorius«;  bei  P  445  u.  446:  »Clemens  (Innocentius)  epc.  seru. 
serooram  Dei«;  bei  P  105  u.  391— S 95:  »Miseratione  diyina  etc.«,  hingegen  bei 
P  212:  »MiBeratione  diyina  Epi.  .  .  .  Presb.  .  .  .  Diac.  .  .  .  Cardinales«  und  bei 
P  897:  »Nicolaus  electos  epc.  etc.« 


76  EaltenbTunner. 

muss,  wenig  in  Betracht  gegenüber  dem,  dass  in  26  Fällen  gemein- 
same Setzung  erfolgt,  und  dass  in  20  von  denselben  in  der  schcm 
geschilderten  Weise  die  ,Idem'  irrig  augebracht  sind. 

Es  sind  diese  Wahrnehmungen,  die  wir  hier  bei  den  zwei  Hand- 
schriften der  Dictamina  macheu,  ganz  analog  denen,  die  wir  schon 
bei  A  und  B  constatirten,  und  wenn  uns  dieselben  bei  jenen  nöthigten, 
eine  gemeinsame  Quelle  fiir  sie  ^vorauszusetzen,  so  müssen  wir  dies 
auch  hier  thun.  Es  handelt  sich  nun  darum,  dieselbe  zu  finden  und 
hiebei  leistet  uns  eine  dritte,  dem  ersten  Anscheine  nach  recht  unbe- 
deutende Handschrift  der  Dictamina  gute  Dienste. 

Cod.  Parisiensis  lai  4043.  saec.  XIV.  (cf.  Delisle  p.  93)=^  DL. 

Der  Codex,  welcher  wahrscheinlich  zwischen  1365  und  1387 
geschrieben  ist,  und,  wie  die  von  Delisle  mitgetheilte  Note  lehrt,  um 
1387  in  Lucca  war^),  hat  jetzt  104  Blätter,  die  sich  auf  9  Lagen 
vertheilen;  von  ihnen  sind  L.  5  und  7  Quinternionen,  alle  andern 
Slexternionen.  Diese  seine  jetzige  Zusammensetzung  ist  aber  eine 
fragmentarische,  denn  wir  können  mit  voller  Sicherheit  den  Wegfall 
von  Blättern  nach  L.  6  u.  9  dadurch  coustatiren,  dass  ein  Brief  an  ihrem 
Ende  mitten  im  Text  abbricht.  —  Inhaltlich  scheidet  sich  die  Hand- 
schrift in  zwei  Theile,  indem  nur  die  ersten  8  Lagen  Berardusbriefe 
enthalten,  die  9.  dagegen  13  Briefe  bringt,  welche  wol  zum  Theil 
auch  als  Dictate  des  Berardus  erweisbar  sind,  in  ihrer  Gesammtheit 
aber  als  Varia  bezeichnet  werden  müssen*).  Sie  also  hat  der  eine 
der  beiden  Verluste  betroffen  und  wir  sind  eben  wegen  ihrer  Eigen- 
schaft als  Varia  durchaus  ausser  Stande,  die  Grösse  desselben  zu 
fixiren.  Die  vorhergehenden  Berardusbriefe,  206  an  der  Zahl^,  stellen 
sich  als   ein  Auszug  des  ersten  üaupttheiles  der  Dictamina  dar,    so 

')  Zu  ep.  S  findet  sich  folgende  Notiz,  die  gegen  das  Ende  zu  unlesbar 
geworden  ist:  »Notitia,  quod  quando  Pisani  ceperunt  Lucam,  firegerunt  cameram 
apostolicam,  que  erat  in  8.  Fridiano,  et  abstulenint  inde  thesaurum  Ecclesie 
Romane,  propter  quod  Luca  fait  interdicta  annis  XL  vel  circa  .  et  hoc  Luce 
notorium  est  .  £Ekctum  est  altare  in  honorem  8.  Martini  inde  dotatum  pro  .  .  . 
de  mandato  ecclesie  ...  *  Die  Einnahme  Lucca's  durch  die  toscanischen  Ghibel- 
linen  und  die  Beraubung  der  Sacristei  von  S.  Frediano  föllt  in  den  Juni  1314, 
von  dem  Interdict  Lucca's  kann  aber  doch  erst  gesprochen  werden  unter  der 
April  1316  beginnenden  Herrschaft  Castruccio's ;  bekannt  ist  nur  eine  Verdam- 
mungsbulle v.  SO.  lY.  1825,  womit  allerdings  nicht  ausgeschlossen  ist,  dass  nicht 
auch  schon  früher  Processe  stattgefunden  haben  (vgl.  darüber  Wenck:  üeber 
päpstliche  Schatzverzeichnisse.  Mittheil.  VI.  274).  Da  nach  dep  von  Delisle  mit> 
getheilten  Note  der  Codex  i.  J.  1887  vom  Notar  Thomas  Petra  gekauft  wurde, 
lässt  sich  also  seine  Hei-stellimg  Jxiren :  circa  1365— 1S87.  •)  Dire  Rubricae 
hat  DeHsle  a.  a.  0.   mitgetheilt.  ■)  Eine  Numerirung  der  Briefe  ist  nicht 

durchgeführt;  wol  aber  eine  alte  Foliirung  der  BlAtter. 


ROmiBclie  Studien  m.  77 

das8  ep.  1  dessen  ersten  Brief  entspricht  und  ep.  206  mit  DP  313 
DV  347  correspondiri;^).  Diese  Briefe  fallen  dort  inmitten  der  Gruppe 
A  VIII  de  unione  Grecorum  (DP  271—323.  DV  307—356),  und  es 
sind  jene  orientalischen  Varia,  welche  DV  vor  derselben  unter  n^  267 — 
306  bringt,  beim  vorliegenden  Auszuge  unberücksichtigt  geblieben; 
er  ist  also  dem  gemeinsamen  Bestände  der  Dictamina  entnommen'). 
Vergebens  suchen  wir  nach  einem  Gesichtspunkte,  der  etwa  bei  der 
Auswahl  der  Briefe  massgebend  gewesen  sein  könnte.  AUmähllg  ist 
die  Zahl  der  ausgelassenen  Briefe  am  Ende  der  6.  Lage,  nach  welcher 
wir  den  ersten  Ausfall  im  Codex  constatirt  haben,  auf  30  angewachsen 
(ep.  173  =r  DP  203);  zwischen  dem  ersten  Briefe  der  7.  Lage  (174) 
und  dem  correspondirenden  in  DP  (238)  erscheint  dann  plötzlich  eine 
Differenz  Yon  64,  worauf  sie  stettig  bis  ep.  202  auf  74  anschwillt, 
dann  aber  bei  den  letzten  Briefen  rasch  und  sprungweise  bis  zum 
letzten  ep.  206  die  Höhe  yon  107  erreicht  Eine  Berechnung  nach 
obigem  Verhältnisse  ergibt  nun,  vorausgesetzt  dass  wir  auch  da  den 
Schreiber  unseres  Codex  das  gleiche  Verfahren  gegenüber  seiner  Vor- 
lage einschlagen  lassen,  die  Wahrscheinlichkeit  des  Ausfalls  eines 
Quintemio.  Der  Schluss  der  Berardusbriefe  fallt,  wie  wir  sahen, 
mitten  in  A  VIII ;  es  fehlen  also  von  dem  ersten  Theile  der  Dictamina 
deren  letzte  (10)  Briefe  uD^d  Gr.  A  IX.  Es  hat  nun  wirklich  den 
Anschein,  als  ob  nach  Lage  8  der  Bestand  der  Berardusbriefe  noch 
weiter  gegangen  wäre  und  Delisle  nimmt  in  der  That  auch  zwischen 
L  8  und  9  den  Ausfall  yon  Blättern  an.  Nichts  würde  uns  dann 
hiudem,  den  Auszug  auch  auf  den  2.  Theil  der  Dictamina  ursprüng- 
lich ausgedehnt  zu  denken.  Der  Anhaltspunkt  f&r  Delisle  ist  der 
Umstand,  dass  ep.  206  unvollständig  (bis  etwa  iu  seine  Mitte)  auf 
foL  92  (dem  letzten  Blatte  der  8.  Lage)  auftritt.  Aber  er  ist  doch  zu 
einem  Torläufigen  Abschlüsse  dadurch  gebracht,  dass  nach  Schluss  des 
Linienschemas,  welches  trotz  der  sonstigen  Flüchtigkeit  des  Schreibers 
strenge  eingehalten  ist,  die  zwei  letzten  Worte  des  eben  laufenden 
Satzes  unter  der  letzten  Zeile  angebracht  sind,  und  es  ist  hiebei  sicher 
nicht  an  einen  Beclamant^n  für  die  folgende  Lage  zu  denken,  da  sich 


I)  Die  Reihenfolge  der  Briefe,  so  wie  sie  im  DP  auftreten,  hat  bereit« 
Delisle  mitgetheilt ;  es  ist  hiebei  nur  zu  bemerken,  dass  auch  epp.  116  und  244 
aufgenommen  sind,  und  dass  bei  den  ersten  IS  Briefen,  die  Delisle  mit  P  1— 14 
correspondiren  lässt,  eine  Störung  in  der  Aufeinanderfolge  der  beiderseitigen 
Btiefe  auftritt,  indem  P  7  und  10  erst  nach  P  8.  9.  12  von  unserm  Codex  ge- 
bracht werden.  ')  Die  Lücke  zwischen  L.  6  und  7  kommt  hiebei  nicht  in 
Betracht,  denn  sie  BUi  auf  Briefe,  die  mit  den  vorhergehenden  Gruppen  A  Y 
und  III  correspondiren. 


78  Kaltenbrunner. 

solche  sonst  niemals  im  Codex  finden,  and  auch  die  Stellung  der  beiden 
Worte  eine  ganz  ungewöhnliche  fßr  einen  solchen  wäre.  Dazu  kommt, 
dass  wir  den  Schreiber  bei  den  letzten  Briefen  viel  mehr  Stücke  seiner 
Vorlage  überspringen  sehen  als  sonst,  was  also  auch  darauf  hindeutet, 
dass  er  zum  Schlüsse  eilt^).  Für  die  Annahme  nun,  dass  der  Schreiber, 
genöthigt  durch  Mangel  an  Raum  oder  Zeit,  durch  die  eben  geschil- 
derte '  Massregel  einen  Abschluss  beabsichtigt  hat,  dass  also  kein 
Ausfall  anzunehmen  sei,  spricht  noch  ein  weiterer  sehr  gewichtiger 
umstand:  Zu  Beginn  der  Gr.  YIII  (fol.  SO')  steht  im  Bubrum  «Incipit 
negotium  de  reconciliatione  Greconmi^')  und  dem  ist  von  derselben 
Hand  am  Bande  beigesetzt:  ,et  durat  per  XX  folia*.  Da  Lage  8  auf 
fol.  92  endet,  müssten  wir  also  noch  7  Blätter  mit  der  Gr.  Vm  be- 
schrieben annehmen ;  nach  den  sonstigen  Baum  Verhältnissen  des  Codex 
würden  nun  etwa  17  Briefe  auf  denselben  zu  stehen  kommen,  während 
doch  nur  mehr  10  von  Gr.  VIII  zu  erledigen  gewesen  wären.  Freilich 
könnte  man  daran  denken,  dass  dem  Schreiber  unseres  Codex  nach 
Gr.  VIII  orientalische  Varia,  wie  sie  DV  vor  derselben  bringt,  vorge- 
legen hätten ;  das  wird  aber  gerade  durch  die  auf  L.  9  stehenden 
Varia  widerlegt  Die  ersten  7  Stücke  derselben  sind  nämlich  Orien- 
talia  und  enden  auf  fol.  100,  bis  wohin  gerade  jene  20  Blätter  des 
Vermerkes  von  fol.  SO'  an  laufen;  es  unterliegt  also  wol  keinem 
Zweifel,  dass  sich  auf  diese  derselbe  bezieht,  und  damit  stellt  sich  die 
Lage  9  in  die  ursprüngliche  Anlage  des  Codex  ein,  was  auch  schon 
dadurch  zu  Tage  tritt,  dass  sich  bei  ihr  kein  Wechsel  des  Schreibers 
wahrnehmen  lässt 

Diese  Varia  haben  aber  auch  noch  andere  Berührungspunkte  mit 
der  Berardussammlung;  mehrere  ihrer  Briefe  nämlich  lassen  sich 
dadurch,  dass  sie  in  andern  Bedactionen  derselben  stehen,  mit  Sicher- 
heit als  Dictate  des  Berardus  erweisen;  so  ep. .8,  der  Clemens  IV. 
P.  20205  ist^),  sowie  n<>  11  und  12^),  welche  zusammen  mit  dem 
letzten  Briefe  des  Codex  weitere  Bedeutung  dadurch  erhalten,  dass  sie 
die  Encyclicae  Innocenz  V.  Johann  XXI.  und  Alexander  IV.  sind^), 


1)  Während  früher  durchaus  ein  stetiges  Zunehmen  der  Differenz  wahr- 
nehmbar ist,  stellt  sich  das  Ende  folgendermassen : 

DL:    200.  201.  202.  208.  204.  205.  206. 

DP:  274.  275.  276.  288.  803.  S12.  818. 
*)  Derselbe  Satz  steht  in  DP  an  derselben  Stelle  als  Randnote.  *)  Er  findet 
sich  in  den  »Epistolae  notabiles*  yor;  die  individuellen  Beziehungen  sind  aber 
alle  getilgt.  Aus  demselben  Grunde  vermag  ich  n°  9  nicht  zu  fisiren.  ^)  £p.  1 1 
steht  im  Cod.  Paris.  8567  und  ep.  12  in  der  vaticanischen  Handschrift  der 
Epistolae  Notabiles.      »)  P.  21102.  P.  21159.  60.  P.  15596—99;  keiner  der  Briefe 


Römische  Studien  m.  79 

und  dadurch  ergänzend  zu  den  Varia  des  DY  (epp.  506 — 517)  treten, 
welche  durchwegs  Encyclicae  (und  zwar  von  andern  Päpsten)  sind. 
Sowie  ihnen  dort  Wahlanzeigen  vorangehen,  so  steht  auch  hier  yor 
ihnen  unter  n^  10  das  Glückwunschschreiben  eines  Notars  zur  Pro- 
motio  eines  Papstes  ^).  Auch  bei  den  schon  erwähnten  Orientalia 
besteht  ein  Berührungspunkt  mit  den  "Varia  der  Dictamina;  n^  1  ist 
nämhch  jene  Instructio  fidei  catholicae  Alexander  III.,  die  wir  in- 
mitten der  orientalischen  Varia  des  DV  vorgefunden  haben.  Die 
andern  hieher  gehörigen  Briefe  n^  2 — 7  bezwecken  theilweise  die 
Bekehrung  der  Tartaren  (2 — 4),  theilweise  sind  sie  nach  Constantinopel 
gerichtet^  und  diese  letzteren  fallen  nicht  viel  früher  als  die  Abfassung 
des  Codex,  selbst,  wie  die  von  Delisle  mitgetheilte  Note  zu  ep.  5  über 
Johann  (V.)  d.  Paläologen  lehrt.  Der  früher  geschilderte  Anschluss, 
den  diese  sicher  dem  Berardus  nicht  angehörigen  orientalischen  Briefe 
an  die  von  ihm  concipirten  in  der  Handschrift  aufweisen,  bestätigt 
also  den  Satz,  den  wir  schon  bei  DV  ausgesprochen  haben^  dass  an- 
knüpfend an  Berardusbriefe  die  Dictamina  andere  Briefe  verwandten 
Inhaltes  bringen. 

Wenden  wir  uns  nun  wieder  zum  Hauptbestande,  so  stellt  sich 
derselbe  als  Auszug  der  Dictamina  auch  dadurch  hin,  dass  er  so  wenig 
wie  die  beiden  andern  Handschriften  derselben  eine  Gliederung  der 
Briefe  nach  den  einzelnen  Gruppen  der  correspondirenden  A-Briefe 
durchgeführt  hat^),  dass  der  Wortlaut  seiner  Bubricae  mit  dem  jener 
ubereinstinmit,  und  dass  die  Behandlung  der  individuellen  Beziehungen 
der  Briefe  in  ihm  ebenso  nachlässig  wie  in  jenen  und  zugleich  analog 
mit  ihnen  isi  Der  Umstand,  dass  sein  ep.  196  einer  jener  Briefe 
ist,  die  DP  gegenüber  DV  allein  hat  (DP  ep.  270),  schliesst  die  directe 
Abhängigkeit  vom  Vaticanus  aus ;  ein  derartiger  Grund  entfallt  gegen- 
über dem  Parisiensis,  und  ein  weiterer  sehr  gewichtiger  Umstand  hat 
denn  auch  Delisle  bewogen,  denselben  als  Vorlage  zu  erklären.  Zu 
ep.  204  und  205   finden  sich  nämlich  gleichzeitig  die  Nummern  303 

und  312   beigeschrieben,   und   diese   sind   die   der  correspondirenden 

,  ■  < 

bat  hier  einen  Adressaten.  Bei  dem  letzten,  der  fast  unlesbar  ist,  sichert  das 
Indpit  sowie  die  noch  zu  entziffernden  Worte  ,fel.  reo.  .  .  .  pp.  .  .  .  predec. 
nr.  VIII.  id.  Decembr.  apud  Neapolim  per  .  .  .  evadente  .  .  .*  die  Identität. 

1)  Es  lässt  sich  nicht  ermitteln,  ob  der  Schreiber  dieses  Briefes  Berardus 
ii>t ;  ein  derartiger  Glückwunsch  desselben  an  Gregor  X.  findet  sich  in  seiner 
Sammlung  Yor.  ')  Am  Rande  der  Blätter  finden  sich  aber  häufig  Ausdrücke, 
welche  den  Inhalt  der  eben  laufenden  Briefe  schlagwortartig  fixiren;  so  »de 
imperio*,  »de  Terra  Sancta*,  »de  Grecis*  bei  den  Briefen,  die  mit  solchen  aus 
A  U.  VIL  Yül  correspondiren,  und  von  fol.  72  bis  80  steht  auf  jedem  Blatte 
»de  pace*,  welchen  Titel  wir  der  hier  laufenden  Gruppe  A  III  gegeben  haben. 


80  Kaltenbrunner. 

Briefe  in  DP.  Dennoch  macht  eine  nähere  Yergleichung  der  Texte 
diese  Annahme  unhaltbar  und  stellt  den  Codex  unabhängig  von  ihm ; 
ep.  82  hat  nämlich  eine  vollkommen  ausgeschriebene  Datirung,  während 
dieselbe  im  correspondirenden  Briefe  DP  85  (und  auch  DV  86)  gänz- 
lich fehlt;  auch  bei  den  Adressanten  begegnen  wir  zweimal  ,Idem*- 
Briefen  (99  und  116)  vorgesetzt,  wo  dasselbe  in  den  beiden  andern 
Handschriften  fehlt,  und  es  ist  dieser  an  sich  geringfügige  Umstand 
deshalb  heranzuziehen,  weil  sonst  der  Codex  vollkommene  Ueberein- 
stimmung  in  der  Behandlungsweise  des  Protokolls  mit  DP  und  DY 
aufweist,  und  durch  mechanische  Nachschreibung  seiner  Vorlage  ge- 
radezu Fehler  begeht^).  Können  wir  also  den  vorliegenden  Auszug 
nicht  aus  DP  entnommen  ansehen,  so  müssen  wii  doch  im  Hinblick 
auf  jene  beiden  Nummern  ihm  dieselbe  Vorlage  zuweisen  wie  jenem 
selbst,  und  da  wir  auch  DV  mit  DP  auf  dieselbe  Quelle  zurückgeführt 
haben,  so  sind  wir  wol  berechtigt,  einen  Archetypus  der  Dictamina 
anzunehmen,  von  dem  Paris.  4043  ein  Auszug,  DP  und  DV  Ab- 
schriften sind. 

Dieser  Archetypus  bestand  aus  zwei  Theilen,  von  denen  der  erste 
jener  nach  Materien  vorgenommenen  Zusammensiellung  zu  Grunde 
lag,  von  welcher  auch  der  gemeinsame  Bestand  von  A  und  B  abge- 
leitet wurde,  der  zweite  aus  einer  nach  Pontificaten  von  ürban  IV. 
bis  Nicolaus  III.  geordneten  Briefreihe  schöpfte,  aus  welcher  auch 
jene  3  vor  Martin  IV.  liegenden  Briefgruppen,  die  B  unabhängig  von 
A  hat,  zusammengestellt  worden  waren.  Er  umfEksste  im  ersten  Theile 
etwa  339,  im  zweiten  etwa  61  Briefe').  Das  Verhältniss  des  zweiten 
Theils  zu  jenen  3  Gruppen  wurde  schon  dahin  charakterisirt,  dass  an 
eine  Entlehnung  beiderseits  nicht  gedacht  werden  kann;  wol  aber 
steht  zunächst  nichts  im  Wege,  den  ersten  Theil  als  von  A  oder  B 
abgeleitet  anzunehmen.  Der  Umstand,  dass  er  weder  mit  A  noch  mit 
B  in  der  Aufeinanderfolge  der  Gruppen  übereinstimmt,  ferner  dass  er 
einzelne  derselben  nicht  vollständig,  sondern  nur  fragmentarisch  bringt, 


0  £p.  128  hat  nämlich  in  Anschluss  an  DP  148  DV  147  die  Adresse  »Eidem*; 
in  ihnen  bezieht  sich  dies  auf  den  König  von  England,  an  den  der  vorhergehende 
mit  der  Adresse  selbst  versehene  Brief  DP  147  DV  146  gerichtet  ist;  indem  nun 
unser  Codex  diesen  Brief  weglässt,  bezieht  sich  sein  »£idem<  auf  den  König  von 
I'rankreich,  an  den  sein  ep.  127  (=r  DP  145  DV  144)  adressirt  ist.  Nichts 
destoweniger  aber  Bteht  im  Bubrum  Übereinstimmend  mit  den  beiden  andern 
Handschriften  »Hortatur  regem  Anglie*  etc.  ')  Bestimmte  Zahlen  lajssen  sich 
deshalb  nicht  angeben,  weil  bei  manchen  Briefen  verschiedene  Auffoasung  bei 
der  Numerirung  sich  geltend  machen  konnte;  nur  bis  ep.  812  können  wir  aus 
dem  DP  dieselbe  sicher  reconstruiren,  da  sie  bis  dahin  mit  seiner  übereinstimmt, 
wie  wir  aus  dem  Paris.  404S  sahen. 


Römische  Studien  III.  81 

braucht  gar  nicht  au&ufallen ;  die  Oruppen  können  ja,  wie  wir  sahen, 
in  jeder  der  beiden  Handschriften  früher  andere  aneinander  gereiht 
gewesen  sein,  und  das  fragmentarische  Auftreten  einzelner  Gruppen  ist 
doch  immer  so,  dass  geschlossene  Briefreihen  Aufnahme  gefunden  und 
eben  solche  weggelassen  sind,  oder  wir  begegnen  der  Auslassung 
einzelner  Briefe,  die  auf  Fehler  des  Schreibers  im  Archetypus  zurück- 
geführt werden  konnte.  Derselbe  muss  die  Datirung  sehr  wenig 
berücksichtigt  haben  (wir  können  nur  3  Formeln  sicher  in  ihm  er- 
weisen) und  muss  auf  die  Fixirung  der  Adressanten  wenig  Gewicht 
gelegt  haben,  ja  die  Bezeichnungen  derselben  müssen  in  ihm,  wie  die 
vielen  gemeinsamen  und  sinnlosen  Setzungen  in  seinen  Abschriften 
lehren,  auf  mechanische  Nachbildung  der  Vorlage  und  nicht  auf 
Ordnungssinn  zurückgeführt  werden.  Eine  Vergleichung  dieser  rudi- 
mentären Setzungen  mit  A  und  B  ergibt  nun  nichts,  was  die  Ableitung 
von  einer  derselben  ausschliessen  würde.  Aber  entschieden  spricht 
dag^en  die  verschiedene  Form,  in  der  sich  Gr.  I  von  A  und  B  in 
den  Dictamina  findet;  diese  Verschiebungen  können  wir  kaum  dem 
Abschreiber  einer  auf  Lagen  wolgeordnet  niedergeschriebenen  Brief- 
reihe zumuthen,  sicher  aber  einem  solchen,  der  übereinandergelegte 
Schedae  vor  sich  hatte.  Diese  konnte  er  entweder  selbst  während  der 
Arbeit  in  Unordnung  bringen,  oder  sie  konnten  ihm  schon  nach  er- 
Uttener  Störung  in  der  uns  nun  in  den  Dictamina  entgegentretenden 
Beihe  zur  Verfügung  gestellt  worden  sein ;  denn  dass  dieselbe  in  ihm 
gestört  ist,  sahen  wir  daraus,  dass  die  Aufeinanderfolge  der  Pontificate, 
die  sonst  eine  der  in  den  Gruppen  zu  Tage  tretenden  Begeln  ist,  im 
Gegensatze  zu  A  und  B  durchbrochen  wird.  Aus  den  Vorschreibungen, 
die  der  Zusammensteller  von  A  an  den  Schedae  selbst  machte  (und 
die  auch  schon  B  benützt  hatte),  sind  in  Folge  mechanischer  Nach- 
bildung vom  Schreiber  des  Archetypus  einzelne  herübergenonmien 
worden,  denn  dass  die  Adressantenformeln  der  Vorlage  entnommen 
sind  und  dass  diese  mit  A  oder  B  im  Zusammenhang  steht,  lehrt  der 
Umstand,  dass  in  Th.  II,  der  ausserhalb  der  Verbindung  mit  jenen 
steht,  kein  einziger  Verweis  mit  „  Idem  *  sich  vorfindet,  und  im  ganzen 
überhaupt  nur  7  Setzungen  von  Adressanten  (darunter  4  überflüssige) 
in  DP  und  DV  gemeinsam  auftreten.  Als  das  eigene  Werk  des  An- 
fertigers  des  Archetypus  aber  wird  eventuell  die  Auswahl  der  Gruppen 
sowie  die  Ausscheidung  einzelner  Theile  derselben  bezeichnet  werden 
können;  sicher  aber  ist  ein  solches  die  Abfassung  der  Bubricae  für 
die  Briefe,  welche  durchaus  anderen  Wortlaut  haben  als  die  in  A  und 
B  auftretenden.  —  Durch  die  Vorlage  der  Schedae  selbst  erklären 
sich   auch  vielleicht   am   einfachsten   die   Wiederholungen  von   ep.  1 

Mittheflfiiicen  VII.  6 


82  Ealtenbrunner. 

und  3  unter  n^  17  und  19  in  DV  und  von  ep.  335  unter  n^  378  in 
DF:  bei  der  mechanisclien  Nachbildung,  die  namenÜicb  ersteren 
charakterisirt,  liegt  es  nahe,  diese  Wiederholungen  schon  in  der  Vor- 
lage anzunehmen;  dort  konnten  sie  aber  getilgt  gewesen  sein,  was 
einmal  von  der  einen,  einmal  von  der  andern  Abschrift  ausser  Acht 
gelassen  worden  ist^). 

Lassen  wir  also  den  ersten  Theil  des  Archetypus  in  der  Kanzlei 
selbst  aus  den  Schedae  des  Berardus  zusammengestellt  sein,  so  ver- 
steht es  sich  wol  von  selbst,  dass  auch  der  zweite  daselbst  entstanden 
sei,  und  direct  wird  dies  auch  verbürgt  dadurch,  dass  dieselbe  nach 
Fontificaten  geordnete  Briefreihe  auch  dem  in  der  Kanzlei  entstan- 
denen B  zur  Verfügung  stand,  und  femer  dadurch,  dass  der  Tenor 
der  Bubricae  derselbe  ist  wie  im  ersten  Theile.  Indem  der  Archetypus 
nun  in  der  Kanzlei  verblieb'),  und  indem  er  speciell  als  Formelbuch 
in  ihr  in  Verwendung  stand,  ist  es  sehr  gut  denkbar,  dass  in  ihn 
andere  Dictate  eingelegt  worden  seien,  die  zum  Theil  auch  von  Berardus 
herrührten,  zum  Theil  aber  vor  und  nach  seiner  Thätigkeit  fielen 
Dieselben  mögen  einerseits  auf  einzelnen  Schedae  geschrieben,  anderer- 
seits nach  gewissen  Gesichtspunkten  schon  in  Gruppen  zusammenge- 
stellt gewesen  sei.  Indem  sie  ein  flüssiges  Element  im  Codex  bildeten, 
erklärt  es  sich,  dass  sie  in  ganz  ve.  schiedenem  ümfiEuige  von  den 
Abschriften  des  Codex  aufgenommen  wurden,  und  dass  sie  sich  in 
ihnen  in  verschiedenem  Zusammenhange  mit  dien  beiden  Haupttheilen 
und  trotzdem  in  continuo  mit  ihnen  geschrieben  darstellen.  Wenigstens 
bei  den  einzelnen  Schedae  und  den  kleineren  Gruppen  werden  wir 
ihre  Einschiebung  mitten  im  Codex,  dort  wo  sie  jetzt  inhaltlich  Zu- 
sammenhang mit  Berardusbriefen  aufweisend  zu  stehen  kommen,  von 

*)  Jedenfalls  waren  aber  die  beiden  Wiederholungen  in  Tb.  I  nicht  in  die 
Numerirung  einbezogen;  dies  lehrt  die  Uebereinstimmung  derselben  in  den 
Paiiserhandschrifben,  resp.  die  zwischen  DP  und  der  Vorlage  des  DL,  welche 
wir  bei  dessen  epp.  204  und  205  constatirt  haben.  *)  Wahrscheinlich  ist 
in  folgender  Angabe  eines  Inventars  der  päpstl.  Bibliothek  in  Avignon  v.  J.  1369 
der  Archetypus  gemeint:  »in  studio  domini  Camerarii  sub  custodia  domini 
(t.  Alberti*  unter  anderm:  »Dictamina  magistri  Berardi  de  Neapoli  de  littera 
curiali,  cooperta  postibus  sive  pelle,  que  incipiunt  in  secundo  folio  fratris  et 
finiunt  in  penultimo  folio  a  tota*.  —  DV  vielleicht  ist  schon  gemeint  in  der 
Angabe  des  »Inventaxium  scripturarum  quae  sunt  in  Bibliotheca  secreta  Vaticana 
c.  1678  (Cod.  Corsin.  671.  fol.  8S):  In  capsa  de  cjpresso  quarta:  »Formulariom 
in  pergameno  Magistri  Bernardi  de  Neapoli*.  Ob  in  der  Angabe  des  Bibliothek- 
verzeichnisses  von  Peruggia  v.  J.  1811  (Wenck,  Ueber  päpstl.  Schatzverzeichnisse 
a.  a.  0.  16)  ,Item  unum  formularium  de  litteris  curie  Romane  scriptum  de  nota 
subtili«  überhaupt  eine  Berardushandachrift  gemeint  ist,  muss  dahin  gestellt 
bleiben. 


Römische  Studien  HL  80 

Anfang  an  vermuthen  können;  andere  grössere  werden  wir  zu  An- 
fang oder  Schlass  liegend  denken.  Von  diesem  Portleben  des  Codex 
haben  wir  sichere  Beweise  unter  Nicolaus  IV.,  Boniüäz  VIIL,  Clemens  V. 
und  endlich,  wie  die  Varia  des  DL  lehren,  auch  noch  aus  der 
zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts.  Zum  Theil  allerdings  mag  solche 
Varia  auch  die  Individualität  des  Abschreihers  verursacht  haben;  so 
wenn  wir  im  Vaticanus  speciell  eine  Gruppe  von  Briefen  über  Bologna 
antreffen  und  zwar  in  Verbindung  mit  anderen,  die  wir  sicher  als 
Beilagen  des  Archetypus  ansehen  mfissen^);  da  brauchen  wir  wahr- 
lieh nicht  zu  denken,  dass  der  Codex  in  Bologna  entstanden  sei,  sondern 
ein  sich  für  Bologna  interessirender  Notar  konnte  in  das  von  ihm 
angefertigte  resp.  von  ihm  erworbene  Formelbuch  diese  Gruppe  aus 
Schedae  der  Kanzlei  zusammengestellt  haben*).  Die  Dictamina  mögen 
mehrfach,  sei  es  nach  dem  Archetypus,  sei  es  nach  den  uns  bekannten 
Abschriften  vervielföltigt  worden  sein.  Das  letztere  ist  der  Fall  bei 
Cod.  Paris,  lat.  8581,  den  Delisle  p.  92  als  eine  Copie  des  DP  erweist. 
Auch  am  Staatsarchiv  zu  Genua  scheint  sich  eine  Handschrift  der- 
selben zu  finden,  wenigstens  schliesse  ich  aus  den  Angaben,  die  Pflugk- 
Harttung  (Iter  Ital.  II.  29)  von  derselben  gibt,  auf  diese  Bedaction^). 

3.  Die  Epittolae  Notabiles. 

Wenn  wir  bei  den  bisher  betrachteten  Bedactionen  der  Sammlung 
in  überwiegender  Weise  das  Streben  wahrnehmen  konnten,  die  Briefe 
nach  Materien  geordnet  zu  geben,  so  zeigen  im  Gegensatze  hiezu  die 
nun  zu  besprechenden  Handschriften  dasselbe  nicht,  sondern  sie  be- 
gnügen sich,  die  Briefe  nach  chronologisch  aufeinanderfolgenden  Pon- 
tificaten  aneinander  zu  reihen,  innerhalb  welcher  zunächst  sich  keinerlei 
weitere  Gliederung  bemerkbar  macht  Delisle,  welcher  eine  dieser 
Handschriften  in  den  Bereich  seiner  Untersuchung  gezogen  hat,  be- 
nennt sie  ihjem  Incipit  und  Explicit  folgend  mit  ,,Epistolae  Notabiles', 
nnd  ich  wüsste  daflür   keinen   besseren  Titel  an  die  Stelle  zu  setzen. 


*)  Die  Briefe  stehen  nämlich,  wie  wir  sahen,  nicht  am  Schlüsse  des  DY, 
sondern  es  folgen  ihnen  noch  die  Wahlakten  nnd  Encydicae,  die  also  sicher  auf 
Kanzleischedae  zurQckgefUhrt  werden  müssen,  wie  dies  auch  das  Vorkommen 
von  solchen  im  DL  lehrt.  •)  Die  Bolognesergruppe  gehört  zum  Nachtrage, 
der  zusammen  mit  den  Wahlanzeigen  und  Encyclicae  auf  eigenem  Quatemio  von 
einem  anderen  Schreiber  in  DV  angefertigt  ist.  *)  Die  Handschrift  bringt  die 
Briefe  »ohne  Namen  der  Päpste  und  ohne  Datirung*  und  hat  einen  Appendix 
saec.  XrV.  —  Pertz  Archiv  V.  448  erwähnt  eines  zweiten  »Exemplars*  des  Cod. 
Vaüc.  8977  auf  der  Vaticanischen  Bibliothek;  dasselbe  ist  mir  nicht  zu  Gesichte 
gekommen  und  ich  vermuthe,  dass  Pertz  die  Yaticanische  Handschrift  der'Epistolae 
Notabiles  (Cod.  Vatic.  67 S 5)  bei  der  Notiz  im  Auge  hatte. 


84  Ealtenbrunner. 

Sind  sie,  wie  wir  sehen  werden,  einer  sehr  umfangreichen  gemein- 
samen Quelle  entsprossen,  so  bringt  eben  dieser  Titel  sowol  bei  der 
ihn  aufweisenden  Handschrift  als  auch  bei  den  andern  die  subjective 
Anschauung  ihrer  Zusammenst-eller  zum  Ausdruck;  indem  diese  ans 
den  Dictaten  des  Berardus  die  beachtenswerthen  geben  wollen,  lassen 
sie  sich  weniger  als  die  Bedacteure  von  A  und  B  von  historischem 
Sinne  leiten,  sie  drücken  aber  auch  weniger,  als  die  Dictamina  es  thun, 
die  Yon  ihnen  ausgewählten  Briefe  zur  Formel  herab,  sondern  bringen 
sie  in  den  meisten  Fällen  so,  wie  sie  ihnen  vorlagen;  sie  ffigen  also 
weder  auf  Ordnung  hinzielendes  Beiwerk  an,  noch  tilgen  sie  etwas 
an  ihrer  Quelle.  Ganz  rein  und  unyerwischt  wird  diese  Richtung 
dargestellt  durch 

Cod.  Paris,  lat  4311.  saec  XIV.  4».  (cf.  Delisle  p.  95)  =-  NP. 
Derselbe  ist  eine  plaumässig  und  einheitlich  angelegte  Handschrift 
von  198  Blättern^),  die  sich  in  24  Quatemionen  und  eine  Schlusslage 
von  6  Blättern  gliedern.  Ein  Schreiber  hat  gleichmässig  von  Anfang 
bis  zu  Ende  daran  gearbeitet,  und  er  hat  sich  den  schliesslich  noch 
nöthigen  Baum  sehr  gut  berechnet,  denn  er  kommt  mit  dem  letzten 
Briefe  5  Zeilen  vor  Schluss  der  B.ectoseite  des  letzten  Blattes  zu  Ende, 
worauf  er  den  noch  übrigen  Baum  säuberlich  mit  dem  Explicit  aus- 
füllt^). Yon  Anfang  bis  zu  Ende  sind  die  Briefanfauge  mit  abwechselnd 
rothblauen  und  blaurothen  Initialen  markirt,  und  einen  weiteren 
Schmuck  bilden  zahlreiche  zum  Theil  recht  humoristische  Feder- 
zeichnungen am  Bande;  insoferne  aber  ist  der  Codex  unvollendet 
geblieben,  als  Bubricae  nur  bis  ep.  1  gesetzt,  und  nur  bis  ep.  15  am 
Bande  vorgeschrieben  sind,  während  Baum  fQr  sie  vor  den  einzelnen 
Briefen  bis  zum  Ende  gelassen  ist.  —  Die  272  Briefe')  sind  in 
continuo  geschrieben  derart,  dass  sich  weder  Wechsel  der  Tinte  und 
der  Schriffczüge,  noch  eine  Scheidung  derselben  nach  Lagen  bemerkbar 
macht;  auch  das  Eintreten  in  einen  neuen  Pontificat  ist  auf  keinerlei 
Weise   äusserlich  gekennzeichnet    Die  Gliederung  nach  Pontificaten 


>)  Der  Codex  hat  jebst  199  Blätter;  fol.  1  aber  gehört  nicht  in  die  Ursprung- 
Ijche  Lage,  sondern  ist  Vorsteckblatt.  *)  »Explicit  ezpliciunt  (foL  2.  Incipit) 
epistolae  notabiles  compositae  aMagistro  Berardo  de  Neapoli  domini  pape  notario*. 
—  Auf  fol.  199f  das  leer  geblieben  ist,  wurde  später  die  Bittschrift  eines 
Magisters  der  Theologie  von  der  Pariser  Universität  um  eine  Pfründe  eingetragen, 
die  aber  keinerlei  Anhaltspunkte  zur  Bestimmung  der  Persönlichkeit  und  der 
Zeit  gibt.  *)  Die  aus  ganz  neuer  Zeit  stammende  Numerirung  zählt  271  J^won- 
mem;  nach  n°  192  ist  aber  eine  Störung  eingetreten,  indem  der  nächste  Brief 
mit  n®  195  bezeichnet  wird,  welche  Zahl  dann  aber  an  der  richtigen  Stelle  noch- 
mals gebracht  wird;  ich  bezeichne  den  fälschlich  ndt  ihr  versehenen  Brief 
als  192a. 


i 


Römische  Studien  IlL  85 

ist  ganz  strenge  eingehalten;  es  ist  aber  Tom  Schreiber  wenig  Vor- 
sorge getroffen,  dass  dies  dem  Benutzer  sofort  yor  Augen  trete,  denn 
nur  der  Beginn  der  Fontificate  Ton  Nicolaus  III.  und  Martin  lY.  (so- 
wie 2  Sedisvaeanzen)  sind  durch  eine  Adressantenformel  angezeigt; 
in  den  andern  Fällen  sind  wir  zur  Fixirung  der  Uebergange  auf  den 
Inhalt  der  Briefe  oder  auf  die  Yergleichung  mit  den  Bestanden  anderer 
Bedactionen  angewiesen.  Auch  sonst  ist  die  Adressantenformel  arg 
Ternachlässigt;  nur  bei  21  Briefen  tritt  sie  auf,  so  dass  wir  die  bei 
A  und  B  auf  sie  bezügliche  Begel  als  hier  nicht  geltend  bezeichnen 
mQssen.  Dagegen  ist  die  Datirung  in  79  Fällen  gesetzt,  was  etwa 
dem  Verhältnisse  bei  A  und  B  entspricht,  und  jedenfalls  die  Bedaction 
als  im  Gegensatz  zu  den  Dictamina  stehend  erscheinen  lässt.  Die 
Briefe  gliedern  sich  folgendermassen : 

epp.  1 — 56  Urban  I V. ;  ep.  57  Sedisvacanz ;  epp.  58 — 70  Clemens  IV. ; 
epp.  71—144  Gregor  X.;  epp.  145—217  Nicolaus  III.;  epp.  218.  219 
Sedisvacanz;  epp.  220 — 272  Martin  IV.  Innerhalb  dieser  Beihen  sind 
epp.  15.26. 71. 188. 267  Priyatbriefe  des  Berardus.  Wir  finden  also  die- 
selbe Zeit  in  den  Briefen  vertreten  wie  in  A  und  B,  in  denen  auch  die 
Hauptmasse  nicht  über  Martin  IV.  hinausreicht  ^).  Im  Gegensatz  zu 
jenen  aber  lässt  die  Bedaction  die  zwischen  Gregor  X.  und  Nioolaus  III. 
fallenden  Fontificate  Innocenz  V.  und  Johann  XXI.  ausser  Acht  — 
Wie  schon  bemerkt  wurde,  ist  innerhalb  der  Fontificate  eine  Scheidung 
der  Briefe  nach  Materien  nicht  zu  erkennen,  womit  aber  nicht  aus- 
geschlossen ist,  dass  inhaltlich  enge  zusammengehörige  Briefe  nicht 
auch  räumlich  zusammenstehen;  aber  —  und  dies  dient  zur  Charak- 
teristik des  Gegensatzes  zu  A  und  B  —  die  derartig  gebildeten  kleinen 
Briefreihen  stellen  sich  nicht  in  grösseren  räumlich  verbundenen 
Gruppen  dar,  welche  wie  die  von  A  und  B  mit  einem  Gesammttitel 
bezeichnet  werden  könnten. 

Cod.  Vaticanus  lai  6735.  saec  XIV.  4o.  =  NV. 

Die  Handschrift  besitzt  212  Blätter,  die  28  Lagen  bilden,  und 
theilt  sich  ihrer  äusseren  und  inneren  Anlage  nach  in  vier  Theile: 
Der  erste  (jetzt  7  Blätter  zählende)  Quaternio  nämlich  enthält  Dinge, 
die  zum  Grosstheil  mit  unserer  Sammlung  gar  nichts  zu  thun  haben, 
die  aber  doch,  wie  wir  sehen  werden,  einige  Berührungspunkte  mit 
ihr  aufweisen ;  die  zweite  nur  aus  zwei  Blättern  bestehende  Lage  um- 
ükBst  sodann  einen  Index  für  eine  Gruppe  folgender  Berardusbriefe, 
und  erst  mit  der  dritten  auf  fol.  10  beginnenden  Lage  treten  wir  an 


I)  Wir  fimden  in  A-B  von  Honorius  IV.  nur  noch  Frocease,  in  B  anraerdem 
nur  noch  von  ihm  sicilische  Staatsurkimden  vor. 


86  EaltenbruniieT. 

die  Briefsanunluug  selbst  heran.  Von  da  ab  beginnt  eine  alte  Lagen- 
zählong,  deren  Yerfolgong  uns  lehrt,  dass  wir  von  Anfang  an  eine 
Zweitheilung  derselben  machen  müssen;  es  sind  nämlich  die  ersten  16 
derselben  (L.  8 — 18  des  Codex)  mit  fortlaufenden  Zahlen  versehen 
und  die  folgenden  10  wieder  mit  solchen,  und  zwar  ist  die  beider- 
seitige Bezeichnungsart  eine  verschiedene.  Diese  Scheidung  manifestirt 
sich  auch  durch  verschiedene  Hände  und  durch  andere  Beschaffenheit 
des  Pergaments  und  dadurch,  dass  nur  im  ersten  der  beiden  Theile 
ein  Bubricator  thätig  ist;  ja  sie  erstreckt  sich  auch,  wenn  man  so 
sagen  darf,  auf  ihre  Geschichte,  denn  die  zwei  Theile  sind  in  ganz 
verschiedener  Weise  glossirt  worden,  so  dass  es  also  den  Anschein 
hat,  als  seien  sie  erst  später  in  ihre  jetzige  Verbindung  gebracht 
worden.  Diese  Zweitheilung  vollzieht  sich  zwischen  foL  135  und  136, 
so  dass  also  Th.  I  gebildet  wird  aus  foL  10 — 135  mit  epp.  1 — 173, 
Th.  II  aus  foL  136—212  mit  epp.  174—366.  Es  ist  nöthig,  sie  ganz 
gesondert  zu  besprechen. 

Th.  I  besteht  mit  Ausnahme  von  L.  4  (L.  6  des  Codex),  die  ohne 
ersichtlicheii  Grund  ein  Ternio  ist,  durchaus  aus  Quatemionen  und 
ist  in  continuo  von  einem  Schreiber  (A)  angefertigt.  Zu  ihm  gehört 
der  voranstehende  Index  auf  foL  8.  9,  der  seine  ersten  172  Briefe 
verzeichnet;  er  selbst  hat  173  Briefnummem,  die  aber  187  Briefe 
repräsentiren^),  von  denen  der  letzte  am  Ende  des  letzten  Blattes 
mitten  im  letzten  Satze  vom  Schreiber  abgebrochen  und  dann  von 
cursiver  Hand  am  unteren  Bande  beendet  wird.  Er  ist  nicht  mehr 
in  die  bis  172  gehende  alte  Numerirung  der  Briefe  einbezogen  und 
da  er,  wie  wir  sahen,  auch  vom  Anleger  des  Index  ignorirt  wird, 
liegt  es  nahe,  gerade  diesem  auch  die  Numerirung  zuzuschreiben. 
Die  Briefe  entfallen  der  Reihe  nach  auf  folgende  Pontificate. 
epp.  1 — 42  ürban  IV.;  ep.  43  Sedisvacanz;  epp.  44 — 78  Clemens  IV.; 
epp.  79—138  Gregor  X.;  epp.  139.  140  Innocenz  V.;  epp.  141—148 
Johann  XXL;  epp.  149 — 153  Sedisvacanz;  epp.  154 — 173  Nicolaus  III. 
Unterbrochen  werden  die  Beihen  durch  die  Berardusbriefe  15. 81. 154. 165. 

Auch  hier  ist  die  Aufeinanderfolge  der  Pontificate  der  einzige 
Gesichtspunkt,  welcher  bei  der  Zusammenstellung  massgebend  gewesen 
sein  kann,  denn  auch  hier  macht  sich  keinerlei  Gliederung  der  Briefe 
nach  Materien  innerhalb  derselben  bemerkbar,  und  auch  die  Behand- 
lung der  Adressanten  und  der  Datirung  ist  eine  mit  NP  analoge  und 


I)  Einzelne  Briefe  sind  zum  Theil  aus  Nachlässigkeit  zum  Theil«  weil  sie 
enge  sich  an  die  vorhergehenden  anschliessen,  ohne  Nummern  gelassen;  es  ent- 
stehen dadurch  epp.  88t.  90».  91».  lOO.  UU.  148«.  159a.  159b.  159c.  169d.  161». 
162».   164*.   164b. 


Römische  Studien  III.  87 

«stellt  die  Sedaction  zusammen  mit  diesem  in  Gegensatz  zu  A  und  B 
einerseits,  zu  den  Dictamina  andererseits  ^).  Der  enge  Zusammenhang 
zwischen  NP  und  NV  tritt  aber  noch  mehr  zu  Tage,  wenn  wir  finden, 
dass  zahlreiche  Briefe  des  letzteren  in  derselben  Beihenfolge  sich  mit 
solchen  in  ersterem  decken  und  zwar  so,  dass  NY  1  und  172  cor- 
respondiren  mit  NP  1  und  217,  d.  i  mit  dem  letzten  hiebei  in  Be- 
tracht kommenden  Briefe.  Wie  schon  diese  gegenübergestellten  Nui^- 
mem  zeigen,  weist  NP  ein  bedeutendes  Plus  gegenüber  NV  auf,  aber 
umgekehrt  sind  durchaus  nicht  alle  Briefe  des  letzteren  in  jenem 
enthalten,  sondern  auch  er  hat  eine  grosse  Anzahl  selbständiger  Briefe, 
nämlich  epp.  46 — 51;  epp.  55 — 80;  epp.  111 — 154;  ep.  173.  Bei 
dieser  ZusammensteUung  muss  schon  aufiallen,  dass  diese  Briefe  in 
geschlossene  Gruppen  zusammengedrängt  auftreten,  und  dies  wird 
noch  auffallender,  wenn  wir  finden,  dass  ep.  55  am  üebergang  yon 
L.  5  auf  L.  6  zu  stehen  kommt,  und  dass  ep.  80  der  letzte  der  L.  8 
ist,  so  dass  also  alle  Briefe  von  L.  6 — 8  in  NP  fehlen ;  weiters,  dass 
ep.  111,  mit  dem  die  zweite  grosse  selbständige  Briefgruppe  in  NY 
beginnt,  der  erste  von  L.  11  ist;  worauf  erst  mit  dem  als  vorletzter 
Brief  Ton  L.  14  stehenden  ep.  155  der  Zusammenhang  wieder  eintritt 
Wir  können  also  geradezu  im  Bestände  von  NV  eine  Zweitheilung 
derart  machen,  dass  wir  Lagen,  deren  Briefe  durchwegs  mit  solchen 
in  NP  zusammenfallen,  gegenübersetzen  denen,  die  ganz  unabhängig 
von  ihm  ihren  Yorrath  stellen.  Zu  ersteren  gehören  L.  1 — 5  (ai^ 
welch'  letzterer  auch  schon  mit  epp.  46  —  51  der  Zusanmienhang 
unterbrochen  ist)  und  L.  9.  10.  15.  16;  zu  letzteren  L.  6 — 8  und 
11 — 13.  Nur  L.  14  beugt  sich  nicht  unter  diese  Theilung.  —  Die 
Briefci  welche  in  NP  selbständig  gegenüber  NY  stehen,  treten  nicht 
derart  gruppenweise  auf,  sondern  durchsetzen  entweder  ganz  verein- 
zeint oder  in  kleinen  Beihen  den  in  Betracht  kommenden  Bestand 
von  NY,  und  es  lässt  sieh  keinei^lei  Zusammenhang  zwischen  ihnen 
ond  der  Anlage  des  Codex  selbst  erkennen.  Dagegen  bemerken  wir, 
dass  die  Mehrheit  von  ihnen  in  inhaltlichem  und  zwar  zum  Theil 
sehr  engem  Zusammenhange  mit  den  Briefen  von  NY  stehen,  vor 
oder  nach  welchen  sie  sich  einschieben^). 


')  NY  vemachlfiadgt  die  Markirung  neu  eintretender  Pontificate  bei  Urban  lY. 
(ep.  1),  QemenB  lY.  (ep.  4i),  Ixmocexiz  V.  (ep.  189)  und  in  ep.  166  bei  der  durch 
denBerarduabiief  (165)  unterbrochenen  Reibe  der  Nicolausbriefe.  *)  In  anderem 
Zusammenhange  komme  icb  auf  diesen  Funkt  noch  zu  sprechen;  jetzt  mögen  eu 
seiner  Cbaracteristik  einige  Fälle  genügen:  Nach  P  19  =  Y  17,  der  einen 
Streit  des  Grafen  von  Blois  mit  dem  Capitel  von  CThartres  betri£Ft)  schieben  sich 
die   dasselbe  Thema  behandelnden   epp.  P  20—22  ein.    Nach  P  89  t=  V  80,   der 


88  Ealtenbrunner. 

Diese  Wahrnehmungen  führen  zur  Yermuthung,  dass  NP  in 
directer  Abhängigkeit  von  NV  in  der  Weise  stehe,  dass  ihm  eine 
Anzahl  von  Lagen  desselben  als  Vorlage  gedient  habe,  in  welche  er 
bei  der  Abschrift  einzelne  oder  in  kleine  Gruppen  zusammengestellte 
Briefe  aus  einer  anderen  Quelle  einschob^).  Aber  eine  Yergleicbung 
der  Texte  der  in  beiden  Handschriften  gemeinsam  stehenden  Briefe 
schliesst  diese  Annahme  TöUig  aus;  schon  die  Thatsache,  dass  die 
I.  e.  m.  Sätze  yon  NF  19  und  98  in  den  correspondirenden  Briefen 
NV  17  und  91^  fehlen,  kann  zur  Begründung  dieser  Behauptung  ge- 
nügen, ftir  welche  ich  mich  aber  weiters  auf  eine  Beihe  von  CoUationen 
berufen  kann,  die  zeigten,  dass  die  Texte  von  NP  entschieden  besser, 
in  vielen  Fällen  auch  vollständiger  seien  wie  die  von  NY,  welcher 
überhaupt  und  namentlich  in  den  Namensformen  greuliche  Verun- 
staltungen aufweist.  —  umgekehrt  ist  die  Annahme  an  sich  zulässig, 
dass  NV  dadurch  entstanden  sei,  dass  er  auf  einigen  seiner  Lagen 
eine  Auswahl  aus  dem  Bestände  von  NP  gemacht,  und  auf  den  übrigen 
eine  andere  Quelle  in  der  gleichen  oder  in  ähnlicher  Weise  ausgebeutet 
hätte').  Dem  widerspricht  aber  wieder  die  Textvergleichung  und  im 
speciellen,  dass  die  Datirungen,  welche  NV  in  epp.  43.  84.  157.  159 
aufweist,  in  den  correspondirenden  Briefen  NP  57.  76.  151.  153  fehlen. 
Als  vorläufiges  Besultat  dieser  Erwägungen  ergibt  sich  daher,  dass 
!KV  und  NP  in  gegenseitigem  Abhängigkeitsverhältniss  zu  einander 
nicht  stehen  können. 

Ein  wesentlicher  Unterschied  zwischen  NV  und  NP  liegt  darin, 
dass  ersterer  nicht  mehr  in  den  Pontificat  Martin  IV.  eingreift,  sondern 
mit  Nicolaus  UL  abschliesst.  Aber  es  sind  Anzeichen  vorhanden,  dass 
dieser  Unterschied  nur  ein  scheinbarer  sei,  und  in  der  ursprünglichen 
Anlage  von  NV  nicht  bestand.   Lässt  schon  das  Abbrechen  des  ep.  173 


an  Lucca  gerichtet  ist,  folgt  selbständig  in  P  hierauf  unter  ep.  40  der  Befehl 
an  den  Probst  v.  Mantua,  ep.  89  nach  Lucca  zu  überbringen.  Die  selbständigen 
epp.  P  214.  216  beziehen  sich  auf  den  Streit  des  französischen  Eönigspaares  mit 
dem  Biflchof  von  Bayonne  ebenso  wie  epp.  218.  215,  die  in  NV  als  epp.  170.  171 
stehen  u.  s.  f. 

0  Auch  L.  14  könnten  wir  mit  Berücksichtigung  des  Anlageplanes  ganz 
von  KP  ausgenützt  erklären,  denn  alle  ihre  Briefe  bis  zu  ep.  155,  mit  dem  der 
Zusammenhang  wieder  beginnt,  fallen  in  die  von  NP  ausser  Acht  gelassene  Zeit 
zwischen  Gregor  X.  und  Nicolaus  m.;  resp.  der  letzte  vor  ep.  155  stehende  ist 
ein  Brief  des  Berardus,  den  er  wahrscheinlich  in  der  Sedisvacanz  vor  Nicolaus  HI- 
geschrieben  hat.  *)  Bei  Beschreibung  von  L.  14  hätte  NY  zum  Grosstheil  noch 
die  andere  Quelle  vor  sich  gehabt  und  erst  bei  Angrifihahme  der  Briefe  Nioolaus  HI. 
dann  aber  sofort  NP  herangezogen,   denn  sein  erster  Nicolausbrief  ist  auch  der 


Römische  Stadien  III.  89 

auf  dem  normalmässigeu  Quatemio  die  Annahme  des  Verlustes  weiterer 
Lagen  zu^  so  wird  dieselbe  noch  näher  gerückt  durch  folgenden  Ver- 
merk auf  foL  10:  ^Iste  Über  continet  ducentas  Chartas  et  est  Quatarii 
Solmonensis*.  Da  derselbe  am  ersten  Blatte  yon  Th.  I  zu  stehen 
kommt,  und  da  die  Möglichkeit  vorhanden  ist,  dass  Th.  I  einst  ganz 
getrennt  yon  Th.  II  gewesen  sei,  so  ist  die  nächstliegende  Erklärung 
dieser  Notiz,  dass  entweder  nach  ep.  173  noch  27  Briefe  oder  nach 
foL  185  noch  74  Blätter  vorhanden  gewesen  seien  ^).  Es  stellen  sich 
aber  doch  auch  schwere  Bedenken  entgegen:  Sicher  gehört  es  nicht 
zu  den  characteristischen  Merkmalen  der  Epistqlae  Notabiles,  dass  sie 
sich  auf  eine  ganz  bestimmte  Beihe  von  Pontificaten  ausdehnen,  denn 
auch  NF  sahen  wir  (und  zwar  im  Gegensatze  zu  NV)  die  Fontificate 
lanocenz  V.  und  Johann  XXL  ignoriren ;  ebenso  kann  dies  NV  mit 
Martin  IV.  gethan  haben,  und  wirklich  thut  es  der  Codex  Vallicel- 
lianus,  den  wir  als  dritte  Bedaction  der  Epistolae  Notabiles  noch 
kennen  lernen  werden.  Femer  ist  es  nicht  recht  einzusehen,  woher 
denn  der  Schluss  von  ep.  173,  der  am  unteren  Bande  in  Cursive 
nachgetragen  ist,  genommen  sei,  wenn  schon  der  Verlust  der  denselben 
tragenden  nächsten  Lage  eingetreten  war;  es  scheint  mir  viel  wahr- 
scheinlicher, diese  Beendigung  von  anderer  Hand  dahin  zu  deuten, 
dass  der  Schreiber  trotz  guter  Baumbemessung  plötzlich  am  Ende  des 
ihm  zugewiesenen  Fergamentes  stand,  und  dass  dann  er  oder  sein 
Auftraggeber  den  noch  zu  erledigenden  Best  nachgetragen  und  damit 
den  Codex  zum  Abschluss  gebracht  hat  Freilich  ist,  wie  wir  sehen 
werden,  die  Deutung  des  Vermerkes  auf  den  jetzigen  Bestand  der 
Handschrift  nicht  möglich  ohne  eine  Erklärung,  die  sich  den  Vorwurf, 
gewaltsam  zu  sein,  gefallen  lassen  muss. 

Nicht  so  einheitlich  wie  Th.  I  tritt  uns  Th.  II  gegenüber,  denn 
er  nöthigt  uns,  3  Abtheilungen  zu  unterscheiden,  die  sich  sowol  in 
der  Beschaffenheit  der  Briefe,  als  auch  in  der  äusseren  Anlage  von 
einander  dadurch  abheben,  dass  sie  von  verschiedenen  Schreibern 
herrühren,  und  dass  an  ihrem  Schlüsse  leere  unbeschriebene  Bäume 
auftreten.  Andererseits  sichert  die  sie  umfassende  Lagenzählung  ihre 
Zusammengehörigkeit  Sie  stellen  sich  folgendermassen  dar: 
Abth.  1.  fol.  186—171.  (L.      I— IV).   Sehr.  B.  epp.  174—290. 

.      2.  fol.  172—199.   (L.V— Vm).   Sehr.  C.  epp.  291-337. 

,     3.  foL  200—212.  (L.    IX.  X.).  Sehr.  D.KF.G.epp.  338—866. 


t)  Der  Index  auf  fol.  s.  9  könnte  natürlioli  in  die  Rechnung  nicht  einbe- 
zogen werden,  da  er  ja  erst  nach  Eintritt  des  Verlustes  angelegt  sein  könnte; 
er  yerzeichnet  nämliek  auch  den  fragmentarischen  ep.  17S  nicht  mehr,  obwol 
für  diesen  und  für  weitere  Briefe  noch  Raum  vorhanden  wäre. 


90  Kaltenbrunner. 

Während  die  beiden  letzten  Abtheilangen  als  Varia  beseiclinet  werden 
müssen,  enthält  die  erste  nur  Berardusbriefe  und  zwar  ist  sie  ein 
Auszug  aus  den  Dictamina,  welcher  die  Bestände  der  Gruppen  I.  IL 
YII.  VI.  Y  Yon  A  umspannt.  Derselbe  umfasst  also  nicht,  wie  es  der 
von  Cod.  Paris.  4043  thut,  den  Grosstheil  von  Th.  I  der  Dictamina, 
sondern  er  bricht  mitten  in  demselben  ab,  und  es  ist  dieser  Abbruch 
ein  beabsichtigter;  an  den  Verlust  einer  weiteren  Lage  ist  nicht  zu 
denken,  denn  die  in  continuo  niedergeschriebenen  Briefe  enden  auf 
der  oberen  Hälfte  von  foL  171',  und  der  Best  der  Seite  ist  leer  ge- 
lassen. Der  letzte  Brief  entspricht  DP  193.  DV  190;  es  ersdieinen 
demgemäss  71  Nummern  des  DP  ausgelassen.  Ein  hiebei  obwaltendes 
Princip  lässt  sich  nicht  erkennen,  nur  das  eine  ist  wahrnehmbar,  dass 
Gr.  II  (de  negotiis  imperii)  und  Gr.  VII  (de  Terra  Sancta)  besonders 
im  Auszuge  berücksichtigt  sind.  Zur  Gharacteristik  ist  ferner  anzu- 
führen, dass  DP  11,  der  in  DV  fehlt,  aufgenommen  ist,  was  also  die 
Abhängigkeit  von  letzterem  ausschUessen  würde').  Aber  nach  aUem, 
was  wir  bei  den  andern  Handschriften  der  Dictamina  gefunden  haben, 
ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch  dieser  Auszug  aus  dem  Archetypus 
genommen  ist,  zumal  da  er  auch  einmal  (in  ep.  247)  die  selbständige 
Setzung  des  «Idem"  gegenüber  DP  aufweist,  während  er  sonst  in 
seinen  wenigen  Setzungen  die  gleiche  gedankenlose  eben  von  der 
Vorlage  stammende  Behandlung  der  Adressantenformel  zur  Schau 
trägt  ^).  Diese  Ableitung  vom  Archetypus  wird  nun  weiter  durch  die 
beiden  folgenden  Abtheilungen  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich 
gemacht,  indem  wir  das  Zustandekommen  derselben  einerseits  auf  die 
Eanzlei  zurückführen  müssen,  andererseits  ganz  die  gleichen  Wahr- 
nehmungen an  ihnen  machen  wie  bei  den  Varia  in  den  andern 
Handschriften  der  Dictamina. 

Abth.  2  (epp.  291 — 337),  die  in  continuo  von  Sehr.  C  gearbeitet 
ist,  enthält  durchwegs  Briefe  aus  der  Zeit  von  Avignon  und  zwar 
fallen  sie,  soweit  sie  sich  bestimmen  lassen,  in  die  Pontificate  Inno- 
cenz  VL  und  Urban  V.^)  AbtL  3  (epp.  338—366)  dagegen  enthält 
in   sich  Briefe,   welche   entschieden  in  engster  Verbindung  mit  der 


<)  Dass  der  Auszug  nicht  aus  Paris.  4048  genommen  sein  könne,  beweisen 
gleich  epp.  175,  177  =:  DP  12.  15,  die  dort  fehlen.  ')  Datining  kommt  in 
keinem  der  Briefe  und  auch  in  keinem  correspondirenden  Briefe  in  DP  und  DV 
vor.  *)  Es  finden  sich  darunter  Briefe  an  Karl  IV.,  an  die  eben  im  Kriege 
begriffenen  Könige  Johann  ron  Frankreich  und  Eduard  von  England,  an  Ludwig 
von  Ungarn,  an  den  Cardinallegaten  Tallyrand  in  Frankreich  u.  s.  f.  Alle  Briefe 
haben  den  Datumansatz  »Datum  Avinione*  oder  »Datum  ap.  Villam  novam«; 
n^  S29— 332  sind  »Missivae«. 


RamiBehe  Studien  lU.  '  91 

Berarduasammlung  stehen;  einmal  dadurch,  dass  einer  von  ihnen 
(ep.  338)  den  Berardus  selbst  zum  Adressanten  hat,  weiter  dadui'ch, 
dass  8  von  ihnen  sieh  in  verschiedenen  Sedactionen  seiner  Sammlung 
nachweisen  lassen,  nämlich  epp.  340,  361.  362.  363  in  der  Oruppe 
A  VUl  (de  unione  Grecorum),  epp.  339.  343  in  A  Y  (Sententiae)  und 
epp.  341.  342  in  andern  Handschriften  der  Epistolae  Kotabiles;  in 
die  Zeit  des  Berardus  endlich  fallt  sicher  auch  ep.  359^).  Andere 
Briefe  dagegen  lassen  sich  in  Varia  der  andern  Handschriften  der 
Dictamina  nachweisen,  so  ep.  344  als  n®  394  in  DV  innerhalb  jener 
Gruppe,  die  wir  als  Yaria  aus  der  Zeit  Nicolaus  lY.  erwiesen  haben, 
und  epp.  351 — 353.  355.  356  unter  n®  2 — 6  in  den  Yaria  des  DL, 
und  es  ist  hiebei  wichtig,  dass  der  dazwischen  liegende  in  jenen 
fehlende  ep.  354  sich  inhaltlich  aufs  engste  an  die  zwei  ihm  folgenden 
auschliessi  YT^ährend  die  drei  ersten  (Tartarenbriefe)  wahrscheinlich 
in  die  Zeit  Clemens  lY.  fallen,  gehören  die  drei  letzteren  nach 
Constantinopel  gerichteten,  wie  schon  bei  Besprechung  des  DL 
bemerkt  wurde,  in  die  zweite  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  und  in 
diese  werden  wir  auch  verwiesen  bei  epp.  345.  346  (K.  Johann  von 
Frankreich  gefangen)  und  bei  epp.  364 — 366,  welche  während  des 
grossen  Krieges  zwischen  Yenedig  und  Genua  1378—1381  fallen. 
Die  noch  übrigen  Briefe  347—350.  357.  358.  360  vermag  ich  bei  der 
Tilgung  aller  individuellen  Beziehungen  nicht  näher  zu  bestimmen. 
Im  Gegensatze  zu  den  vorhergehenden  Abtheilungen  ist  diese  dritte 
nicht  einheitlich  beschrieben,  sondern  es  haben  4  Schreiber  der  Reihe 
nach  an  ihr  gearbeitet  Sehr.  D  nämlich  setzt  auf  foL  200.  201 
epp.  338 — 345,  welch^  lebsteren  er  auf  der  7.  letzten  Zeile  des  Linien- 
schemas unbeendet  abbricht.  Mit  Ausnahme  desselben  sind  alle  Briefe 
solche,  welche  wir  theils  als  Berardusbriefe,  theils  in  anderen  Hand- 
schriften unter  Yaria  stehend  nachgewiesen  haben.  Sehr.  £  beginnt 
dann  auf  foL  202  den  inhaltlich  mit  ep.  345  enge  zusammengehörigen 
ep.  346  und  schreibt  mehrfach  absetzend  bis  fol.  211  die  Briefe  346 — 
363.  Auf  foL  212  stehen  dann  von  Sehr.  F  die  zwischen  1378—1381 
fallenden  epp.  364.  365,  worauf  von  Sehr.  G  auf  den  zwei  ersten 
Zeilen  von  fol.  212'  nur  noch  eine  Adresse  (n^  366)  gesetzt  ist,  welche 
mit  den  beiden  vorhergehenden  Briefen  wahrscheinlich  inhaltlich  zu- 
sammenhängt'). 


^)  Es  wird  darin  der  KOnig  von  8icilien  über  den  Tod  seiner  Gemahlin  »B* 
getröstet;  damit  kann  nur  die  1267  gestorbene  Beatrix,  Gemahlin  Karl  I.  von 
Ai^ou  gemeint  sein.  ')  Sie  lautet:  »Venerab.  fratribus  universis  pat^archis 
et  archiepiscopis  ac  epiacopis  per  Italiam  et  Ungariam  constituiis*.  Diese  Yer- 
bindong  italienischer  imd  nngarischer  Fr&laten  kann  eben  auf  den  Krieg  zwischen 


92  Ealtenbrunner. 

Die  drei  Abtheilungen  sind,  wie  schon  erwähnt,  durch  einheit- 
liche Lagenzählung  frühzeitig  mit  einander  verbunden  worden,  und 
sie  weisen  auch  gemeinsame  textliche  Gorrecturen  auf.  Dagegen  ist 
der  Abth.  I  allein  eigenthümlich,  dass  auch  auf  den  Inhalt  bezügliche 
Olossen  in  ihr  angebracht  sind;  ferner  unterscheiden  sich  alle  drei 
dadurch  Ton  einander,  dass  Bubrieae  nur  in  1  und  8  vorgeschrieben 
(aber  nicht  eingesetzt)  sind,  und  dass  diese  untereinander  ganz  ver- 
schiedene stilistische  Fassungen  haben  ^).  Das  alles  weist  darauf 
hin,  dass  die  Anlage  von  Th.  U  denn  doch  keine  einheitliche  sei, 
d.  h.  dass  sie  nicht  gleichzeitig  von  verschiedenen  unter  einer  Leitung 
siehenden  Schreibern  angefertigt  sei,  sondern  dass  wir  in  ihm  ver- 
schiedene Arbeiten  vor  uns  haben,  welche  erst  später  in  die  durch 
die  Lagenzählung  repräsentirte  Verbindung  gebracht  worden  sind« 
"Wir  constatiren  aber  von  jeder  derselben,  dass  sie  ihr  Material  direct 
aus  der  Kanzlei  selbst  geschöpft  habe,  und  das  gleiche  können  wir 
thun  bei  dem  bisher  ausser  Acht  gelassenen  1.  Quatemio  des  Codex, 
wenigstens  für  einen  Theil  seines  Inhaltes.  Es  stehen  nämlich  unter 
anderm*)  auf  fol.  3'  und  7  zwei  Briefe  Innocenz  VI.  an  Karl  lY.  über 
den  franzosisch-englischen  Conflict,  von  denen  der  eine  auch  in  Th.  II 
Abth.  2  als  ep.  295  aufgenommen  ist,  und  ferner  auf  foL  2'  zwei 
andere  Papstbriefe,  wovon  der  eine  an  Johann  den  Paläologen  über 
die  Herstellung  der  Eircheneinheit  gerichtet  ist,  der  andere  irgend 
einen  Conflict  mit  einem  aragonischen  Könige  beizulegen  sucht,  die 
ich  nicht  näher  zu  bestimmen  vermag  b).  Diese  so  verschiedene  An- 
gelegenheiten berührenden  Briefe  stellen  also  die  Verbindung  des 
Quaternio  mit  der  Kanzlei  her,  und  berechtigen,  in  gewissem  Sinne 
auch  ihn  unter  die  Varia  der  Berardussammlung  einzureihen. 

Unter  diesen  Gesichtspunkten  müssen  wir  nun  noch  einmal  aof 
jenen  Vermerk  des  Quatarins  auf  foL  10  zurückkommen,  von  dem 
wir   es   als  unwahrscheinlich  erklärt  haben,   dass  er  sich  auf  einen 


Venedig  und  Genua  (IS 78— 1881)  bezogen  werden,  in  welchem  Ungarn  und  der 
Patriarch  von  Aquileja  auf  der  Seite  Genua's  standen.' 

1)  Die  vorgeschriebenen  Rubricae  in  Abth.  1  sind  die  der  Dictamina. 
*)  Die  oben  nicht  angeführten  Stücke  sind  folgende:  fol.  1  Gedicht  »Eloquio 
sapiens  discreto  dirige*.  fol.  2  »Epistola  de  mirabilibos  montis  Vesuvii*  und 
fol.  4—6  eine  Legende  mit  Incipit:  »Erat  olim  in  partibus  aquilonis«.  Es  ist  dies 
die  merkwürdige  Vita  S.  Albani  (Potthast  Bibliotheca  588),  die  sich  auch  im 
Gk>d.  Parisiensis  8567,  der  im  directesten  Zusammenhang  mit  der  päpstlichen 
Kanzlei  steht,  vorfindet.  *)  Die  individueUen  Beziehungen  sind  sonst  alle  ge- 
tilgt, so  dass  auch  die  Regierungszeit  der  Herrscher,  an  welche  die  Briefs 
gerichtet  sind,  nicht  fisirt  werden  kann;  allerdings  trägst  der  zweite  das  »Datum 
apud  Montemfiasconem  v.  non.  maü  anno  VIII* ;   das  ist  aber  sicher  verderbt. 


^  Römische  Stadien  m.  93 

ursprQnglich  grösseren  Umfang  von  TL  I  beziehe.  Thnn  wir  dies, 
so  ist  es  natürlich  nöthig,  zu  versuchen,  ihn  in  Verbindung  mit 
TL  n  zu  bringen.  Zwischen  den  beiden  Theüen  besteht  nun  ausser 
der  neueren  Folürung  noch  eine  Verbindung;  die  Numerirung  der 
Briefe  nämlich  ist  später  auch  auf  ep.  173  und  über  diesen  weg  in 
TL  n  bis  n<)  200  fortgeführt  worden.  Darauf  könnten  also  die 
.duoentae  chartae*  des  Vermerkes  bezogen  werden;  aber  der  Brief, 
welchen  die  Nummer  200  tri£fl;,  steht  inmitten  der  in  continuo  ge- 
schriebenen AbtL  1  auf  foL  143  d.  L  dem  ersten  Blatte  von  L.  2 
der  Abtheilung.  An  dieser  Stelle  konnte  also  Quatarius  doch  kaum 
das  Ende  seines  Besitzes  fixirt  haben;  es  ist  yielmehr  wahrscheinlich, 
dass  ein  späterer,  eben  durch  den  Vermerk  verleitet,  die  Numerirung 
fortgesetzt  hat,  ohne  zu  ahnen,  dass  er  an  einen  derartigen  Endpunkt 
gelangen  werde  ^).  Dagegen  kommen  wir  auf  beiläufig  200  Briefe, 
wenn  wir  die  29  von  TL  11  Abth.  3  zu  den  173  Briefen  des  TL  I 
stellen,  allerdings  beiläufig,  da  ja  die  Bechnung  202  ergibt ;  aber  wir 
könnten  dies  sofort  auf  201  reduciren,  da  ja  der  letzten  Nummer  nur 
mehr  einer  Adresse  zuföllt,  und  könnten  die  noch  bestehende  Differenz 
Ton  1  entweder  auf  einen  Zählfehler  oder  auf  andere  Auffassung  über 
die  Selbständigkeit  des  einen  oder  anderen  Briefes  zurückführen.  — 
Geben  wir  aber  dem  Worte  charta  die  für  diese  Zeit  wahrscheinlichere 
Deutung  , Blatt«,  so  müssen  wir,  da  TL  I  126  Blätter  (fol.  10—135) 
enthält,  74  Blätter  des  übrigen  Bestandes  der  Handschrift  in  Bechnung 
ziehen:  Diese  erhalten  wir  genau,  wenn  wir  ihren  ersten  Quatemio  (8), 
die  zwei  Blätter  des  Index,  und  Abth.  1.  2  von  Th.  U  (36  +  28  Blätter) 
zusammenstellen.  Auch  noch  eine  andere  Erklärung  ist  möglich: 
Quatarius  kann  den  von  fol.  10  an  laufenden  jetzigen  Bestand  vor 
sich  gehabt  haben,  der  aus  203  Blättern  besteht  Wir  sahen,  dass 
AbtL  3  von  Th.  II  successive  von  mehreren  Schreibern  angefertigt 
ist;  in  einem  Stadium  dieses  seines  Werdeprocesses,  in  dem  der  Codex 
gerade  bei  fol.  200  (jetzt  209)  angekommen  war,  konnte  also  der 
Vermerk  gesetzt  sein,  denn  wir  wissen,  dass  unbeschriebene  Blätter 
häufig  in  derartige  Blattvermerke  nicht  einbezogen  wurden.  Dieses 
Blatt  fällt  in  den  Schreiberantheil  von  E,  von  dem  wir  constatirten, 
dass  er  ruckweise  seine  Einschreibungen  machte;  da  läge  es  nun  im 


0  Man  könnte  bei  dieser  Fortsetzung  auch  an  den  einzigen  früheren  Be- 
nQizer  der  Handschrift,  den  um  die  Wende  des  18.  Jahrhunderts  arbeitenden 
päpstlichen  Archivar  Zaccagni  denken,  der  gerade  Briefe  aus  dieser  Abtheilung 
abdruckt.  Aber  Zaccagni  citirt  nicht  nach  Nummern  und  hringt  überdies  ep.  229 
(P.  21181),  müsste  idso  mindestens  bis  zu  ihm  die  Numerirung  fortgeführt 
baben. 


94  EaltenbrunneT. 

"Feile  der  Richtigkeit  dieser  Erklärang  geradezu  nahe,  Schreiber  E  mit 
Quatarius  zn  identificiren.  —  Allerdings  macht  jeder  dieser  Annahmen 
eine  weitere  nöthig,  nämlich  die,  dass  der  Codex  auch  noch  nach 
seinem  Uebergehen  in  den  Besitz  des  Quatarius  in  der  Kanzlei  ge* 
blieben  sei,  denn  alle  jene  Theile,  welche  wir  hiebei  noch  ausserhalb 
seines  Bestandes  befindlich  erklären,  sind  in  ihr  entstanden.  Aber 
diese  Annahme  ist  vielleicht  die  am  wenigsten  gewaltsame  von  allen, 
denn  Quatarius  konnte  ja  Beamter  der  Kanzlei  gewesen  sein,  und  in 
dieser  seiner  Eigenschaft  sowol  den  Codex  erworben  als  auch  die 
weiteren  Theile  ihm  angeitigt  haben.  —  Wie  dem  auch  sei,  wir  yer- 
lassen  die  Handschrift  mit  der  Erkenntniss,  dass  alle  ihre  Theile  direet 
auf  die  päpstliche  Kanzlei  selbst  zurückgehen. 

Codex  Vallicellianus.  C.  49.  saec  XIII.  40.  =  NO. 

Der  Codex,  über  dessen  Geschichte  wir  nur  wissen,  dass  er  seit 
langem  der  ehrwürdigen  Bibliothek  der  Oratorianer  angehörte  (Bay* 
nald  nennt  ihn  mit  Stolz  ,,  Codex  noster"),  enthält  jetzt  164  Blätter, 
von  denen  die  ersten  4  einen  Index  über  einen  Theil  der  mit  dem 
5.  Blatte  beginnenden  Briefisammlung  enthalten,  welche  von  da  ab  bis 
zum  letzten  erst  von  einer  Hand  des  16.  Jahrhunderts  beschriebenen 
Blatte  reicht.  Sie  enthält  demgemäss  160  (frühzeitig  foliirte)  Blätter; 
dieselben  zerfallen  in  22  Lagen,  welche  mit  Ausnahme  von  L.  6  u.  22 
(je  2  Blätter),  L.  9  (4  Blätter)  und  L.  10  (Ternio)  alle  Quatemionen  sind. 
Sie  weisen  2  alte  Zählungen  auf,  welche  ebenso  wie  das  geringere  Maass 
der  eben  angt3fbhrten  Lagen  mit  dem  Anlageplane  des  ganzen  Codex 
aufs  engste  zusammenhängen.  Die  eine  derselben  basirt  auf  einer  alten 
Zweitheilung,  indem  sie  von  L.  13  an  wieder  mit  1  zu  zählen  beginnt^). 
Der  ursprüngliche  Zusammenhang  dieser  zwei  Theile  aber  wird  da- 
durch sicher  gestellt,  dass  Schreiber,  welche  in  dem  einen  auftreteu, 
auch  in  dem  andern  thätig  sind,  und  der  gemeinsame  Plan,  nach 
welchem  die  Anlage  derselben  vor  sich  ging,  dadurch,  dass  der  Baum 
für  das  den  einzelnen  Schreibern  zugewiesene  Pensum  vorher  berechnet 
wurde,  infolge  dessen  am  Ende  einzelner  Schreiberantheile  jene  kleineren 
Lagen  auftreten,  die  bereits  angefahrt  worden  sind.    Diese  zwischen 


*)  L.  2-5  tragen  die  n»  II— V;  L.  7—12  die  n"  VI-XI.  Dass  L.  1  mit  I 
bezeichnet  war,  ergibt  sich  durch  ihren  unmittelbaren  Zusammenhang  mit  L.  2 
(ein  Brief  setzt  auf  sie  über)  von  selbst.  Die  Differenz  von  L.  7  an  entsteht  dadurch, 
dass  L.  6,  die  nur  aus  2  Blättern  besteht,  keine  selbständige  Nummer  zugewiesen 
hat,  offenbar,  weil  man  sie  nur  als  Anhängsel  zur  vorhergehenden  ansah.  In 
Th.  II  sind  L.  18—16  mit  I— IV:  L.  18—21  mit  VI— IX  versehen;  för  L.  17  er- 
gibt  sich  durch  ihre  Zusammengehörigkeit  mit  L.  1 8  die  fehlende  n°  V  von  selbst. 
Wieder  ist  die  letzte  (22.)  Lage  von  2  Blättern  ohne  Kummer  gelassen. 


Römische  Studien  HI.  95 

foL  84  und  85  fallende  Zweitheilung  characterisirt  sich  dadurch,  dass 
im  eraien  Theile  dem  Principe  nach  nur  Briefe  an  Eonige  und 
Königinnen  zusammengestellt  sind,  während  im  zweiten  die  andere 
Correspondenz  untergebracht  ist;  unter  den  170  Briefen  von  Th.  I 
sind  32  an  andere  Personen  gerichtet,  unter  den  ld2  von  Th.  IT  sind 
nur  2  an  Könige  adressirt^).  Das  Princip  ist  so  strenge  durchgef&hrt, 
dass  Personen  wie  der  Doge  von  Venedig  und  Prinzen  Ton  Oeblüt  in 
den  Th.  IX  verwiesen  werden;  nur  3  Briefe  unter  jenen  32  sind  an 
Kronprinzen  gerichtet,  aber  z.  B.  Karl  v.  Anjou  findet  sich,  solange 
er  noch  Graf  von  Provence  ist,  im  Th.  II.  Wie  wir  übrigens  sehen 
werden,  reduciren  sich  die  32  Ausnahmen  in  TL  I  dadurch  auf  15, 
dass  wir  bei  gewissen  Schreiberantheilen  vollkommenes  Durchbrechen 
oder  bedeutendes  Schwanken,  das  wahrscheinlich  im  Anlageplane  selbst 
begründet  ist,  constatiren  können  >).  Die  Ausnahmen  erklären  sich 
meist  dadurch,  dass  die  betreffenden  Briefe  im  engen  inhaltlichen 
Zusammenhange  stehen  mit  Königsbriefen,  vor  oder  nach  welchen  sie 
eingereiht  sind.  Andererseits  opfert  häufig  der  Zusammensteller  seinem 
Principe  den  engen  Zusammenhang  von  Briefen,  indem  er  sie  je  nach 
dem  Adressaten  den  beiden  Theilen  zuweist. 

Theü  I  mit  fol.  1  —  84,  Lagen  I— XII  epp.  1—168  zerfällt 
wieder  in  4  Abtheilungen,  die  sich  sowol  durch  den  Inhalt  ihrer 
Briefe  als  auch  durch  die  in  ihnen  thätigen  Schreiber  von  einander 
abheben: 

1.  epp.  1  —  72,  foL  1 — 42.  (L.  1 — 5  Quaternionen.  L.  6. 
2  Blätter).  Sehr.  A.  B. 

Sehr.  A  beschreibt  in  continuo  die  ersten  5  Lagen  und  gelangt 
hiebe!  bis  zur  Mitte  von  ep.  71;  Sehr.  B  vollendet  denselben  auf  der 
kleinen  letzten  Lage  und  f&gt  ihm  noch  ep.  72  bei;  das  letzte  Blatt 
ist  hiebei  leer  geblieben.  Die  Briefe  beginnen  mit  Urban  IV.  (epp.  1 — 18) 
und  schreiten  dann  zu  den  Pontificaten  Clemens  IV.  (epp.  19 — 31), 
Gregor  X.  (epp.  32—60;  und  Nicolaus  IIL  (epp.  61—72)  fort  Die 
zwischen  Gregor  X.  und  Nicolaus  III.  liegende  Zeit  ist  also  so  wie 
in  NP  ignorirL 

2.  epp.  73— 13L  foL  43—62.  (L.  7.  8.  Quaternionen.  L.  9. 
4  Blätter).  Sehr.  C.  D. 

Die  beiden  Schreiber  theilen  sich  derart  in  die  Arbeit,   dass  zu- 


>}  Die  862  Briefe  sind  nicht  numerirt;  ich  musste  natürlich  eine  solche 
durchführen  und  gewann  858  Nummern  und  n<*  7 Ca.  111».  195a.  827a,  «)  Die 
Ausnahmen  sind  in  Th.  I:  epp.  20.  22.  86.  47.  70.  71.  72.  79.  104.  105.  116. 
134.  1S5.  161.  166.  Die  Reductionen  lassen  sich  vornehmen  durch  epp.  122—181 
und  147—161.  168.  154.     In  Th.  II:  epp.  227.  241. 


96  Ealtenbrunner. 

I 

nächst  C  den  ersten  Quaternio  mit  epp.  73 — 105  f&llt,  sodann  D  auf 
dem  zweiten  epp.  106 — 121  erledigt,  worauf  er  inmitten  derselben 
Lage  von  C  abgelost  wird,  der  nun  in  oontinuo  epp.  122 — 131  nieder- 
schreibt und  hieftir  noch  die  kleine  Lage  9  heranziehen  muss,  auf 
deren  3.  Seite  er  abschliesst  Die  leergelassenen  5  Seiten  (foL  60' — 62) 
wurden  dann  später  von  demjenigen,  welcher  auf  den  ersten  4  (nicht 
zur  ursprünglichen  Anlage  gehörenden)  Blättern  des  Codex  einen 
Index  fQr  einen  Theil  der  Briefsammlung  anbrachte,  zur  Fortsetzung 
dieser  Arbeit  benützt.  Alle  von  C  geschriebenen  Briefe  gehören 
Gregor  X.  an;  D  dagegen  bringt  in  seinen  ersten  Nummern  (106 — 
108)  Briefe  Nicolaus  IIL,  dann  einen  Oregorbrief  (109)  und  drei 
Schreiben  Johann  XXI.  (110 — 111*^),  worauf  er  wieder  und  zwar  bis 
zum  Ende  auf  Gregor  X.  zurückgreift.  Dort,  wo  C  neuerdings  ein- 
setzt, begegnen  wir  nun  dem  ersten  Durchbrechen  des  Principes  der 
Zweitheilung,  denn  unter  allen  10  von  ihm  an  dieser  Stelle  ge- 
schriebenen Briefen  ist  kein  einziger  an  einen  König  gerichtet 

3.  epp,  132—140.  foL  63—68.  (L.  10.  Ternio).  Sehr.  D. 

Der  umstand,  dass  sich  hier  die  Thätigkeit  des  Sehr.  D  anders 
an  die  von  Sehr.  G  anreiht  als  vorher  die  des  letzteren  an  seine, 
rechtfertigt,  dass  dieser  Ternio  als  selbständige  Gruppe  gestellt  wird, 
und  mehr  noch  die  später  zu  besprechende  zweite  Lagenzählung, 
welche  ihn  gesondert  von  den  drei  vorhergehenden  Lagen  einreiht 
Alle  Briefe  bis  n^  138  gehören  Nicolaus  IIL  an;  die  beiden  letzten 
fallen  in  die  vor  ihm  eingetretene  Sedisvacanz. 

4.  epp.  141—168.  fol.  69—84.  (L.  11.  12.  Quaternionen). 
Sehr.  E. 

Die  Briefe  des  ersten  Quaternio  (epp.  141 — 155)  fallen  alle  mit 
Ausnahme  von  ep.  145,  der  ein  Gregorbrief  ist,  Nicolaus  IIL,  die  des 
zweiten  (epp.  156 — 168)  bis  ep.  162  Clemens  IV.  und  von  da  ab 
wieder  Nicolaus  III  zu.  Der  Schreiber  gliedert  seinen  StofiF  insoferne, 
als  er  erst  am  zweiten  Quaternio  mit  den  Clemensbriefen  beginnt, 
obwol  er  sie  noch  auf  dem  letzten  Blatte  des  ersten  unmittelbar  den 
Nicolausbriefen  hätte  anreihen  können.  Mehr  als  in  den  andern  Ab- 
theilongen  begegnen  wir  hier  dem  Durchbrechen  des  Principes  der 
Zweitheilung,  indem  unter  den  21  Nicolausbriefen  am  ersten  Quaternio 
7^  am  zweiten  2  nicht  an  Könige  gerichtet  sind,  und  zwar-  treten  die 
7  in  fast  geschlossener  Reihe  auf,  so  dass  wir  wol  berechtigt  waren, 
mit  ihnen  die  zweite  Beduction  der  Ausnahmen  für  dieses  Gesetz 
vorzunehmen. 

In  ganz  analoger  Weise  wie  Theil  I  zerfällt  auch  Theil  II  mit 
fol  85—160,   L.  XIll— XXII,   epp.  169—358   in  vier  Abtheüungen: 


Kömisclio  Studien  m.  97 

1.  epp.  169—221.  fol.  85—101.  (L.  13.  14.  Quaternionen). 
Sehr.  F. 

Die  in  coniinuo  niedergeschriebene  Briefreihe,  welche  in  der 
Mitte  von  foL  101  endet,  wird  mit  ep.  169,  einem  Berardasbrief  eröffnet, 
worauf  epp.  170—207  Gregor  X.;  epp.  208—210  Johann  XXL; 
epp.  211 — 215  der  Sedisvacanz  nach  ihm  und  epp.  216 — 221  Nicolaus  III. 
za&Uen. 

2.  epp.  222—273.  foL  102—117.  (L.  15.  16.  Quaternionen). 
Sehr.  £. 

Der  Schreiber,  den  wir  schon  in  TL  I  Torfanden,  hat  hier  im 
Oegensatz  zu  allen  andern  Abtheilungen  sein  Pensum  nicht  in  einem 
Zage  erledigt,  wie  die  wechselnde  Tinte  und  Dichtigkeit  seiner  Züge 
deutlich  zeigt.  Den  ersten  Quaternio  füllt  er  bis  gegen  Mitte  der 
letzten  Seite  mit  Clemensbriefen  (epp.  222 — 238)  aus;  während  er 
aber  in  Th.  I,  in  die  gleiche  Situation  versetzt,  erst  mit  Beginn  der 
nächsten  Lage  eine  neue  Beihe  beginnt,  schliesst  er  hier  unmittelbar 
einen  Gregorbrief  (ep.  239)  an  und  geht  mit  ihm  auf  den  2.  Qua- 
ternio über.  Er  fügt  dem  noch  bis  n^'  262  Gregorbriefe  an,  worauf 
sich  unter  no  263—272  Briefe  Nicolaus  III.  und  unter  n«  273  ein 
Berardusbrief  anschliessend). 

3.  epp. 274—328.  fol.  118—141.  (L.17.18.  19.  Quaternionen). 
Sehr.  G. 

Die  in  continuo  niedergeschriebenen  Briefe  fallen  der  Beihe  nach 
auf  UrbanIV.  (epp.  274—290),  Clemens  IV.  (epp.  291—294),  Gregor  X. 
(epp.  295—321),  Inuocenz  V.  (epp.  322—324)  und  Johann  XXI. 
(epp.  325 — 328).  Bei  dieser  Abtheilung  müssen  wir  nun  den  Verlust 
einer  weiteren  Lage  constatiren,  denn  ep.  328  wird  auf  foL  14r 
mitten  im  Texte  abgebrochen,  ohne  dass  er  auf  der  nächsten  Lage 
oder  auf  irgend  einer  des  Codex  Fortsetzung  finden  würde.  Jedoch 
gibt  es  einen  Anhaltspunkt,  der  yermuthen  lässt,  dass  diese  nun  ver- 
lorene Lage  ganz  klein  und  sicher  kein  normalmässiger  Quaternio 
gewesen  sei  Die  beiden  alten  Custodenzählungen  nämlich  gehen  hier 
unmittelbar  mit  ihren  nächst  höheren  Zahlen  auf  die  nächste  Lage 
über.  Die  Lage,  welche  nach  fol.  141  folgte,  wird  also  nicht  be- 
zeichnet gewesen  sein,  sowie  wir  schon  constatirt  haben,  dass  die 
eine  der  Zählungen  die  beiden  kleinen  Lagen  6  und  22  ignorirt,  was 
die  später  zu  besprechende  zweite  ebenfalls  thui  Diesen  umfang  von 
2  Blattern  werden  wir   nun   dem   verloren   gegangenen  Stücke   bei- 


^)  £b  ist  beachtenswerth,   dass  die  vorhergehende  Abtheilung  mit   einem 
Berardusbrief  eröffnet,  dieae  mit  einem  solchen  geschlossen  wird. 

MütbeUoDfui  VU.  7 


98 


Ealtenbrunner. 


messen,  wenn  wir  weiter  finden,  dass  die  Lage  yon  4  Blattern,  die 
in  Th.  I  AbtL  2  den  Schluss  machte  von  jenen  alten  Zählangen  mit 
selbständigen  Nummern  bedacht  worden  ist. 

4.  epp.  329—358.  fol.  142—160.  (L.  20.  21.  Quaternionen. 
L.  22.  2  Blätter).  Sehr.  A. 

Die  Briefe  entfallen  in  n«  329—350  auf  ürban  IV.;  in  n«  351 
auf  die  Sedisvacanz  nach  ihm  und  in  n^  352 — 358  auf  Clemens  lY. 
Der  in  continuo  arbeitende  Schreiber,  der  ein  bedeutendes  Pensum 
auch  in  Th.  I  erledigt,  ist  beim  letzten  Briefe  am  Ende  des  2.  Qua- 
temio  angelangt;  er  muss  daher  noch  eine  kleine  Lage  zur  Hand 
nehmen,  die  er  nach  Schluss  dieses  Briefes  nicht  weiter  ausnützt,  so 
dass  foL  160  ganz  leer  geblieben  ist 

In  diese  complicirte  Anlage  erhalten  wir  nun  näheren  Einblick 
durch  die  zweite  alte  Lagenzählung,  welche  eine  einheitliche  ist,  und 
unbekümmert  um  die  Zweitheilung  mehrfach  von  einem  Theile  zum 
andern  überspringt,  dabei  aber  immer  die  Schreibetantheile  zusammen- 
lässt.  Folgendermassen  ordnen  sich  nach  ihr  die  8  Abtheilungen 
des  Codex: 

L.  17 — 19.  d.  i  Abth.  II.  3.  angefertigt  von  Sehr.  6. 


no  I— III. 
no  IV.  V. 
no  VI— X. 
n^XLXIL 
noXIIL 
no  XIV.  XV. 
no  XVL  XVII. 


L.  20.  21. 

L.  1—5, 

L.  13.  14. 

L.  10. 

L.  15.  16. 

L.  11.  12. 


nO  XVIII— Xi  L.      7—9. 


Abth.  IL  4. 
Abth.  L  1. 
Abth.  IL  1. 
Abth.  L3. 
Abth.  IL  2. 
Abth.   L4. 


Sehr.  A. 
Sehr.  A. 
Sehr.  F. 
Schr.D. 
Sehr.  E. 
Sehr.  B. 
Schr.CD.  1) 


Abth.  L2. 

Ein  Blick  auf  diese  Liste  genügt,  um  darüber  klar  zu  werden, 
dass  die  Zählung  mit  den  Schreiberantheilen  zusammenhängt,  und 
dass  die  beiden  Theile  des  Codex  nicht  nacheinander,  sondern  neben- 
einander gearbeitet  worden  sind.  Dass  aber  ihre  8  Abtheilungen 
nicht  willkürlich   erst   bei  Anfertigung  des   Codex   gebildet  worden 


')  Mehrere  Nummern  sind  allerdings  übersprungen,  aber  ihre  Zuweisung 
zu  den  nach  obiger  Zusammenstellung  entfallenden  Lagen  ergibt  sich  dadurch 
von  selbst,  dass  Briefe  von  der  vorhergehenden  auf  sie  übersetzen.  Es  ist  dies 
der  Fall  bei  n»  V  (L.  21)  n»  VKI  (L.  S)  n«  X  (L.  5)  und  n»  XX  (L.  9).  Nur  für 
die  Zuweisung  der  fehlenden  n^  XVI  zu  L.  11  kann  dieser  zwingende  Grund 
nicht  angegeben  werden,  da  wir  sahen,  dass  Abth.  I.  4  aus  den  zwei  insofern  selb- 
ständig gestellten  Lagen  11.  12  besteht,  als  ein  Uebergreifen  eines  Briefes  von 
der  ersten  zur  zweiten  nicht  stattfindet.  Aber  die  Zuweisung  ist  doch  sicher 
erlaubt,  da  wir  nur  diese  eine  Nummer  und  diese  eine  Lage  noch  unterzubringen 
haben.  8o  wie  die  andere  Zählung  ignorirt  auch  diese  die  kleinen  aus  zwei 
Blättern  bestehenden  LL.  6  und  22  am  Ende  der  beiden  Antheile  des  Schreibers  A. 


RSmiaohe  Stadien  IH  99 

seien,  Bondem  daas  sie  auf  eine  schon  vorher  geordnete  Biiefireihe, 
in  welcher  die  Scheidung  nach  Adressaten  vorgenommen  wurde,  zu- 
rückgehen, lehrt  die  Betrachtung  der  folgenden  Listen,  in  welchen 


I.  1.  Sehr.  A  (B).  epp.  1—72. 

Urhan.      0. 1.  2.  3.    4.    5.    6.    7.    8.    9—12.  13.  U.  15.  16. 17.  18.    ' 

P.  6.  9.  8.  15.  16.  19.  23.  30.  33—36.  37.  38.  43.  5:..  66.  61. 

V.  6.  9.  8.  15.  — .  17. 18.  22.  25—28.  — .  29.  38.  — .  42.  — . 
Clemens.  0.  19.  20—22.  23.  24.  25.  27. 

P.  62.    .    68.  70.  — .  — . 

V.  45.  49—51.  52.  54.  73.  75. 
ü       0.  32.33.34.35— 38.39.40.41.  42.  43.  44.  45.  46.  47.  48.  50. 
§1       P.  77.78.79.81—84.90.91.92.130.131.132.134.136.137.139.  — . 

J        V.  — .85.— . .  86.-87.  — .104.104M06.108.109.  —.111. 

Nicolaus.  0.    65,    66.    67.    68.    69.    70.    71.    72. 

P.  210.  211.  213.  214.  215.  216.  217.    — . 

V.    — .  169. 170.    — .  171.   — .  172. 17a 
I,  3.  Sehr.  D.  epp.  132—140, 
NicoUos.  0.  132—136.   137.  138. 

P.  150—154.   161.    — . 

V.  156—169».    — .  148, 
1,  4.  Sehr.  E.  epp.  141—168. 
Kicolaos.  0.  141.  142.  143.  146.  147.  148.  149.  150, 

P.  189.  193,  198.  199,  194.  195.  196.  197. 

V.    — .    — .  166.  167.    — .    — .    — .    — . 
Clemens.  0.  156.  167.  159.  160. 

V.    68.    62.    65.67.68. 
NicolauB.  0.  163—165,   166.  167.  168, 

P.   177—179.   180,  184.  186. 

V.  164— 164»'.    — .    — .    — . 
I.  2.  Sehr.  C,  D,  epp.  73—105  (C);  106—121  (D);  122—131  (C), 
Gr^or.     0,     73«,    77.    78.    81.    85.    86.    87,    95,    97,  102,  103. 

V.    il3.  116.  117.  118.  121.  123.  124,  129,  180,  133,  134, 
NicolauB.0. 106. 107.108.  Gregor,0,109,12U,121,JohannO,110,lll.lll*. 
P.  146. 146. 147.  P.  — .  — .  — .  P.  — .  — .  — . 

V.155.  — .  — .  V.  138, 136, 137.  V.143,143M44. 

Gregor.  0.  131. 
P.  — . 
V.  120. 

7» 


100  Ealtenbranner. 

im  AnscUuss  an  die  beiden  Lagensahlungen  die  oorrespondireudeu 
Briefe  von  NF  und  NY  denen  von  NO  unterstellt  sind.     Dieselbe 


IL  3.  Sehr.  G.  epp.  274—328. 
^   0. 274—278. 279. 280—284.  285. 286. 287—290.      g  0.  291—293. 

J   P.     1—5.         7.    10—14.      17.   18.   19—22,        |  P. . 

P   V.     1—5.         7.    10—14.      — .    16. .       §  V.      55—57. 

Gregor.     0.  295.  296.  297—300.  301.  805. 

P.  137.  138.  140—143.  144.    — . 

V.  109.    — . .      110.112. 

Innocenz.  0.  322.  324.  Johann  0.  326. 
p     p    

V.  139. 140.  V.  142. 

n.  4.  Sehr.  A.  epp.  329—358. 

ürban.      0.  329—331.  332—834.  335.  336.  337.  338.  339.  340. 
P.     24—26.      27—29.      31.    32.    37.    39.    40.    41. 

V. ,        19—21.      23.    24.    — .    30.    — .    31. 

0.  341.  342.  343.  344.  345.  346.  347.  348—350. 
P.    42.    44.    45.    46.    47.    48.    51.    52-54. 
V.    32.    34.    35..  — .    — .    36.    — .    39—41. 
Sedisvacanz.  0.  351.  Clemens.  0.  352.  353.  354.  355.  356.  357.  358. 

P.    57.  P.    58.    59.    60.    63.    64.    — .    — . 

V.    43.  V.    — .    44.    — .    — .    — .    47.    48. 

II.  1.  Sehr.  F.  epp.  169—221. 
Berardusbrief.  0  169.  P  71.  V  81.. 

^    0.  170. 171. 172. 173—176. 177—182. 183. 184. 185—187. 188.  189. 
|)   P.    72.   74.   76.   85—88.     93—98.     99. 100. 101  - 103. 104.  105. 

J    V.    82.   83.   84.     .       88-91».    — .   — .  92—94.     — .    95. 

0.  190—194.  195.  195".  196. 197. 198. 199—203. 204. 205. 206. 207. 
F.  106—110.  111.  112.   114. 115. 117. 119-123. 126. 127. 133. 135. 

V. .        96.    — .     98.   99.  — . .     101.102.105.107. 

Sedisvacanz.  0.  211.  213—215.  Nicolaus.  0.  217.  218.  219.  221. 

F.  — . .  F.  153.  160.  162.  168. 

V.  149.  151—153.  V.  159.  160.  101.  163. 

II.  2.  Sehr.  E.  epp.  222—273. 
i  0.222-224.225.226.227.228-230.232.235-237.  ^  0.239. 240.252.257. 

Ip    _        _      _     a,p  

^  V.  59-61.     63.  64.  66.    69-71.    72.  76— 78.^5  V.  79.  80.131.135. 
Nicolaus.  0.  270.  271.  272.    Berardusbrief.  0.  273. 

F.  179.   181.  187.  F.  188. 

V.  164b.    _.    _.  V.  165. 


ROmifiobe  Studien  HL  101 

ergibt,  dass  NO  ssu  den  beiden  Bedactionen  in  einem  ganz  analogen 
Verhältnisse  stellt^  wie  wir  es  schon  zwischen  ihnen  selbst  constatirt 
haben.  In  jedem  der  Schreiberantheile  decken  sich  einzelne  oder 
gruppenweise  zusammenstehende  Briefe  in  der  gleichen  Aufeinander- 
folge mit  solchen  in  NF  oder  NY,  und  stets  schieben  sich  in  diese 
correspondirenden  Briefe  in  NO  sowol  als  in  den  gegenüberstehenden 
Bedactionen  selbständige  Briefe  ein.  Die  Beihen  der  ersteren  aber, 
welche  einerseits  zwischen  NO  und  NF,  andererseits  zwischen  NO  und 
NY  gebildet  werden  können,  decken  sich  nicht,  sondern  0-Briefe, 
die  in  NF  stehen,  fehlen  in  NY  und  umgekehrt;  sie  ergänzen  sich 
aber  auch  nicht  derart,  dass  alle  0-Briefe,  welche  in  NF  fehlen,  in 
NY  stehen  und  umgekehrt,  sondern  auch  der  vereinigten  Beihe  der 
in  beiden  Bedactionen  correspondirenden  Briefe  gegenüber  weist  NO 
noch  selbständige  Stücke  auf^).  Wir  schliessen  aus  allen  diesen 
Wahrnehmungen,  dass  derselbe  einer  gleichgeordneten  Beihe  von 
Briefen  wie  NF  und  NY  zu  Grunde  liegt,  und  gesellen  ihn  daher 
diesen  beiden  Bedactionen  der  Epistolae  Notabiles  als  dritte  bei,  und 
constatiren,  dass  dieselbe  im  Gegensätze  zu  NF  und  übereinstimmend 
mit  NY  den  Fontificat  Martin  lY.  nicht  mehr  einbezieht,  dagegen  die 
von  jenem  ignorirten  Fontificate  Innocenz  Y.  und  Johann  XXI.  mit 
berücksichtigt.  Die  chronologische  Beihe  der  Fontificate,  welche  wir 
als  charakteristisches  Merkmal  der  Epistolae  Notabiles  erkannt  haben, 
tritt  auch  in  NO  zu  Tage,  denn  geradezu  nach  Fontificaten  gliedert 
sich  die  Thätigkeit  der  einzelnen  Schreiber :  Wir  sehen,  dass  Sehr.  A 
in  Theil  I  sich  über  den  ganzen  Briefvorrath  von  NF  und  NY  er- 
streckt*); während  er  aber  dies  bei  den  Fontificaten  bis  Gregor  X. 
ziemlich  gleichmässig  thut,  finden  seine  Nioolausbriefe  nur  mit  den 
letzten  von  NF  (210—217)  und  NY  (169—173)  Deckung.  Da  treten 
non  die  Schreiber  D  und  E  ergänzend  ein,  derart,  dass  die  4  Beihen, 
welche  sich  entsprechend  ihrer  Thätigkeit  aus  den  ihnen  in  NF  und 
NV  gegenüberstehenden  Nicolausbriefen  bilden  b),  nicht  in  einander 
geschoben  sind,  sondern  neben  einander  stehen,  und  nach  der  Zuge- 
hörigkeit zu  den  Schreibern  in  zwei  grosse  auf  einander  folgende 
Beihen  zusammentreten.    Während   also   der  Hauptarbeiter  in  Th.  I, 


')  Das  YerhältniBfl  ist  so,  dass  von  den  170  Briefen  des  Th.  I  gemeinsam 
in  NP  und  NY  89,  in  NP  allein  27,  in  NY  allein  SO,  in  beiden  fehlend  74  sind; 
und  Ton  den  192  Briefen  des  Tb.  U  gemeinsam  in  NP  und  NY  57,  in  NP  48, 
in  NV  SO,  selbständig  von  beiden  62  stehen.  *)  Bei  NP  natürlich  über  den  in 
Betracht  kommenden  Bestand,  der  mit  ep.  217  (NV  172)  schliesst.  ')  Sehr.  D 
ist  in  zwei  Abtheilungen  (8  und  2)  vertreten ;  ^  £  beschreibt  in  Abth.  4  zwei  in 
sich  abgeschlossene  Quaternionen. 


102  Kaltenbrunner. 

Sehr.  A  sich  nur  die  letzten  Nicolausbriefe  vorbehalten  hat,  nahm 
Sehr.  D  die  ersten  und  Sehr.  E  die  mittleren  zur  Hand.  -^  So  wie 
die  Dinge  liegen,  kann  es  nur  im  verschiedenen  Grade  der  Intensität, 
mit  welcher  einzelne  Partien  der  Reihe  von  der  einen  oder  andern 
Handschrift  ausgebeutet  wurden,  begründet  sein,  dass  der  ganze 
Schreiberantheil  von  C  in  NP  un vertreten  ist;  derselbe  findet  dagegen 
Deckung  in  NV  mit  Briefen,  die  gerade  in  jene  grossen  Gruppen 
desselben  &llen,  die  wir  ganz  selbständig  von  NP  gefunden  haben. 
Sehr.  C  stellt  sich  nun  auch  ergänzend  zu  Sehr.  A  dar;  er  erledigt 
nämlich  Gregorbriefe,  welche,  soweit  sie  in  NV  vorkommen,  nach  jenen 
stehen,  die  mit  den  von  A  geschriebenen  Briefen  correspondiren. 
Sehr.  G  hat  also  die  zweite  Hälfte  der  Gregorbriefe  in  der  Beihe  zu 
erledigen  gehabt.  In  dieser  tritt  aber  auch  noch  Sehr.  D  ergänzend 
ein,  denn  einige  seiner  Gregorbriefe  kommen  ganz  am  Ende  der  NV- 
Beihe  zu  stehen.  D  ergänzt  weiters  auch  insoferne  A,  als  er  den  von 
jenem  nicht  berücksichtigten  Pontificat  Johann  XXI.  in  den  Bereich 
seiner  Thätigkeit  zieht,  und  ebenso  thut  dies  E  bei  den  ClemenB- 
briefen,  indem  er  eine  Reihe  herausgreift,  welche  sich  in  den  mit 
NY  correspondirenden  Stücken  in  die  von  A  erledigte  geschlossen 
einschiebt^).  —  In  Theil  II  finden  wir  die  Schreiber  in  ganz  analoger 
Weise  ergänzend  zu  einander  treten:  Die  ürbanbriefe,  welche  von  G 
und  A  erledigt  werden,  reihen  sich  ebenso  in  zwei  Gruppen  getheilt 
und  nicht  in  einander  geschoben  in  NP  und  NV  an,  wie  es  die  von 
F  und  E  geschriebenen  Nicolausbriefe  thun.  Die  Clemensbriefe  sind 
der  Reihe  nach  vertheilt  unter  A,  G  und  E,  und  zwar  sehreiben  die 
beiden  letzteren  nur  solche,  die  in  eine  jener  grossen  Gruppen  von 
NV  fallen,  welche  gegenüber  NP  selbständig  sind.  Die  Hauptmasse 
der  Gregorbriefe  ist  von  F  und  G  erledigt,  und  zwar  hat  der  letztere 
die  späteren  der  Reihe  vor  sich  gehabt.  Aber  auch  E  hat  solche  ge- 
schrieben, und  zwar  fehlen  alle  in  NP;  in  die  Reihe  von  NV  dagegen 
schieben  sich  die  vier  correspondirenden  derart  ein,  dass  zwei  inmitten 
des  Antheiles  von  F  (V  79.  80),  die  beiden  andern  dagegen  ganz  am 
Schluss  der  Gregorbriefe  von  NV  .zu  stehen  kommen.  Die  Briefe 
Innocenz  V.  und  Johann  XXI.  endlich  erledigt  in  diesem  Theile  Sehr.  G. 
Die  Betrachtung  der  Listen  macht  es  femer  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  die  Zweitheilung  der  Redaction  nach  den  Adressaten  erst  bei, 
oder  nach  der  Vertheilung  der  Reihe  auf  die  Schreiberpensa  gemacht 
worden  sei,  denn  wir  finden,   dass  einzelne  Schreiber  sich  innerhalb 


I)  NV  58 --69  schieben  sich  ein  in  die  von  A   erledigten  Clemensbriefe 
NV  46—54  und  78.  75. 


Römisclie  Studien  m.  108 

derselben  Grenzen  in  beiden  Theilen  bewegen:  Am  auffallendsten  ist 
dies  bei  Sehr.  E  der  Fall ;  derselbe  bringt  in  Tb.  I  Cüemensbriefe,  die 
zwischen  NV  59 — 78  zu  stehen  kommen  und  in  Th.  II  solche,  die 
zwischen  NV  58 — 68  fallen;  seine  Nieolausbriefe  auf  dem  zweiten 
Quatemio,  den  er  in  Th.  I  beschrieben  hat,  stehen  in  NP  zwischen 
epp.  177 — 185  und  in  Th.  II  zwischen  epp*  179 — 187,  und  es  ist 
hiebei  auch  anzuAlhren,  dass  ep.  270  daselbst  eine  Wiederholung  des 
ep.  165  ist,  an  welch^  letzterer  Stelle  er  gegen  den  Theüungsplan 
rerstösst.  Die  von  A  geschriebenen  Clemensbriefe  in  Th.  I  £Etllen  in 
NP  zwischen  epp.  62 — 70,  in  Th.  II  zwischen  epp.  58 — 64,  und  wenn 
wir  fanden,  dass  in  Th.  I  die  Gregorbriefe  aufgetheilt  sind  zwischen 
A  und  C  und  zwar  so,  dass  die  des  ersteren  zwischen  NV  85 — 111, 
die  des  letzteren  zwischen  V  113 — 134  zu  stehen  kommen,  so  finden 
wir  ein  ganz  analoges  Verhältniss  in  Th.  II  zwischen  P  und  G,  indem 
die  Briefe  des  ersteren  zwischen  NV  82 — 107,  die  des  letzteren 
zwischen  epp.  109 — 112  fallen. 

Es  handelt  sich  nun  darum,  auf  das  Verhältniss  dieser  drei  Be- 
dactionen  der  Epistolae  Notabiles  näher  einzugehen  und  ihre  Ent- 
stehung zu  erklären.  Als  vorläufiges  Resultat  constatirten  wir  vorher 
bei  NP  und  NV,  dass  keiner  derselben  eine  Theilquelle  des  andern 
sein  könne,  und  dasselbe  müssen  wir  thun,  wenn  wir  die  Texte  von 
NO  mit  denen  der  correspondirenden  Briefe  in  jenen  vergleichen.  An 
sich  ist  es  in  Hinblick  auf  die  Anlage  desselben  im  höchsten  Grade 
unwahrscheinlich,  dass  die  einfach  geordneten  Bedactionen  —  sei  es 
direct,  sei  es  in  ihrer  gemeinsamen  Quelle  —  von  ihm  als  Theilquelle 
abgeleitet  sein  sollten;  ausgeschlossen  aber  wird  diese  Annahme  durch 
die  Vergleichung  der  beiderseitigen  Datirungen.  Die  Schreiber  von 
NO  haben  nämlich  mehr  oder  minder  die  Gewohnheit,  dieselben  häufig 
bis  auf  den  Ort  oder  gar  bis  auf  das  Wort  «datum*  zu  kürzen;  da 
haben  nun  in  vielen  Fällen  die  correspondirenden  Briefe  in  NP  und 
NV  eine  vollere  Formel,  was  natürlich  f&r  den  Beweis  ihrer  Unab- 
hängigkeit von  NO  genügt.  —  Umgekehrt  wäre  es  möglich,  dass  NO 
als  Theilquelle  eine  oder  die  andere  der  gegenübergestellten  oder  deren 
gemeinsame  Vorlage  benützt  habe ;  aber  auch  das  wird  durch  die  Ver- 
gleichung der  Texte  im  besondern  der  Datirung  und  der  Adressanten- 
formel zurückgewiesen.  NO  bat  nämlich  in  epp.  133.  135.  137.  351 
gegenüber  NP  und  in  ep.  305  gegenüber  NV  selbständige  Datirung. 
—  Oefter  als  bei  jenen  tritt  bei  ihm  die  Pfiicht  heran,  den  Üeber- 
gang  zu  neuen  Pontificaten  zu  fixiren ;  fanden  wir  nun  jene  der  ein- 
fachen Aufgabe  gegenüber  lässig,  so  dass  wir  die  vorkommenden 
Adressantenformeln  nur  als  regellose  Setzungen  bezeichnen  mussten, 


104  Kaltenbrunner. 

SO  ist  dies  noch  in  erhöhtem  Maasse  hier  der  Fall;  30 mal  war  der 
Beginn  eines  Pontificates  anzuzeigen  und  nur  in  7  Fällen  geschieht 
es.  Dagegen  stossen  wir  in  18  Fällen  auf  Setzungen,  die  innerhalb 
laufender  Fontificate  stehen,  und  die  wol  nur  durch  mechanische 
Herübemahme  von  der  Yorli^e  erklärt  werden  können;  begegnen 
uns  daher  Setzungen,  welche  in  den  corr^spondirenden  Briefen  in  NF 
und  N V  fehlen,  so  folgt  daraus,  dass  diese  fQr  die  betreffenden  Briefe 
nicht  Vorlage  gewesen  sein  können ;  dies  ist  nur  der  Fall :  NF  gegen- 
über bei  epp.  13  und  16,  NV  gegenüber  bei  ep.  227. 

Schliessen  wir  hiemit  die  directe  Abhängigkeit  der  einen  Re- 
daction  von  der  andern  aus,  so  müssen  wir  aber  sofort  constatiren, 
dass  üebereinstimmungen  zwischen  ihnen  bestehen,  die  nur  durch 
eine  gemeinsame  Vorlage  erklärt  werden  können.  So  wie  bei  Ver- 
gleichung  von  A  und  B  finden  wir  im  besondern  auch  hier,  dass  das 
Ausmaass  der  Datirungsformel  resp.  ihre  Verkürzung  in  vielen  der 
correspondirenden  Briefe  vollkommen  gleich  ist^),  und  ferner,  dass 
auch  Adressantenformeln  das  gleiche  Ausmaass  aufweisen,  und  dass 
solche  übereinstimmend  an  Flätzen  auftreten,  wo  ihre  Setzung  nach 
einem  schon  früher  ausgesprochenen  Gesichtspunkte  auf  mechanische 
Nachbildung  der  Vorlage  zurückgeföhrt  werden  muss'). 

Bei  dieser  gemeinsamen  Quelle  könnten  wir  zunächst  an  A-B 
denken,  und  zwar  entweder  an  ihren  gemeinsamen  Bestand  oder  an 

1)  Einige  Fälle  mögen  genügen:  NO  setzt  übereinstimmend  mit  NP  in 
ep.  42  »Dat.  IL  Id.  Novembr.«,  in  ep.  48  »Dat.  VI.  Id.  lulii  p.  n.  a.  1®«,  in 
epp.  166.  271  »Dat.  Viterbii  Non.  Augasti  (resp.  V.  Id.  Augusti)*  und  bringt  in 
ep.  40,  seine  Gewohnheit,  die  Datirung  zu  kürzen,  ganz  ausser  Acht  lassend,  die 
Tolle  Formel.  Dasselbe  thut  er  übereinstimmend  mit  NV  bei  ep.  215,  and  bringt 
ebenso  wie  jener  in  ep.  278  nur  »Dat.  Viterbii  VI.  Id.  lunii  anno  quarto*,  und 
kürzt  übereinstimmend  mit  ihm  auf  Ort  und  Tag  die  Formel  bei  epp.  50.  78.  u.a. 
Viel  mehr  Fälle  ergibt  die  Vergleichung  von  NP  und  NV :  übereinstimmend  mit 
NV  bringt  NP  in  ep.  145  »Dat.  Viterbii  Uli.  Kl.  Dec.  s.  a.  n.  a.  o.  anno  primo*, 
in  ep.  150  dagegen  »Dat.  Rome  a.  S.  P.  s.  a.  n.  etc.*;  in  ep.  200  nur  »Dat. 
Viterbii  Non.  Octobr.«,  in  ep.  154  nur  »Dat.  Rome  a.  S.  Petrum«  und  in  ep.  215 
nur  »Dat.  Uli.  Non.  Decembr.«  usw.  Auch  Briefe,  die  in  allen  drei  Handschrülen 
stehen,  bieten  derlei  Gleichmässigkeiten  dar:  während  epp.  P  S4.  74.  168.  179 
und  die  in  NV  und  NO  correspondirenden  Briefe  die  ganze  Formel  bringen, 
setzten  alle  drei  bei  ep.  P  198  nur  »Dat.  Viterbii  Non.  Octobr.  anno  !•«,  bei 
ep.  P.  199  dagegen  nur  »Dat.  Viterbii  Non.  Octobr.*  *)  So  haben  epp.  P  74. 
78.  85  und  seine  correspondirenden  Briefe  »Gregorius  etc.*,  dagegen  ep.  88 
»Gregorius  eps  etc*  vorgesetzt,  und  während  ep.  P  57  und  die  correspondirenden 
ep.  V  48.  0  851  die  Formel  des  Cardinalcollegfiums  ganz  ausschreiben  und  die 
Namen  durch  Punkte  ersetzen,  verkürzen  die  in  P  fehlenden  epp.  V  161— 15S. 
0  218—215  übereinstimmend  dieselbe  bis  »Miseratione  divina  etc*.  —  Regellose 
Setzungen  begegnen  uns  unter  anderm  bei  epp.  P  52.  74.  78.  88.  85  und  seinen 


Römische  Studien  HL  ,  105 

den  um  8  Ornppen  yermelirten  von  B  i).  Aber  jeder  derselben  konnte 

doch  nur  Theilquelle  sein,   denn  jede  der  3  Bedactionen  weist  ihnen 

gegenüber  eine  beträchtliche  Anzahl  Ton  selbständigen  Briefen  auf^). 

Unzweifelhaft  besteht  zwischen  ihnen  ein  enger  Zusammenhang,  wie 

die  folgende  Liste  zeigt,  in  der  jene  Briefe  von  A*),  die  sich  in  den 

3  Handschriften  vorfinden,  zusammengestellt  sind 

Von  A  I  finden  sich  in :  * 

P.  1—12.  14—17.  25.  26. 

V.  1—5.  7-11.  13.  17—26.  28. 

0. 1—18.  17—24.  26—29. 

Sämmtliche  A-Briefe  sind  vertreten;   epp.  1 — 5.  7 — 11.  13.  26  sind 

allen  gemeinsam. 
Von  AH: 
P.  40—44.  51.  122. 

V.  40.  41.  43.  45.  55.  61.  67.  72—75.  78.  83.  91.  92.  96.  100.  122. 
0.40-51.55.56.58-61.66-70.72.74.75.77.79-82.84-93.95-100.102.121.122. 
Es  fehlen:  epp.  52—54.  57.  62—65.  71.  76.  94.  101.  103—120.    AUen 

gemeinsam:  epp.  40.  41.  43. 122. 
Von  A  III: 

P.  123—132.  134—151.  178—189. 

V.  123.  127-131.  133-138.  144-149.  151.  154.  171-173.  177-180.  186. 
0.  123—156.  158.  159.  161.  171—176.  178-182. 185.  186. 
Es  fehlen:  epp.  157.  160. 162-170.  Allen  gemeinsam:  epp.  123. 127-131. 

134—138.  144—149.  151.  178—180.  186. 
Von  A  V : 
P.  206—217.  222. 
V.  214.  216.  222.  224. 
O.  206.  210—217.  222.  224. 

Es  fehlen:  epp.  218—221.  228.  Allen  gemeinsam:  epp.  214.  216.  222. 
Von  A  VII : 

P.  260.  264  -266.  272—289. 
V.  260—264.  267—271.  273.  285.  313. 
O.  260     266.  268—270.  272—283.  285—288.  291—295.  311—321. 


correspondirenden  Briefen,  und  es  ist  bezeichnend,  dass  0  bei  dem  ep.  P.  74  ent- 
sprechenden ep.  171  diese  Setzung  aufvireist,  während  sie  zwei  Nummern  vorher, 
wo  der  Pontificat  beginnt,  fehlt. 

<)  Die  vierte  selbständige  Gruppe  yon  B  (Gr.  XIII)  kommt  nicht  in  Betracht, 
da  sie  nur  Briefe  Honorius  IV.  (und  einen  hiemit  in  Verbindung  stehenden  Brief 
Urban  IV.)  enthält  >)  NP:  gegenüber  A  124,  gegenüber  B  85;  NV:  gegenüber 
A  97,  gegenüber  B  61;  0:  gegenüber  A  174,  gegenüber  B  115  Briefe.  ')  Der 
Kürze  halber  lasse  ich  auch  hier  für  den  gemeinsamen  Bestand  B  ausser  Acht. 


106  Kaltenbranner. 

Es  fehlen:   epp.  296—310.  822—329.    Allen  gemeinaam:   epp.  260. 
264—266.  273.  285. 

Von  A  VIII:  Von  A IX:  Von  A  XI: 

P.  378-386.  P.  391.392.  P. . 

V.  378»— 380.  V.  391. 392.  V.  409. 

0.  378.  379.  390.        0.  391.  393—395.  399.  400.  0.  408.  409. 

Es  fehlen  Ton  VIII:  330—377.  387-389;   von  IX:  396—398.  401; 
von  XI:  402—407.410. 

Allen  gemeinsam  in  VIII :  378».  379 ;  in  IX :  391.  392. 

Von  den  A-6ruppen  mit  Martinbriefen  hat  nur  Gr.  XIV  Deckung  mit 
NP  und  zwar  mit  ihren  epp.  474 — 476.  478 — 510. 

Or.  IV.  VI.  X.  XII.  XIII.  XV.  XVI  sind  also  in  den  Epiatolae  Notabiles 
gar  nicht  vertreten. 

Ganz  analoge  Verhältnisse  ergeben  sich  nun  auch  bei  den  drei  selb- 
ständigen B-Gtuppen. 

Von  B  VII  2.  finden  sich  in: 

P.  315—322.  äSO- 336.  838.  339.  348. 

V.  316-319.  321-323.  325-328.  330-332.  335.  336.  340.  343-346.  348. 

0.  315—323.  325—341.  344—347. 

Es  fehlen:  epp.  324.  342.  Allen  gemeinsam:  epp.  316—319.  321.  322. 
330—332.  335.  336. 

Von  B  XVI: 

P.  564 — 581.  (d.  i.  die  ganze  Gruppe). 

V.  564—574. 

0.  564—577. 

Sammtliche  Briefe  sind  vertreten.    Allen  gemeinsam:  epp.  564—574. 

Von  BXVII: 

P.  605—613. 

V.  582.  585.  589.  591.  595.  597.  602.  603.  605—611.  613.  627—629. 
632.  633. 

0.  583.  584.  586-588.  590-607.  613.  614-618.  620.  623.  627.  630.  633. 

Es  fehlen:  epp.  619.  621.  622.  624—626.  628.  629.  631.  Allen  gemein- 
sam: epp.  605— 607.  613. 
Bei  näherer  Betrachtung  dieser  Liste  findet  man,  dass  die  Briefe 

von  A-B   mehr   oder  minder  als  geschlossene  Gruppen  in  den  N- 

Handsehriften    auftreten,    in   Gruppen  jedoch,    welche  sich    in    den 

seltensten  Fällen  bezflglich  ihres  ümfenges  nach  den  einzelnen  Hand- 
schriften hin  decken,  sondern  meist  sich  durch  das  Hinzutreten  oder 

Wegfallen  von  Briefen  am  Beginn  oder  Schluss  mehren  oder  mindern, 

derart  also,  dass  A-Briefe,   die  in  der  einen  stehen,   in  der  andern 

fehlen  und  umgekehrt.   Da  die  gegenüber  gestellten  Redactionen  einen 


Römiache  Studien  II J.  107 

Terschiedenen  Anlageplan  haben,  in  dem  A-B  nach  Materien,  die 
EpiBtolae  Notabiles  nach  Pontificaten  ordnen,  so  ist  es  natürlich,  dass 
die  Gruppen  von  A-B  in  jenen  nicht  nach  einander  sondern  neben 
einander  stehen;  aber  auch  innerhalb  eines  und  desselben  Fontificates 
findet  dieses  Ineinanderschieben  statt,  so  dass  auch  da  die  Theil- 
gruppen  der  A-6riefe  sich  über  weite  Strecken  der  in  Betracht  kom- 
menden Bestände  der  N-Handschriften  ausdehnen,  und  durchsetzt  sind 
nowol  mit  solchen  aus  andern  Gruppen  als  auch  mit  Briefen,  welche 
A-B  gegenüber  jenen  eigenthümlich  sind.  Zur  Beleuchtung  dieses 
Verhältnisses  mögen  die  ürbanbriefe  von  F(epp.  1 — 56)  herausgehoben 
werden;  folgende  Briefe  fallen  mit  solchen  von  A  zusammen: 
P. 7.8.10.18.  19-  21.23.24.  27.  28.  82.  33.35-38.41.42.  43.54.55.56. 
A.1.2.  5.  3.124-126.  4.  6.127.128.129.260.40-43.  7.  8.130.  9.44.10. 
Es  sind  also  selbständig  Ton  A:  epp.  1-6.  9.  11-17.  22.  25.  26.  29-31. 

34.  39.  40.  44-53. 
Von  diesen  ent&llen  aber  auf  Briefe  aus  den  3  selbständigen  B-Gruppen: 
P.       1.      2-    5.      9.     11-  16.    22.    25.    29.    31.    44.    45.    51-  53. 
B.  564.  565-568.  569.  570-575.  576.  315.  316.  317.  318.  319.  320-322. 
Es  bleiben  daher  als  selbständige  Briefe  über:  epp.  6.  17.  26.  30.  34. 

39.  40.  46—50. 
Diese  Verhältnisse  machen  die  Benützung  von  A-B  als  Theilquelle 
seitens  der  3  N-Handschriften  oder  seitens  ihrer  gemeinsamen  Vorlage 
sicher  sehr  unwahrscheinlich;  sie  wird  aber  ganz  ausgeschlossen  durch 
die  Textvergleichung.  Im  besonderen  weisen  sie  gemeinsam  oder 
einzeln  A-B  gegenüber  I.  e.  m.  Sätze  ^)  und  Datirungen  oder  wenigstens 
Formen  derselben  auf),  die  ihre  Unabhängigkeit  vollständig  erhärten. 


1)  Ep.  P  81.  V.  28.  0  885  hat  zwei  L  e.  m.  S&tze,  die  in  B  817  (A  bat  den 
Brief  nicht)  fehlen.  *)  Selbständige  Datirungen  weist  allerdings  nnr  NP  auf, 
nftmlich  in  epp.  209.  214.  286.  269 ;  das  hat  aber  den  gleichen  Werth,  als  wenn 
auch  die  beiden  andern  dies  thun  würden,  da  wir  ja  für  sie  eine  gemeinsame 
Quelle  annehmen.  —  Die  Datirung  von  ep.  0  28  würde,  wenn  wir  überhaupt 
noch  zwischen  A  und  B  zu  entscheiden  hfittenf  dies  zu  Gunsten  des  letzteren 
thun,  denn  nur  er  weist  in  ep.  68  dieselbe  auf,  während  sie  im  correepondirenden 
A  47  fehlt.  —  Mehrmals  stossen  wir  femer  auf  Fälle,  wo  die  eine  Redaction 
das  ausgeschriebene  Datum,  die  andere  nur  den  Verweis  mit  ,ut  supra«  hat, 
and  zwar  liegt  hiefÜr  in  keinem  Falle  die  Begründung  darin,  dass  durch  die 
Stellung  des  Briefes  zum  vorhergehenden  in  der  einen  die  Ausschreibung  nOthig, 
in  der  andern  der  Verweis  als  genügend  angesehen  werden  kann,  sondern  stets 
correspondiren  auch  die  yorhergehenden  Briefe  mit  einander.  So  setzt  ep.  P  212 
yut  supra*,  A  187  dagegen  die  Formel,  und  umgekehrt  wiederholen  epp.  P  190. 
191  und  ep.  P  200.  V.  168. die  Datirung  des  vorhergehenden  Briefes,  während  die 
oorrespondirenden  Briefe  in  A  (207.  208.  879)  und  B  (180.  181.  400)  den  Verweis 
bringen.   Bei  den  Datirungen  von  NO  endlich  ist  anzufahren,  dass  er  trotz  seiner 


108  Ealtenbrunner. 

Desgleichen  Üiat  dies  die  Yergleichimg  der  Adressantenfonnel,  deren 
Behandlung  in  den  N-Handschriften  bereits  dahin  characterisirt  worden 
ist,  dass  die  Setzungen,  wenigstens  innerhalb  der  Fontificate,  auf 
mechanische  Nachbildung  der  Vorlage  zurückgeführt  werden  müssen. 
Wenn  nun  jede  der  Handschrüten  zum  Theil  übereinstimmend  mit 
den  andern,  zum  Theil  vereinzelnt  Formeln  aufweist,  die  in  A-B 
fehlen  oder  dort  der  in  ihnen  herrschenden  Begel  gemäss  durch  den 
Verweis  ersetzt  sind,  so  ergibt  sich  daraus,  dass  A  und  B  jene 
mechanisch  nachgebildete  Vorlage  nicht  sein  können^).  Andererseits 
aber  ergibt  gerade  diese  Vergleichung  derartige  Uebereinstimmmigen 
im  Ausmaass  der  Datirungsformel'),  ferner  in  gemeinsamer  überflüssiger 
Setzung  des  Adressanten  und  dem  Ausmaass  seiner  Formel'),  dass 
wir  dieselben  nur  durch  die  Annahme  einer  allen  gemeinsamen  Vor- 
lage erklären  können.  Da  wir  nun  früher  filr  A-B  als  solche  die 
Concepte  des  Berardus  selbst  erkannt  haben,  so  ergibt  sich,  dass  sie 
dies  auch  für  die  uns  bekannten  Handschriften  der  Epistolae  Notabfles 
sein  müssen. 


vielen  sonstigen  Kürzungen  einmal  bei  ep.  165  A-B  gegenüber  eine  vollere  Formel 
aufweist,  und  dass  er  zweimal  im  Gegensätze  zu  jenen  eine  richtige  Namensform 
bringt;  er  hat  nämlich  in  epp.  115.  116  »Bellicadri*,  während  A-B  übereinstim- 
mend in  den  correspondirenden  Briefen  »Bellicardi*  setzen. 

0  £p.  P.  78.  88.  85.  86  =  0  88.  87.  178.  174,  welche  alle  innerhalb 
laufender  Pontificate  stehen,  haben  die  Formel,  während  die  correspondirenden 
Briefe  in  A-B  das  verweisende  ,Idem*  vorgestellt  haben,  und  ebenso  verhält  sich 
in  NV  der  mit  P  78  correspondirende  ep.  85  und  überdies  ep.  182.  «)  Ich 
hebe  hier  nur  Beispiele  heraus:  Während  ep.  P  74.  V  88.  0  171;  ep.  P  91.  0  40; 
ep.  P  184.  y  182;  ep.  0  326  Übereinstinmiend  mit  A-B  die  ganze  Formel  seteen, 
thun  sie  dies  mit  Auslassung  der  Worte  »pontificatus  nostri*  in  ep.  P  198.  V  166. 
0  148;  ep.  P  197.  V  150;  ep.  P  194;  ep.  V  117.  0  78;  ep.  V  184;  ep.  0  269. 
Dagegen  lassen  sie  das  Jahr  ganz  aus  in  ep.  P  177.  V  164.  0  168;  ep.  P  210. 
0  65;  ep.  P  218.  V  170;  ep.  P  195;  ep.  V  48.  0  861;  ep.  V  128,  und  verkürzen 
die  Formel  bis  auf  den  Ort  in  ep.  P  202;  ep.  V  146;  ep.  0  112,  und  bringea 
das  blosse  Tagesdatum  in  ep.  P  180  0  42,  während  ep.  0  74  übereinstimmend 
mit  A-B  demselben  auch  das  Pontificat^ahr  anfügt.  *)  So  hat  ep.  P  77.  O  82 
innerhalb  der  Reihe  der  Gregorbriefe  »Gregorius  etc«  vorgesetzt  ebenso  wie  die 
correspondirenden  Briefe  in  A  und  B  (ep.  242.  258) ;  das  gleiche  ist  der  Fall  bei 
epp.  0  18.  16.  29  und  A  42.  44.  50  (B  48.  50.  56)  usf.  Auch  bei  Vergleichung 
der  8  selbständigen  B-Gruppen  ergeben  sich  solche  Fälle :  so  hat  ep.  P  52.  V  89. 
0  848  übereinstimmend  mit  ep.  B  821  »Urbanus  etc*,  und  auch  in  B  sieht  der 
Brief  mitten  in  einer  Urbanreihe;  ebenso  gilt  dies  von  ep.  P  88.  0  87,  der  sowie 
ep.  B  883  die  Formel  »Gregorius  eps  etc*  hat.  ~  Bereits  in  den  angeführten 
Beispielen  tritt  auch  die  Uebereinstimmung  im  Ausmaass  der  Formel  zu  Tage; 
noch  bezeichnender  aber  ist  es,  'wenn  wir  Übereinstimmend  in  ep.  P  57.  V  43. 
0  851  ~  A181.  B  206  die  Formel  des  Cardinalcollegiums  vollansgeschrieben,  in 
ep.  0  140=:Al2lBl27  dagegen  sie  zu  »Miseratione  divina  etc<  zugestutzt  finden. 


ROmiflohe  Studien  ÜT.  109 

Als  diese  Concepte  ztit  Zusammenstellung  derselben   verwendet 
wurden,   lagen  sie  in  einer  nach  Pontificaten  geordneten  Beihe,   aus 
der  NP  und  NV  mehr  oder  minder  willkürlich  excerpirten  und  NO 
die  uns  bekannten  Schreiberpensa  bildete.   Willkürlich  kann  man  bei 
allen  3  Handschriften  insofeme  die  Entlehnung  des  Materials  nennen, 
als  sie  häufig  ohne  Rücksicht  auf  den  engen  Zusammenhang  neben 
einander  stehender  Briefe  durch  ihre  Griffe  denselben  zerrissen,  sowie 
wir  ja  auch  schon  früher  sahen,  dass  sie  auf  die  Fixirung  der  einzelnen 
Briefe  zu  den  Pontificaten  wenig  Gewicht  legen.    Sind  wir  durch  die 
erwiesene  Gleichartigkeit  der  Entstehung  der  3  Handschriften  berech- 
tigt, den  YOn  NP  selbst  gebrauchten  Titel  auf  alle  auszudehnen,   so 
können  wir  ihn  nun  dahin  deuten,  dass  es  entweder  stilistisch  an- 
sprechende oder  wichtig  scheinende  Briefe  waren,  die  in  ihnen  vereint 
werden   sollten,   und   aus  verschiedenem  Geschmacke  oder  Neigung 
ihrer  Zusammensteller  erklärt  sich  eben  die  Aufnahme  und  Ignorirung 
in  der  einen  und  andern  Handschrift^).    Dürfen  wir  darüber,   dass 
ans  dieselben  nur  eine  derartige  Auswahl   aus  dem  ihnen   zur  Ver- 
ftgung  stehenden  Materiale  überliefert  haben,  nicht  rechten,  so  müssen 
wir  doch   eine    andere   ünzukömmlichkeit  hier    constatiren,    welche 
durch  diese  willkürlichen  Griffe  entstanden  ist.   Alle  3  Handschriften 
haben   nämlich  bei  nacheinanderstehenden  Briefen,    die  an  eine  und 
dieselbe  Person  gerichtet  sind,  meistens  nur  beim  ersten  deren  Adresse, 
bei  den  folgenden  aber  nur  das  verweisende  .  Eidem ',  und  ebenso  bei 
Briefen  mit  gleichem  Datum  den  Verweis  mit  .Datum  ut  supra*.    In 
manchen  Fällen  werden  wir  dies  auf  die  Schreiber  selbst  zurückfahren 
können,  f&r  welche  es  nahe  lag,  statt  gleiches  zu  wiederholen  derart 
zu  kürzen  >),  in  zahlreichen  anderen  aber  werden  wir  annehmen  dürfen, 
dass  diese  Verweise  auf  der  Vorlage  selbst  gestanden  haben,  denn  es 
ist  sicher  zu  erweisen,   dass  Berardus  enge  zusammengehörige  Briefe 
auf  einem  Blatte  vereint  concipirt  hat,    und  da  lag  es  auch  für  ihn 
nahe,  gleiche  Adressaten  nur  mit  dem  « Eidem '^  anzudeuten,  und  wir 
sahen  bereits  an  einem  Beispiele,  dass  die  Verweise  mit  «ut  supra' 

<)  So  läsflt  sich  bei  NO  ganz  bestimmt  eine  Neig^g  zum  Cistercienser- 
Orden  und  ein  Interesse  för  Briefe  cameralistisohen  Inhaltes  erkennen.  ')  Nament- 
lich bei  den  Adressaten  lag  dies  nahe;  direct  wird  es  aber  auch  bei  ihnen 
dadurch  bewiesen,  dass  wir  verschiedener  Behandlung  in  den  Handschriften  bei 
gleichen  Briefen  begegnen;  so  hat  NV  bei  ep.  128  »Regi  Castelle*  und  ep.  124 
»fiidem*,  während  in  NO  die  mit  ihnen  correspondirenden  epp.  86.  87  beide  die 
ausgeschriebene  Adresse  aufweisen.  —  Dieselbe  Gewohnheit  haben  auch  die 
Schreiber  von  A  und  B,  es  ist  aber  in  Hinblick  auf  die  folgenden  AusfUhrungen 
hier  ausdrücklich  zu  betonen,  dass  alle  8  Handschriften  der  Epistolae  Notabiles 
derartige  Kürzungen  auch  in  Briefen  haben,  die  in  A-B  fehlen. 


110  Kaltenbrunner. 

auf  derartig  zuBamm^igehöhgeu  Briefen  von  ihm  angebracht  sein 
können,  ohne  da88  im  ersten,  auf  den  damit  verwieB^L  wird,  überlumpt 
ein  Datum  schon  vermerkt  gewesen  wäre,  eben  weil  die  gleichseitige 
Approbation  oder  Expedition  für  alle  sieh  aus  dem  Inhalte  von  selbst 
ergab  ^).  Die  Sonderung  nun,  welche  die  Zusammensteller  unserer 
3  Handschriften,  Geschmack  und  Neigung  folgend,  am  Material  vor- 
nahmen, erstreckte  sich  auch  auf  solche  auf  einem  Blatte  zusammen- 
geschriebenen Concepte,  und  indem  sie  einen  Hauptbrief  (so  nenne 
ich  den  ersten  eines  solchen  Blattes,  der  entweder  mit  seiner  Adresse 
oder  seiner  Datirung  die  folgenden  beherrschte)  hiebei  von  der  Auf- 
nahme ausschlössen  dagegen  einen  folgenden  zuliessen,  stiess  ihnen 
mehrmals  der  Unfall  zu,  dass  sie,  mechanisch  den  Verweis  aus  der 
Vorlage  herübemehmend,  mit  dem  »Eidem*  oder  dem  «Dat.  ut  supra' 
sich  auf  einen  ganz  andern  Adressaten  oder  eine  andere  Datirung 
beziehen,  als  dies  in  der  Vorlage  der  Fall  war'). 


')  Vgl.  pag.  87.  Auf  keinen  Fall  ist  ee  zulässig,  bei  derartigen  Verweisen 
mit  >ut  Bupra*,  vor  welchen  unmittelbar  vorher  keine  Datirung  steht,  auf  einen 
früheren  Brief  mit  Datirung  zurückzugreifen.  Denn  abgesehen  yon  den  fUllen, 
wo  eine  verweisende  Datirung  auf  der  Vorlage  anticipirt  war,  müssen  wir  auch 
mit  solchen  rechnen,  wo  die  eine  oder  andere  Handschnfb  eine  Datirung  der 
Vorlage  ein&.ch  ausgelassen  hat.  Direct  werden  wir  hierüber  durch  folgenden 
Fall  belehrt:  NP  ep.  152  hat  »Dat.  ut  supra*,  obwol  ep.  151  keine  Datirung 
hat;  wol  aber  hat  ep.  150  »Dat.  II.  Id.  Decembris*.  In  NV  nun  hat  der  mit 
ep.  151  correspondirende  ep.  157  »Dat.  Id.  Decembris*,  auf  welches  sich  das 
»Dat.  ut  supra*  in  dem  NP  152  entsprechenden  ep.  158  bezieht  Wir  erhielten 
also,  wollten  wir  einft*ch  den  Verweisen  folgen,  aus  den  zwei  Handschriften  für 
einen  und  denselben  Brief  yerschiedene  Datirungen.  *)  So  hat  NV  ep.  46  den 
Verweis  »£idem*  und  bezieht  sich  damit  auf  ep.  44  mit  der  Adresse  »Oarolo 
comiti  Provincie*.  Abgesehen  davon,  dass  der  Adressat  von  ep.  45  dem  Inhalte 
nach  ein  König  ist,  der  Verweis  für  Karl  y.  Ai\jou,  den  hier  der  Concipist 
scheinbar  dem  Grossator  gibt,  also  für  ungenügend  erklärt  werden  müsste,  er- 
gibt sich  auch  aus  demselben,  dass  der  Brief  nicht  an  Karl  sondern  an  seinen 
Bruder,  den  französischen  König,  gerichtet  sein  müsse.  Wie  dieser  Fehler  dem 
NV  unterlaufen  konnte,  wird  uns  sofort  klar,  wenn  wir  NO  und  NP  heran- 
ziehen; dort  entspricht  ep.  45  den  epp.  19  und  62  eben&Us  mit  dem  Adressaten 
»Eidem*,  der  sich  aber  auf  die  Adresse  der  vorhergehenden  Briefe  »Regi  Fran- 
corum«  ganz  richtig  bezieht  NV  hat  also,  indem  er  einen  Sprung  machte 
—  ep.  44  entspricht  NP  59  (und  NO  858)  —  den  Fehler  durch  mechanische  Nach- 
bildung  seiner  Vorlage  begangen.  Der  Inhalt  der  in  NO  und  NP  nebeneinander 
stehenden  Briefe  18. 19  u.  61. 62  ist  derart,  dass  wir  sie  zusammen  concipirt  annehmen 
können,  denn  in  beiden  wird  der  König  um  Unterstützungen  aus-  der  ihm  vom 
Papste  bewilligten  Centesima  angegangen.  —  Bezüglich  der  Datirung  begegnen 
wir  einem  derartigen  Fehler  in  NO:  Das  »Datum  ut  supra*  von  ep.  155  besieht 
sich  dort  auf  das  »Dat.  Rome  X.  Kl.  Februarü  a.  IIP.«  von  ep.  154.  Der 
erstere  correspondirt  nun  mit  B  ep.  628,   der  auch  den  Verweis  hat,  aber  von 


RömiMhe  Studien  HL  Hl 

Die  Beihe,  welche  dergestalt  die  Epistolae  Notabiles  benützten, 
ist  das  Prodact  reiflicher  üeberlegung,  welche  von  historischem  Sinne 
geleitet,  inhaltlich  eng  zusammengehörige  Briefe  zusammenstellte,  so 
dass  sieh  innerhalb  der  grossen  nach  Pontificaten  geordneten  Reihe 
eine  ganze  Anzahl  Ideiner  Gruppen  bildeten,  die  zum  Theil  f&r  sich 
allein  eine  historische  Thatsache  oder  eine  Yerf&gong  betreflTen,  zum 
Theil  wieder  in  grössere  Gruppen  zusammengebracht  werden  können, 
welche  geradezu  die  Thätigkeit  der  Curie  in  den  grossen  Fragen,  mit 
denen  sie  es  zu  thun  hatte,  beleuchten^).  In  dieser  Beihe  muss, 
wie  wir  sahen,  auch  der  Grosstheil  der  Gruppen  des  gemeinsamen 
Bestandes  von  Ä-B  gelegen  haben,  und  es  fragt  sich  nun,  wie  wir 
uns  das  Verhältniss  dieser  nach  Materien  ordnenden  Bedactionen  zur 
grossen  Beihe  der  Epistolae  Notabiles  zu  denken  haben.  Es  sind  da 
zwei  Fälle  möglich:  entweder  entstanden  A-B  (in  ihrem  gemeinsamen 
Bestände)  auch  aus  der  grossen  Beihe,  oder  dieselbe  bildete  sich  erst 
durch  das  Hinzukommen  des  Materials  von  jenen.  Ersteres  ist  ent- 
schieden die  auf  den  ersten  Blick  einfachere  Erklärung,  und  es  wider- 
spricht ihr  auch  durchaus  nicht,  dass  A-B  eine  grosse  Anzahl  in  dem 
zusammengelegten  Bestände  der  Epistolae  Notabiles  fehlender  Briefe 
aufweist,  denn  bei  der  Art  des  Zustandekommens  ihrer  Handschriften 
haben  wir  ja  gar  keine  Gewähr,  dass  derselbe  das  ihm  vorgelegene 
Material  erschöpfe.  Aber  wenn  wir  uns  des  Eindruckes  der  ürsprüng- 
lichkeit  erinnern,  welchen  A  Tor  allem  durch  seine  Noten  und  auch 
durch  seine  sonstige  Anlage  auf  uns  machte,  so  werden  wir  von 
dieser  Erklärung  doch  abkomm'^n,  da  wir  bei  ihr  gezwungen  wären, 
die  Ibtetehung  yon  A-B  und  des  Archetypus  der  Dictamina  zeitlich 
nach  der  der  Epistolae  Notabiles  zu  setzen,  ausser  wir  wollten  den 
sicher  erzwungenen  Ausweg  betreten,  zu  glauben,  dass  nach  der  Zu- 


dem Datnm  des  in  NO  fehlenden  ep.  622:  »Dat.  Rome  X.  El.  Martii*  beherrscht 
wird.  In  ganz  analoger  Weise,  wie  der  frflher  angeführte,  ist  auch  dieser  Fehler 
dadnieh  entstanden,  dass  NO  den  Haoptbrief  von  ep.  155  übersprang,  und  ohne 
dies  8u  berücksichtigen  den  Verweis  auf  seiner  Vorlage  mechanisch  nachbildete; 
denn  ep.  154  steht  in  B  unter  n^  621  eingetragen  d.  i.  auch  in  einer  jener 
8  selbetändigen  Gruppen  von  B,  welche  wir,  da  sie  ganz  analoge  Verhältnisse 
wie  die  Epistolae  Notabiles  aufweisen,  hier  mit  einbeziehen  dürfen.  —  Aehnliche 
Fehler  wurden  schon  früher  pag.  80  bei  den  Handschriften  der  Dictamina  nach- 
gewiesen. 

')  Vgl.  pag.  87.  Der  Raum  erlaubt  es  mir  leider  nicht,  dies  des  näheren 
an  Beispielen  auszuführen,  ich  muss  daher  auf  die  in  der  zweiten  Abtheilung 
dieser  Abhandlung  befindliche  Liste  der  Sammlung  verweisen,  in  der  ich,  so 
weit  es  mein  Kennen  gestattete,  die  den  Epistolae  Notabiles  zu  Grunde  liegende 
Reihe  zu  constmiren  suche. 


112  Kal^tenbr  anner. 

sammenstellung  und  Anfertigung  der  3  Handschriften  das  Material 
wieder  in  derselben  Ordnung  in  die  Reihe  rückerstattet  worden  sei 
—  So  wenden  wir  uns  denn  zur  anderen  Erklärung,   dass  die  Beihe 
erst  durch  das  Hinzukommen  des  Materials  von  A-B  entstanden  sei 
Dies  können  wir  uns  aber  nur  so  denken,  dass,  nachdem  die  Gruppen 
von  A-B  und  der  Archetypus  von  D  angefertigt  waren,   ihre  Briefe 
in  eine  nach  Pontificaten  geordnete  Beihe  auseinandergelegt,  und  diese 
in  eine  andere  vorhandene,  ebenso  geordnete  eingeschoben  wurde,  und 
zwar  so,  dass  man  auf  die  inhaltliche  Zusammengehörigkeit  der  derart 
ineinandergeschobenen  Briefe  eifrig  bedacht  war.   Es  lässt  sich  nicht 
läugnen,  dass  dies  alles  recht  complicirt  klingt,  aber  es  sprechen  doch 
dafür  eine  ganze  Beihe  von  Gründen.   Zunächst  kommt  der  historische 
Sinn  des  Zusammenstellers   von  A   in  Betracht:   wenn   er  aus  der 
grossen  Beihe  nach  Materien  seine  Gruppen  bildete,  ist  nicht  recht 
einzusehen,  warum  er  da  nicht  durchgreifend  vorging,  warum  er  üek 
bei  jeder  derselben  Briefe,   die  sich  ihm  darboten,   unberücksichtigt 
liess,  und  zwar  Briefe,  welche,  wie  die  Epistolae  Notabiles  lehren,  in 
räumlichen  Zusammenhang  mit  den  von  ihm  gebrachten  gestanden 
haben  müssten^).  Der  Einwand  aber  entf^t,  da  wir  annehmen,  dass 
jene  zweite  Beihe,   zu  welcher  A-B  ergänzend  trat,   von  ihm  unbe- 
rücksichtigt geblieben  sei  —  Das  Vorhandensein  einer  solchen  Beihe 
können  wir  aber  auch  direct  nachweisen,  nämlich  durch  jene  3  Gruppen 
von  B,  die  derselbe  unabhängig  von  A  aufweist  und  durch  den  zweiten 
Theil  des  Archetypus  der  Dictamina.    Jene  schieben  sich  dadurch, 
dass   sie   nur  nach  Pontificaten  geordnet  und   nicht  nach  Materien 
zusammengestellt  sind,  geradezu  als  fremde  Körper  in  den  gemein- 
samen Bestand  A-B  ein;  dieser  stellt  sich  ab  eine  Beihe  nach  Pon- 
tificaten geordneter  Briefe  dar,  ebenso  wie  es  die  Epistolae  Notabiles 
thun.     Es  wurde  bereits  constatirt,  dass  diese  Bestände  von  B  und  D 
nicht  in   directer   Abhängigkeit  von   einander   stehen  können,    weil 
jeder  dem   andern  gegenüber  selbständige  Briefe  aufweist;   anderer- 
seits ist  aber  ihr  Yerhältniss  zu  einander  ein   solches,  dass  wir  sie 
auf  eine  gemeinsame  Beihe  zurückftLhren  müssen,  aus  der  D  ein&ch  ex- 
cerpirte,  B  dagegen,  die  Beihenfolge  der  Briefe  einhaltend,  3  Schreiber- 
pensa zusammenstellte*).   Allerdings  muss  hier  angeftlhrt  werden,  dass 
sich  der  Bestand  von  D  vollständig  in  NV  findet,  so  dass  er  sich  auf 
den  ersten  Blick  als  ein  Excerpt  desselben  darstellt,   wogegen  auch, 


0  Namentlich  für  die  Gruppen  De  Terra  Sancta  und  de  Face  bieten  die 
Epistolae  Notabiles  zahlreiche  Ergänzungen;  ich  verweise  diesbezüglich  wieder 
auf  die  Liste  der  Sammlung.        *)  Vgl.  pag.  69. 


Römisclie  Studien  m.  113 

ao  weit  ich  dies  constatiren  kann,  die  Textyergleiehimg  nicht  sprechen 
würde ^)l  Aber  ein  anderer  sehr  gewichtiger  Umstand  spricht  dagegen: 
alle  Briefe  von  Th.  II  des  D  nunlich  sind  solche,  die  dem  gemein- 
samen Bestände  von  A-B  fehlen ;  wenn  wir  nun  auch  TL  II  als  eine 
Ergänzung  oder  einen  Appendix  su  Th.  I,  der  das  Material  yon  A-B 
benutzte,  ansehen  wollten,  so  wäre  doch  die  Auswahl  der  Briefe  aus 
NY  nach  dem  Gesichtspunkte,  dass  dieselben  in  Th.  I  fehlen,  eine 
Leistung  des  Zusammenstellers  des  Archetypus,   die  wir  ihm  kaum 
zumuthen  könnten;  bei  Benützung  einer  vom  Bestände  A-B  gesondert 
liq^den  Beihe  ergab  sich  aber  das  Besultat,   das  er  mit  Th.  U  er- 
zielte, Yon  selbst,  da  die  A-fi  Briefe  entweder  noch  nicht  in  ihr  lagen 
oder   schon  aus  ihr  geschieden  waren.  —  Zudem  erweist  sich  das 
Yorhandensein  einer  solchen  Beihe  mit^Sicdierheit  aus  den  S  Gruppen 
von  B.    Auch  bei  ihnen  laset  sich  als  Prindip  der  Zusammen^Uung 
erkennen,  dass  Ergänzungen  zu  dem  übrigen  Bestände  der  Handschrift 
gegeben  werden  sollen,  was  sich  auch  schon  durch  den  geänderten 
Aiüageplan  manifestirt,  aus  welchem  wir  schon  früher  schlössen,  dass 
die  Anordnung  der  Gruppen,  so  wie  sie  uns  im  gemeinsamen  Bestände 
von  A-B  entg^rentritt,  das  Werk  des  Zusanmienstellers  von  A  sein 
mtüse,  in  dessenrFusstappen  dann  B  getreten  ist    Allerdings  be- 
gegnen uns  in  si;wei  von  den  3  Gruppen  eine  Anzahl  von  Briefen,  die 
auch  im  gemeinsamen  Bestände  stehen,  wofür  ich   eine  bestinmite 
Erklärung  nicht  zu  geben  vermag;  jedoch  ist  diese  Thatsache,  mag 
sie  was  immer  für  einen  Grund  haben,  nicht  darnach  angethan,  die 
froher  aooeptirte  ErUärung,  daas  die  3  Gruppen  auf  eine  von  A-B 
unberücksichtigt  gelassene  Beihe  zurückgehen,  zu  werfen,  da  wir  auch 
bei  der  Annahme,  dass  A-B  aus  der  grossen  Beihe  entstanden  sei, 
eine  sich  sofort  darbietende  Erklärung  für  diesen  Umstand  nicht  zur 
Hand  haben').    Yergleichen  wir  nun  die  3  Gruppen  mit  der  Beihe, 
welche  den  Epistolae  Notabiles  zu  Grunde  liegt,   so  finden  wir  aus 
der  schon  früher  pag.  106   gegebenen  Zusammenstellung,   dass  sie 
ganz  das  gleiche  Yerhältniss  aufweisen,  wie  die  Gruppen  des  gemein- 
samen Bestandes  A-B :  in  derselben  Beihenfolge  stehen  die  Briefe  der 
ineinandergeschobenen  nicht  nacheinandergeetellten  Gruppen  in  den 


^  Du  ZahlenverhSltniss  der  beiden  Haadschriften^ergibti  dass  D  nur  ein 
dürftigeB  Ezoeipt  auB  NY  sein  könnte,  demu dessen  178  Briefe  Btehen  nur  etwa 
59  Briefe  des  Archei^us  gegenüber.  Aber  diese  erstrecken  sich  dennoch  ziem- 
lich über  den  ganzen  Bestand  von  jenem,  indem  der  erste  dort  ep.  9,  der  letzte 
ep.  160  entq>richt  Sowol  NP  als  NO  gegenüber  weist  D  selbständige  Briefe 
aii£  *)  Den  bei  6r.  YIL  2  und  XYII  (p.  88  u.  87)  angeführten  11  Briefon 
stehen  in  den  8  Gruppen  98  Briefe  gegenüber,  die  in  A-B  fehlen. 

lüttMlaoiWi  TD.  8 


114  Ealtenbrunner. 

einzelnen  Handschriften  der  Epistolae  Notabiles,  ohne  dass  aber  der 
ganze  Bestand  Ton  B  dergestalt  in  ihnen  aufginge,  und  Tergleichen 
wir  femer  das  OefÜge  der  B-Gmppen  mit  dem,  welches  die  A-B- 
Omppen  in  den  Epistolae  Notabiles  bilden,  so  sehen  wir  es  nicht 
etwa  vor  oder  nach  jenem  gestellt,  sondern  in  dasselbe  eingeschoben. 
Alle  diese  Verhältnisse  können  wir  uns  dermassen  erklären,  dass 
diese  3  Qruppen,  sowie  jene  Briefe,  welche  die  Epistolae  Notabiles 
unabhängig  von  ihnen  und  vom  gemeinsamen  Bestände  A-B  besitzen, 
jene  Beihe  repräsentiren,  welche  vor  dem  Hinzukommen  von  A-B  Tor- 
handen  war.  Daftlr,  dass  diese  sodann  durch  das  Hinzutreten  von  A-B 
zu  der  den  Epistolae  Notabiles  zu  Grunde  liegenden  wurde,  spricht  end- 
lich noch  folgender  Umstand:  Wir  sahen,  dass  wahrscheinlich  Tom 
Zusammensteller  von  A  die  Concepte  präparirt  worden  waren  derart, 
dass  sie  zu  bestimmten  Pontificaten  fixirt  wurden  und  zwar  so,  dass 
er  innerhalb  der  Pontificate  nicht  den  Adressanten,  sondern  ein  auf 
ihn  verweisendes  ,Idem'  setzte.  In  keinem  Briefe  der  3  Gruppen 
von  B  xmd  in  kleinem  Briefe  von  NV  und  NO  finden  wir  solche 
Verweise,  wol  aber  finden  sich  solche  in  NP  mehrmals,  und  zwar  nur 
bei  solchen  Nummern,  die  iu  A  Deckung  finden  und  dort  auch  das 
.Idem*  haben,  und  es  ist  weiter  ausdrücklich  zu  betonen,  dass  diese 
Setzungen  in  NP  in  Folge  ihres  sporadischen  Auftretens  als  regellose 
bezeichnet  werden  müssen.  Da  ist  es  nun  doch  sehr  wahrscheinlich, 
dass  diese  auf  mechanischer  Nachbildung  der  Vorlage  beruhen,  welche 
bereits  durch  die  Hand  des  Zusammenstellers  von  A  gegangen  war, 
namentlich  wenn  wir  uns  erinnern,  dass  eben  solche  auch  die  in  den 
Dictamina  stehenden  «Idem*  verursacht  hat. 

Auf  diese  grosse  Beihe,  welche  wir  uns  nach  der  eben  geschil- 
derten Weise  entstanden  denken,  führt  auch  eine  Handschrift  zurück, 
welche  ihrer  Sonderstellung  halber  erst  hier  eine  Besprechung  finden 
kann,  und  welche  uns  belehrt,  dass  durch  alle  bisher  betrachteten 
Bedactionen  der  Sammlung  der  Vorrath  an  Goncepten  des  Berardus 
nicht  erschöpft  worden  ist 

Cod.  Paris,  lai  8567.  saecXIII.  8».  (cf.Delisle  p.lOO)  =  SS. 

Die'  aus  12  Lagen  bestehende  Handschrift  lässt  sich  in  5  mehr 
oder  minder  einheitlich  beschriebene  Gruppen  zerlegen,  welche  mit 
Ausnahme  der  (nur  aus  einem  Blatte  bestehenden)  zweiten^)  durchaus 
von  Notaren    besorgte  und  an  sie   eingelangte   Correspondenz  ent- 


^)  Fol.  8S  (L.  4)  enthält  eine  »Forma  privilegii  iadicatos  et  tabellionatos« 
und  veno  ein  ganz  metorisch  gehalteneB  Glückwunschsohreiben  an  einen  neu- 
gewählten  Papst 


Rftmisohe  Studien  III.  115 

ludten^).  Die  Pessönlichkeiten,  die  uns  hiebei  aufstossen,  befinden 
sich  in  yerschiedenen  Dienstverliältnissen,  durchwegs  weisen  sie  aber 
entweder  mit  demselben  oder  doch,  wie  ihre  vielfach  auftretende 
Privateorrespondenz  beweist,  mit  ihrer  Heimat  auf  das  Königreich 
Neapel;  zeitlich  umspannt  ihre  Thätigkeit  die  Zeit  Friedrich  IL,  der 
leteten  Staufer  und  der  Anjou's^).  Einzelne  derselben^  beherrschen 
ganze  Gruppen  oder  doch  anunterbrochen  Theile  derselben'),  an 
anderen  Stellen  wieder  ist  die  Gorrespondenz  mehrerer  vermischt  auf- 
genommen. Nach  beiden  Sichtungen  hin  begegnet  uns  nun  auch 
Berardns  de  Neapoli;  in  Or.  1  nämlich  stehen  inmitten  von  anderen 
foL  23' — 25  vier  ihm  zugeschriebene  Briefe,  die  alle  in  den  zusammen- 
hätigenden  Bedactionen  seiner  Sammlung  fehlen.  Der  zweite  von 
ihnen  ist  ein  Frivatbrief  des  Berardus,  in  welchem  ^r  Karl  IL  von 


0  Eine  Ausnahme  hievon  macht  nur  Gr.  8  (L.  5),  indem  sie  zu  Beginn 
(fol.  84— S4e)  eine  Legende  bringt  mit  der  Ueberschrift  »Nativitas,  vita  et  obitas 
S.  Albani,  qui  natus  fuit  ex  patre  et  filia,  postea  accepit  matrem  in  uzorem, 
post  hec  occidit  patrem  et  matrem,  demum  sauctus*.  Derselben  Legende  haben 
wir  bereit»  firüher  in  dem  in  der  Kanzlei  entstandenen  NY  begegnet;  hier  wird 
in  einer  Randnotiz  ein  G.  abbas  Clarayallensis  als  ihr  Autor  genannt  und  ihr  der 
Ctdcül  »optima  est*  beigelegt.  (Bei  Potthast  a.  a.  0.  wird  ein  Transamundus  (?) 
als  Autor  genannt). 

*)  loh  notirte  ausser  Berardus  de  Neapoli  die  Namen :  Stefanus  de  8.  Georgio, 
Nicolauft  de  Rocca  und  dessen  gleichnamigen  Sohn,  Petrus  de  Vineis,  Leonardus 
de  Benevento,  Nicolaus  de  Sanctis,  Petrus  Grassus,  Johannes  de  (Japua,  Dominions 
de  Rocca.  Ueberwiegend  sind  es  die  Briefe  der  beiden  erst  genannten,  die  uns 
entgegentreten.  Ersterer  ist  nach  einander  im  Dienste  des  englischen  Königs- 
baufles,  dann  des  Cardinal  Hugo  von  S.  Lorenzo  in  Ludna  (eines  EngUnders) 
und  Karl  IL  y.  Ai^ou;  im  enrteren  Dienstverhältniss  condpirt  er  auch  für  den 
Thesaorar  des  Königreiches  einen  Brief  an  Berardus  de  Neapoli,  der  sich  fol.  18 
mit  der  Ueberschrift  ,T.  Thesaurarius  Anglie  Magistro  B.  de  Neapoli  per 
Stephanum«  findet.  Der  Brief  bietet  kein  historisches  Interesse,  ausser  dass  er 
die  angesehene  Stellung  erweist,  der  sich  Berardus  an  der  Curie  erfreute. 
Kicolaus  de  Rocca  Überliefert  zahlreiche  von  ihm  im  Dienste  der  Staufer  ge- 
sehiiebene  Briefe,  von  denen  einige  zusammen  mit  solchen  des  Petras  de  Vineis 
aas  der  Handschrift  von  Hnillard-Br^hoUes  in  »Vie  et  Correspondance  de  Pierre 
de  la  Yigne*  Paris  1865  publicirt  worden  sind.  Eine  erschöpfende  Ausbeutung 
des  wichtigen  Codex  steht  noch  aus.  —  Auf  seine  süditalienische  Prov^enz  weist 
Muwer  den  in  ihm  auftretenden  Autoren  auch  der  Umstand  hin,  dass  für  mehrere 
■einer  Lagen  rescribirtes  Pergament  mit  älterer  beneyentanischer  Schrift  yer- 
wendet  ist  *)  Es  ist  dies  der  Fall  in  Gr.  1  L.  1,  wo  nur  Stefimus  de  S.  Georgio 
auftritt,  in  Gr.  8,  wo  nach  der  Legende  Nicolaus  de  Sanctis  mit  beneventanisohen 
Briefen  dominirt,  und  in  Gr.  6  (mit  den  loteten  4  zusammenhängenden  La^n 
dei  Godes),  welche  geradezu  als  Secretärregister  des  Nicolaus  de  Rocca  beseichnet 
werden  kann.  Alle  drei  begegnen  uns  aber  auch  in  anderen  Theilen  der 
Haadschxift 

8* 


116  Kaltepbruiiiier. 

Anjou  seine  Ergebenheit  bezeugt  und  seine  guten,  dem  Vater  schon 
geleisteten  Dienste  anbietet;  die  andern  8  sind  ton  ihm  in  seiner 
Eigenschaft  als  papstlicher  Notar  abge&sst,  was  in  ihren  üeber- 
schriftm  durch  die  Anhängung  der  Worte  «per  Berardum  de  Neapoli 
notarium  pape*^  zum  Ausdruck  gebracht  wird,  so  wie  auch  sonst  in 
analoger  Weise  in  der  Handschrift  die  Autorachaft  der  einzelnen 
Notare  bei  vielen  Briefen  bezeugt  wird.  Der  erste  Brief  ist  P«  21895 
d.  i  die  erste  gegen  Peter  y.  Aragon  gefällte  Sentenz,  die  sich  hiemit 
ergänzend  den  späteren  in  A*B  überlieferten  Processen  g^en  den- 
selben vorstellt^).  Die  beiden  letzten  Briefs,  welche  Klagen  fiber 
die  Bedrückung  der  schottischen  Kirche  aussprechen,  yermag  ich 
keinem  bestimmten  Papste  zuzuweisen;  in  Hinblick  auf  die  beiden 
andern  Briefe  gehören  sie  wahrscheinlich  Martin  lY.  an. 

Als  in  sich  abgeschlossene  Reihen  begegnen  uns  sodann  Briefe 
des  Berardus  in  der  4.  Gruppe  des  Codex,  indem  die  erste  Lage 
(foL  43 — 52)  ganz,  und  die  zweite  auf  den  ersten  5  Blättern  mit 
solchen  geftillt  sind.  Die  Briefe  sind  auch  nach  den  beiden  Lagen 
abgetheilt,  denn  abgesehen  davon,  dass  andere  Hand  und  Tinte  und 
anderes  Linienschema  in  ihnen  auftritt,  ist  auch  jeder  Beihe  die  Ueber- 
schrift  .Epistole  domini  Berardi  de  Neapoli  domini  pape  notarii* 
Yorgestelli  Dieser  Oesammttitel  wahrscheinlich  verursachte  es,  dass 
dann  bei  den  einzelnen  Briefen  nicht  so,  wie  dies  sonst  fiEkst  durch- 
gehends  der  Fall  ist,  die  Autorschaft  des  Concipisten  mit  dem  .per* 
eingeleitet  ausdrücklich  vermerkt  ist  Die  erste  der  beiden  Reihen 
umfi^st  22  Briefe,  von  denen  epp.  1  und  2  in  die  Sedisvacanz  vor 
Martin  IV.  fEJlen,  ep.  21  ein  Privatbrief  des  Berardus  an  den  König 
von  England  ist,  alle  übrigen  dem  Pontificate  Martin  IV.  angehöreu. 
Schon  bei  epp.  1  und  2  beginnt  die  Beziehung  mit  den  Epistolae 
Notabiles,  deren  Repräsentant  hier  natürlich  nur  NP  sein  kann,  denn 
sie  finden  sich  in  ihm  ebenso  wie  dort  unter  n^  218.  219  den  Martin- 
briefen vorgestellt  Epp.  3 — 9,  epp.  11 — 16  und  ep.  20  entfallen 
sodann  der  Reihe  nach  auf  NP  epp.  220.  224.  227.  230.  232.  234. 
233. 237.  238.  239.  252.  247.  253.  260.  Zum  Theil  finden  sich  dieselben 


1)  Der  AnflchloBs  ist  ein  unmittelbarer:  w&hrend  P.  21895  an  der  Asoensio 
Domini  1282  promulgirt  ist,  fUlen  die  in  AXV  (epp.  618—518)  vereinten  6  Prooesse 
in  geschlossener  Reihe  auf  die  ferneren  Jabrestermine  von  der  Dedicatio  basilicae 
Prindpis  Apostolorum  1282  an  bis  zur  Asoensio  Domini  1284.  Ueberdies  gibt  es 
einen  ausserbalb  der  Termine  fiEdlenden  Process  v.  21.  HL  1288.  P.  21998;  der- 
selbe steht  beseichnender  Weise  auch  gesondert  in  A  unter  n®  202,  und  wir  er- 
innern uns,  dass  dort  eine  Randnote  besagt,  dass  ein  Tlfcil  von  P.  21895  sn  seinem 
Dictate  verwendet  worden  sei  (ygl.  p.  84).  Nun  erhalten  ynx  durch  SS  auoh  die 
Gewissheit,  dass  Berardus  hiebei  nur  seine  eigene  Arbeit  benütit  habe. 


Bflmiache  Stadien  m.  117 

auch  in  A-B,  zum  Theil  feUen  sie  dort,  andererseits  haben  ab^r  noch 
3  in  NP  fehlende  Briefe  der  Gruppe  Deckung  in  A-B,  nämlich  epp.  10. 
17.  22  mit  A  epp.  477.  829.  414.  Die  zwei  noch  erübrigenden  Briefe 
«endlich,  epp.  18  und  19  sind  unserer  Handschrift  allein  angehorig; 
der  erstere  ist  P.  21967,  der  letztere  an  den  Prinzen  Karl  von  Salemo 
gerichtete  ist  ungedruckt  und  handelt  über  den  beabsichtigten  Zwei- 
kampf seines  Yaters  mit  Peter  von  Aragon;  er  ist  entschieden  nach 
demselben  Dietat  gearbeitet  wie  P.  21981,  in  welchem  Martin  IV.  in 
derselben  Angel^enheit  an  König  Karl  selbst  abmahnende  Worte 
richtet 

Die  zweite  Beihe  umfasst  14  Briefe,  von  denen  die  letzten  rier 
eben&Us  Martin  IV.  angehören;  von  ihnen  correspondiren  epp.  11 
und  12  mit  NP  254.  255  =^  A  494.  495,  die  beiden  andern  dagegen 
(P.  22049  u.  22142)  sind  unserer  Handschrift  allein  eigenthümlich. 
Mit  Ausnahme  yon  ep.  9,  einem  an  den  Erzbischof  t.  Tours  gerich- 
teten Exemplar  der  Encyclica  Innocenz  V.  (P.  21102),  welche  sich 
sonst,  und  zwar  ohne  Adresse,  nur  unter  n^'  11  der  Varia  des  DL 
Torfindet,  gehören  alle  übrigen  Briefe  Gregor  X.  an.  Die  ersten  zwei 
sind  Exemplare  seiner  Encyclica,  der  dritte  ist  das  Glüdkwunsch- 
Bchreiben  des  Berardus  an  ihn.  Jene  stehen  in  NP  an  der  Spitze 
der  Oregorbriefe,  während  dieses  mehr  sachgemäss  dort  der  Ency- 
dica  unter  n^  71  vorgestellt  ist  So  bringen  auch  NV  und  NO  die 
Briefe,  aber  sie  lassen  das  zweite  Exemplar  der  Encyclica  w^,  während 
B  in  Qr.  VII  2  (epp.  330—882)  sowol  bezüglich  Ordnung  und  Zahf 
als  auch  darin,  dass  die  Nummern  eine  Beihe  von  Oregorbriefen  er- 
Qffiien,  mit  NP  übereinstimmt^).     Epp.  4.  5  des  SS.  correspondiren 

')  BeÜBle  theilt  a.  a.  0.  die  ersten  5  Briefe  der  Reihe  mit,  und  stellt  hiebei 
unter  n*  8  eine  Note  über  den  Titel  des  Papstes  vor  der  Gonsecration  ein,  welche 
doch  wol  nur  zur  vorangehenden  Encyclica  gehört;  sie  findet  sich  in  derselben 
Verbindung  (also  nicht  als  Bandnote)  gleichlautend  auch  in  NF  und  B  vor.  — 
Entgegen  der  Ueberüeferung  im  Registmm  (A.  I.  epp.  1.  8  =s  P.  20517.  18)  stellt 
flieh  die  Encyclica  in  allen  8  Etondschriften  als  yor  der  Gonsecration  erlassen 
dar,  wie  das  »Dat.  im.  Non.  Martü*  b.  a.  n.  a.  o.*  lehrt.  Das  erste  Exemplar  ist 
in  NO  nnd  B  ohne  Protokoll  und  Datinmg  eingetragen,  sowie  in  ihnen  auch  die 
Adresse  des  zweiten  (Regi  Francomm)  fehlt;  in  SS  dagegen  ist  die  zusammen- 
fiusende  Adresse  »Prelatis*  vorgestellt,  während  das  »Gr.  electns  episcopns« 
beweist,  dass  es  ebenfiüls  vor  der  Gonsecration  abge&sst  ist.  Beim  zweiten 
Ezemlare  verweist  ein  »Idem*  auf  die  vorhergehende  Formel,  was  der  früher 
aa%estellten  Behauptong,  dass  derlei  Verweise  auf  Vorschreibung  des  Bedacteors 
von  A  beruhen,  zu  widersprechen  scheint,  indem  sich  die  Encyclica  in  A  nicht 
vorfindet.  Aber  hier  kajm  das  »Idem*  vom  Gondpisten  gar  wol  gesetzt  sein, 
denn  es  galt,  den  Grossator  auf  eine  immerhin  seltene  Titulatur,  welche  auch 
den  Ezcurs  über  das  Formelwesen  in  der  angeführten  Note  veranlasste,  aufinerk- 


118  Kaltenbrunner. 

sodann  mit  NF  74.  75.  NV  83.  SS^";  dieselben  fallen  in  A  in  die 
Grappe  De  concilio  (A  epp.  391.  392),  und  indem  nun  nach  ep.  5 
der  Zusammenhang  mit  NP  und  NY  aufhört,  setzt  er  sich  innerhalb 
derselben  Gruppe  zunächst  bei  ep.  6  noch  in  NO  (ep.  122  :=  A  894) 
und  weiter  bei  ep.  7  nur  mehr  in  A  mit  ep.  395  fort.  Epp.  8  u.  10 
endlich  sind  wieder  dem  SS  allein  angehörig;  ersterer  ist  F.  20681, 
letacterer  ein  sicher  Gregor  X.  zuzuweisender  Brief,  welcher  f&r  A-B 
eine  Ergänzung  zur  Gruppe  De  Terra  Saneta  hätte  liefern  können  ^)^ 

Diese  Verhältnisse  erweisen  wol  die  Behauptung,  dass  SS  Im 
diesen  Zusanmienstellungen  die  den  Epistolae  Notabiles  zu  Grunde 
liegende  Beihe  benützt  habe,  und  sie  sind  auch  darnach  angethan, 
unsere  Ansicht  über  das  Zustandekommen  derselben  zu  bekräftigen. 
Bei  Abschnitten  der  Epistolae  Notabiles  d.  L  beim  Beginn  von  Fon- 
tificaten,  welche  wir  als  das  einzige  ordnende  Motiv  in  ihnen  erkannt 
haben,  einsetzend,  folgen  beide  Beihen  ihrem  Zuge,  ohne  in  einer  der 
uns  bekannten  Handschriften  au&ugehen,  und  dort^  wo  der  Zusammen- 
hang mit  denselben  unterbrochen  wird  oder  aufhört,  spinnt  er  sich 
fort  mit  A-B,  und  zwar  in  ganz  analoger  Weise,  wie  wir  es  bei  jenen 
Bedactionen  selbst  erkannt  haben'). 

So  wie  bei  ihnen  lässt  sich  auch  hier  aus  dem  Inhalte  selbst  kein 
leitender  Gesichtspunkt  f&r  die  Zusammenstellung- der  Briefe  erkennen; 
auch  sie  ist  durch  willkürliche  Griffe  in  das  vorhandene  Material  ent- 
standen, und  indem  diese  zufälliger  Weise  auch  solche  Briefe  er- 
fassten,  die  in  allen  andern  uns  bekannten  Bedactionen  fehlen,  geben 
sie  uns  einen  Fingerzeig  daf&r,  dass  mit  den  uns  überlieferten  Briefen 
des  Berardus,  in  so  stattlicher  Anzahl  sie  auch  auftreten,  die  Zahl 
der  von  ihm  verfassten  nicht  erschöpft  sei. 


sam  EU  machen.  —  Die  Angabe  von  Delisle,  dass  SS  ep.  2  identisch  mit  P.  2G510 
Bei,  beruht  auf  einem  Irrthume  bei  Potthast,  welcher  das  bei  Rainald  und  Ounpi 
aus  Reg.  Fragm.  ep.  S  gedruckte  Bruchstück  eines  Briefes  in  der  Kreuszugs- 
augelegenheit,  verleitet  durch  gleiches  Datum  und  gleiche  Adresse,  mit  der  toh 
Martine  A.  C.  II.  1270  aus  SS  gedruckten  Enc^clica  identificirte  und  den  ge- 
sonderten Inhalt  beider  in  4in  Regest  zusammenschmolz. 

')  Die  Zuweisung  an  Gregor  X.  ist  durch  folgenden  Sata  gerechtfertigt: 
»nos,  qui  transmarinis  partibus  premissa  non  tantum  audivimus,  sed  occulis  pro- 
prüs  aspezimus*.  *)  Am  bezeichnendsten  ist  in  dieser  Beziehung  das  YerhAlt- 
niss  in  der  zweiten  Reihe;  aber  auch  in  der  ersten  begegnet  ein  analoger  Fall: 
unter  den  8  Briefen,  die  nur  mit  A-B,  nicht  aber  auch  mit  N  Deckung  finden, 
gehört  ep.  10  =s  A  477  in  die  Gruppe  A  XIV,  die  sonst  fast  durchgehends  mit 
NP  zusammenftllt. 


Briefe  von  Friedrich  v.  Gentz  an  den 
Grafen  Louis  Starhemberg, 

Mitgetheilt 
von 

A.  Graf  Thttrheim« 

Am  27.  Juli  1802  war  Graf  Louis  Starhemberg,  damals  Ge- 
sandter am  Hofe  zu  Si  James  ^),  nach  zehnjähriger  Abwesenheit  mit 
einem  dreimonatlichen  Urlaub  in  seine  Heimat  zurückgekehrt  Zwei 
Tage  Yorher  war  der  berühmte  Publicist  Gentz  in  Wien  angelangt, 
um  seine  Anstellung  im  österreichischen  Staatsdienst  zu  betreiben^). 
Diese  stiess  auf  erhebliche  Schwierigkeiten;  Kaiser  Franz  lehnte  sie 
ab  und  erst  den  vereinigten  Bemühungen  der  Minister  Gobenzl  und 
CoUoredo  gelang  es  durch  den  Vortrag  vom  8.  September,  den 
Kaiser  zur  Bücknahme  seiner  früheren  Entscheidung  zu  bewegen; 
Gentz  erhielt  den  k.  k.  Bathstitel  und  einen  Gehalt  von  4000  fi.^). 

Gentz  beeilte  sich  mit  dem  österreichischen  Gesandten  am  eng- 
lischen Hofe  in  Verbindung  zu  treten.  Er  durfte  hoffen,  in  ihm 
einen  Förderer  seines  Strebens  und  seiner  Pläne,  einen  einfluss- 
reichen Bundesgenossen  in  dem  Kampfe,  den  seine  Feder  bisher  mit 
so  grossem  Geschick  und  Muth  geführt  hatte,  zu  finden.  Beide  be- 
seelte der  gleiche  Hass  gegen  die  Revolution,  die  gleiche  Abneigung 
gegen  Bonaparte.  Aber  auch  die  Stellung  des  Grafen  musste  es 
Gentz  als  sehr  wünschenswerth  erscheinen  lassen,  mit  ihm  nähere 
Beziehungen  anknüpfen  zu  können:  England  war  der  entschiedenste 


*)  Ludwig  Graf;  seit  1807  Fürst  Starhemberg,  geboren  12.  Man  1762  zu 
FaxiB,  gestorben  1888  auf  Beinern  Schlosse  Dümstein  bei  Krems,  war  seit  Mai  1798 
Gesandter  in  London.  Er  war  ein  bekannter  Gegner  Napoleons,  der  ihn  mit 
seinem  Hasse  yerfoJgte  und  1809  seinen  G^i^ralen  ausdrücklich  empfiüil,  dessen 
Güter  in  Ober-  und  Nieder^Vsterreich  eu  rerwüsten,  ein  Befehl,  den  Marschall 
Massena  getreulich  ausführte.  *)  Foumier  Gents  und  Cobensl  68  f.  ')  Die 
Bekfe.bfii  Founier  191—202. 


120  TlifirlieiiiL 

Gegner  der  franzosiflchen  Expansion,  England  hatte  audi  die  gegen 
dieselbe  gerichteten  Artikel  glänzend  honorirt.  Schon  am  10.  Angost 
wandte  er  sich  an  Oraf  Starhemberg  mit  dem  Ersuchen,  sich  ihm 
Yorstellen  zu  dürfen.    Der  Brief  lautet: 

Monsieur  le  Gomte! 

J'ose  me  Satter  que  mon  nom  ne  Yous  est  pas  enti^ment 
inconnu.  Le  Yötre  m'est  devenu  precieux  et  interessant  par  tout  oe 
que  dans  les  demi^res  annees  des  personnes  qui  avoient  Thonneur 
de  se  trouyer  en  relation  avec  Yous,  m^ont  appris  de  vos  prin- 
dpes  politiques,  de  la  sagesse  de  vos  vues,  de  la  noblesse  et  de  la 
fermet^  de  yotre  caract^re.  D^s  que  j'ai  su  que  Yous  etiez  arny^ 
ä  Yienne,  je  me  suis  livr^  ä  Tespoir,  de  pouYoir  mettre  ä  profit  le 
s^jour  passager  que  je  fäit  dans  cette  capitale,  pour  aller  Yous  pre- 
senter  mes  deyoirs;  cependant,  supposant  ayec  raison  que  le  temps 
que  Yous  passerez  ici,  sera  absorbe  par  des  occupations  de  toute 
esp^,  je  n^ai  pas  voulu  exdcuter  mon  projet,  sans  Yous  ayoir  demand^, 
Monsieur  le  Comte,  quels  serait  le  jour  et  Theure,  oü  il  Yous  con- 
yiendrait  de  me  receyoir.  Si  cette  proposition  Yous  parait  indisor^te, 
je  Yous  prie  de  lui  &ire  grace  en  fayeur  du  d^sir  extreme,  que  j*ai 
de  Yous  exprimer  de  bouche  les  sentiments  distingu^  dont  je  yoos 
präsente  ici  un  premier  hommage  et  ayec  lesquels  j'ai  Thonneur  d*etre 
Yotre  tres-humble  et  tr&s-ob^issant  seryiteur 

Gentz  m.  p. 

Yienne  le  10.  aoüt  1802. 
Ma  demeure  est:  Obere  Breunerstrasse, 

Maisbn  du  Gomte  Batthianyi  Nr.  1206. 

Einige  Tage  später  hatte  Graf  Starhemberg  seine  erste  Zu- 
sammenkunft mit  Gentz.  Die  üebereilistimmung  ihrer^  Ansichten 
festigte  die  Beziehungen,  welche  jener  Brief  angeknöpft  hatte. 

Gentz  yerliess  Wien  bald.  Statt  nach  Berlin  zu  gehen,  um 
seine  Entlassung  aus  dem  preussischen  Dienst  zu  betreiben,  reiste  er, 
einer  Einladung  Lord  Elliot^s,  des  englischen  Gesandten  in  Dresden, 
Folge  leistend,  mit  diesem  nach  London.  Er  fand  hier  die  schmeichel- 
hafteste Aufnahme  und  sah  seine  Erwartungen  yollauf  befriedigt.  In 
Wien  hatte  es  unangenehm  berührt,  dass  die  deutschen  Zeitungen 
diese  Beise  zu  einer  politischen  Mission  machten.  Gobenzl  glaubte 
daher,   Gente  Yorsicht  empfehlen  zu  müssen^).     Gentz   hatte    aber 

^)  Cobenxl  aa  den  Legatioiisrath  Baron  J.  Reigenfeld  in  Lcmdcm: 

Monsienr  le  Baron! 
Da  die  Reiae  des  Herrn  Qents  widriges  Auftehen  bei  der  franoOsiMheii 
Regierung  erregen  dürfte,  so   habe  ich  das  beiliegende  Sohreib^  an  ilm  ge- 

4 


Briefe  Ton  Friedridi  t.  Genti  an  den  Onfim  Looib  Starliemberg.      121 

selbst  Soige  getragen,  jene  Gerttekte  zu  •  dementiren^).  Eni  am 
16.  Febnuur  1808  kam  er  ra  ständigem  Aufenthalt  nach  Wien  znr&ck. 

Der  briefliche  Verkehr  zwischen  Oentz  und  dem  Ghrafen  Louis 
Starkembeig  seheint  ein  sehr  reger  gewesen  zu  sein.  Gentz,  in- 
mitten der  Stimmungen  und  Ereignisse  am  Wiener  Hofe  stehend,  ist, 
wie  er  nicht  ohne  ^Sdbstgef&kl  betont^,  ein  wohl  informirter  Be- 
richterstatter, der  sich  behaglich  in  ansfthrlidhen  Darlegongen 
eigehi  In  seinem  Schreiben  Yom  10.  September  1806  erwähnt  er 
selbst  die  Briefe  aus  den  Jahren  1804  nnd  1805.  Die  Yon  1804 
fimden  sich  in  dem  cor  Einsicht  überkommenen  Nachlässe  des  spateren 
Forsten  Lonis  Starkemberg,  meines  GrossTaters,  nidit  mehr  Yor,  jene 
Yon  1805  beginnen  erst  mit  dem  Yom  24.  October.  Wahrscheinlich 
wurden  sie  mit  anderen  Schriften  ans  den  Jahren  1807—1809  an- 
lasslich der  franzSeuBchen  InYaaion  Yemiditet 

Die  erhaltenen  Briefe  nmfiBMsen  den  Zeitraum  kaum  eines  Jahres. 
Oeschrieben  unter  dem  unmittelbaren  Eindruck  der  weltbewegenden 
Ere^piisse  liefern  sie  ein  ebenso  getreues  Bild  der  Hoffiiungen,  mit 
denen  man  den  Krieg  Yon  1805  begann,  der  furchtbaren  Enttäuschung 
nach  der  Capitnlation  Yon  Ulm,  die  Erwartongen,  die  sich  an  das 
angestrebte  Bflndniss  mit  Freussen,  der  Yom  Oerücht  übertriebenen 
Erfolge  der  russischen  Armee  knüpften,  der  politischen  Plane,  die 
ttoftauchten  und  wieder  Ycrschwanden,  Der  Brief  Yom  8.  NoYcmber 
1805  gewinnt  auch  dadurch  an  Interesse,  dass  er  ein  Seitenstück 
va  dem  gleichzeitigen  Briefe  Yon  Gentz  an  Johannes  y.  Müller  bietet 
So  zeigt  die  Charakteristik  Mack's,  welche  Oentz  in  dem  zweiten 
Theil  des^  Briefes  Yom  16.  NoYember  in  noch  schärferem  Umriss 
wiederholt,  wörtlichen  Anklang.  Am  gleichen  Tage  (8.  Noy.)  schrieb 
Oentz  an  Johannes  y.  Müller*):  ,Mack  hatte  ich  ergründet:  ein 
sekwacher,  weinerlicher,  fiist  niedertrachtiger  Charakter,  eine  Seele 
ohne  wahre  Energie,   ein  Eopf  yoII  schiefer  und  halber  Gedanken, 


flisMutUch  erlasaen  und  Aber  Ostende  abgehen  Imwon.  Zugleich  wollen  S.  W. 
demselben  aniathen,  in  seinem  dortigen  Betragen  eine  grosse  Behutsamkeit  zu 
beobachten.  Ich  benutze  diese  Gelegenheit,  nm  £.  W.  beiliegendes  Schreiben 
zur  Besiiellimg  anzuschliessen.  (Nun  folgen  Yier  2^0en  in  Chiffiren.)  J*ai  llionnear 
d*6tre  SYCo  nne  parfidte  consid^ration 
Yienne  le  8.  ootobre  1802. 

Monsieiiz  le  Baron 
Yotre  trds-hmnble  et  tr^ob^issant  serritenr 
Louis  C.  Gobensl  m.  p. 
0  Bericht  des  Baron  Reigersfeld  an  Gobenil  bei  Fonmier   66,  Anm.    8- 
*)  Brief  Yom  80.  Jfianer  1806.        ^  Schriften  Yon  Friedrich  y.  Gents.     Hg.  von 
6.  Schlesier  4,  189. 


122  ThüTheim. 

durch  alie  revolutbnäjre  Tendenzen  ToUends  von  allen*  Seiten  Teneni 
und  veiBchraubt  —  das  war.  der  Mann,  als  Soldat  durchaus  nur 
f&r  den  zweiten  Bang  geboren,,  in  diesem  leicht  der  Erste  unter 
den  jetzt  lebenden.  Aber  ab  man  ihm  unbeschränktes  Gommando, 
das  Schicksal  der  Armee  und  des  Staates  übertrug,  da  mussten  wir 
besser  Unterrichteten  —  Meerreldt,  Fasbender  und  ich  haben  uns 
tausendmal  unsere  ängstlichen  Soif^en  mitgetheilt  —  tot  einem 
bösen  Ausgange  zittern.  So  böse  konnte  fireiHch  Niemand  ihn  er- 
warten. *  In  diesem  vernichtenden  ürtheil  spiegelt  sich  die  allgemeine 
Stimmung.  Auch  Erzherzog  Joseph  forderte  die  exemplarische  fie- 
strafung  Mack's  und  ErzhenK>g  Karl,  der  bei  Galdiero  Massena  zurück- 
geworfen hatte,  äusserte,  man  müsse  Mack,  ,qui  par  ses  betises  est 
cause  d*un  ^^nement  si  deshonorant  pour  Tarm^  et  la  monarchie,' 
zum  mindesten  in  ein  Irrenhans  sperren^).  Nach  seiner  Bückkehr 
hatte,  wie  Gentz  am  16.  November  berichtet,  Mack  noch  den  Muth, 
in  Brunn  in  grosser  Uniform  zu  promeniren  und  Besuche  zu  machen, 
bis  man  ihm  nach  Ankunft  des  Hofes  bedeutete,  er  habe  nach 
Theresienstadt  zu  gehen  und  dort  seine  Aburtheilung  zu  erwarten 

Während  Erzherzog  Karl,  die  verzweifelte  Lage  klar  über-* 
blickend,  schon  am  10.  November  die  einzige  Bettung  nur  noch  im 
Abschluss  eines  Waffenstillstandes  sah'),  hoffte  man  am  Hofe  in 
Brunn  noch  Bettung  durch  die  Bussen  und  Preussen^).  Wenige 
Tage  später  wurde  die  Schlacht  von  Austerlita  geschlagen.  Gerade 
ftir  diese  Spanne  Zeit  weisen  die  Berichte  von  Gentz  an  den  Grafen 
Starhemberg  eine  bedauemswerthe  Lücke  auf;  man  darf  seiner  Ver^ 
sidierung  glauben,  «dass  über  die  Ursachen  des  Unglückes  Niemand 
besser  unterrichtet  gewesen  sei,  als  er.* 

Nach  einmonatlichem  Aufenthalt  in  seiner  Vaterstadt  Breslau 
kam  Gente  zu  Beginn  des  Jahres  1806  nach  Dresden.  Hier  erö&ete 
er  am  20.  Jänner  wieder  seine  Gorrespondenz  mit  dem  Grafen  Star« 
hemberg.  Seine  Briefe  beschäftigen  sich  immer  wieder  mit  der 
politischen  Lage,  Während  jene  an  J.  v.  Müller  dieselbe  nur  noch 
flüchtig  streifen.  Gentz  war  vom  Prinzen  Louis  Ferdinand  von 
Freussen,  mit  dem  er  schon  früher  Verbindungen  unterhalten  hatte^), 
in  sein  Hauptquartier  nach  Zwickau  eingeladen  worden  und  er 
spricht  jetzt  mit  der  gleichen  Begeisterung  von  ihm  wie  früher. 
Mehr  und  mehr  umdüsterte  sich  die   Lage.     Seine  Blicke  richteten 

>)  Wertheimer,  Geaohiohte  Oesterreich-UnganiB  im  ersten  JaknDSfant  des 
19.  Jahrb.,  1.  S04,  *)  Weriheimer  1,  818.  ')  Vgl^  den  Brief  you  Genta  an 
J.  y.  Müller  yom  22.  Nov.    Schlesier  4,  148.        «)  Wertheimer  1,  269. 


Briefe  von  Friedrich  ▼.  Genta  an  dea  Grafen  Louis  Starhemberg.     128 

sich  nun  wieder  nach  England;  er  hai»te  es  aufgegeben,  auf  eine 
Erhebung  Freussens  noch  au  hoffen.  Er  bot  England  seine  Dienste 
an  und  suchte  sogar  daf&r  die  Vermittlung  des  Herzogs  yon  Orleans 
nach.  Das  Froject  kam  nicht  zur  AnsfiQirung.  Mit  Begeisterung 
begrusste  er  dann  den  Bntschluss  Freussens,  den  Kampf  gegen 
Napoleon  au&uneWeiL  tFost  nubila  Fhoebua  -^  lux  e  tenebris*, 
so  beginnt  er  seinen  Bericht  vom  7.  September.  Der  letote  der  uns 
erhaltenen  Briefe  vom  10.  September  erörtert  noch  die  Chancen  des 
beTorstehenden  Eriegee.  Gerade  einen  Monat  später  fiel  Frinz  Louis 
Ferdinand  bei  Saalfeldf  am  14.  October  wurde  die  preossische  Armee 
bei  Jena  und  Auerstadt  Tefnichtet  Der  erste  und  die  beiden  letzten 
der  hier  TerCffentlichten  Briefe  sind  vom  Wiederschein  der  Hofihung 
auf  siegreiehen  Erfolg  bestrahlt «—  sie  hat  sich  weder  an  Oesterreich 
noch  an  Freussen  erfthllt. 

Friedrich  ton  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg; 

1. 

Vienne  le  24.  Octobre  [1805]  i). 

Votre  tres^'precieuse  et  tr^s-aimable  lettre  du  17.  Septembre 
m^est  parvenue  le  Icr  de  ce  mois,  Monsieur  le  Gomte.  J*en  avois 
re9u  quinze  jours  plut6t  une  autre  du  26  acut,  remplie  des  memes 
sentimens  de  bont^,  mais  dont  Tobjet  ^toit  moins  agräible  et  dont 
j'anrai  llionneur  de  vous  parier  separ^meni 

Je  Tous  avois  ^orit,  il  j  a  huit  jouts,  une  longue  lettre,  pour 
▼GUS  ezprimer  ma  joie  sur  la  tournure  heureuse  qu*  avoient  prises 
noB  affiiires,  et  ausai  pour  vous  expliquer  un  peu  ma  longue  et  juste 
incr^ulittf.  Je  supprime  cette  lettre,  parce  qu'elle  contraste  d*une 
mani^re  trop  douloureuse  avec  ce  que  nous  sommes  condamnes  i^ 
apprendre  et  ä  sentir  depuis  trois  jours. 

8i  la  nouvelle  de  nos  d^sastres  ne  vous  ^toit  pas  dejk  parvenue, 
TOU8  Tanrez  par  le  meme  Courier  qui  vous  porte  la  präsente.  Je  sais 
que  Paget  a  compose  une  longue  depdche  pour  en  informer  son 
gouTememeui  Dans  tous  les  cas  la  lettre  ci-jointe  pour  Msgr.  le 
Dnc  d'OrMans,  oontient  tout  ce  qu'il  etoit  possible  de  savoir  avec 
eertitude  jusqu^  aujordhui,  et  en  outre  des  r^flexions  sur  la  cause  de 
ces  revers  et  sur  le  parti  a  prendre  pour  Payenir.  Msgr.  le  Duc 
d'Orlea&s  tous  fera  communication  de  tout,  et  comme  je  connois  la 
liaison  intime  qui  subsiste  entre,  je  crois  mSme,   Monsieur  le  Comte, 


*)  Bis  Jahreszahl  fehlt  bei  den  meisten  Briefen  Grents\  Im  Tagesdatnm 
nmss  m  IrrUram  liegen,  da  OetM  schon  am  8S.  O^^tober  an  Johannes  v.  Müller 
beriektet,  dass  BCaok  in  Ulm  eingeschlossen  sei,  ScUesier  4,  121. 


124  Thttrheim. 

que  si  par  hazard  il  ^toit  h  une  ceriaine  distanoe  de  Londres,  voas 
pourrez  ouvrir  ma  lettre.  Je  suis  snr  cette  foia  qu*elle  tous 
int^ressera  beaucoup. 

J'ai  pen  de  choses  k  ajouter  ä  oe  que  vous  y  trouverez.  Je  veux 
seulement  räpeter  id,  que  rien  ne  me  panutroit  plus  lache  et  en 
meme  tems  pluB  d^raisonnable  que  de  se  liTrer  au  d^uragement 
dans  le  moment  actuel. 

Ceat  certainement  un  grand  malheur  que  de  Yoir  frugtrto  d'une 
maniire  aussi  cruelle  hob  premi^res  et  noB  belleB  espärances,  car  je 
ne  TOUB  le  cache  pas,  je  suis  tellement  Autrichien  jusqu'aux  ongles, 
quWe  bataille  gagn^  par  Tarpi^  de  Mack  m^auroit  üedt  plus  de 
de  plaisir  que  tous  lea  succte  que  les  BuBses  ou  les  PruBBieus  peuvent 
remporter  danB  trois  ans.  MaiB  notre  positioii  fbndamentale,  compar^ 
ä  Celle  de  la  derni^re  guerre,  CBt  ezcellente.  TouteB  les  grandes 
puiBBances  sont  avec  uoub;  le  beBoin  de  mettre  des  bomcB  h  Tatroce 
uBurpateur  est  reconnu  par  tout,  et  quellcB  que  Boient  encore  a  Berlin 
IcB  OBcillationB,  Icb  modifications,  lea  nuanccB  entre  la  guerre  defensive 
et  un  BjBt^e  de  plein  accord  avec  nous  et  la  BuBBie,  il  est  Evident 
que  dauB  peu  nous  marcherons  tous  Bur  la  meme  ligne. 

n  ÜAut  donc  etre  debout  au  milieu  de  ccb  premierB  reyerB*  D 
faut  Boutenir  ou  relever  Topinion  publique;  il  est  Burtout  indispensable 
qu*on  ne  laisse  pas  tomber  Mack,  qu'on  Tentoure  d'une  grande  con- 
Bid^ration,  qu'on  n'oublie  pas  tout  ce  qu'il  a  &it  pour  Thonneur  et 
la  dignitd  de  Tätat  depuis  siz  mois,  que  Tempereur  aille  au  devant  de 
lui,  comme  le  s^nat  de  Borne,  qui  apr^s  la  bataille  de  Cannes  alloit 
remerder  le  consnl  Varon,  de  n^ayoir  pas  desesp^r^  du  salut  de  la 
patrie. 

J'ai  travaille  depuis  le  moment  que  la  guerre  a  ^t^  dteid^  a 
un  ouvrage:  «Sur  T^uilibre  de  TEurope^)  que  je  comptois  publier 
dans  quelques  mois.  Mais  le  besoin  de  diriger  Topinion  devenant 
toi:gours  plus  pressant,  j*en  ai  arrach^  le  chapitre  qui  traite  .des 
relations  entre  la  France  et  T Antriebe  depuis  la  paix  de  Lun^nlle*, 
et  je  le  publiend  ä  part  dans  une  huitaine  de  jours.  ün  peu  disgra- 
cie  et  repouBB^  pendant  Fepoque  de  notre  bumiliatLon,  je  suis  rentre 
en  grace  depuis  la  reyolution  dans  le  syst^e  politique,  et  si  on 
Youloit  Buiyre  mes  conseils  avec  la  moitiä  de  la  bonne  volonte  qu'on 
met  dans  tous  les  prooedäs  envers  ma  personne,  je  serois  le  plus 
beureux  des  hommes. 


')  Vgl.  die  Briefe  von  Geatz  an  J.  ▼.  Müller  vom  25.  Sepi,  85.  Nor.« 
U.  Des.  1805  bei  Schlener  4,  111,  li7,  161  und  Founiier  Genis  und  Oobetud  IBO* 


Briefe  toh  Friedrich  y.  Gtentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      125 

Donne^moi  de  tems  en  tema,  Monsienr  le  Gomte,  des  signeB 
anxqaeb  je  poisae  reoonnoitre,  qne  yob  Bentiments  sont  toajoan  les 
m§me8  pour  moL  Yotre  bienTeUlanoe  contribue  bien-essentieUeineiLt 
h  mon  bonbenr;  youb  arez  ^tä  et  tous  sereB  tocgoors  dans  notre 
pays  le  chef  du  parti  pen-nombreux,  mais  d'antant  plus  respectable, 
qni  conoentre  dans  son  sein  tous  les  giands  principes  et  tous  les 
sentiiiiens  honorables  et  avec  lequel,  quoiqu'il  arrive,  je  yeux  yiyre 
et  moorir« 

Agriez  les  hommages  de 

Votre  trts-d^TOii^  et  votre  fidAe  serriteur 

Oents  m.  p. 

2. 

Vieime  le  3.  Novembre  [1805]. 

Les  mallieurs  qui  yiennent  de  fondre  sur  noosi  sont  d'an  genre 
si  uniqae,  qu'ils  aneantissent  Tarne  et  taent  la  r^ezioiL  Tomber 
du  haut  des  plus  helles  esp^ranees  dans  rabime,  oü  nous  nous 
trouYons  maintenanty  perdre  dans  huit  jours  une  magnifique  arm^ 
de  80.000  hommes,  Yoir  Tobject  de  la  guerre  disparu  dans  un  instant 
et  lemplac^  par  la  crainte  de  fidloir  ÜYrer  la  capitale  ä  Tinsolenoe  de 
Tennemi  —  je  suis  sür  que  Thistoire  ne  präsente  rien  qui  ressemble 
a  oette  Situation.  II  ÜEiut  pourtant  YiYie  aprte  cette  chüte,  et  tant 
qu'on  n'est  pas  tout-k-fiiit  mort,  quel  bonbeur  de  rdtre,  il  £aut  penser 
sur  le  pass^  et  s'occuper  de  TaYenir. 

La  cause  fondamentale  de  nos  däBastres  a  ^t^  la  folie  de  donner 
h  Mack  le  commandement  illimitj  de  Tarm^.  Maok  est  un  grand 
tacticien,  un  organisateur  militairef  oonune  il  n^en  eziste  plus  de 
meilleur  quartier  maltre-g^näral  de  rESarope,  mais  le  nonuner  gäieral 
en  chef  aYCC  son  caracttee  de  YieiUe  femme,  son  ame  €troite,  son 
esprit  &UX,  corompu  sans  r^mede  par  des  tendences  pbikntropiques 
et  i^Yolutionnaires,  son  manque  absolu  de  connaissance  d^hommes, 
sa  Pedanterie  r^Yoltante,  son  entStement  pueril  —  ah  il  fiJloit  dtre 
CoUenbach  pour  s'en  aYiser.  Au  milieu  de  rentkousiasme  et  de 
raYeuglement  g^n^ral,  inspire  per  la  rapiditä  .et  Tadresse  aYCO  la  queUle 
il  aYoit  forme  rannte,  les  hommes  clair-Yoyans  trembloient  de  lui 
Toir  confier  le  sort  de  la  monarehie.  Combien  de  fois  nous  nous 
Bommes  dits,  MeerYold,  Fasbender  et  moi  —  nous  le  con- 
noiBsions  ä  fond,  que  ces  applaudissemens  qu*on  lui  prodiguoit  pendant 
quelquee  mois,  seront  pay^es  par  bien  des  larmesi  si  on  ne  rcYenoit 
pos  ä  tems  de  Vengouement  foneste  qu'il  aYoit  su  inspirer  it  la  cour. 
n  etoit  couYenu  aYec  la  Bussie,  que  rannte  d'Allemagne  resteroit  sur 


126  Thürheim. 

In  fronti^re  de  la  monarchie  jusqa'  h  ce  que  la  premitoe  arm^  Busse 
f^t  arrivee*  Mack  ett  entre  en  Bavi^re,  a  alanne  —  puis  niaiiqii^ 
Telecteor.  Aprte  oe  ooup  d'aflhire  les  gens  aages  le  oonjoroient  de  ne 
pas  passer  le  Leoh.  II  est  allä  k  Ulm  pour  neos  perdre.  La  il  est 
devenu  fou,  car  toat  le  reste  de  sa  eondaite  ne  s^ezplique  qne  par 
la  folie  la  plus  compl^te  et  la  plus  caracterisee 

II  est  diffieile  de  dire  ce  qui  arrivera  dans  hoit  jours.  Notis  ne 
connoissons  pas  encore  la  determination  du  roi  de  Prusse,  aprts 
Tarrivee  d'une  lettre  que  Tempereur  Im  a  ecrite  par  Tarchiduc 
Antoiney  parti  d'ioi  le  26  et  surtout  apr^  Tarrivee  de  Tempereur  de 
Bussie  ä  Berlin.  Si  le  roi  de  Frusse  ne  vient  pas  ä  notre  secours 
avec  toutes  ses  forces,  ce  qui  me  paroit  peu  croyable  et  ce  que  nous 
avons  peu  de  droit  ä  esp^rer,  les  Franfois  marcberont  sur  Vienne. 
Ils  doivent  etre  entres  a  Salzbourg  le  31.  L^arm^  Austro-Busse  se 
retire  et  doit  se  retirer.  La  Situation  de  Vienne  est  indescriptable. 
Le  gouvemement  a  dejä  tellement  perdu  la  tete,  qu^une  fois  chasse 
de  la  capitale,  il  n'est  plus  possible  qu*il  se  reläye.  Je  crois  que  nous 
aurons  une  paix  bonteuse  dans  moins  de  trois  mois. 

Au  reste  s'il  est  dif&cile  de  prevoir  ce  qui  arrivera  dans  huit 
jours,  il  Test  beaucoup  moins,  de  calculer  ce  qui  arrivera  dans  deux 
ans.  Apres  la  coalition  actuelle,  il  n'j  en  aura  plus,  il  ne  peut  plus 
y  en  avoir;  je  serois  le  premier  ä  protester  contre  tout  projet  pareiL 
II  est  ä  present  demontre  pour  moi,  que  ce  qui  reste  de  TEurope, 
meme  r^uniene  peut  plus  se  mesurer  avec  Bonaparte.  L*Angleterre 
sera  finie  avant  la  fin  de  1806,  la  monarobie  universelle  sera  alors 
proclamee.  Je  suis  arrivä  au  point  de  ne  plus  pouvoir  plahidre 
TEurope.  Elle  a  merite  ses  malheurs,  au  fond  eile*  sMtoit  plac^ 
depuis  long-tems  la,  oü  ces  demieres  catastrophes  la  condamnent  h 
descendre.  Des  hommes  tels  que  vous,  Monsieur  le  Comte,  une  demi- 
doujsaine  que  je  connois  disperses  en  Burope,  et  moi  h  lear  suiie, 
sentiront  toute  Tötendue  de  oes  calamit^s;  le  reste  s'y  reooneiliera 
bientöt  et  finira  par  les  aimer. 

Veuilles  bien  dire  ä  Hsgr.  le  duc  d^Orläuis  que  Hack  (en  passant 
pres  de  Vienne  lundi  pass^  —  figorez-vous  que  par  nn  stngolier 
bazard  il  a  demenrä  k  Hfltteldorf  dans  la  maison  de  Madame  Dieiriob- 
stein)  m*a  fait  avertir  par  Maurice  D  .  .  .^)  qu^il  a  re9u  mes  lettres 
et  Celles  du  Duc. 


*)  Graf  Moriz  Dietrichstein,  der  im  neapoUtaiuscheii  Feldzage  1798/d 
Gtoend-A^utaat  Mack*8  imr  «nd  mit  diesdm  das  Loos  franzGaiMher  Gefieoigeii- 
Bchaft  iheilte. 


Briefe  von  Friedrich  v.  Gents  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      127 

Hais  T0U8  sentez  bien  qu*U  est  inoapable  ds  fiure  ii  präsent  la 
moindre  ohose.  Ainai  il  fiuidroit  reentamer  oette  afture  par  d^autres 
voias,  si  tant  est,  qne  Msgr.  le  dac  d'Orl&uu»  desire  enoere  de  la 
suiyre,  apr&a  tont  ce  qui  Vest  p^sse. 

La  chaneellerifi,  les  arohiTfiB,  les  oollactionB  pr^eoses,  YanAnsl^ 
totties  les  provisions  de  guarre  se  transportent  tant  en  Hongrie  qn 
ä  OUmütss.    C^est  ä  ee  demier  endroit  que  Teniperear  doit  se  rendre. 

Beauooup  de  monde  est  dejä  partl  S^ü  n^arrive  pas  an  changement 
d'ioi  au  8  ä  10,  je  suppose  que  oe  sera  vers  ce  tems  que  la  ddbäcle 
generale  aura  lieiL  Je.reBte  jusqu'  au  dernier  tems;  mais  mes  yeux 
ne  verront  pas  les  Franfois  a  Vienne. 

BeceTea  Thonunage  de  mon  devouement  ^  reepeettieux  tendre  et 
iiiYiolable.  Gentz  m.  p. 

Celoi  qui  porte  oette  lettre  est  mon  yalet-de*ehambre,  que  Msgr. 
Paget  a  envoje  en  Courier  ä  Londres.  II  en  repartira  en  huit  jours. 
C^est  an  komme  extremement  sür,  aoquel  toqs  pouvez  absolüment  tout 
oonfier. 

3. 

Brunn  le  16.  Novembre  [1805]. 

Je  suis  arriv^  ici  dimanche  10,  le  corps  diplomatique,  tous  les 
grands  oorps  de  Ttftat  s^y  sont  r^unis.  Noas  jouissions  pendant 
quelques  jours  d^une  espice  de  calme,  autaut  qu^il  est  possible  d^en 
jouir  ayec  Tid^  affireuse,  infernale  de  savoir  les  Franfois  h  Vienne. 
Depois  jendi  14  ce  calme  trompeur  m#me  a  et^  troubM  de  nouveau. 

L^ordre  etoit  donne  de  rompre  les  ponts  du  Danube,  aussitdt 
qne  lea  Fmn^ais  seroient  entr^s  a  Vienne.  Cet  ordre  n'a  pas  616 
ex^cut^.  Le  Frince  Charles  Auersperg  qui  commandit  le  corps  de 
reserye  de  ce  cot^-ci  et  qui  devoit  les  &ire  executer,  a  ^t^  le  dupe 
de  quelques  fables  de  Hurat,  qui  lui  a  &it  dire  qu'on  alloit  signer 
la  paix^).  Les  Fran9oi8  ont  passe  le  Danube  arec  des  forces  con- 
sid^rables.  L'armee  de  Eutusoff,  qui  le  11  avoit  remport^  un  ayantage 
brillant  sur  les  Franfois,  dont  un  corps  de  8  ii  10  mille  hommes 
aToit  longd  le  Danube  depuis  Linz  pour  attaquer  les  Busses  apr^s 
leur  passage  i  Grems;  Tarm^e  de  Eutusoff  s^est  yu  menacte  de 
40.00&  hommes. 

La  cour  a  medite  de  nouyeaux  projets  de  fuite,  'et  hier  toute  la 
joumee  on  a  d^ber^,  s^il  yaudroit  mieux  quitter  le  pajs  et  se  jetter 
^uTia  la  Sil^e  Prussienne,  ou  se  liyrer  entre  les  mains  suspectes  des 
Folonois  en  allant  a  Gracoyie. 


0  VgL  Weriheimer  1,  81». 


128  Thürheim. 

Heureuseoient  hier  au  aoir  il  est  arrire  ime  bonne  nouTeUe. 
L'arm^  de  Eutusoff  a  gagn^  plnsieiirs  marchee  aur  Pennemit  eile 
^toit  entre  Znaim  et  Brunn,  eile  ätoit  mdme  snr  le  point  de  faire  la 
jonction  ayec  le  corps  de  r^serve  aniaricliien  de  18.000  hommee.  Ce 
demier  corps  commandd  par  le  Prinee  Auersperg,  se  troaya  depois 
deux  jours  sous  les  ordre»  da  Ftince  Jean  Liechtenstein  qni,  aprte 
avoir  longtems  refosä  de  senrir,  s^est  k  la  fin  prSte  ä  oe  triste  com- 
mandement;  enfin  pour  en  rfavenir  h  KntasofF,  il  dcrivoit  hier  au  soir 
que  rien  ne  pouYoit  plus  empecher  sa  rennion  ä  la  seconde  ann^ 
Busse,  dont  la  premi&re  colonne  arrive  demain  k  denx  postes  d'iei  ä 
Wischau. 

Depnis  oe  momens-1^  nons  sonimes  an  peu  rendas  ik  la  vie;  on 
se  flatte  qae  les  Fran9ois  abandonneront  le  projet  de  poorsoitre  le 
Busses,  et  si  le  comte  Haugwit^  arriTO  aajourd'hui  oa  demain  avee 
les  propositions  et  les  menaoes  de  la  Prasse  (quel  triomphe  pour  nous, 
Monsieur  le  Comte,  que  oette  r^Yolatiön  prodigeose  que  s'est  fiüte  h 
Berlin  en  d^pit  de  Collenbach  etc.),  on  espire  que  dans  huit  joors 
nous  pourrons  respirer  de  nouvean.  II  est  oertainement  facheux  et 
honteux  que  ce  seront  absolument  les  autres  puissanoes  qui  traTaillent 
ä  notre  ddivrance,  car  nous  sommes  morts;  Tarmte  de  Parehiduc 
Charles  est  sur  le  Tagliamento,  et  Meerveld  est  totalement  d*etrait 
et  s'est  refugi^  ik  trayers  les  montagnes  vers  Neustadt  et  la  Styrie; 
mais  enfin  U  vaut  mieux  que  nous  süyions  sauvä  ainsi  que  de  perir. 

En  attendant  une  r^volution  ätonnante  s'est  fidt  hier  dans  notre 
interieur,  on  ignore  encore  si  cette  mesure^)  est  le  r&ultat  de  la 
Situation  gän^rale  des  choses  et  des  reflexions  salutaires  que  nos 
incroyables  malheurs  ont  du  faire  naitre. 

Nous  partons  pour  Ollmütz,  non  plus  poor  nous  sauver,  mais 
puisque  Fempereur  de  Bussie  doit  y  arriTcr  oe  soir.  Je  yous  äcrirai 
incessamment  toutce  qui  se  passera.  Nous  sommes  sans  oommunication 
avec  Vienne;  nous  savons  seulement  que  les  Fran^ois  y  sont  entrft 
dans  la  matinäe  du  18,  et  qu'ils  se  sont  portal  de  suite  ä  des  r^joi- 
sitions  exorbitantes  en  drap,  yin,  fourrage  vianels  etc.  aucon  autro 
detail  Nous  ne  savons  pas  meme  si  Beelzebub  y  est  lui  memo.  Ah! 
quelles  grimaces  il  fera,  lorsqu'il  apprendra  Pacoession  entitee  de  la 
Bussie  ä  la  coalition  et  le  trait^  de  Potsdam. 

Pardon  du  d^rdre  de  cette  lettre,  je  n^ai  pas  meme  le  tems  de 
le  relire.  Gents  m.  p. 


^)  Diese  Anapielong  besieht  sich    wol  auf  einen   FerBonenweohsel 
im  kaiaerlichen  Cabinete  und  daa  Abtreten  der  dermaligen  Leiter. 


Briefe  von  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  LouIb  Starhemberg.      129 

4. 

Meme  date. 

Le  Courier  ne  partani  que  dana  uue  heure,  j'ajouterai  encore 
quelques  mots.  Je  vous  adresserai  cent  feuilles  que  je  serais  loin 
d^aYoir  epuis^  les  materiaux  qui  se  pressent  autour  de  moi. 

Je  ne  crots  pas  que  vous  coanoissez  d^jä  les  grands  r^sultats  de 
Tentrevue  entre  Tempereur  de  Bussie  et  le  roi  de  Prusse,  je  suis 
presque  sür  que  non,  et  je  suis  fier  de  ponvoir  yous  communiquer 
le  premier,  d^aussi  exeellentes  nouvelles.  La  Prasse  est  entr^  dans 
toutes  les  vues  de  la  Bussie;  eile  propose  ä  Bonaparte  restitutio^ 
enti^re  de  toutes  les  possessions  de  rAutriche,  telles  qu'elles  ^toient 
apr^s  la  paix  de  Lundville,  indäpendance  parfaite  (particuli^rement 
garantie  par  les  puissances,  fondee  sur  le  droit  de  construire  des 
forteresses  et  de  se  mettre  en  dtat  de  defense)  pour  Tempire,  la 
Hollande  et  la  Suisse  (pour  celle-ci  meme  le  droit  de  se  donner  une 
autre  Constitution  si  eile  le  trouve  conyenable),  indemnite  süffisante 
pour  le  roi  de  Sardaigne,  ou  en  lui  donnant  le  royaume  dltalie  ou 
Parme,  Plaisance  et  tout  l'etat  de  Oenes^ 

Si  le  royaume  dltalie  est  refuse,  il  doit  du  moins  etre  com- 
pl^tement  et  immediatement  s^pare  de  la  France;  celle-ci  doit  retirer 
ses  troupes  jusqu'au  dernier  homme  de  tous  les  pays  qu'elle  avoit 
OGCupes  etc.  Elle  ne  conservera  que  le  Pi^mont  (Helas!  c'est  trop 
deja  mais  que  pouvons-nous  faire!). 

Si  ces  propositions  sont  rejetees,  180.000  hommes,  sans  les 
Saxons  et  les  Hessois,  se  chargeront  des  ndgociations  ulterieures.  Le 
plan  a  ete  fait  par  le  duc  de  Branswia  Une  armäe  de  50.000  hom- 
mes  a  kquelle  se  joindra  Tarmee,  se  postera  sous  les  ordres  du  prince 
Hohenlohe^)  sur  le  Danube;  une  arm^e  de  80  ä  100  mille  hommes 
se  reunira  aux  Hessois  et  se  placera  le  long  du  Main  jusqu*  ä  son 
embouchure  —  yoilä  ce  qui  a  ^te  conclu,  signe  et  ratifiä  a  Potsdam 
pendant  les  deux  jours  que  Tempereur  de  Bussie  y  a  pass^'). 

II  vient  d'arriyer  des  nouyelles  de  l'arcliiduc  Charles.  II  ^toit 
ä  Laybach.  Son  arm^e  est  intacte  et  dans  l'etat  le  plus  brillant, 
c*est  toujours  quelque  chose.  Dieu  veuille  que,  malgre  les  ordres 
qn*il  paroit  avoir  donn^s  pour  ävacuer  le  Tyrol,  nous  Tayions  con- 
aerye,  je   l'esp^re,   puisque   Tarchiduc  Jean  y   est     G'est    un  point 


I)  Friedrich  Ludwig  Prinz  Hohenlohe-Oehringen,  geboren  1746,  gestorben 
am  15.  Februar  1818,  Reichs-General  der  Cayallerie  und  k.  preussischer  General 
der  In&nterie.  *)  Der  Vertrag  yon  Potsdam  yom  S.  Noy.  1805  bei  Harden- 
berg Denkwürdigkeiten  2,  824. 

]fittb«fliiofai  Yll.  9 


ISO  Thürheim. 

Capital  dans  la  conjoncture  präsente.  Car  si  Bonaparte  est  attaque 
par  tontes  lea  foroes  de  la  Prusse,  quel  avantage  pour  lüi,  si  son  dos 
est  lirr^,  si  le  Tyrol  et  la  Snisse  sont  ä  lui  Qael  embarras  au  con- 
traire,  si  dous  pourrons  Tempecher  d*operer  de  la  sans  cesse  et 
seconder  les  Operations  des  Prassiens  vers  la  Baviäre  et  la  Suabe. 

II  faut  anssi  qae  je  yous  donne  encore  quelques  d^tails  sur 
TafiFaire  du  11;  c^est  la  premifere  que  les  Busses  ent  eue  avec  les 
Fran9ois  et  eile  a  bien  toume  a  la  gloire  du  premier,  Le  fait  est 
proprement  ceci.  üne  division  Fran^oise  de  8  ou  9  mille  hommes 
command^s  par  Mortier  s*  ^toit  portee  de  Linz  en  cötoyant  le  Danube 
sur  Crems,  probablement  pour  y  attendre  les  Busses,  que  Tarm^ 
principale  des  Fran9ois  forfoit  ä  passer  le  Danube  pres  de  cette  ville. 
Comme  les  cbemins  sur  la  riye  gauche  sont  affreux,  il  paroit  que 
cette  division  est  arrivee  trop  tard.  Quoiqu'il  en  soit,  les  Busses  ont 
passe  le  Danube  le  9.  Le  10  leur  arrieregarde  a  et^  atttaqu^e  et 
harceläe  par  la  division  franfoise.  Le  11  le  g^n^ral  Eutusoff,  guide 
et  conseille  par  le  g^neral  Schmidt,  qui  lui  avoit  4b6  envoye  comme 
quartier-maitre  gdn^ral  deux  ou  trois  jours  aüparavant,  s^est  deter- 
min^  ä  attaquer  les  Franfois  en  trois  colonnes,  et  ils  ons  ete  com- 
pl&tement  battus,  et  ä-peu-pres  detruits,  ils  ont  eu  5  ou  6  mille 
morts  on  bless^s,  ou  leur  a  fait  environ  deux  mille  prisonniers.  Le 
general  Mortier  lui-meme  s^esit  noye  dans  le  Danube^).  ün  nombre 
considerable  a  6t6  pris  encore  au  chäteau  de  Dürenstein,  oü  ils 
s'etoient  refugies.  Bemarquez  bien  que  le  tout  etoit  un  corps  d^elite, 
un  corps  qui  avoit  servi  sous  Bonaparte  en  Egypte  et  que  Beelzebub, 
lorsqu^il  a  appris  ce  revers,  a  dit:  .Cest  leur  trop  grande  ardeur 
qui  les  a  perdus;  ils  ont  bien  faif  ). 

Ce  succäs  nous  a  coüte  le  brave  General  Schmidt,  ä  peine 
rentre  au  service')et  qui  avoit  &4  evidemment  Tauteur  de  toute 
r  entreprise. 

1)  Das  Gerücht  Über  Mortien  Tod  in  den  Wellen  der  Donau  war  an&ngs 
verbreitet.  Nach  olficiellen  Berichten  hatten  die  Franzosen  im  Treffen  bei 
Dümstein  8000  Todte  und  Verwundete,  2000  Mann  ge&ngen  zu  beklagen,  nebst- 
dem  verloren  sie  8  Fahnen,  4  Geschütze  und  sämmtliche  Bagage ;  aber  auch  die 
Russen  hatten  anTodten  und  Verwundeten  4000  Mann.  <)Ueber  das  Treffen  bei 
Dümstein  vgl.  Schönhals,  Der  Krieg  von  1805  in  Deutschliind.  *)  Feld- 
marschall-Lieutenant y.  Schmidt  war  theils  aus  Gesundheitsrücksichten,  theils 
Über  einen  erfolglosen  Kampf  mit  Fehlgriffisn,  Missverständnissen  und  Intriguen 
verstimmt,  Ende  1800  in  den  Ruhestaiid  getreten.  Der  Ruf  seines  Monarchen 
veranlasste  um,  bei  Ausbruch  des  Feldzuges  1805  aus  seiner  ländlichen  Zurflck- 
gezogenheit  wieder  in  activen  Dienst  zu  treten.  Vgl..  Üb^r  ihn  Wurzbäch  Bio- 
graph. Lezicon  80,  252—256. 


Briefe  von  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      131 

En  revanche  nous  y  avons  gagn^  deox  de  nos  g^u^raux,  prison- 
niers  de  guerre  stir  parole:  Maurice  Liechtenstein^)  et  Gyalai^ 
ont  6t6  ecfaanges  contre  denx  b  .  .  .  .  dont  Tun  s^appeUe  le  gen^ral 
Grain  d'Orge  et  Tautre  je  ne  sais  <comment.  On  a  envoye  de  stdte 
k  Eutufioff  le  grand  cordon  de  Marie  Therese,  et  hier  au  soir,  oti  je 
me  suis  trouve  avec  Gobenzl  chez  la  Princesse  Dolgoruki,  il  a  dit 
k  quelques  officiers  Busses  qui  y  ^toient  aussi,  qa^on  attendoit  les 
noms  de  tous  ceuz  qui  s^etoient  distingues  a  cette  affaire,  puisque 
Tempereur  vouloit  leur  donner  des  preuves  de  sa  bieuTeillanoe,  comme 
aussi  une  gratification  a  tous  les  soldats. 

On  ne  peut  pas  trop  le  repeter,  la  position  g^drale  des  affiüres 
n*a  jffinais  it6  aussi  bonne,  jamais  le  concert*  des  puissances  n^a  6i6 
plus  Taste  et  plus  parfait,  jamais  la  partie  n^a  ete  plus  completement 
liee.  Fonrquoi  falloit-il  donc  qua  tant  de  conjonctures  süperbes 
s^aneantissent,  pour  ainsi  dire,  pour  nous  et  que  nous  perissons  au 
milieu  de  ces  grandes  perspectives.  Helas!  le  choix  d^un  seol  honune 
nouB  a  jetes  dans  cet  abime  de  malheurs. 

J'ai  re^u  il  y  a  deux  jours,  une  lettre  de  Montjoye  de  Oon- 
atantinople  du  24  septembre,  dans  laquelle  j'ai  lu  ces-  mots :  ,  Bravo ! 
Triomphe!  vous  savez  que  Vivat  Mach  a  toujours  eiS  mon  cri  de 
gaerre!  Voilä  Thomme  qu^il  vous  faut!*  etc.  Je  pardonne  cet 
aveuglement  ä  Monigoy«  qui  est  un  exeellent  juge  du  m^rite  militaire, 
maiB  qui  d^ailleurs  connoit  peu  les  hommes. 

J^ai  6t6  infiniment  plus  surpris  de  voir  que  M«  le  duc  d'Orleans, 
fort,  edair^  et  penetrant,  en  tout  et  par  tout,  ait  pu  donner  aussi  dans 
oette  etrange  erreur,  mais  je  presume  qu^il  a  peu  vu  Mack,  et  qu'il 
ne  le  connoit  que  du  cöte  de  ses  talents  militaires,  auquels  je  rendroi 
toujours  justice,  düt-il  perdre  deux  monarchies. 


'<)  Moriz  Fftrst  Liechtenstein,  geboren  21.  Juli  1775,  gestorben  24.  M&rz 
1819,  hatte  1601  als  Oberst  und  Commandant  des  2.  Uhlanenregimentes  Fftrst 
Sehwaxaenberg  för  wiederholte  Auszeichnung^!  im  Feldzuge  1799  und  1800,  so 
namentlich  bei  Stockach,  Mannheim,  Lohdor^  Mosskirch  und  Lambach,  das 
Ritterkreuz  des  Maria-Theresien-Ordens  erhalten;  1805  zum  Generalmiyor  be- 
fördert, gerieth  er  in  Folge  der  Capitulation  von  Ulm  in  Kriegsge&ngenschafb. 
Hirtenfeld  Geschichte  des  Maria-Theresien-Ordens  1,  686.  *)  Ignaz  Qraf 
Ojiüfii,  geboren  zu  Hermannstadt  1763,  gestorben  zu  Wien  am  11.  November 
1881.  Beit  1781  Soklai,  erwarb  er  sieh  als  ObeiBtlientenant  und  Commandant  eines 
nach  ihm  benannten  Freioorps  für  wiederholte  Auszeichnungen  im  Feldzuge  1792 
das  Bitterkreuz  (Promotion  7.  Juli  1794)  imd  im  Feldzuge  1800  als  General- 
msgor  das  Commandeurkreuz  des  Maria-Theresitn-Ordens.    Hirtenfeld  1,  864. 

9* 


132  Thürheim. 

Mais    croyez-moi,    Monsieur   le  Gomte,    je   ne   suis   pas   un  de 

ces  sots   qui  fönt  les   etendus  apres  TeT^nemeni    J'ai  des   t^moins 

respectables,  j*ai  consigne  mon  opinion  dans  les  lettres   qui  peuvent 

etre  produites  en  tems  et  lieu;  je  crois  mSme  que  je  vous  en  ai  dit 

quelque  chose,  et  Fautre  jour  Casimir  Lubomirski,  arrivant  en  Courier 

de  Vsjm6e  Austro-Busse  dans  un  moment  de  crise   et  desespoir,  m^a 

racontä,  combien  vous  aviez  ete  fache  contre  moi,  lorsque  j'ai  exprim^ 

des  doutes  et  des  craintes  sur  le  succes  de  notre  entreprise.  Eh  bien ! 

je  n'ai  jamais  partag^  un  seul  instant  Fenthousiasme   universel  que 

Mack  avoit  inspire  au  public,  avec  lequel  il  avoit  forme  et  organise 

nos  armees.    Je  n^ai  eu  que  deux  personnes  de  mon  avis,  mais  au- 

milieu  des  cris  d'allägresse,  au-milieu  de  la  revolution   la  plus  extra- 

ordinaire  que  j'ai  jamais  tu  se  faire  dans  Topinion  publique,  je  suis 

rest^  in^ranlablement  attach^  ä  la   conviction  que,  du  moment  que 

Mack  6toit  nomm^  chef  de  Tarmee  avec  des  plains  pouvoirs 

illimit^s,  notre  ruine   etoit   certaine,    si  quelque   singulier  hasard 

ne  venoit  pas  nous  sauver.  Mack  est  lepr emier  parmi  les  g^neraux 

du  second  ordre,  malheur  k  ceux  qni  ont   cru  pouvoir   Fäever  au 

premier.  Savez-vous donc ce  que  c'est  que  Mack?  Msgr.  le  duc  d^Orleans 

le  sait-il    donc?    Je  m'en  vais   vous  le  dire.    Je  Tai  dit  depuis  le 

mois  de  fevrier  jusqu^au  mois  de   septembre,    ensuite   je   me 

suis  tu,  puisque  j^avois  risque  d'etre  jette  par  les  fenetres;  ä  präsent 

—  h^las!  —  je  puis  donc  le  dire  de  nouveau.    Mack  est  un  homme 

d'un  caract^re  foible,   chancelant,  capitulant  (voilä  sur  ma  parole 

d^honneur  le  mot  dont  je  me  suis  toujours  servi  en  parlant  de  lui 

ä  Meerveldt  et  d'autres  amis  intimes,   sans  pr^voir  que  par  une 

seule   capitulation  il  tueroit  la  monarchie   Autrichienne),    d^une    äme 

^troite,  basse  vulgaire,  rampante,  de   Tesprit  le  plus  essentiellement 

faux  qui  ait  jamais  exist^,  faux   par  sa  nature,   perverti  encore  par 

des  notions  rövolutionnaires  et   philantropiques,   dont  il  ne  se  yente 

plus,  puisqu^il  les  voit  proscrites,    mais   que  ceux  qui  s^y  connaissent, 

doivent  retrouver  partout,   d'une  ignorance  totale  dans  tout  ce  qui 

n^est  pas  proprement  de  son  metier,  cachant  cette  ignorance  et  toutes 

les  parties  ignobles  de  son  interieur  sous   un   certain   cant  d^hypo- 

crisie  doucereuse,   de  sentimens   alambiques,  d'eloquence  de  mauvais 

goüt,  et  en  cas  de  besoin  sous  des  larraes  et  des   sanglots  de  com- 

mande  qui  ne  lui  manquent  jamais  —  voilä  l'homme!   Tel  il  est, 

tel  je  Tai  vu  tonjours !  Tel  je  Tavois  dejä  juge,  lorsque  j^ätois  encore 

aasez  ridicule,  pour  m^nager  la  ridicule  adoration  que  Montjoye  pro- 

diguoit  ä   cette  image  de  bouel     Ses   connaissances   militaires   sont 

grandes,   son   coup   d'oeil   est  admirable,   la    m^thode,   la    clart^,  la 


Briefe  von  Friedrich  v.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      133 

nettete,  la  sup^riorite  en  an  mot,  avec  laquelle  il  sait  arranger  et 
exposer  ses  id^s  sur  les  objets  de  guerre,  surpassent  toat  ce 
que  j'ai  jamais  rencontre  dans  le  monde,  —  voilä  son  seul 
m^rite!  II  n'est  pas  meprisable,  mais  ce  merite-meme  est  devenu 
notre  perte,  puisque  les  imbeciles,  qui  n^ont  tu  que  cela,  ont 
etd  entraines  jusqu*  a  mettre  les  destiu^es  de  Tempire  entre  les 
mains  de  ce  cbarlatan  abominable. 

Yoyez  donc  toute  sa  conduite.  Nous  etions  li^s  pai  les  engage- 
mens  les  plus  sacres  a  ne  pas  passer  rinn  avant  Tarriv^e  des  Busses. 
II  enfreint  ces  engagemens.  II  ayance,  il  se  conduit  comme  un  €colier 
yis-ä-vis  de   Telecteur  de  Baviere;  il  entre  en  Souabe.    En  Souabe, 
demandai   —  je  moi  (pauvre  tSte  militaire,  qui  n'ai  commenc^   que 
depuis  trois  mois   ä  me  former  quelques  notions  g^nerales   sur  cet 
objet).    En  Souabe?    Avec  80.000  hommes?    Gontre   Bonaparte  qui 
loi  en  opposera  150?    0!  laissez  le  faire!     II  sait  ce  qu^il  fait.    II 
prend  la  position  d'ülm?     üne  position?     Gontre  un   ennemi   qui 
Tattaquera    sans    relache?      Ayoit-il    peut-etre    la    certitude    de    se 
tenir  quatre  semaines?    II  le  falloit  au  moins  pour  que  les  premiers 
Busses  7  arrivassent   —  Oti   est-ce   donc  la  position   de  TlUer? 
Les  Fran9ois  passent  le  Bhin.    II  sait  des  le  5  d'Octobre  que  la  plus 
gpraude  partie  de  leur  armde  a  traverse   les  Marggraviats;  un  sous- 
lieutenant  ne  pouvoit  plus  se  meprendre  sur  les  projets  de  Bonaparte. 
Qnittera-t-il  enfin  cette  prdtendue  position?   Ou  tächera-t-il  du-moins 
d'attaquer  et  de  battre  Celles  des  diyisions  fran9oises,   qui  traversent 
ie  pays  de  Württemberg  vor  seiner  Nase  vorbey  ?  Ni  Tun,  ni  l'autre ! 
Le  7  le  8  le  9,  il  voit  enfin  qu*il  est  completement  tourn^.    II  loi 
restoit  encore   un   demier  parti   h,    prendre.      Par  trois   ou    quatre 
marcbes  il  gagnoit  le  Tyrol  du  cöte  de  Fuessen,  il  auroit  6te  attaque 
dans  cette  expedition,  je  le  sais  bien,  je  crois  mdme  qu^il  auroit  perdu 
Tantre  moitid  de  l'armee,  mais   il   sauvoit  l'autre   moitie    et   surtout 
rhonneurü  -    II  n*en  fait  rien,  il  s^enferme   dans  Ulm.    Dans  Ulm, 
comme  si  c^etoit  Mantoue  ou  Luxembourg!     II   parle  (lisez  ses 
proclamations)   de   la   largeur   des    fosses   qui    empecberont    les 
Franfois   de    monter    ä   l'assautü      Quand   Gharles    Scbwarzenberg, 
Elenau,  Gyulay,  l'archiduc  Ferdinand  lui  prouvent  que  tout  est  perdu, 
II   leur  parle  d'une  contre-revolution   qui  s^est  faite  en  France,   du 
debarquement  des  Anglois,  de  certains  renseignemens  secrets,  que  des 
ennemis  secrets  de  Bonaparte  lui  ont  transmis!     II   se  rend  a  la  fin 
aprte  le  depart  de  Tarchiduc;  il  ne  se  rendü  pas   avec   le  desespoir 
qa'un  ev^nement  aussi  unique   dans    Thistorie   de  tous  les  peuples 
auroit  du  allumer  dans  son  äme;  il  ne  se  jette  pas  dans  le  Danube; 


134  Thürheim. 

non!  il  proc^de  ä  toutes  ces  honteuses  d^märches  ayec  le  sangfroid 
qui  conTiendroit  ä  ane  seance  du  conseU  de  gaerre  ä  Vienne,  il 
parlemente  aTec  le  demonique  quatre  heures,  il  consent  dans 
cetie  Conference  ignomineuse  ä  fixer  an  19  le  terme  de  la  capita- 
lation  qni  etoit  dabord  fixe  au  25,  il  part,  il  se  montre  partout;  il 
attaque  la  prinx^sse  Charles  Auersperg  en  route,  et  Ventretient  deux 
heures  de  son  innocence  et  de  ses  hauts-faits;  il  dit  ä  Maurice 
Dietrichstein  qoe  son  seul  objet  sera  de  demasquer  les  traitres,  il 
arrive  ä  la  terre  de  Sellowitz  une  poste  de  Brunn;  il  entre  ä  Brünn^ 
se  prom^ne  en  grand  uniforme,  fait  des  yisites  la,  jusqu'-ä  ce  qu'enfin 
la  cour  etant  arriv^e,  on  lui  annonce  qu'il  doit  aller  i,  Thereaien- 
Stadt,  oü  il  sera  juge  avec  ses  dignes  confr^res  Auffenberg^)  et 
Wem  eck!  (Wemeck!  comment  se  trouvoit-il  donc  a  Tarm^  cet 
bomme  tare  et  conspire?  C^est  Mack  qui  Favoit  place).  Les  troia 
je  Yote  poar  la  mort  et  sans  phrase,  puisque  les  ev^nemena  parlent, 
et  qu*il  suffit  de  la  gazette  de  Hambourg  pour  les  condamner  vingt 
fois.  II  £Ekut  finir.  Je  n^ai  pas  le  tems  d'ajouter  ä  ceci  une  explication 
tres^int^esaante  que  je  reserye  pour  une  autre  fois,  oommeut  il  s^est 
fait  que  Mack  ait  obtenu  le  pouYoir  sans  bomes,  dont  il  a  si  scan- 
daleusetnent  abtts&  Ceci  me  reconduiroit  aux  Collenbacb  et  autres 
illustres.  Mais  toutes  les  fois,  que  vous  sentirez  dans  votre  coeur 
quelque  retour  de  tendresse  ou  de  piti^  pour  Mack,  je  yous  pria  de 
Yous  rapeller  ces  mots  terribles:  La  CaYallerie  Autrichienne 
n'existe  plus!  —  Et  sans  la  Bussie  et  la  Frusse  Tempereur  serait 
aujourdbui  dans  Falternation  ou  de  perdre  sa  couronne,  ou  de  demander 
pardon  a  Bedkebub,  dem  Obersten  der  Teufel. 

J«  YOUS  enYoie  ci-joint  une  piece  qu'ils  ont  publice  ici  il  y  a 
quelques  jours.  Elle  est  remarquable,  puisqu^elle  yous  donne  les 
dätails  de  la  negociation  d^armisticc  Elle  est  d'ailleurs  plate  et  mau- 
Yaiae.  Comme  je  ne  puis  pas  ftrire  a  Msgr.  le  duc  d'Orleans,  je  yous 
prie  en  gr&ce  de  lui  communiquer  cette  lettre  daus  toute  sa  teneor. 
Agpreez,  Monsieur  le  Comte,  Tbommage  du   deYOuement  sans  bomes 

de  Votre 

Le  16.  NoYcmbre  1805.  Gentz  m.  p. 

P.  S.  Pourquoi  n'etes-YOUs  pas  ici?  Je  crois  que  nous  touchons 
a  de  grands  changements  et  que  —  ne  sera  pas  le  seul  qui  sautara ! 

*)  Franz  Freiherr  von  Auffenberg,  1805  mit  10.000  Mann  aus  Tirol  zu 
Mack'8  Armee  detachirt,  wurde  er  am  18.  October  bei  Wertingen  von  Murat, 
den  er  beobachten  sollte,  angegriffen,  sein  Corps  halb  niedergemacht,  halb  g^ 
fongeu.  Er  wurde  deshalb  zu  4jfthriger  Festungsstrafe  und  Caseation  verurtlieilt^ 
Entlaflsen  starb  er  nach  einigen  Jahren. 


Briefe  von  Friedrich  ▼.  Gents  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      1S5 

Foor  YOQs  j'aocepte,  je  demande  xadme  la  place  de  Collenbach; 
joaqu'ici  Texil  ou  la  prison  m'aurait  moius  effraj^  que  VoSre  de  oette 
place;  mais  conyalncu,  comme  je  le  suis  j'y  feraie  quelque  bie{i;  je 
Taecepte  poor  an  au  si  vous  etes  le  ministre  tout  puls  saut; 
autremeiit  pas.  Je  orainfi  que  Vempereur  de  Bosaie  oa  Gzartoryski^) 
n'en  proposent  un  autre,  j'eatime  et  j'aimß  cet  aatre  de  toui  m<m 
eoeor,  mais  je  ne  seraia  pas  tranquille  et  surtoat  je  ue  m'eng^gerais 
pas  avec  loL  Cependant^  une  chose  est  süre,  toat  ce  que  fii^su-* 
moffski')  poorra  faire  pour  mainteair  ceux  qui  sont  ik  prdsenti  il 
le  üura !  Ha !  les  crises  comme  celles-d  de  yoilent  toutes  les  ämes  -r-  in 
einer  solchen  Feuerprobe  bestellt  nur  was  acht  ist,  und  alle  Schlacken 
fidla&  XU  Boden. 

5. 

Dresde  le  30  Janyier  1806. 

Je  Profite  du  quart  d'heure  qui  me  donne  le  passage  4u  Colone} 
Smith  par  cette  ville,  pour  remouer  ma  correspondenoe  avec  vous, 
Monsieur  le  Comte!  Les  malheurs  que  nous  aroient  tous  dispers^s^ 
m'ayoient  jettä  d'abord  ä  Breslau,  oü  j'ai  pass^  quelques  semainss  et 
plus  tard  ä  Dresde,  oü  je  veux  att^ndre  le  demier  dänouement 

Je  suis  intäress^  avant  tout  ä  apprendre,  si  yous  aves  re9u  les 
lettres  que  j'ai  eu  Thon^ei^  de  yous  adresser  le  24  octobre  et  le 
3  novembre  de  Yienne  et  le  16  novembre  de  Brunn.  Getto  derniere 
eioit  un  petit  Yolume  dans  laquelle  je  yous  ayois  rendu  un  compte, 
que  je  crois  assez  satis&isant,  de  toute  la  premiare  partie  des 
^TenoHiens  lugubres  de  cetto  äpoque.  Je  serois  d^le,  si  cette  lettre 
ne  YOUS  dtoit  pas  paryenua 

Mon  intention  ätoit  de  lui  üaire  suocdder  unc  autre  dans  laquelle 
je  serois  entr^  dans  les  ezplications  sur  la  soite  de  ces^Y^nemens;  et 
qnoique  les  troubles  et  les  yicissitudes  continuelles  dans  lesquelles 
j'ai  Y^ou,  depuis  que  je  suis  parti  de  Yienne.  Tr^s-souYcnt  aussi  le 
naanque  absolu  d'ocasions  süres  m'ait  empeche  d'executer  ce  projei 
Je  YOUS  prie  de  ne  le  regarder  que  comme  ajoum^  Je  crois  qu'il 
y  a  peu  de  personnes,  qui  soient  plus  complfetement  instruites  que 
BEioi  de  toutes  les  causes  de  nos  malheurs,  ^yant  eu  la  elef  iß 
beauoonp  de  choses  dont  d'autres  n*ont  yu  que  la  superficie,  et  ayant 
siirtout  Ydcu  ayec  tous  les  partis,  j'ai  compris  ce  que  la  plupart  des 
autres   ont    seulement  yu  passer  deyant   leur   yeux  et  je  me   sens 


<)  Adaca  Fürst  C^artoryski  war  dan^als  raeeischer  Minister  dßs  Auswärtigen. 
*}  Andreas  Cyrillowit^h  Graf  später  FQrst  Rasumoftsli^  war  seit  17^  k*  rassi- 
scher Gesandter  zu  Wien. 


186  Thürheim. 

capable  d*Stre  rhifitoiien  de  ces  meme8  ^t^nemeus,  dont  ceax-la  xi*ont 
6i6  que  les  instrumenB  ayeugles  ou  les  spectateurs  stup^fidts. 

Apres  avoir  fait  mon  cours  ayec  les  Autrichiens  et  les  Basses, 
j'ai  voulu  connoitre  ä  fond  ee  qu'dtoient  proprement  les  Pru89ieii8 
dans  cette  grande  [crise  de  TEarope.  Heureusement  j'ai  trouy^  an 
moyen  precieux  d'arriver  a  oe  bat.  Leprince  Louis  de  Frusse, 
commandant  Tavantgarde  de  la  premiere  arxn^e  Prassienne,  m'a  invite 
ä  yenir  passer  quelques  jours  avec  lui  ä  son  quartier  g^n^ral  ä  Zwickau ; 
c'est  1k  que  j'ai  achev^  mes  ^tudes.  Le  prince  Louis  —  ne  vous 
arretez  jamais  ä  ce  que  les  traitres  ou  les  pleutres  vous  diront  oontre 
lui  —  est  un  des  derniers  soutiens  qui  restent  a  la  chose  commone, 
et  un  des  hommes  les  plus  emiments  que  TEurope  possede  actuellemeni 
Aussitot  que  je  trouverai  le  tems  de  r6diger  une  lettre  comme  il  faut, 
je  Yous  ferai  mon  rapport  sur  toutes  les  parties  du  tableau.  Mais 
Teuillez  en  attendant,  Monsieur  le  C!omte,  ne  pas  perdre  un  moment 
pour  me  rassurer  sur  le  sort  de  ma  lettre  de  Yienne.  Je  resterai  dans 
tous  les  cas  a  Dresde  pour  quatre  ou  siz  semaines.  Tout  ce  que  je  sais 
sur  mes  projets  futurs,  c'est  que  je  ne  suis  pas  proscrit  de  Yienne. 
Mais  ayant  ^rit  au  comte  Stadion  depuis  quinze  jours,  j'attends  sa 
r^ponse  pour  sayoir,  comment  et  sous  quelles  conditions  je  dois  j 
rentrer.  Si  on  ne  me  desire  pas  d'une  mani^re  bien  prononcee,  je 
ne  retoumerai  point.  Si  on  me  traite,  comme  je  le  m^rite,  ne  fut- 
ce  que  pour  mon  d^youement  sans  bomes  pour  le  bonbeur  et  la 
gloire  de  la  monarchie,  je  me  ferai  un  deyoir  de  lui  consacrer  mes 
yeilles  es  mes  forces,  mais  dans  ce  cas  lä  meme  je  demanderai  la 
permission  de  passer  encore  deux  mois  ä  Dresde,  puisque  je  ne  yeux 
pas  partir  d'id  sans  ayoir  yu  imprim&  deux  ouyrages,  que  je  yiens 
de  liyrer  ä  la  seule  presse  libre  (eile  est  ä  6  postes  d'ici)  qui  existe 
encore  dans  toute  TAllemagne ! ! ! 

Je  yois  continuellement  Msgr.  de  Zicby^),  qui  me  comble  de 
bont^s  et  d'amiti^,  qui  me  donne  a  diner,  qui  me  communique  ses 
nouyelles,  qui  me  rend  tous  les  seryices  imaginables,  qui  me  traite 
enfin  comme  un  homme  que  la  bienyeillance  et  la  bonne  opinion  de 
sou  beaupere  —  titre  prdcieux  dont  j'aime  a  me  yanter  souyent  —  rend 
interessant  h  ses  yeux.  C'est  meme  ici  que  j'ai  parl^  pour  la  premiere 
fois  au  prince  Starbemberg').    Le  s^jour  de  Dresde  est  en  g^n^ral 


')  Der  damalige  k.  k.  Gesandte  in  Dresden  Graf  Stephan  Zichy,  Schwieger- 
sohn Starhemberg's,  des  Adressaten  dieses  Briefes.  *)  Fürst  Georg  Adam 
Starhemberg,  Vater  des  Adressaten,  ein  damals  82jähriger  Greis,  befEuid  sich, 
anlftsslich  der  französischen  Oocupationi  bei  seinem  Enkelschwiegersohn,  dem 
Gesandten  Grafen  Zichy,  in  Dresdea. 


Briefe  Ton  Friedrich  y.  Genie  an  den  Grafen  Lonis  Starhemberg.      137 

infinimeni  agr^ble  pour  moi  dana  les  circonstanoeB  präsentes  et  r^anit 
presque  toos  les  avantages.  Je  Toas  sapplie  de  dire  ä  Msgr.  le  duc 
d'Orleans  qae  la  demiere  leüare  qua  j*ai  refue  de  lai,  est  celle  par 
laqaelle  il  m'a  adress^  le  general  Dumoarier  mais  je  u'ai  pas  yu 
celui-d,  il  s'^it  rendu  au  th^atre  de  la  guerre,  lorsque  la  bataille  a 
jamais  ex&^rable  d'Austerlitz,  m'aToit  deja  relega^  k  Breslau,  k  Zwickau 
j'ai  YU  des  lettres  qu'il  aYoit  toites  au  prinoe  Louis,  et  comme  il  ne 
lui  reste  ä  pr^nt  que  de  s'en .  retoumer  re  infecta.  Je  me  flatte 
qu'il  passera  par  Dresde,  et  que  je  le  renoonterai  quelque  part, 
nous  nous  entendrons  ä  merYeille  j'en  suis  sür,  et  je  serois  au 
d^sespoir,  si  je  le  manquois  tout-ti-fait,  non-seulemeut  pour  mou 
compte,  mais  aussi,  j'ose  le  dire,  pour  le  sien.  Engagez  Msgr.  le 
duc  d'Orleans  ä  m'derire  quelques  lignes,  mais  surtout  ecriY6£-moi  vous 
mSme  la  premiere  fois  que  yous  ferez  partir  une  lettre  pour  le  comte 
Zichy.  Je  ne  däsespere  pas  du  salut  commun,  je  soutiens  que  nous 
aYons  encore  d'immenses  resources,  et  je  vous  ezpliquerai  dans  son 
tems  les  raisons  pour  lesquelles  je  crois  notre  position  actuelle  infini- 
ment  moins  decourageante,  que  le  public  Timagine  partout  Mais 
il  faut  finir.  Agrfez  l'assurance  renouYell^  du  deYOuement  iuYiolable 
de  Yotre  fid^le  SerYiteur 

Gentz  m.  p. 
6. 
Dresden  le  2.  AyhI  1806. 

De  toutes  les  lettres  que  j'ai  refues  de  yous,  Monsieur  le  Comte, 
Celle  qui  m'est  parYenue  Hier,  m'a  le  plus  YiYcment,  le  plus  sensible- 
ment  touche,  et  je  Youdrois  pouYoir  yous  exprimer  la  reconnoissance 
profonde  dont  eile  m'a  penetre.  Yous  oublier  seroit  un  des  signes 
aYant-coureurs  de  mon  extinction  prochaine,  physique  ou  morale. 
Yous  fltes  trop  parfaitement  amalgame  aYec  tout  oe  qu'il  y  a  de  bon 
dans  mon  äme,  pour  ne  pas]  etre  präient  ä  toutes  mes  occupations 
serieuses  et  partie  int^^rantes,  si  j'ose  m'exprimer  ainsi,  de  chaque 
meditation  ä  laquelle  je  me  livre.  Lorsque  j'ai  euYoy^  k  Londres  le 
malbeureux  memoire  dont  yous  me  parlez  (je  Tappelle  malheureux, 
non  pas  que  je  regrette  un  seul  mot  de  ce  que  j'y  ai  mis,  mais 
poisqu'il  est  arriY^  mal-ä-propos,  puisque  le  sot  ^diteur  du  M.  Port 
Ta  gatd  par  une  mauYaise  traduction  et  compromis  et  presque  ddtruit 
par  les  inconccYables  et  degoutantes  platitudes  qu'il  y  a  ajout^es  pour 
fiur  mon  flöge,  enfin,  puisqu'il  a  exdtä  contre  moi  les  ^criYains  du 
parti  aujordbui  tout  puissant)  lorsque  j'ai  envoy^  cette  pi^  ä  Londres, 
mon  intention  ätoit  qu'elle  fut  publiee,  maisd'une  maniere  discrete 
et  raisonnable.  Je  ne  pouYois  pas  alors  pr^Yoir  la  mort  de  Mr.  Pitt; 


138  Thürheim. 

le  publiof  d'Angletorre  me  parroissoit  plonge  dans  im  sombre  d&soi^ 
ragement  par  rapport  aux  affidres  continentales,  je  vouloia  fiüre  une 
diyersion  en  preseniant  na  tablean  consolani  apr&s  tant  de  uoires 
exquisses  de  l'^tat  desespäre  de  TBiirope.  Ayec  un  projet  piareil  j'aurois 
cru  manquer  de  däicatesee  en  yous  oonstituant  Tintennediaire  de 
Pexecution,  j'aurois  eraint  qne  oette  pnblicaidon  n'eut  re9a  trop  de 
poids,  si  eile  avoit  passä  pav  tos  maina,  c'est  pour  cela,  Monsieur  la 
Comte,  que  je  n'ai  pas  touIu  yous  la  transmettre,  et  lonque  oinq  ou 
six  jouxB  aprts  son  d^part,  j^ai  appris  les  grands  ebanganifttts  qai 
s^^toient  feits  en  Angletenre,  je  n'aYais  plus  le  ooosage  de  yous  en 
parier  et  je  me  flattois  bonnement  que  celui  qui  aYoit  ^t^  le  depo- 
sitaire  de  mon  ^orit,  auroit  assez  de  tact  pour  ne  plus  le  livrer  a 
l'impression. 

Lorsque  je  dis  dans  ce  memoire  qne  nous  avious  le  droit  de 
presumer,  que  teile  ou  teile  chose,  se  feroit  en  Antriebe,  en  Prusse, 
en  Bussie  etc.  je  n*ai  certainement  pas  Youlu  ayancer  que  cela  arri- 
Yeroit  aYec  les  bommes  qui  gonyement  ces  differens  ätats,  mus  que 
cela  dcYroit  arriYer,  et  surtout  que  cela  pouYoit  encore  se  &ire, 
si  les  gouYememens  ne  se  depouilloient  pas  du  sens  commun«  Si 
qnelqu*nn  m'aYoit  demand^  en  confidence,  mais  croyez-yous  que  ces 
gouYcmemens  auront  assez  de  lumieres  ou  assez  du  courage  pour 
ne  pas  courir  ä  leur  perte  totale?  je  sais  bien  ce  qne  j'aurais  repondü, 
et  voi^s  le  saYez  aussi,  mais  ces  explications-lA  ne  se  fönt  pas  aYec 
le  public 

En  attendant  Monsieur  le  Duc,  Yotre  Yoisin^),  yous  aura  com- 
muniquä  (j*espere  du  moins  qu^il  aura  re^u,  buit  jours  aYant  TarriYee 
de  cette  lettre)  une  pi^  plus  francbe  et  plus  secrete,  qui  n'est  que 
la  conclusion  d'nn  ouYrage  fort  etendu,  dans  lequel  j*ai  t4cbe  de 
deYclopper  completement  les  causes  qui  ont  produit  les  malbeurs  de 
la  demiere  guerre').  On  traYaille  dans  ce  moment  &  copier  une 
autre  part^e  de  cet  onyr^e,  celle  qui  a  pour  objet  les  fautes  qu'on 
a  commioes  relatiyement  a  la  Prusse,  et  si  une  occasion  particuli^re, 
que  j*attends  d*un  jour  ä  Tautre,  ne  me  surprend  pas  trop  tdt,  je 
YOUS  adresserai  cette  partie  dans  tr^s-peu  de  jours  —  peut-dtre 
qu'elle  YOUS  parriendra  m§me  aYant  cette  lettre.'  Je  suis  sür  que  yous 
rendrez  justice  ä  l'impartialit^  s^Y^re  aYec  laquelle  j*ai  trait^  ce  grand 

')  Der  HerEOg  Louib  Philippe  yon  Orleans,  mit  welchem  Gentz  gleichMls 
in  regem  Bchriftlichen  Verkehre  Btand,  war  Graf  Starhemb6rg*8  Nachbar  in 
Twikenham.  ^  VgL  die  Briefe  yo«  Qents  an  J.  y.  Mflller  Yom  5«  und 
21.  September.    Schleeier  4,  207,  217. 


Briefe  von  Friedrich  v.  GcBtai  aa  dea  Grafen  Lonis  Starliemberg.      139 

procte;  jo  d^fie  de  pr^noneor,  )u  qt^eÜB  eqp^  dHnteret  celui  qai  y 
parle  s^eat  ¥oae,  Les  opixiioiie  (^e  j*ai  pre«eii14es  aar  la  Pruase,  sont 
eneote  ei  seront  iii?ariablemmJt  les  Boieane»,  et  ai  les.  iulame« 
doBarehiea  de  oe  cabüiet  que  iqqb  eomiaimee  eu  m^ecriTaoit  votre 
dend^re  lettre,  ni  oaUea  biea  plus  atrocee  que  vous  aurez  apprises 
plus  tard,  ne  m^engogeroBt  jamaie  « zoe  letvacter.  Le  Systeme  de  la 
cowr  de  BerUn  a  ^te  dqpuis  179ß  an  sydiäine  foneste,  houteux, 
d^UmiUe;  il  eet  redeveno  ce  qaHl  etoit  depiUB  le  mois  de döcemlure 
1806 ;  mais  je  suie  trop  iaattuit  de  oe  qui  s'eat  pass^  daw  le  courant 
de  Taim^  1805,  et  sartont  dana  lea  iiu)is  de  Beptembrer  octobre  et 
BOTembre,  po»r  qu^il  me  reste  aQcuMesp^  de  douie  anx  ce,  que  ce 
Systeme  anroit  pu  etre  ebaiig^,  qu^  a  6U  changi,  et  que  le  ohan- 
gemeai  seroit  derena  total  (du  moias  poar  la  temst  oU  aooa  eu 
a^ions  besoin),  si  les  oabinets  direotemeiit  intdress^  )k  ce  ehaageaaent 
aToieat  su  profiter  des  dreoastaacesY  si  par  les  &ntes  les  plus  im- 
pasdoaables,  les  plus  po^riles,  le»  plus  extravagaates  ils  n^avoieat  pas 
cotttraire  eoz  Hi6nies  les  r^ltata  qa*üa  vouloieat  prodaire.  Cette 
Terite,  je  crois  Favoir  tellement  prouy^  dans  ce  que  j'aorai  rboanear 
de  TOtts  präsenter,  qu'aucan  bomme  raisonnable  qoi  me  lira,  conser- 
Tera  la  moindre  incertidude.  Je  sais  d'ailleors  que  roas  afes  ea  cette 
meme  opinion,  et  il  n'y  a  pas  huit  jours,  que  j'ai  r^t^  au  eomte  Z. '). 
Ce  que  je  lui  avois  dit  vingt-fois,  que  ce  qui  m^avoit  le  p4us  con- 
yaiacu,  que  vous  ^tes  un  grand  bomme  d*^t  dans  toute  la  force  du 
terme,  dtoit  le  mani^re  dont  vous  aviez  invariablement  jug^  la  Prnsse. 
Les  äv^nemens  qui  nous  revoltent  aujord^ui,  ne  doivent  pas  renverser 
notre  Systeme. 

n  ^it  fcicile  ik  prevoir  que,  dfts  qu'on  auroit  Iftcbe  la  Prusse, 
qu^on  Vauroit  abandonnde  ^  ses  propres  conseib,  le  parti  des  scel^rats 
triompberoit,  et  que  le  signal  une  fois  donntf,  eile  feroit  des  progrte 
tont  aussi  rapides  dans  le  mal,  qu'elle  en  auroit  fait  dans  le  bien,  si 
nous  avions  sü  la  conduire. 

Les  mesures  contre  le  commerce  Anglois  ne  m^effirayent  au  reste 
que  m^ocremeni  Les  relations  commerciales  de  TAngleterre  arec 
le  continent  sont  ind^structibles  par  la  nature,  et  si  d'ailleurs  le 
diable  en  personne  gouvemoit  la  Prusse,  soa  int^ret  et  les  dangers 
auxquels  il  s'expose,  le  forceroient  de  capituler  sur  Tex^cution.  Comme 
symptömes  d'ayilissement  et  de  d^cadence,  ces  mesures  sont  borribles 
ä  la  yerit^,  mais  leur  effet  r^el  ne  peut  devenir  pemicieux,  qu^au  cas 


')  Der  Name  nicht  ausgeschrieben,  zweifelsohne  Starhemberg*8  Schwieger- 
sohn, Ghraf  Stephan  Zichy,  Gesandter  in  Dresden. 


140  Thürheim. 

que  moyennant  Talarme  qu^elles  repandront  n^oeBsatrement  ä  Londres, 
elles  contribuassent  ä  decourager  le  ministöre,  et  ä  fiävoriser  des 
projets  pacifiques.  üne  mauTaise  paix  est  le  seul  danger  r^l  qui 
menace  TAngleterre.  Chaque  mot  que  rous  me  dites  pour  eloigner 
la  crainte  de  ce  danger,  est  un  bäume  qae  vons  mettez  sar  mon 
coeur.  La  conservation  de  TAngleterre  et  le  r^tablissement  de  TAlle- 
magne  Toilä  les  deux  grands  objets  de  mes  Toeux  et  de  mes  sollici- 
tudes.  Tont  ce  qui  peut  encore  etre  fait  pour  arreter  le  torrent  de 
la  destruction  universelle,  doit  resulter  d^une  sage  r^union  des  forces 
de  rAUemagne  et  de  TAngleterre.  Je  compte  peu  sur  la  Bussie.  Je 
ne  con^ois  pas,  comment  Tbistoire  de  la  derni^re  campagne  n'a  pas 
dessille  les  yeuz  de  tout  le  monde  ä  cet  ^gard.  Je  ne  con^ois  pas 
comment  on  peut  placer  la  moindre  esp^rance  sur  le  cabinet  de 
Petersbourg,  tel  qu'il  est  compos^  aujourd^hui.  Ignore-t-on  donc 
ik  Londres  ce  qui  me  paroit  plus  clair  que  la  lumi^re  du  jour  ?  J^ecTirois 
Cent  pages,  si  je  voulois  entrer  dans  ce  sujet  avec  toutes  les 
donn^es  que  je  poss^de.  Mais  comment  ne  les  auriez-yous  aussi  bien 
que  moi? 

Je  Yous  exposerai  dans  ma  lettre  prochaine,  dans  quelles  relations 
je  me  trouve  ä  präsent  avec  Yienne.  Quant  a  Teffet  que  pourroit 
produire  le  memoire  en  question,  rappelez-vous  seulement,  Monsieur 
le  Gomte,  qu^on  ne  lü,  qu'on  ne  connoit  jamais  dans  ce  pays  ce  qui 
se  pubHe  a  Londres.  Je  rdserve  le  peu  de  tems  et  de  place  qui  me 
reste  aujord^bui,  pour  yous  remercier  du  fond  de  mon  äme  de  tout  ce 
que  Yotre  excellente  lettre  contient  pour  moL  Ayant  cru  un  moment 
que  j^ai  pu  yous  oublier,  Yotre  generosite,  Yotre  bienveillance,  votre 
d^catesse,  se  sont  montrees  envers  moi  avec  d^autant  plus  d'eclat, 
et  j'en  ai  ete  plus  que  jamais  pen^tre.  Je  sais  appr^cier  le  bonheur 
de  jouir  de  Testime,  et  puisque  yous  me  permettez  de  le  dire,  de 
Tamitie  d^un  homme  tel  que  yous.  Je  compte  sur  yob  bontes,  pour 
le  reste  de  mes  jours;  je  ne  puis  jamais  rien  faire  qui  m^expose 
ä  les  perdre,  et  dans  tous  les  cas  qui  peuYcnt  se  presenter  dans 
TaYenir  incertain  et  t^n^reux,  qui  m^attend  avec  tous  ceux  qui 
soutiennent  une  cause  presque  perdue,  je  m^adresserai  a  yous  avec 
cette  confiance  iUimitee  que  yos  nobles  proc^es  m^ont  inspir^.  Je 
me  trouYe  beureux  de  Yoir  de  tems  en  tems  madame  Yotre  fille^), 
dont  les   traits   me  rappellent  les   Yotres.     Yeuillez    presenter    mes 


«)  Die  Gräfin  Fanny  Zichy. 


Briefe  von  Friedrich  v.  Gentz  an  den  Grafen  Lome  Starbemberg.      141 

respects  ä  mad.  sa  mtee  et  mUfi  ses  soeurs  et  agr^  rhommage  du 

d^TOuement  ^temel  atec  lequd  je  suis 

Yotre  serviteur  jusqu  k  la  mort 

Qentz  HL  p. 
7. 

Dresde  le  3  Avril  1806. 

Par  la  poste  de  hier  je  yous  ai  ecrit,  Monsieur  le  Comte,  une 
lettre  qui  yous  arnYera  peut-etre  plus  tard  que  la  presente,  ou  en 
meme  tems  aYec  eile.  Dieu  sait  ce  que  deviendra  notre  correspondance 
et  nos  Communications  aYec  rAngleterre,  car  si  ce  que  l'on  dit 
aujoid'hui  est  Yrai,  la  Frusse  pousseroit  Tinfämie  jusqu  ä  arreter 
meme  les  couriers  et  les  lettres  pour  TAngleterre.  Je  ne  puis  le 
croire,  mais  tout  est  possible. 

Le  Courier  qui  doit  empörter  ceci,  ne  me  laisse  qu'un  quart 
d^heure  de  tems.  Je  me  borne  donc  a  yous  dire,  ce  que  c'est  que 
la  piece  ci-jointe.  C^est  une  partie  de  la  troisiöme  partie  de  ce 
memoire  »sur  les  causes  des  malheurs  de  la  demier  —  qu^m*  — 
dont  j'ai  parle  dans  une  de  mes  demi^res  lettres.  Msgr.  le  duc 
d^Orleans  en  aura  re9u  et  yous  aura  communique  le  resume;  je 
Youlois  fair  passer  aujourd^hui  la  partie  qui  traite  «la  conduite  r^ci- 
proque  des  allies  et  de  la  Prusse",  mais  le  tems  et  les  moyens 
phjsiques  ont  manqu^;  yous  n'en  reccYCz  donc  qu^ä  peu-prös  la 
moitie,  et  je  tacherai  de  faire  suiYre  la  fin  de  ce  morceau  par  la 
premi^re  occasion  süre.  J^ai  dejä  dit  dans  ma  lettre  d'hier  que, 
malgre  la  conduite  atroce  de  la  Prusse  dans  ce  moment-ci,  je  ne  me 
retracte  sur  rien  de  ce  que  j^ai  dit  dans  ce  memoire  (oti  au  reste  la 
Prusse  n'est  certainement  pas^enagee)  une  fois  rentree  dans  la  carriere 
da  mal,  et  cela  par  la  faute  de  tous  nos  amis,  j^ai  su  y  aYoir 
caicule  d'aYance  qu^elle  la  suiYroit  jusqu'aux  derni^res  extremites. 
Des  personnes  tr^s-instruites  m^ecriYcnt,  qu'on  ne  saurait  se  faire  une 
idee  de  ce  que  c^est  que  Berlin  dans  ce  moment.  Le  public  est  dans 
tine  rage  de  desespoir  et  d'indignation,  considerablement  augment^ 
par  Fordre  donne  ä  tous  les  employ^s  militaires  et  ciYils  de  ne  plus 
parier  sur  les  afiaires  publiques,  ordre  que  tout  le  monde  sait  aYoir 
6te  donnd  aprfes  une  requisition  de  ce  gueux  de  Laforest^),  et  qui 
bien  loin  de  fermer  les  bouches  n^a  fait  qu'accroitre  la  fermentation. 
Le  roi  est  comine  aneanti,  il  pleure  souYent.  Mais  le  parti  dominant 
a  jete  son  bonnet  par-dessus  les  moulins.  Ilestddcid^ä  faire  tout, 
absolument  tout  ce  que  Bonaparte  pourra  lui  demander,  et  cette  belle 
rösolution,    on   Tannonce   hautement;   une   personne  qui  m^dcrit,    Ta 

')  0er  damalige  französische  Gesandte  in  Berlin, 


142  Tliürheim. 

eütenda  difd  a  LottbarcL  Jtigez  qod  etfieft  ptidduiroü  iiu  ^niliMi  de 
cela  ane  d^claration  de  gaerre  de  la  "ph^  <le  rAjigMeüfre^  «t  oa  s'y 
attend  &  BeirliU.  Je  c<müois  trd^  peu  le  Systeme  actuel  du  cabinet 
de  Londres  pour  sattroir,  Eli  on  a  raison  ou  non.  Comme  calculateur 
politique,  je  crois  que  je  voteiids  contre  cette  guerre;  comme 
homme,  j^avoue  qu'elle  me  feroit  plaisir. 

ÜDe  des  choses  que  je  desirerois  le  plus  de  savoir,  c*est  oom- 
ment  cette  &mease  nöte  de  Msgr.  Hardenberg,  qae  le  Journal  de 
Francfort  et  les  gazettes  angloises  ont  publiee  le  meme  jour,  a 
trouve  son  chemin  dans  le  public.  On  diroit  que  le  gouvernement 
Anglois  a  lui  meme  fayoris^  cette  publication,  car  comment  expliqaer 
autrement  cette  apparition  simultande  ?  Et  pourtant,  lorsque  je  pensei 
combien  le  ministre  actuel  et  ses  amis  ont  d^saprouve  Pimpression 
des  pi^s  officielles  sur  la  demi^re  guerre,  queUe  sortie  violente 
Lord  Holland  entr'autres  a  üslite  ä  ce  sujet,  peu  plus  tard  que  le  3 
de  mars,  je  ne  puis  croire  que  le  gouvernement  ait  consent!  ä  la 
publication  d^une  pi^,  cent  fois  plus  compromettante  que  toute 
la  collection  livree  par  les  anciens  ministres.  Quoiqu^il  en  soit,  je  ne 
Youdrais  pas  etre  responsable  de  cette  publidiation,  mais  je  ne  puis 
pas  m^empecher  de  m^en  rejouir. 

Quel  desaveu  solennel  pour  tous  les  infames  mensonges  que  ces 
brigands  ont  avances,  pour  faire  croire  que  la  Prusee  n'avoit  jamais 
vari^  dans  ses  affections!  £t  quelle  rage  cette  note  dolt  leiir  avoir 
causee,  ä  en  juger  d^apr^s  Tinfernale  diatribe  qulls  ont  yonue  contre 
Mr.  de  fiairdenberg.  J'espere  que  ce  ministre,  qui  dans  tous  les  cas 
ne  pouYoit  pas  rester  en  place  aiprha  le  retour  de  cet  archi-scel^rat 
de  HaugwitK  ä  Berlin,  s'en  consolera.    Quanta  dementia! 

Je  Yous  prie  de  Youloir  bien  communiquer  a  Msgr.  le  dac 
d^Orl^ns  le  fragment  d-joint,  avec  mos  tr^-humbles  liommages,  et 
d^agreer  ceux  du  döYouement  et  des  respects  sans  bornes  avec  les 
quels  je  suis 

Yotre  fid^le  serYiteur 
Gentz  m.  p. 

A-t-on  eu  i^  Londres  la  brochure  du  Comte  d^Antraiguea: 
,  Fragments  du  18  livre  de  Colybe'.  Si  yous  ne  la  connoissez 
pas,  YOUS  n^aYCz  qu^ädemander  a  Mr.  Baring,  pour  qui  a  ete  le  paquei^ 
que  je  prends  la  liberte  de  joindre  a  cette  lettre.  Cette  brochure 
(extremement  piquante)  y  est 


Beilage  dieses  Briefes  ist  das  folgende  Schreiben  Yon  Gentz  an 
den  Herzog  you  Orleans: 


Briefe  von  Friedrich  y.  Gentz  ati  deb  Grafen  LoniB  StarHemberg.      143 

Dresde  le  26  Mars  1806. 

Monseigneur! 

Trop  Icmg-tems  j'ai  ete  mort  pour  yotre  Altesae  Serenissimei 
mab  voos  ne  m^aves  pas  obli6,  MoBseignenr:  je  le  aais,  je  le  sebe 
d'tme  mani^iB  bien  positiTe  et  bien  doace.  Les  empüres  peavent 
s'ecronler,  les  goavememens  et  les  prindpes  peuvent  ehanger,  mais 
mie»äme  belle  que  la  yöire  est  k  Tabri  de  tous  les  bouleyerseüAeiis ; 
et  säehaotmie  fois  quel  d^^  d^nt^ret  et  de  bienveillanoe  yoaz  m^avez 
aocord^,  je  sais  sör  d^en  jouir  jasqu*  k  ma  mort 

Voici  Monseigneur  la  demi^re  partie  d^un  memoire  d'une 
graade  ätendae  qne  je  yiens  d'adresser  ä  Lord  OrenyiUe.  J'y  ai 
traitä,  aatant  qae  j*ai  ebe  capable  de  le  fiüre  »les  eauses  qui  ont 
amenä  les  malheiirs  de  la  demiäre  gaerre*.  Ge  qoe  vous  trouverez 
2k  la  fin  de  ce  r^smn^,  yons  indiquera  les  objeta,  que  je  me  propose 
de  tndter  dans  une  seconde  partie  de  oe  mi^moire.  Jusqu'  id  per- 
sonne  n*a  tu  ce  que  j'ai  Thonneur  de  yoas  enyoyw  ioi,  et  comme  je 
ne  Tondrois  pas  me  compromettre  le  knoins  du  monde  ayec  des 
ministres  que  je  ne  oonaois  preeque  pas,  je  yous  supplie  Monse^eur 
de  ne  communiquer  eette  pi^ce  &  personne,  votre  voisin^)  ezoepte, 
poiir  leqael  je  ne  Tenx  avoir  ancun  mysttee. 

Les  moyens  physiques  m'ont  manque  poor  faire  oopier  la  totalite 
da  m^oire,  mais  je  desiirerois  beauoonp  que  yous  pussiez  en  lire  le 
reste,  surtout  la  troisi^me  partie,  oüi  je  crois  ityoii^  trait^  k  fond  tout 
oe  qoi  eonceme  la  conduit^  de  la  Pruese.  Yous  yärres  dejii  par  ce 
que  je  tous  pr&ente  aujord'hui,  que  je  n'ai  menag^  aucun  parti,  que 
j^ai  dit  les  verit^s  les  plus  särieuses  sur  tous  les  oabinets  int^resses 
et  que  je  n^ai  pas  fait  grace  a  eelui  de  Londres.  Mais  le  moment 
est  arriy^  oü  il  faut  ou  se  taire  absolument  ou  dire  (lorsqu^on  parle 
confidentiellemeiit)  la  yerit^  toute  entiere. 

Je  Mb  partir  oe  memoire,  je  yous  ecris  eette  lettre,  Mimseigneur, 
dans  une  des  diq)ositionB  les  plus  lugubres,  les  plus  noires,  oü  je  me 
sois  trouY^  de  ma  Tie.  Jamals,  je  tous  l'ayouerai  firanohement,  jamais 
je  n^ai  tfte  plus  prte  d'un  ddcquragement  oomplet,  jamais  plus  prds 
de  la  rt&solutiou  de  quitter  le  thdatre  du  monde  et  de  me  retirer  dans 
qudque  coin  obscur,  pour  oublier  dans  les  ^dee  abstractes  et  ayec 
des  otijets  d*un  ordi«  plus  ^ler^  et  plus  pur  les  malheurs  et  la  honte 
de  mon  sitele.  Getto  disposition  est  beaucoup  moins  Teffet  des  a£Freuses 
catastrophes  dont  j*ai  4i6  le  triste  t^moin,  —  non,  je  puis  dire  ayec 
beaueoup  de  satisÜEUstion  que  je  me  suis  roidi  eontre  les  ^venemens 


0  St  vhemberg. 


144  Thürheim. 

et  que  plus  le  malheur  a  augment^,  plas  j^ai  senti  moD  coorage 
s'accroitre  et  se  consolider.  Mais  ce  qui  '  m^opprime  et  m^aneantit, 
t^^est  ce  qui  s^est  passe  et  ce  que  je  crois  pressentir  en  Angleterre.  Je 
n'ai  certainement  pas  6i6  Tadmirateur  aveugle  de  Mr.  Pitt;  la  pi^ 
que  Yous  lirez  aujord^hui,  tous  le  prouvera  surabondamment.  Je  ne 
suis  pas  non  plus  capable  de  me'Uvrer  ä  une  areugle  pr^yentioii  et 
de  d^sesp^rer  du  salut,  puisque  des  hommes  qui  avoient  eu  fiutre 
fois,  ou  qui  ont  meme  conserv^  jusqu  a  präsent  une  mani^re  de  Toir 
differente  de  la  mieune,  arrivent  au  timon  des  affaires.  Pour  yous 
en  donner,  Monseigneur,  une  preuYe  bien  conyainquante,  je  yous  dirai 
ici,  et  je  yous  Tatteste  sur  ma  parole  d^onneur,  que  la  premiere 
nouYcUe  que  j'ai  refue  de  la  composition  du  nouYeau  minist&re,  m^a 
fait  le  plus  sensible  plaisir,  que  je  me  suis  dit  tout-de-suite :  .Ges 
hommes,  quelque  soit  la  nuance  de  leur  principes,  sont  d^abord 
Anglois,  ensuite  des  hommes  a  caract^re,  enfin  des  hommes  qui 
reunissent  entr'eux  les  talens  le  plus  incontestables.  Quoiqu^ils  JEissent, 
ils  ne  donneront  pas  dans  les  partis  faibles.  Le  bien  qu'ont  fiüt  leur 
pr^d^cesseurs,  ils  seront  obliges  de  le  consiarYer.  Le  mal,  ils  le 
r^pareront.  Ils  feront  peut-etre  des  demarches  que  ne  seront  pas 
toujours  de  mon  goüt,  mais  ils  gouYemeront,  et  Tetat  des  choses  est 
tel,  que  Tapathie  est  dcYenue  le  premier  des  maux.  ■  Yoila  comme  j^ai 
raisonn^.  Mais  depuis  quelques  semaines  j'ai  yu  ou  j'ai  cru  Yoir  les 
symptomes  qui  m^annoncoient  un  ayenir  funeste.  Je  ne  Yeux  pas  les 
sp^cifier  ici,  je  n^ai  pas  encore  le  droit  de  juger,  rien  n'est  mür,  rien 
n'est  arret^. 

Je  parle  ici  de  mes  pressentimens.  S^ils  sont  &ux,  personne 
n^est  plus  en-^tat  que  yous  Monseigneur  de  les  rectifier;  s^ils  sont 
fondes,  personne  ne  pourra  m^ofito  des   consolations  plus  efficaoes. 

Mais  un  point  que  je  crois  pouYoir  toucher  aujourd'hui,  est  celui 
qui  me  conceme  moi-meme.  J'ai  long-tems  regprde  comme  le  oomble 
du  bonheur  et  de  la  gloire  de  pouYoir  serYire  TAngleterre,  ne  fät-oe 
que  de  la  mani^re  la  plus  indirecte.  Je  suis  (tout  amour  propre  ä 
part)  de  tous  les  hommes  du  continent  celui  qui  pourroit  rendre  les 
plus  grands  serYices  aux  Anglois,  si  on  Youloit,  si  on  saYoit  m^employer. 
Je  reunis  a  peu-prto  toutes  les  conditions  qu^on  peut  exiger  ponr 
Pint^dt  de  la  chose.  Mais  mes  principes  sont  oonnus,  et  je  ne  yeux 
je  ne  puis  jamais  condescendre  k  des  capitulations  ä  des  aooomodemens 
quelconques.  Mon  int^ret  personnel  n'est  pour  rien  dans  ce  que  je 
dis  icL  Qui  penseroit  ä  soi-meme,  autrement  que  poor  maintenir  sa 
dignit^,  et  rester  en  paix  aYCC  sa  conscience  dans  une  epoque  comme 
celle,  oü  nons  YiYons!    Si  on  ne  Yent  plus  de  moi  en  Angleterre,  je 


finefe  von  Friedricli  ▼.  Qeniz  an  den  Grafen  Lotus  Starhemberg.      ^45 

fem  oe  qiiNm  pendant  Beeret,  et  contre  leqtiel  je  Intte  depxxis  lon^ 
tems,  me  dicte  d^tme  mani^re  assez  intelligible.  Abandonner  gni- 
tuiiement  ma  cause  sacr^  pour  se  livrer  au  repos  et  ä  la  retraite,  ne 
conyient  qu*&  an  l&che  ^oiste.  Mais  se  soostraire  ä  un  monde 
d^goutant,  lorsqu*!!  n^ya  plus  aueun  moyen  d'y  trayailler,  s^accorde 
arec  les  meiUeors  prindpes.  La  r^ponse  que  je  recevrai  de  Lord  Gren- 
yffle  k  la  lettre  qne  je  lui  ^cris  aujord^hui,  d^cidera  pour  moi  de 
Payenir.  Je  ne  oonnois  pas  les  autres  ministres.  Je  n^ai  aucune 
raison  pour  croire,  qu^ils  s'int^resseront  k  moi  le  moins  du  monde^ 
J^en  ai  mallieureusement  beaucoup  pour  craindre  de  leur  etre  positire- 
ment  odieux.  Si  Lord  Grenville  a  enoore  de  moi  la  meme  opinion 
que  je  luis  ayois  inspir^e  autrefois,  s'il  est  capable  de  ramener  ses 
coll^gues  ä  cette  opinion,  ou  assez  puissant  pour  faire  par  lui- 
mdme,  oe  qu^il  juge  conyenable,  et  si  je  yois  des  cbances  &yorabIes 
pour  oonsacrer  toutes  mes  forces  a  la  cbose  publique,  je  ne  m^effirayerai 
de  rien,  je  ferai  tout  ce  qui  sera  dans  mon  pouyoir,  et  plus  indepen- 
dant  que  januds  (car  il  depend  m^me  de  moi  de  dissoudre  mes  enga- 
gemens  ayec  la  cour  de  Yienne)  je  me  youerai  jusqu*  ä  mon  demier 
soupir  k  la  cause  agonisante  et  ezpirante  —  mais  pas  encore  an&ntie  — 
de  FEurope  et  de  TAngleterre. 

Si  la  r^ponse  de  Lord  Orenyille  est  froide,  ^uiyoque  ou  d^cli'- 
natoire,  yous  n^entendrez  pas  parier  de  moi  pour  long-tems.  Je 
trayaülerai  pour  la  posterit^,  mais  je  serai  mort  pour  les  contem« 
porains. 

En  yous  £Eusant  cette  penible  confidence,  Monseigneor,  j^ai  ind^ 
pendamment  du  d^sir  de  me  montrer  tel  que  je  suis,  un  motif  que 
j'i^pellerois  interesse,  si  je  ne  sentois  pas  au  fond  de  mon  ooeur,  que 
rini&ret  de  la  chose  publique  est  le  seul  qui  m'anime  dans  ce  moment 
yous  oonnoissez  les  nouyeaux  ministres,  yous  etes  particali^rement 
]i6  ayec  plusicurs  d'entr'eux,  et  ayec  beauooup  de  personnes  qui  le 
sont,  yotre  ayis,  yotre  jugement  a  son  poids,  et  je  erois  que  ce  que 
yous  direz  ä  mon  sujet,  ne  laissera  pas  que  de  produire  son  e£Fet 
Yous  troayerez  pent-etre  l'occasion  de  me  faire  oonnoitre  dans  mon 
ynu  jouT,  de  d^truire  quelques  prdyentions  injustes,  d'^tablir  Topinion 
qa*on  doit  ayoir  du  parti  que  Ton  pourroit  tirer  de  moi  La  bien* 
yeOlance  partieoli^re  dont  yous  m^honorez,  et  yotre  ardeur  pour  le 
bien  de  la  choser  se  r^uniront,  j'en  suis  stlr,  pour  yous  engi^per  i^ 
une  demande  pareille.    II  me  suffit  de  yous  l'ayoir  indiqu^ 

Ce  n'est  quid,  et  pas  plutöt  qu'au  commencement  de  feyrier,  que 
yai  re^a  la  demiire  öu  une  des  demi^res  lettres,  que  yous  m'ayes 
ecrites,  au  mois  d'octobre  passe.    CSette  lettre  est  saus   aucune  com- 

yn.  10 


146  Thfirheiiii. 

paraison  ce  que  j'ai  lu  de  plus  fort  et  de  plus  gri^xid  de  jbouiea  les 
productions  ik  moi  de  votre'  plume.  Elle  est  na  chef  d'oeuTre  que  je 
conserrerai  religieusement  comme  ane  des  oonsolations  les  plus  pi^ 
deuses,  avec  lesquelles  j^abordend  le  triste  aveoir.  Haas!  Ciomiiie 
toutes  les  belles  esp^ranees,  que  yous  noorrissiez  alors  —  je  ne  pou- 
Yois  pas  les  partager,  et  yous  ne  les  auriez  pas  nourries  Yous-mdme, 
si  YOUS  YOUS  etiez  trouye  ä  nia  place  —  comme  elles  se  soat  rapide- 
ment  ^Yanouies.  Et  dans  quel  abime  d^horreur  nous  languisaoss 
aujourd'hui.  Mais  je  n'ai  pas  le  tems  d'entaqier  cet  affireuz  sujei. 
Et  d'ailleurs  que  pouYois-je  douc  yous  appendre  encore! 

J*ai  eu  une  lettre  de  M.  ^)  de  Constantinople,  mais  j'aYOue  qu*il 
7  a  bien  longtems  que  je  ne  lui  ai  ecrit.  Au  milieu  de  tant  de 
choses  qui  me  pressent,  qui  me  Yexent  de  toutes  parts,  une  correspon- 
dance  aussi  lointaine  est  toujours  en  soufiFrance.  II  a  cru  ä  Hack 
jusqu'au  demier  momeni  M.  ne  connoit  pas  les  hommes.  Je  oonfois 
le  d^sespoir  dans  lequel  il  doit  etre  aujord*huL 

Je  suppUe  Yotre  altesse  de  m^ecrire  le  plutdt  possible,  ne  flit-oe 
qu^une  demi  page.  Dans  un  moment  comme  oelui-ci,  le  bienfiüt  que 
YOUS  me  oonf^rerez  par  U^  est  au  dela  de  tous  yos  calculs. 

Ne  le  refiisez  pas,  Monseigneur,  ä  celui  qui  sera  jusqu*  k  la  mort 

de  Yotre  Altesse  S^renissime 

le  trte-deYOu^  et  jb^-fid^le  serYiteur 

Gentz  m.  p. 

8. 

Dresde  le  31  ayril  1806. 

Yoioi,  Monsieur  le  Comte,  la  suite  de  ce  que  je  yous  ai  adresa^. 
Bientdt  j'espfere  de  pouYoir  yous  präsenter  les  autres  parties  de  oet 
ouYrage  et  les  Supplements  que  j'y  ai  ajout^.  En  attendant,  le  moroeau 
introdnctoire  que  je  joins  ici  s^parement,  yous  ezposera  le  plan  et  la 
marche  que  j*ai  suiYis.  Lorsque  le  tout  sera  sous  yos  yeuz,  j'ose  me 
flatter  que  yous  n'en  serez  pas  absolument  mäconteni 

Je  Yiens  de  faire  imprimer  sous  le  titre:  Fragmente  ans  der 
neuesten  Oeschiohte  des  politischen  Gleichgewichts  in  Enropa,  doB 
obserYations  sur  l'origine  de  la  demiöre  guerre.  Cet  ouYrage  a  äte 
composj  dans  le  mois  de  septembre  et  d^octobre;  mais  j'y  ai  ajoniä 
une  pr^ÜEUie  calculee  sur  le  moment  actuel').  Cette  pre£BM»  est  saus 
aucone  oomparaison  la  meilleure  production  de  ma  plume;  j*y  ai 
traYaill^  d§  coeur  et  d'ame  et  en  mdme  tems  j'ai  tout  &it|   poor  faai 


^)  VgL  8.  181.        >)  Auch  erwfthnt  in  dem  Briefe  Yoa  Gente  an  J.  y«  MllUer 
Yom  5.  ApriL    Bcblesier  4,  807. 


Bxielb'TOiL  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.      1^7 

doxmer  le  degr^  de  perfec^iaii  qm  j^  sniB  oapable  d*atteindre.  CTe^ 
»or  ce  morcei^-1^  que  je  yeax  §tre  ^  jug^  par  m^3  epift^iogQXfÜJis,; 
et  si  je  meura  dßnuimt  ou  si  ma  main  est  pour  jamaia  F^niJjgffSe»  J^ 
eroiiai  ayoir  paj^  ma  dette  enyera  le  public  Auaacitöt  g\ie,  j'^^i^^ 
refu  niee  ozempIaireB  de  Leipsic,  je  toub  adressecai  cet  ouTiaip»  aTj^o 
une  aagnrance  que  je  n'ai  jamais  encore  eentie  dß^  un  oasDari^ 
car  cette  fois-ci  je  suis  sür  de  yotre  suffirage, 

V&Bi  des  choses  se  compliqae  tous  las  joura   d^yanti^f  les 

Bimges  a'äpaissiasent  autpur  de   nousi  et  je  crois  qu^  da(^^^u  i^ 

tempetp  honjble  ya  ^cl^ter.  Cen^eat  pas  ce  qui  se  po;^  pux  bouelÜMB 

da  Gattaro^)  qni  d^dera  du  sort  de  TEurQpe;  c'est.  df^x^  le  jg^or4  de 

rAllemagne,  que  uous  serons  dans  peu  ou  finalemeut  au^tis.  ou 

sauves.    La  position  de  la  Frusse  est  davei^ue  si  cntiquei  qu'e|l^  doit^ 

amener  incessament  les  explosious  les  plus,  terribles.    Les  f^o^^ipi)^ 

qu*eUe  a  lachement  faites  a  la  France,  ne  saurpient  lui  ((Sl^tir  le 

repoB  pour  trois  mois  ayec  chaque  ayantage  gagn^;  l'ambition  insatiable 

de  Bonaparte^  le  demon  qui  le  poursuit  et  qui  ne  lui  permet  p)us  de 

s'arreter,  en&nte  de  nouvelles  prätentions  et  la  disposition  du^pays, 

le  mecontentement  de  Panu^e,  Tavilissement  et  le  m^pris  dans  leguel 

le  gouyeruement  est  tomb^,  les  remords  et  les.  terreurs  auxquelles  le 

roi  lui-meme  est  en  proie,   sont  tels  que  meme  ayec  U  yoloAte.la 

plus  prononqee,  de  ne  plus  rien  refHser  au  tjran,.  il  ne  peut  psp 

aller  plus  loin«    Dans  tous  les  cas,  il  touche  dejii  ä  la  cruelle  alter- 

natiye,  ou  bien  de  r^sister  au  torrent  ayec  des  moyens  afiaiblis  et 

decr6dii&  au  milieu  des  murmures  du  peuple,  et  dans  des  conjonctures 

Cent  fois  plus  mena9antes  que  celles  qu'il  a  n^lig^s,  ou  bien  de  se 

demettre  de  sa  couronne  et  de  porter  li^  monarchie  aux  pieds  ae 

Bonaparte.  Je  sais  positiyement  qu*il  commence  ik  se  ßuniliariser 

ayec  cette  demi^re  perspectiye;  ila  6crit  a  Scbulenburg,  qui  deman- 

doit  ik  grands  cris  d^etr<e    rappele  de  Hannoyre:  ,Ne  m^abandonnez 

pas  dans  un  aussi  cruel  moment,  pensez  que  je    soufire  bien  plus 

que  yous;  n^  me  refiisez  pas  yotre  assistance,  lant  que  je  serai 

encore  au  timon  du  gouyernemeni'  Yous  pouyez  compter  sur 

la  yerit^  de  03  que  je  dis  icL    Et  de  combien  sa  Situation  deyiendra- 

t-elle   plus  desesp^ree,  depuis  que  TAngleterre  a  pris  des  mesures 

hostiles  con^e  lui!    Je  ne  crois  pas,  comme  tout  le  monde  le  dit, 

>)  Als  im  Mftrz  1806  der  OsterreichiBclie  General  Ghiselieri  GEtttaro,  das 
neb  Franloreicb  im  Pressbnrger  Frieden  ansb^dtmgen  balte,  dem  nmisdhen  Ge- 
sdiwader  und  den  yerbündeten  Montenegrinern  Übergab,  forderte  Napcdeon  <jate- 
gorisch  yom  Wiener  Miniateriam  die  bewaffiiete  Beclamation  dfesee  wi^fertigeii 
Postens  am  mteren  AdriarMeere  bei  Ruasland. 

10' 


l48'  l'hiitböim; 

qae  la  Büsdld  lui  d^clarerala  guerre,  mais  üne  Idttre  que  j^aire^oö 
ce  maiin  de  Stralsund,  m'assure,  et  cela  de  bonne  source,  que  le  roi 
de  SuMe  est  d6ciA6  h  &ire  yenir  sa  flottille  et  ä  rarager  toutea  les 
cOtes  et  tons  les  ports  de  la  Baltique.  —  Voos  sentee  bien  qne  de 
tont  cela  doit  naitre  quelque  crise  mortelle  et  quelque  r^lution 
d^sesf^rft,  qni  acheyera  la  ruine  du  continent  ou  qni  Ini  pr^aiera 
des  destin^  plus  heorenses. 

Kons  avons  6t6  mis^blement  priyto  de  toute  nouyelle  d*Angle- 
terre,  pendant  trois  ou  quatre  semaines.  D'apres  les  joumaux  fran^ois 
je  m*6tois  flatt6  que  les  propositions  de  paix  ayoient  6t6  d6finitiyeinent 
et  p^remptoiifement  rejett^,  mais  il  paroit  que  la  chose  n'est  pas  tant 
aussi  daire.  Ce  n^est  que  lorsque  je  connoitrai  ayec  un  peu  plus  de 
certitude  les  v^ritables  dispositions  du  gouyemement  Anglois,  que  je 
nie  pennettrai  de  prononcer  sur  Tayenir  qui  nous  attend. 

Agir^ez  lliommage  renouyel^  de  mon  d^youement  sans  bomes 

GentsB. 

P.  S.  Je  yous  prie,  Monsieur  le  Comtei  de  youloir  bien  enyoyer 
la  lettre  d-jointe  ä  Msr.  V.  et  de  remettre  celle  adress^  h  P.  Janssen 
ä  Ksgr.  le  duc  d^Orl&tns,  en  lui  disiant,  qu*il  n'y  a  pas  de  ma  &ute, 
si  oetie  lettre  est  extrSmement  yieille,  puisqu'elle  a  probablement  fiiit 
le  tour  de  l^urope  ayant  de  m'arriyer  icL  Yeuillez  ajouter  s*il  yous 
plait,  que  j^attends  ayec  la  plus  grande  impatience  des  nouyelles 
directes  de  Msgr.  le  duc  d'Orl^ans. 

Le  passage  de  Mettemicb  par  Dresde^)  m^a  procura,  quoiqu^ne 
se  seit  arret^  que  deux  jours,  une  des  jouissances  les  plus  satisfiusantes 
que  j*ai  eues  depuis  long-texns.  Aussi  instruit  ceriainement  que  qui 
ce  soit,  sur  ce  qui  s*est  passe  en  Europe,  et  surtout  ä  Berlin,  pendant 
r^poque  funeste  qui  a  decid^  de  nos  malbeurs,  il  m*a  complitement 
oonfirm^  dans  tous  mes  apperfus;  il  a  approuy^  chaque  point  de  oe 
que  j^ai  dit  et  ^crit  sur  ces  ^y^nemens,  et  dans  une  s^ance  de  4  heuxes 
que  j*ai  eue  ayec  lui,  tout  en  me  foumissant  de  nouyeaux  deyeloppemens 
predeux,  il  a  souscrit  a  tout  ceux  que  j'ayois  produits  ayec  mes  donnees 
fragmentaires.  Jamais  je  n'ai  senti  une  satisfiaction  plus  compl^te. 
n  me  paroit  a  peu  prfts  döcide  qu*il  ira  h  Petersbouig,  oü  Meeryeld 
ik  ce  que  j'apprends,  est  austi  mecontent  que  mal-yu. 

Bier  Wallmoden'),  en  passant  par  id  pour  se  rendre  ik  Han- 


0  In  den  Tagebfldieni  yoa  Friedrich  y.  Oenfas  auB  dem  Naoblaase  Yaza- 
bageii>  dApng,  BrookhaoB  1861)  wird  8.  5S  der  fi^udige  Eindruck  dieser  Zu- 
Mauaniknaft  mit  Giraf  MeUemioh  bestätigt  >)  Ludwig  Graf  Wallmoden* 
Gimbczn,  einer  der  auageieichnetBten  Qener&le  der  kaiserlichen  Armee, 
damals  Ob«st  bei  Meeryeld-Uhlaaen. 


Briefe  Ton  Itiedrioli  ▼.  Oenti  an  dm  GraAn  Louia  Starliemberg.      149 

noTre«  m*a  fiut  de  IMiat  de  la  monarchie  Autriehiennd  an  tableau^ 
n  diti  qne  toai  ce  qui  ^toit  mauyais  avant  la  g^ene,  Test  cent  fois 
nliis  aitjoaxd^hiiL  et  qn^en  ontre  le  m^nteniement  est  an  comble» 
WaUmoden  croit  entr'antres  qa^on  ignore  absoldment  tontes  les  dia- 
tiibe0  qoe  Bonaparte  fut  lanoer  contre  Hoxudeur  de  Stadion, 
et  tont  le  monde  Teut  fiiire  accroire  qne  toui  ya  k  merreille.  Lee 
Franfois  passeront  par  le  pays,  pour  se  rendre  en  Dalmatie.  Dans 
la  eonespondance  qni  ä  ea  lien  k  ce  sujet  entre  le  cabinet  et  Bazou- 
moflbky,  il  xkgne  xm  ton  d'aigreur,  assez  remarquable,  s^il  n'y  a  p^ 
an  pea  de  com^e,  dans  la  n^ociation.  Enfin  il  n'y  a  ancone  loeor 
d'eepäranoe  d'aaoan  cdt&  On  m*ecrit  de  Stralsandt  qae  Bonaparte  a 
enToyj  Mr.  Baf&n  h  Petersboarg  avec  des  propositions  de  paiz,  qa*on 
dit  trte-ayantageases.  Voos  sayez  oe  qae  ce  cela  yeat  dire,  Bonar 
parte  ne  rendra  pas  et  ne  peat  pas  rendre  an  seal  Tillage;  seß 
propositions  ne  peayent  donc  dtre  qa*an  projet  de  oompensation  pour 
la  Bossie,  dont  Tempire  Ottoman  sera  le  th^tre.  Arrangement  par&it 
poor  r^blir  l'Earopeü 

9. 
Dresde  le  30  avril  1806. 

Je  Toos  envoie  d-joint,  Monsiear  le  Gomte,  Tan  des  deax  oaTrages 
qua  je  Tiens  de  pablier.  L'aatre,  dont  les  ezemplaires  ne  spnt  pas 
enoore  entre  mes  mains,  le  saiyent  par  la  prämiere  oocasion»  G*eat 
oe  demier  qai  se  rtfere  plas  directement  k  Tepoqne  actaelle  et  k  nos 
malhears  domestiqaes.  Gelai  qae  voas  recerez  aajoardliai,  oompoa^ 
Tannee  demiere,  ne  sera  cependant  pas  sans  interSt  poar  voas.  Je 
Tons  sapplie  de  Yoaloir  bien  le  commaniqaer  k  Msgr.  le  dac  d^Orltfans, 
car  le  coarier  ne  peat  se  cbarger  qae  d^an  ezemplaire.  11  ne  fiut 
d^flillears  qae  Toler  par  Dresde  et  ne  me  permet  pas  d'qonter  la 
moindre  chose.  J'ai  re9a  avantbier  yotre  aimable  lettre  da  11,  j'esp^ 
quo  toates  Celles,  qae  je  yoas  ai  adress^,  seront  entre  yoa  mains. 
Je  me  recommande  k  yos  bonnes  graces  ayec  des  sentimens  inyariables 

Yotre  d^yoa^  et  fid^le  seryitear 

Qenta. 
10. 
Dresde  le  7  septembre. 

Poet  nabila  Phoebas  —  lax  e  tenebrisl  La  r^yolation  la  plas 
^tonnante  s^est  op^r^  dans  Titat  de  TAUemagne;  La  Prasse  a  pris 
lee  armes,  et  oette  fois-ci  poar  ne  pas  les  qaitter,  ayant  qne  qnelqae 
changement  essentiel  n'ait  ^t^  amen^,  soit  par  le  gaerre,  soit  par  les 
n^odations.  —  Je  yoas  ^cris  cette  lettre,  Monsiear  le  Gomte,  dans 
laqaelle,  poar  plas  d'ane  raison,  je  ne  pais  pas  dire  la  centi^me  jMurtie 


ßb         V-      '  :     •  THürlieiöi. 

di^^'qne 'je  skts,  ttniquemeili  pour  yoos  metiäre  eu  gaitie  denitre  un 
etd^s  'Ä^  l^htcr^tOiM,  qxü  Ms-paii^doänaiyie  en  Itd  m§me,  pöntrott 
cetli^'''fois^ci  Vous  entraineir  dfluis  de  fhneslteis  erreurB^  et  1l^  fkmmifc 
d^äMitaüt  plus  qu6  j*id  de  bönniäs  rtiisons  peur  eroire,  qae  jus^ei'  k 
TÄ6  epöque  trte-aranö^,  tons  ceui  qai  ont  un  iiMm  majMT  ä  «fee 
iüMroitt,  Öht  cönseH^  ^  dotttes  sür  la  tMitö  de  oef  ^  se  jMfeese 
eÄ  BussiÄ; 

Sifue  gfflriditifi  pas  raveniTf  pas  m^e  rävenir  le  plus  pinelUtiiL.  Leuum^ 
remeiii  pi^^gietcr  peut  V  ^vaporer  eneore  et  ne  pröduira  aiiean  graüd^AM; 
did^  iüciflents  d'uue  natizre  oppoB^  petivent  d^tniire,  &^  fue  le  pliie  bis* 
^(Dlier  eöüeourä^  de  drconstanoes  avöit  amen^;  mau  il  importe  de  ne 
I^as  se  nn^reüdre  sttr  äe  qui  existe'  atijliurd^m;  et  aujourdlui  T^tet 
d^  dioseili  est  fei,  qu^  &  meins  que  Bonaparte  ne  se  potto^  ^h  den  aotos 
de  oonde^oeudaiioe  peu  rraisemblableB,  et  ineonipaftibled  avefc  l*id^  que 
tdtft  U  mondcl  ddit  ardi^  da  son  earäe^re,  xme  gnen«  eäiMue, 
safigltmt^y  a^eifidTe  en  bien  ou  en  mä\  doit  ^dirter  ineeBsan&eni,  et 
aura  probablement  ^clate  au  moment,  oü  youb  liitt  öette  'ktti^. 

II  7  a  quinze  jours  seulement  que,  quoique  sufiSsament  instroit 
des  ^Y^nemens  qui  deYoient  prodaire  cette  guerre,  un  soeptlcisme, 
qä»  iötiB  n<^  me  repfodieite  pas,  Monsieur  le  Oomte,  poisque  yous 
Fiorieki  bien  partagfl  avec  moi,  m^empddioit  d  'y  ajouter  fei  La  chose 
me  parüt  ri  inezpUeable  que  je  ne  eessois  de  soupfonner  qiMlqiie 
d^sous  de  eartes;  j'aurais  presque  eu  honte  d'l&YOuer  que  je  erojois 
h  to  que  j^aVöb  yu.  Hais  depois  que  je  possMe  non-senlenMait 
TenseAible  deäf  Mts  qui  se  sont  sueeM^s  depuis  les  demiers  joum  de 
jioBI^f,  mais  eneore  la  def  de  ees  fiuts  et  une  quantite  de  donnto 
lAstrttctiYesi  qu^  tems  et  lieo,  je  ne  manquerai  pas  de  yous  oom^ 
ifauniqüer  —  je  stüs  diSfinüiYement  conYsrtL  Je  le  r^pMe  enoore  nne 
fbi^  tes  biases  de  oe  que  lious  YOyons  h  präsent,  peuYcnt  ehaager; 
le  pkn  peut  €tre  renYers^  ou  paralys^,  mais  tel  qu'il  est  ik  pt^äMmt, 
il  dbtt  cm  aitiitaer  la  d41ivranoe  g^n^rale,  s*il  r^ussit,  ou  nous  enaeYelir 
tous  sous  les  detniir^s  ndnes  de  Fanden  ^difioe. 

La  Prusse  parott  entrer  dans  oette  nouYelle  carri&re  sans  autre 
alli^  que  la  Saxe  et  la  Hesse  qui  sous  un  certain  rapport  ne  peuYent 
etre  consider^  que  comme  des  brandies  de  sa  propre  poissanoeb  Mais 
eUe  rie  resiem  pas  sans  aili&  L'empereur  de  Bussie  Test  par  le 
hii  mSme  du  refus  qu'il  a  donn6  au  soi-disant  trait^  de  Mr.  Oabrfl^). 
La  eour  de  BerHn  fera  sa  padx  aYec  k  Suido  et  si  tont  ne  me  trompe, 

0  Der.  kaiaerl.  nufliBcbe  Gescfaftftstrftger  su  Pads,  Herr  ▼.  Oubril,  hatte  mit 
der  französischen  Begionng  lub  spe  lati  Verhandlungen  abgesohloBsen  (Jnli  180S), 
wel(d|(9  Kaiser  Alezander  L  nicht  genehmigte. 


Briefe  von  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  Lotds  Starbemberg.      151' 

atec  TAn^leterre.  Qtiaat  a  noofi,  je  n^ose  pae  Totu  dire  ici  oe 
qae  je  pense,  läflia  je  suis  loin  de  d^sesptfrer.  Enfin  la  meillettrev  la^ 
plus  poissante  des  alli^es,  l'opinion  publique  est  tellement  prononc^ 
et  ieUement  dectris^  partout,  qu'il  est  raäsouitable  de  oompter  sur 
des  suoc^  Dans  quatre  ou  einq  jdurs  tüie  ann^  de  65.000  hemmes, 
eommaiidft  par  le  prinee  Hobenlolie  et  le  prince  Louis,  tous  les  deux 
aniTes  ^  Dresde,  se  trouvera  r^uide  entre  Dresde  et  Torgau ;  une  autre 
se  forme  en  Hannovre  et  yers  la  Westpbalie,  le  centre  et  les  r^serves 
a  Msgdebouig,  oh  le  roi  se  r^dxa  en  personne.  Entre  le  28  et  80 
d*aoftt  Bonaparte  ^toit  instruit  de  tout  ce  qiü  se  passöit;  il  le 
soopfonnoit  quinze  jours  phitdt,  et  c'est  une  ehose  bien  surpvenante 
qtte,  loin  de  prendre  quelque  gtiinde  mesure,  il  i^bcte  plut6t  de  donner 
h  totttes  ses  armdes  Tordre  de  retoumer  en  France.  Ce  phtoom^ne 
s'expliquera  en  peu  de  jours ;  s^il  se  retire  nous  avons  d^ji^  gagn^  une 
grande  Tictoire,  en  attendant  chaque  d^lai,  est  un  bienfidt  pour  nous^ 
car  TOus  sentez  bien  que  220.000  honunes  ne  peuvent  pas  Stre  vsssm- 
VÜB  dans  trois  semaines.  B^unissans  nos  yoeux  et  nos  pritoes,  ced 
est  la  demi^re  carte  que  nous  jouons ;  si  nous  ne  fiusons  pas  saater 
la  banque  de  l'enfer,  il  ne  nous  reste  qu*äi  nous  pr^piter  nous-m£mes 
dans  rabtme  qui  englputira  tout  ce  qui  nous  est  eher. 

OeniE. 

11. 

P.  S.  du  8  septembre. 

Je  re9oi8  dans  ce  moment  Totre  admirable  lettre  du  29  et  celle 
de  Msgr.  le  duc  d^Orl^ans,  auquel  je  vous  supplie  de  communiquer  ce 
que  j'ai  Thonneur  de  vous  ecrire,  en  lui  remettant  la  petite  lettre  ci- 
jointe.  Faites  donc  de  gräce,  qu^il  lise  aussi  les  demieres  parties  du 
memoire  en  question.  Quel  grand  moment  que  celui-d !  Comme  tous  je 
tressaillis  de  joie,  en  royant  s^ouvrir  cette  perspective  si  peu  attendue! 
Et  comme  tout  doit  cbanger  de  face  par  une  guerre,  dont  la  Prusse 
se  fiait  Tauteur  principal! 

n  n^est  pas  possible  de  vous  peindre  quel  esprit  anime  Tarmee 
F^nsaienne!  Tout  ce  que  le  prince  Louis  m*a  dit  depuit  ayant-hier, 
est  &it  pour  ranimer  le  courage  des  plus  foibles.  Jusqu^id  rien  ne 
a^esi  passe  du  eöte  des  arm^es  firan9aises ;  nous  attendons  le  däaouement 
d'un  instant  a  Tautre  avec  une  impatience  que  yous  imaginez  aisimeni 

Je  m'expliquerai  sur  certains  passages  du  m&noire  d*une  manitee 
satisfiaisante.  Dans  tous  les  cas,  Monsieur  le  Comte,  quand  mdme  tous 
ne  connoitriez  pas  Tattachement  personnel  dont  je  suis  p6nAist6  pour 
tous,  tous  ne  me  croiries  jamais  asses  bom^  pour  que  je  pnisse  tous 


162  Thürheim. 

eonfondra  avec  qoi  qae  qe  soit  de  tos  oompairiotes,  et  pour  ne  pas 
toujoiirs  fiure  nne  dasse  k  part  lorsqu^il  s'agit  de  youb. 

12. 

Dresde  le  10.  septembre. 

J'espdre,  MonBieur  le  comte,  que  ma  letiare  du  8  yous  sera  heu- 
veosement  parYenue.  Noob  ne  sojnmes  pas  fort  aYances  depuis  trois 
jcmai  Dieu  Y^oille  que  noTxs  ne  recolions  pas.  Je  m^explique.  Tout 
ee  qae  je  yous  ai  dit  sur  la  Prusse,  est  inYariable,  la  reYolution  qui 
■'est  oper^  daas  son  Systeme,  est  compl^te;  le  xnauYais  parti,  reduit 
a  trois  oujquatre  personnes,  ne  peut  plus  arrSter  le  mouYemeni 
La  guerre  sera  nationale  dans  toute  la  force  du  terme;  eile  le 
deYiendra  dans  peu  dans  toute  TAllemagne,  les  demiers  attentats  des 
Fran^ois  (surtout  celui  dont  la  nouYelle  Yient  dMpouYanter  tootes 
les  &meS)  le  sort  d'un  malheureux  libraire  d^Augsbourg,  qui  pour 
ayoir  Yendu  —  pas  meme  public  —  des  ouYrages  opposes  aux  Francis, 
a  4i6  iraduit  dsYant  une  commission  militaire  et  fusill^  ä  Braunau^) 
ont  tellement  souleYe  la  nation«  que  k  la  suite  du  premier  suce^s  des 
Prussiens  il  y  aura  des  Yepres  Sioiliennes  par  tout 

Mais  Yoili^  que  pour  frustrer  encore  une  fois  nos  esperances,  il 
piaroit  que  ce  sofl^rat  a  resolu  de  retirer  ses  troupes.  La  chose  n'est 
pas  sAre  enoore,  car  son  infame  decret  du  26  ne  suffit  pas  pour  la 
constater.  Mais  nous  sommes  aujourd'hui  au  10.  Le  26  il  a  refu 
la  d^claration  de  la  Prusse,  et  le  29  la  nouYelle  du  refus  de  l'empereur 
de  Bussie.  S*il  Youloit  la  guerre,  comment  nous  laisseroit-il  un  jour 
pour  pousser  nos  pr^paratifsP  On^  a  meme  aujourd'hui  re^u  TaYis, 
que  sur  plusieurs  points  les  Franfois  ont  effectiYement  commenc^  leur 
retraite.  Si  d^ici  a  deux  jours  la  guerre  n'est  pas  dedarde,  il  est 
certain  qu'il  ne  la  Yeut  pas,  il  a  mille  et  mille  raisons  pour  ne  pas 
l'accepter,  et  si  cette  fois-ci  le  calcul  l'emporte  sur  la  fureur,  il  la 
refusera.  H  est  Yrai  que  ce  seroit  toujours  un  grand  aYantage  mo- 
mentanö,  et  d'autant  plus  que  personne  ne  sera  la  dupe  de  l'expli- 
cation  qu'il  donnera  &  cette  demarche,  que  tout  le  monde  Yerra  bieni, 
poürquoi  ihretire  ses  troupes.  Mais  je  orains  qu^on  ne  näglige  les 
mesures,  qui  deYroient  aceompagner  ce  premier  aYantage.  Si,  profitant 
du  d^part  des  armees  firan^aises,  TAllemagne  se  r^unit  pour  proposer 
ses  conditions,  Theure  de  notre  d^liYrance  a  sonne.  Si  au  contraire 
t>n  s^ndort  de  nouYeau,   si  le  mauYais  parti  trouYC  le  moyen  de 


<)  Der  Buchhändler  Johann  Philipp  Palm,  den  Napoleon  wegen  Yerbieitang 
der  FlugBchrift  »Deaischland  in  seiner  tie&ten  Erniedrigung*  Yon  Gendarmen 
ergreübn  und  nach  Braunan  bringen  Hess,  wo  er  durch  kriegsgeriebtUehen  Sprach 
am  26.  Augast  1806  ohne  YerbOr  erechoBsen  wurde. 


Briefe  von  Friedrich  y.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starbemberg.      153 

xeprendre'  son  ascendant  en  Prasse,  si  toat  reprend  las  anoiennes 
aUnres,  ks  Fran^ois  reparaitront  bientöt^  et  nous  serons  perdus  saus 
xessource.  G^est  pour  oela  que  je  preföre  la  guerre  avec  tous  les 
dangen  qa'elle  pr^ente  aujourd'liui ;  et  qae  je  prie  Dieu  qu^ü  dispose 
le  ooenr  du  tigre  de  mani^re,  qae  n^^coaiant  qae  sa  rage,  il  noas  force 
h  fiiire  les  demiers  efiforts.  Dans  la  prenütee  lettre  que  je  yous  ^crirai 
aprte  oelle-ei,  je  yous  rendrai  compte  da  r&altat  de  notre  attente  et 
de  nos  angoisses  actuelles. 

Depois  qaaire  joars  je  passe  ma  Yie  avec  le  prince  Louis  qui, 
independamment  de  son  merite  militaire,  est,  oomme  yous  savez,  un 
des  hommes  les  plus  &sl^ires,  les  plus  interessens  et  les  plus  aimables 
de  son  tems.  CTetoit  un  bien  singolier  hasard,  qu'en  m^^orivant  Yotre 
demi^e  lettre,  Monsieur  le  Comte,  dans  un  moment,  oü  oertainement 
YOUS  ne  YOUS  doutiez  pas  de  ce  qui  se  passoit  ici,  yous  ayez  si  fort 
ixisisi^  sur  la  necessite  de  cultiver  la  Frusse,  yous  ayez  dit  tant  de 
bien  de  ce  qu'elle  pouYoit  fiedre  pour  la  cause  et  particuli^rement 
du  prince  Louis.  Aussi  lui  ai-je  lu  tous  ces  passages  de  votre 
lettre,  et  oomme  nous  aYions  employe  bien  des  heures  k  discuter  la 
possibilit^  du  concours  de  TAutriche,  ses  dispositions  probables,  les 
moyens  ä  choisir  pour  les  d^Yelopper  etc.  —  yous  sentez  bien  que 
oette  lettre  ^toit  pour  moi  d'un  ä  propos  inappredable.  Voilä  comment 
les  bien&its  sont  quelquefois  r^compens^s  d*une  maniire  inattendue! 
Yous  n*aYiez  eu  d^autre  intention  que  celle  de  me  pr^server  du  d^cou- 
ragement,  et  maintenant  Yotre  lettre  peut  Yraiment  deyenir  une  source 
d'aYantages  incalculables  pour  la  cbose  pubKque,  Elle  a  prouYe  au 
prince  Louis  (qui  dans  ce  moment-ci,  yous  pouYez  m^en  croire,  est 
lliomme  le  plus  interessant,  et  sera  dans  peu  le  plus  puissant  en 
Prasse),  que  TAutricIie  possMe  des  bommes  d^^tat  qui  ont  secoud  le 
jong  de  toutes  les  anciennes  pr^Ycntions,  et  eile  a  une  fois  pour  toutes 
fix^  Topinion  de  Yotre  merite.  Je  sais  ce  que  je  dis  en  yous  assurant 
qu'il  peut  en  r^sulter  Teffet  le  plus  beureux! 

Aprte  cela  il  &ut  absolument  que  je  m^explique  encore  sur  ce 
passage  de  mon  memoire,  qui  m*a  yoIu  une  petite  le^on  de  Yotre 
part;  lefon  tr^s-gradeose  et  tr^s-aimable  ä  la  Y^rite,  mais  dont  le 
fond  oi'en  est  pas  moins  injuste.  II  s'agissoit  dans  ce  passage  de 
r^foter  Tobjection,  qu'ü  auroit  ^te  diffidle  de  remplacer  Pancien 
ministire.  Si  je  yous  aYois  nomm^  seul,  ma  th^se  en  auroit  6i6  moins 
forte  et  quant  h,  des  distinotions  et  du  Classification,  ce  nMtoit  pas 
Tendroit  pour  y  entrer.  Mais  ai-je  besoin  de  yous  assnrer,  Monsieur 
le  Comte,  que  si  ma  tache  aYoit  et^  de  caradieriser  et  de  classer  les 
honmies  propres  aux  grandes  affaires,  je  n^aurois  jamai^  eu  la  betise 


154  Thürheim. 

• 
de  vdtiid  mettre  stir  lä  m6me  ligne  avec  aticuB  d^  ceüx  que  j^ai  dMs 

dans  c6  passage?    Bappelez-vons,    s^il  totus  platt,   les  lettres  qae  j^ai 

eu  rhonnenr  de  tous  ecrire  en  1804  et  1805?  Gombieu  de  foisTOus 

ai-j)e  pr^seüt^  mon  opimon  snr  ce  que  voos  ponviez,   et  stir  oe  que 

YOUB  deriez  faire !    Gombien  de  fdis  vons  ai-je  conjurtf  de  prendre  piti€ 

de  Yotre  patrie,  et  de  vous  sonvenir  que  yous  ^tiez  le  seul  homme 

capable  de  la  sauYer !   II  est  Yrai  que  yous  n'aYez  pas  toujours  räpondu 

a  mes  sollicitations,  comme  je  crois  que  yous  auriez  du  le  fidre.  Yous 

m'aYez  oppos^  souYent  des  Ileus  communs,  dans  lesquels  je  n^ai  reconnu 

que  des  ^happatoires,  quelque  fbis  m£me  une  froideur  däK)lante.  Yous 

aYez  presque  toujours  pris  un  ton,  dont  se  trouYe  )a  trace  dans  Yotre 

demiöre  lettre  (toute  aimable  qu'elle  est),   lorsque  yous  dites:    «Si 

j'aYois  le  malbeur  de  me  trouYer  au  tiinon  etc.*,  phrase  que  je  ne 

laissend  jamais  passer  impunement  de  la  part  d'un  komme  de  Yotre 

sup^riorit^.    Mais  tout  cela  ne  m*a  pas  fait  changar  d'aYis,   comme 

bien  yous  pouYez  croire ;  car  yous  direz  miUe  fois  que  yous  ne  Youlez 

pas  gouYcmeur  la  monarchie,  je   sais  que  yous  doYez  la  gouYemeur, 

et  YOUS  finirez  par  la,  ou  tout  finira  pour  nous. 

lugez  donc,  Monsieur  le  Gomte,  si  aYCc  cette  conYiction  impertur- 
bable  il  entrera  jamais  dans  ma  tete,  de  yous  confondre  aYCC  les  N.  N.  N. 

Yotre  ami  D  . .  .^)  est  apr^s  yous,  j'en  conYiens  ^galement,  celui 
ik  qui  je  confierois  le  plus  Yolontiers  les  interets  de  la  monarchie,  si 
la  force  de  son  caract^re  r^pondoit  ä  celle  de  son  esprit,  et  s*il  n^aYait 
pas  trop  aliän^  Topinion  publique.  Mais  un  seul  homme  me  suffit; 
que  la  proYidence  le  motte  seulement  ä  la  place  qui  lui  conYient!  Et 
qu^elle  ajoute  h  ses  autres  grandes  qualit^s  celle  de  sentir,  qu*il  doit 
tout  faire  pour  arriYer  k  cette  place.  Le  tems,  oü  nous  YiYons,  n'est  pas 
celui  de  la  modestie;  il  faut  que  chacun  s'^^yc  aussi  haut  que  ses 
titres  le  permettent,  sans  quoi  nous  tomberons  plus  bas  encore,  que 
nous  ne  le  sommes  aujourd'hui. 

Mille  graces  pour  tout  ce  que  Yotre  lettre  contient  pour  moi  de 
preuYOs  de  bienYeillance !  Je  ne  cesserai  jamais  de  regarder  comme 
un  point  des  plus  essentiels  de  r^pondre  ä  Yotre  bonne  opinion,  Mon- 
sieur le  Gomte! 

Aussitöt  que  yous  aurez  une  id^  plus  ou  moins  precise  des  grandes 
mesnres  que  le  gouYemement  Anglois  paroit  mediter,  pour  le  cas  qua 
la  paix  ne  se  fasse  pas  (et  Dieu  nous  en  pröserYora  dans  les  droon- 
stances  aotuelles)  je  yous  supplie  de  m^en  faire  une  oommunicatioii. 


i)  Didtriohitem. 


Briefe  YOn  Friedrich  ▼.  Gentz  an  den  Grafen  Louis  Starhemberg.       155 

CPest  an  des  objets  qui  ezeitent  le  plus  ma  cariosiie,  et  qui  d6cideront 
le  plüs  de  ravenir. 

Venülez  de  grace,  remerder  encore  Msgr.  le  duc  d^Orl&uis  de  la 
lettre  anssi  instnictiye,  que  noble  et  high-spirited,  qa'il  m'a  £Edt> 
rhonnenr  de  m*^rire,  et  agr^  rhommage  du  devouement  respectaeox 
et  inyiolable  de 

Yotre  trte-fidile  serriteur 
Gentz  m.  p. 


Eleine  Mittheilungeiu 


ZiffiMbnin.  nttdMrTMlIgtefaiM^^  Ptolomaos  Ton  Luoca 
erzahlt  in  seiner  Eirchengeschichte  lib.  23  Gap.  32:  Papst  Nicolans  DX 
hat  mit  Eonig  Bndolf  verhandelt  über  eine  Theilong  des  Kaiserreiches 
in  vier  Königreiche.  Das  eine  derselben,  das  Königreich  Deutschland, 
sollte  Badolf  yerbleiben,  um  als  Erbreich  auf  seine  Nachkommen  über- 
zugehen. Das  Königreich  Arelat  sollte  ab  Hitgift  von  Rudolfe  Tochter 
an  Karl  Martell  von  Anjou  gegeben  werden.  In  Italien  wurde  die 
Bildung  von  zwei  Königreichen  neben  Sicilien  beabsichtigt^  das  eine 
in  der  Lombardei,  das  andere  in  Toskana.  Wem  die  beiden  so  pro- 
jectirten  italienischen  Königreiche  bestimmt,  wurde  nicht  ausgesprochen , 
doch  war  zu  Yermuthungen  darüber  Ghrund  genug.  Ich  habe  diesen 
Plan  früher  ausführlich  behandelt,  und  nachzuweiBen  gesucht,  dass  die 
betreffende  Angabe  des  Ptolomius  im  Wesentlichen  glaubwürdig  ist, 
sowie  dass  Budolf  den  Plan,  Deutschland  zu  einem  Erbreich  zu  machen, 
wiederholt  wahrend  seiner  B^emng  in^s  Auge  gefielst  und  auf  ver- 
schiedenen Wegen  zu  verwirklichen  gesucht  hai  Bezüglich  der  zwei 
in  Italien  geplanten  Königreiche  habe  ich  die  Yermuthung  au%estelli, 
dass  Nicolaus  HL  dieselben  seinen  Nepoten,  den  Ondni,  bestimmt  habe  ^). 
Zu  diesen  meinen  Ausführungen  will  ich  hier  einen  kleinen  Nachtrag 
liefern  nach  einem  Zeugniss,  dass  ich  damals  übersehen  hatte.  Das- 
selbe findet  sich  in  einem  undatiHen  Briefe  Budolft  an  einen  nicht 
naher  bezeichneten  Adressaten*).  Der  Herau^ber  desselben,  Bod- 
mann,  vermuthet,  dass  der  Brief  an  eine  italienische  Stadt  gerichtet 
sei^,  und  nach  dem  Eingang  desselben:  Dum  considerationis  nostrae 
Volumina  volvimus,  dum  cnnctomm  fidelium  nostrorom  et  prindpum 
sub  imperio  Bomano  degentium  fidem  et  merita,  quibus  eidem  fiuna- 
lentur  imperio  regalis  drcumspectionis  Providentia  contemplamur, 
ad  vos,  tanquam  fide,  devotione  et  opere  dariores,  benignum  oon- 


*)  Die  Idee  des  deutschen  Erbreichs  und  die  ersten  Habsburger,  Sits.  Ber. 
der  kaia.  Academie  LXZXYm,  6S5  iL  •)  Bodmann  Ood.  epiitolaris  8.  106 
nro.  95.  *)  Becredentislee,  com  reiponsione  dilatoitt  ad  pieees  ab  Itsla  qnadam, 
ut  videtor,  dvitate  Rudolfo  B.  R.  porrectas.  ^ 


2o  Kicolans  IIL  Plan  einer  Theilnng  des  KaiiierreicheB.  157 

TertimuB  nostrae  considerationis  intuiium,  sedula  meditatione  pen- 
santea,  qnaliter  haiosmodi  dan^yestrae  devotionis  insignia,  quibus  nos 
et  imperiom  IiactenusooImBtis,  condignae  retributionis  maneribus  bono- 
reinuB,  quo  magis  accensa  vestra  deyotio  continuatione  laudabili  floride 
perseveret  erscbeint  diese  Yermuthung  ganz  annebmbar.  Budolf  bat 
nach  Beinen  Angaben  in  diesem  Brief  eine  Botscbaft  des  Adressaten 
erbalten,  auf  die  er  aber  aus  angegebenen  Gründen  zonScbst  nicht 
definitiT  antworten  kann:  Sane  N.  ad  majestatis  nostrae  presentiam 
in  yestrae  legationis  officio  desidnatom  benigne  suscepimus,  et  ea 
quidem,  que  nobis  yestro  nomine  referre  yoluit,  adyertimus  diligenter, 
siqmdem  de  facto  super  quo  frater  H.  yobiscum  nostro  nomine  con- 
toliase  dinoscitur,  prout  etiam  N.  plenius  nos  instruxit,  response  finali 
yobis  ad  praesens  non  possumus  respondere,  maxime  quamdiu  causa 
seu  quaestio,  quae  inter  nos  et  marchionem  Brandenburgensem  emersit, 
hoc  tempore  non  est  ad  partem  alteram  terminata;  qua  statim,  ut 
credimuB,  expedita,  soUempnes  nuntios  super  bis  es  alüs  plenius  in- 
formatos  ad  yestram  presentiam  e  yestigio  dirigemus,  affectuose  rogantes, 
quatenus  interim  taliter  yestra  negotia  dirigatis,  ut,  si  per  ipsos  ad 
nostra  seryitia  yocari  contigerit,  ad  ea  reperiamini  expeditL 

Die  Erwähnung  einer  Oesandtschaft  des  Frater  H.,  bei  dem  an 
Heinrich  yon  Isny,  Bischof  yon  Basel,  der  dem  Minoritenorden  an- 
gehSrte,  den  yiel  yerwendeten  Staatsmann  Budolfs,  zu  denken  am 
nächsten  liegt,  und  eines  zwischen  dem  König  und  dem  Markgrafen 
Ton  Brandenburg  obwaltenden  noch  unausgetragenen  Zwistes  sind 
willkommene  Anhaltspunkte  f&r  den  Versuch  einer  chronologischen 
Einieihung  des  undatirtrn  Briefes.  Für  diesen  Versuch  muss  dann 
noch  hinzugenommen  werden  der  Schluss  des  Briefes:  Super  facto 
antem  Tusdae,  yestrae  petitioni  annuissemus  de  fadli,  immo  nostra 
et  imperii  utilitate  pensata  fedssemus  idipsum  procul  dubio  non  rogati, 
si  non  summi  ...patris  petentis  ibidem  quendum  cogna- 
tum  suum  per  quandam  conyenientiam  collocari  prae- 
cnrrens  petitio,  yos  in  ipfto  negotio  praeyenisset  Nach 
dieser  Stelle  dürfte  unfraglich  anzunehmen  sein,  dass  yon  Seite  des 
Adressaten  an  Budolf  unter  anderm  auch  eine  Au£forderung  gerichtet 
worden  ist,  in  Toskana  einzugreifen,  wahrscheinlich  durch  Entsendung 
eines  Beichsyerwesers  dahin. 

Uit  dem  Markgrafen  Otto  dem  Langen  yon  Brandenburg  hat 
Budolf  zweimal  ernstliche  Zwistigkeiten  gehabt.  Zuerst,  ab  nach  der 
Niederwerfimg  Ottokurs  yon  Böhmen  durdi  Budolf  ihm  neuer  Kampf 
mit  Otto  yon  Brandenburg  drohte,  October-Noyember  1278^).    In 

0  Beg.  Budolfii  nach  n«  467. 


158  Kleine  IflEtUheilniigön. 

diesen  zeitiichen  Zuflammenbang^^liesee  sich  unser  Brief  ungezwongei^ 
bringexL  Der  BiBchof  Qeinrich  von  Basel  (Frater  H.)  w^  1276  you 
Budolf  nach  Italien  gesendet  worden  zu  Verhandlungen  mit  König 
Karl  Yon  Sicilien^).  Er  war  damals  aufgebrochen  vor  dem  4.  Aprfl 
1276  >).  Sehr  leicht  könnte  nun  Heinrich  bei  Gelegenheit  dieser  Beise 
auch  Ueberbnnger  der  dreissig  Mark  Silber  gewesen  sein,  die  Budolf 
dem  am  24.  Mai  1276  zu  Pisa  tagenden  Generalcapitel  der  Domini- 
kaner gespendet  hat^).  Da  könnten  nun  zwischen  Budolfs  Gesandtejpi 
und  der  Stadt  Pisa,  aufweiche  die  hohen  Lobsprüche,  welche  dem 
Adressaten  unseres  Briefes  wegen  stets  treuer  Anhänglichkeit  an  das 
Reich  gespendet  werden,  diejenigen  Verhandlungen  gepflogen  sein, 
auf  die  in  unserem  Brief  Bezug  genommen  wird.  Solche  Verhand- 
lungen konnten  damals  allerdings  nur  einen  mehr  akademischen 
Charakter  haben,  da  factisoh  damals  der  Einfluss,  den  Earl  von  Anjo^i 
als  BeichsYcrweser  in  Toslama  ausübte,  jeden  Versuch  einer  I^- 
mischung  der  Beichsgewalt  ausschloss.  Den  Anlass  ftlr  den  Adressat 
—  sei  es  nun  Pisa  oder  ein  anderer  —  auf  zwei  Jahre  früher  mit 
einem  Gesandten  Budolfs  gepflogene  Verhandlungen  zurückzukommen, 
namentlich  aber  ein  Eingreifen  Budolfs  in  Toskana  zu  urgiren,  böte 
dann  ungezwungen  die  totale  Schwenkung,  welche  Nicolaus  IIL  die 
bisherige  Politik  der  Curie  gegen  den  sicilischen  König  machen  liees. 
Earl  Yon  Anjou  musste  im  Jahre  1278  dem  Papste  das  Versprechen 
abgeben,  bis  zum  24.  September  das  BeichsYicariat  in  Toskana  nieder- 
zulegen^). Kunde  Yon  diesem  Versprechen  oder  auch  Yon  der  Er- 
füllung desselben^)  durch  den  sicilischen  König  wäre  gewiss  ein  sehr 
naheliegender  Anlass  zu  der  nach  unserem  Briefe  an  Budolf  gerich- 
teten Aufforderung,  sich  nunmehr  Toskanas  anzunehmen.  So  geneigt 
ich  bin,  unsem  Brief  in  den  hier  dargelegten  Zusanmienhang  zu 
bringen,  da  mir  nach  dem  Wortlaut  des  Schlusspassus  des  Briefes  das 
Hindemiss  gegen  des  Königs  Eingreifen  in  Toskana  als  noch  bestehend 
angenommen  werden  zu  müssen  scheint,  muss  ich  doch  noch  darauf 
hinweisen,  dass,  daYon  abgesehen,  a)^ch  eine  andere  Einreihung  des 
Briefes  sich  rertheidigen  Hesse. 

<)  Idee  des  Erbreiehfl  8.  A.  8.  16  n.  4.  •)  Kopp  Beiohsg^escbiohte  I,  ItS  n.  7. 
Er  kam  am  17.  September  hrank  ans  Italien  nach  Basel  zurOok:  Ann.  BasümseB 
M.  G.  Scr.  Xyn,  200.  *)  Ann.  Baailiensee  ibid  S.  200 :  Res  Ruodolphus  ad  oapi- 
tulum  praedicatonun,  I^sae  celebratum,  miait  triginta  marcas.  ^)  Kopp  BeichB- 
geschichte  I,  226.  ')  Nach  den  Annales  Piacentini  M.  G.  Scr.  XVin,  571  er- 
folgte sie  sa  Viterbo  am  22.  September  127S.  Auch  anter  dieser  Tomiminlamiy 
liegt  das  EintreffiBn  einer  Botschaft  aus  Toskana  bei  Rudolf  bis  sa  denkobeii aos 
der  Erwähnung  seiner  noch  anaoogetrageam  Diftrensen  mit  Otto  vpn  Qxandea* 
bürg  ermittelten  Termin  durchaus  nicht  ausser  dem  Bereich  des  Möglichen. 


Zu  NicolaiiB  m.  Plan  einer  fnKeilung  des  Kaiseneiolies.  15d 

Zum  zweiten  M*l  ^r  Rudolf  mit  «Otto  von  Bv»i)dMib«irg  in 
ernstem  Confliat  im  Jahre  1280;]  Budolf  zog  im  September  gegen 
Otto  zu  Felde  —  An&ng  Winters  kehrte  er  nach  Wien  zurflck^). 
Heinrich  Yon  Basel  hat  auch  im  Jahre  1279  eine  Beise  nach  Italien 
als  Gesandter  Budol&  gemacht'),  die  auch  Gelegenheit  zu  Verhand- 
lungen) wie  sie  der  Brief  erwähnt,  geboten  haben  könnte.  Den  Tod 
Papst  Nicolaus  III,  am  22.  August  konnte  man  dann  als  Anlass  fUr 
den .  Adressaten  yermuthen,  auf  diese  Verhandlungen  zurückkommend 
an  Budolf  sich  zu  wenden,  und  in  der  am  5.  Januar  1281  erfolgten 
Ernennung  des  Bischofs  Johann  Yon  Gurk  und  des  Hofkanzlers  Budolf 
zu  Generalvioaren  des  Beiches  in  Toskana  durch  König  Budolf ')  die 
Erf&Uuug  der  dem  Adressaten  gemachten  Zusage,  nach  Bereinigung 
des  Anstandes  mit  dem  Brandenburger:  soUempnes  nuntios  nostros 
snper  his  et  aliis  plenius  informatos  ad^vestram  presentiam  e  yestigio 
dirigemns  erkennen«). 

Abgesehen  yon  der  doppelten  Einreihung  unseres  Briefes,  die 
mCgUoh  scheint,  abgesehen  yon  all^  den  Vermuthungen,  die  ich  ge- 
wagt habe,  bietet  jedenfalls  der  Schlusspassus  unseres  Briefes  eine 
willkommene  Ergänzung  zu  dem  leider  nur  zu  dürftigen  Material, 
aus  dem  allein  wir  unsere  Kenntnis  der  grossen  Pläne,  die  zwischen 
Nieolaus  in.  imd  Budolf  yerhandelt  worden  sind,  schöpfen  können. 
Ohne  dies  Zeugniss  zu  benutzen,  konnte  ich  früher  nur  auf  die  That- 
sache  hinweisen,  dass  Budolf  sich  während  des  Pontificates  Nicolaus  III. 
jegUeher  Einmischung  in  Toskana  enthalten  habe.  Diese  Stelle  lehrt, 
dass  Budolf  diese  Enthaltung  beobachtet  hat  wegen  des  yom  Papste 
an  ihn  gestellten  Begehrens,  dass  ein  Verwandter  desselben  in  Tos- 
kana als  Leiter  eingesetzt  werde  ^).  Diese  Notiz  unseres  Briefes 
erscheint  mir  besonders  wichtig  als  Beweis  daf&r,  dass  zwischen  Budolf 
und  Nioolaus  UI.  manches  yertraulich  yerhandelt  worden  ist  und  als 
eindringliohe  Warnung  yor  übertriebener  Skepsis  gegen  das  yon 
Ptolomäus  yon  Lucca  überlieferte,  wie  sie  wol  beobachtet  worden  ist 
lediglich  aus  dem  Grunde,  weil  in  den  f&r  weitere  E^reise  bestimmten 
Actenstücken  directe  Beziehungen  auf  den  Beichstheilungsplan  fehlen^), 

Arnold  Bussen. 

<)  KofTp  BeichflgcBcliiclitel,  849  £F.  *)  Idee  des  Erbreiclui  S.  A.S.  86  und  n.  1. 
*)  BObmer  Beg.  Bud.  566.  *)  Da  ich  yermathongBweiae  oben  an  Pisa  erimiert 
habe,  will  ich  daranf  anfinerksam  machen,  dass  die  Stadt  am  81.  Juli  1281  dem 
Bofkaazler  den  Eid  der  Treue  für  das  Beich  geleistet  habe:  Kopp  Beichs- 
geschichte  II,  8  S.  191  n.  6.  *)  Ueber  die  Ausführung  dieses  yon  Budolf  ge- 
machten ZugestfindaiaaeB  ygL  Kopp  Beichsgeschichie  II,  8  S.  166  IF  *)  In  meiner 
angefthrten  Arbeit  habe  ich  auch  das  Nationalconoil  yonWAizborg  als  eine  Phase 


160  Kleine  llittbeilmigen. 

Kl  hril  to  MltspredlUg  d«  Rtidultlsmdlts.  Bei  einer  im 
Sommer  1885  mir  gestatteten  Durchsicht  der  älteren  Urkunden  des 
ftlrstbischöflichen  Hofarchivs  in  Brixen  stiess  ich  zu  meiner  üeber- 
raschung  auf  das  erste  der  nachstehend  veröffentlichten  Documente, 
das  merkwürdiger  Weise  dem  fleissigen  und  umsichtigen  Sinnacher 
ganz  entgangen  war.  Es  ist  das  Ordinal  eines  Schreibens  Bisehof 
Bruno's  von  Brixen,  worin  er  dem  König  Budolf  die  Berufung  zweier 
Leute  an  das  Beich  mit  dem  Ersuchen  um  eine  Entscheidung .  des 
königlichen  Hofgerichts  übermittelt;  Pergament,  das  Siegel,  das  jetzt 
fehlt,  hieng  an  einem  Streifen,  der  vom  Pergament  der  Urkunde  von 
rechts  nach  links  abgeschnitten  isi  Als  die  höchst  willkommene  Er- 
gänzung dazu  &nd  sich  in  einer  von  Besch  angelegten  Gopiensamm- 
lung  TonBrizener  Urkunden  im  hiesigen  Ferdinandeum  (DipauL  678 
n.  80)  die  Entscheidung  des  königlichen  Hofgerichts.  Besch's  Gopie 
ist  nicht  nach  dem  Originale  gefertigt,  das  also  zu  seiner  Zeit  schon 
nicht  mehr  vorhanden  gewesen  zu  sein  scheint,  sondern  i^h  einem 
Vidimus  beider  in  Bede  stehenden  Urkunden,  das  1813  von  Propst 
Albert  von  Neustift  und  dem  Domcäpitel  von  Brixen  ausgestellt  ward. 
Auch  dieses  Yidimus,  das  im  älteren,  jetzt  im  Innsbrucker  Statt- 
haltereiarchiv  befindlichen  Bepertorium  des  Brixner  Archivs  zu  Lade  44, 
1 A  freilich  in  ganz  irreführendem  Excerpt  verzeichnet  steht,  liess  sich 
bisher  nicht  auffinden.  Das  Brixner  bischöfliche  Archiv  ist  infolge 
der  Saecularisation  sehr  zerstückelt  worden;  möglich,  dasa  sich  das 
Original  der  Hofgerichtssentenz  oder  doch  jene  Vidimirung  noeh 
irgendwo  vorfindet,  f&r  den  Zweck  der  ersten  Bekanntmachung  des 
inhaltlich  sehr  interessanten  Documentes  wird  auch  die  Abschxifl 
Besch's,  dessen  Gopien  recht  verlässlich  sind,  vollkommen  genügen. 

Ueber  die  in  rechtshistorischer  Beziehung  nach  mehiBren  Seiten 
hin  nicht  geringe  Bedeutung  dieser  Urkunden  hat  mir  Heir  Pro! 
von  Zallinger  freundlichst   die  Bemerkungen  zur  Yerffagung  gestellt, 

inRudolfs  Bemühungen  um  das  deutsche  Erbreich  behandelt,  a.  a.  0.  S.  A.  S.  54  ff.  Zur 
Geschichte  desselben  sind  inzwischen  zwei  neue  Zeugnisse  verOfientlicht  in  den 
Mores  Temponun  MG.  Scr.  XXT,  249,  das  nahe  verwandt  ist  mit  Johann  von 
Winterthor,  der  nur  einen  gar  zu  krftftigen  Ausdruck  dieser  Quelle  (Conrad  von 
Toul:  se  ipsum  permerdavit)  abgeschwächt  hat.  In  der  Notiz  in  Sifridi  de 
Balnhusin  Gompendium  historiamm  M.  G.  Scr.  XXY,  711  wird  mitgetheilt,  daas 
der  Cardinallegat,  der  mit  seinem  Familiennamen  (Pocomatius,  PfcolomaeusLucensiB 
bist.  Eccles.  Mur.  Ser.  XI,  1198:  BoccamaÜus).  genannt  wird,  von  den  deutschen 
Eirchenftirsten  den  Fünften  begehrt  habe.  Besonderer  Beachtung  werih  aber  ist 
die  Angabe:  BpOx  Romanorum  Rudolfus  tuno  ibidem  colloquium  habuit  cum  pria- 
dpibus  et  nobilibus  Theotonie,  die  immerhin  eine  gewiaae  Stütze  für  meine  Aus- 
führungen über  die  Bedeutung'  dieser  Würzburger  Verhandlung  bildet. 


Ein  Fall  der  Rechtaprechuüg  des  fteichshofgerichtB.  Ißl 

« 

die  ich  nach  dem  Texte  zum  Abdruck  bringe.  Im  Uebrigen  füge  ich 
noch  folgendes  zur  Orientirung  bei.  Die  Zeit  des  undatirten  Schrei- 
bens B.  Bruno's  ist  natürlich  durch  das  Datum  der  hofgerichtlichen 
Entscheidung  begrenzt  und  wird  demnach  wol  in  die  ersten  Monate 
des  Jahres  1282  zu  setzen  sein.  Der  Spruch  des  Hofgerichts  erfolgte 
am  22.  Mai  —  an  dem  vritage  phingesten  ist,  wenn  nicht  etwa  blos 
die  Copie  «nach*  ausgelassen  hat,  doch  jedenfalls  als  Freitag  nach 
Pfingsten  anzusehen  —  zu  Ulm.  Hier  weilte  um  eben  diese  Zeit 
König  Rudolf  selbst;  vom  13.  bis  zum  26.  Mai  sind  seine  Urkunden 
aus  Ulm  datirt  und  nach  den  Ann.  Sindelfingenses,  MG.  SS.  17,  302, 
hat  er  am  Sonntag  nach  Pfingsten  (wenn  es  nicht  eher,  wie  Böhmer 
Reg.  imp.  1246—1313,  113  glaubt,  zu  Pfingsten  selber  war)  daselbst 
einen  Hof  tag  gehalten.  Der  Hofidchter  ist  Bertold  von  Truchburg 
(Trauchburg  bei  Kempten),  der  auch  in  Urkunde  Rudolfs  vom 
15.  März  1282  als  curie  nostre  iusticiarius  unter  den  Zeugen  erscheint 
(Böhmer  Reg.  Rud.  653).  Der  eine  der  Urtheilsfinder  am  bischöf- 
lichen Gericht,  Graf  Eberhard  von  Kirchberg,  war  ein  Bruder 
des  Bischofs  Bruno.  Der  andere,  Jacob  von  S.  Michelsburg,*  gehört 
dem  Ministerialengeschlechte  derer  von  S.  Michelsburg  bei  Bruneck 
an,  einem  Schlosse,  das  ursprünglich  Brixen  gehörig  schon  seit  1232 
dem  Hochstift  durch  Verleihung  an  die  Andechser,  entfremdet  war 
und  seit  1271  sich  im  thatsächlichen  Besitze  des  Grafen  Albrecht 
von  Görz  befand.  Die  beiden  Maier  Albrecht  und  Dietmar  von  Yintel, 
die  seit  1270  in  Brixner  Urkunden  vorkommen  (v^L  die  demnächst 
erscheinende  Ausgabe  der  Brixner  Traditionen,  Acta  Tirolensia  1, 
215,  232)  Sassen  als  villici.  Maier  auf  dem  bischöflichen  Küchen- 
maierhof  zu  Niedervintel  zwischen  Mühlbach  und  Bruneck. 

B.  Bruno  von  Brixen  an  K.  Rudolf  (vor  1282  Mai  22). 
Minem  genaedigem  herren  dem  hochgelobten  und  dem  werdesten 
kunige  Rudolf  von  Rome  enbiut  ich  bischof  Brune  von  Brihssen  mit 
aller  wirde  und  ere  minen  getriwen  und  bereiten  dienst  ze  allen 
dingen.  Ich  t6n  iwer  genade  kunt,  daz  mine  maier  Albreht  und 
Dyetmar  von  YintuUe  die  mir  dienent  mit  dem  schefel,  vor  mir  einen 
Albreht  und  sinen  brüder  Dietrich,  ir  swester  und  alle  ir  mage  an- 
sprachen und  iahen,  si  waeren  ir  aigen  und  heitens  in  rehter  gewer 
so  manek  iar  und  tak  herbraht,  daz  si  in  als  aigen  liute  selten  dienen. 
Do  antwurten  die  zwene  bruder  Albreht  und  Dietrich  vur  sich  und 
vur  ir  mi^e  und  iahen,  si  waeren  min  und  mins  gotzhuses  si  und 
alle  ir  vordem.  Darüber  vraget  ich  graven  Eberhart  von  Kyrch- 
perch ;  der  erteilte,  daz  kein  gewer  hülfe  an  liuten  und  waeren  mine 
maier   solche]  liute,    daz   öi   aigen    liute   ze   rehte    mohten   gehaben, 

MitUirilaiigen  YIL  U 


162  Kleine  Mittheilungen. 

iha^hten  si  daime  dise  liute  umbestellen  mit  ihr  mAter  magen  den 
naehsten,  daz  si  in  heiten  gedienet  lebende  und  tote  mit  den  yaellen^ 
so  solten  si  des  billich  geniezen.  Die  der  urteil  mit  grave  Eberhart 
rolg^tön,  der  waren  ailve.  Do  ertailte  herre  lacob  von  sant  Michels- 
burch,  sit  mine  maier  heiten  die  liute  gehabt  in  nutz  und  in  gewer 
manek  iar  und  tak,  man  solte  si  bi  ir  gewer  lan  beliben  und  solten 
in  die  liute  dienen  vur  aigen.  Die  der  urteil  volgeten  mit  hem 
lacoben,  der  waren  zwelve.  Diser  urteil  dingeten  Albreht  und  Dyetrich 
Tur  daz  rieh  hinz  iwem  genaden.  Und  davon  bitte  ich  und  ylehe 
iwer  hochgelebte  edelkeit,  swaz  iwer  hof  hieuber  erteile,  daz  ir  daz 
gerfichet  mir  heizen  schriben  under  iwerm  insigel,  wan  des  ist  mir 
und  dem  lande  not,  wan  alsogetaniu  clage  dike  vur  mich  kumet. 

Entscheidung  des  königlichen  Hofgerichts» 

Ulm  1282  Mai  22. 

Meinem  genaedigen  herren  herren  Braunen  dem  bischof  von 
Brihsse  enbiut  ich  Br.^)  von  Druchburc^)  der  hofrichter  mins  herren 
des  kuniges  Buodolf  von  Bome  meinen  getrewen  dienst  und  enbiut 
ew  umb  die  urteil  die  ir  mir  hant^)  geschriben  an  iwerm  brief,  die 
grave  Eberhart  von  Eirichperch  sprach  und  herr  lacob  sprach  Ton 
sant  Michelspurch  umbe  die  liwte.  Do  vragt  ich  umb  herren  .  .  .^) 
Yon  Tillendort,  waz  recht  waere.  Der  erteilte  uf  seinen  eit:  swie 
lange  ein  man  hat  Uwte  in  gewalt  und  in  gewer,  mag  er  ir  nicht 
umbestellen  mit  den  naechsten  ir  muter  magen,  daz  diu  gewer  niht 
hel£Pe,  und  swer  si  umbestellet  mit  den^)  naechsten  ir  muter  magen, 
der  hat  recht  zu  denselben  liwten.  Und  wart  im  daz  gefolget  gesam- 
nöter  urteil  und  ist  grave  Eberharts  urteil  von  Eirichperch  reht  und 
ist  herren  lacobes  von  sant  Michelsburch  urteil  nicht  recht  Der 
urteil  gib  ich  ze  gezeuoge^  dez  gerichtes  brief  besigelt  mit  dez  ge- 
richtes  insigel.  Der  brief  wart  gegeben  ze  Vlme,  an  dem  vritage 
phingesten,  in  dem  niwnden  iare  do  mein  herre  der  kunik  wart 
gekroenet. 

Prof.  von  Zallinger  bemerkt  hiezu  folgendes:  «Die  beiden 
vorstehend  gedruckten  Documente  sind  zweifellos  von  hohem  Werthe 
und  Interesse  f&r  die  rechtsgeschichtliche  Forschung. 

Ohne  hier  den  Inhalt  derselben  einer  gründlichen  Untersuchung 
und  Würdigung  zu  unterziehen,  möge  nur  kurz  auf  jene  Punkte  hin- 
gewiesen werden,  durch  welche  sie  mir  die  besondere  Beachtung  von 
Seite  der  Bechtshistoriker  zu  verdienen  scheinen.    Wir  haben  hier 


»)  Copie.       b)  Braohburt  Cop.        c)  sant  Cop.        d)  Lfloke  in  der  Cop. 
•)  dem  CSop.       t)  Gop. 


Ein  FW  der  RecHtsprecbtmg  des  Reichaho^erichta.  163 

ein  sehr  anschauliches  und  nicht  gewöhnliches  Beispiel  des  Bechts- 
zuges  von  einem  ftirsiUchen  an  das  königliche  Ho^ericht  und  der 
Wirksamkeit  des  leteteren. 

Unter    den    hei  Franklin   «Das    Beichshofgericht    im   M.  A.   2, 
204 — 211  angeführten  Fällen  findet  sich  kein  ähnlicher.     Die  Be- 
rufung an  das  Beich  stützt  sich  hier  weder  auf  eine  formliche  ürtheils«- 
schelte  —  wenigstens  ist  davon  keine  Bede  —  noch  erscheint  sie  ab 
nachträgliche  Appellation  gegen  ein  gehörig  zu  Stande  gekommenes 
UrtheiL  Nach  der  Theorie  der  Bechtsbücher  (Ssp.  IL  12  §.  10  Schwsp. 
(Lassb.)  116  b.)  wäre  allerdings  der  Urtheilsvorschlag  des  Herrn  von  S. 
Michelsburg  durch  die  ,  mehrere  Folge  ^,  die  er  gefunden,  ^ul^  rechts- 
kräftigen ürtheil  erhoben  worden.    Es  scheint  aber,  dass  die  geringe 
Torhandene  Majorität,    12  gegen  11  Stimmen,   nicht  als  ausreichend 
betrachtet  wurde,  demselben  eine  solche  höhere,   siegende  Kraft  zu 
verleihen,  dass   yielmehr  bei  solchem  Yerhältniss  die  Frage  nichts- 
destoweniger als  eine  offene,  unentschiedene  angesehen  ward;  umso- 
mehr,   als   die   Meinungsverschiedenheit   der   ürtheiler   sich    auf  die 
Geltung  eines  objectiven  Bechtsgesetzes  bezog.  Es  ist  nun  aber  weiter 
zu  beachten,  dass  das  Ansuchen  um  Entscheidung  durch  das  Beich, 
das  in   diesem  Fall   den  Charakter  einer   Bitte    um  Bechtsweisung, 
Bechtsbelehnmg,  um  Erlangung*  einer  Beichssentenz  hatte,  weder  von 
dem  uneinigen  Gerichte  selbst  noch  von  dem  Bischof  in  Verfolgung 
seiner  durch  den   besser    unterstützten    ürtheilsvorschlag    bedrohten 
Interessen,  sondern  von  den  beiden  Eigenleuten  ausgieng  (Diser  urteil 
dingeten  Albrecht  und  Dyetrich  vur  daz  rieh),   die  doch  streng  ge- 
nommen gar  nicht  als  Subject,  als  Partei,  sondern  nur  als  Object  des 
Rechtstreits  gelten  konnten,  da  sie  ja  gegen  die  Ansprache  nicht  ihre 
Freiheit,   sondern  nur  ihre   Zugehörigkeit  zu  einem  anderen  Herrn 
behauptet  hatten.     Und  für  einen  solchen  Fall  bestimmt  der  Ssp.  IIL 
32  §.  9  aSve  so  eme  herren  sik  untseget  unde  dem  anderen  sik  to 
seget,  Yorderet  man  ine  vor  gerichte  unde  ne  kumt  sin  herre  nicht 
vore,  deme  se  sik  to  seget,  dat  he  ine  Yorsta  mit  rechte  jene 
die  up  ine  sprict  behalt  ine  selve  dritte  siner  mage  *,  womit  Schwsp. 
a  295  YoUständig  übereinstimmt.  Dagegen  wird  nun  aber  in  Schwsp. 
c.  293,  und  zwar  durch  einen  selbstständigen   Zusatz  zu  dem  sonst 
genau  wiedergegebenen  Text  der  entsprechenden  Stelle  des  Ssp.  (III. 
32  §  5),  in  der  That  gerade  speziell  der  Fall  hervorgehoben,  dass  der 
angesprochene  Eigenmann  einem  Gotteshaus  anzugehören  behauptet, 
und  einem  solchen   dieselbe  selbstständige  Stellung  und  das  selbst- 
ständige Beweisrecht  zuerkannt,  wie  bei  der  Behauptung  der  Freiheit: 
»Mag  aber  der  mensche  sine  Yriheit  behaben  und  bereden,  oder  daz 

ir 


164  Kleine  Mittheilungen. 

er  ander  swar  uffen  ein  gotes  hus  hoere  mit  seehsen  sinen 
magen,  drie  von  vater  drie  von  miier,  so  hat  er  ir  aller  gezioge 
▼erleit  unde  hat  sine  yriheit  oder  ander  sin  reht  behebei*  Von  einem 
solchen  Beweis  ist  nun  allerdings  in  unserer  Urkunde  keine  Bede. 
Aber  abgesehen  davon,  dass  derselbe  in|  der  angegebenen  Form  (durch 
Vater-  und  Muttermagen)  nur  für  den  ersten  (im  Ssp.  allein  ge- 
nannten) Fall,  fbr  den  Erweis  der  Freiheit  passend  erscheint,  war  er 
nach  der  besonderen  Lage  des  Falles  auch  gar  nicht  erfordert,  denn 
wie  es  scheint,  behaupteten  die  beiden  Maier  gar  nicht,  dass  die  Ge- 
nannten und  ihre  Magen  durch  Geburt  ihre  und  nicht  des  Bischöfe 
Eigenleute  seien,  sondern  dass  sie  durch  Ersitzung  (im  Sinne  des 
römischen  Rechts)  ein  Becht  an  ihnen  gewonnen  hätten  (und  heitens 
in  rehter  gewer  so  manek  iar  und  tak  herbraht,   daz  si  in  als  aigen 

liute  solten  dienen; sit  mine  maier  die  liute  gehabt  in  nutz 

und  in  gewer  manek  iar  und  tak,  man  solte  si  bi  ir  gewer  lan  beliben 
und  solten  in  die  liute  dienen  yur  aigen).  Die  Urkunden  erscheinen 
uns  demnach  als  ein  sehr  interessantes,  weil  frühes  Zeugniss  fär  das 
Eindringen  des  romischen  Bechtsgedankens  von  dem  Erwerb  eines 
Bechts  durch  dauernde  Ausübung  in  deutsches,  freilich  Italien  nachst- 
gelegenes  Bechtsgebiet,  denn  es  kann  wol  nicht  zweifelhaft  sein,  dass 
der  Ausdruck  .rechte  Gewere'  hier  nicht  in  der  technischen  Bedeu- 
tung des  deutschen  Bechts  gebraucht  wird«  Dagegen  spricht  schon 
die  Zeitbeiftigung  «so  manek  iar  und  tak",  überhaupt  aber,  dass 
die  rechte  Gewere  ja  immer  nur  als  Fundament  der  Abwehr,  nicht 
des  Angriffes  im  Eigenthumsstreit  dienen  kann. 

Wir  sehen  nun  aber  auch,  wie  diese  fremden  Grundsätze  noch 
mit  dem  widerstrebenden  nationalen  Bechtsbewusstsein  im  Kampfe 
liegen  und  wie  das  königliche  Hofgericht  in  präjudicieller  Rechts- 
sprechung dieselben  ablehnt  (swie  lange  ein  man  hat  liwte  in  gewalt 

und  in  gewer ,  dass  diu  gewer  niht  helffe),  indem  es  ausspricht, 

dass  ein  originärer  Anspruch  auf  den  Besitz  resp.  das  Behalten  yon 
Eigenleuten  allein  nur  auf  die  Thatsache  ihrer  Geburt  von  einer  dem 
Ansprechenden  eigenhörigen  Mutter  gegründet  werden  könne,  wo- 
für der  Beweis  durch  .Umstellung'  mit  den  nächsten  Muttermagen 
zu  f&hren  war. 

Schliesslich  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  die  Wendung  .und 
waeren  mine  maier  solche  liute,  daz  si  aigen  liute  ze  rehte  mohten 
gehaben"  auffallend  an  den  Schwsp.  erinnert,  wo  es  in  c.  69  yon 
den  Inhabern  der  yier  Fürstenämter  heisst :  .Die  yier  die  mfizen  yon 
erste  Bebte  yrie  liute  sin,  die  mugen  wol  eigen  liute  gehaben. 
Und  mac  dehein  dienstman,  daz  sine  yordem  yri  waren,  do  si  sich 


Zum  Eanzleramte.  165 

an  daz  forsten  ampt  gaben,  oder  ob  er  sich  selbe  an  das  fursten 
ampt  gegeben  bat,  ob  er  fri  was,  die  bant  mit  rebte  wol  eigen 
linte.  (cf.  auch  c.  68c:  Nieman  mac  eigen  liute  haben  wan  yrien 
und  die  gotshuser). 

Eine  solche  Uebereinstimmung  kann  nun  leicht  auf  Zufiall  be- 
ruhen; wenn  aber  nicht,  und  dafür  könnte  sprechen,  dass  jene 
Bedingung  eigentlich  an  sich  nicht  recht  verständlich  erscheint,  so 
hatten  wir  hier  auch  eines  der  frühesten  Zeugnisse  für  die  Verbreitung 
und  BenütEung  jenes  Bechtsbuches.  * 

Innsbruck.  Oswald  BedlicL 


Zu  Imileruita.  In  der  kürzlich  von  Gonrat  neu  heraus- 
gegebenen Epitome  ezactis  regibus  heisst  es  1  §84:  «Gancellarii  no- 
men  a  cancellando  descendit,  quia  cancellare  litteram  est  eam  damp- 
nare  linea  per  medium  ducta;  unde  dicitur  cancellarius:  cuius  est 
officium  rescripta  (al.  scripta)  responsa  principum  et  (imperatorum) 
mandata  inspicere  et  male  scripta  cancellare  et  bene  scripta  signaculo 
sigilli  imprimere.'  Da,  wie  Conrat  S.  CVI  bemerkt,  der  Ganoellarius 
im  Justinianischen  Becht  nichts  weiter  ist,  als  ein  ThürsteheTi  besten 
Falls  ein  Kanzellist,  so  schliesst  er  wohl  mit  Becht,  dass  der  Verfasser 
das  S[anzleramt,  wie  es  zu  seiner  Zeit  gestaltet  war,  im  Auge  hatte. 
Halt  der  Herausgeber  S.  GCG  eine  nähere  Bestimmung  der  Entstehungs- 
seit  der  Schrift  mit  Sicherheit  nicht  für  möglich,  erklart  er  aber  Ent- 
stehung um  1125  fQr  das  wahrscheinlichere,  so  dürfte  sich  doch  manches 
für  Entstehung  schon  im  eilften  Jahrhunderte  geltend  machen  lassen, 
wie  denn  auch  der  Herausgeber  selbst  die  Annahme  vorirnerischen 
Ursprungs  wenigstens  nicht  als  unzulässig  behandelt  —  In  der  Hof- 
ordnong  König  Peters  von  Aragon  von  1844,  CoUeocion.  de  documentos 
in^itoB  del  archivo  geneiral  de  la  Corona  de  Aragon  (Barcelona  1840) 
4,  109   ff.  finden  sich  ausführliche   Angaben    über   die  Aemter  des 

Kanzler,  Vicekanzler  und  Protonotar. 

J.  Ficker. 


Literatur. 

Heuere  Literatar  Aber  dentsohea  Btildteweseii. 

L 

Publicationen  der  Gesellschaft  f&r  rlieinische  Geschichiskunde.  L 
Kölner  Schreinsurkunden  des  zwölften  Jahrhunderts. 
Quellen  zur  Bechts-  und  Wirthschaftsgeschichte  der  Stadt  Köln; 
herausgegeben  von  Bobert  Eoeniger.  Erster  Band,  erste  Liefe- 
rung.   Bonn  1884.  Eduard  Webers  Verlag  (Julius  Flittner). 

Vor  81  Jahren  ist  Arnolds  epochemachendes  Werk  über  die  Yerfiissungs» 
geschichte  der  deutschen  Freistftdte  erschienen.  Wenige  Jabre  verstrichen 
und  es  folgten  Nitzsoh*  werthyoUe  Untersuchungen  über  Ministerialitat  und 
BürgerthuuL  Dann  hat  noch  einmal  y.  Maurer  in  ausfclhrlicher  Darstellung 
denselben  (Gegenstand  behandelt.  Jeder  dieser  Oelehrten  hatte  den  gleichen 
Stoff  unter  anderem  (Gesichtspunkte  betrachtet^  aber  jeder  hatte  es  Ar 
nothwendig  gehalten  an  die  Geschichte  der  einzelnen  Stttdte  anzuknüpfen 
oder  sie  zum  Belege  heranzuziehen.  Darin  lag  ein  werthvoller  Fingexieig 
für  die  weitere  Forschung.  Was  an  allgemeinen  Anregungen  geboten  worden 
war,  sollte  an  der  (Geschichte  der  deutschen  Städte  untersucht  und  geprüft 
werden,  die  aufgestellten  Hypothesen  sollten  in  Zusammenbang  gebracht 
werden  mit  den  wirklichen  Verhältnissen :  Diese  festzustellen  war  somit  die 
nfiohste  Au^be.  Aber  nur  in  wenigen  Fallen  schritt  man  zur  LOsong 
derselben.  HeuslersYerfiEissungsgeschichte  von  Basel  blieb  lange  Zeit  vereinzelt; 
die  Einlei tungeUi -welche  Hegel  den  Stttdtechroniken  vorausschickte,  haben, 
da  sie  sich  lediglich  auf  das  gedruckte  Materiale  stützen  konnten,  sehr 
verschiedenen  Werth.  So  kam  es,  dass  Heusler  i.  J.  1872  nicht  etwa  eine 
abschliessende  Darstellung,  sondern  nur  eine  allerdings  sehr  eingehende, 
kritische  AbwSgung  der  einander  entgegenstehenden  Ansichten  erscheinen 
lassen  konnte. 

Die  Ursache  dieser  aoAülenden  Erscheinung  können  wir  nur  in  der 
Theilnahmslosigkeit  der  Stftdte  erblicken.  Ihre  Aufgabe  wftre  es  gewesen, 
die  in  ihren  Archiven  verborgenen  reichen  Schätze  zur  allgemeinen  Kennt* 
niss  zu  bringen.  Man  sollte  meinen,  die  Stftdte  selbst  hfttten  das  grösste 
Interesse  daran,  dass  Anlass  und  Art  ihrer  Entstehung  erforscht,  ihre  Ent- 
wicklung aufinerksamen  Sinnes  verfolgt  werde,  dass  jede  sich  einer  ge- 
sicherten, wissenschaftlichen  Darstellung  ihrer  (Geschichte  erfreue.  Feste 
Sicherheit  in  der  Behauptung  wolerworbener  Bechte,  unbe&ngenere  Erkennt- 
niss  der  natürlichen  Lebensbedingungen  würden  solcher  genauen  Betraohtang 


literator.  JQ^ 

deoisohen  Stftdtewesens  entsprangen  sein.  Aber  allen  derartigen  ErwSganjBpQ 
hat  man  sich  mit  seltenem  Gleichmuthe  nnd  nicht  geringer  Sorglosigkeit 
verschlossen.  Man  war  isoMeden,  wenn  fElr  die  Unterhaltung  des  städtischen 
Lesei^creises  durch  allerhand  topographische  und  genealogische  Arbeiten, 
durch  mehr  oder  weniger  pikante,  angeblich  kulturhistorische  >  Studien  ^ 
gesorgt  wurde.  Das  blendete  und  beruhigte,  hat  aber,  wie  wir  heul^ 
deutlich  zu  erkennen  vermögen,  die  Geschichte  deutsehen  Stftdtewesens  i|i 
keiner  Weise  gefördert  Nur  f^r  den  Norden  und  Osten  Deutschlands  isteine  rühi^- 
liehe  Ausnahme  zu  machen.  Der  tüchtige  historische  Sinn,  der  uns  die  Sammlung 
der  Hanse-Becesse  und  das  Hansische  ürkundenbuch  schuf,  wirktß^uchauf  d^m 
Gebiete  städtischer  Einzelforschung,  wir  ^ben  daher  seit  Jahren  für  Brennen 
und  Lübeck  gute  Urkundenbücher.  Dann  kamen  auch  die  preussische  und  die 
sächsische  Archivverwaltung  etlichen  Provinzialstftdten  zu  Hilfe.  Aber  eine 
besondere  Bedeutung  für  die  Erkenntniss  der  Entstehung  deutschen  Stftdte« 
Wesens  kann  diesen  Sammlungen  nicht  zugeschrieben  werden.  Da  treten 
die  rheinischen  Communen  in  den  Yordeigrund,  ihnen  schliessen  sich 
jene  Süddeutschlands  und  Oesterreichs  an.  Diese  alle  blieben  aber  in  der 
Yerwerthung  ihrer  Archivalien  ganz  zurücL  Nicht  einmal  auf  die  äussere 
Instandhaltung  der  Archive  wurde  überall  die  erforderliche  Sorgfalt  ver- 
wendet, erklärlich  ist  daher,  dass  ohne  diese  Vorarbeit  unternommene 
Publicationen  weder  in  Bezug  auf  Vollständigkeit  noch  auf  Genauigkeit  der 
Wiedergabe  Vertrauen  erwecken  konnten.  So  fehlte  es  der  historischen 
Forschung  an  ausreichendem  Hateriale,  auf  Grund  dessen  sie  über  die  be- 
reits gewonnenen  Besultate  hinausschreitend  in  dem  Widerstreite  der 
Meinungen  zu  sichern  Ergebnissen  gelapgen  konnte. 

Da  wurde  endlich  der  Bann  gebrochen.  Die  neue  Anregung  gieng 
von  den  grossen  am  Bhein  gelegenen  Communen  aus,  in  denen  zuerst  die 
schöne  Blüthe  mittelalterlichen  Stadtlebens  sich  entöltet  I^^t.  Bereits 
liegen  uns  zwei  Bände  des  musterhaft  bearbeiteten  Strassbnrger  ürkunden- 
buches  vor^)  und  nun  ist  auch  das  Kölner  Stadtarohiv  iiiit  einer  trefflichen 
Ausgabe  der  Schreinsurkunden  hervorgetreten.  Unter  Höhlbaums  umsich- 
tiger Leitung  herrscht  da  reges  Leben.  Die  techni^e  Einrichtung,  die  er 
b^^nnen  und  in  kurzer  Zeit  sehr  weit  geMhrt  hat,  wird  ihrer  klaren 
üebersichtlichkeit  und  leichten  Handhabimg  wegen  die  Anerkennung  jedes 
Fachmannes  finden ;  sie  beweist,  dsss  auch  mit  geringen  Mi^tt^ln  eine  sorg- 
fältige, genaue  Ordnung  durchgeführt  werden  kann.  Viel  wichtiger  aber 
ist,  daes  Höhlbaum  mit  Hinweis  auf  Franzosen  und  Belgier,  denen  sich  in 
neuester  Zeit  die  preussische  Arohiwerwalt;ang  ai^geschlossen,  die  Forderung 
aufgestellt  hat,  auch  der  Inhalt  der  ^tad^c^chive  solle  in  pla^i^nässiger, 
wolüberlegter  Folge  dem  gelehrten  Publikum  zugänglich  gemacht  werden. 
Man  darf  hier  nichts  mehr  dem  Zufall  überlassen,  der  etwa  einen  Ge- 
lehrten an  ein  städtisches  Archiv  verträgt  oder  irgend  ei^en  Gegenstand  in 
den  Vordergrund  des  allgemeinen  Interesses  drängt  Diese  Forderung,  welche 
die  technischen  Arbeiten  nicht  als  die  Hauptsache,  sondern  ;al8  noth- 
wendige  Vorarbeiten  erscheinen  lässt,  wird  durch  dje  Wichtigkeit,  die  dem 
Inhalte  der  Stadtarchive   unbedingt   zukommt,  vollauf  gerechtfertigt     Ge- 


^)  Soeben  ist  aueh  Hilgard,  Ürkundenbuch  mir  Gesch.  der  Stadt  Speyer 
(Stramburg  1885)  erschienen. 


168  Literatur. 

wftliren  uns  die  Staatsarchive  die  werthvollsten  Aufschlüsse  über  die  Ver- 
waltung des  Staates,  die  Ansichten  und  die  Thätigkeit  der  führenden  Personen, 
ermöglichen  sie  die  politischen  Beziehungen  der  Völker  und  Staaten  zu 
einander  in  klarer  Anschaulichkeit  darzulegen,  so  führen  uns  die  städtischen 
Archive  in  das  Leben  des  Volkes  selbst  ein,  zeigen  uns,  wie  sich  der  Ge- 
danke bürgerlicher  Freiheit  allmählich  entwickelt  hat,  lehren  uns  die  Be» 
dingungen  er&ssen,  welche  diese  Entwicklung  gehemmt  oder  gefördert  haben. 
Freudigen  Sinnes  vermögen  wir  dann  bis  in*s  Einzelne  zu  erkennen,  welch* 
grossen  Einfluss  selbst  in  den  absolut  monarchischen  Zeiten  des  IGttelalters 
neben  den  mächtigen  Gewalten  der  Landesfursten  und  der  Geistlichkeit  die 
rührigen,  lebendigen  Kräfte  des  Bürgerthums  geübt  haben. 

Das  Interesse  an  der  Erforschung  dieser  Verhältnisse  wird  noch  ver- 
stärkt, wenn  die  Stadt,  deren  Geschichtsquellen  den  Gegenstand  des  Studiums 
bilden,  eine  hervorragende  Bolle  auf  politischem  und  geistigem  Gebiete 
gespielt  hat  Das  trifft  nun  vor  allem  bei  Köln  zu.  Sowol  die  Verfassungs- 
geschichte dieser  grossen  Handelsstadt  als  auch  die  Darstellung  des  innern 
Lebens  wie  ihrer  äussern  Schicksale  sind  seit  jeher  als  würdige  Ziele 
für  den  Historiker  betrachtet  worden.  Eine  werthvoUe  Gabe  ist  es 
daher,  die  uns  über  Anregung  Höhlbaums  von  der  Gesellschaft  für  rheinische 
Geschichtskunde  in  würdiger  Ausstattung  geboten  wird.  Schon  i.  J.  1782 
hat  Mattheis  Glasen  in  den  »Ersten  Gründen  der  kölnischen  Schreinspraxis* 
auch  über  die  ältesten  Anschreinungen  berichtet,  welche  zum  Unterschiede 
von  den  spätem  in  Buchform  angelegten  auf  einzelnen  mehr  oder  minder 
sorgfältig  ausgestatteten  Pergamentblättem  vorgenommen  worden  sind. 
Vorher  wurden  Verträge,  Käufe,  überhaupt  Besitzveränderungen  aller  Art, 
um  ihre  Giltigkeit  zu  sichern,  in  mündlicher  Verhandlung  vor  den  hiezu 
berufenen  Personen  erledigt;  etwa  um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  gieng 
man  von  dem  mündlichen  zu  dem  schriftlichen  Verfahren  über.  «Für 
diesen  Zweck  war  an  bestimmten  Tagen  »der  Schrein*  geöffnet,  hier 
wurden  diese  Au&eichnungen,  ausserdem  aber  auch  andere  Urkunden^ 
denen  man  besondem  Schutz  angedeihen  lassen  wollte,  aufbewahrt  Es 
sind  die  Anfänge  des  Grundbuchwesens.  Seit  jeher  ist  die  grosse  Bedeutung 
erkannt  worden,  welche  diese  Schreinskarten  und  Schreinsbücher  besitzen, 
ausdrücklich  hat  schon  i.  J.  1861  Arnold  ihre  Veröffentlichung  gefordert, 
erst  heute  wird  dieser  Forderung  entsprochen.  Aber  dafür  erfolgt  die 
Publication  heute  nicht  unter  dem  beengten  Gesichtskreise  local-antiquarischer 
Forschung,  sondern  in  voller  Werthschätzung  ihrer  Bedeutung  ftLr  die 
deutsche  Bechts-  und  Wirthschaftsgeschichte,  für  die  Geschichte  städtischen 
Wesens  überhaupt  Dem  entsprechend  ist  auf  die  Herausgabe  grosse  Sorg- 
falt verwendet  worden,  Bobert  Hoeniger,  der  sie  besorgt  und  viele  Hübe 
daran  gewendet  hat,  den  ungefügen  Stoff  in  entsprechender,  übersichtlicher 
Form  benutzbar  zu  machen,  verdient  volle  Anerkennung.  Die  Behandlung 
des  Textes  erfolgte  nach  den  vom  Gelehrten* Ausschuss  der  Gesellschaft  ver- 
öffentlichten Grundsätzen,  etliche  vom  Herausgeber  vorgenommene  Aende- 
rungen  und  Zusätze  waren  durch  die  Besonderheit  des  Stoffes  bedingt 

Köln  gehört  zu  jenen  Städten,  deren  Verwaltungsbezirke  sich  mit  den 
kirchlichen,  den  Pfarreien  deckten.  Jedenfalls  reicht  diese  Uebereinstimmnng 
in  die  ältesten  Zeiten  zurück  und  hatte  sich  in  das  Bewusstsein  der  Stadt- 
bevölkerung so  fest  eingeprägt,  dass  der  Name  parrochia  auf  die  einseinen 


Literatar.  169 

Bezirke  übertragen  wurde.  Jede  dieser  Parroohien  hatte  ihren  eigenen 
Schrein.  Die  wichtigste  war  die  von  S.  Martin,  die  Wohnstätte  der  sehr 
zahlreichen  Eanfleute,  denen  der  grOsste  Antheil  an  der  Begründung 
st&dtisoher  Autonomie  zugeschrieben  werden  muss.  Die  14  ßchreinskarten 
Ton  8.  Martin,  welche  in  das  12.  Jahrhundert  fallen,  sollen  das  1.  und 
2.  Heft  der  Ausgabe  Allen.  Im  1.  Hefte,  das  hier  besprochen  wird,  sind 
7  Karten  aus  den  Jahren  1135 — 1172  veröffentlicht.  Li  dieser  Zeit  hatte 
das  städtische  Selbstregiment  die  schweren  Schlage,  die  Brzbischof  Anno 
gegen  dasselbe  gef&hrt  hatte,  bereits  verwunden  und  war  unter  einsichtigen 
Erzbischöfen  zu  neuer  Kräftigung  gediehen. 

Eine  bestimmte,  sichere  Ordnung  der  Eintragungen  vorzunehmen  war 
die  schwierigste  Aufgabe  des  Herausgebers.  In  den  Karten  selbst  ist  zwar 
ein  Versuch  dazu  gemacht  worden,  einmal  mit  Bücksicht  auf  die  Örtliche 
Lage,  ein  anderes  Mal  mit  Bücksicht  auf  den  Character  des  Geschäftes, 
oonsequent  durchgeführt  wurde  weder  der  eine  noch  der  andere.  Auch 
die  andern  Hilfsmittel  versagen,  die  sonst  dem  XJrkundenherausgeber  zu 
Gebote  stehen.  Dauergeschäfte  sind  zumeist  ohne  Datirung,  Zeitgeschäfte, 
bei  denen  sie  häufiger  vorkommt,  fehlen  in  den  ersten  vier  Karten  ganz, 
offenbar,  da  sie  für  die  erste  Zeit  nicht  der  schriftlichen  Au&eichnung 
gewürdigt,  sondern  dem  mündlichen  Yer&hren  überlassen  wurden.  Die 
Fassung  ist  nur  in  der  1.  Karte  etwas  ausführlicher,  später  beschränkte 
man  sich  auf  ein  gedrängtes'  Bögest  und  kürzte  das  Formular  sehr 
stark  ab.  Auch  die  Scheidung  nach  Schreibern  bot  erst  ftlr  die  späteren 
Karten  geeignetere  Anhaltspunkte.  So  konnte  der  Herausgeber  seine  Auf- 
gabe nur  lösen  durch  ein  eingehendes  Studium  der  Anschreinungen  und 
durch  die  Heranziehung  des  gesammten  kölnischen  XJrkundenvorraths  dieser 
Jahre.  Die  Ergebnisse  dieser  mühevollen  .Vorarbeiten,  über  die  er  bereits 
an  anderer  Stelle  berichtet  hat^),  sind  in  der  Einleitung,  den  Vorbemer^ 
kungen  zu  jeder  Karte  und  den  Noten  niedergelegt. 

Es  wäre  verlockend,  den  Inhalt  der  Schreinsurkunden  in  zusammen- 
hängender Darstellung  vorzufuhren.  Aber  es  muss  dem  Herausgeber  vor- 
behalten bleiben  »in  das  Verständniss  des  reichen  aber  spröden  Materiales* 
einzuführen.  Hier  möge  nur  eine  kurze  üebersicht  des  werthvoUen  Inhaltes 
Platz  finden. 

Ueber  die  ver&ssungsgeschichtliche  Bedeutung,  die  Organisation  des 
SchreineB  und  ähnliche  Fragen  wird  in  einem  zweiten  Artikel  nach  dem 
Erscheinen  der  folgenden  Lieferungen  gehandelt  werden.  Etliche  vorläufige 
Bemerkungen  werden  aber  doch  zum  Verständniss  des  Ganzen  dienen  können. 
Vornehmlich  als  Angelegenheit  der  Bürger  und  ihrer  Meister  wird  die 
Beglaubigung  der  vor  ihnen  abgeschlossenen  Geschäfte  betrachtet.  So  wird 
die  Zeugengebühr  —  anfangs  regelmässig  Naturalleistung,  die  ama  vini  — 
als  ins  civile,  ins  civium  bezeichnet;  das  Amtshaus,  die  curia  (domus)  rerum 
agendamm,  wird  domus  civium  genannt;  die  Vollziehung  des  Geschäftes 
erfolgt  civili  executione,  sie  erscheint  als  Ausfluss  der  statuta  civium,  wird 
durch  den  bannus  civium  gesichert  Doch  betheiligen  sich  die  Stadtvor- 
steher, oomes  und  advocatns,  an  der  Verhandlung. 


<)  Mittheilungen  aus  dem  Kölner  Stadtarchiv,  1,  85  ff. 


170  Litwalm. 

Die  schriftliche  Anffl^ichnniig  der  Handlung  hat  keineswegs  alle  EOrm- 
lichkeiten,  die  dem  mündlichen  Verfisihren  anhafteten,  beseitigt  Namentlich 
die  Aoflassong  eines  Gutes,  der  Verzicht  auf  einen  Anspruch  bei  Erb- 
theilungen,  Vergleichen  und  Käufen  erfolgte  noch  immer  in  der  alten 
feierlichen  Form;  häufig  genug  wird  uns  erzählt  von:  ezfestucare,  calamo 
abnuere,  iactu  calami  abdicare,  manu  et  iactu  stipule  abdicare.  Der  leb- 
haften  Bechtsanschauung  einer  vergaAgenen  Zeit  entspricht  es,  dass  ein 
Kölner,  dessen  Brüder  seine  Fähigkeit  zur  Vornahme  einer  rechtsgiltigen 
Handlung  wegen  körperlichen  Unvermögens  anfochten,  sie  durch  die  That 
widerlegte:  absque  mora  eques  domum  oiviua^  pecii  et  in  presencia  om- 
nium  ingratis  fiätribus  meis  propositum  stabilivi  (1,  I,  7). 

Der  lebhafte  Handelsverkehr,  der  ja  die  Grösse  der  Stadt  be- 
gründete, hatte  auch  die  Bande,  durch  welche  der,  Besitz  gefesselt 
war,  frühzeitig  gelockert  Wir  finden  keinen  Hühnerzins  mehr  und  auch 
der  Grundzins  wird  nur  selten  erwähnt*).  Da  das  G«ld  bereits  das  wich- 
tigste Mittel  geschäftlichen  Verkehrs  geworden  war,  so  darf  uns  das  seltene 
Vorkommen  der  Erb  leihe  nicht  Wunder  nehmen.  Doch  ist  eine  Scheidung 
zwischen  freiem  und  geliehenem  Eigen  überhaupt  sehr  schwierig,  da  die 
Rechte  des  Obereigenthümers  nicht  besonders  angemerkt  wurden  und  auch 
der  Sprachgebrauch,  wie  ja  immer  in  lateinischen  Urkunden  dieser  Zeit» 
sehr  schwankend  ist  So  kommt  das  Wort  hereditas  vor  filr  erbgeliehenes 
Gut,  für  ererbten  Besitz,  für  die  (Jesammtheit  der  Erbberechtigten,  für 
einen  Häusercomplez  und  bei  Eheverträgen  fär  Liegenschaft.  Ich  ziehe 
daher  nur  jene  Ajischreinungen  in  Betracht,  welche  sicher  als  Erbleihen  zu 
betrachten  sind*).  Als  Leiheherm  treten  am  häufigsten  Klöster,  einmal 
die  Parrochie  selbst,  vereinzelt  auch  Private  auf.  Gegenstand  der  Erbleihe 
waren  Häuser,  Verkaufsstände  und  Tische,  Keller  und  Lauben.  Der  Leihe- 
herr, principalis  heres  (1,  VI,  4),  tritt  bei  der  Handänderung  ein;  dass  er 
bei  einer  Veräusserung  nicht  herangezogen  worden  war,  hatte  die  Ungiltig- 
keit  des  Geschäftes  zur  Folge.  Eine  (Gebühr  ftlr  die  Handänderung,  eine 
Vorheuer,  wird  bedungen  (7,  n,  24  vgl.  auch  4,  IV,  10).  Bückkauf  durch 
den  Leiheherm  wird  in  2,  I,  49  angeschreint  Die  Haftung  für  die  Ver- 
schlechterung wird  dem  Beliehenen  auferlegt;  Vernachlässigung  dieser  Ver- 
pflichtung zieht  den  Anfall  an  den  Leiheherm  nach  sich  (3,  V,  14),  ebenso 
auch  die  säumige  Zinszahlung.  In  dem  letzteren  Falle  kann  aber  auch 
eine  Geldstrafe  genügen.  Für  den  Zins  scheint  bei  normalen  Verhältnissen 
die  Hark  zu  12  Schilling  als  Grundtaxe  gedient  zu  haben.  Der  Hofzins 
wurde  in  die  Zinssumme  einbezogen,  er  betrug  1  solidus  und  wurde  asi 
die  alten  Grundbesitzer,  den  Erzbischof  und  die  Stadtklöster,  gezahlt  (1,  VI,  4; 
4,  IV,  10;  4,  VI,  8).  Als  Zinstermine  werden  verbunden:  Johaunesiag — 
Weihnacht;  Christi  Himmelfahrt  —  S.  Martin;  Maria  lichtmess  —  Maria 
Himmelfahrt. 

Belastungen  mit  dauernden  Beuten  werden  zu  Gunsten  einzelner 
Personen,   häufiger  aber,   und  zwar   zumeist   durch  Verfügung  von  Todes- 


*)  Htihnerzinse  kommen  nach  Ennen  Gesch.  der  Stadt  Köln  1,  408  in  den 
andern  Parrochien  häufiger  vor;  ist  diese  ohne  Beleg  gebotene  Behauptung  riohf^g, 
dann  würde  ihr  Fehlen  in  den  Karten  von  S.  Martm  durch  die  freiere  Stellung 
der  Kauflente  zu  erklären  Bein.  »)  Zu  verweisen  ist  auf  Jos.  Gobbers'  Abhand- 
lung in  der  Ztschr.  der  Savigny-StiftuBg.  i,< German.  Abth.  S..I81  fi. 


tAteratur.  171 

w^gen,  zu  Önnsten  kirchlicher  öäer  woläi&tiger  Stifttingen  vorgenommen 
(Seelzins).  Die  Bente  haftet  auf  dem  hiezu  bestimmten  Besitze»  doch  ist 
üebertragnng  auf  einen  andern  ebensowenig  ausgeschlossen  wie  Ablösung 
zu  einem  bei  der  Stiftung  festgesetzten  Betrage.  Im  allgemeinen  erscheinen 
so  belastete  Häuser  zu  völlig  freier  VerftLgung  des  Besitzers,  nur  in  einem 
Falle  hat  das  Kloster  Obereigenthumsrechte  ausgeübt  8,  II,  24.  Die  Bente 
wird  fast  regelmSssig  in  Geld  gezahlt,  etlidie  male  werden  Kerzen 
gestiftet,  doch  auch  statt  deren  konnte  eine  vorher  bestimmte  (Geldsumme 
gegeben  werden. 

Sehen  wir  von  Erbleihen  und  Seelgeräthen  ab,  so  tritt  die  (Geistlichkeit 
fast  vollständig  in  den  Hinteigrund.  Freilich  waren  die  heimischen  Klöster 
wolbegütert,  auch  fremde  Stifter  hatte  die  mächtig  emporblühende  Stadt 
zum  Erwerb  von  Grundstücken  und  Häusern  innerhalb  ihrer  Mauern  an- 
gelockt; neben  den  benachbaiien  Klöstern  Bolandswert,  Knechtstedten,  Yillich, 
Deutz,  Königsdorf  u.  a.  finden  wir  auch  entferntere  wie  S.  Trond  und 
Hirschau.  Doch  war  ihr  Besitz  viel  zu  fest  gebunden,  als  dass  sie  sich 
lebhaft  an  Kauf  und  Verkauf  betheiligt  hätten.  Sie  beschränkten  sich,  wie 
bemerkt,  auf  Geschäfte,  die  ihnen  ihr  Obereigenthum  beliessen:  Erbleihen, 
Uiethe,  Pacht  Dass  einzelne  durch  die  herrschende  Kapitalsnoth  zu  Ver- 
pfandungen genöthigt  wurden,  ist  leicht  erklärlich.  Schenkungen  an  sie 
werden  selten  verzeichnet  Die  freigebigen  Hände,  welche  einst  die  Aus- 
stattung der  Klöster  geschaffen  hatten,  waren  geschlossen,  und  fand  sich 
noch  jemand  bereit  sein  Seelenheil  auf  diese  Weise  zu  sichern,  dann  wurde 
die  Schenkung  mit  solchen  VorbeWten  und  Bedingungen  verknüpft,  dass 
ein  unmittelbarer  Yortheil  für  das  Kloster  daraus  nicht  entsprang. 

Unter  den  übrigen  Dauergeschäften  beanspruchen  namentlich  die  zahl- 
' reichen  Eheverträge  etwas  ausführlichere  Erwähnung;  denn  in  der 
frühen  Zeit,  in  welche  die  Schreinsurkunden  zurückreichen,  fliessen  die 
Quellen,  die  uns  einen  Einblick  in  das  eheliche  Güterrecht  gestatten,  sehr 
spärlich.  Die  Verträge  wurden  geschlossen  Über  einzelne  Theile  des  Be- 
sitzes oder  über  die  Gesammtheit  desselben,  das  ist  bei  der  kurzen  Fassung 
der  Schreinsurkunden  niqht  immer  fest  zu  scheiden  und  erschwert  sehr  die 
sichere  Deutung.  Auch  der  Zeitpunkt  des  Vertragsschlusses  ist  schwer,  oft 
gar  nicht  festzustellen.  Schröder^)  hat  nachgewiesen,  dass  in  Köln  das 
Prinoip  der  Gesammten  Hand  und  das  Verfangehschafbssystem  die  leitenden 
Grundsätze  fer  das  gesetzliche  Güterrecht  der  tlhegatten  bildeten.  Sie  be- 
herrschen auch  die  Verträge,  die  vornehmlich  dazu  geschlössen  wurden,  die 
Bechte  der  Kinder  und  des  überlebenden  Gatten  bei  Auflösung  der  Ehe 
zu  sicUerh.  Bei  Aulflöstiiig  der  beerbten  (bükindeten)  Ehe  kbnfnten  Schwierig- 
kÄüsti  listiin ''  ctetyt^hen :  die  Kiüder  traten  m  d^  Eigenthum  der  verfan- 
genen'Güter  eS^,  deln'paretis  s^^^^rstes  blieb  die  Leffbzuoht  daran,  die  freie 
Veirftlgniig  üblsr  die'Fahmibs.  Es  kommt  vor,  dass  auch  die  Fahmiss,  zu 
der  inin  die'tibualia,  das  supellectile,  und  die  mobilis  pecunia  rechnete, 
dnter  Leibzucht  ^e^llt  würde,  im  allgemeinen  ist  das 'nicht  beabsichtigt 
worden,  wie  'sich  aus  der 'Fassung  der  Verträge  ergibt,  ftlr  'die  ich  als 
BeSApiel  ahführe:  si  prolem  genuerint,  hereditat^m  fllam  öbtineat  (sc.  proles), 
si  Vefo  hon  gdnuerint,   uter  eörton  isilfüin  siti^rvixerit  hereditatem  illam 


*)  Geschichte  lies'  ehelichen  Güterrechts  in  Deutschland  II,  2  S.  5,  82  ff. 


172  literatnr. 

totam  et  mobilem  peconiam  (sobstantiam)  obtineat  ...  7,  lY»  17. 
anderer  Weg  wurde  eingeschlagen,  indem  ein  bestimmter  YermOgenstheil 
for  die  Kinder  ausgeschieden,  für  den  Best  dem  parens  superstes  freies 
Verffigongsrecht  zugesichert  wurde  (3,  V,  17,  vgl.  auch  4,  VI,  14). 

Das  Princip,  dass  die  Kinder  bei  Auflösung  der  Ehe  in  das  Eigenthom 
eintreten,  wurde  auch  bei  der  Wiederverheirathung  des  überlebenden  Theils 
festgehalten.  Das  Becht  der  Kinder  erster  Ehe  darf  in  keiner  Weise  ge- 
schmälert werden,  wol  aber  erhalten  sie  Warterecht  fGLr  den  Fall  der  un- 
beerbten Auflösung  der  zweiten  Ehe  (2,  II,  40 ;  2,  IE,  47).  Beschrftobing 
erlitt  ihr  Becht  durch  die  dem  Leibzüchter  ertheilte  Tollmacht  in  nach- 
weisbarer und  unverschuldeter  Nothlage  den  Besitz  zu  veräussenL 

Grössere  Mannig&ltigkeit  zeigen  die  Heiräthsvertrftge  mit  Bücksicht 
auf  die  Auflösung  einer  unbeerbten  Ehe.  Nothwendiger  Weise  mosste  es 
hier  zu  einem  Kampfe  zwischen  den  Ansprüchen  der  Verwandten  und  dem 
freien  Verfügungsrechte  der  Ehegatten  kommen.  Für  die  Fahmiss  wurde 
das  letztere  dem  üeberlebenden  stets  vorbehalten,  dagegen  wurden  die 
Liegenschaften  verschieden  behandelt  Häufig  wird  den  Verwandten  eines 
jeden  Gatten  ihr  Erbrecht  an  dem  Vermögensantheil  desselben  gesichert,  so 
dass  der  parens  superstes  daran  nur  Leibzucht  hat.  Aber  ebenso  ofb  ge- 
währen sich  die  Gatten  gegenseitig  freies  VerfQgungsrecht  über  den  ganzen 
Besitz.  Vereinzelt  kommt  es  vor,  dass  ein  Theil  der  Liegenschaften  ausge- 
schieden wird,  an  dem  der  Ueberlebende  nur  Leibzucht  erhält,  während 
der  andere  Theil  mit  der  Fahmiss  zu  seiner  Verfügung  bleibt.  Dagegen 
war  es  fast  allgemein  üblich,  dass  den  Verwandten  des  Mannes  Warterecht 
zugestanden  wurde  an  dem  zur  Leibzucht  der  Wittwe  bestellten  Gute. 
Durch  besondere  Umstände  konnten  allerdings  auch  da  einzelne  Beschrän- 
kungen zu  Gunsten  dieser  eintreten  (z.  B.  4,  V,  17;  6,  IV,  7;  7,  ü,  22). 
Die  Verrückung  des  Witwenstuhls  hatte  keine  Aenderung  zur  Folge,  üeber^ 
tragung  an  den  zweiten  Gatten  war  jedoch  nicht  gestattet 

Bereits  habe  ich  die  grosse  Bedeutung  erwähnt,  welche  das  Geld  in 
Köln  früher  als  in  andern  deutschen  Städten  gewonnen  hat  In  den 
Heirathsverträgen  wird  es  oft  erwähnt,  auch  zum  Gegenstände  eines  be- 
sondem  Vertrages  gemacht  (6,  IV,  8;  7,  III,  1).  Den  mittelalterlichen 
Verhältnissen  entspricht  dass  wir  auch  schon  in  dieser  frühen  Zeit  von 
Münzverschlechterung  hören.  Es  gab  versohiedenwertige  Marken  (zu  12  Sdiil- 
ling:  5,  VI,  8;  6,  VI,  4;  zu  11  Schilling  3  Denare  5,  VI,  16)  und  es  war 
wol  keine  überflüssige  Wortmacherei,  dass  in  6,  I,  1  der  Summe  beigefügt 
wird:  argenti  non  maculosi. 

Ein  anderer  Mangel,  wol  geeignet,  den  Verkehr  zu  hemmen,  war  die 
empfindliche  Kapit^lsnoth.  Ihr  entsprangen  die  sehr  zahlreichen  Verpftn- 
dungen.  Fast  ausschliesslich  wird  Geld  begehrt,  neben  ihm  verschwinden 
die  geliehenen  Waaren  und  Produkte.  Die  Fristen  sind  meist  sehr  kurz. 
Von  14  Tagen  steigen  sie  bis  zu  der  häufigsten  von  einem  Jahre;  Ver> 
Pfändungen  fär  mehrere  Jahre  kommen  seltener  vor,  mir  scheinen  sie  mehr 
als  zeitliche  Bentenkäufe  gegolten  zu  haben.  Ziehen  wir  nun  in  Betracht» 
dass  S.  Martin  die  Parrochie  der  Kaufleute  war,  so  ist  die  Vermuthmig 
gestattet,  dass  das  Geld  nicht  inuner  zur  Besserung  der  Häuser  verwendet 
wurde,  dass  es  sich  vielmehr  um  kaufmännischen  Credit  handelt.  Der 
Gläubiger  sichert   sich  oft  die  Nutzung  des  Pfandobjekts  oder  einen  Theü 


Literatui*.  173 

des  Zinsertrags,  bei  kürzeren  Fristen  tritt  dies  Recht  manchmal  erst  nach 
yersSnmter  Bückzahlong  ein.  Zins  and  andere  Nntzung  dienten  in  ein- 
zelnen F&llen  anch  zur  Abzahlung  des  Capitals  (5,  I,  13;  5,  11,  17;  5, 
TI,  2).  Aach  noch  in  anderer  Weise  konnte  der  Gläubiger  auf  das  Pfknd- 
object  Einfluss  nehmen.  Die  Vermiethung  desselben  wurde  von  seiner 
Zustimmung  abhängig  gemacht,  das  Yorkau&recht  wird  ihm  zugestanden, 
ebenso  das  Beoht  zu  offenbar  billigerem  Zinse  auch  nach  der  Bückzahlung 
das  verpfändet  gewesene  Haus  nutzen  zu  dürfen.  Die  Versäumniss  der 
Erstattung  des  Capitals  hatte  mandierlei  Folgen.  Die  häufigste  und 
schwerste  war  der  An&ll  an  den  Gläubiger;  sie  wurde  auch  wirklich  zur 
Geltung  gebracht,  noch  sind  uns  Besitzeinweisungen  dieser  Art  erhalten 
(z.  B.:  2,  J,  37;  2,  III,  19).  Die  Erben  des  P&ndgläubigers  kauften  dann 
den  verfallenen  Besitz  wieder  zurück  (2,  U,  87).  War  Batenzahlung  be- 
dungen, dann  hatte  die  Versäumniss  der  einen  den  Verlust  der  bereits  ein- 
gezahlten zur  Folge.  Der  Schuldner'  haftete  für  die  Verschlechterung  des 
verpfändeten  Gutes,  auch  hier  zog  Versäumniss  den  Anfall  an  den  Gläubiger 
nach  sich  (5,  III,  1),  umgekehrt  schlug  dieser,  wenn  er  in  die  Nutzung 
des  Pfandobjects  eintrat,  alle  auf  seine  Kosten  erfolgte  Besserung  zum  ge- 
liehenen Capital.  Die  TJebereinstimmung  mit  den  bei  der  Erbleihe  üblichen 
Bestimmungen  ist  hervorzuheben. 

Diese  üebersicht,  welche  selbstverständlich  nur  das  Allerwichtigste 
besprechen  konnte,  wird  erkennen  lassen,  wie  grossen  Nutzen  aus  dieser 
Sammlung  die  Geschichte  des  deutschen  Privatrechts  ziehen  wird.  Nicht 
geringer  aber  werden  die  Ergebnisse  sein,  welche  die  Namensforschung,  die 
wissenschaftliche  Topographie  Kölns,  die  (beschichte  seiner  edeln  Bürger- 
geschlechter zu  gewinnen  vermögen.  Eine  Ausbeute  für  die  Kunstgeschichte 
war  bei  diesen  ältesten  Karten  kaum  zu  erwarten,  erst  die  späteren  Bücher 
bieten  auch  für  sie,  wie  van  Merlos  Arbeiten  daigethan,  reiches  Materiale. 

Wien.  Karl  Uhlirz. 


öelakovsk^  Jar.,  Codex  iuris  municipalis  regni  Ho- 
he miae.  TomusI:  Privilegia  civitatum  Pragensium.  Sbirka  pramenu 
prara  möatak^o  kralovstvi  öeskAo.  Dil  L  Privilegia  m^t  Pra^k^^ch. 
Prag  1886.  Im  Verlage  der  Prager  Stadtgemeinde.  Qr.  8».  CLXVI 
u.  811  S. 

Der  durch  seine  rechtsgeschichtlichen,  im  Pr^vnik  und  der  Zeitschrift 
des  böhmischen  Museums  veröffentlichten  Studien  auch  in  weiteren  Kreisen 
bekannte  Herausgeber  legt  uns  den  ersten  Band  einer  grossen  Quellen- 
publication  vor,  welche  die  Bechte  und  Privilegien  der  sämmtlichen  Städte 
Böhmens  umfassen  soll.  Der  erste  Band  bringt  die  Privilegien  der  Prager 
Städte  von  den  ältesten  Zeiten  bis  auf  unsere  Tage.  Der  Herausgeber 
weicht  in  dieser  Beziehung  von  anderen  Editoren,  welche  nur  ältere  Perioden 
berücksichtigen,  ab,  indem  er  von  der  begründeten  Voraussetzung  ausgeht, 
dass  die  Stadtrechte  auch  noch  heutzutage  nicht  ohne  practische  Bedeutung 
und  rechtliche  Geltung  sind,  wie  denn  die  Prager  Stadtgemeinde,  von  ihm 
aufmerksam  gemacht,  das  Heimfallrecht  auf  freivererbliches  Vermögen  und 
das  Eigenthumsrecht  auf  die  Prager  Moldaustrecke  nicht  ohne  Erfolg  geltend 


174  Liteiatnx^ 

zu  machen  wnsste.  Da  di^  PabUcation  die  Bechte  d^  fl»nzen  ^tfidtü^n 
Standes  in  Böhmen  bringen  soll,  sind  zugleich  in  diesem  Bande  die  Landes- 
privilegien,  soweit  sie  die  S14dte  betreffen,  und  diejenigen  iJrkunden  ent* 
halten,  welche  für  alle  Stttdte  Geltung  hatten.  Der  2.  B|^d  soll  die 
Privilegien  der  übrigen  königlichen  Städte,  der  8.  die  der  Berg-  und 
Eammerstädte,  der  4.  der  unterthänigen  Städte,  der  5.  die  Statuten  oder 
Verträge  der  Prager  Gemeinden,  der  6.  je^e  der  übrigen  Stäcite,  äer  7. 
die  Urtheile  und  Belehrungen  des  Prager  Altstädter  Obergerichts^  der  8. 
jene  des  Ma^eburger  und  Leitmeritzer  Oberhofs,  der  9.  der  fahrigen  Ober- 
gerichte,  der  10.  die  Privilegien  und  vrichtigeren  Docum^te  der  Prager 
Zünfte,  der  11.  jene  der  übrigen  Zünfte,  ier  12.  die  städtischen  Bechia« 
bücher,  welche  in  Böhmen  im  Gebrauche  waren,  der  13.  wichtigere  (besetze, 
Verordnungen  und  Entscheidun^n  der  i^rrscher,  der  höheren  Aemter  un4 
Gerichte  in  städtischen  Angelegenheiten,  der  l4.  Varia  enthalte^.  Öela- 
kovsk^  hofft,  das  die  Kräfte  eines  einzelnen  übersteigende  Unternehmen 
mit  Hilfe  vo)i  Localforschem  und  durch  materielle  Unterstützung  der  be- 
treffenden Städte  glücklich  zu  St^de  z]i  bringen.  Die  Prager  Stadtg;emeinde 
gieng  den  übrigen  Städten  mit  gutem  Beispiel  voran,  indem  sie  den  1.  Band 
nicht  nur  im  Selbstverlag  erscheinen  liess,  sondern  auch  die  übrigen  Bände, 
soweit  sie  Prag  betreffen,  zu  Subventioniren  vei^prach ;  auch  das  Unterrichts- 
ministerium unterstützte  das  Unternehmen  zum  Behufe  der  Durchforschung 
einheimischer  und  fremder  Archive  durch  einen  Beitrag.  Wegen  der  OrOsse 
der  Arbeit  musste  sich  der  Herausgeber  auf  das  Stadtrecht  in  Böhmen 
beschränken  und  Mähren,  obgleich  dort  die  Entwicklung  der  Stadtrechte 
analog  vor  sich  gieng,  unbeachtet  lassen. 

Da  die  Publication  in  böhmischer  Sprache  geschrieben  ist»  glaube  ich 
den  Pflichten  eines  Beferenten  dadurch  am  llesten  zu  entsprechen,  daas  ich 
die  gewonnenen  Besultate  i^  Kürz^  wiedergebe. 

In  einer  umständlichen  Einleitung  spricht  der  Herausgeber  zunfichat 
von  der  Entwickelung  des  Stadtrechtes  in  Böhmen  Über- 
haupt Das  einheimische  slaviscbe  Becht  entsprach  den  einfachen  Verhält- 
nissen und  Bedürfnissen  der  ackerbauenden  Bevölkerung,  die  keine  Städte- 
anlagen  kannte.  Von  fiscalischen,  politischen  und  volkswirthschaftlichen 
Gesichtspunkten  geleitet,  riefen  die  Herrscher  des  Landes  deutsche  Colonisteh 
ins  Land  aus  Gegenden,  in  denen  die  Städteverfiassang  schon  entwiekelt 
war.  Das  ihnen  verliehene  Stadtrecht  regelte,  pfl^^  und  sohützl»  die 
Verhältnisse  dieser  Bewohner,  deren  Erwerb  in  Handel,  Gewerbe,  H^n^^erk 
und  Bergbau  bestand,  deren  Existenzbedingungen  daher  viel  oomplicirter, 
mannigfaltiger  und  auch  vorgeschrittener  waren.  Indem  so  die  Herrscher 
eine  jede  Stadt  mit  einem  besonderen  Becht  bewidmeten  oder  dieselbe  auf 
ein  schon  bestehendes  Becht  verwiesen,  legten  sie  den  Grund  zu  einer 
particularistischen  Entwicklung  desselben.  In  den  fOx  mehrere  oder  alle 
Städte  erlassenen  Normen  der  Könige,  in  den  durch  dieselben  Lebens- 
bedingungen erzeugten  identischen  Existenzformen,  in  dem  überwiegenden 
Einfluss  der  grösseren  Städte  des  Landes  (wie  Prag,  Leitmeritz,  Iglaa  und 
Eger,  welche  für  die  übrigen  Städte  Oberhöfe  bildeten)  auf  die  kleineren 
erblickt  man  das  einigende  nivellirende  Band,  welches  zuerst  die  einzelnen 
Städte  zu  Gruppen  (das  süddeutsche  und  das  Magdeburger  Becht)  vereinigt 
und  schliesslich  zu  einem  einheitlichen  Stadtrecht  führt. 


literatar.  175 

Mach    diesen    allgemeinen    firörtenmgen    bespriidit    öelakovsk^    die 
Privilegien  der  einzelnen  Prager  Städte.  Von  den  Prager  Stftdten 
erOffiiet  als  der  älteste  Theil  die  Altstadt  den  Beigen.     Sie  entstand 
unter  Wenzel  I.  (1258)  auf  dem  redhten  Ufer  der  Moldau   in  dar  Prager 
Yorburg   doroh   die   Vereinigung   und   Befestigung   melirerer   Glemeinden, 
deren  üm&ng  und  Name  wahrscheinlich  mit  einzelnen  Pfarrsprengeln  zu-^ 
sammenfällt  und  unter  denen  die  deutsche  (Gemeinde  von  St  Peter   am 
Pahö  und  das  s{Atere  St.  Gallusviertel  die  ältesten  sind.     Die   bisherigen 
Forscher  sahen  das  den  Deutschen  am  Pofiö  von  Sob^law  verliehene  Pri- 
vilegium   (1174 — 1178)   als   Grundlage   des   Altstädter   Bechtes   an   und 
meinten,   dieses  habe   sich   durch   mitgebrachte  Bechtsgewohnheiten  weiter 
entwickelt;  dagegen  glaubt  öelakovsln^  dies  bestreiten  zu  können  und  die 
Verleihung  eines  eigenen  Bechtes  an  die  Altstadt  von  Seite  des  Königs 
annehmen  zu  sollen.    Während  nämlich  das  Soböslaw'sche  Privilegium  der 
Deutschen  am  Pofiö  die  Wahl   des  Bichters  zusichert  und  sie  von  allen 
Lasten  und  Giebigkeiten  befreit,  habe  im  18.  Jahrh.  auf  der  Altstadt  ein 
vom  Könige  ernannter  Bichter  mit  den  ans  der  Bürgerschaft  gewählten 
SchOffeili  auch  die  höhere  Gerichtsbarkeit  ausgeübt,  welche  nach  dem  Sobös- 
law'schen  Privilegium  dran  Könige  reservirt  war.   Die  Altstädter  seien  wol 
freie,  aber  doch  zu  bestimmten  Lasten  und  Giebigkeiten  verpflichtete  Leute 
gewesen;  das  erwähnte  Privilegium  sei  auch  i.  J.  1274  nur  für  die  »Präger 
Deutschen^  von   König  PtonysI  Otakar  U.   confirmirt  worden,    ohne  der 
Altstädter  Bürger  auch  nur  Erwähnung  zu  thun;  wenn  aber  trotzdem  dies 
Privilegium   wieder   und   wieder   erneuert  wurde,    so   hätten   die   Prager 
Deutschen   auch  nach  der  Gründung  der  Altstadt  dies  Vorrecht  behaupten 
wollen,   um  namentlich  in  Kriegszeiten  von  häufigen  Oeldforderungen  des 
Königs  verschont  zu  bleiben;  aber  im  ganzen  hätte  es,  als  schon  veraltet^ 
auch  nach  der  Gonfirmation  nie  gegolten;  diese  Incongruenz  der  faotischen 
Verhältnisse  mit  dem  Soböslaw'schen  Privilegium  lasse  sich  nicht  anders 
erklären  als  durch  die  Annahme»  es  sei  schon  bei  der  Gründung  der  Alt- 
stadt, wie   es   bei  Brunn   und  Iglau   der  Fall  gewesen,   oder  bald  darauf 
vom   Kjömg  derselben  ein  umfiMsenderes  Becht,    in    dem  die    bekannten 
libertates  civium  nicht  gdehli,  verliehen  worden.     Der  Herausgeber  iührt 
für   seine  Ansicht  als  urkundliche  Belege  in*s  Trefifen  das  Diplom  König 
Pfemjsl  Otakars  U.  vom  Jahre  1264  Okt  21,   vermöge  welchen  derselbe 
dem  Städtchen  Hirschbeig  iura  civium  Pragensium  et  libertates,  quas  ha- 
bent  dvitates  et  opida  regni  nostri  verleiht,  und  die  in  einer  Bechtsbelehrung 
aus  dem  Jahre  1888  enthaltene  Notiz,  dass  König  Pfemysl  Otakar  II.  1263 
den  Prager  Privilegien   gab  und  bestätigte^);   er  weist  noch  darauf  hin, 
daas,  da  1807  Znaim  mit  dem  Bechte  der  Präger  Altstadt  bewidmet  wurde, 
diese  selbst  doch  ein  geschriebenes  Becht  gehabt  haben  müsse;  er  nimmt 
daher  ein  verloren  gegangenes  Privü^um  an,   welches  bereits  i.  J.  1871 
unbekannt  war.  Erachteich  mich  auch  nicht  alscompetent  diese  strittige  Frage 
zu  entscheiden,   so  finde  ich  es  doch  nicht  wenig  auffallend,   dass,   wenn 
ein  geschriebenes  Becht  der  Altstadt  existirte,  es  sich  nicht  da  oder  in  einer 


I)  Das  f&r  Eberhard  ausgestellte,  auch  anffsf&hrte  Diplom  v.  J.  1265  Aujg.  25 
■pricht  nur  im  Allgemeiuen  von  jnribus  et  libertatibus,  quibns  aliae  dvitatea 
regni  nostri  soliiae  sunt  gaudere. 


176  Literatur« 

der  mit  ihm  bewidmeten  Stttdte  wie  Znaim,  Neustadt,  Taus  etc.  erhaltfiii, 
oder  dass  die  Stadt  im  Ealle  des  Verlustes  sich  nicht  um  die  Emenemng 
desselben  bemüht  haben  sollte.  Und  schliesslich,  wenn  die  Altstadt  noch 
im  14.  Jahrh.  ohne  geschriebenes  Becht  ihr  Fortkommen  fand,  warum 
hätte  dies  nicht  auch  im  13.  Jahrh.  der  Fall  sein  können? 

Bis  1547  wuchsen  die  Befugnisse  und  Bechte  der  Gemeinde;  der 
König  hatte  blos  Einfluss  auf  die  Einsetzung  der  Schöffen,  wenn  er  im 
Lande  war,  das  Urtheilsrecht  bei  Appellationen,  die  Bewilligung  von  Qe- 
meindeversammlungen,  Schuldenoontrahinmg  und  Anspruch  auf  einige 
Zinsungen;  alle  übrigen  landesfursilichen  Bechte  giengen  an  die  Gemeinde 
über.  Wegen  Anschlusses  an  den  Schmalkaldischen  Bund  wurden  der  Ge- 
meinde 1547  alle  Privilegien  genommen,  nur  23  minder  wichtige  erhielt 
sie  wieder  zurück.  Die  Gemeinde  blieb  wol  ezimirt  von  dem  Einfluss  des 
kgl.  Unterkämmerers,  unterstand  pro  forma  direct  dem  Könige,  in  Wirk- 
lichkeit aber  den  landesfürstlichen  Beamten,  dem  Oberstkanzler  der  könig- 
lichen Eanmier,  dem  Stadthauptmann  und  dem  königlichen  Bichter.  In 
Abwesenheit  des  Königs  setzten  die  königlichen  Bäthe  die  Schöffen  ein, 
dem  Gremeindegericht  präsidirte  der  königliche  Bichter,  der  Stadthauptmann 
übte  die  Polizei  aus  und  hatte  in  Gemeindeversammlungen  die  erste  Stelle; 
die  höhere  Gerichtsbarkeit  wurde  dem  Gtomeindegericht  genommen  und, 
indem  ein  eigenes  Appellationstribunal  geschaffen  wurde,  hörte  der  Alt- 
städter Schöffenhof  auf  für  die  übrigen  städtischen  Gerichte  Obergericht  za 
sein.     Dazu  kam  die  Gonfiscation  fast  aller  Güter. 

Bis  1620  gelang  es  der  Gemeinde  wieder,  die  frühere  Autonomie  zu 
erringen;  aber  Kaiser  Ferdinand  11.  bestätigte  1627  die  Privilegien  nur 
so  weit,  als  sie  mit  der  erneuerten  Landesordnung  nicht  im  Widerspruche 
standen,  und  behielt  sich  das  ins  legis  ferendae  vor. 

Die  Neustadt  wurde  L  J.  1348  von  Karl  IV.  gegründet  und  mit 
dem  Altstädter  Bechte  bedacht,  sie  unterstand  also  direot  dem  König.  Die 
Geschichte  dieser  Gemeinde  ist  mit  Anläufen  zur  Vereinigung  mit  der 
Altstadt  (1867—1377,  1421—24,  1518—28)  und  Ck>mpetenz8treitigkeiten 
zwischen  beiden  ausgefallt,  indem  die  Neustadt  der  Altstadt  das  Becht  der 
Appellation  bestritt  und  die  unmittelbare  Abhängigkeit  vom  Könige  an- 
sixebte.  Schon  1436  setzte  Kaiser  Sigismund  einen  königlichen  Bichter 
ein.  Ferdinand  I.  stellte  1534  das  Appellationsrecht  der  Altstadt  wieder 
her,  bestimmte  aber,  dass  vom  Urtheil  des  Altstädter  Oberhofs  eine  Berufung 
an  ihn  statthaft  sei.  1547  traf  auch  die  Neustadt  dasselbe  Loos  wie  ihre 
Mutterstadt;  von  den  abgelieferten  Privilegien  erhielt  sie  blos  12  zurück. 
Der  einzige  Yortheil  bestand  darin,  dass  das  Becht.  der  unmittelbaren  Ap- 
pellation an  den  König  der  Gkmeinde  zugestanden  wurde. 

Die  Zweitälteste  Stiftung  ist  die  Kleinseite.  König  Pfemysl  Ota* 
kar  II.  gründete  sie  i.  J.  1257,  befestigte  sie  mit  Mauern  und  übergab 
sie  Colonisten  aus  Norddeutschland,  welchen  er  höchst  wahrscheinlich  das 
Magdeburger  Becht  verlieh.  Merkwürdigerweise  hat  sich  auch  diese  StiftungS" 
urkunde  nicht  erhalten.  Die  Einsetzung  der  Schoflen  war  Saohe  des  kOnig* 
liehen  Unterkämmerers.  Der  landesf&rstliche  Bicbter  sass  mit  den  Schöffen 
nicht  nur  zu  Gericht,  sondern  leitete  auch  die  Gemeindeverwaltung.  Wegen 
der  Uebergriffe  des  Ünterkämmerers  bei  der  Einsetzung  der  Schöffen  und 
selbst  in   die   niedere   Gerichtsbarkeit  verfügte   König  Johann  1337,   dass 


litexatnr.  177 

die  HAlfte  der  Schöffen  jährlich  ahEutreten  und  die  Greriohtsbarkeit  der 
Qemeind^erichie  auch  auf  Mord  sich  ta  ersirecken  habe,  sowie  daBS  der 
Unierkftiiimerer  bei  der  fiinaetsang  der  Schöffen  an  den  Yorsdhlag  der 
Bürgerschaft  gebunden  sei.  Wahrscheinlich  bestimmte  schon  die  Gründongs- 
nrkande  den  Sdhöfbnhof  zu  Leitmeritz  als  Obergericht  in  AppeUationssachen. 
König  Wenzel  lY.  verbot  1887  die  Berofong  nach  Magdeburg.  Da  der 
Instanzenzag  nach  Leitmeritz  im  16.  Jahrb..  ganz  aufhörte,  bestimmte 
Ferdinand  L  1547,  dass  die  Appelation  an  ihn  zu  gehen  habe.  In  diesem 
Jahre  verlor  auch  die  Kleinseite  alle  ihre  Privilegien  und  Güter;  von  jenen 
botam  sie  nur  16  Stücke  zurück.  Der  Unterkftmmerer  behielt  noch  weiter 
seinen  Einfluss  auf  die  Einstoung  der  Schöffen  und  die  Gemeindeverwaltung, 
aber  in  diese  griff  der  Stadthauptmann  immer  mehr  ein  und  die  richter- 
liche Gewalt  ging  an  den  königlichen  Bichter  über.  1628  wurde  die 
Kleinaeite  den  zwei  Prager  Stftdten,  Alt-  und  Neustadt,  gleichgestellt  und 
von  dem  Einfluss  des  ünterkftmmerers  befreit. 

An  die  Kleinseite  schliesst  sich  das  St&dtchen  Hradöin  an.  Es  wurde 
wahrscheinlich  unter  König  Johann  von  einem  Prager  Burggrafen  gegründet, 
der  auch  hier  die  Jurisdiction  ausübte  und  die  Schöffen  einsetzte.  Es  galt 
auch  hier  das  Magdeburger  Becht  und  die  Kleinseite  als  Oberhof.  Die 
Bürger  waren  aber  nicht  freie  Leute,  sondern  robot-  und  zinspflichtige 
Unterthanen  der  Prager  Burg.  Budolf  IL  erhob  das  Städtchen  zur  könig- 
lichen Stadt,  entzog  es  der  Botmässigkeit  des  Oberstburggrafen,  indem  er 
es  sich  direct  unterstellte,  uud  verlieh  ihr  1598  die  Bechte  der  übrigen 
Freistftdte.  Von  der  Verpflichtung  zum  Wachdienst  bei  der  Daliborka  und 
der  Heumahd  wurden  die  Bürger  erst  1628  befreit  Leopold  L  unterstellte 
Hraddin  in  politischen  und  militärischen  Dingen  der  Kleinseite,  in  Ge- 
meindeangelegenheiten  aber  dem  Dnterkämmerer.  1754  ward  Hraddin 
endlich  zur  4.  Prager  Stadt  erhoben. 

Josef  n.  decretirte  1783  eine  allgemeine  Gerichtsorganisation  mit  eineo 
einzigen  Appellationsinstanz  und  vereinigte  schliesslich  1784  die  4  Städtr 
zu  einer  einzigen  Gemeinde  Prag.  Der  Herausgeber  verfolgt  die  weiteren 
Schieksale  der  Stadt  bis  zur  Eingliederung  der  ursprünglichen  jüdischen 
Cultusgemeinde  Josefrtadt  als  5.  Stadttheil  (1850),  zur  Bildung  des  frei- 
gewfthlten  Gemeinderathes,  dem  Anschlüsse  von  Vydehrad  und  Holedovic- 
Bnbna  und  erörtert  die  Frage,  welche  von  den  bestätigten  Privilegien  noch 
in  Geltung  sind. 

Im  letzten  Abschnitte  bespricht  Celakovsk^  die  Grundsätze  der 
Edition,  die  Urkunden  und  handschriftlichen  Quellen.  Die 
Grundlage  der  Publication  bildet  eine  Privilegiensammlung  im  Prager 
Stadtarchiv ;  leider  existiren  nur  die  Altstädter  Privilegien  in  der  Urschrift;, 
während  die  übrigen  Stadttheile  ihre  Bechte  und  Freiheiten  nur  abschrift- 
lich besitzen.  Ein  besonderes  Augenmerk  widmete  der  Herausgeber  der 
Auffindung  der  i.  J.  1547  abgelieferten  Urkunden,  aber  ohne  Erfolg;  sie 
scheinen  vernichtet  worden  zu  sein.  Er  musste  sich  mit  anigeiundenen 
Copien  begnügen.  Beiche  Ausbeute  gewährten  endlich  alte  Stadtbücher, 
an  der  Zahl  18;  das  älteste  Manuscript  ist  das  Altstadter  Stadtbuc|;L  aus 
dem  Jahre  1810,  das  Zweitälteste  stammt  aus  der  Zeit  Kaiser  Karls  17. 
Bei  dieser  mangelhaften  und  vielfach  incorrecten  Ueberlieferung  war  die 
Teztherstellung  nicht  ohne  Schwierigkeit.     Der  Herausgeber  druckt  Intei- 

imtiwaiisftti  vu.  18 


178  Literatar. 

niaehe  und  dentadhe  OrigimliirkuflidaiL  ad  liieram  ab ;  nur  die  InteqNUtetion 
und  der  Qebvanch  der  grossen  und  kleinen  Buchstaben  —  in  deutaehm 
Stücken  sind  nur  die  Eigennamen  mit  grossen  Anfangsbuohstaben  ausge- 
zeichnet —  werden  nach  modernen  Prindpien  geregelt.  Dagegen  worden 
die  meist  ans  späterer  Zeit  stammenden  böbmischeD  Urkunden  nur  trans- 
scribirt  wiedergegeben.  Copien  werden  nach  Alter  und  Werth  geprüft,  die 
als  best  befundene  Abschrift  wird  zur  Grundlage  der  Edition  genommen 
und  von  den  übrigen  Exemplaren  werden  die  wichtigsten  Varianten  unter 
dem  Strich  mitgetheilt.  Ich  erwfthne  schliesslich  noch,  dass  uns  der  Heraus- 
geber über  den  Aufbewahrungsort  einer  jeden  Urkunde  und  ihr  Schiokaal 
genau  unterrichtet,  sowie  dass  ein  sorgfältiges  Personen*,  Orts«  und  Sachen- 
register  die  Benützung  des  Buohes  erleichtert;  CelakDysk;f  hat  also  doi 
heutigen  Anforderungen  einer  Quellenpublication  Genüge  gethan. 

Franz  Mared. 

Fritz  Johannes,  Das^Territorium  des  Bisthams  Strass- 
bürg  um  die  Mitte  des  XIY.  Jahrhunderts  und  seine  Ge- 
schichte. Mit  einer  Specialkarte«  Inauguraldissertation  zur  Erlangung 
der  philosophischen  Doctorwürde  an  der  Kaiser- WilhdimB-UniTeraitat 
Strassburg.   Strassburg,  Heitz  &  Mündel,  1885.  80.  224  SS.  (6,50  Mark.) 

Das  Stiefkind  unserer  historischen  Forschung  ist  bis  heute  noch  die 
historische  Geographie.  Wol  hat  man  sich  dem  Studium  der  Gaugrenzen 
und  Bisthumseintheilungen  zugewendet,  aber  für  die  späteren  Zeiten  des 
Mittelalters  ist  das  Feld  noch  &st  ungebrochen ;  für  die  Zeit  der  Ausbildung 
der  Terriiorialhoheit  ist  bislang  fast  nichts  geschehen.  Es  hiesse  nun  freilidi 
etwas  Unmögliches  versuchen,  wenn  man  von  einem  beliebigen  Lande  den 
Znstand  z.  B.  um  das  Jahr  1850  aus  Urkunden  herstellen  wollte.  So  mag 
es  kommen,  dass  Richter  seine  ausserordentlich  verdienstlichen  Untersuchungen 
über  das  ehemalige  Hochstift  Salzburg  (Ergänzungsband  I  zu  dieser  Zeit- 
schrift) schliesslich  auf  die  Feststellung  der  Gerichtsbezirksgrenzen  beschrftnkte. 
Ich  stimme  seinen  Ausführungen  über  den  möglichen  Umfisuig  und  Aus- 
dehnung der  mittelalterlichen  Geographie  zwar  im  wesentlichen  bei,  aber 
ganz  so  resignirt  wie  er  bin  ich  nicht.  Abgesehen  von  seinem  Yeriangen 
nach  Beigabe  von  Karten  zu  bestimmten  Quellenwerken,  wie  es  in  den 
Quellen  zur  Schweizer  Geschichte  geschieht,  die  uns  den  Wirkungskreis  eines 
Klosters  oder  Stiftes  darstellen,  glaubt  Bichter  die  Ziele  der  historischen 
Kartographie  auf  die  Darstellung  der  Gerichtsgrenzen  beschränken  zu  müasen. 
In  allen  Theilen  Deutschlands  —  nicht  einmal  in  der  grösseren  Hfilfte 
—  wird  es  wol  nicht  möglich  sein  mehr  zu  erreichen,  wol  aber  in  einer 
Beihe  von  Territorien,  in  denen  ein  besseres  Quellenmaterial  vorliegt  als 
für  Salzburg.  Für  diejenigen  Gebiete,  aus  denen  uns  die  alten  Urbare 
und  Lehensbücher  erhalten  sind  —  und  das  sind  gerade  im  Süden  die 
wichtigsten,  Oesterreich,  Bayern,  die  habsburgischen  Stanunlande  —  ist  ee 
möglich  genau  den  Umfang  der  Hoheits-  und  Eigenthumsnechte  karte- 
gn^hisch  darzustellen,  den  die  Urbare  ja  Ort  für  Ort  angeben.  Das  ist 
bisher  nicht  geschdien  und  muss  geschehen,  soll  nioht  die  historische 
Geographie,  vrie  sie  das  heute  noch  ist,  eine  sehr  leichtfertige  Tochter  der 


Literatur.  179 

GMoUebte  bleiben.  Wer  einigermassen  mit  der  Qesdüchte  Süddeatschlandg 
vertraat  ist,  der  wird  immer  mit  8ohreckeii  die  Territorialkarten  des  Spniner- 
lfttneke*8Qheii  Atlasses  betraohten  und  Fehler  neben  Fehler,  Hypothesen  neben 
Hypothesen  finden.  loh  will  damit  keinen  Torwarf  gegen  dieses  Werk  er- 
heben; die  Fehler  liessen  sich  nicht  vermeiden,  wenn  man  nicht  dessen 
FertigsteUung  allzn  lange  hinausschieben  wollte. 

Ein  glüoklicher  Zofidl  brachte  vor  wenigen  Jahren  im  Bezirksarohiv 
des  ünterelsasses  das  Urbarbach  des  Strassbarger  Bisthams  zom  Vorschein, 
deasen  ich  in  dieser  Zeitsohrifb  ErwShnang  that,  and  heute  liegt  uns  nan 
die  historische  Beorbeitang  desselben  vor.  Diesmal  ist  der  Edition  die  Be- 
arbeitang  vorausgeeilt. 

Frita'ens  Arbttt  erhebt  sich  weit  über  das  Darohschnittsmass  der 
Dianriationen,  nicht  leicht  ist  von  einem  Stodirenden  eine  annähernd  so 
sdiweie  and  complidrte  Aafgabe  in  Angriff  genommen  and  gleich  tüchtig 
dorehgeführt  worden,  als  es  hier  der  Fall  ist.  Historisch-topographische 
Arbeiten  sind  immer  dem  am  leichtesten,  der  die  Geschichte  eines  Landes 
kennt  and  in  ihm  aufgewachsen  isi  Beides  ist  bei  dem  Terf.  nicht  der 
FUL  Es  würde  leicht  anbillig  erscheinen,  wenn  ein  Aelterer  da  in 
nörgelndem  Tone  die  Fehler  auflesen  wollte;  wenn  ich  gleich wol  eingehend 
meiae  Coiiecturen  anbringe,  so  weiss  der  Yerf.  wol,  wie  hoch  ich  seine 
Arbeit  sdhAtze. 

Die  feste  Basis,  ohne  welche  es  unmöglich  wäre  die  Arbeit  zu  unter- 
nehmen, bot  das  erwähnte  Urbarbuch  von  1351  bis  1858;  von  hier  aus 
war  es  müglich,  rückwärts  die  Verbindung  mit  dem  Üteren  urkundlichen 
Material  anzaatoben.  Leider  hat  aber  die  Strassbarger  Kirche  in  der 
älteren  Zeit  kein  ausgebildetes  Urkundenwesen  gehabt,  ältere  Traditions- 
bodier  usw.  sind  uns  nicht  erhalten;  aber  das  steht  der  Arbeit  doch  nicht 
so  hinderlich  im  Wege,  da  erst  im  12.,  13.  und  14.  Jahrhundert  die 
Biadiüfe  den  grOaseren  Theü  ihres  Territoriums  erwarben.  Eine  Verfolgung 
der  weiteren  Entwicklung  nach  1350  war  nicht  die  Absicht  des  Verf.;  für 
die  Zeit  von  1648  ab  liegen  ja  auch  die  vortre£flidien  Karten  von  Kirchner 
vor,  so  dass  nicht  leidit  mehr  die  historische  Kartographie  eines  Landes 
die  des  botitscheokigen  Elsasses  übertrifft 

Das   Urbarbuch   hält   der  Verf.   far   eine   Abschrift   eines   älteren 
OrigiBals,    das   mindestens   auf  die   ersten   Begierongqahre   Johanns   von 
(1806  '  28)  zurückgeht   In  dieser  Fassung  kann  ich  das  Urtheil 

f&r  richtig  ansehen.  Es  hat  auf  Grundlage  des  Johanneischen  Urbar- 
boches  Bischof  Berthold  von  Buoheok  (1328 — 1858)  ein  neues  anlegen 
laasen,  wobei  ans  dem  älteren  auch  nicht  mehr  zutreffende  Verweise  herüber- 
genommen  wurden.  Als  den  Verfasser  hat  eine  Fritz  unbekannt  gebliebene 
Diaaertation  des  vorigen  Jahrhunderts,  welche  bereits  dieses  Urbarbuch  be- 
hsndelte,  den  Chronisten  Cloeener  bezeichnet,  ohne  Beweise  dafür  vorzu- 
bringen. &  Itesi  skh  auch  lediglich  dafür  nur  die  Gleichzeitigkeit  anführen. 
VgL  Johannes  Fraatz  in  der  Dissertation:  Feudorum  ambachtae  in  Alsatia 
porimae  lineae.  Arg.  1787.  S.  6:  »jussu  Bertholdi  episcopi  a  Friderioo 
Cloaneio  preabitero  Argentinensi  et  chori  mi^oris  praebendario  descripta 
sunt*. 

Für  die  Fritz*8ohe  Untersochung  bildet  die  Hauptgrundlage  der  erete 
Tbeily  das  eigentliche  Urbar,  das  District  fiir  District,  Ort  für  Ort  die  bez. 

18* 


180  literator. 

EäiUünfto  aaffü}irt>  leider  aber  dem  GeriehisweBen  nicht ^, 

wie  das  habeburgische  Urbarbuch.  Für  die  Lebensverbftltnisse  bot  das 
alpbabetiaoh  geordnete  Yerzeiohnis  der  Lebensinhaber  eine  reiche  QaeUe. 
Sind  schon  in  das  Urbarbueh  selbst  einzelne  XJrkonden  aa%enommen|  so 
hat  doch  der  Yerfiisser  inr  seine  Zwedce  hat  das  ganze  Bezirksarebiv  des 
Unterelaasses  durcbgearbeitet»  wenn  auch  lange  nicht  alles,  was  der  Ver- 
fasser nach  dem  Lagerort  im  Archiv  dtirt,  nngedmckt  ist  Es  ist  also  die 
denkbarst  weiteste  Gnindlage  für  die  Arbeit  genommen;  nnr  hätte  etwa 
noch  einen  kleinen  Beitrag  die  Donaoesohinger  Handschrift  Nr.  512,  über 
fratnun  Argentinensiam  geben  können.  Er  gibt  hie  und  da  Zengniss  für 
den  bischoflichen  Grundbesitz  und  enthält  ein  Yerzeichniss  der  Lehen  der 
Domherrn  (feoda  claostralia).  Der  Vert  hat  die  Geschichte  des  Domkapitels- 
gntes  ganz  nnberooksichtigt  gelassen  and  das  scheint  mir  denn  doeh  ein 
Mangel  zu  sein.  Domkapitels-  wie  Bisthnmsgat  gehen  ans  der  gemain- 
sdhaftüchen  Wurzel  des  ältesten  Grandbesitzes  hervor. 

In  der  Litezatarbenützang  ist  leider  von  der  rechtsrheinischen  vieles 
übersehen.  Hätte  der  Verf.  das  Fürstenbeiigiscbe  Urkondenbach  benützt» 
so  würde  er  nicht  die  drei  Orte  Allmendshofen,  Eimbarg  und  Töhrenbadi 
vom  Erdboden  vertilgt  haben  (S.  148),  von  denen  letztere  z.  B.  heate  noch 
eine  Stadt  ist;  er  würde  die  kleine  Barg  Fürsteneck  nidit  zar  Stammbarg 
der  Eürstenberger  gemacht  haben,  die  erst  1286  ihnen  vom  Beiche  sa 
Lehen  gegeben  warde;  im  18.  Jahrhundert  nicht  einen  deutschen  Grafen 
auf  den  Namen  Ferdinand  getauft  haben.  Er  hätte  dort  für  die  Lehens- 
orte Herbolzheim  und  Herdem  bei  Freiburg  wichtiges  Material  gefunden. 
Die  Geschichte  der  rechtsrheinischen  Strassburgischen  Besitzungen  würde 
durch  Benützung  der  Biezler*8chen  Geschichte  des  Hauses  Fürstenberg  wesent^ 
lieh  gewonnen  haben;  eine  genauere  Karte  Badens,  nicht  einmal  die  neue 
im  Maassstab  Vasoooy  ^^^  ^^  gezeigt,  dass  eine  Beihe  von  Namen  des 
Bezirkes  Ettenheim  Flurnamen  sind.  Aus  Baumanns  Gaugrafschaften  im 
Wirtembergischen  Schwaben  hätte  sich  die  wahre  Grenze  zwischen  Ortenau 
und  der  Grafschaft  Sulz  ergeben.  Ein  badisches  Ortslexikon  würde  gezeigt 
haben,  dass  ein  Kloster  zu  Altdorf  bei  Ettenheim  nie  bestanden.  Auch 
für  die  Darstellung  der  Streitigkeiten  zwischen  den  Bischöfen,  denr  lotsten 
Zähringer  und  Friedrich  IL  über  die  Besitzungen  des  letzten  Grafen  von 
Nimburg  wäre  es  von  Nutzen  gewesen,  wenn  dem  Yerfiisser  die  Unter- 
suchungen von  Werkmann  und  Bader  im  Freiburger  Diöoeean-'Ardiiv 
Band  X  bekannt  gewesen  wären ;  schwerlich  würde  er  dann  mit  dem  An- 
kauf dieser  Besitzung  dieUebertragung  derGra&chaft  im  Breisgau  von  1077 
in  Verbindung  gebracht,  den  Besitzungen  der  Strassburger  Kirche  eine  Aus- 
dehnung gegeben  haben,  die  sie  nicht  besassen.  Auch  far  die  üebertr»- 
gung  von  Kyburg  u.  s.  w.  seitens  Grafen  Hartmanns  an  die  Strassburger 
Kirche  von  1244  ist  dem  Yerf.  die  neuere  Literatur  unbekannt  geblieben. 
Aber  damit  habe  ich  die  schwächste  Seite  der  Arbeit  hervorgehoben,  Uk 
habe  die  Mängel  so  scharf  gezeichnet,  um  zu  zeigen,  dass  mein  ürtheil 
nicht  für  den  Yerfiuser  einseitig  befimgen  ist 

Die  gerügten  Mängel  einer  mangelhaften  Benutzung  der  Idterato^ 
treflfen  nicht  zu  für  die  elsässischen  Theile.  Im  Elsass  ist  der  TerfeissiBr 
ganz  zu  Hause  und  dort  liegt  auch  der  Schwerpunkt  seiner  Arbeit 

Das  bischöfliche  Territorium   ist   aus  kleinen  Anfängen  im   12.  and 


literaiur.  181 

18.  Jalirhandert  weniger  durch  Schenkongen  und  Kauf  als  dnroh  eine  ziel- 
bewusste  Politik  der  Bibchöfe,  die  sich  Yon  der  Last  der  Yogteien  loszu- 
machen,  die  absterbenden  Eaxnilien  auszunützen  bestrebten,  und  durch 
einen  geschickten  Widerstand  gegen  die  Staufer  zu  grosser  Bedeutung  ge- 
langt erst  im  14.  Jahrhundert  nach  dem  schweren  Bückschlag,  den  die 
Schlacht  bei  Hausbergen  1262  zeigt,  wird  durch  Kauf  eine  Arrondierung  er- 
8trebi>  bis  im  Jahre  1350  eine  Herrschail  von  der  GrOsse  des  heutigen  Herzog- 
thums  Sachsen- Altenburg  zusammen  gekommen  war.  Gerade  dieser  per- 
manente Widerstreit  mit  den  staufischen  Interessen,  der  zu  zahlreichen 
Kftmpfißn  führte,  der  Antheil  an  sftmmtlichen  Erbfolgekriegen  der  ober- 
rh^inisöhen  Tiefebene  erheben  die  Arbeit  zu  einem  wichtigen  Beitrag  zur 
Beichs^eschiohte.  Freys  Buch:  Die  Schicksale  des  königlichen  Gutes  in 
Deutschland  unter  den  letzten  Staufern  seit  König  Philipp,  wird  in  allen 
elsBssisohen  Birtien  weit  überholt.  Tor  allem  nach  vier  Seiten  hin  kommt 
die  Ausdehnung  des  bischöflichen  Territoriums  mit  der  Beichsgeschichte  in 
Gontakt:  in  der  Erwerbung  des  alten  Grafschaftsgutes  des  Nordgaues;  in 
dem  Anttieil  an  der  Dsgsburg-Egisheimer  Erbschaft;  in  den  Verhandlungen 
-mit  den  Staufem  und  schliesslich  in  den  Beziehungen  zu  den  Habsburgem. 

Viel  Kopfzerbrechens  hat  man  sich  bislang  die  Erklttrung  der  Graf- 
fichaftsdörfer  kosten  lassen,  eine  besondere  Grafschaft  hat  man  oonstruirt 
tmd  andere  ErklArungsversuche  gemacht.  Fritz  hat  die  Vermuthung  auf- 
gestellt^ dass  die  Dörfer  das  Grafschaftsgut  der  grossen  Landgrafedhaft  Unter- 
elflass  darstellen.  Bechte  habe  dann  die  Strassburger  Kirche  darauf  wol 
erworben  in  der 'Zeit  vom  1175  bis  1197,  in  der  wir  keinen  Landgrafen 
nachweisen  können,  sondern  wissen,  dass  die  Grafechaft  wenigstens  eine 
Zeit  lang  beim  Beiche  selbst  behalten  wurde.  Dieser  ansprechenden  Hypothese 
kann  ich  nur  zustimmen,  aber  ergftnzend  noch  hinzufügen,  dass  wohl  die 
Erwerbung  der  Bechte  in  die  Zeit  des  Bischöfe  Konrad  von  Huneburg  fll90 
bis  1202)  itillt,  der  mit  Heinrich  VI.  eng  verbunden  war  und  dem  Hause 
angehörte,  dem  der  letzte  alte  Landgraf  Gottfried  entstammte.  Yon  diesem 
heÄssb  es,  qui  domicilium  habebat  apud  Huneburch.  Würdtwein  Nova 
sabe.  dipl.  X,  60.  Es  mag  also  sein,  dass  Friedrich  L  die  Grafechaft  nach 
Gottfrieds  Tode  einbehielt,  vielleicht  ihm  sogar  nahm,  an  dem  Grafechafts- 
gnte  aber  dem  Bisthume  gewisse  Bechte  einräumte.  Vielleicht  ist  darin 
eine  Entschädigung  für  die  dem  Bisthum  1191  gemachte,  1192  aber  zurück- 
ftenammene  Schenkung  der  Beichsabtei  Erstein  zu  sehen.  Ygl.  Urkunde 
Heinrichs  TL.  von  1192  März  4.     Strassburger  Urkundenbuch  I,  106. 

Es  sind  also  nicht  Grafechaftsrechte,  nicht  Hochgerichte,  durch  deren 
Erwerb  das  Bisthum  sein  Territorium  vergrösserte,  sondern  Eigenthums- 
reehte  und  niedere  Gerichtsbarkeit,  welche  das  Fundament  der  späteren 
lAndeshoheit  bilden.  Ich  betone  das  hier  mit  aller  Schärfe,  da  in  jüngster 
Zeit  R  Bichter  in  der  angeführten  Arbeit  die  Quelle  der  späteren  Landes- 
hoheit in  dem  Besitz  der  hohen,  der  Grafengerichtsbarkeit  gesucht  und  für 
Salzburg  auch  nachgewiesen  hat.  Für  Bayern  erkenne  ich  die  Bichtigkeit 
dieses  ]&gebni8ses  an;  sobald  man  aber  nach  Oberschwaben  kommt,  dreht 
aich  das  Verhältniss  um,  obwol  dort  die  alte  Gerichtsverfassung  noch  ver- 
liftltnissmässig  lange  bestand;  im  Elsass  ist  vollends  der  Besitz  der  Grafen- 
gmehtsbarkeit  ohne  jede  Bedeutung  fär  die  Entwicklung  der  Landeshoheit 
gewesen.     Bei  allen  verfassungsrechtlichen  Untersuchungen  ist  es  dringend 


182  Literatur. 

ncth wendig  aaf  die  StammesiinterBchiede  Obaoht  zu  haben;  eine  glftjfihmfcwige 
Entwicklung  über  das  ganze  deutsche  Gebiet  hinweg  hat  es  nichtge- 
geben.  In  der  obenerwähnten  Urkunde  Heinrichs  VI.  wird  der  Schenkiuig 
des  allodium  nostrum  speziale  Milzeche  in  Metensi  episoopatu  sitnm  gedaehi» 
wo  Fritz  in  den  Berichtigungen  Milzeche  richtig  als  Mulzey  bai  Dieoze  er- 
klärt^ Fritz  hat  übersehen,  dass  vorher  schon  nicht  allein  Otto  UI.  sondern 
schon  Karl  der  dicke  aus  diesem  Ort  der  Straasburger  Kirche  schenkte,  was 
bislang,  soweit  ich  sehe,  von  allen  Forschem  unbeachtet  geblieben  ist  In 
dem  ca.  4180  geschriebenen  Anniversarienbuch  des  Strassbnrger  Domkapitels 
heisst  es  unter  dem  18.  Januar:  »Earolus  imperator  obüt»  de  Mikäoha 
plenum  seruitium  et  in  medio  Maio  deferentur  ad  cellarium  iratrum  10  modii 
salis  et  in  Nouenbre  similiter,  insuper  libras  sex  Metensis  monete.^ 

Die  Darstellung  des  Dagsburg-Egisheimer  Erbschaftstreites»  der  1228 
zur  Schlacht  bei  Blodelsbeim,  1229  zur  Belagerung  Strassbuigs  durch 
Heinrich  YII.  ffthrte,  legt  die  oompliderten  Verhandlungen  und  EBmpfe 
klar  zu  Tage.  Von  noch  hervorragenderem  Innterresse  Ar  die  Beichqgnv- 
schichte  ist  der  Streit  um  die  Strassburger  Eirehenlehen  der  ßtanfer,  der 
mit  dem  Jahre  1196  beginnt,  um  erst  1308  definitiv  beigelegt  zu  werden, 
nachdem  der  Handel  sich  auch  auf  staufisehes  Allodialgut  ausgedehnt  hatte. 

Die  ältesten  Beziehungen  der  Habsbuiiger  gehen  auf  die  Zeiten  Bisdiof 
Wemhers  I.  zurück  (1002  —  1027).  In  meinen  Habsburger  Studien  I  habe  ich 
gezeigt,  dass  dieser  wirklich  ein  Habsburger  war  und  dass  dem  Chron.  Ebero- 
heimense,  das  von  Beraubung  des  Klosters  durch  Wemher  uud  seinen 
Bruder  Badbot  erzfthlt,  doch  mehr  Glauben  beizumessen  ist,  als  bislang 
geschah.  Auch  Fritz  ist  dazu  geneigt  und  regt  abermals  die  PrüAiag  der 
Urkundenftlschung  dieses  Klosters  an.  Sein  Zweifel,  ob  in  diesen  Berichten 
Wemher  L  oder  IL  gemeint  sei,  ist  durch  nichts  begründet.  Später  haben 
dann  die  Habsburger  die  Yogtei  über  die  in  ihrer  Grafschaft  gelegenen  Be- 
sitzungen der  Strassburger  Kirche,  das  Mundat  Bufach,  erworben.  Vis  Budolf 
1269  seine  Bechte  gegen  Erwerbungen  im  Albreohtsthal  au%ab.  Unter 
Friedrich  dem  Schönen  hat  Bischof  Johann  L  von  Dirbheim  den  Versuch 
gemnoht»  dieses  ganze  Thal,  das  an  den  grossen  habsbuigischen  Banqoier 
Heinrich  von  Mülnheim  verpfibidet  war,  für  seine  Kirche  zu  erwerben; 
die  bezügliche  Darstellung  bei  Fritz  musste  so  verwirrt  werden»  weil  er 
von  der  auf  die  notae  historicae  Argentinenses  fussenden  VoraossetsaBg 
aufigieng,  auch  Heinrich  von  Mülnheim  sei  Anhänger  Ludwigs  des  Bayern 
gewesen,  während  er  doch  der  Banquier  Friedrichs  des  Schönen  war,  wie 
Fritz  aus  dem  dritten  Band  des  Strassburger  ürknndsnbuches  hätte  ersehen 
können.  Entgangen  ist  auch  dem  Verlasser,  dass  im  hababurgisolv-öeterr. 
ürbarbuch  von  1808  (BibL  des  lit.  Ver.  Band  XIX),  Ensisheim,  der  spAtoe 
Mittelpunkt  der  österreichischen  Vorlande,  als  Strassburger  Lehen  beseidmet 
ist;  im  Berthold*schen  Urbarbuch  ist  seiner  freilich  keine  Erwähnnag 
geschehen.     Auch  die  bez.  Angaben  über  Embrach  übersah  dar  Vert 

Besondere  Schwierigkeiten  bot  dem  Verfisaser  die  Bestimmung  der 
Ortschaften,  deren  vielleicht  300  im  Ufbarbuch  erwähnt  sind.  Wenn  ich 
auch  nicht  überall  einverstanden  bin,  so  sind  doch  die  weitaus  aeiaten 
Bestimmungen  im  Elsass  richtig  und  damit  ftb:  dis  Dopogrsphia  d#8  üadse 
ein  gutes  Stück  Arbeit  gethaa.  Einen  von  Grandidier  durch  Weiland 
und  Schricker  übernommenen  Irrthum,   als  sei  Species  in   der  geflUacUen 


literatnr.  IgS 

ürkimde  König  Dagoberte  von  662  2.  April  di9  Boxg  Spfisbiug  wizd  ri«hidg 
dahin  oorrigirt»  dass  damit  Spiez  am  Thimer  See  gemeint  ist  Dooh  ist  der 
oondtatna  Bazgensis  nicht  ein  Theil  des  Aargaues. 

Die  beigegebene  lithographirte  Sparte  im  Maassstab  1 :  820.000  onter- 
«dieidet  zwichen  dem  Allodialbesitz,  Lehensgat  und  dann  wieder  in  ver- 
schiedenen Abstafixngen,  ob  es  sich  nur  mn  Theilbesitz  bez.  Theilbelehnnng 
handelt.  Es  gibt  femer  die  Grenzen  der  einzelnen  Yerwaltongsbezirkey  die 
Lage  der  Bnrgen  o.  b.  w.  an,  so  dass  ich  nicht  anstehe,  sie  als  ein  Master 
för  Detailkarten  zor  Geschichte  des  Mittelalters  za  bezeichnen,  die  sich  der 
▼ortrefiPlichen  Siezler-Baomann'schen  Karte  der  Förstenbergisohen  Lande  an 
die  Seite  stellen  darf,  wenn  sie  anoih  schon  bescheidener  ausgestattet  un* 
coloriert  nnd  anf  lithographischem  Wege  beigestellt  auf  den  ersten  Blick 
dagegen  abfilUl  Nicht  ge&llen  will  es  mir,  dass  bald  die  moderne,  bald 
eine  mittelalterliche  Foim  der  Ortenamen  gewählt  ist  Anch  im  Texte 
wiederholt  sich  das,  der  dazu  leider  durch  eine  grosse  Zahl  von  Druck- 
fehlem,  Verschiebungen  der  Anmeikungen  u.  s.  w.  enteteilt  ist  Trete  der 
Sprödigkeit  des  Stoffes  ist  es  dem  Verfiisser  gelungen  eine  ziemlich  gelfiufige 
Darstellung  bez.  Unteräuchung  zu  geben. 

Ein  Anhang  gibt  eine  üebersicht  über  die  Hoheite-  und  Besiterechte 
sowie  die  Einkünfte  des  Bischofs  innerhalb  des  bischoflichen  Territoriums, 
ein  zweiter  behandelt  in  Kürze  nicht  <$hne  Fehler  in  der  Auffassung  des 
Boigmanneninstitutes  die  bischöflichen  Burgen,  eine  Schlussbemerkung  ist 
dem  derzeitigen  (1850)  Stand  der  bischöflichen  Einkünfte  gewidmet.  Auf 
dieee  Theile  will  ich  hier  nicht  n&her  eingehen,  da  ich  in  einem  bereite 
seit  Iftngerer  Zeit  abgeschlossenen  Aufsate  über  die  Verwaltung  der  habs- 
burgischen  Lande  im  Elsass  diese  Verhältnisse  näher  berühre  und  vielleicht 
noch  nachtrSglich  für  einige  Aubeinandersetzungen  mit  Frite'schen  An- 
Behauungen Plate  finde.  Auch  diese  leteten  Theile  sind  sehr  dankenswerth, 
erregen  aber  aufs  Lebhafteste  den  Wunsch  das  ganze  ürbarbuch  selbst 
durcharbeiten  zu  können.  Im  Elsass  selbst  wird  schwerlich  ein  Verleger 
den  Druck  desselben  wagen,  ich  glaube  aber  dass  der  literarische  Verein 
in  Stuttgart  in  der  Publikation  desselben  sich  eine  dankbare  Aufgabe  stellen 
konnte;    zumal  ein  tüchtiger  Bearbeiter  in  Frite  sink  von  selbst  darbietet 

Karlsruhe.  Alojs  Schulte. 

Bruder  Adolf,  Dr.  jar.,  Custos,  Studien  über  die  Finanz- 
politik Herzog  Budolfs  IV.  von  Oesterreich  (1358 — 1865). 
Mit  Benützung  zweier  ungedruckter  Gutachten  des  XIV.  Jahrhunderte. 
Innsbruck,  1886,  Wagner  (VIII,  132  S.  S«). 

Die  Veranlassung  zu  vorliegender  Arbeit  war  ein  ungedrucktes  Gut- 
achten des  berühmten  Theologen  Heinrich  Langenstein  aus  Hessen,  seit 
1383  Professor  in  Wien,  über  das  Bentenablösungsgesete  H.  Budol&  IV. 
(welches  Gutachten  nach  den  Ausführungen  Bruders  in  den  Jahren  1394 
bis  An&ngs  1397  abgefasst  sein  dürfte),  wodurch  die  Aufmerksamkeit  des 
Verf.  audi  auf  eine  kurz  vorher  geschriebene  Abhandlung  des  Juristen 
Johann  Beutter  und  spätere  Gutechten  der  Stadt  Wien. und  des  Gardinais 
Philastrius  gelenkt  wurde.     Der  Titel  erklärt  sich  dadurch,  dass  der  Verf. 


]g4  Literatur. 

dieses  Gesetz  wie  andere  Verordnungen  niobt  so  sehr  durch  national- 
ökonomische, als  vielmehr  durch  finanzielle  Motive,  durch  das  Streben,  die 
Steuerkraft  der   landesfürstlichen   Stftdte   zu  heben,    veranlasst  sein  Itat. 

Ehe  der  Verf.  die  Gesetze  Rudolfs  IV.  selbst  bespricht,  untersucht  er  ein- 
gehend, freilich  nicht  auf  Grund  neuer  Ueberprüfung  des  urkundlichen 
Materials,  aber  mit  um&ssender  Benützung  der  ausserordentlich  reich- 
haltigen juridischen  und  national-ökonomischen  Literatur,  die  mittelalter^ 
liehe  H&userbelastung,  Erbleihe  und  Bentenkauf  und  die  Begriffe  Burg- 
recht, Grundrecht,  Ueberzins  und  dergl.  An  die  Erörterung  der  Verord- 
nungen Budolfs  IV.  fügt  der  Verf.  Auszüge  aus  den  oben  erw&hnten 
Gutachten  und  schliesst  mit  einer  üebersicht  über  spätere  verwandte  Ge- 
setze besonders  in  Oesterreich  bis  in  die  neuere  Zeit 

So  sehr  Bef.  die  Gelehrsamkeit  des  Ver£  anerkennt,  muss  er  doch  in 
einem  wichtigen  Punkte  von  ihm  abweichen,  in  der  Baurtheilung  der 
Gesetze  Budolfs  IV.  über  die  Ablösung  der  Beuten  und  Grundzinse  in 
Wien  und  anderen  landesfärstliohen  Stttdten.  Der  Herzog  hat  darin  ver^ 
ordnet,  dass  die  Ablösungssumme  das  Achtfache  der  jährlichen  Abgaben 
betragen  sollte.  Bef.  hat  in  seiner  »Geschichte  des  H.  Budolf  IV.*  S.  122 
auf  Grund  urkundlicher  Untersuchungen  sich  dahin  geäussert,  dass  dies 
auch  ungefllhr  dem  damaligen  Bentenpreise  (von  Häusern  in  den  öster- 
reichischon  Städten)  entsprochen  zu  haben  scheine,  jeden&lls  im  Durch- 
schnitt keine  übermässige  Begünstigung  der  Verpflichteten  gewesen 
sei.  Der  Verf.  dagegen  behauptet  S.  41:  »Die  Begünstigung  der  Pflichtigen 
war  gross*,  und  beruft  sich  dafür  später  auf  Aussagen  Beutters  und 
LangeQsteins,  andererseits  auf  urkundliche  Belege.  Nun  behauptet  aller- 
dings Beutter  (S.  72),  ein  Pfund  Beute  sei  oft  das  Sechzehn&ohe  werth. 
Auch  Langenstein  sagt  einmal  (S.  85),  es  sei  sogar  zweifelhaft,  ob  das 
Achtfache  auch  nur  ungefähr  die  Hälfte  des  gerechten  Preises  von  einem 
Pftind  Beute  sei.  Aber  an  einer  anderen  Stelle  (S.  75)  sagt  er,  vor  dem 
Gresetze  von  1860  seien  die  Beuten  theils  unablöslich,  theils  rückkäuflicfa 
gewesen,  viele  um  das  Zehn&che,  andere  um  mehr,  andere  um  weniger, 
und  zugleich  gibt  er  (S.  82)  zu,  dass  das  Achtfache  in  einzelnen  Fällen 
der  gerechte  Preis  sein  möge,  aber  es  ungerecht  sei,  dies  auf  alle  auszu- 
dehnen, indem  er  zugleich  bemerkt:  >Da  ich  in  Oesterreich  Fremdling  bin^ 
kenne  ich  nicht  den  höchsten  und  niedrigsten  Bentenpreis.  *  Dabei  darf 
man  nicht  übersehen,  dass  beide  Professoren,  die  auf  dem  Standpunkt  des 
canonischen  Bechts  standen,  principielle  Gegner  des  Gesetzes  überhaupt 
waren  (da  es  das  Zinsnehmen  befördere  I  S.  78),  also  nicht  ganz  un- 
parteiische Zeugen  waren,  und  dass  von  1860  bis  1890  gewiss  der  Zina- 
faaa  gesunken,  also  der  Bentenpreis  gestiegen  war.  Die  urkundlichen 
Belege  aber,  die  der  Verf.  (S.  95)  dafür  anführt,  dass  der  Bentenpreis  das 
Zehn-,  Zwölf-,  Sechzehn-,  Zwanzig&che  der  jährlichen  Abgabe  betragen 
kabe.  sind  nicht  beweisend.  Ich  habe  in  meiner  >G^eschichte  H.  Budol&  IV.* 
S.  122  N.  8  darauf  hingewiesen,  dass  es  darauf  ankomme,  zu  erforschen, 
wie  hoch  der  Preis  der  Benten  und  Grundzinse  in  der  Zeit  kurz  vor  1360 
und  zwar  nicht  von  beliebigen  Gütern,  sondern  von  städtischen  Häusern 
gewesen  sei,  da  sich  das  Gesetz  ja  doch  nur  auf  diese  bezog,  und  habe  aus 
den  Jahren  1851  bis  anfangs  1860  einige  Beispiele  fElr  Käufe  um  das 
8-,  8%-,  8V4-,  9-  und  10%ofeohe  angeführt     Der  Verf.  greift  nun  aber 


Literatur.  Ig5 

bis  an  das  Ende  dos  dreizehnten  Jahrhonderts  zorüok  und  bringt  ver- 
schiedene Belege  auch  von  Bentenkäufen  auf  dem  Lande,  wo  naoh  den 
zahlreicben  Beispielen^  die  ich  mir  bei  den  Vortirbeiten  für  die  Oeschicbte 
Badol&  IV.  ans  verschiedenen  österreichischen  Urkondenbüchem  gesammelt 
habe,  der  Preis  offenbar  im  allgemeinen  ein  höherer  gewesen  ist,  als  in 
Wien.  Ich  will  nicht  leugnen,  daas  auch  hier  nuinchmal  Bent»  theorer 
Torkanft  worden  sef,  als  tun  das  Achtfache.  Aber  nach  den  vorliegenden 
Urkunden  wird  man  nicht  behaupten  können,  dass  der  Durchschnittspreis 
nm  jene  Zeit  ein  viel  höherer  gewesen  sei.  Wenn  man  aber  für  die  Ab- 
lösung einen  Normalpreis  festsetzen  wollte,  so  war  es  doch  vom  politischen 
und  nationalöoonomischen  Standpunkte  aus  gerechtfertigt,  nicht  die  Beuten- 
besiiier,  sondern  die  Pflichtigen  einigermassen  zu  begünstigen. 

A.  Huber. 

Jahrbuch  der  kunsthisiorischen  Sammlungen  des 
allerhScbsten  Kaiserhauses,  herausgegeben  unter  Leitung  des 
Oberstkämmerers  Sr.  k.  u.  k.  apostoL  Majestät  Franz  Ghrafen  Folliot 
de  Crenneville^),  (Ferdinand  Grafen  zu  Trauttmannsdorff- Weinsberg)*) 
vom  k.  k.  Oberstkämmereramte.  I.  bis  IV.  Bd.  Wien  1883—1886. 
Thufk  und  Y^lag  von  Adolf  Holzhausen. 

Schon  im  Jahre  1876,  als  eine  systematische  Neuorganisation  der 
kunsthistorischen  Sammlungen  des  österreichischen  Kaiserhauses  nach  einem 
vom  Kaiser  genehmigten  Greneralprogramme  durchgefOihrt  wurde,  war  auch 
die  Herausgabe  eines  wissenschaftlichen  periodischen  Organs,  welches  mit 
den  Zielen  und  Zwecken  der  Sammlungen  aufs  Engste  verbunden  sein 
sollte,  in  Aussicht  genommen.  Der  Plan  des  Jahrbuches  ist  demnach  be- 
deutend älter  als  dessen  Ausführung,  denn  erst  im  Herbste  1882  konnte 
der  erste  Band  erscheinen.  Seitdem  aber  gelangte  jeder  folgende  Band 
pünktlich  am  1.  November  eines  jeden  Jahres  zur  Ausgabe.  Wer  die 
Schwierigkeiten  der  Herstellung  eines  periodischen  Druckwerkes  von  der 
Art  des  Jahrbuches  zu  beurtheilen  und  zu  schätzen  weiss,  wird  dem 
Bedacteur  desselben,  Hofrath  Qu.  E.  v.  Leitner,  und  seinen  jedenfalls 
nicht  geringen  Bemühungen  für  diese  Pünktlichkeit  alle  Anerkennung 
zollen  müssen. 

Das  Jahrbuch  gliedert  sich  in  zwei  Theile.  Der  erste  Theil  bringt 
historisch-kritische  Abhandlungen,  welche  sich  auf  Gegenstände  der  kaiser- 
lichen Haussammlungen  und  auf  die  Kunstbestrebungen  der  Mitglieder  des 
habsburgischen  Geschlechtes  beziehen.  Sie  rühren  fast  durchaus  von  den 
an  den  verschiedenen  Sammlungen  angestellten  Beamten  her.  Für  den 
Inhalt  und  den  Werth  dieser  Abhandlungen  sind  sie  allein  verantwortlich, 
da  sich  die  Bedaction  dem  Programme  gemäss  jeder  Einflussnahme  auf 
dieselben  entschlagen  hat,  denn  sie  sollten  ein  unbeeinflusstes  Zeugniss 
ablegen,  wie  für  die  Sachkenntniss,  so  auch  für  den  Geist  und  die  Auf- 
fassung, mit  welcher  die  zur  Leitung  der  verschiedenen  Specialsammlungen 
Berufenen  den  kritischen  Anforderungen  der  Kunstwissenschaft  gerecht  zu 
werden  suchen. 


<)  Bd.  1  und  2.        >)  Bd.  t  und  4. 


186  tiiteratur. 

üebe]4)liokt  man  die  in  den  vorliegenden  vier  Jahi^gfSngen  gebotenen 
wissenschaftlichen  Abhandlungen,  so  bieten  sie  sowohl  intensiv  wie  extensiv 
eine  bedeutende  Bereicherang  der  kunsiarchäologisohen  und  knnstgesobicbt-' 
liehen  Literatar.  Sie  bringen  nicht  nur  sehr  viel  Neaes,  sie  sind  nicht 
nnr  grösstentheils  gehaltvoll,  sondern  sie  stehen  andi  fast  dorchaos  auf 
der  Höhe  der  Wissenschaft.  Bei  ihrer  bedeutenden  Anzahl  und  bei  der 
so  grossen  Mannigfaltigkeit  der  in  ihnen  behandelten  Stofie  kann  es  sich 
hier  nur  darum  handeln,  eine  allgemeine  üebersicht  über  dieselben  zu  geben. 

In*s  Gebiet  der  Aegyptologie  gehört  die  Arbeit  von  E.  R.  v.  Be  r  g  m  a  n  ti ;  sie 
verbreitet  sich  eingehend  über  den  Sarkophag  des  Propheten  Panehemisis 
(c.  860 — 280  V.  Chr.).  Mit  Gegenständen  der  antiken  Ardiftologie  be- 
schäftigen sick  der  Aufeatz  vonE.  Freih.  v.  Sacken:  >ü«ber  einige  rdmisdie 
Metall-  und  Emailarbeiten ^  und  der  erste  Theil  der  Abhandlung  »Zur 
Gemmenkunde*,  dann  die  Arbeiten  F.  Eenner*s  >Bömische  Medaillons* 
und  B.  Schneider 's  »üeber  zwei  Bronzebilder  des  gehörnten  Dionysos* 
und  »Ueber  zweiunedirte  griechische  Bronzen*.  Der  zweite  Theil  von  Backens 
Att&atz  zur  Gemmenkunde  berührt  die  altohristliohe  und  mittelalterliche. 
Archäologie.  Die  Mehrzahl  der  Abhandlungen  schlägt  jedoch  in*d  Gebiet 
der  neueren  Eunstgeschichte  ein.  In  die  üebergangszeit  vom  Mittelalter 
zur  Neuzeit  f^Ut  die  Arbeit  von  E.  Hartmann  v.  Franzenshuld 
»Ein  höfisches  Eiartenspiel  des  15.  Jahrhunderts'*;  sie  liefert  eine  ausfOhr- 
liehe  Beschreibung  dieses  einzigen  und  voUstäoidig  erhaltenen  Exemplares. 

Die  Aufsätze  »Madonna  mit  dem  Eonde*,  »Marmorrelief  des  Bossellino*, 
»Adrian  de  Fries*,  »Das  Spielbrett  von  Hans  Eels*  und  »  Giovanni  da  Bologna 
und  seine  Beziehungen  zum  kaiserlichen  Hofe*  von  A.  Ilg  verbreiten  sich 
über  Werke  der  neueren  Sculptur.  Auch  die  Abhandlung  von  Kenner 
»Cun^/een  und  Modelle  des  XYL  Jahrhunderts*  f&VLt  in  dieses  Gebiet  Ein- 
gehend handelt  E.  Chmelarz  über  den  erst  vor  Kurzem  bekannt  ge- 
wordenen zweiten  Theil  des  »Diumale  oder  Gebetbuches  des  Kaisers  Maxi- 
milian I.*,  welches  zugleich  vollständig  reproducirt  ist.  Mit  Werken  der 
Malerei  beschäftigt  sich  der  Director  der  kaiserlichen  Gemäldegalerie  im 
Belvedsre,  E.  B.v.Engerth,  indem  er  » Ueber  die  im  neuen  kunsthistorisohen 
Museum  neu  zur  Aiästellung  gelangenden  Gemälde*  Bericht  erstattet  und 
ihre  Einreihung  unter  die  übrigen  zu  rechtfertigen  sucht.  Als  erläuternde 
Clommentare  zu  den  von  Kaiser  Maximilian  I.  veranlassten  grossen  Hdbs- 
scbnittwerken,  welche  in  Neuabdrucken  als  Beilagen  zu  den  einzelnen 
Jahrgängen  ausgegeben  werden,  sind  die  Abhandlungen  von  F.  Schestag 
»Kaiser  Maximilian  I.  Triumph*,  von  E.  Chmelarz  »Die  Ehrenpforte 
des  Kaisers  Maximilian  I.*  und  von  S.  Laschitzer  »Die  Heiligen  aus 
der  Sipp-  Mag-  und  Schwägerschaft  des  Kaisers  Maximilian  L*  zu  betrachten. 
ExWgnissen  der  Kmistindustrie  sind  gewidmet  Ilg*s  Besprechung  der 
»  Limousiner  Grisaillen  *  und  die  Arbeiten  von  E.  B.  v.  B  i  r  k  und  W.  B  o  e  h  e  i  m. 
Ersterer  liefert  ein  sozgfUltig gearbeitetes  und  genaues  »Inventar  der  im  Bedtae 
des  österreichisdien  Kaiserhauses  befindlichen  Niederländer  Tapeten  und 
Gobelins*,  letzterer  handelt  »Ueber  einige  Jagdwaffen  und  Jagdgeräthe.^ 
Endlich  schildert  D.  Schönherr  in  einem  allgemein  gehaltenen,  ge- 
diegenen Artikel  »Die  Kunstbestrebungen  Erzherzogs  Sigmund  von  Tirol. ^ 
Wie  man  aus  dieser  Zusammenstellung  ersieht,  schlagen  die  Abhand* 
lungen  in  die  verschiedensten  Gebiete  der  Archäologie  und  Kunstgeschidite 


Literatur.  187 


ein,  sie  stehen  also  oaf  demselben  uniTersellen  Standponkt,  wie  die 
liehen  Sammlungen  s^bst  Die  im  Prognunm  aufgestellte  und  auf  den 
eisten  lUiok  etwas  looalpatriotisQh  sdheinende  Beachiftnkung  yersdhwindet 
somit  in  der  AnsAhrung  fast  ganz. 

Was  den  Werth  der  Abhandlungen  in  dem  Jahrbnidie  besonders 
erhöht  und  worin  dieses  allen  tthnlidien  Unternehmungen  gegenüber  einzig 
und  unübertroffen  dasteht»  ist  der  Umstand,  dass  &st  sftmmtliche  be- 
sprodienen  Knnst^egenstünde  in  Yorirefflidien  und  getreuen  Abbildungen 
beigegeben  sind.  Dadurch  ist  jedem  auch  femstehenden  Sacdiyerstttndigen 
eine  ihst  roUstlindige  Controle  der  in  den  Aufsätzen  entwickelten  Besulsate 
der  Forschung  ermögUdit.  Neben  yereinielten  Originalradirungen  sind  zur 
Beprodnction  mehrere  Arten  der  photo-diemigraphisGhen  Yerrielfiütigung 
gewfthlt.  Für  eine  solche  Art  der  Publioation  zu  rein  wissenschaftlichem 
Zwecke  sind  dieee  ganz  wohl  am  Platze  und  insbesondere,  was  die  Ge- 
osnigkeit  der  Wiedexgabe  anbelangt,  der  manuellen  Nachbildung  in  den 
meisten  itlllen  vorzuziehen.  Welche  Fülle  der  Abbildungen  die  vier  vor- 
liegenden Bände  enthalten,  zeigt  am  deutlichsten  die  Angabe,  dass  in  ihnen 
293  Teztillustrationen  erscheinen  und  ausserdem  noch  212  selbstständige, 
in  Heliogravüre,  Photolithographie  und  Badirung  hergestellte  Blätter  von 
der  Orüsse  des  JahrbudMS  beigegeben  sind.  An  Beicd^haltigkeit,  Vortreff- 
Ikhkeit  und  Zweckmässigkeit  der  lUustrationea  wird  so  das  Jahrbuch  von 
keiner  anderen  periodischen  wissenschaftlichen  Publication  übertroffen,  ja 
es  reicht  an  dasselbe  nidit  eine  auch  nur  entfernt  hinan.  Mit  der  Zeit 
wird  auf  diese  Weise  nicht  nur  ein  grosser  Thül  der  wichtigsten  und 
intereseantesteB  Kunstgsgenstände  der  kaiserlichen  Sammlungen  in  getreuen 
und  brauchbaren  Abbildungen  der  wissenschaftlichen  Forsdiung  zur  Yer- 
fnguQg  stehen,  sondern  beim  gleichmäasigen  Fortsehreiten  des  Jahrbuches 
in  den  eingesdilagenen  Bahnen  wird  es  nsch  einer  Beihe  von  Jahren  viel- 
leicht ermöglicht  sein,  mit  Hilfe  der  aufbewahrten  Platten  einheitliche  und 
snsammenftssende  wissenschaftliche  Publicationen  nach  den  verschiedensten 
Oesiditspunkten  und  Zweigen  der  Eunstwiesenschaft  zu  veranstalten  und 
so  das  jetzt  vereilieelnt  und  zerstreut  Gebotene  systematisch  in  ein  ein- 
heitliehes  Ganzes  zusammenzuihssen.  Es  ist  dies  ein  so  practischer  GFe- 
danke,  dass  ihn  die  umsichtige  und  sachkundige  Leitung  und  Bedaction 
des  Jahrbuches  gewiss  schon  in  vorhinein  in*s  Auge  gefasst  haben  wird. 

Der  zweite  Theü  des  Jahrbuches  enthalt  Quellen  zur  Geschichte  der 
kaiserlichen  Haassammlungen  und  dar  Knnstbestrebnngen  des  habsburgischen 
Geschlechtes.  Ueber  die  hiebei  befolgte  Methode  heisst  es  im  Programm: 
»Um  das  bisher  zumeist  brach  gelegene  historische  Quellenmaterial  mit 
mögtiehster  Beschleunigung  in  den  kunstwissenschaftlichen  Literaturkreis 
einsobexiehen  und  zum  Gemeingut  f^  die  au&trebende  Sunstforschung 
zu  machen,  hat  ee  sich  empfohlen,  die  Publidrung  der  Forsohungsresultate 
nicht  auf  jenen  Zeitpunkt  zu  verschieben,  wann  dieselben,  aus  allen  hier 
in  Betracht  kommenden  Archiven  gesammelt,  als  abgegrenztes  Gkmzes  vor- 
liegen, weil  dadurch,  im  Gegensatze  zu  der  in  diesem  Jahrbuche  befolgten 
Methode,  die  VeröffentUehung  dieses  insbesondere  far  die  Geschichte  der 
kaiseriidien  HiussammluAgen  grundlegenden  Qqellenmoterials  auf  unab- 
sehbate  Zeit  hiniMifigesehoben  worden  wäre.  Die  Publioation  der  Quellen 
nach  dea  einseinen  Arohi7en,  so  wie  sie  hier  durchgeführt  wurde,  gewährt 


188  Literatur. 

den  Yortheil,  dass  die  von  eixuselnen  Forscbem  jeweilig  erzielten  Beealtale 
ohne  Bücksicht  auf  den  Gtosammtfortschritt  dieser  Arbeiten  sofort  und  un- 
unterbrochen bis  zur  gftnzliohen  Ausbeute  eines  ArohiYS  im  Jahrbnehe 
veröffentlicht  werden  kOnnen.*  Diesem  Standpunkte  der  Bedaction  moss 
man  als  dem  einzig  richtigen  unbedingt  beipflichten. 

In  dieser  Beziehung  ist  das  Programm  des  Jahrbuches  zugleich  durch- 
aus originell.  Es  gibt  keine  periodische  Zeitschrift^  welche  eine  systematiadie 
und  ununterbrochene  Yeröfientlichung  Yon  urkundlichem  Material  bringt 
Gerade  hierin  aber  liegt  der  unvergängliche  Werth  des  Jahrbuches  und 
seine  eminente  Bedeutung  für  die  Wissenschaft.  Denn  erat  das  Henror- 
holen  der  auf  die  Eunstbestrebungen  der  Habsburger  bezäglichen  Urkunden 
aus  dem  Staube  der  Archive  i|ird  es  möglich  machen,  ftber  sie  .ein  all- 
seitig richtiges  und  gerechtes  ürtheil  f)&llen  zu  können. 

Die  bis  jetzt  publicirten  Urkunden  umfassen  bereits  4000  Nummern 
und  gehören  zum  grössten  Theile  in  die  Periode  der  Begierung  Kaiser 
Maximilian  L  Es  wurde  die  Ausbeutung  mehrerer  Archive  zugleich  in 
Angriff  genommen.  Die  Urkundenauszüge  und  Begesten  aus  dem  Wiener 
Staatsarchive  sind  unter  Mitwirkung  von  J.  B.  v.  Fiedler  und  J.  Paukert 
herausgegeben  von  Heinrich  Zimerman.  Sie  beginnen  mit  dem  Jahre 
1804  und  reichen  bis  1580.  Bis  zu  dem  gleichen  Jahre  gehen  auch  die 
von  Zimerman  und  F.  Ereyezi  bearbeiteten  und  mit  dem  Jahre  1488 
beginnenden  Urkunden  aus  dem  k.  und  k.  Beiohsfinanzarohiv.  Die  Periode 
von  1490 — 1540  umfassen  die  von  Schönherr  aus  dem  Innsbmcker 
Statthaltereiarchive  mitgetheilten  Begesten;  das  filtere  urkundliche  Material 
dieses  Archives  wurde  von  ihm  in  der  bereits  erwähnten  Abhandlung  »Die 
Eunstbestrebungen  Erzherzogs  Sigmund  von  Tirol  <  verwerthet.  Von  einem 
etwas  über  das  Programm  des  Jahrbuches  hinausfidlenden  Gesichtspunkte 
aus  sind  die  Wiener-Neustädter  Archive  ausgebeutet  worden,  denn  die  von 
W.  Boeheim  aus  dem  Stadtarchiv  (1805 — 1667)  und  die  von  J.  Mayer 
aus  dem  Ereisgerichtsarchiv  (1480 — 1497)  publicirten  Begesten  beziehen 
sich  auf  das  gesammte  Eunstgewerbe  dieser  Stadt  Ebenso  sind  auch  die 
Auszüge  aus  den  in  der  niederOsterreichischen  Landesbibliothek  und  dem 
Staatsarchiv  aufbewahrten  Codices  des  Arlbetger  Bruderschaftsbuches  von 
H.  Zimerman  mit  Bücksioht  auf  die  Eunst  und  das  Eunstgewerbe  über- 
haupt gemacht  worden.  So  liegt  schon  jetzt  eine  ausserordentliche  Fülle 
des  interessantesten  Quellenmaterials  vor,  aus  welchem  nicht  blos  die 
Eunsthistoriker  allein,  sondern  insbesonders  auch  die  Culturhistoriker,  deren 
Aufinerksamkeit  diese  Publication  auf  das  angelegentlichste  empfohlen  sein 
soll,  schöpfen  können. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  wird  der  Veröffentlichung  von  älteren 
Inventaren  der  kaiserlichen  Sammlungen  zugewendet  In  dieser  Beziehung 
ist  für  die  Geschichte  der  kaiserlichen  Gemäldegalerie  im  Belvedere  von  grund- 
legender Bedeutung  die  von  A«  Berger  besorgte  vollständige  Edition  des  im 
fürstlich  Schwarzenberg'schem  Centralarchive  aufbewahrten  »Inventars  der 
Eunstsammlung  des  Erzherzogs  Leopold  Wilhelm  von  Oesterreich  vom  Jahre 
1659.«  AlsGouvemeur  der  spanischen  Niederlande  (1646 — 1656)  hatteer,ein 
feinsinniger  Eunstliebhaber,  Gelegenheit,  sich  einen  bedeutenden  Schati  von 
Eunsfgegenständen,  vor  allem  von  Gemälden,  zu  erwerben,  der  dann  nach 
seinem  Tode  (1662)  durch  Testament  in  den  Besitz  des  kaiserlichen  Hauaes 


literatar.  Ig9 

übeigieng  und  einen  Hauptstock  der  jetzigen    berühmten   BeWederegalerie 
büdet 

Aber  nicht  blos  orknndliohes  Qaellenmaterial  ist  zur  Pablication  be- 
stimmty  sondern  auch  künstlerisches  wird  insoweit  herangezogen,  als  es 
in  den  allgemeinen  Bahmen  des  Programmes  hineinfallt.  In  dieser  Be- 
ziehung sollen  in  erster  Linie  Zeichnungen  und  Miniaturen  berücksichtigt 
und  in  guten  Facsimilereproductionen  veröffentlicht  werden,  &lls  sie  nicht, 
wie  das  erwähnte  Gebetbuch  Kaiser  Maximilians  L,  eine  zusammenfassende 
Behandlung  er&hren.  Begonnen  erscheint  diese  Art  der  Publication  mit 
den  auf  Kaiser  Maximilian  I.  bezüglichen  Dürer^Zeichnungen  der  Albertina. 
Einen  nicht  zu  unterschätzenden  Vorzug  für  einen  leichten  und  be- 
quemen Gebrauch  des  Jahrbuches  bilden  die  von  H.  Zimerman  äusserst 
soigfilltig  und  genau,  fär  die  beiden  Theile  getrennt  gearbeiteten  Begister. 
Insbesonders  sind  die  Personenregister  zu  den  Quellenpublicationen  für  die 
Forschung  eine  nützliche  Hilfe,  solange  nicht  auch  die  beabsichtigten  Sach- 
register vorliegen  werden,  die  jedoch  erst  »nach  vollendeter  Durchforschung 
der  in  Aussicht  genommenen  Archive  und  Sammelstellen*  ausgegeben 
werden  sollen. 

Die  Ausstattung,  abgesehen  von  der  Beichhaltigkeit  der  Illustration, 
ist  auch  sonst  eine  äusserst  splendide  und  noble :  festes  geschöpftes  Papier, 
schöne  und  angenehme  Benaissancelettem,  ein  sorgfältiger,  reiner  und 
durchaus  correcter  Druck,  der  dem  Unternehmen,  der  Bedaction  und  der 
Druckoffidn  A.  Holzhausens  alle  Ehre  macht 

Endlich  ist  noch  ein  Punkt  des  Programmes  zu  berühren.  Nach  dem- 
selben sollen  mit  jedem  Bande  separate  künstlerische  Beilagen  zur  Ausgabe 
gelangen.  Zunächst  sind  dafür  die  vom  Kaiser  Maximilian  L  veranlassten 
grossen  Holzschnittfolgen,  von  welchen  sich  die  Originalholzstöcke  noch 
erhalten  haben,  in  Aussicht  genommen.  So  liegt  den  beiden  ersten  Bänden 
je  die  Hälfte  des  monumentalen  Holzschnittwerkes  »Triumph  des  Kaisers 
Maximilian  I.*  bei,  so  dass  derselbe  nun  in  187  Blättern,  insoweit  er 
eben  jemals  vollendet  worden  war,  wieder  vollständig  neugedrnckt  ist. 
Davon  sind  135  Blätter  mit  den  in  der  k.  k.  Hofbibliothek  auf- 
bewahrten Originalholzstöcken,  Tafel  90  und  132  aber  mit  Platten  ge- 
druckt, welche  von  Angerer  und  Göschl  nach  den  in  der  k.  k.  Kupfer- 
stichsammlung  befindlichen  Originalabdrücken  der  1.  Ausgabe  vom  Jahre 
1526  durch  photozinkographische  Hochätzung  hergestellt  wurden.  Daselbst 
unvollständige  Exemplare  der  ersten  Ausgabe  fast  gar  nicht  mehr  vor- 
kommen und  auch  die  späteren  Ausgaben  sowohl  die  vom  Jahre  1777  wie 
auch  die  von  A.  Bartsch  im  Jahre  1796  veranstaltete,  schon  sehr  selten 
und,  obwohl  schlecht  im  Drucke,  auch  theuer  geworden  sind,  so  war  ein 
guter  Neudruck  dieses  Prachtwerkes  schon  lange  höchst  wünschenswerth. 
Dasselbe  gilt  auch  von  der  Dürer*8chen  Ehrenpforte  Kaiser  Maximilians  L, 
welche  nun  neugedruckt  in  36  Blättern  dem  3.  und  4.  Bande  als  Beilage 
beigegeben  ist,  und  von  den  österreichischen  Heiligen,  von  welchen  der 
4.  Band  100  Blätter  enthält.  Den  Best  wird  der  nächste  Band  bringen. 
Der  von  A.  Holzhausen  besorgte  Druck  aller  dieser  Neuausgaben  ist 
so  meisterhaft  gelungen,  dass  er,  was  Klarheit,  Reinheit  und  Gleich- 
mftaaigktit  der  Drucke  und  Schönheit  der  Druckerschwärze  anbelangt,  alle 
früheren  Aufgaben,  vor  allem  aber  die  von  A.  Bartsch  veranstalteten,  weit 


190  liteimtar. 

in  den  Schatten  stellt.  Es  ist  dies  eine  Leistong  der  modernen  Bach- 
drackerkonst»  die  so  recht  aogenfllllig  ihren  grossen  Fortschritt  und  ihre 
grosse  technische  Yollendong  in  unseren  Tagen  zeigt;  freilich  muss  ein 
A.  Holzhausen  die  Sache  in  der  Hand  haben. 

Ich  kann  diese  Anzeige  nur  mit  dem  aufrichtigen  Wunsche  schliessen, 
es  möge  das  Unternehmen  für  eine  lange  Zukunft  —  unter  der  jetsigen 
umsichtigen  und  sachverständigen  Leitung  und  Bedaetion  ist  dies  salbei- 
verständlich —  zum  allgemeinen  Nutzen  der  Wissenschaft  einen  ebenso 
gedeihlichen  Fortschritt  nehmen  wie  bisher  und  von  der  eingescUagenen 
streng  wissenschaftlichen  Bahn  nicht  abweichen. 

Simon  Laschitzer. 


Gustav  V.  Buchwaldf  Deutsches  GeBellschaftsleben 

im  endenden  Mittelalter.  Erster  Band:  Zur  deutsehen  BiUung»- 

geschichte.    Eiel,  Ernst  Homann,  1885,  XII  und  224  S. 

Dieses  SchrifUshen  fahrt  uns  in  zehn  Vorträgen  Bilder  aus  der  Ge- 
schichte und  Cultur  des  deutschen  Volkes  am  Ausgange  des  llittelalters 
vor.  Der  Verf.  handelt  zuerst  von  der  Bildung  der  unteren  und  höhereu 
Classen,  die  damals  noch  nicht  durch  eine  solche  Kluft  getrennt  waren, 
wie  jetzt;  er  sucht  durch  zahlreiche  Beispiele  darzuthun,  dass  die  Kunst 
des  Schreibens  und  deren  praktische  Anwendung  damals  weiter  verbreifet 
war,  als  man  gewöhnlich  meint.  Ausführlich  wird  dann  von  der  mittel- 
alterlichen Erziehung  gehandelt,  besonderd  mit  Bücksicht  auf  Butzbachs 
höchst  interessantes  Wanderbüchlein^  der  CLronik  eines  fahrenden  Schülers, 
in  welcher  Johannes  Butzbach  sein  überaus  bewegtes  Leben  schildert  und 
aus  der  B.  sehr  ausführliche  Mittheilungen  macht.  Vom  Leben  des  alten 
Adels,  dem  Emporkommen  eines  neuen,  vom  Wirken  des  Schwanenordena 
und  ähnlichen  Dingen  wird  im  fünften  und  sechsten  Abschnitte  gesprochen, 
während  das  folgende  der  Beligion  und  dem  Volksglauben  gewidmet  ist, 
ein  sehr  lesenswerthes  Gapitel.  Die  nächsten  Abschnitte  beschäftigen  sich 
mit  verschiedenen  religiösen  Anschauungen,  mit  dem  Lesebedürfnisse  der 
damaligen  Zeit,  mit  dem  Lesestoffe,  dem  Drängen  nach  Bildung,  dem 
Bücberdruck,  den  Universitäten  und  den  Studenten,  deren  Leben  und 
Treiben.  Dieser  reiche,  anregende  Inhalt  wird  dem  Leser  in  angenehmer 
Sprache  geboten.  Besonders  dankbar  werden  die  zahlreichen  Hittheilungen 
aus  Incunabeln  und  seltenen  Drucken  aufgenommen  werden.  Erwähnt 
muss  aber  werden,  dass  B.*s  Buch,  wenn  darin  auch  Süddeutschland  nicht 
ganz  vernachlässigt  wird,  vorzugsweise  einen  norddeutschen  Charakter  an 
sich  trägt;  aus  süddeutschen  Quellen  wären  noch  manche  beachtenswertfae 
Einzelheiten  zu  gewinnen.  Hoffentlich  wird  der  Verf.  bei  seinen  Dm> 
Stellungen  aus  der  deutschen  Wirthschaftsgeschichte,  welcuC  den  zweiten 
Band  seines  Werkes  bilden  sollen,  Süddeutschland  in  ausgedehnterer  Weise 
berücksichtigen.  —  Philippine  Welser  » mit  ihrem  erzherzoglichen  Gemabl  * 
unter  die  liebenswürdigen  Frauengestalten  »des  endenden  Mittelalters* 
einzureihen  (S.  9),  wird  wohl  nicht  gestattet  sein. 

Graz.  F.  M.  Mayer, 


Literahii;.  191 

Die   historiBchen  Programme   der   österreichischen 
Mittelschulen   im  Jahre   1885. 

Bin  gnt  Theil  der  diesrjfthrigen  Jahresberichte   unserer  Mittelschulen 
bringt  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  Greschiohte,    deren  Hilfswissen- 
schaften und  den  yerwandten  Disciplinen;   in  erster  Linie  heben  wir  von 
diesen  Arbeiten   diejenigen   heraus,    welche  auf  Quellen,    yomehmlich  auf 
bandsdiriftlichem  Material  beruhen:  Die  Herren   von  Sunnberg  von 
L.   Pröll   (Schluss;    Staatsgymnasium  zu  •Oberhollabrunn).     Diese  bereits 
im   6.  Bd.   der  »Mittheilungen*  (S.  320)   als   vorzüglich  bezeichnete  Ab- 
handlung  wird  hier  mit  der  länzelgesohichte   der  Sunnberger  fortgesetzt. 
Mit  Hans  U.  (gest  ca.  1394)  hört  die  Bedeutung  dieser  mächtigen  Mini- 
stmalen auf;  sie  starben  entweder  aus,  oder  blühten  nur  noch  in  Neben- 
linien  fort     S.  74  gibt  P.   die  Stammtafel  der  Sunnberger  und   knüpft 
daran  eine  übersichtliohe  Darstellung  über  die  späteren  Besitzer  der  ehe- 
mals Sunnberg*schen  Güter  Sonnberg,   Basduda  und  Oberhollabrunn.     Das 
meiste  kam  in  die  Hände  der  Tursen,    später  erscheinen  hier  die  Gileis, 
von  denen   der  grosse  Eriegsmann  Wolf  Georg   »Gillus  von  Sonnenbuig* 
1574  von  Max  IL  für  Oberbollabrunn   ein  Iforktprivileg  erwirkt,    das  P. 
im  Anhange  aus  dem  Original  abdruckt  (S.  98),  und  »Andre  Gilleis*  dem 
Orte  eine  »Hantwerckhs*Ordnung*  gibt,   welche   S.   94 — 96   auszugsweise 
angegeben  wird.  Auf  die  Gileis  folgten  1663  die  Dietrichsteine  und  1864 
Erwin  Graf  Schönbom-Puchheim.     Ein  Ezcurs  ergeht  sich  schliesslich  über 
die  Geschichte  der  Schönbom,    die  im  12.  Jahrh.   im  Westarwalde,  später 
in   Franken   reich  begütert   waren  und   seither  bedeutende  Stellungen  in 
Kirche   und   Staat  einzunehmen   pflegten.     Ein   Schönbom  hat    1711    als 
Churfürst  von  Mainz  Karl  YL  gekrönt,  und  Philipp  Franz  Seh.  begleitete 
1810  Marie  Luise  nach  Paris.  —  Bischof  Heinrich  IL  von  Trient 
(1274 — 89)y   insbesondere  sein   Streit   mit  Meinhard  IL   von 
Xärnten-Tirol  von  J.  Egger  (Schluss;  Staatsgymnasium  zu  Innsbruck). 
Nach  dem  Schiedssprüche  £.  Budolfs  zu  Ulm  (1276)   verzögerte   sich  die 
Ausführung  des  Friedensvertrages   wegen  Mangels  an  gutem  Willen  und 
aus  gegenseitigem  Misstrauen,    und   der  Streit  brach   bald  wieder  aus,  ja 
erlangte  eine  unerwartete  Ausdehnung,  als  sich  Bischof  Heinrich  an  Padua 
anschloss  und  Meinhard  11.  die  Situation  trefflich  auszunützen  verstand,  da 
die   Trientiner  über   ihren   Landesherren  unwillig  geworden   waren.     Der 
Bischof  gerieth  1282  sogar  in  die  Gefangenschaft  der   Ministerialen   Mein- 
hards;  1284  wurde  zwar  zu  Bozen  ein  Frieden   geschlossen,  allein  Mein« 
hard,  seit  1286  Herzog  ron  Kärnten,  gewann  bald  auch  unter  dem  Clerus 
von  Trient  Anhang,    der  Bischof,   der  Bann   und  Interdict   ausgesprochen, 
mnsste  nach  Bom  fliehen  und  starb  dort  1 289  im  Bewusstsein,  trotz  seiner 
Energie,  die  an  Nicolaus  Cusa  erinnert,   dem  niBchtigen  Landherm  unter- 
l^ren  zu  sein.     Diese  Darstellung  ist  durch  ein  reiches  Urkundenmaterial 
geetfitzt.     Im   zweiten  Theile  des  Programmes  finden  wir  einen  Nekrolog 
des  Schulrathes  P.  Wallnöfer  von  F.  Stolz.  —  Die  Kämpfe  gegen 
die  Franzosen  in  Graubünden  im  Jahre  1799  von  PI.  Genelin 
(Oberrealschule  zu  Triest,  53  SS.).     Auf  Grund  zeitgenössischer  Aufzeich- 
nungen, die  dem  Verfasser,  der  selbst  Schweizer  ist,   theilweise  als  Manu- 
scripte  vorlagen,  schildert  er  uns  zuerst  die  missliche  Lage  der  Eidgenossen- 


192  Litezatur. 

Schaft  zwischen  Frankreichs  Aspirationen  und  Oesterreichs  Wachsamkeit 
(1797);  1798  rückten  Osterreichische  Trappen  in  Banden  ein,  worden 
aber  von  den  Schweizern,  von'  denen  die  »Patrioten*  firanzösisch  gesinnt 
waren,  nicht  unterstützt,  and  kfimpften  daher  anglückliöh  am  Laciensteig 
(März  1799,  nicht  1798,  wie  S.  15  steht  1).  Von  hier  ab  bringt  der  Ver- 
fasser angemein  reiche  Details,  die  dem  Gegenstande  oft  über  den  Kopf 
wachsen,  and  schildert  in  aasführlicher  und  interessanter  Weise  den  Kampf 
bei  Disentis,  den  Zog  Leooarbe's  von  BeUinzona  in*s  Hinterrheinthid  and 
nach  Rngadin,  wo  London  zarüiikgedrftngt  wird  and  Yinstgaa  den  Fran- 
zosen offen  lassen  mass.  Die  Greael  der  Franzosen  rufen  aber  einen  yer- 
zweifelten  Aufstand  dar  Bündener  hervor,  wobei  das  Kloster  Disentis  sammt 
der  Bibliothek  verbrannt  wurde.  G.  fährt  uns  da  zahlreiche  Episoden  nach 
den  Au&eichnungeu  von  Augenzeugen  vor;  mit  der  vorübergehenden  Wen- 
dung des  Kriegsglückes  zu  Gunsten  der  Oesterreicher  und  Bussen  schliesst  er  ab. 

Quellenpublicationen  von  mehr  localem  Interesse  bieten:  Aus  dem 
Böhmisch-Leipaer  Stadtarchive.  IL  Nachrichten  zur  Ge- 
schichte Leipa*s  v.  J.  1660  bis  zum  Beginn  des  18.  Jahrb. 
von  J.  Mü nz berger  (Oberrealschule  zu  B.-Leipa),  eine  auf  engstem  Boden 
sich  bewegende  Darlegung,  die  namentlich  culturhistorisches  Interesse  er- 
weckt. —  Die  Urkunden  des  Troppauer  Stadtarchivs  nach  dessen 
Neuordnung  von  G.  Kürschner  (Staatsgymnasium  zu  Troppau),  theilt 
das  Sogest  von  den  60  ältesten  Urkunden  und  druckt  das  ftlteste  lateinische, 
deutsche  und  böhmische  Instrument  ab  (12  SS.).  —  Die  Troppauer 
Zünfte  und  Bathsherr  Hans  Günter,  ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Stadt  Troppau  in  der  2.  H&lfte  des  16.  Jahrh.  von  J.  Zukal  (Ober^ 
realschule  in  Troppau),  nach  den  Acten  in  einem  handschriftlichen  Folio- 
bande der  dortigen  Museumsbibliothek.  —  Materialien  zur  Geschichte 
des  Protestantismus  im  Herzogthum  Teschen  von  K.  Badda 
(Staatsrealschule  zu  Teschen).  Mit  Benützung  einer  Urkunde^  deren  Lager 
der  inzwischen  verstorbene  Ver&sser  nicht  angibt,  entwirft  er  eine  kurze 
Geschichte  der  Beformation  und  Gegenreformation  im  alten  Herzogthume 
Teschen  vom  westphftlischen  Frieden  bis  zur  Convention  von  AltranstAdt 
und  schliesst  mit  der  Durchführung  des  Katholicismus  um  1690  ab.  — 
Geschichte  der  Yogtei  von  Weidenau  von  Fr.  Schauer  (Staats- 
gymnasium zu  Weidenau  in  Schlesien).  Zur  Darstellung  der  Geschichte  der 
Vögte  vom  18.  bis  19.  Jahrh.  benützte  Seh.  Ezcerpte  der  »Neisser  Land- 
bücher*, Abschriften  von  »Privilegien  von  Weidenau*  und  die  »Schriften 
der  Yogtei*,  und  druckt  in  den  Anmerkungen  auch  etliche  Urkunden  ab. 
—  Graf  Josef  Kinskj,  Herr  auf  Burgstein  und  Schwojka,  von 
A.  Paudler  (Obergymnasium  zu  B.-Leipa);  hauptsächlich  auf  Grund  des 
Familienarohivs  der  Kinsky  auf  Burgstein  und  des  P&rr-  und  des  Gemeinde» 
archivs  entwirft  der  Yerf.  ein  Lebensbild  des  genannten  Grafen  (1703  bis 
1780),  der  sich  um  die  Industrie  des  nordöstlichsten  Böhmen  ungemein 
verdient  gemacht»  Dörfer  und  Städte,  darunter  das  glaserzeugende  Haida, 
gegründet,  den  Glashandel  gehoben  und  demselben  neue  Absatzgebiete  ver- 
schafft, Kirchen  und  Spitäler  gestiftet  und  seine  Unterthanen  geschätzt  und 
frei  gemacht  hat  —  Geschichtliches  über  die  Gotteshäuser  der 
Stadtpfarre  Freistadt  in  Oberösterreicb  von  J.  Jäckel  (Staats- 
gymnasium  zu  Freistadt).     Auf  Grund  von    1884   au%edeckten  kirchlichen 


LReratof.  193 

Acten,  der  Begistratur  und  des  Pfarrarbars  werden  die  Ortskirohen  historiach 
beedhrieben,  die  Stiftongen  aufgezählt  und  im  Anhange  zwei  bisohOfliehe 
Urkunden  fär  Ereistädter  Gotteshftuser  abgedmdki 

Themen  der  allgemeinen  Geschiehte  oder  Oebiete  der  philologischen 
ffistorik  behandeln:  Istriani  e  Bomani  nell'anno  178  a.  C.   Studio 
di  0.   Benedetti   (Staatsgymnasium   zu   Hitterburg-Pisino).   —  Cenni 
storici  sulle  Absirtidi,  da  Augusto  fino  alla  caduta  delTim- 
pero  romano  d*occidente,   studio  di  St.  Petris   (Forts,  des  Progr. 
▼.   1883;   Gymnasium   zu   Gapodistria).   —   Beziehung   des   Königs 
Mathias  von  Ungarn  zu  Georg  Podöbrad  undWladislav  von 
Böhmen  von  A.  Wurscher   (Oherrealschule  im  2.  Bezirke  Yon  Wien). 
—  Der  Streit  zwischen   Kaiser   Friedrich   III.   und   seinem 
Bruder  Albrecht  YI.  von  J.  Katzer  (Landes-Oberrealschule  in  Mäh- 
riseh-Ostrau),  eine  lichtyolle  Zusammenstellung  auf  Grund  der  einsohlfigigen 
Literatur   und   des   gedruckten   QuellenmaterialeSi   die   mit  Albreohts  Tod 
1463  ^^  wahrscheinlich  infolge  der  Pest  —  absdiliesst.  —  Die  Papst* 
wählen   von    1484   und    1492   Yon   Th.  Hagen  (Priyatgymnasium 
Yincentinum  zu  Brixen).  Nach  den  Gesandtsohaftsberichten^  die  einer  Kritik 
unterzogen  werden,   untersucht  H.  die  Wahl  Innocenz  YJil.   (1484)  und 
Alexanders   YL   (1492)  und   weist   yor   allem  die   dabei  untergelaufenen 
simonistisdien   Yorgftnge   nach.   —   Die   Kaiserkrönung   Karls   lY. 
und  ihre  Bedeutung  Yon  D.  Loebmann   (Communal-Gymnasium  zu 
KomotauX   eine  recht  anerkennenswerthe  DarsteUung  auf  Grund  der  vor- 
handenen Literatur.  —  Eiiifluss  des  öffentlichen  Lebens  in  Bom 
auf  die  Entwicklung  und  den  Charakter  der  Beredsamkeit 
yon  N.  Gatsch er  (Obergymnasium  zu  Seitenstetten). —  Das  gesellige 
Lebeu  der  Bömer  zur  Zeit  des  Horaz,  nach  dessen  Gtodichten  übei^ 
sicihilich  dargestellt  von  H.  Strimmer  (Gymnasium  zu  Meran).  —  Zur 
Prosopographia  Horatiana,  L  Th.  von  F.  Hanna  (Personen-  resp. 
Stiobnamen   in   den  Satiren   des  Horaz;   Obergymnasium   zu   Krems).  — 
König  Pyrrhus  iu  seiner  Stellung  zu  Bom  uudCarthago  von 
A«  Kissling  (Sohlnss;  Staatsrealschule  zu  Jftgemdorf),  behandelt  S.  8  fg. 
den   Fbldzug   des   abenteuerlichen   Aiadden  gegen    Blom   280 — 279   und 
Oarthago  278 — 275  und  dessen   letzten  Kampf  bei   Haievent  (275)  nach 
den  Quellen;  wesentlich  Neues,  was  nicht  schon  Niebuhr  und  Bänke  haben, 
finden  wir  nicht.  '—  Die  Begierung  des  Kaisers  Claudius  L,  mit 
KriÜk    der    Ouellen   und   Hilfsmittel  von   A.   Ziegler  (Schluss;    Ober- 
gjmnasium  zu  Kremsmünster). — Zur  Kritikde^  Scriptores  historiae 
Angustae   von  IL   Petschenig   (IL  Staatsgymnasium   zu   Graz);   der 
GodaxAdmontensis  297,  insoribirt:  Gesta  Bomanomm  imperatoruin  et  eorum, 
qni  Gaesaaree  seu  Augusti  simpliciter  appellati  sunt  ecc  (des  Jacob  de  Laqua, 
Brescia)  wird  veiglichen  mit  der  Ausgabe  Peters.  —  Eine  neue  Hand- 
schrift von   Arrians   Anabasis   (Lqden)    von   S.   Lederer   (Ken* 
stSdter  Staatsgymnasium  in  Prag).   —   Zur  Würdigung   des  Thuki- 
djdes  vom  ethischen  Standpunkte   aus  von   J.   Müller  (Gym- 
naaimn  zu  Feldkirch)*  —  Die  griechischen  Papyri  der   kaiser* 
liehen  Sammlungen  Wiens  von  K.  Wessely.  —  Zum  I.  Buche 
der  Commentarien  Gftsars  über    den    gallischen   Krieg  von 
H.  Baumann  (Franz  Joseph-Gymnasium  in  Wien).  —  Aus  Cultur-  und 

IfitthifhiBcan  Tu.  18 


194  LHerattur. 

BeohiBgeschiohte:  Das  Gerichtswesen  and  die  Ekehaft-Tädi- 
gungen  des  Gerichtes  zum  Stein  auf  dem  Bitten  von  J.  Au 
Heyl  (Staatsrealschnle  zu  Bozen).  Der  Schluss  dieser  im  Toijahre  be- 
gonnenen nnd  damals  an  dieser  Stelle  gebührend  hervoi^ehobenAn  rechts- 
historischen  Qaellenforschnng  bringt  einen  Anhang,  enthaltend  die  wich- 
tigsten aus  der  Tergleichung  älterer  Tädigungs-Protooolle  mit  dem  im 
5.  Bande  der  Osterr.  Weisthümer  veröffentlichten  >Schlass-urtl^  fiir  die 
Jahre  1767  und  68  sich  ergebenden  Varianten  und  Zusätze,  welche  in 
das  Programm  von  1884  nicht  mehr  angenommen  werden  konnten.  S.  19 
bis  21  sind  die  Hofhamen  im  alten  Gerichte  zum  Stein  auf  dem  Bitten 
au%eftihrt  (vgl.  Mittheü.  YI,  822).  —  Zur  Beform  der  öster- 
reichischen Patent-Gesetzgebung  von  A.  Werunsky  (mit  einer 
üebersicht  über  die  gesdiichtliche  Entwicklung  des  Erfindungsschutzes; 
Handelsaoademie  zu  Prag).  —  Ueber  Maximilian  als  Jäger  und 
im  besonderen  über  das  Abenteuer  des  Kaisers  auf  der 
Martins  wand  von  E.  £irchlechner  (Staatsoberrealschule  zu  Linz). 
Mit  Heranziehung  des  mannigfachen  gedruckten  Materiales  und  einzelner 
ungedruckter  Urkunden  im  Statthalterei-Archive  und  Ferdinandeum  zu 
Innsbruck  schildert  uns  der  Verfasser  in  recht  interessanter  Weise  die  Jagd- 
liebhabereien Mazimilian*s,  gibt  2.  eine  örtliche  Schilderung  der  Martina- 
wand  und  bespricht  3.  das  Abenteuer  auf  der  Martinswand.  Ausgehend 
vom  20.  Abenteuer  des  Teuerdank  glaubt  E.  zum  Schlüsse  zu  gelangen, 
dass  die  Sage  eine  historische  Unterlage  habe,  die  später  ausgesdimückt 
und  erweitert  und  schliesslich  zu  der  mythischen  Form  geführt  worden, 
in  der  wir  sie  jetzt  kennen.  Die  ausgebildete  Sage  begegnet  uns  aber 
nicht  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrh.,  sondern  bereits  1572.  — 
Die  Pflege  der  Musik,  Dichtkunst  und  Wissenschaften  in 
der  Elosterschule  zu  St  Gallen  von  J.  Neuwirth  (Deutsohes 
Staatsgymnatium  in  Prag-Altstadt).  Verf.,  der  unlängst  auch  eine  Mono- 
graphie über  die  »Bauthätigkeit*  alamanischer  Klöster  veröffButlicht  hat» 
bietet  hier  eine  gründliche,  culturhistorisch  wichtige  Arbeit,  zu  der  er  die 
vorhandene  Literatur  geschickt  heranzuziehen  verstanden  hat.  —  EinBei- 
trag  zur  Geschichte  des  gemeinen  Arbeislohnes  vom  Jahre 
1500  bis  auf  die  Gegenwart  von  Fr.  Scheichl  (Handelsacademie 
in  Linz);  ansehend  vom  Münzwesen  behandelt  der  Verf.,  weldier  jüngst 
auch  eine  Monographie  über  den  >  Aufstand  der  protestantisehen  Salz- 
arbeiter und  Bauern  des  Salzkammergutes  1601 — 1602*  geschrieben  bat» 
nach  »ungeülhren  Schätzungen*  die  Erwerbsverhältnisse  der  Bauhand- 
werker und  Zimmerleute  in  Oberösterreich  seit  1500  und  bringt  statistische 
Tabellen,  die  nach  archivalischen  AufiEcichnungen  zusammengestellt  sind  und 
eine  wünschenswerthe  Üebersicht  gewähren.  —  Boger  Bacon,  eine  cultur- 
geschichüiche  Studie  (aus  dem  18.  Jahrh.)  von  L.  Doublier  (Gonununal- 
Oberrealsahule  auf  der  Wieden  in  Wien).  —  Schulwesen:  Das  erste  De- 
cennium  der  Anatalt  (Communal-Bealgymnasium  zu  Teplitz).  —  Ge- 
schichte und  Statistik  des  f.  e.  CoUegiums  Borromaeu^i 
(1886 — 1884)  von  J.  Wildauer  (mit  Abbildung  des  PrivatgymnasiuniB 
Borromaeum  in  Salzburg). 

Biographisches:    Oberstlieutenant  Georg  Freiherr  v*  Yoga 
(1754^1802),  sein  Leben  und  Wirken  von  A.  Wretschko  (I.  d.  Staats* 


Literaior.  ^95 

gyipoAsiazn  zu  Brüxin).  Hit  Benützung  angedruckten  ActenmaterialeB  wird 
hier  ein  kurzes  Bild  des  berühmten  Mathematikers  und  tapferen  Offiders 
gezeichnet,  der  1789  vor  Belgrad  und  im  1.  Coalitionskri^e  hervorragende 
militärisohe  Thaten  vollbracht  hat  —  Josef  Cardinal  Mezzofanti, 
der  grosse  Polyglott  (gest.  1849),  Lebensskizze  mit  Porträt  von  J.  Chr. 
Mitterrutzner  (Gymnasium  zu  Brixen).  —  Kant  e  Bosmini  (geb. 
1796  zu  Bovereto,  gesi  1855  zu  Stresa)  e  il  problema  gnoseologico  von 
B.  Yisintainer  (Staatsgymnasium  zu  Bovereto). 

Aus  dem  Gebiete  der  Chronologie  und  Epigraphik:  Die  wichtigsten 
Kalender  der  Gegenwart  Eine  Darstellung  des  gesammten  Ealender- 
wesens  von  W.  Enobloch  (mit  histor.  Einleitung,  astronomischen  Be- 
rechnungen und  Behandlung  auch  des  jüdischen  und  türkischen  Sjalenders, 
90  SS.;  Staatsrealschule  in  EaroUnenthal-Prag).  —  Epigraphisches 
aus  Aquileja  von  H.  Maionica  (Staati^gymnasium  in  Gtörz),  ein  weiteres 
Augment  zu  den  Addidamenten  des  Corp.  inscript.  lai,  die  Ettore  Bus  im 
Auftrage  der  Berliner  Academie  herausgibt — Mythologie:  Der  Belenus- 
Cult  mit  besonderer  Bücksicht  auf  Oesterreich  von  J.  Ur- 
walek  (Bealgymnasium  zu  Stookerau).  Der  Yerf,  weist  dem  Cult  des  Bel- 
Belos-Belis-Belenus  (Sonnengott-ApoUo-Jupiter)  im  Allgemeinen  für  Europa 
naehy  nimmt  die  Druiden  als  Belenuspriester  in  Anspruch  und  sucht  diesen 
Gült  in  Britannien,  in  Deutschland  (BieleMd  von  Belenus?)  und  vornehm- 
lieb  in  den  Donauländem  nachzuweisen,  wo  Belenus  als  Grannus  vor- 
kommt^ dessen  Spuren  bei  den  Camem,  am  Bisamberg,  sowie  im  Johannis- 
feuer  und  in  anderen  Yolkaigebräuchen  zu  finden  seien. 

Mit  Pädagogik  der  Geschichte  belassen  sich,  wenn  wir  die  zahlreichen 
AufsStze  über  die  neuen  Instructionen  für  den  Gymnasialunterricht  ausser 
Acht  lassen:  Der  historische  Unterricht  als  Grundlage  einer 
religiösen  Weltanscltauung  von  W.  Ladenbauer  (deutsches  Staats- 
gymnasium zu  Budweis).  —  Die  durch  den  Zeichenunterricht  an 
den  österreichischen  Mittelschulen  erlangte  Kenntnis  der 
classischen  Kunstdenkmftler  ist  ein  wesentliches  Förde- 
rungsmittel zur  Kenntnis  und  Beurtheilung  der  antiken 
Welt  von  J.  Nowak  (Staatsoberrealschule  in  Olmütz).  —  Heber  die 
Vorbildung  zum  Lehramt  an  den  Mittelschulen  von  B.  Chr. 
Biedl  (mit  einer  kurzen  Geschichte  des  Schulwesens,  110  SS.,  Gymnasium 
Tberesianum  in  Wien). 

Geographie  und  Meteorologie :  Das  Land  der  Skythen  bei  Hero- 
dot  und  der  Eeldzug  des  Dareios  in  demselben  (mit  1  Karte). 
Eine  gepgr.  Untersuchung  von  G.  Mair  (IL  Theil,  Staatsgymnasium  zu 
Saaz).  Der  Feldzug  des  Dareios  soll  im  nächsten  Programm  nfther  aus- 
geführt werden.  —  Ueber  die  hydrographischen  Yerhältnisse 
der  Continente  (Zusammenstellung)  von  Fr.  Bheinthaller  (Landes- 
lehreraeminar  zu  St  Polten).  —  Sibirien.  Eine  hurzge&sste  geogr. 
Skizze  von  J.  Ho  ff  mann  (Communal-Oberrealschule  auf  der  Schottenbastei 
in  Wien).  —  Die  Colonien  des  deutschen  Beiches  von  Th. 
Cioalek  (Wiener  Handelsacademie).  —  Meteoritenfälle  von  J.  Dimter 
(Gymnasium  zu  Brannau  in  Böhmen),  wo  auch  einige  Beispiele  ans  dem 
Alterthum  angeführt  sind. 

ir 


\QQ  Literatur. 

Aus  anderen  wissensohafüichen  Gebieten,  die  in  irgend  einer  Weise 
mit  den  bistoriBchen  Disdplinen  zosammenbängen,  beben  wir  endlicb  ber- 
Yör:  Cbateaubriand  (gest  1848)  über  die  Engländer  und  Fran- 
zosen von  Y.  Beranek  (Staatsoberrealscbule  in  Bielitz).  —  Shakes- 
peare*s  »Pericles*  und  George  Lillo's  »Marina*  von  P.  v.  Hof- 
mann-Wellenbof  (mit  biograpbiscben  Daten  über  Lillo,  gest  1789;  Landes- 
oberrealscbule  in  Graz).  —  Die  Darstellung  des  Todes  in  der 
griecbiscben  Kunst  und  Lessing's  Scbrift  »Wie  die  Alten 
den  Tod  gebildet*  von  0.  Adamek  (IL  StaatagynmaBium  zu  Graz, 
S.  17  fg.).  —  Zur  Gescbiobte  und  Literatur  des  Meister- 
gesanges in  Oberösterreicb.  Mit  Benützung  bisber  unedirter  Hand- 
scbriften  von  Hans  Widmann  (Oberrealscbule  zuSteyr).  —  Zu  Goethe*s 
Spracbgebrauob  im  »Götz  von  Berlicbingen*  von  S.  M.  Prem 
(mit  literarbistorisober  Einleitung;  Oberrealschule  im  8.  Bezirke  in  Wien). 
—  Yocabular  spaniscb-pbilippinischer  Ausdrücke  und 
Bedensarten  (darunter  vieler  geographischer  und  historisober  Namens), 
mit  einer  Bibliotheka  pbilippina  11.  Th.  von  F.  Blumentritt 
(Gommunal-Oberrealsohule  zu  Leitmeritz).  —  Versuch  einer  Geschichte 
der  Botanik  in  Krain  (1754—1883),  IL  Th.  von  W.  Voss  (Staats- 
oberrealscbule  zu  Laibach).  Behandelt  unser  Jahrhundert  und  gibt  ein 
Verzeichnis  der  wichtigeren  Bücher  über  Botanik  im  Musealverein  zn  Lai- 
bach. —  Thomae  Mitis  idyllion  de  thermis  Teplicensibus 
(mit  Noten)  von  E.  Hocbreiter  (Realgymnasium  zu  Teplitz).  —  Eine 
Probe  aus  der  Dichtung  des  neugriechischen  Dichters  Ari- 
stoteles Valaoritis  von  H.  v.  Elebelsberg  (mit  Biogri^hie  und 
histor.  Noten;  Gymnasium  zu  Elagen^irt).  —  Digenis  Akritas.  Nach 
dem  byzantinischen  Epos  wiedererzählt  von  A.  Luber  (Sta^tsgymnasium 
zu  Salzburg). 

Aus  slavischen  Programmen  führen  wir  schliesslich  an:  Die  Stadt 
Pisek  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrb.  von  J.  Matzner 
(Mösto  Pisek  v  prvni  polovici  18.  stoleti;  Bealscbule  zu  Pisek).  —  Joachim 
von  Hradec  von  Tb.  Bechof  (J4cbym  z  Hradoe,  ein  einflussreicher 
Adeliger  unter  Ferdinand  I.  und  Max  11.;  Gymnasium  zu  Neuhaus  in 
Böhmen).  —  Die  £irche  der  hl.  Barbara  in  Euttenberg,  eine 
gemeinsame  Studie  von  J.  Zach  und  J.  Branis  (Chr4m  sv.  Barbory  v 
Hofe  Eutn^y  prvni  doba  stavby.  SpoleSna  studio  J.  Zacha  a  J.  Branid; 
Oberrealscbule  zu  Euttenberg).  —  üeber  einige  Sagen  und  Er- 
zählungen aus  der  mährischen  Geschichte  des  10.  Jahrb. 
von  E.  Hrastilek  (0  ndkter^cb  zabadÄch  a  domnSnkäch  tykajfcfob  so 
d^jin  moravsk^^cb  X.  stoleti;  Gymnasium  zu  Wallachiscb-Meseritech).  — 
D^r  Ghynover  Ereis  vor  alten  Zeiten  von  A.  Sedlacek  (Eraj 
Ch^ovsky  v  d4vn;^ch  dobach;  Bealgymnasium  zu  Tabor).  —  Von  der 
Wahl  des  Erzherzogs  Maximilian,  Bruder  des  Eaisers  Bu- 
dolf  IL,  zum  Eönig  von  Polen;  nach  Originalquellen  mitgetheilt 
von  J.  äramek  (0  volbd  aroikniSete  Maximiliana,  brata  dsdFe  Budol&  U^ 
na  kr&lovstvi  polsk6.  Podle  ruznych  pramenu  vypravige;  Gymnasium  zu 
Pisek).  —  Herkunft  und  Nationalität  des  Simon  Simonowicz 
Bendonski  von  S.  Uranowicz  (Pocbodzenie  i  narodowos6  Szymona 
Szymonowicza  Bendonskiego,   mit  Stammtafel;  Gymnasium  zu  ZIoczow). — 


Literatur.  197 

Die  heatigen  Gymnasien  in  Oesterreich  mii  dem  im  ehemaligen 
Königreiche  Polen  dnrch  die  Commission  für  Unterricht  and 
Erziehung  eingerichteten  Gymnasien  in  pädagogischer  and  di- 
daktischer Beziehang  zusammengestellt  von  U.  Wagilewic? 
(Pordwnanie  organizacyi  dzisiejszycb  gimnazyöw  aastryackich  pod  wzgl^ 
dem  pedagogicznym  i  dydaktyncznym  z  gimnazyami  w  Polsoe  przez  Eomisya 
edakacyjna  zaprowadzonymi;  Bealgymnasium  zu  Drohobycz).  —  Die 
Balkan-Halbinsel,  Skizze  von  J.  Petr  (Balkdnsky  poloostrov,  obraz 
[»Bild*]  napsal  J.  P.;  Bealgymnasium  zu  Elattau). 

Linz.  S.  IL  Prem. 


Bericht  des  Istituto  Austriaco  di  studi  storici  in 
Born. 

Zu  der  grossen  Zahl  von  Historikern,  welche  in  diesem  Jahre  im 
Vaticanischen  Archiv  arbeiten,  stellt  Oesterreich-Üngam  ein  besonders 
starkes  Contingeni  Unser  Unterrichtsministerium  hat  diesmal  vier  ehe- 
maligen Institutsmitgliedem  (Dr.  Skodlar,  Dr.  Faber,  v.  Falke  und  v.  Yoltelini) 
römische  Stipendien  verliehen.  Deren  Arbeiten  in  Person  zu  leiten  und 
auch  sonst  die  Interessen  des  Istituto  Austriaco  di  studi  storici  wahrzu- 
nehmen, hat  sich  B.  v.  Sickel  selbst  auf  einige  Monate  nach  Bom  begeben. 
Auch  die  Krakauer  Akademie  der  Wissenschaften  lässt  durch  Dr.  L.  Abra- 
ham zunächst  Umschau  im  Vaticanischen  Archiv  nach  Material  zur  Ge- 
schichte Polens  im  Mittelalter  halten,  um  dasselbe  später  planmässig  aus- 
beuten zu  lassen.  Dr.  B.  v.  DembiAski,  welcher  sich  behufs  eigener 
Arbeiten  nach  Bom  begab,  wird  dieser  Akademie  auch  über  die  Bestände 
des  Vaticanischen  Archivs  f&r  Geschichte  Polens  im  16.  Jahrhundert  Be- 
richt erstatten.  Des  weiteren  ist  Ungarn  stark  und  gut  vertreten.  Die 
Fortsetzung  der  Monumenta  Vaticana  Hungariae  vorzubereiten,  weilt  der 
Generalsecretär  der  ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften,  Monsignore 
Dr.  Praknöi,  mit  den  Pester  Archivaren  Dr.  v.  Fej6rpataky  und  Pettkö 
(beide  einst  ausserordentliche  Mitglieder  des  Wiener  Institutes)  ebenfalls 
in  Bom.  Ihnen  hat  sich  Prof.  Dr.  v.  Thallöczy,  welcher  Material  zur 
Geschichte  Bosniens  sammelt,  angeschlossen.  Auch  in  Bom  ansässige 
ungarische  Geistliche  betheiligen  sich  an  diesen  Arbeiten.  Auch  Geistliche 
aas  Oesterreich  arbeiten  hier  im  Aufkrage  des  Papstes,  so  P.  Gottfried 
Friess  aus  Seitenstetten  und  ein  Ordensgenosse  an  den  Begistem  Clemens  V. 
Endlich  hielt  sich  dort  Prof.  Baron  Boszner  eine  Zeit  lang  auf,  um  cano- 
nistische  Studien  zu  betreiben. 

Hatten  nun  unsere  Stipendisten  der  früheren  Jahre  unter  anderem 
aaoh  festgestellt,  welche  Abtheilungen  des  einstigen  Archivbestandes  ent- 
weder noch  nicht  wieder  aufgefiinden  worden  sind  oder  bisher  der  For- 
sehong  noch  nicht  zugänglich  gemacht  werden  konnten,  so  haben  sich 
jetzt  Fraknoi  und  Sickel  besonders  angelegen  sein  lassen,  weitere  Infor- 
mationen über  den  Verbleib  gewisser  Gruppen  einzuziehen  und  andererseits 
noh  Zutritt  zu  den  bisher  mehr  oder  minder  verschlossenen  Archiven  zu 
▼erschaffen.  In  letzterer  Hinsicht  haben  sie  bereits  einen  Erfolg  gehabt 
Was  ^.  Ottenthai  in  den  Mitth.  Erg.  1,  495—498   über   den  Grundstock 


X98  literatar. 

der  Begistra  cancellariae  des  15.  Jahrh.  bemerkt  hatte,  war  von  mehreren 
Seiten  bestätigt  worden.  Es  war,  ogleich  ein  Bericht  darüber  bisher 
noch  nicht  vorlag,  bekannt  geworden,  dass  der  sflchsische  Staatsarchivar 
Dr.  Posse  gelegentlich  seines  letzten  Aufenthaltes  in  Bom  im  vergangenen 
Frühjahr  von  dem  Prodatar  Card.  Sacconi,  welchem  auch  die  im  Lateran 
befindlichen  Archive  der  Datarie  nnterstehen,  die  Erlanbniss  erwirkt  hatte, 
das  dortige  Archivio  di  boUe,  wie  die  Sammlangen  der  Begistra  cancellariae 
benannt  wird,  in  Augenschein  zu  nehmen.  Femer  hat  Card.  HergenrOther 
in  dem  letzt  erschienenen  Hefte  der  Begesten  Leo  X.  die  Begisterbftnde 
des  Lateran  als  sehr  ergiebige  Quelle  oft  citiri  Zu  gleicher  Zeit  gab 
P.  Denifle  im  1.  Bande  seiner  Oeschiohte  der  Universit&ten  im  Mittelalter 
(Einleitung  XXI  und  S.  419)  genauere  und  bestinmitere  Auskunft  über  das 
Archiv  der  Bullen  im  Lateran,  unter  Hinweis  auf  diese  zuverlfissigen 
Angaben  thaten  Fraknöi  und  Sickel,  sobald  sie  in  Bom  eingetroffen  waren, 
Schritte,  die  betreffenden  Begister  gleich&lls  benutzen  zu  können.  Aller- 
dings stiessen  sie  dabei  auf  einige  Schwierigkeiten,  zumal  auf  die,  dass  in 
dem  Lateranensischen  Archiv  kein  geeigneter  Arbeitsraum  zu  beschaffen 
war.  Doch  Dank  den  bekannten  und  auch  in  diesem  Falle  wieder  den 
Ausschlag  gebenden  Intentionen  S.  H.  des  Papstes  Leo  XIII,  wurde  ihren 
Wünschen  bereitwilligst  entsprochen  und  ein  Ausweg  getroffen,  welcher 
nicht  allein  den  Forschem  aus  Oesterreich-Ungam,  sondern  auch  allen 
anderen  Historikern  die  Benutzung  jener  Lateranensischen  Schätze  ermög- 
licht. Es  wurden  nämlich  auf  besonderes  Ansuchen  von  Fraknöi  und 
Sickel  grössere  Partien  dieser  Bände  aus  dem  Lateran  leihweise  in  den 
Yatican  geschafft  und  ihnen  dort  unter  Beobachtung  der  für  das  Vatica- 
nißche  Archiv  giltigen  Beglements  zur  Yerfögung  gestellt.  Die  betreffende 
Serie  beginnt  mit  dem  Jahre  1389  und  bietet»  obgleich  bedeutende  Ver- 
luste constatirt  worden  sind,  z.  B.  für  P.  Boni&z  IX.  109  und  für 
P.  Eugen  lY.  130  Bände,  so  dass  die  Anzahl  der  Bände  bis  1500  vor- 
läufig auf  1000  geschätzt  werden  kann«  Diese  Bände  sind  im  wesent- 
lichen so  angelegt  und  eingerichtet,  wie  die  von  Ottenthai  L  c.  417  mit 
M.  10  und  M.  11  bezeichneten  und  als  Theile  der  Serie  erkannten  Bände. 
Da  die  Durchsicht  derselben  sehr  viel  Zeit  erfordert,  sind  Fraknöi  und 
Sickel  zunächst  übereingekonmien,  dass  unsere  Genossen  aus  Ungarn  bei 
Prüfung  der  Begister  Boni&z  IX.  auch  die  uns  interessirenden  Stücke  ver- 
zeichnen, unsere  Stipendisten  dagegen,  welche  die  Begister  Eugen  lY.  zuerst 
in  Angriff  genommen  haben,  auch  verzeichnen,  was  sich  auf  die  Geschichte 
Ungarns  bezieht  "ffie  gross  die  Ausbeute  für  historische  Zwecke  sein 
wird,  darüber  wird   sich  allerdings   erst  später   ein  Urtheil  ftUen  lassen. 


Sechsundzwanzigste  Plenarversammlung  der  histo- 
risclien  Gommission  bei  der  kgL  bayer.  Akademie  der 
)¥'i886n8chaften. 

München,  im  Okiober  1885.  In  den  Tagen  vom  1.  bis  8.  Okt. 
hielt  die  historische  Gommission  ihre  diegjährige  Plenarversammlung. 
Anwesend  waren  von  den  ordentlichen  Mitgüedem  Geh.  Begierungsrath 
Waitz  aus  Berlin,  Hofrath  Prof.  v.  Sickel  aus  Wien,  die  Professoren  Baum- 
garten aus  Strassburg,  Dümmler  aus  Halle,  Hegel  aus  Erlangen,  \;  Eluck- 


Liieratar.  199 

höhn  aoB  OeHtingen,  Wattenbaoh  und  Weiasfioker  aus  Berlin,  y.  Wyss  ans 
Z&rioh  ftnd  der  stftndige  SecretKr  der  Commission,  GeheimraÜL  v.  Oiese- 
breoht,  der  in  Abwesenheit  des  Vorstandes  wirkL  Oeheimraths  ▼.  Bänke 
die  Yerhandlongen  leitete. 

Von  den  ansserordentliohen  Mitgliedern  der  Commission  nahmen  an 
der  Plenarversammliing  Theil  Prof.  v.  Bezold  ans  Erlangen,  Frofl  Heigel, 
Oberbibliothekar  Biezler  und  Prof.  Stieve  von  hier. 

Die  Verhandlangen  ergaben,  dass  die  Unternehmungen  der  Com- 
mission im  beäten  Fortgange  sind.  Seit  der  yoij&hrigen  Plenaryersamm- 
long  sind  folgende  neue  Pnblicationen  der  Commission  in  den  Bachhandel 
gekommen : 

1.  Geschichte  der  Wissenschaften  in  Deutschland.  Neuere  Zeit. 
Bd.  XVni.  Abtheilung  2.  —  Geschichte  der  deutschen  Bechts- 
wissenschaft  von  B.  Stintzing.     2.  Abtheilung. 

2.  Geschichte  der  Wissenschaften  in  Deutschland.  Neuere  Zeit. 
Bd.  XX.  Geschichte  der  deutschen  Historiographie  seit  dem  Au^ 
treten  des  Humanismus.     Von  Dr.  Fr.  X.  ▼.  Wegele. 

S.  Jahrbücher  der  deutschen  Geschichte.  —  Jahrbücher  des  deut- 
schen Beichs  unter  König  Heinrich  I.   Von  G.  Waitz.  8.  Auflage. 

4.  Deutsche  Beichstagsacten.  Bd.  V.  —  Deutsche  Beichstagsacten 
unter  König  Buprecht.  2.  Abtheilung.  1401^1405.  Heraus- 
gegeben von  J.  WeizsIIcker. 

5.  Die  Chroniken  der  deutschen  Städte  vom  14.  bis  ins  16.  Jahrb. 
Bd.  XIX.  —  Die  Chroniken  der  niedersächsischen  Städte.  Lübeck. 
1.  Band. 

6.  Forschungen  zur  deutschen  Geschichte.     Bd.  XXV. 

7.  Allgemeine  deutsche  Biographie.     Liefg.  97 — 106. 
Ausserdem  erschien  im  Druck  die  von  der  Commission  gekrönte  Preis- 

achrift:  F.  A,  Specht,  Geschichte  des  Unterrichtswesens  in  Deutsdbland. 

Auch  in  diesem  Jahre  muss  die  Commission  mit  dem  wärmsten  Danke 
die  ausserordentliche  Gefitlligkeit  anerkennen,  mit  welcher  die  Vorstände 
der  Archiye  und  Bibliotheken  des  In-  und  Auslandes  alle  Arbeiten  der 
Commission  zu  unterstützen  fort&hren. 

Die  Geschichte  der  Wissenschaften  in  Deutschland  hat  wesentliche 
Bereioherungen  er&hren.  Die  Geschichte  der  deutschen  Historiographie 
yön  Prof.  y.  Wegele  ist  erschienen  und  der  yon  dem  yerstorbenen  Stintzing 
noch  selbst  publicirten  ersten  Abtheilung  der  Geschichte  der  deutschen 
Bechtswissenschaft  hat  eine  zweite  Abtheilung  aus  Stintzings  Nachlass  hin^ 
zogefögt  werden  können,  deren  Herausgabe  dem  PriyatdocentenDr.  £.  Lands- 
berg in  Bonn  zu  yerdanken  isi  Man  ho£ft  in  nächster  Zeit  einen  her- 
yorragenden  Gelehrten  für  die  Vollendung  des  Werkes  zu  gewinnen.  Mit 
der  Geschichte  der  Kriegswissensohaft  ist  Oberstlieutenant  M.  Jahns  unaus- 
gesetzt beschäftigt  und  wird  sie  yielleicht  schon  im  nächsten  Jahre  yoll- 
enden  können.  Nur  wenige  Abtheilungen  des  grossen  Unternehmens 
stehen  noch  zurück,  und  wird  die  Commission  einen  baldigen  Abechluss 
desselben  zu  erreichen  auf  alle  Weise  bemüht  sein. 

Von  dm  deutschen  Beichstagsacten  ist  yor  kurzem  der  5.  Band  aus- 
gegeben worden,  der  2.  aus  der  Begierungszeit  König  Buprechts,  wacher 
die  Jahre  1401 — 1405  um&ssi     Die  Herausgabe  dieses  Bandes  hat  Prof. 


2()0  Literatur. 

WeixsKokeri  der  Leiter  des  ganzen  Unternehmens,  mit  Unterstfizong  des 
Ur.  Quidde  in  Frankfurt  a.  IL,  selbst  besorgt  Im  Druck  begfiffen  ist 
der  9.  Band,  welcher  aus  der  Zeit  König  Sigmunds  die  Jahre  1427 — 1431 
um&ssen  wird;  der  Herausgeber  dieses  Bandes  ist  Oberbibliothekar  Dr. 
Eerler  in  Würzburg,  der  leider  mit  der  Vollendung  desselben  seine  Thfttig- 
keit  ftlr  die  deutschen  Beichstagsacten  einstellen  wird.  Auch  der  6.  Band, 
der  dritte  und  letzte  aus  der  Zeit  König  Ruprechts,  ist  in  der  Handschrift 
nahezu  vollendet  und  wird  sogleich  nach  Vollendung  des  Drucks  des 
9.  Bandes  der  Presse  übergeben  werden;  mit  seiner  Bearbeitung  waren 
ausser  Pro£  Weizsäcker  besonders  Prof.  Bemheim  in  Grei&wald  und 
Dr.  Quidde  beschäftigt  Auch  für  die  späteren  Bände  ist  bereits  ein 
grosses  archiyalisches  Material  gesaomielt  Dr.  Quidde  hat  eine  grosse 
Zahl  süddeutscher  Archive  bereist  und  auf  Grund  der  erworbenen  Ueber- 
sicht  über  das  Material  zahlreiche  Acten  nach  Frankfurt  kommen  lassen, 
wo  sie  unter  seiner  Au&icht  besonders  von  Dr.  Fronix^  und  Dr.  Jung 
für  die  Herausgabe  der  Beichstagsacten  vollständig  ausgenützt  wurden. 
Dank  dem  überaus  freundlichen  Entgegenkommen  des  Stadtarchivars  Dr. 
Grotefend  konnte  Frankfurt  zu  einem  Mittelpunkt  aller  Arbeiten  für  die 
Beichstagsacten  gemacht  werden. 

Von  den  deutschen  Städtechroniken  ist  der  19.  Band,  der  erste  der 
Lübecker  Chroniken,  bearbeitet  vom  Stadtarchivar  Dr.  Koppmann  in  Rostock, 
im  abgelaufenen  Jahre  erschienen.  Li  Angriff  genommen  wurde  die  Aus- 
gabe der  niederrheinischen  und  westfUlisohen  Chroniken,  welche  im  14. 
und  15.  Jahrh.  in  deutscher  Sprache  geschrieben  sind.  Solche  Chroniken 
•  sind  nur  von  Neuss,  Soest  und  Dortmund  —  letztere  noch  ungedrucht  — 
vorhanden.  Mit  der  philologischen  und  historischen  Bearbeitung  waren 
die  Germanisten  Dr.  Franck  in  Bonn  und  Dr.  Jostes  in  Münster,  sowie  die 
Historiker  Dr.  Hansen  in  Bonn  und  Dr.  Ulrich  in  Köln  beschäftigt  Der 
Anordnung  und  Leitung  dieser  Arbeiten  hat  Prof.  Lampredht  in  Bonn,  im 
Einverständnis  mit  Prof.  Hegel,  dem  Leiter  des  ganzen  Unternehmens,  sich 
unterzogen.  Vorbereitet,  jedoch  noch  nicht  in  so  naher  Aussicht  stehend 
ist  das  Erscheinen  eines  8.  Bandes  der  Braunschweiger  Chroniken,  be- 
arbeitet von  Stadtarchivar  Hänselmann  in  Braunschweig,  sowie  das  des 
3.  Bandes  der  Augsburger  Chroniken,  für  welchen  die  Chronik  des  Heotor 
Mülich  nebst  ForfaBctzungen  aus  dem  15.  Jahrh.  bestimmt  ist.  Der  Text 
dieser  Chronik  ist  bereits  vor  längerer  Zeit  durch  Prof.  Lezer  festgestellt 
worden;  die  historische  Bearbeitung  hat  Dr.  Schulte  in  Donaueschingen 
übernommen. 

Von  der  Sammlung  der  Hanserecesse,  bearbeitet  vom  Stadtarchivar 
Dr.  Koppmann,  war  bereits  vor  längerer  Zeit  der  Druck  des  sechsten 
Bandes,  welcher  für  die  Zeit  von  1411 — 1420  bestinmit  ist  begonnen 
worden,  musste  aber  wegen  dienstlicher  Behinderungen  des  Herausgebers 
eingestellt  werden.  Der  Druck  wird  demnächst  wieder  aufgenommen 
werden  und  sich  hoffentlich  ohne  Störung  fortfEUiren  lassen. 

Die  Jahrbücher  der  deutschen  (beschichte  werden  voraussichtlich  in 
der  nächsten  Zeit  nach  verschiedenen  Seiten  vervollständigt  werden.  Pro£ 
Meyer  v.  Knonan  in  Zürich,  welcher  die  Jahrbücher  Heinrichs  IV.  und  V. 
bearbeitet,  stellt  in  Aussicht  dass  der  erste  Band  der  Jahrbücher  Kaiser 
Heinrichs  IV.  alsbald  der  Presse  wird  übergebeu  werden  können.   Hofrath 


Literatur.  201 

Fn>£  Winkelmann  in  Heidelberg  hoffb  im  Jahre  1886  den  ersten  Band 
der  Jahrbücher  Kaiser  Friedrichs  U.  in  der  Handschrift  zu  vollenden. 
Die  Bearbeitnng  der  Jahrbücher  Kaiser  Friedrichs  1.  ist  dem  Seoretfir  der 
hiesigen  Hof-  and  Staatsbibliothek  Dr.  H.  Simonsfeld  übertragen  worden 
tmd  sind  von  ihm  die  Vorarbeiten  bereits  begonnen.  Bekanntlich  sind 
mehrere  früher  veröffentlichte  Theile  der  Jahrbücher  nicht  mehr  durch 
den  Buchhandel  zu  beziehen  und  deshalb  neu  revidirte  AujBagen  nöthig 
geworden.  Ton  den  Jahrbüchern  König  Heinrichs  L,  bearbeitet  von  dem 
Qeh.  Begiemngsrath  Waitz,  ist  die  3.  vom  Verfasser  selbst  revidirte  Auf- 
lage vor  kurzem  erschienen.  Mit  der  Revision  der  Arbeit  des  verstorbenen 
H.  £.  Bonnell:  »Die  AnfiKnge  des  karolingisohen  Hauses«  ist  Pro£  Oelsner 
in  Frankfurt  a.  M.  beschftftigt  und  hoffb  dieselbe  alsbald  zum  Abschluss 
zu  bringen.  Der  Bevision  des  von  dem  gleich&lls  verstorbenen  Sigurd 
Abel  bearbeiteten  ersten  Bandes  der  Jahrbücher  Karls  des  Grossen  unter- 
zieht sich  Prof.  Simson  in  Freiburg  i.  B.,  und  wird  voraussichtlich  der 
Druck  der  neuen  Auflage  im  Laufe  des  nfichsten  Jahres  beginnen.  Die 
von  Prof.  Dümmler  bearbeiteten  Theile  der  Jahrbücher  werden  von  ihm 
selbst  revidirt  werden. 

Die  allgemeine  deutsche  Biographie^  redigirt  von  Klosterpropst  Frei- 
herm  v.  Liliencron  und  Ptof.  v.  Wegele,  ist  im  verflossenen  Jahre  um 
den  20.  und  21.  Band  bereichert  worden,  auch  ist  vom  22.  Band  bereits 
eine  Lieferung  ausgegeben.  Das  Unternehmen  hat  seinen  regelmfissigen 
Fortgang  und  erfreut  sich  allgemeiner  Anerkennung. 

Die  Zeitschrift:  Forschungen  zur  deutschen  Oeschichte,  von  welcher 
der  25.  Band  erschienen  ist,  erweist  sich  nach  wie  vor  als  ein  BedürMs 
und  wird  in  der  bisherigen  Weise  imter  Redaction  des  Geh.  Begierungs- 
raths  Waifz  und  der  Prof.  v.  Wegele  und  Dümmler  fortgesetzt  werden. 
Die  Arbeiten  fär  die  Wittelsbachischen  Correspondenzen  haben  im 
verflossenen  Jahre  grössere  Unterbrechungen  er£Ahren,  da  die  für  dieselben 
thfttig^i  Prof.  V.  Bezold  und  Stieve  durch  ihre  amtlichen  GeschSfle  in 
hohem  Masse  in  Anspruch  genommen  waren.  Prof.  v.  Druffel  hat  die 
Arbeiten  für  den  abschliessenden  4.  Band  der  BeitrSge  zur  Beichsgeschichte 
(1546 — 1555)  fortgesetzt,  und  wird  der  Druck  dieses  Bandes  im  Laufe 
des  nflchsten  Jahres  begonnen,  vielleicht  auch  vollendet  werden  können. 
Die  Nachforschungen  nach  Actenstücken  zur  Geschichte  Kaiser  Lud- 
wigs des  Bayern  im  Vaticanisohen  Archive,  welche  auf  Anregung  des  Ge- 
heimraths  v.  Löher  schon  in  zwei  früheren  Wintern  begonnen  waren,  sind 
im  letzten  Winter  durch  Oberbibliothekar  Biezler  unter  Beihilfe  der  Archiv- 
practikanten  Franz  Löher  und  Dr.  Jochner  zum  Abschluss  gebracht  worden. 
Die  Comission  beschloss  die  Veröffentlichung  des  so  gewonnenen  Materials, 
welches  in  vielen  Einzelheiten  werthvolle  neue  Aufschlüsse  über  die  Ge- 
schichte Ludwigs  des  Bayern  gewährt,  möglichst  zu  beschleunigen  und 
beauftragte  Oberbibliothekar  Biezler  mit  der  Herausgabe. 

Seit  längerer  Zeit  hat  der  Secretfir  der  hiesigen  Hof-  und  Staats- 
bibliothek Dr.  H.  Simonsfeld  zahlreiche  Urkunden  zur  Geschichte  der 
deutsch-venetianischen  Handelsbeziehungen  und  des  deutschen  Kaufhauses 
in  Venedig  gesammelt  Da  der  Druck  dieser  wichtigen  Sammlung  ohne 
eine  Unt«^rsiüzung  sich  nicht  wohl  bewerkstelligen  iMsst,  glaubte  die  Com- 
mission  einen  Druckzuschuss  für  dieselbe  befürworten  zu  sollen. 


202  literatur. 

üebersiclii  der  periodischen  Literatur  Oesterreich'- 
Ungarns. 

Arohiv  für  österreiohisohe  Geschichte.  Hg.  von  der  hist 
Commission  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften.  65.  Bd.  (Wien  1883.) 
2.  Hälfte:  Loserth,  Das  Necrolog  des  Minoritenklosters  in  Olmütz.  — 
Bossen,  Salzburg  und  Böhmen  vor  dem  Kriege  von  1276.  —  Dadik, 
Tagebuch  des  feindlichen  Einfalles  der  Schweden  in  das  Markgrafkhom 
Mahren  während  ihres  Aufenthaltes  in  der  Stadt  Ohnütz,  1642 — 1650, 
geführt  von  dem  Olmützer  Stadtsohreiber  nnd  Notar  Magister  Friedrich 
Flade;  üeber  Nekrologe  der  Olmützer  Domkiiche.  —  66.  Bd.  (Wien  1884/85): 
Haber,  Ludwig  L  von  Ungarn  und  die  ungarischen  Vasallenländer.  — 
Höfler,  Depedchen  des  venetianischen  Botschafters  bei  Erzherzog  Philipp, 
Herzog  von  Burgund,  König  von  Leon,  Castilien,  Granada,  Dr.  Vincenzo 
Quirino  1505—1506.  -^  Zwiedineck-Südenhorst,  Graf  Heinrich  Mathias 
Thum  in  Diensten  der  Bepublik,  Venedig.  Eine  Studie  nach  venetianischen 
Acten.  —  Wertheimer,  Erzherzog  Carl  als  Präsident  des  Hofkriegsrathes 
1801 — 1805  nach  ungedruckten  Quellen.  —  Friess,  Die  ältesten  Todten« 
bücher  des  Benediotinerstiftes  Admont  in  Steiermark.  —  Huber,  Die  Oe- 
fangennehmung  der  Königinnen  Elisabeth  und  Maria  von  Ungarn  und  die 
Kämpfe  König  Sigismunds  gegen  die  neapolitanische  Partei  und  die  übrigen 
Beichsfeinde  in  den  Jahren  1386 — 1895. 

Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Commission  zur  Er- 
forschung und  Erhaltung  der  Kunst-  und  historischen 
Denkmale.  KjBd.  Dr.  Karl  Lind.  Neue  Folge  10.  Bd.,  1884,  8.  und 
4.  Heft:  Lübke,  Der  Dom  von  Aquileja.  —  Bziha,  Beiträge  zum  Studium 
der  Steinmetz-Zeichen.  —  Schönherr,  Die  Archive  in  Tyrol,  I  und  II.  — 
Beckh-Widmanstetter,  Die  Grabdenkmäler  der  Keutschacher  zu  Maria  Saal 
in  Kärnten.  —  Hg,  Kunstnqtizen  aus  Laibach.  —  Dahlke,  Das  Dreikönig- 
Bild  zu  Mitter-Olang.  —  Wussin  und  Ilg,  Kunsthistorisohe  Beiträge  ans 
dem  Gleinker  Archiv  in  und  Nachtrag.  —  Lind,  Archäologische  Notizen 
in  Kärnten.  —  Franz,  Holzkirche  in  Hotzendorf.  —  Frimmel,  Beiträge 
zu  einer  Ikonographie  des  Todes  n  und  IIL  —  Much,  Die  prähistorischen 
Funde  von  Sta.  Lucia  im  Küstenlande.  —  Kaiser,  Die  Grabungs-Ergebniase 
von  Stammersdorf  in  Kärnten.  —  Dr.  Franz  Schestag,  Nekrolog.  — 
Petschnig,  Die  Burg  Biggersburg.  —  Wimmer,  Die  ehemalige  Stiftakiidie 
in  Spital  am  Pym.  —  Neuwirth,  Goldenkron.  —  Kisa,  Mährisch-Trübao. 
Beitrag  zur  Geschichte  der  Benaissance  in  Mähren.  —  De  Gampi,  Antike 
Funde  im  Val  di  Non.  —  Bergmann,  Ueber  ein  Gebetbuch  mit  Miniatur 
aus  dem  15.  Jahrhundert.  —  Hg,  Aus  Meran.  —  Häuser,  Insdhriftston 
bei  Feistritz-Patemion.  —  Euine  Weinegg.  —  Hauser,  die  diesjährigen 
Ausgrabungen  im  Grabfelde  zu  Frögg-Yelden.  —  Deininger,  Das  St  Jaooba- 
Kirchlein  in  Hall.  —  Lind,  Archäologische  Notizen  in  Kärnten.  —  Notizen. 
Begister  der  Personen-,  Orts-  und  Sachnamen.  —  11.  Bd.  Wien  1885: 
Helfert,  CJonservatoren-Tage.  —  Neuwirth,  Zur  Geschichte  der  Miniatur- 
Malerei  in  Böhmen.  —  Schönherr,  Das  Schloss  Velthums.  —  Klodi6, 
Die  Ausgrabungen  auf  Ossero.  —  Frimmel,  Beiträge  zu  einer  Ikono- 
graphie des  Todes  IV  u.  V.  —  Neuwirth,  Goldenkron  II.  —  Schtoherr, 
])ie   Archive  in  Tyrol  (Forts.).  —    Lind,    Der    St.    Wenzels-Leuchter  im 


literatur.  203 

Prager  Dome.  —  Leicht-Lychdorff,  Die  k.  k.  Burg  in  Grfttz.  —  Newald, 
Die  Kirche  zu  St.  Wolfgang  bei  Waitra.  —  Wichner,  Ein  Sleinodien- 
YerzeichnisB  des  Chorherren-Stiftes  St  Nicolans  in  Bottemnann.  —  Haaser, 
Weitere  Ergebnisse  der  Ausgrabungen  zu  FrGgg  in  Eftmten.  —  Schneider, 
üeber  eine  bakhische  Maske  aus  Cilli.  —  Jenny,  Ghr&ber  der  Bronze-Zeit 
in  Oemprin-Bendem  (Ffirstenthum  Lichtenstein);  die  römische  Heerstrasse 
£rigantium-Ad  Bhenum.  —  Petschnig,  Buine  Deutschlandsberg  und  Schloss 
HoUenegg.  —  Hg,  Kunsttopographisches  aus  TyroL  —  Janouaek,  Denk- 
male der  Stadt  Tel6  L  —  Wastler,  11.  Nachtrag  zur  Oeschichte  der  Schatz-, 
Kunst*  und  Büstkammer  in  der  k.  k.  Burg  zu  Grätz.  —  Gregorutti, 
Strassenzüge  bei  Aquileja.  —  Czemy,  Die  Stiftskirche  von  Garsten  in 
ObeorOsterreich.  —  Hg,  Kunsttopographisches  aus  Süd-Tyrol.  —  Much,  Die 
Kupferzeit  in  Europa  und  ihr  Yerhältnis  zur  Cultur  der  Indogermanen. 

—  Riewel,  Die  Kirche  zn  SchOndorf.  —  Notizen.  —  Begister  der  Per- 
8onen-y  Orts-  und  Sachnamen. 

Berichte  und  Mittheilungen  des  Alterthums-Yereines 
zu  Wien.  23.  Bd.  1.  u.  2.  Heft,  Wien  1884/85:  Hg,  Die  Pfarrkirche  in 
Laxenburg.  —  Lind,  Die  Losensteiner  Graber  in  Garsten.  —  Newald,  Ein 
archfiologischer  Ausflug.  —  Lind,  Nachträge  zum  archäologischen  Weg- 
weiser durch  das  V.  0.  W.  W.  —  Newald,  Medaille  auf  Niclas  Herrn  von 
Rrmian.  —  Berger,  Die  Schwarzenberggruft  bei  den  Augustinern  in  Wien. 

—  Biewel,  Die  Pfarrkirche  in  Haag.  —  Lind,  Die  Stephanskirche  in  Wien. 

—  Hg,  Der  Sacristeibrunnen  im  Stephansdome.  —  Amon,  die  Trauerfeier 
Wiens  nach  Kaiser  Joseph  II.  —  Hg,  der  Wiener  Architect  F.  S.  Bosenstingl. 

—  Aus  Klostemeuburg.  —  Lind,  urkundliche  Beitrage  zur  Geschichte  der 
St.  Stephanskirche  in  Wien  IL  u.  IIL  —  Hg,  Gumpoldskirchen ;  Franz  von 
Bottiers.  —  Widter,  Die  Teufel  zu  Winzendorf.  —  Hg,  Die  Allio.  — 
Lind,  Erinnerung  an  die  culturhistorische  Ausstellung  in  Steyr.  —  Bosner, 
Daa  Schmidfsche  Denkmal  in  den  Promenade- Anlagen  der  Stadt  Krems.  — 
Nachtrag.  —  Teufel  von  Krottendorf,  Freih.  zu  Gunderstorf-Eckharts- 
au  eta  —  Boeheim,  Notizen,  gesammelt  auf  einem  Ausflüge  in  Nieder- 
öeterreich. 

Jahrbuch  des  heraldisch-genealogischen  Vereines  Adler 
in  Wien.  IX.  Jahrgang  (XIL  Jahrgang  der  Zeitschrift).  Wien  1882: 
Yereinsnachrichten.  —  Grf.  v.  Pettenegg,  Zur  Genealogie  des  Hauses  Echan. 

—  Beckh-Widmanstetter,  Eine  kamtnerische  Familienfehde  1591.  — 
Querfurth,  Das  dänische  Beichs-  xmd  Königswappen.  —  Steiger-Münsingen, 
Die  erblichen  Gesellschaften  (Zünfte)  im  alten  Freistaate  von  Bern.  — 
Nabujs,  Das  Wappen  des  Papstes  Adrian  VI.  —  Altmann,  Ueber  das 
Adelswesen  auf  den  jonischen  Inseln.  —  Goeckingk,  Das  Wappen  der 
Stadt  Wiesbaden.  —  Klemme,  Das  Wappenbuch  der  Grafen  von  Liechten- 
stein-Casteloom.  —  Alphabetisches  Begister  der  Standeserhöhungen  Kaiser 
KarFs  V.,  welche  in  den  im  k.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchive  auf- 
bewahrten Begistratursbüchem  Kaiser  Karls  Y.   eingetragen  sind  (Forts.). 

—  Goeckingk,  lieber  den  Adel  im  Königreiche  der  Niederlande.  —  Weyhe- 
Smke,  Zwei  YermKhlungen  im  Hause  Longueval  in  der  Linie  Yaux- 
Baquoy.  —  Leitner,  Freydal.  Des  Kaisers  Maximilian  L  Turniere  und 
Mummereien.  —  Dachenhausen,  Die  kaiserlichen  Wappenbriefe  und  Adels- 


204  Literatur. 

diplome,  beziehungsweise  Adelsbestätigangen  der  verschiedenen  Familien 
Winkler.  —  Klemme,  Die  Sires  von  Neufchfttel.  —  Qrf.  v.  Pettenegg, 
Das  Stammwappen,  des  Hanses  Habsborg;  Anhang.  Das  Wappen  »Neu- 
Oesterreich.  *  —  liebenaa,  Die  Anfänge  des  Hauses  Habsburg.  —  Literatur. 

Organ  der  k.  k.  heraldischen  Gesellschaft  »Adler*.  Xm. 
Jahrg.  der  Zeitschrift,  X.  des  Jahrbuches.  Bed.  unter  Leitung  des  Yioe- 
Prasidenten  Dr.  Ed.  Gaston  Pöttickh  Grafen  von  Pettenegg.  Wien  1888: 
Gesellschafts-Chronik  und  Geschäftsberichte.  —  Hartmann-Franzensbuld, 
Die  Potenoe  des  Toison  d'or  und  ein  Wappenbuch  des  Ordens  vom  goldenen 
Yliess.  —  Liebenau,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Familie  von  Tegerfelden. 

—  Franzenshuld,  Brabb^.  Eine  bürgerliche  Genealogie  von  1700 — 1888. 

—  Eindler  v.  Enobloch,  Die  Herren  von  Hohenstein  im  Elsass.  —  Frh. 
V.  Hohenbühel,  Alphabetisches  Begister  der  in  sämmtlichen  drei  Tfaeilen 
von  Wiguleus  Hundts  bayrischem  Stammbuche  enthaltenen  adeligen  (Ge- 
schlechter. —  Franzenshuld,  Die  rheinische  Tumiergesellschaft  vom  ge- 
krönten Steinbock.  —  Wisgrill,  Schauplatz  des  niederösterreichischen  land- 
sässigen  Adels  vom  9.  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts.  —  Klemme, 
Ueber  einen  Zweig  der  Choiseul  in  Oesterreich.  —  Heilmann,  Divii  von 
Serlink.  —  Daohenhausen,  Genealogie  der  von  Dachenhausen.  —  Benoit^ 
Extraits  des  actes  de  baptdme  ä  la  Mairie  de  Lunöville.  —  Querfurth, 
Ueber  Wappen-Entstellungen.  —  Kolaf  ,  Die  ältesten  Siegel  des  böhmischen 
Adels.  —  Weyhe-Eimke,  Die  Erhebung  des  Freiherm  .von  Vaux  aus  dem 
Hause  Longueval  in  den  Grafenstand  als  Grafen  von  Buquoj  mit  einigen 
weiteren  Notizen  über  diese  Familie.  —  Dobner  und  Klemme,  Das  Stamm« 
buch  des  Johann  Paul  Geymann,  etc.  enthaltend  die  Eintragungen  seiner 
Freunde  und  Studiengenossen  an  den  Universitäten  zu  Tübingen  und 
Strassburg.  —  Luschin  von  Ebengreuth,  Heraldische  Findlinge.  — ,  Fehren- 
theil und  Gruppenberg,  Zwei  Ahnentafeln  der  Grafen  von   Sylva-Tarouca. 

—  Heilmann,  Standeserhöhungen  und  Gnadenacte  unter  der  Regierung 
seiner  Majestät  des  Kaisers  Franz  Josef  L  (1880—1882). 

Numismatische  Zeitschrift,  herausgegeben  von  der  numis- 
matischen Gesellschaft  in  Wien  durch  deren  Bedactions-Gondt^.  XY.  Jahrg. 
Wien  1888:  Peez,  Eine  neue  Münze  von  Celenderis  mit  dem  Bilde  des 
Trajan  Decius.  —  Kenner,  Münze  von  Ninive.  —  Bahrfeldt,  Geschichte  des 
älteren  römischen  Münzwesens  bis  circa  200  vor  Christus.  —  Stickel,  Eine 
der  älteren  armenischen  Münzen.  -  Müller,  Venezianer  Münzen  im  XIIL  Jahi^ 
hunderte  und  ihr  Einfluss  auf  das  mitteleuropäische  Münzwesen.  —  Meyer, 
Die  Münzen  der  Stadt  Dortmund.  —  Numismatische  Literatur.  —  XYL 
Jahrg.  Wien  1884:  Hoänann,   Beiträge   zur  Geschichte  alter  Legirungen. 

—  Schott,  Ein  unedirter  Aureus  des  Kaisers  Licinius.  —  BoUet,  Der 
Pfa&tätterer  Fund  von  Wiener  Pfenningen.  —  Luschin  von  Ebengreuth, 
Die  Wiener  Pfenninge  zu  Zeiten  König  Ottokars.  —  Schalk,  Der  Wiener 
Münzverkehr  im  16.  Jahrh.  —  Joseph,  Die  Münzen  des  gräflichen  und 
farstlichen  Hauses  Leiningen.  —  Meyer,  Die  Münzen  der  Familie  Sdiutz- 
bar„  genannt  Milchling  (Nachtrag).  —  Imhoof-Blumer,  Griechische  Münzen 
aus  dem  Museum  in  Klagenfurt  und  anderen  Sammlungen.  —  Peez:  Zar 
cyprischen  Münzkunde.  —  Bahrfeld,  Die  gefütterten  Münzen  aus  der  Zeit 
der  römischen  Republik.  —  Markl,  Ueber  die  Bedeutung  der  SiegeamdnzeA 


liieratar.  205 

VICrrOSIA  a  mi  und  YICTOBIA  GESMAN  von  ClaadioB  II.;  Die  Beichs- 
xnüxizstfttteii  unter  der  Begierung  Claudius  TL.  Gothicus  und  ihre  Emissionen. 
—  Luschin  yon  Ebengreuth,  Die  Wiener  Pfenninge  zu  Zeiten  König 
Ottokars.  —  Meyer,  Die  Medaillen  der  Familie  Bantzau  (Nachtrag).  — 
Bahrfeldt,  Das  Münzwesen  der  Stadt  Luckau  in  der  Niederlausitz.  — 
Qebert,  Münzgeschiohtliches  zu  den  Burgmilchling'schen  Ausprägungen.  — 
Traohsel,  Neues  Verzeichnis  der  Mflnzsorten  der  Grafen  von  Montfort.  — 
Numismatische  Literatur.  —  Jahresbericht  der  numismatischen  Gesellschaft. 

Mittheilungen  des  k.  k.  Kriegs-Archiys.  Hg.  u.  red.  von 
der  Direction  des  Kriegs- Arohiys,  Jahrgang  1884,  Wien  1884:  Angeli, 
1812.  Die  Theilnahme  des  k.  k.  österr.  Auxiliar-Gorps  unter  Commando 
des  G.  d.  G.  (später  Feldmarschalls)  Fürsten  Carl  zu  Schwarzenberg  im 
Feldzuge  Napoleon  L  gegen  Bussland.  —  Wiener,  Das  Corps  deia  FML. 
Friedrich  Freiherm  von  Hotze  im  Feldzuge  1799.  —  Gömörj  von  Gömör, 
Eine  Herausforderung  des  Grafen  Nioolaus  von  Zrin  (Zrinyi)  durch  Machmet 
(Mehemed)  Pascha  von  Bosnien  ^bbi.  —  Jihn,  Der  Feldzug  1761  in 
Schlesien  und  Sachsen.  —  Wetzer,  Waldstein  und  die  Pilsener  Beverse 
1634.  —  Aus  der  Jugendzeit  Kaiser  Josef  11.  —  Ausserordentliches 
Avancement.  —  Trauerlied  der  Soldaten  am  Begräbnisstage  der  grossen 
Theresia.  —  Wiener,  Die  Schlacht  bei  Poddubie  (Gorodeczno)  am  12.  August 
1812.  —  Suwarow.  Beiträge  zu  dessen  Characteristik  nach  bisher  noch 
nicht  edirten  Schriftstücken  des  k.  k«  Kriegs-Arohivs  aus  dem  Feldzuge 
1799  in  Italien.  —  Die  Alt-Piccolomini'schen  Cürassiere.  Ein  vergessenes 
Blatt  Begimentsgeschichte.  —  Ein  Memoire  Badetzky's,  das  Heerwesen 
Oesterreichs  beleuchtend,  aus  dem  Jahre  1809.  —  Gömörj  von  Gömör, 
Besitzergreifong  des  Gebietes  von  Cattaro  durch  General-Mi^or  Millutinovich 
1814.  —  Angeli,  Der  Feldzug  gegen  die  Türken  im  Jahre  1684.  —  Der 
hohe  Adel  im  kaiserlichen  Heere  einst  und  jetzt.  —  Verzeichnis  m — ^YI 
der  vom  k.  k.  Kriegs- Archive  erworbenen  Bücher  und  Kartenwerke. 

Organ  der  militär-wissenschaftliohen  Vereine,  heraus- 
gegeben vom  Ausschüsse  des  militftr-wissenschaftlichen  Vereines  in  Wien, 
XXVn.  Band^  Wien  1883:  Behm,  Die  Belagerung  und  Vertheidiguug  von 
Wien  1683.  —  Horsetzky,  Feldmarsohall-Lieutenant  Freih.  von  Gallina. 
—  Dunoker.  Mustergiltige  Darstellung  einer  Begimentsgeschichte  ftir  Unter- 
offiziere und  Soldaten.  —  XXVllI  Bd,  Wien  1884:  Sachsen  und  Polen 
vor  Wien  1688.  —  Mflhlwerth-Gärtner,  Die  Operationen  des  kaiserlichen 
General-Lieutenants  Carl  V.  von  Lothringen  im  Feldzuge  1688.  —  Angeli, 
Das  Oeterreidiische  Auxiliar-Corps  unter  G.  d.  C.  Fürst  C.  Schwarzenberg 
im  Feldzuge  1812.  —  IXIX.  Bd.,  Wien  1884:  Bühlers,  Das  Beglement 
ftlr  die  künigL  prenssische  In&nterie  vom  11.  Juni  1750.  —  Zemin, 
General  Graf  von  Todleben. 

Streffleur*s  österreichische  militärische  Zeitschrift. 
Bed  von  Moriz  Bitter  von  Brunner,  XKV.  Jahrg.,  Wien  1884,  Bd.  1: 
Lustig,  Beiträge  zur  Geschichte  des  k.  k.  Heeres.  Die  Militär-Bildungs- 
anatallen.  —  Janko,  Georg  Bimpler,  Christoph  BOmer,  Chefs  des  Genie- 
nnd  ArtiUeriewesens  während  der  Türkenbelagerung  Wiens  1683.  — 
Traub,  üeber  nächtliche  AngrijQfe,  beleuchtet  durch  die  Kriegsgeschichte. 
«^  Bd.   2:   S.  von  B.,    Das    Gefecht    von  Weissenburg.     Eine  taktisch* 


206  Nekrolog  von  W.  Diekamp, 

kriegsgeschiohtliohe  Stadie.  —  Bd.  8 :  Die  Pl&ne  der  Oeq/oi^e  Da<}i:ot  und 
Wimpffeu  wflbrend  der  Sohlaoht  bei  Sedau.  —  WieÄkowaki,  Das  militSriadlie 
ErziehungEh  und  Bildimgsweseii.  Versuch  einer  Daratelliiiig  seiner  Eni- 
wickelang  und  gegenwärtigen  Yerbftltnisse.  —  Fonna^ek,  ^iUtftriadhe 
Coriosa.  Ein  Beitxag  zur  Qesohichte  des  altkaiserlichen  Heerwesens.  — 
Bd.  4:  Ans  der  österreichischen  Kriegsgeschichte:  Die  Belagerang  nnd 
Einnahme  der  Citadelle  (St  Victor)  von  Tortona  dardh  die  Oesterreicher 
1799.  —  Carl  Sonklar  Edler  von  Innfitftdten,  k.  k.  General-Major,  Nekro- 
log. —  Literatnr-Blatt. 


Nekrolog. 


Am  25.  December  verschied  in  Bom  Wilhelm  Diekamp.  Geboren 
am  13.  Mai  1854  za  Geldern  am  Niederrhein^  kam  er  noch  in  früher 
Jagend  in  die  Heimat  seiner  Eltern,  nach  Westfalen,  zorück.  Nach 
Absolvirai/g  des  Paolinischen  Gymnasiums  in  Münster  i.  W.  bezog  er  1872 
die  Universitäs  Würzbarg  and  widmete  sich  hier  nnd  dann  darch  vier 
Semester  an  der  Akademie  in  Münster  dem  Stadiam  der  Theologie.  1875 
wandte  er  sich,  darch  Gewissensbedenken  vom  Eintritt  in  den  geistlichen 
Stand  abgehalten,  den  historischen  Stadien  za.  Schon  1877  warde  er, 
nachdem  er  die  yon  der  philosophischen  Facnltftt  in  Münster  gestellte 
Preisfrage:  »Widakind,  der  Sachsenfahrer,  nach  Geschichte  and  Sage* 
(Münster,  Theissing,  1877)  gelöst  hatte,  zam  Dr.  ph.  promovirt  and  bestand 
mit  glänzendem  Erfolg  die  Staatsprüfung  fiir  das  höhere  Lehramt  In  den 
nächsten  Jahren  an  den  Gymnasien  in  Münster,  Arnsberg  nnd  Aachen 
thftüg,  gab  er  seine  Stellang  aaf,  am  mich  Giefers*  Tod  die  Fortsetzung 
and  Ergänzung  des  West&lischen  Urkandenbnches  za  übernehmen  and 
sich  ganz  der  Wissenschaft  za  widmen.  Im  Frühjahr  1882  habilitirte  er 
sich  als  Privatdocent  an  der  Akademie  in  Münster.  Unmittelbar  daraaf 
kam  er  nach  Wien,  am  bei  Sickel  Diplomatik  za  hören  nnd  aioh  in  den 
historischen  Hilfswissenschaften  za  schalen.  Darch  zwei  Semegter  gehörte 
er  als  aasserordentliches  Mitglied  anserem  Institute  an,  allen  lieb  und 
werth  darch  die  Ehrenhaftigkeit  seines  Charakters,  seine  Liebenswürdigkeit^ 
die  Ehrlichkeit  seiner  Ueberzeagang,  welche  auch  anderer  Ansohaaong 
ihr  Recht  beliess.  Schon  hatte  er  angewönliche  Vorkenntnisse  mitgebracht» 
die,  mit  rastlosem  Fleisse  erweitert  and  in  gewissenhafter  Arbeit  Tertieft»  ihn 
bald  in  die  erste  Beihe  der  jüngeren  Diplomatiker  stellten.  Die  mit 
»Dr.  A*  gezeichneten  Artikel  »Zar  literatar  der  Diplomatik*  (Liter. 
Handweiser  Nr.  282,  238),  die  beste  Uebersicht,  welche  wir  besitzen» 
hatten  bereits  1878  die  Aafinerksamkeit  der  Fachmänner,  erregt;  1881 
waren  als  4.  Band  der  Geschichtsqaellen  des  Bisthams  Münster  die  »Yitae 
S.  Liadgeri*  (ygl.  Mittheilangen  2,  6 85),  »eine  masterhafte  Edition S  er- 
schienen« Eine  Fracht  seiner  in  Wien  mit  Vorliebe  fortgeführten  und 
erweiterten  Stadien  über  päpstliche  Diplomatik  sind  die  beiden  Abhand- 
langen »Zam  päpstlichen  TJrkandenwesen  des  XL,  Xu.  and  der  ersten 
Hälfte  des  XTTT.  Jahrhunderts^  und  »7on  Alezander  lY.  bis  Johann  XXIL* 
(1882,  1888, « Mittheüungen  8,  565—627  mit  einer  Tafel  Bullen- 
abbildungen;  4,   497 — 540),   die  eine  Fülle  feiner  und  schar&innig  yer« 


Nekrolog  von  W.  Diekamp.  207 

wertheter  Beobachtungen  bieten.     Ihnen  schloss  sich  der  Ao&aiz  an  »Die 
neuere  literatar   zur  pftpetlichen  Diplomatik*    (Histor.  Jahrbach    1883, 
Heft  2,  3),  besonders  werthvoll  dorch  die  vollst&ndige  Beherrschung  des 
weitausgedehnten  Stoffes  nnd  dorch  besonnene  Kritik.     Daneben  publicirte 
D.  eine  Beihe  kleinerer  Aofiätze,   theilweise  noch  Ergebnisse  seiner  viel- 
seit^ea  Arbeiten  in  Wien,  wie  »Die  Wiener  Handschrift  der  BonifaciriB- 
Briefe*  (Neues  Archiv  Bd.  9),  und   eingehender  Besprechungen,   nament- 
lich der  diplomatischen  Literatur.     Eine  derselben  brachte  noch  das  letzte 
Hell  unserer  Zeitechnft,  eine  Anzeige  der  Mon.  G^rm.  Diploma^ta  das  gleich- 
zeitige Heft  des  Histor.  Jahrbuches  mit  der    massvollen  Abwehr    eines 
hfimischen  Angrifis.     Ein  anregender  Lehrer  war  er  auch   einer  der  be- 
rufensten Vertreter  der  Diplomatik  an  den  deutschen  Hochschulen,  der  Disciplin, 
die,  in  zünfligen  Kreisen  oit  scheel  angesehen,  noch  viel&ch  berufener  Ver- 
tretung ermangelt.   Seine  aussergewöhnliche  Arbeitskraft  wandte  D.  zuletzt 
grCfisteniheils  der  westfälischen   Geschichte  zu,    fUr   die   sein  früher  Tod 
em  kaum  zu  ersetzender  Verlust  ist.     Das  eben  abgelaufene  Jahr  brachte 
ausser  einigen   kleineren   Arbeiten  (»Fürstbischof  Christoph  Bernard   und 
die  Erhebung  der  h.  Thiadhild  in  Freckenhorst»   Ein  Marienfelder  Biblio- 
theksverzeichnisa aus  dem  XIII.  Jahrhundert^  Verzeichniss  der  in  Wigands 
Archiv  und   der  Zeitschrift  für    westfiH.   Gesch.   u.  Alterthumskunde   bis 
1885  veröffentlichten  Aufsätze  und  Mittheilungen*  im  43.  Bd.  dieser  Zeit- 
schrift)   als   letzte   Gabe    auch   die  erste  Lieferung   des  Supplements  zum 
»WestfUischen  XJrkundenbuch  *    (bis    1019),   eine   geradezu    mustergiltige 
Leistung,  die,  auf  breiter  handschriftlicher  Grundlage  ruhend,  überall  sorg- 
&ltig   sichtend   und   berichtigend,    auch    das    unscheinbarste    Detail    der 
Literatur  beachtet,    sich  inmier   selbständige   Prüfung  und  unabhängiges 
Urtheil  wahrt,  ein  beredtes  Zeugniss  für  das,  was  D.,  wäre  ihm  ein  längeres 
Leben  beschieden  gewesen,  noch  hätte  leisten  können.  Ende  September  v.  J. 
kam  er  nach  Bom.  Er  hatte  umfassende  Arbeiten  im  Vaücanischen  Archiv 
geplant:   Sammlung  der  Kanzleiregeln  und   zwar  Bearbeitung   des  Liber 
diumus   mit  Anhang    bis  Johann  XXII,    der  päpstlichen   Constitutionen, 
Erlässe    der   Vicekanzler,   Schreiberau&eichnungen    usw.    aus   der   avigno- 
nesischen  Zeit,   des  Liber  cancellarie   des   Dietrich   von  Niem,   in  zweiter 
Linie  Feststellung  der  Taxen.     Schon   hatte  er  die  Bearbeitung  des  Libe:* 
diumus  beendet  und  war  an  seine  weitere  Aufgabe  geschritten.    Da  ergrif< 
ihn  Mitte  Dezember  ein  typhöses  Fieber,   dem   er  am  Abend   des  Weih- 
nachtsfestes  erlag,  fern  von  der  ihm  theuren  Heimat   Schon  am  nächsten 
Tage  wurde  er  bestattet     Unsere  römische   Colonie  erwies  ihm  die  letztt: 
Ehre.     Möge  dem  Freunde  die  fremde  Erde  leicht  seini 

£.  Mühlbacher. 


208 


Personalien. 

Hofratli  Th.  ▼.  Sickel  wurde  zum  Ehrenmitglied  der  R.  Sodetä  di  ftoria 
pairia  in  Rom,  geh.  Justizrath  H.  Brunner  zum  w.  Mitglied  der  Berliner 
Akademie  gew&hlt. 

Prof.  Ottokar  Lorenz  wurde  nach  Jena  bemfen. 

Fr.  Wickhoff  wurde  zum  a.  o.  Profeasor  der  Eunstgeschichte  an  der 
üniyergität  Wien  befördert 

£.  y.  Ottenthai  wurde  zum  Consenrator,  0.  Redlich  zum  Gorrespon- 
deuten  der  k.  k.  Central-Commission  zur  Erforschung  der  Kunst-  und  historischen 
Denkmale  für  Tirol  ernannt.  \ 

E.  Schrauf  wurde  zum  Dr.  ph.  h.  c.  der  Uniyersitftt  Wien  promoyirt 

Ernannt  wurden  E.  Chmelarz  zum  Custoe  der  k.  k.  Hofbibliothek, 
J.  Lampe  1  zum  Concipisten  am  k.  u.  k.  geh.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiy  in 
Wien,  8.  y.  Barabäs  und  A«  y.  Pettkö  zu  Beamten  am  ungarischen  Landes- 
Archiy  in  Budapest,  A.  Riegl  am  Ost.  Museum  für  Eunst  und  Industrie. 

Den  XV.  Curs  des  Instituts  (1888—1885)  absolyirten  als  ordentliche 
Mitgli^er: 

Donabaum  Joset 

•RTiglittflun  Wilhelm. 

Falke  Otto  y. 

Steinherz  Samuel,  Dr.  ph. 

Voltelini  Hans  y. 

Als  a.  0.  Mitglieder: 

Eehr  Paul,  Dr.  ph.  (1884 -'$5)., 

Pettkö  Adalbert  y. 

Portheim  Friedrich  y.,  Dr.  ph. 
Thommen  Rudolf  Dr.  ph. 
Als  Thema  der  Hausarbeit  wählten : 
Donabaum,  Die  Wiederbesiedlung  NiederGsterreichs  nach  der  Unganmoth 

« 

bis  zum  Inyestiturstreit. 

Englmann,  Der  Eanzler  Easpar  Schlick  im  Dienste  EOnig  Albrecht  IL 

y.  Falke,  Die  Register  Eaiser  Sigmunds. 

Steinherz,  Die  Beziehungen  Ludwigs  I.  yon  Ungarn  zu  Earl  IV. 

y.  Voltelini,  lieber  Trienter  Urkunden  des  12.  und  18.  Jahrhunderts. 

Die  Olausurprüfungen  fimden  yom  6.— 12.  Oki  1886  statt,  die  mflndlichen 
Prüfungen  am  16.  Okt  und  20.  Noy. 

Aufgenommen  wurden  6  ordentliche  und  1  ausserordentliches  Mitglied. 


Beiträge  zur  Erklärung  und  Geschichte  der 

peutingerschen  Tafel. 

Von 

B.   Hotz. 

Die  grroBse  Oelelursamkeit  und  der  ungemeine  Scharfeinn,  welche 
von  Desjardins  bei  dessen  Ausgabe  der  Tabula  Feuidngeriana  (Paris 
1869  f.)  sind  aufgewendet  worden,  haben  über  die  bis  jetzt  yon  diesem 
ausgezeichneten  Forscher  behandelten  Partien  der  Karte  klarstes  Licht 
verbreitet.   Um  so  mehr  ist  es  zu  bedauern,  dass  das  Werk  ins  Stocken 
gerathen  ist     Etwas  mehr  als  die  Hälfte  der  Tabula   ist  noch  nicht 
bearbeitet,  und  es  ist  sehr  fraglich,  ob  das  Werk  überhaupt  wird  zu 
Ende  geführt  werden.  Hatte  bisher  der  Name  Desjardins  jeden  Anderen 
von  einer  selbständigen  Erforschung  der  Karte   abgehalten,   so  föUt 
nun   dieser   Grund  dahin,  und   es  dürften  in  Zukunft  auch  wieder 
Forscher   deutscher  Zunge  sich  mit   der   Peutingeriana   beschäftigen. 
Einige  Beiträge  hiezu  zu  liefern  ist  der  Zweck  nachfolgender  Arbeit. 
Die  peutingersche  Tafel  ist  durch  drei  Vignetten  ausgezeichnet, 
welche   zur  Versinnbildlichung   der  Städte  Bom,   Constantinopel  und 
Antiochia  dienen  sollen.  Eine  zutreffende  Erklärung  dieser,  drei  Vignetten 
ist  bis  jetzt  doch  nicht  geliefert  worden.  Wol  hat  Mannert  in  seiner  Ausgabe 
die  Vignetten  Antiochias  und  Gonstantinopels  in  scharfsinnigster  Weise 
zur  Datbrung  der  letzten  Copiatur  der  Karte  zu  verwerthen  gesucht; 
allein,  wie  mir  scheint,  nicht  mit  durchaus  überzeugender  Beweiskraft. 
So  namentlich,  was  die  Vignette  für  Antiochia  anbetrifft  (Seg- 
ment IX  G  der  Ausgabe  Desjardins).     Hier   sitzt  eine  weibliche,  mit 
rothem  üeberwurfe  bekleidete  Gestalt  auf  einem  Throne,   ihr  Haupt 
trägt  eine  Krone  und  ist  mit  einer  rundlichen  Scheibe,  offenbar  einem 
Heiligenscheine  umgeben.   In  der  rechten  Hand  hält  die  Gestalt  einen 
Stab  (Scepter?),  während  die  Linke  auf  der  Stuhllehne  oder  auf  dem 
Haupte  einer   daneben   befindlichen  Gestalt  zu  ruhen  scheint.     Zur 
sitzt  nämlich  eine  kleinere,  nackte  männliche  Gestalt,  die  wol 

]|ittiieflimg«ii  TU.  li 


210  Hotz. 

am  ehesten  als  Jüngling  aufeufassen  ist  Er  hält  in  seiner  Linken 
einen  Erug,  aus  welchem  er  Wasser  ausgiesst.  Dieses  fliesst  über 
einen  Aquädukt  nach  einem  Yon  einem  Haine  umgebenen  tempelartigen 
Gebäude,  das  auf  einem  Hügel  zu  liegen  scheint  und  durchaus  mit 
keiner  Strasse  in  Verbindung  steht,  was  doch  sonst  bei  allen  anderen 
Tempeln  und  Gebäudeinsignien  der  Tabula  der  Fall  zu  sein  pflegt, 
so  dass  wir  kaum  einen  eigentlichen  Tempel  darunter  werden  zu  ver- 
stehen haben. 

Mannert  glaubte  nun,  dass  die  beiden  Gestalten  die  Mutter  Gottes 
mit  dem  Jesusknaben  darstellen  sollten;  f&r  die  übrigen  Theile  der 
Vignette  weiss  er  aber  keine  Erklärung.  Er  sagt  nun,  es  weise  diese 
Auszeichnung  Antiochias  gegenüber  den  anderen  Städten  (durch  Dar- 
stellung der  Mutter  Gottes  mit  dem  Jesusknaben)  auf  die  wichtige 
Bolle  hin,  welche  Antiochia  in  den  Ereuzzügen  gespielt  habe;  nun 
fiel  aber  Antiochia  1268  in  die  Gewalt  des  Mamelukensultans  und 
wurde  yon  diesem  zerstört;  also  sei  daraus  zu  schliessen,  dass  die 
Feutingeriana  in  ihrem  jetzigen  Zustande  vor  1268  sei  gezeichnet 
worden. 

Ebenso  benützt  Mannert  auch  die  Vignette  Constantinopels, 
um  die  Zeit  der  letzten  Copie  der  Karte  herauszufinden.  Segment  VIII A 
(ed.  Desjardins)  bietet  nämlich  das  Bild  einer  auf  dem  Throne  sitzenden 
Gestalt,  die  in  der  Linken  Schild  und  Lanze  'trägt,  mit  der  Bechten 
aber  auf  einen  daneben  befindlichen  Thurm  hinzudeuten  scheint,  auf 
welchem  eine  Bildsäule  steht,  die  in  der  Bechten  die  Weltkugel  und 
in  der  Linken  eine  lange  Lanze  trägt.  Diese  Vignette  nun  erklärt 
Mannert  als  einen  Hinweis  auf  die  Gründung  des  latinischen  Kaiser- 
thumes,  und  er  identificirt  die  auf  dem  Throne  sitzende  Gestalt  ge- 
radezu mit  Balduin  von  Flandern. 

Diese  beiden  Vignetten  also  nebst  der  Form  der  Schrift  bestimmen 
Mannert,  die  Zeit  der  letzten  Copie  der  Karte  in  die  Mitte  des  13.  Jahr- 
hunderts zu  setzen,  und  diesen  Schluss  zusammenhaltend  mit  der 
bekannten  Notiz  des  sogen.  Kolmarer  Mönches  (M.  G.  SS.  17,  191 
a.  1265)  «mappam  mundi  descripsi  in  pelles  duodecim  pergameni*, 
kommt  Mannert  zu  dem  Schlüsse,  es  habe  dieser  Mönch  eben  die 
Feutingeriana  copirt  Dieser  Schluss  ist  seitdem  fast  allgemein  ab 
richtig  anerkannt  worden  und  auch  Desjardins  hat,  so  viel  aus  den 
bis  jetzt  erschienenen  Lieferungen  seiner  Ausgabe  zu  ersehen  ist, 
keine  andere  Meinung  hierüber,  da  er  zu  wiederholten  Malen  den 
Kolmarer  Mönch  als  Autor  des  in  Wien  vorhandenen  Exemplares  der 
Feutingeriana  nennt. 


Beiträge  zur  Erklärung  und  Geschichte  der  peutingerschen  Tafel.       211 

Was  nun  zanäclist  die  beiden  Vignetten  betrifft,  so  lässt  sich 
nicht  leugnen,  dass  sie  in  ihrer  vorliegenden  Gestalt  der  Ikonographie 
des  12.  Jalirbunderts  angehören,  und  dass  somit  die  Deutung,  die 
ihnen  Mannert  gegeben,  der  Wahrheit  nahe  kommen  kann.  Doch 
vermag  dieser  Forscher  nicht  uns  die  Gesammtheit  der  einzelnen 
Vignetten  zu  erklären,  sondern  er  begnügt  sich  jeweilen  nur  mit  der 
Deutung  der  Hälfte.  Eine  ySllige  Erklärung  gibt  uns  nur  die  An- 
nahme, dass  diesen  Vignetten  ursprünglich  andere  zu  Grunde  gelegen 
haben,  die  dann  vom  copirenden  Mönche  in  ihre  jetzige  Form  um- 
gewandelt worden  sind. 

A.uch  die   Vignette  Borns  weist  Aehnliches  auf.    Innerhalb 
eines  grossen  Ejreises  sitzt  eine   der  antiochenischen  sehr  verwandte 
Gestalt  auf  einem  Throne,  das  Haupt  Ton  einer  Erone  überragt,  eine 
Weltkugel  in  der  Linken,   den   Scepter  in  der  Bechten  haltend;   zur 
linken  Seite  des  .Thrones  hängt  ein  kleiner  Bundsohild,  während  auf 
dem  Throne  selbst  ein  Gegenstand  liegt,  der  wol  als  Helm  zu  denken 
ist  Diese  Vignette  hat  grosse  Aehnlichkeit  mit  denjenigen  der  beiden 
andern   Städte   und  ist  sicherlich   gleichen    Ursprunges   mit    diesen. 
Offenbar  wollte  der  ursprüngliche  Zeichner  die  drei  Städte  in  gleicher 
Weise  heryorheben,  da  sie  für  ihn  von  aussergewöhnlicher  Bedeutimg 
waren.     Für  Bom  und  Konstantinopel  sind  weitere  Nachweise  nicht 
nöthig,  da  diese  Städte  eben  als  Hauptstädte  der  alten  Welt  für  jeden 
Yon  eminentester  Wichtigkeit  gewesen  sind ;  aber  auch  von  Antiochia 
ist  es  zur  Genüge  bekannt,   dass   diese  Stadt   als  ihetropolis  orientis 
nächst  Bom  und  Eonstantinopel  als  die  dritte  des  Erdkreises  gegolten 
hat  und  ebenfalls  Eaiserresidenz   gewesen   ist.    Es  wollte   also  der 
Zeichner  diese  drei  Städte  vor  den  anderen  als  gleichwerthig  hervor- 
heben.    Die  Erklärung,    wie  er  das  gethan  hat,  schafft  uns  ein  Zu- 
rückgreifen auf  das  Alterthum. 

Bekanntlich  verehrten  die  Griechen  und  Bömer  die  Tyche  (t&xiQi 
Fortuna,  genius  loci)  als  Hort  und  Pflegerin  der  Städte,  und  es  pflegte 
jede  Stadt  gleichsam  « ihr  ideales  Selbst'  in  Gestalt  einer  solchen  tox^) 
zu  verehren.  Die  Tyche  wurde  meist  als  schöne,  reichgekleidete  Frau 
dargestellt ;  gewöhnlich  trug  sie  verschiedene  Attribute :  als  waltendes 
Geschick  hält  sie  das  Steuerruder  des  Lebens  in  den  Händen,  die 
Kugel,  um  die  Veränderlichkeit  des  Zufalls  zu  bezeichnen;  als  Geberin 
des  Glückes  trägt  sie  im  Arme  das  Hörn  der  Amalthea,  oder  den 
Plutos  oder  Attribute  ländlicher  Fruchtbarkeit,  wie  z.  B.  Mohn  oder 
Aehren.  Als  Stadttjche  trägt  sie  sodann  eine  Mauerkrone;  hiezu 
können  ferner^  noch  Zeichen  bestimmter  localer  oder  landschaftlicher 
Charakteristik  treten,  was  den  Künstlern  Anlass  zu  sinnigen  Bild« 


212  Hotz. 

werken  bot  Tyche,  die  Sehutzgottixi,  stellt  schliesslich  ^e  Stadt 
selbst  Yor,  sie  wird  als  personificirte  Stadt  aufge&sst  und  ihr  Bild 
gilt  geradezu  als  Wahrzeichen  der  Stadt  Besonders  berühmt  war  in 
dieser  Hinsicht  die  Tyche  Antiochias,  von  der  uns  noch  ver- 
schiedene Nachbildungen  erhalten  sind.  Alle  diese  zeigen  uns  eine 
reichbekleidete  Frau  mit  Mauerkrone,  in  nachlässiger  Haltung  auf 
einem  Felsen  sitzend,  Aehren  oder  eine  Palme  in  der  Bechten  haltend; 
zu  ihren  Füssen  hebt  sich  eine  (halbe)  Jünglingsfigur  empor,  die  den 
Fluss  Orontes  vorstellt  (Siehe  Visconti :  Vatikan,  Museo  Pio  Clement  III. 
pL  46;  Duruy,  Histoire  des  Bomains  IV,  663.)  Der  Jüngling  ist 
bald  zur  Linken,  bald  zur  Bechten  der  Tyche  .und  macht  auf  den 
^hlreich  erhaltenen  antiochenischen  Münzen,  welche  eben&lls  die 
Tyche  darstellen,  eher  den  Eindruck,  als  schwimme  er.  (Siehe  G.  0. 
Müller,  Denkmäler  der  alten  Kunst,  Göttingen  1854,  1,  42;  2,  tab.  49.) 
Diese  Tyche  nun,  wie  sie  oben  als  Wahrzeichen  den  Stadt  auch  auf 
Münzen  Anwendung  fand,  hat  der  Zeichner  der  Tabula  ganz  einfisich 
zur  Bezeichnung  der  Stadt  auf  seine  Karte  übertragen.  Es  stammt 
also  sicherlich  diese  Vignette  aus  einer  Periode,  da  heidnische  An- 
schauungen noch  vorherrschend  waren.  Die  innere  Verwandtschaft 
dieses  Tychebildes  und  der  Vignette,  wie  sie  die  Peutingeriana  auf- 
weist, wird  uns  beim  ersten  Blicke  klar.  Der  christliche  Copist  hat 
eben  die  (heidnische)  Bedeutung  des  Bildes  nicht  mehr  verstanden 
und  hat  dasselbe  seinen  Anschauungen  gemäss  umgewandelt  Aus 
der  Mauerkrone  machte  er  einfach  einen  Heiligenschein  mit  gewöhn- 
licher Krone,  die  Aehre  (Palme)  wandelte  er  in  ein  Scepter  um,  den 
Fels  gestaltete  er  zum  Throne  und  den  jugendlichen  (halben)  Orontes 
ergänzte  er  zu  einem  Knaben:  so. erhielt  er  eine  Mutter  Gottes  mit 
dem  Jesusknaben  und  nahm  also  (wol  in  aller  Naivetät)  den  gleichen 
Process  vor  mit  der  heidnischen  Stadtgöttin,  welchen  die  christlichen 
Glaubensboten  den  Gottheiten  germanischer  und  keltischer  Völker- 
schaften hatten  angedeihen  lassen. 

Allein  hiemit  ist  noch  nicht  die  ganze  Vignette  Antiochias  er- 
klärt ;  es  bleiben  noch  unerläutert  das  Wasser,  der  Aquädukt  und  der 
WassertempeL  Da  in  der  Geschichte  dieser  Stadt  während  der  Kreoz- 
Züge  oft  eiaer  auf  Pfeilern  ruhenden  eisernen  Brücke  Erwähnung 
gethan  wird,  glaubte  Mannert,  dass  unsere  Vignette  eben  diese  Brücke 
wiederzugeben  beabsichtige.  Ernstliche  Zweifel  an  dieser  Aufih^sung 
Mannerts  hat  schon  Dionys  Grün  erhoben  in  einem  Aufsatze:  «Die 
Peutingersche  Tafel'  in  den  Mittheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesell* 
Schaft  in  Wien  17  (1874),  467  f.  Die  vermeintliche  Brücke  wird 
eben  jeder  unbefangene  Beobachter  sofort  erkennen  als  einen  Aqua- 


Beiträge  zur  Erklärung  und  Gescliiclite  der  peuidngerBchen  7afel.      213 

dukt,  da  das  Bauwerk  mcht  über  den  Oronteä  f&hrt  und  zudem  das 
Wasser  nicht  unter  jenem  hindurch,  sondern  darüber  hin  flieasi 

Wie  nun  ein  Zurückgehen  auf  das  Alterthum  uns  das  Bathsel 
von  der  Bedeutung  der  Frau  und  des  Knaben  gelost  hat,  so  dürfte 
auch  der  Sinn  dieser  Zeichnung  aus  dem  Alterthume  zu  erklären  sein. 

Antiochia  trug  den  Beinamen  das  ,  daphnische  *,  i^  knl  Ai^VT]^; 
Daphne  war  nämlich  der  Name  eines  40  Stadien  (7,4  Eilom.)  von 
Antiochia  gelegenen  Lustortes,  der  eine  Art  Vorstadt  von  Antiochia, 
in  einem  80  Stadien  im  Umkreise  haltenden  Haine  von  Cypressen 
und  Lorbeerbäumen  gelegen  und  durch  zahlreiche  frische  Quellen  aus- 
gezeichnet war^).  Dieses  Daphne  war  berühmt  und  berüchtigt  durch 
den  ganzen  Erdkreis  hin  als  Hauptsitz  antiochenischer  Lustbarkeit 
Man  glaubte  diesen  Ort  wieder  zu  erkennen  in  einer  südwestlich  von 
Antakieh  gelegenen  Oertlichkeit  Beit-ul-Mei  (d.  L  Haus  der  Wasser), 
und  es  will  F.  v.  Bichter  (Wallfahrten  im  Morgenlande  284)  daselbst 
noch  üeberreste  eines  Aquäduktes  gesehen  haben«  Nun  wird  uns  von 
einer  grossen  Anzahl  von  Wasserleitungen,  theils  in  Antiochia,  theils 
in  nnd  von  Daphne  berichtet  Der  berühmteste  Aquädukt  wurde  von 
Kaiser  Hadrianus  erbaut  (Chronographia  des  Malalas  ed.  Dindorf  278). 
Nach  dem  Chronisten  Malalas  errichtete  dieser  Kaiser  ein  Bauwerk, 
to  dsatpiv  T&y  iCTj^ä^v  Ai^ yif]^,  in  welchem  das  aus  verschiedenen  Quellen 
stammende  Wasser  gesammelt  vnirde.  Mit  diesem  Quellenhause  stand 
in  Verbindung  ein  den  Najaden  geweihter  Temi>el.  Von  da  führte 
eine  Leitung  das  Wasser  nach  Antiochia:  unterwegs  durchquerte  diese 
Leitung  eine  d^  Verheerungen  durch  Bergbäche  ausgesetzte  Gegend 
und  es  musste  daher  zum  Schutze  der  Leitung  ein  förmlicher  Aquädukt 
angelet  werden.  Es  ist  nun  in  die  Augen  springend,  dass  der  ur- 
sprüngliche Zeichner  bei  der  Ddrstellung  Antiochias  eben  auch  den 
Hain  Daphne  sammt  QueUenhaus  und  Aquädukt  dargestellt  hat  in  der 
Weise,  wie  sie'  uns  durch  den  christlichen  Copisten  noch  ist  erhalten 
worden,  einzig  vielleicht  mit  dem  Unterschiede,  dass  der  Mönch  das 
Wasser  vom  Jünglinge  (dem  segenspendenden  Christus)  weg  in  das 
Quellenhaus  fliessen  lässt,  während  sein  Gang  ursprünglich  wol  der 
umgekehrte  wird  gewesen  sein. 

Gehen  vrä  nun  über  zur  Vignette  Boms. 

Die  Personification  Boms,  die  Koma  dea,  wurde  ursprünglich  dar-» 
gestellt  als  eine  Amazone.  Die  noch  erhaltenen  Bildwerke  (Duruy  n,  72) 


*)  VgL  hierüber  die  Abbandlimg  v.  E.  Ottfr.  Müller,  De  antiquitatibus  Antiocb., 
nenerdingB  berauBgegeben  in  der  Gesammtausgabe  der  kunstarcbäolog.  Werke 
dieses  Autors  (Berlin,  Calvary  &  Cie.)}  Band  5. 


214  Hotz. 

zeigen  sie  meist  mit  aufgeschürztem  Gewände,  mit  völlig  entblösster 
rechter  Brust,  auf  aufgethürmtem  Waffenhaufen  oder  doch  wenigstens 
auf  einem  Panzer  sitzend  und  mit  Waffen,  die  sie  in  der  Hand  trägt 
oder  zur  Seite  liegen  hat,  ausgerüstet.  Von  den  Nachfolgern  des 
Kaisers  Commodus  an  tritt  jedoch  eine  etwas  andere  Darstellung  auf 
In  diesen  Zeiten  konnte  die  bereits  alternde  Matrone  sich  folglich 
nicht  mehr  als  ein  Heldfpmädchen  tragen  und  kleiden.  Boma  erscheint 
daherauf  späteren  Darstellungen  (Duruy  II,  627 ;  IV,  703)  als  sitzende 
Pallas,  mit  einer  bis  über  die  Füsse  hinabwallenden  Tunica  und  einem  pur- 
purenen  Eriegsmantel,  der  in  grossen  weiten  Falten  übergeworfen  ist 
Der  behelmte  Eopf,  der  Speer  oder  das  Scepter  in  der  Linken  und 
der  Schild  zur  Seite  bezeichnen  dabei  Kom  noch  immer  als  die  £ri^- 
göttin ;  auf  der  rechten  Hand  hat  sie,  wie  die  Pallas  des  Phidias,  eine 
vorwärts  schreitende  Siegesgöttin^). 

Diese  Art  der  Darstellung  Roms  findet  sich  bis  zum  Jahre  400 
n.  Chr.  Es  enthält  nämlich  die  sogenannte  Notitia  dignitatum, 
ein  um  400  abgefasstes  statistisches  Verzeichniss  der  hohen  kaiser- 
lichen Beamtungen  des  römischen  Kaiserreiches  unter  anderen  sym- 
bolischen Darstellungen  der  yerschiedenen  Magistraturen  auch  die- 
jenige eines  praefectus  annonae  der  Stadt  Bom.  (Notitia  dignitat  ed- 
Böcking  1,  541). 

Vergleichen  wir  nun  diese  Bilder  mit  der  Vignette  Borns  der 
Peutingeriana,  so  wird  unwidersprechUch  diese  Vignette  erklärt  werden 
dürfen  als  ursprünglich  die  Boma  dea  darstellend.  Der  mittelalterliche 
Copist  dachte  sich  dann  diese  Figur  als  Personification  des  deutsch- 
römischen  Eaiserthums,  umsomehr,  da  ja  Scepter,  Schild  und  Beichs- 
apfel  in  den  Insignien  /der  Pallas-Boma  bereits  angedeutet  erschienen. 

Auf  gleichem  Wege  findet  auch  die  Vignette  Gonstan- 
tinopels  ihre  Erklärung.  Die  Tyche  dieser  Stadt  wurde  bis  auf 
Constantin  d.  Gr.  verehrt  Jak.  Burckhardt  erwähnt  hierüber  in 
seinem  ausgezeichneten  Werke  «Die  Zeit  C!onstantin  d.  Gr.*  Fol- 
gendes: Im  letzten  Jahrzehnt  seines  Lebens  liess  Constantin  neben 
einer  grossen  Anzahl  stattlicher  Kirchen  in  der  nach  ihm  benannten 
Stadt  auch  heidnische  Tempel  erbauen,  unter  diesen  einen  Tempel 
der  Tyche  Constantinopels,  in  welchem  das  Bild  dieser  Göttin  einen 
eigentlichen  Cultus  genoss  (1.  c  403).  Am  Jahrestage  der  Einweihung 
der  Stadt  selbst  sollte  eine  grosse  vergoldete  Ötatue,  welche  Con- 
stantin vorstellte,  mit  der  Tyche  auf  der  ausgestreckten  rechten  Hand^ 
in  feierlichem  Fackelzuge  durch   den  Gircus  gefahren   werden,   wobei 


*)  Böttiger,  Kl.  Schriften  2,  287  f. 


Beiträge  zur  Erklärung  und  Geschichte  der  peutiogerschen  Tafel.     215 

der  jeweilige  Kaiser  sich  von  seinem  Sitze  erheben  und  yor  Con-* 
stantins  und  der  Tyche  Bildnis«  sich  niederwerfen  musste  (L  c.  469). 
Ausser  dem  grossen  Tychebilde  Gonstantinopels  werden  noch  mehrere 
kleinere  erwähnt  Merkwürdig  sind  auch  die  Versuche,  welche  Con- 
ataniin  machte,  um  die  Tyche  ihrer  rein  heidnischen  Bedeutung  zu 
entkleiden.  So  Hess  er  schon  bei  dem  Einweihungsfeste  der  Stadt 
(330)  die  Anbetung  der  Tyche  und  das  Eyrie  eleison  durcheinander 
klingen,  und  später  lies  er  der  Tyche  geradezu  ein  Kreuz  auf  der 
Stime  anbringen.  Es  ist  mir  nun  aUerdings  keine  aus  dem  Alter- 
thum  vorhandene  Nachbildung  dieser  Tyche  bekannt  und  ich  bin 
daher  nicht  im  Stande,  einen  directen  Beweis  daf&r  zu  erbringen,  dass 
die  sitzende  Gestalt  unserer  Vignette  Gonstantinopels  ursprünglich  die 
Tyche  dieser  Stadt  dargestellt  habe.  Ich  glaube  aber  ganz  wol,  dass 
man  nach  der  Analogie  der  beiden  anderen  Vignetten  diese  Annahme 
als  eine  ziemlich  gesicherte  hinstellen  dürfe. 

Fragen  wir  nun,  warum  denn  gerade  die  drei  Städte  Born,  Gon- 
stantinopel  und  Antiochia  auf  der  Karte  so  sehr  ausgezeichnet  wurden, 
so  haben  wir  eine  allgemeine  Antwort  bereits  früher  (S.  211)  erhalten^ 
allein  es  lag  noch  ein  besonderer  Grund  vor;  es  waren  nämlich  die 
drei  Städte  zwischen  350  und  353  gleichzeitig  Kaiserresidenzen 
unter  den  Söhnen  Gonstantins,  und  zwar  Bom  unter  Magnentius, 
Constantinopel  unter  Gonstantius  und  Antiochia  unter  Gallus.  Der 
Beflex  der  kaiserlichen  Besidenz  spiegelt  sich  in  den  drei  Vignetten 
in  durchaus  identischer  Weise  wieder  und  gewährt  uns  so  einen  Licht- 
strahl, mit  dessen  Hilfe  wir  wenigstens  eine  Etappe  in  der  Geschichte 
der  Karte  fixiren  können. 

Was  endlich  das  andere  zu  Gonstantinopel  gehörige  Bild,  näm- 
lich den  röthlichen  Thurm  betrifiPt,  auf  welchen  die  Tyche  hinweist, 
so  stellt  dieser  ganz  sicher  ein  bestimmtes  Bauwerk  Gonstantinopels 
▼or,  das  eben,  sei  es  vermöge  seiner  Grösse,  sei  es  durch  seine  Pracht, 
ein  Wahrzeichen  dieser  Stadt  bildete.  Constantin  hatte  aus  einem 
grossen,  100  Fuss  langen  Stücke  Porphyr  eine  Säule  errichten  lassen, 
damit  sie  seine  Statue  trage;  diese  soll  ursprünglich  ein  ApoUscoloss 
gewesen  sein,  dem  Gonstantin  seinen  eigenen  rundlichen  Porträtkopf 
habe  aufsetzen  lassen.  Unter  die  Säule  soll  er  das  heimlich  aus  Bom 
entwendete  Palladium  haben  beisetzen  lassen,  um  Plagen  abzuwenden 
und  das  Glück  zu  bannen.  Mit  der  Zeit  wurde  dieser  Säule  ein  ge- 
wisser Gultus  zu  Theil,  indem  man  Lichter  und  Weihrauch  davor 
anzündete  nnd  Nothgelübde  that^).    Diese  Säule  befindet  sich  jetzt 


*)  Siehe  Jak.  Barkhardt  a.  a.  0.  805,  467,  469,  47S. 


216  Hotz. 

auf  dem  Atmeidan  (d.  L  Pferdeplatz)  oder  Hippodrom  in  Constantinopel 
Diese  Säule  war  in  der  That  ganz  geeignet,  als  Wahrzeichen  der 
Stadt  zu  dienen.  Da  nun,  wie  wir  auf  S.  215  gesehen,  die  Vignetten 
fär  die  drei  Städte  kurz  nach  Gonstantins  Tod  sind  gezeichnet  worden, 
so  dürfen  wir  wohl  annehmen,  dass  damals  auch  die  Gonstantinssäule 
vom  Zeichner  mit  auf  die  Vignette  sei  gesetzt  worden. 

Zum  Schlüsse  ist  noch  hinzuweisen  auf  die  grosse  üeberein- 
stimmung,  welche  in  der  Darstellung  einzelner  Städte  wie  Aquüeja 
(Segment  III G),  Thessalonike  (VII A),  Nikaea  (VIIB)  und  Nikomedia 
(ibid.)  herrscht  mit  den  Signaturen,  wie  sie  die  Notitia  dignitatom 
f&r  eine  ganze  Beihe  von  Städten  wiedergibt  Offenbar  ist  die  Notitia 
hierin  die  Vorgängerin  und  die  Tabula  hat  die  Signaturen  f&r  die 
oben  erwähnten  Ortschaften  der  in  der  Notitia  angewandten  Dar- 
stellungsweise entlehnt;  denn  wären  diese  Bilder  ursprünglich  der 
Tabula  eigenthümlich  gewesen,  so  würden  sie  sich  in  viel  grösserer 
Anzahl  auf  ihr  vorfinden.  So  aber  tragen  sie  durchaus  den  Gharakter 
einer  anderswoher  hineingetragenen  Zuthat,  und  die  Quelle  hiezu  war 
eben  die  Notitia  dignitatum  oder  doch  wenigstens  die  in  ihr  an- 
gewandte Darstellungsweise.  Desjardins  erklärt  im  Texte  zu  seiner 
Ausgabe  der  Tabula  Feutingeriana^)  die  Vignette  von  Bavenna  dahin, 
dass  sie  die  Kirche  S.  Vitale  von  Bavenna  darstelle,  deren  Bau  im 
Jahre  547  begonnen  worden  ist.  Auch  für  Thessalonike,  Nikaea  und 
Nikomedia  lässt  sich  nachweisen'),  dass  unter  Justinian  grosse  Bauten 
in  diesen  Städten  ausgeführt  werden,  was  eben  den  Anlass  dazu 
gab,  dieselben  auf  der  Karte  bildlich  auszuzeichnen. 

Aus  dem  bis  jetzt  erschienenen  Texte  Desjardins  (Britannia,  Gallia, 
Hispania,  Italia  p.  1 — 254  sowie  ein  kleiner  Theil  Osteuropas  p.  254 
bis  260)  ist  deutlich  zu  entnehmen,  dass  die  Karte  nicht  auf  einmal 
entstanden  ist,*  sondern  dass  verschiedene  Jahrhunderte  an  ihr  ge- 
arbeitet haben.  Das  augusteische  Zeitalter,  die  Perioden  Tngans, 
Gonstantins  und  Justinians,  alle  diese  haben,  wie  theils  Desjardins 
nachweist,  theils  aus  unseren  Auseinandersetzungen  hervorgeht,  ihren 
Antheil  an  der  Karte,  heidnische  und  christliche  Anschauungen  haben 
ihre  Niederschläge  auf  ihr  z.urüc^elassen;  aber  wesentliche  Ver- 
besserungen und  Neuerungen  an  dem  genialen  Entwürfe  des  Agrippa  (?) 
hat  keine  spätere  Zeit  anzubringen  vermocht 

Die  letzte  Hand,  die  daran  gerührt  hat,  ist  unstreitig  diejenige 
eines  mittelalterlichen  Mönches  gewesen,  und  zwar  nahm  man  bisher 


*)  8.  156.        »)  Ib. 


Beüx&ge  zur  Erklärung  und  Geschiclite  der  peutdngerschen  Tafel.     217 

den  Eolmarer  Mönch  als  den  Copisten  an,  eine  Annahme,  der  auch 
Desjardins  beipflichtet  Es  ergibt  aber  eiae  genaue  Prüfung  der- 
jenigen Jahrbücher,  aus  welchen  man  glaubt,  das  Autorrecht  des 
Kolmarer  Mönches  ableiten  zu  dürfen,  dass  dieser  Mönch  im  Jahre 
1265  gar  nicht  in  Eolmar  gewohnt  hat.  Jaffe  gibt  in  den  Monumenta 
Germaniae  Bd.  17  in  der  Vorrede  zu  den  Annales  Golmarienses  einen 
kurzen  Lebensabriss  eben  dieses  Mönches,  aus  welchem  hervorgeht, 
dass  dieser  von  1256 — 1277  im  Predigerkloster  zu  Basel  gelebt  hat. 
Es  ist  also  entschieden  fQr  die  letztere  Stadt  das  Becht  in  Anspruch 
zu  nehmen,  der  letzte  Geburtsort  der  Peutingeriana  gewesen  zu  sein, 
und  man  sollte  ip  Zukunft  nicht  mehr  ron  einem  Eolmarer,  sondern 
Yon  einem  Basler  Mönche  als  dem  Copisten  der  Tabula  sprechen. 
Aber  ich  glaube  überhaupt  Grund  zur  Annahme  zu  haben,  dass  die 
Karte,  welche  dieser  Mönch  gemalt  hat,  nicht  identisch  ist  mit  der 
Peutingeriana.  Schon  JafiPe  hat  a.  a.  0.  Zweifel  an^  dieser  Identität 
ausgesprochen.  Band  17  der  Monumenta  Germaniae  enthält  nämlich 
auch  noch  eine  Beschreibung  des  Elsass  (descriptio  Alsatiae)  und  eine 
solche  Deutschlands  (descriptio  Theutoniae).  Diese  beiden  descriptiones 
sind  nach  Jaffe  (ib.  187,  20)  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  yerfasst 
worden,  also  um  die  Zeit,  da  man  gewöhnlich  die  Copie  der  Peu- 
tingeriana  ansetzt.  In  der  descriptio  Alsatiae  nun  heisst  es  (p.  237,  15): 
,  Est  (Alsatia)  terra  modica  in  Europae  partibus,  quae  polum  an- 
tarcticum  penitus  ignorat;  polum  yero  arcticum  super  se  in  gradu 
50  credimus  possidere.  Haec  est  terra  Alamaniae.  Haec  habet  Con- 
stantinopolim,  civitatem  Graedae,  yersus  Orientem  quae  secun- 
dum  mappam  mundi  sub  meridionali  linea  continetur.* 
Und  in  der  descriptio  Theutoniae  (p.  238,  47):  «Sita  est  Theutonia 
in  Uttoribus  Oceani,  inter  Bhenum  et  Albam  fluTios,  ut  in  mappa 
mundi  depingitur,  et  opponitur  vento,  qui  Gircinus  seu  Tracia 
nominatur.*  Endlich  heisst  es  ebendaselbst  (p.  233,  35):  ,  Magister 
de  Sacro-Bosco  (f  1244  oder  1256)  fecit  sphaeram  magistris  ceteris 
meliorem.  •  * 

Man  muss  gestehen,  dass  diese  mappa  mundi,  welche  in  den 
beiden  descriptiones  erwähnt  wird,  ganz  anderer  Natur  gewesen  ist, 
als  die  Peutingeriana,  da  man  ja  aus  jener  ganz  genau  die  Himmels- 
gegend ersehen  konnte,  und  da  auf  ihr  die  Elbe  verzeichnet  war,  was 
alles  der  peutingerschen  Tafel  nicht  kann  entnommen  werden.  Allem 
nach  müssen  die  Elsässer  Mönche  für  ihre  Zeit  ganz  tüchtige  geo- 
graphische Kenntnisse  besessen  haben,  und  die  Peutingeriana  war 
jedenfalls  nicht  die  mappa  mundi,  welche  ihren  Anschauungen  und 
Stadien  entsprach. 


218    .  Hotz. 

Einen  weiteren  Grund  des  Zweifels  bietet  mir  nun  der  Umstand, 
dass  der  Mönch  (a.  a.  0.  200,  8)  zum  Jabre  1276  schreibt:  aMappam 
mundi  correxi."  Unbedeutende  Verbesserungen  in  Beziehung  auf 
Flussläufe  sind  zwar  in  Oberitalien  an  drei  Stellen  des  Segments  III 
der  Desjardin'schen  Ausgabe  zu  bemerken  (die  anderen  Ausgaben  der 
Tabula  lassen  nichts  hievon  erkennen),  von  einer  wichtigen  Gorrectur 
aber,  welche  der  Erwähnung  in  den  Annalen  werth  gewesen  wäre, 
lässt  einem  weder  Desjardins  noch  eine  andere  Edition  etwas  wahr- 
nehmen, so  dass  wir,  so  lange  nicht  eine  nochmalige  genaue  Prüfung 
des  Originales  wirklich  eine  grössere  Gorrectur  aufweist,  den  obigen 
Passus  als  wichtiges  Verdachtsmoment  dürfen  gelten  lassen. 

Dem  Yon  anderer  Seite  erhobenen  Einwände,  dass  der  Mönch 
von  12  Tafeln  spricht,  während  die  Peutingerische  Karte  deren  nur 
11  aufweist,  lege  ich  kein  Gewicht  bei,  da  ja  offenbar  einmal  bei 
dieser  12  vorhanden'  gewesen  sind.  Ich  betrachte  also  diese  Nicht- 
übereinstimmung als  YÖUig  irrelevant,  freilich  in  dem  Sinne,  dass 
ich  sie  weder  für  noch  gegen  die  Identität  sprechen  lasse.  Der  Mönch 
kann  ja  ebensogut  eine  andere  mappa  mundi  als  gerade  die  peu- 
tingersche  in  12  Fergamentblättem  gemalt  haben. 

Der  Umstand,  dass  gerade  der  Schwarzwald  und  die  Vogesen  auf 
der  peutingerschen  Tafel  mit  Bäumchen  besetzt  sind,  während  sonst 
die  anderen  Gebirge  dieses  Schmuckes  entbehren,  ist  ebenfalls  als 
gewichtiger  Beweis  für  die  Identität  der  mappa  mundi  des  Eolmarer 
Mönches  und  der  Peutingeriana  verwendet  worden.  Man  sagte:  Diese 
Gebirge  waren  dem  Mönche  täglich  vor  Augen,  darum  hat  er  sie  mit 
besonderer  Vorliebe  behandelt  Dieser  Grund  gieng  an,  so  lange  die 
Annahme,  dass  der  Mönch  in  Eolmar  gelebt,  als  richtig  galt.  Nun 
aber  hat  ja  der  Zeichner  in  Basel  gelebt.  Warum  hat  er  denn 
da  den  Jura  ausgelassen,  der  ihm  doch  von  Basel  aus  viel  näher  lag 
als  die  beiden  anderen,  den  er  mindestens  ebenso  gut  kennen  musste, 
als  diese?  Man  wird  einwenden,  der  Jura  finde  sich  auf  der  Karte 
gar  nicht  verzeichnet  Nun  macht  aber  die  Silva  Vosagus  (Vogesen) 
sowol  in  Zeichnung  als  Benennung  einen  stark  verdächtigen  Eindruck ; 
denn  abgesehen  von  den  Bäumen  ist  schon  die  Gebirgszeichnung  hier 
wesentlich  anders  als  bei  den  anderen  Gebirgen ;  sodann  ist  der  Name 
«Vosagus*  erst  von  der  Mitte  des  6.  Jahrhunderts  an  beglaubigt^), 
während  frühere  Schriftsteller  immer  von  einem  Mons  Vogesus 
oder  Vosegesus,  nie  aber  von  einer  Silva  Vosagus  reden.  Die 
letzten  Spuren  selbständiger  Bearbeitung  der  Karte  weisen  nun  aller^ 


^3  Forbiger,  Alte  Geogr.  v.  Europa  87  und  88. 


Beiträge  zur  Erklärung  und  Geschichte  der  peutingerschen  Tafel.      219 

dings,  wie  wir  gesehen,  auf  die  Zeit  Juatinians;  doch  betrifft  diese 
Bearbeitung  lediglich  einige  orientalische  Städte,  am  übrigen  wurde 
kaum  etwas  geändert,  namentlich  ist  nicht  abzusehen,  wie  die  Vogesen 
zu  der  Ehre  hätten  kommen  sollen,  von  einem  kaiserlich  byzan- 
tinischen Hofkartenfabrikanten  einer  eingehenden  Behandlung  ge- 
würdigt zu  werden.  Ich  vermuthe  daher  stark,  die  Vogesen  seien 
ursprünglich  nicht  auf  der  Karte  vorhanden  gewesen,  sondern  von 
einem  copirenden  Mönche,  der  aus  dem  Elsass  stammte,  eingezeichnet 
worden.  Dieser  Mönch  ist  aber  nicht  der  sogen.  Eolmarer  d.  i  Basler 
Fredigermönch  gewesen,  denn  sonst  hätte  er  auch  den  Jura  ein- 
getragen, Platz  dazu  war  zur  Genüge  vorhanden. 

Femer   ezistirt   auf  der   Basler  Universitätsbibliothek   noch    ein 

4 

Yerzeichniss  der  Bibliothek  des  Fredigerklosters  in  Basel.  Dasselbe 
ist  erst  nach  der  Beformation,  im  16.  Jahrhundert,  abgefasst  worden, 
also  zu  einer  Zeit,  da  die  peutingersche  Tafel  bereits  gefunden  war. 
Es  enthält  nun  die  Notiz:  «Mappa  mundi,  item  chronica  quaedam.* 
Viele  mappae  mundi  pflegte  man  in  einem  Kloster  nicht  gerade  zu 
besitzen,  man  begnügte  sich,  namentlich  in  kleineren  Klöstern,  wie 
das  Basler  eins  gewesen,  mit  einem  Exemplp«r.  Da  nun  die  mappa 
mundi  des  Basler  Klosters  sich  noch  vorfand  zu  einer  Zeit,  da  die 
pentingersche  Tafel  bereits  in  Nürnberg  war,  sind  diese  beiden  jeden- 
falls nicht  identisch  mit  einander« 

Wo  ist  nun  aber  die  peutingersche  Tafel  wirklich  copirt  worden? 

Schon  Scheyb  erwähnt  in  seiner  Ausgabe  (Tab.  peui  p.  31)  einer 
Stelle,  welche  diese  Tafel  kurz  vor  ihrer  Entdeckung  durch  Konrad 
Geltes  meteorartig  vor  unseren  Augen  vorbeiziehen  lässt.  Es  schreibt 
nämlich  der  Zürcher  Chorherr  FeUx  Henmierlein  (1389—1456?) 
Folgendes  in  seinem  Tractate  de  nobilitate^):  „Et  haec  omnia,  vide- 
licet  maria,  insulae,  montes,  provindae,  civitates,  oppida,  flumina  et 
gentes,  singulariter  singuli  et  singulae  proprüs  nominibus  sunt  in 
Itinerario  Urbis  Bomae  notabiliter  conscriptae  prout  diligenter 
vidi  et  pe.rspexi.  Etiam  cum  leucis  et  milliaribus  distan- 
tiarom. '  Die  Ausdrücke  vidi  und  perspexi  weisen  deutlich  darauf 
bin,  dass  es  sich  hier  um  eine  eigentliche  Karte,  nicht  blos  um  ein 
einfaches  Distanzenverzeichniss  nach  Art  des  Itinerarium  Antonini 
handelt.  Und  alles  das,  was  der  Zürcher  Chorherr  auf  diesem 
Itinerarium  urbis  Bomae  gesehen  hat,  findet  sich  eben  auf  der  peu- 
tingerschen Tafel  verzeichnet     Den  besten  Beweis  aber  daf&r,   dass 


<)  P.  104  b,  Zeile  8  v.  o. 


220  Hotz. 

I 

Hemmerlein,  wenn  nicht  unser  Exemplar,  so  doch  wenigstens  ein 
anderes  dieser  Karte  gesehen  hat,  finden  wir  in  dem  Passus  «cum 
leucis  et  milliaribus  distantiarum. '^  Die  Leuga  ist  ein  Längen- 
mass,  das  sich  ursprOngUch  bei  den  Galliern  vorfand  (franzos.  Heue) 
und  hatte  eine  Länge  von  2  Eil.  426  M.;  später  kam  die  gallo^ 
römische  Leuga  zur  Anwendung,  welche  2  Eil.  222  M.  betrug,  also 
etwa  das  iVg  fache  des  römischen  milliarium  oder  milliare  (=  1  EiL 
481,5  M.).  Nun  sind  in  der  That  auf  der  Tabula  ftir  Gallien  (mit 
Ausnahme  der  Narbonensis)  die  Wegmasse  nach  Leugen  angegeben, 
während  das  ganze  übrige  Beich  dieselben  nach  Milien  auff&hrt^), 
so  dass,  wie  HemmerUn  sagt,  auf  ihr  die  Distanzen  in  Leugen  und 
Milien  angegeben  wird.  Auch  das  sogen.  Itinerarium  Antonini  ent- 
hält die  Distanzen  f&r  Gallien  in  Leugen,  dass  aber  Hemmerlin  nicht 
dieses  kann  gemeint  haben,  geht  aus  den  Worten  ,maria,  insulae, 
montes  u.  s.  w.**  deutlich  hervor.  Es  kann  also  gar  kein  Zweifel 
darüber  herrschen,  dass  Hemmerlin  ein  Exemplar  der  sogen.  Peu- 
tingeriana  wirklich  gesehen  hat.  Auch  auf  p.  37  b,  Zeile  3  v.  u., 
erwähnt  er  nochmals  ein  Itinerarium  Julii  Caesaris  («Hamm  autem 
gentium  nomina  taliter  per  Albertum  Magnum  in  sua  cosmographia 
et  in  itinerario  Julii  Caesaris  comprehensa  novissimis  diebus  saepe 
sunt  mutata")  und  p.  38,  Zeile  4  v.  o.:  «Item  septem  maria  et  septem 
montes  proeminentes,  et  flumina  famosa  22,  quarum  omnia  nomina 
videre  poteris  in  itinerario  supradicto.*  Diese  Citate  weisen  nicht 
minder  auf  unsere  Earte  hin  und  zwar  in  einer  Art,  der  man  eot- 
nehmen  kann,  dass  jenesmal  dieses  Itinerarium  doch  nicht  so  gar 
selten  gewesen  sein  muss.  Hemmerlin  hat  längere  Zeit  (7  Jahre)  in 
Bologpia  studirt,  ebenso  hat  er  sich  auch  in  Bom  aufgehalten.  Er 
kann  also  die  genaue  Bekanntschaft  der  Earte  in  Italien  gemacht 
haben;  er  hat  al)er  auch  1421  in  Erfurt  studirt^)  und  kann  also  auch 
in  Deutschland  die  Earte  kennen  gelernt  haben.  Am  Basler  Goncil 
(1431 — 1448)  hat  er  thätigen  Antheil  genommen^),  er  könnte  also 
auch  hier  seine  Eenntnisse  der  Earte  gewonnen  haben,  zumal  ja  die 
Concilväter  viel&ch  mit  den  Baslerischen  Elöstern  verkehrten,  wie  das 
verschiedene  Schenkungen  beweisen,  welche  unseren  Elöstern  jenes- 
mal vermacht  worden  sind;  allein  gleichwol  glaube  ich  nicht,  dass 
Hemmerlin's  Eenntniss  der  Earte  einzig  dem  Basler  Aufenthalte  zu 
verdanken  ist    Das  Buch  De  nobilitate  wurde  geschrieben   1444  bis 


>)  E.  Roth,  Gescliichte  der  Leuga  im  29.  Bd.  der  Jahrb.  d.  Vereines  von 
Alterthumsfreunden  im  Rheinlande  (Bonn  1860).  ')  Vgl.  Balthas.  Beber,  Felix 
Hemmerlin  (1846),  08.        *)  Ib.  98. 


Beiträge  zox  Erklärung  und  Gescbiclite  der  pentmgerschen  Tafel.     221 

1450^)  und  enthält  so  ziemlich  den  gesammten  üm&ng  des  damaligen 
Wissens,  compilirt  aus  allen  möglichen  Schriftstellen  des  Alterthums 
und  der  Scholastik.  Hemmerlin  besass  eine«  für  jene  Zeit  ungemein 
reichhaltige  Bibliothek  von  über  500  Büchern*).  Er  kann  also  ganz 
wol  selber  ein  Exemplar  der  Karte  besessen  haben,  zumal  aus  den  an- 
gefahrten zwei  Stellen  auf  ein  ganz  genaues  Studium  derselben  zu  schliessen 
ist.  Es  scheint  mir  daraus  wenigstens  das  hervorzugehen,  dass  das 
Itinerarium  auch  zu  Hemmerlin's  Zeiten  noch  nicht  so  gar  selten  war, 
dass  man  es  nicht  hätte  citiren  dürfen.  Man  vergleiche  hiemit  eine 
ebenfalls  von  Scheyb^)  citirte  Stelle  aus  des  Herrn,  y.  Nuenar  Gom- 
mentariolum  de  Gallia  Belgica  p.  15:  Diese  berichtet  nämlich  von 
einem  « Itinerarium  Theodosianum  (offenbar  die  Bezeichnung  für  die 
Peutingeriana)  in  Spirensi  Bibliotheca  et  clarissimi  viri  Conr.  Peu- 
tingeri  aliud  itinerarium  vetustissimum. "  Das  beweist  denn  doch 
deutlich,  dass  ausser  der  eigentlichen  peutingerschen  Tafel  noch  ein 
zweites  Exemplar  in  Speyer  vorhanden  war.  Und  ebenso^  mag,  wie 
wir  schon  aus  Henmierlin  glaubten  schliessen  zu  dürfen,  noch  die 
eine  oder  andere  Elosterbibliothek  eine  solche  mappa  mundi  auf- 
bewahrt haben.  Ich  halte  daher  die  Angelegenheit  noch  nicht  für 
spruchreif,  bis  der  Charakter  der  Schriftzüge  der  Peutingeriana  ganz 
genau  geprüft  isi  Soviel  aus  der  Desjardinschen  Ausgabe  zu  ent- 
nehmen ist,  sind  die  Buchstabenformen  durchaus  nicht  einheitlich, 
sondern  sie  weisen  theilweise  auf  sehr  hohes  Alter  hin,  während 
daneben  auch  junge  Formen  vorkommen,  die  entschieden  später  als 
1300  sind.  Es  ist  nun  ganz  begreiflich,  dass  der  fleissige  Mönch,  der 
die  Karte  eher  abmalte  als  abzeichnete,  eben  ganz  getreu  auch  viele 
alte  Schriftzüge  nachgeahmt  hat,  und  dass  daneben  auch  neuere  sich 
einmischten.  Nun  sind  die  Mannert^sche  und  die  ScheyVsche  Aus- 
gabe in  dieser  Hinsicht  ganz  unzuverlässig;  aber  auch  diejenige  Des- 
jardins,  der  zwar  in  der  Vorrede  (p.  4  u.  5)  behauptet,  er  habe  eine 
möglichst  genaue  Wiedergabe  des  Schriftcharakters  bezweckt,  darf 
nicht  den  Anspruch  auf  völlige  Zuverlässigkeit  erheben,  sagt  er  doch 
selber  (p.  5):  »Je  me  suis  affranchi  de  la  puerile  con- 
formit^  qu'eüt  entrainee  le  calque  servile  du  document 
originale.*  Eine  ganz  getreue  Wiedergabe  der  Karte  gibt  es  also 
bis  jetzt  noch  nicht,  und  doch  kommt  es  für  den  Paläographen,  der 
hier  das  entscheidende  Wort  zu  sprechen  hat,  vor  allem  darauf  an, 
eine    ganz    genaue,    womöglich    auf   lichtbildnerischem    Wege    her- 


«)  Ib.  197.        «)  Ib.  125.        »)  Pag.  82. 


222  Hotz, 

* 

gestellte  Beproduction  der  Karte  zu  haben,   um  über  das  Datum  der 
letzten  Umschreibung  zu  entscheiden. 

Der  YerÜEtöser  vorstehenden  Aufsatzes  erlaubt  sich  daher,  behufs 
Ausfüllung  dieser  Lücke  den  Wunsch  auszusprechen,  es  möchte  eine 
dazu  berufene  Körperschaft  eine  auf  lichtbildnerischem  Wege  her- 
zustellende Ausgabe  der  Feutingeriana  veranstalten  oder  doch 
wenigstens  eine  solche  Ausgabe  an  competenter  Stelle  anregen  und 
befürworten. 


Der  Mondseer  Codex  traditionum. 

P.  WiUibald  Hanthaler. 

Das  alte  agilolfingische  Kloster  Mondsee  in  Oberösterreich  bewahrte 
bis  zn  seiner  gänzlichen  Aufhebung  am  20.  October  1791 1)  einen  alten 
Traditionscodex,  welcher  seinem  Alter  und  seinem  Inhalte  nach  zu  den 
wichtigsten  Quellenschriften  dieser  Art  gehört,  ist  er  ja  die  älteste 
derartige  Handschrift,  die  wir  in  Oesterreich  im  Originale  besitzen 
Derselbe  kam  nach  der  Aufhebung  des  Klosters  zunächst  nach  Linz, 
1853  aber  in  das  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  nach  Wien.  Nach 
einer  Notiz  des  Archivars  v.  Meiller  war  der  Codex  damals  un- 
gebunden und  erhielt  erst  im  Jänner  1863  den  gegenwärtigen  Ein- 
band. Der  Codex  wurde  im  17.  oder  18.  Jahrhundert  mit  Tinte 
paginirt,  was  um  so  grössere  Bedeutung  hat,  als  derselbe  heut  zu 
Tage  grossentheils  nur  aus  Einzelnblättem  besteht,  die  durch  Falze 
zu  Lagen  verbunden  sind.  Beim  Einbinden  1863  wurde  nun  gianz 
nach  der  alten  Faginierung  vorgegangen,  nur  die  Folia  119/120  und 
121/122  (alt)  sind  vertauscht  und  mit  Bleistift  neu  paginirt  worden. 
Zvnschen  diesen  zwei  Blättern  befindet  sich  noch  ein  selbständiges 
nicht  gezähltes  Blatt  mit  Urkunden  und  Schriften  aus  der  Zeit  des 
h.  Wolfgang,  Ende  des  10.  Jahrhunderts. 

Obgleich  der  heutige  Codex,  wie  erwähnt,  grossentheils  nur 
aus  Einzelnfolien  zusammengefalzt  ist,  so  sind  doch  nur  zwei  Lücken 
bemerkbar:  am  Schlüsse  der  Seite  44  fehlt  der  Schluss  der  Nummer  46 
und  ebenso  fehlt  der  Schluss  zu  S.  118,  bezw.  zur  Nr.  138.  Die  im 
Abdrucke  des  oberösterreichischen  ürkundenbuches  manke  Nummer  47 
und  der  Schluss  der  Nummer  117  daselbst  gehören  zusammen,  so  dass 
diese  zwei  zusammen  eine  vollständige  Nummer  ergeben.  Während 
B.  Pez  im  Thesaurus  anecdotorum  (VI,  1)  und  später  der  Verfasser 
des  Chronicon  Lunaelacense  (1748),  Abt  Bernhard  Lidl  (1729—1773), 
einen  grossen  Theil  des  Codex  ausgehoben  und  bei  dem  fast  voll- 
ständigen Mangel  anderer  chronikalischer  Nachrichten  zu  den  einzelnen 


1)  Tgl.  Otto  Schmid,  Beiträge  zur  Gresch.  des  ebem.  Benedictaner-Stifles 
Mondsee  in  Studien  u.  Mitth.  a.  d.  Ben.-  u.  Gisi-Örden  2  (1888),  825. 


224  Hauthaler. 

Aebten,  freilich  höchst  mangel-  nnd  fehlerhaft,  abgedruckt  hat,  wurde 
endlich  der  gesammte  Inhalt  des  Codex  im  ersten  Bande  des  Urkunden- 
Buches  des  Landes  ob  der  Enns  (1852)  S.  1 — 110,  und  zwar  ziemlich 
correct  wiedergegeben  und  allgemein  benutzbar  gemacht,  nur  ist 
leider  über  die  genauere  innere  Beschaffenheit  des  Codex  und  der 
verschiedenen  Eintragungen  nahezu  gar  nichts  gesagt,  so  dass  die 
Ausnutzung  desselben  doch  wieder  grossen  Schwierigkeiten  unterli^t 
und  ohne  Einsicht  des  Originals  vielfach  völlig  unmöglich  ist,  zumal 
darum,  als  bei  den  Nachträgen  weder  die  Reihenfolge  der  Vorlage 
noch  die  chronikalische  festgehalten  isi  Diesem  Mangel  soll  nun 
folgende  Abhandlung  einigermassen  abhelfen.  Noch  muss  ich  hier 
gleich  bemerken,  dass  Meiller  nachträglich  die  Nummerirung  im 
Urkunden-Buche  mit  rother  Tinte  an  den  Seitenrändem  des  Codex 
angemerkt  hat,  wodurch  das  Aufsuchen  doch  einigermassen  er- 
leichtert isi 

Der  Mondseer  Codex  zerföllt  zunächst  in  zwei  Theile,  nämlich 
in  den  alten  Codex  der  ursprünglichen  Anlage  und  in  Nachtrage. 
Der  alte  Theil  begiimt  S.  13  und  reicht  bis  S.  118,  wovon  das 
Blatt  S.  47/48  wegzudenken  ist.  Bei  Beginn  von  S.  13  steht  oben 
in  grossen  rothen  Majuskeln  der  Haupttitel :  Incipit  liber  traditionum. 
Darunter  folgt  dann  auf  zwei  Zeilen  in  rothen  kleinen  Majuskeln: 

[ ]   h[omin]es  tradiderunt  ad  istu  scm  locvm   [in  pago] 

quod  dicitur  Matahgauue.  Unten  am  Schlüsse  von  S.  13  steht  in 
schwarzen  Majuskeln:  COPLT  DE  MANINSEO. 

Der  ganze  Codex  ist  in  extenso  geschrieben,  nur  dass  bei  Beginn 
eines  Abschnittes  auf  der  ersten  Seite  eine  Columne  von  der  Breite 
eines  Drittels  einer  Textzeile  für  die  übersichtliche  Zusammenstellung 
der  Oertlichkeiten  benützt  isi  Die  Schrift  zeigt  durchgehends  ziem- 
lich gleichen  Charakter,  nur  ist  sie  die  ersten  Seiten  hinein,  zumal 
bis  Schluss  von  S.  17  oder  n^'  7,  mehr  zart  und  fein  und  wird  später 
etwas  derber  und  viel  weniger  sorgfaltig.  Die  Ueberschriften  sind 
meist  in  rothen  Majuskeln  geschrieben,  partienweise  aber  auch  schwarz, 
wie  insbesonders  alle  im  Abschnitte  des  Attergaues.  Von  besonderen 
charakteristischen  Eigenthümlichkeiten  der  Schrift  bemerke  ich  das 
bis  gegen  Ende  sehr  häufig  vorkommende,  anfanglich  geradezu  vor- 
herrschende offene  Minuskel-a,  das  sich  nur  im  letzten  Abschnitt 
9 Salzburggau'  fast  ganz  verliert;  ferner  das  eigenthümliche  Uncial-N; 
dann  die  häufigen  Formen  (l,  rt,  £1  und  die  verschränkte  Form  von 
&  (=  et)  in  der  Mitte  und  am  Ende  der  Wörter,  die  Verbindung 
von  NT  bei  Ausgängen  u.  dgl.  Zieht  man  diese  charakteristischen 
Eigenthümlichkeiten    der    Schrift    im    Verein    mit  dem  allgemeinen 


Der  Mondseer  Codex  traditionum.  225 

Orandcharakter  derselben  in  Betracht  und  beachtet  man,  dass  die 
zwei  jüngsten  Stücke  der  ganzen  Sammlung  dem  Jahre  854  an- 
gehören, nämUch  n<>  182  von  854  Apr.  24  und  n<)  97  von  854  Mai  5, 
sowie  auch,  dass  Abt  Hitto  (878  —  894),  ein  Neffe  (Vetter?)  des 
Bischofs  Ambricho  von  Begensburg,  mit  Urkunde  von  883  April  5 
unter  Bestätigung  des  Kaisers  Karl  d.  D.  vom  genannten  Bischöfe 
die  Abtei  Mondsee  gtfgen  die  Darbringung  von  30  Hüben  an  der 
Baab  (in  Ungarn)  an  die  Klöster  Si  Michael  (zu  Mondsee)  und  Si 
Emmeram  unter  unwiderruflichem  HeimfaU  des  Gesammten  an  letzteres 
Kloster  auf  Lebenszeit  zugesichert^)  und  dadurch  als  Abt  von  Mond- 
see, seit  831  zum  ersten  Male  wieder,  eine  festere  Stelle  zuerkannt 
erhielt,  so  bin  ich  der  Ansicht,  dass  in  dieser  Zeit,  also  Ende  des 
9.  Jahrhunderts,  der  Abt  von  Mondsee  zunächst  das  Bedürfniss 
fühlen  mochte,  die  alten  Bechtstitel  der  weit  zerstreuten  Besitzungen 
übersichtlich  zu  sammeln  und  einen  Traditionscodex  in  der  yor- 
liegenden  Form  anzulegen.  Damit  stimmt  eben  auch  der  gesammte 
Charakter  der  Schrift  überein,  der  auch  nach  Bedlich^s  ürtheil  dem 
Ende  des  9.  und  nicht  erst  der  ersten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts 
angehört,  wie  im  ürkundenbucfae  angegeben  ist^). 

Bezüglich  der  formellen  Ausstattung  des  Codex  bemerke  ich,  dass 
er  ganz  ohne  allen  Schmuck  vorliegt,  nur  auf  S.  49  (Atargauue), 
79  (Sundargouue)  und  89  (Trungauue)  yersuchte  man  eine  kleine 
Verzierung  anzubringen,  indem  man  zur  Abtrennung  der  topographi- 
schen üebersichtscolumne  und  des  Textes  an  erster  Stelle  mit  schwarzer, 
an  den  zwei  letzten  Stellen  mit  rother  Tinte  eine  Verticallinie  zog 
und  diese  oben  und  unten  in  einen  kleinen  Knoten  sich  auflösen  liess. 
Die  Fergamentblätter  wurden  ursprünglich  in  Quaternionen,  also  zu 
je  4  Lagen  oder  8  Folia  zusammengelegt,  doch  sind  im  Laufe  der 
Zeit  die  meisten  Lagen  in  der  Mitte  auseinandergerissen  worden,  so 
dass  sie  bei  Gelegenheit  des  Einbindens  zum  grossen  Theil  eigens 
ge&lzt  werden  mussten. 

Die  stoffliche  Anordnung  des  alten  Theiles  ist  eine  ausgesprochen 
topographische.  Der  ganze  Yorrath  von  Friyaturkunden  bis  zum 
JaJire  854  herab  wurde  nach  Gauen  gruppirt  und  dann  nach  Ort- 
schaften aufgeführt  Die  Urkunden  jedes  Gaues  bilden  daher  inhalt- 
lich wie  formell  je  einen  Abschnitt,  und  innerhalb  eines  solchen  sind 
wieder  gewöhnlich  alle  Urkunden  desselben  örtlichen  Betreffs  unter 
einer  Ueberschrift  der  Beihe  nach  eingetragen.    Der  topographische 


*)  Jänner,  Geach.  d.  Bisch,  v.  Regenaburg  1,  282.      *)  Bairische  Traditions- 
bücher  in  Mitth.  d.  Inst.  5,  7. 

MitÜieÜQXiiren  TU.  16 


226  Hauthaler. 

Gesichtspunkt  der  ersten  Anlage  wurde  selbst  auch  in  der  äusseren 
formellen  Ausstattung  des  Codex  zum  Ausdrucke  gebracht,  indem  man, 
wie  die  Fublication  im  obderennsischen  ürkundenbuche  noch  ersicht- 
lich macht,  die  örtlichen  Betreffe  eines  jeden  Abschnittes  zur  linken 
Seite  der  ersten  Urkunde  scalaförmig  untereinander  übersichtlich  zu- 
sammenstellte. Nach  heutiger  Zusammensetzung  enthält  der  alte  Theil 
folgende  Abschnitte:  I.  Matahgau  mit  Quinzingau  und  Donaugau,  IL  Atar- 
gau,  III.  Botahgau,  lY.  Sundargau,  V.  Trungau,  YL  Salzpurggau. 

Der  erste  Abschnitt  umfasst  also  vorerst  S.  18 — 24  (1.  Zeile)  in 
den  Nummern  1 — 17  die  Vergabungen  im  alten  Matahgau  zu  Mun- 
derfing,  Heipfau,  Steindorf,  Teichstätt,  Irrsdorf,  Strasswalchen,  (bei) 
Eöstendorf,  Mattighofen,  Astätt,  an  der  Enknach  bei  Neukirchen 
(eine  solche  Vergabung  fehlt  aber  unter  den  folgenden  Nummern), 
Treubach,  Mayrlupp,  Ourten  und  Haiming,  woran  sich  dann  un- 
mittelbar yon  S.  24 — 44  in  den  Nummern  18 — 46  die  Vergabungen 
im  alten  Quinzingau  und  Donaugau  an  der  Vils  und  unteren  Isar 
und  deren  Nebenflüssen  anschliessen  und  zwar  auffallender  Weise 
ohne  eine  eigene  Aufschrift  und  ohne  einleitende  scalaförmige  Zu- 
sammenstellung der  Hauptortschaft«n,  wie  es  sonst  bei  allen  Oruppen 
des  alten  Theiles  der  Fall  ist.  Es  werden  insbesonders  da  Traditionen 
au%ef&hrt  zu  Wallerfing,  Sulzbach,  Bossbach,  Rimbach,  Mistelbach, 
Walchsin,  Eolbach,  mehrere  an  der  Vils,  (Eirch-)Matting,  Rott, 
Neussling,  Aldersbach,  Beutelsbach,  Sattling  (Satalaron),  Buch,  Müuch- 
hausen  (Meginharteshuson),  Thilbach  (b.  Beutelsbach).  Ob  Biutilespah 
und  Hiotindorf  (n^  24),  die  ich  im  Quinzingau  nicht  finde,  etwa 
Buedersbach  (zwischen  Ostermiething  und  Wildshut)  und  Ottendorf 
nw.  Fischeisdorf  im  Innviertel  sein  sollen,  muss  ich  einstweilen 
dahingestellt  sein  lassen,  solches  angenommen,  wäre  dies  das  einzige 
auffallende  Beispiel  einer  Verschiebung,  far  die  wol  kein  anderer 
Grund  als  etwa  Irrthum  des  Schreibers  angeführt  werden  könnte. 
Die  Nummer  46  auf  S.  44  bricht  in  der  Mitte  ab,  ohne  irgend  eine 
Fortsetzung  zu  haben. 

Im  Codex  folgen  nun  zwei  Folia,  45/46  und  47/48,  die  jedenfedls 
heute,  und  zwar  seit  älterer  Zeit,  wie  die  Paginirung  beweist,  un- 
richtig eingereiht  sind.  Das  erste  enthält  n^Al  {=  Schluss  von  n^  117) 
und  n^  48,  welche  den  Schluss  der  Gruppe  des  Traungaues  bilden, 
und  das  zweite  enthält  die  Nummern  188,  187  und  189,  und  zwar 
in  dieser  Beihenfolge,   doch   davon  unten   an  den  passenden  Stellen. 

Mit  S.  49  und  n°  49  beginnt  inhaltlich  der  dritte,  formell  der 
zweite  Abschnitt,  dessen  Ueberschrift  in  kleinen  rothen  Miguskeln 
lautet:  Inc[ipiunt  capitula  de  pago]  Atar[g]auue,  wovon  das  Ein- 


Der  MondBeer  Codex  traditionum.  227 

geschlossene  ganz  verwaschen  ist  und  das  Gesperrte  in  moderner 
Zeit  mit  Bleistift  (wie  mir  scheint)  ergänzt  wurde.  Die  örtlichen 
Betreffe  sind  folgende :  Buchberg,  Einwalchen ^),  Mühlbach,  Stein- 
bach, Ader  (Agira),  Steindorf,  Oampem,  Föndorf,  Schärfling, 
Pichlwang,  Begau,  Alkersdorf,  Eemating,  Filsbach,  Ohlstorf,  Pattin- 
dorf (wo?),  wozu  ich  bemerke,  dass  die  gesperrten  Namen  in  der 
vorau%eschickten  Uebersicht  übergangen  sind. 

Am  Ende  von  S.  64  steht  dann  im  Anschlüsse  an  n^  '69  auf 
den  letzten  zwei  Zeilen  die  Aufschrift  für  den  nächsten  Abschnitt  in 
rothen  Majuskeln,  nämlich:  Incipiunt  capitulea  (sie!)  de  pago  Botah- 
goyye,  und  auf  S.  65  folgen  gleich  wieder  nebeneinander  die  scala- 
förmige  Ortsübersicht  und  der  Text  der  n^  70,  so  dass  die  ursprüng- 
liche Aufeinanderfolge  dieser  zwei  Abschnitte  Atargau  und  Botahgau 
zweifellos  isi  Die  vorkommenden  Ortschaften  sind  der  Beihe  nach 
folgende:  Bott(-thalmünster),  Wolfa-(kirchen),  Schöfbach  (Schefauua), 
Berg  (südl.  Eggenfelden),  Essenbach,  Mühlbach,  Eirchbach,  Harbach, 
Pocking,  Intinstegon  (wol  bei  Weihmörting,  nicht  bei  Inzing,  wie 
B.  ▼.  Eoch-Stemfeld  annahm),  Hplzbruck  (Holtsbvrk,  -  bei  Frauenhofen, 
wesÜ.  Eggenfelden),  oder  sollte  man  etwa  nach  der  Namensform  in  der 
topographischen  Uebersicht  —  de  Pohe  —  an  ein  Buch  (oder  Holz- 
buch)  denken,  Yon  welch'  ersteren  Apian  eines  im  Gerichte  Eggen- 
felden (bei  Bimbach)  und  eines  im  Gerichte  Pfarrkirchen,  südL  von 
Wald,  aufführt?  —  Graf  Fr.  H.  Hundt  bezog  es  wie  Koch-Sternfeld 
auf  Eolzbruck.  Vgl.  Abhandlungen  der  III.  GL  der  Akademie  in 
MOuchen  12,  286  n»  10. 

Seite  78,  d.  L  auf  der  Bückseite  der  letzten  Nummer  des  Botah- 
gaues,  beginnt  gleich  oben  der  vierte  Abschnitt  mit  der  rothen  Ma- 
juskel-Ueberschrift:  Indpivnt  capitv[le]a  de  pago  Svndargovve 
woran  sich  unmittelbar  die  Ortsübersicht  und  daneben  die  n^  84  an- 
schliessen.  Die  örtlichen  Betreffe  sind:  Töging  (ö.  Mühldorf),  A schau 
(n.  Fraham  a.  Inn),  (Becht-)Mehring,  Burgkirchen  a.Alz,  (Aufhausen, 
Bretzen,  Wörth)  an  der  Sempt  *),  Buch  bei  Burgkirchen  a.Alz, 
Wornbach  oder  Warnbach  (Forhanpach)  a.  Inn  bei  Griesstätt, 
Forchöd  (Forchheid)  bei  Lengmoos  westl.  Gars  (also  nicht  bei  Vöckla- 
markt  in  Oberösterreich !),  Halsbach,  Phetarah  mit  einem  Wald  (dieses 
ist  nach  Hundt  im  Sundargau  unermittelt,  aber  zwei  Orte  des  Namens 
Pfetterach  und  ein  Fluss  finden  sich  im  Westergau,  der  eine  nw.  von 
Moosburg  und  der  andere  nw.  von  Landshut,   wo  Freising  besonders 


*)  Im  Cod.  wie  auch  im  Register  des  ÜB.  heisst  es  einuualhesdorf,  nicbt 
dnuiaalhesdorf.        >)  Vgl.  n^  158. 

15* 


228  Hauthaler. 

Besitzungen  hatte  —  yielleielit  ist  doch  eines  von  diesen  gemeint, 
zumal  sie  auch  nahe  an  der  Isar,  der  Grenze  des  Sundargaues  sind  — )j 
Langkampfen  (südL  Entstein).  Von  letzterer  Nummer  stehen  die  letzten 
4  Zeilen  auf  S.  87  des  Codex,  deren  übriger  Theil,  sowie  die  Bück- 
seite 88  von  einer  andern  aber  ähnlichen  und  gleichzeitigen  Hand 
benützt  wurden,  um  zwei  Nachträge  yom  Matahgau  unterzubringen, 
nämlich  n°  95  mit  der  rothen  Majuskelüberschrifb :  Item  de  Matah- 
goyye,  und  n^  96  ohne  eigene  Aufschrift.  Die  ortlichen  Betreffe  sind 
Hainüng  und  Machendorf  bei  Simbach  am  Inn,  also  im  unmittelbaren 
Anschlüsse  an  die  nordöstlichsten  Oertlichkeiten  des  Sundargaues. 

Seite  89  ganz  oben  beginnen  die  Vergabungen  im  alten  Tmon- 
gau  und  üfgau  mit  der  rothen  Majuskel-Üeberschrift:  Incipivnt  capi- 
tvlae  de  pago  Trungavue.  Unmittelbar  darunter  steht  in  gleicher 
Ausstattung  die  Theil- Aufschrift:  De  Yfgauuae.  Hierauf  folgen  wieder 
in  scalaformiger  Anordnung  links  die  örtlichen  Betreffe  und  daneben 
rechts  der  Text  yon  n^  97.  Die  erste  Vergabungsurkunde  umfitfst 
drei  yerschiedene  Handlungen  und  Oertlichkeiten,  nämlich  solche  zu 
Qrünbach  (ö.  Gaspoltshofen),  dann  an  der  Vüs  im  Quinzingau  und 
eine  im  Botahgau.  Die  folgenden  Urkunden  betreffen  Trogindorf 
(wol  Trindorf,  w.  Hörsching),  Hörsching,  Kaufing  (ö.  Schwanenstadt 
am,  r.  Agerufer),  Offering  (w.  Hörsching),  Thening  (n.  Hörsching), 
Ostarperhtesdorf  im  Ufgau  (wo  ?),  Holzheim  (n.  Schwanenstadt)  und 
Hugine  (Hungberg  ö.  Nattembach  ?),  Bohrbach  (nw.  Si  Florian),  Schwein- 
bäck  (in  N.-Fraunleiten,  s.  St.  Florian),  Aschach  (sw.  Steyr),  Bach- 
maning  und  Laufen.  Im  Codex  reicht  dieser  Abschnitt  nach  heutiger 
Anordnung  bis  S.  104  n^  117  Mitte,  doch  daran  schliesst  sich  nach 
Form  und  Inhalt  das  Blatt  45/46  mit  n»  47  (=  IL  Theil  yon  n»  117) 
und  n^  48,  was  yom  Herausgeber  des  ÜB.  ganz  übersehen  wurde. 
Auf  Seite  46  blieben  am  Schlüsse  noch  5  Zeilen  leer,  die  man  dann 
im  12.  Jahrhundert  benützte,  um  einen  Theil  der  Mondseer  Ge- 
markung daraufzuschreiben,  nämlich  den  Abschnitt  Nezzeltal  —  ad 
Liubensperch  (~=  II.  Theil  yon  n^  188,  womit  die  Seite  47  b^innt). 

Der  sechste  und  nach  heutiger  Zusammenstellung  letzte  Abschnitt 
des  alten  Theiles  reicht  yon  S.  105—118  und  umfasst  n^  118—138 
(Mitte).  Die  rothe  Majuskel-Üeberschrift  lautet:  Incipiunt  capitvlae 
de  pago  quod  (sie!)  dicitur  SalzpurcauuL  Die  örtlichen  Betreffe  sind 
hier  folgende:  Eöstendorf,  Ffongau,  Irrsberg  (s.  Irrsdorf),  Weng, 
Surheim,  Hilgertsham,  (Alten-)Tann,  (Beichen-)Hall  (mit  2  Nummern, 
woyon  die  zweite  nur  noch  zur  Hälfte  yorhanden  ist).  In  der  Colunme 
der  örtlichen  Betreffe  auf  S.  105  (ÜB.  1  p.  71)  lauten  die  zwei  letzten : 
De  Halle,  De  Bupindorf,  und  sind  mit  etwas  schwärzerer  Tinte,  wie 


Der  Mondseer  Codex  traditionum.  229 

es  scheint  auf  Basar,  geschrieben.  Da  eine  Bupindorf  betreffende 
Urkunde  nirgends  erscheint,  so  wird  hier  ausser  dein  zweiten  Theile 
von  n^  138  jedenfalls  noch  ein  Stück,  yielleicht  auch  mehrere,  ver- 
loren gegangen  sein.    Bupindorf  selbst  weiss  ich  nicht  zu  finden. 

Wie  die  Publication  im  obderennsischen  ürkundenbuche  zeigt, 
sind  alle  Urkunden  ohne  Zeugennennung  eingetragen  und  es  ist  am 
Schlüsse  der  einzelnen  Stücke  meist  nur  das  vage  «testes  multi'  bei- 
geftgt^).  Als  Ersatz  dafür  sind  aber  die  meisten  dieser  Eintragungen 
noch  mit  einer  urkundlichen  Datirung  yersehen,  welche  mit  verhält- 
nissmässig  geringen  Ausnahmen  eine  bestimmte  Einreihung  der  ein- 
zelnen Stücke  zulässt,  zumal  als  auch  der  betreffende  Abt  meist 
genannt  ist.  Auch  stimmen  die  meisten  Daten  im  allgemeinen  ziem- 
lich zusammen,  so  sehr  einzelne  Angaben  auch  jeder  Vereinigung 
widerstreiten. 

In  den  ältesten  Stücken  bis  zum  Sturzeder  Agilolfinger  ist 
oft  das  herzogliche  Begierungsjahr  angegeben^  Von  den  36  Nummern 
dieser  Periode  geben  16  dieses  an,  daneben  6  Stücke  auch  noch  die 
Indiction,  welche  aber  nur  in  einem  (n^  70)  mit  den  übrigen  Daten 
stimmt  Die  zeitliche  Fixirung  der  aus  dieser  Periode  datirten  Stücke 
hat  Graf  Hundt  in  ausserordentlich  sorgfaltiger  Weise  vollzogen,  der 
dabei  constatirt  hat,  dass  die  allgemeine  Aera  Herzog  Tassilo's  mit 
Ende  Jänner  748  beginnt,  in  den  urkundlichen  Angaben  der  Begie- 
rungsjahre aber  auch  öfters  Abweichungen  von  der  Hauptära,  und 
besonders  einigemale  um  2  Jahre,  wahrzunehmen  seien').  Im  Be- 
sonderen bemerke  ich  zu  n^  1,  dass  darin  das  30.  Jahr  Tassilo*s  auf 
778  zu  weisen  scheint,  doch  das  Vorkommen  des  Bischofs  Wisurich 
von  Passau,  gestorben  774  Apr.  30,  bestimmte  Hundt,  das  Stück 
seinem  Hauptinhalte  nach  zu  772  als  dem  30.  Lebensjahre  Tassilo's 
einzureihen,  wofür  wol  auch  die  sonst  nicht  vorkommende  urkundliche 
Ausdrucksweise  «et  tunc  erat  Thessilo  XXX  annorum'^  zu  sprechen 
scheint.  Dabei  mache  ich  noch  aufmerksam,  dass  nach  der  Unter- 
schrift dieses  Stückes  Abt  Atto,  als  Schreiber  und  Zeuge  der  Ur- 
kunde, die  ganze  Au&eichnung  erst  nachträglich,  d.  i.  zwischen  799 
und  803,  in  welche  Zeit  nach  alter  Mondseer  Tradition  seine  Begie- 
rung  fällt,  gemacht  haben  wird  und  dass  nach  derselben  Unterschrift 
die  Haupthandlung  etwa  772  zu  Ostermiething  vollzogen  und  in  einem 
späteren  Jahre  am  Silvestertage  zu  (Alt-)Oetting  erneuert  worden  sein 
dürfte.  Durch  den  erwähnten  Zusatz  wird  zugleich  auch  die  Angabe  Holder- 


*)  Vgl  Redlich,  BairiBohe  Traditionsbüclier  in  MiUh.  5,  8.        >)  Siehe  Ab- 
handlungen etc.  12,  168  u.  171. 


230  '         Hauthaler. 

• 

Egger's  (MG.  SS.  13,  365  n.  1)  berichtigt  and  die  Abtswürde  Atto's 
ausser  allen  Zweifel  gesetzt. 

Zu  n^  4  ist  zu  bemerken,  dass  dieses  Stück  durch  den  Zusatz 
«die  dominico*  zu  XII.  Eal.  Feb.  wol  sicher  zu  776  Jänner  21  statt 
zu  circa  annum  770,  wie  die  Begister  des  oberSsierr.  Urkundenbuches 
angeben,  eingereiht  werden  kann. 

Aus  der  Zeit  Karls  des  Grossen  will  ich  die  Stücke  vor 
und  jene  nach  der  E^aiserkrönung  auseinanderhalten.  Von  ersteren 
sind  nur  5  Nummern  mit  Jahresdaten  versehen  und  zwar  n^  15  mit 
798  und  der  dazugehörigen  Indiction  VI;. ferner  je  eine  bloss  mit 
Angabe  des  fränkischen  Begierungsjahres  (n^  10)  und  bloss  mit  der 
Indiction  (n^  56),  deren  Angaben  daher  nicht  controlirbar  sind; 
weiter  ein  Stück  (n<^  99),  wo  neben  der  Indiction  (IIII)  noch  die 
fränkischen  und  italienischen  Begierungsjahre  (XXV  und  XVIIII)  und 
endlich  eines  (n^  7),  wo  neben  der  Indiction  (VII)  nur  das  fränkische 
Begierungsjahr  (XXXII)  angegeben  ist.  Dazu  ist  zu  bemerken,  dass 
in  -dP  7  die  Zahl  der  Begierungsjahre  gegenüber  der  Indiction  um 
eins  zu  hoch  ist,  während  bei  n°  99  die  Zahl  der  italienischen  Begie- 
rungsjahre gegenüber  jener  der  fränkischen  auch  um  eins,  die  Zahl 
der  Indiction  aber  um  3  zu  hoch  ist.  Letztere  Nummer  (99)  gehorte, 
Yon  den  Jahren  in  Italien  abgesehen,  nach  den  fränkischen  Begie- 
rungsjahren zu  793,  nach  der  Indiction  hingegen  zu  796,  der  ich 
hier  den  Vorzug  geben  mochte. 

Untersucht  man  nun  die  datirten  Stücke    aus  der  kaiserlichen 
Zeit  Karls  des  Grossen,  so  gibt  es  im  alten  Theile  des  Codex  im 
ganzen  20  Stücke  mit  Jahresdaten  und  zwar   18mal  mit  vierfEu^en 
Jahresdaten,   nämlich  anni  imperii,   regni  in  Francia,  in   Italia  und 
Indictio.    Dabei  stimmen   diese  vierfachen  Daten  3mal  yollkommen 
zusammen,  nämlich  in  n^  21,    102  und  107,   die  übrigen  Male  fehlt 
es  gegenüber  den  kaiserlichen  Jahren  bald  nur  bei  den  fränkischen, 
bald  wieder  nur  bei  den  italienischen  Jahren  oder  auch  nur  bei  der 
Indiction,  dann  bald  bei  zweien   dieser  Kategorien,   bald   auch   bei 
dreien  und  zwar   wieder  bald  in  gleichem,   bald   in   Terschiedeneia 
Grade,  doch  überall  meist  nur  insoweit,  dass  die  betreffende  Zahl  das 
einemal  um   1  oder  2  zu  hoch,  dann  wieder  um  ebensoviel  zu  niedrig 
angesetzt  ist    Im  besondern  bemerke  ich,  dass  in  n^  21  alle  Jahrea- 
daten  stimmen,  wenn  man  die  Indictio  Bomana,   das  ist  die  Weih* 
nachtsindiction,  zu  Grunde  legt,  und  dass   es  bei  n^  101   im  Codex 
richtig  heisst  Indictio  Xü,   statt    wie   der  Druck   angibt  XU,   was 
wieder  auf  die   Weihnachtsperiode  hinweist,  die  darum  der  ganzen 
Berechnung  zu  Grunde  liegen   dürfte,   da  auch  bei  n^  51,  die  Zu«» 


r 


Der  Mondaeer  Codex  traditionum.  231 

sammenatiminung  der  Indictio  XY  mit  dem  kaiserlichen  Jahre  VII 
vorausgesetzt,  die  Weihnachtsindiction  berücksichtigt  ist 

Aus   der  Zeit  nach   Karl  dem   Grossen,   yon  814—854, 
haben  von  58  Nummern  43  Jahresdaten,  und  zwar  34  die  Zahl  der 
Incamationsjahre,  36  die  der  Indiction,  9  die  der  kaiserlichen  Begie- 
nmg  Ludwigs  des  Frommen  und  4  die  der  Regierung  Ludwigs  des 
Deutschen,  ein  einziges  Stück,  das  erste  dieser  Beihe  auch  noch  das 
fränkische  und  italienische  Begierungsjahr,  nämlich  n^^  110  von  81 4 
November  30.    Ausserdem  haben  von   820   ab  fast  alle  Stücke,   die 
überhaupt  Zeitangaben   enthalten,    auch   das    Mondalter    angegeben, 
nämlich   32   Nummern.    Was    das   Zusammenstimmen   dieser    Daten 
betrifR;,   so   stimmen   die   36   Indictionen  alle  bis  auf  3,   nämlich  in 
no  19  vom  Jahre  817  März  28  soll  stehen  X  statt  XIIII,   in  n®  61 
Ton  824  Aug.  11  soll  stehen  II  statt  III  und  in  n»  77  von  823  soll 
stehen   I  statt  XY.    In   n<)  64   stand  ursprünglich,  ähnlich  wie  in 
n^  101,  richtig  Xü  und  wurde  Von  späterer  Hand  in  XII  verändert, 
yne  es  im  ürkundenbuche  gedruckt  ist   Bei  n^  66  ist  das  Incamations- 
jahr  824,  die  Indiction  I  und  das  Mondalter  zum  26.  December  XX 
angegeben.  Alle  diese  Daten  stimmen  unter  der  Bedingung  zusammen, 
dass  das  Stück  zu  823  statt  824  gehört,   woraus  hervorgienge,  dass 
der  Schreiber  das  Incamationsjahr  schon  mit  Weihnachten  umsetzte,  die 
Indiction  aber  erst  zu  Neujahr.  Die  Mondalterangaben  anlangend 
ist  zu  bemerken,  dass  deren   regelmässige  Anführung  820   beginnt. 
Vor  820  kommen  dieselben  nur  vereinzelt  vor  und  da  entweder  falsch 
oder   nicht   controlirbar.     Dieselben  kommen  nämlich   nur  vor  bei 
no  2  von  813  Febr.  12,  wo  es  statt  XVII  heissen  soll  VII;  dann  bei 
nP  19  von  817   März  28,   wo   es   heissen   soll  VI  statt  XXVIII  und 
bei  n«  70  von  759  JuU  18,   wo  statt  VIR  stoben  soll  XVIIL    Bei 
n^'  40  von  circa  750  luni  18  weist  das  Mondalter  XXI,  die  Bichtig- 
keit  vorausgesetzt,  auf  das  Incarnationsjahr  743  oder  762.    Von  820 
bis  854  kommen  32  Mondalterangaben  vor,  wovon  3  nicht  controlir- 
bar,   10  mit  den  anderen  Angaben  unvereinbar,   19  aber  vereinbar 
und  zusammenstimmend  sind.     Dabei  ist  noch  besonders  zu  beachten, 
dass    von   826   ab   alle  9   Angaben   stimmen.    Bei  n®   50  von  824 
Mai  19   soll  die   Luna  lauten   XVI  statt  XV,   bei  n»  61   von  824 
Aug.  11  XI  statt  Vim,  bei  n«  64  von  822  luni  1  VH  statt  VHI, 
bei  no  80  von  821  Feb.  23  XVII  statt  XVIIII,   bei  n«  81  von  820 
Oet  6  XXmi  statt  VII,  bei  n«.  106  von  821  Apr.  30  XXIHI  statt 
XXX,   bei  no  116  von  824  April  19  XV  statt  XX,   bei  n»  121  von 
825  Oct  7  XX  statt  VHU,  bei  n«  129  von  824  Mai  26  XXIII  statt 
Xn  und  bei  n«  133  vqu  825  luni  5   XIUI  statt  XIIL    Hinsichtlich 


J 


232  Hauthaler. 

der  3  nicht  controlirbaren  Lunaangaben  bemerke  ich,  dass  n°  85 
aus  der  Zeit  des  Abtes  Lantperht  mit  dem  Monatsdatom  März  7  zum 
Jahre  829,  n^  112  mit  Lona  XIII  und  October  8  zu  827  und  n»  131 
mit  Luna  XÜI  und  Juni  8  zu  822  gehört. 

Von  den  Begierungsjahren  sind  aus  der  Zeit  Kaiser  Ludwigs  des 
Frommen  9mal  die  anni  imperii  und  wie  schon  bemerkt  nur  einmal 
und  zwar  bei  der  ersten  Nummer  (110)  auch  die  regni  in  Franda 
und  regni  in  Italia  angegeben.  Die  Angaben  der  anni  imperii  stimmen 
hier  mit  den  übrigen  Daten  ganz  überein,  nämlich  bei  n^  19  mit 
817  März  28,  110  mit  814  Nov.  30,  120  mit  820  Nov.  22  und  124 
mit  816;  bei  n^  105,  welche  nach  dem  Mondalter  zu  820  Juni  13 
gehört,  sollte  als  Segierungsjahr  YU  statt  YI  und  bei  n^  106  mit 
Bücksicht  auf  das  Incamationsjahr  821  und  die  Indiction  XIIII  als 
Luna  Vill  statt  VIT  angegeben  sein.  Die  Nummern  23  und  35  mit 
anni  imperii  Uli  und  Jänner  18  und  19  gehören  natürlich  zu  818 
statt  817,  wie  in  den  Begistem  des  ürkundenbuches  angenommen 
ist,  weil  die  kaiserlichei^  Jahre  Ludwigs  des  Frommen  erst  am 
28./29.  Jänner  umsetzen^).  Die  Nummer  28  ist  hinsichtlich  des 
Begierungsjahres  IT  mit  Mai  21  selbstverständlich  auch  nicht  con- 
trolirbar,  da  keine  andere  Jahresaugabe  vorkommt 

Es  erübrigen  also  jetzt  nur  noch  jene  Stücke,  welche  die  Begie- 
rungsjahre König  Ludwigs  des  Deutschen  angeben.  Es  sind  solche 
nur  vier,  nämlich  n^  6,  20,  125  und  132.  Davon  stimmen  die 
Originaldaten  in  n^'  6  und  20  von  837  Mai  5  vollkommen,  nur  sind 
hier  gegenüber  dem  oberösterreichischen  ürkundenbuche  mehrere 
wichtige  Correcturen  anzumerken.  Bei  n^  6  lautet  nämlich  das  Origi- 
naldatum DCCCXXXoVIIo  Hludouuici  regis  VnH,  indict  XV.,  IIL 
non.  mar.,  feria  IL,  Dignus  n(omine)  scripsii  üeber  Villi,  das  durch- 
strichen wurde,  schrieb  aber  eine  Hand  wie  mir  scheint  des  14.  Jahr- 
hunderts YYftft  und  der  Corrector  gab  damit  seinen  Irrthum  kund, 
dass  er  nämlich  das  ganze  Datum  auf  Kaiser  Ludwig  den  Frommen 
beziehen  zu  müssen  glaubte.  Ausserdem  verlas  der  Herausgeber  das 
zum  Datum  ganz  passende  fr  11^  als  &ater.  Auch  in  n^  20  stimmt 
alles  zusammen,  nur  ist  als  Indiction  XU  statt  XII  zu  lesen.  Ebenso 
stimmt  auch  in  n^  125  alles  nach  der  ersten  Aera  Ludwig's  des 
Deutschen,  welche  von  826  Mai  1  ab  läuft')  und  auch  in  n^  132 
vom  J.  854  April  14,  nur  ist  hier  der  Begierungsantritt  in  Franconia 
orientali,  das  ist  833  Juni,  zum  Ausgangspunkte  der  Zählung  genommen« 


*)  Böhmer-Mühlbacher,  Regesten  S.  214.        «)  Sickel  in  SB.  86,  S48. 


Der  Mondseer  Codex  traditionum.  233 

Als  Anhang  zu  diesem  Abschnitt  mag  es  auch  gestattet  sein^ 
einiges  über  die  älteste  Abtsreihe  yon  Mondsee  anzu« 
schliessen.  Die  Quellen  hiefÜr  wie  fiir  die  ganze  altere  Geschichte 
dieser  altehrwürdigen  Agilolfingerstiftung  sind  sehr  spärlich,  sie  redu- 
dren  sich  fast  ganz  auf  den  behandelten  Theü  des  Traditionscodex* 
In  jüngster  Zeit  sind  daf&r  nun  manche  schätzenswerthe  Beiträge 
geliefert  worden,  ich  verweise  auf  die  eingehende  und  besonders  hin- 
sichtlich der  letzten  Schicksale  des  E^losters  interessante  und  werth- 
Yolle  Abhandlung  0.  Schmid's  in  den  Mittheilungen  und  Studien  aus 
dem  Benedictiner-  und  Gistercienser-Orden^),  femer  auf  den  yon 
Holder-Egger  veröfFentlichten  Catalogus  der  Aebte  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert >)  und  endlich  auf  das  Beichenauer  Yerbrüderungsbuch^),  das 
imter  andern  auch  tflber  viele  Klöster  Altbaiems,  wie  insbesondere 
über  die  alte  Tassüonische  Stiftung  Mattsee,  ganz  überraschende  Auf- 
schlüsse gewährt^). 

Der  erste  Abt  ist  bekanntlich  Opportunus,  welcher  im  Tra- 
ditionscodex von  der  Zeit  des  Herzogs  Ottilo,  gestorben  748  Jänner  18^), 
bis  zum  Jahre  783  vorkommt  (vgl.  nP  39  und  44)  und  nach  den 
Si  Enmieramer  Annalen,  der  einzigen  Quelle,  welche  das  Todesjahr 
überliefert  hat  (MG.  SS.  1,  92),  im  Jahre  785  und  zwar,  wie  die  Mond- 
seer üeberlieferung  lautet,  am  1.  Jänner  gestorben  ist^).  Obwol 
mm  der  hL  Virgil,  Bischof  von  Salzburg,  dessen  Tod  in  den  erwähnten 
Annalen  neben  dem  des  Abtes  Opportunus  zum  Jahre  785  eingesetzt 
ist,  nach  den  Salzburger  Quellen  schon  784  gestorben  ist,  so  wird 
als  Todesjahr  des  Opportunus  doch  das  Jahr  785  festzuhalten  sein, 
da  sicherlich  die  kurze  Aufeinanderfolge  der  Todestage  November  27 
und  Jänner  1  den  Annalisten  veranlasst  haben  wird,  den  Hingang 
beider  zu  demselben  Jahr  einzureihen.  Die  Mondseer  Chronik  gibt 
als  Todesjahr  781  an,  doch  dies  verbietet  schon  n^  44  des  Codex, 
welche  mit  dem  36.  Jahre  Tassilo's  datirt  ist,  weshalb  Opportunus 
damals,  nämlich  783/84,  noch  gelebt  haben  muss,  und  ebenso  dürften 
auch  alle  jene  Angaben  neuerer  Werke  unrichtig  sein,  welche  dieses 
Todesjahr  auf  783  oder  784  setzen.  Der  Nachfolger  des  Opportunus 
war  Hunrich  (Heinrich),  aus  dessen  Zeit  im  Traditionscodex  nur  vier 
mit  Jahresdaten  versehene  Urkunden  vorkommen  und  zwar  von  793 


^  Jahrg.  1882  U  129—189.  288—296;  1883  198—106.  824—888,  II  102  bis 
108.  S19— 880.  «)  MG.  SS.  18,  865.  »)  MG.Lib.  confrat.  1,  18  7.  *)  Vgl.  Salz- 
burger  Zeitung  vom  2.  Aug.  1884  Nr.  176  S.  8.  »Zur  ältesten  Geschichte  des 
Stiftes  Mattsee.«  •)  Hundt  in  Abhandlungen  d.  b.  Ak.  12,  168.  •)  Chron. 
Lunaelac.  p.  21. 


234  Hauthaler. 

bis  799  April  1 1  (n^  7).  Honrich  war  bekanutermassen  neben  Biscliof 
Arno  Mitglied  der  Gesandtschaft,  welche  Herzog  Tassilo  787  im  Früh- 
jahre nach  Born  sandte^).  Auf  Honrich  folgte  nach  den  alten  Auf- 
zeichnungen Yon  Mondsee  Abt  A 1 1  o ,  welcher  durch  die  Unterschrift 
yjou  b9  1  des  Traditionscodex  sichergestellt  ist.  Da  nach  Codex  n<^  11 
bereits  803  März  18  der  kaiserliche  Gaplan  Hiltipald,  Erzbiachof 
von  Köln  (784 — 819  Sept.  3),  als  Commendarabt  im  Besitze  der  Abtei 
war,  so  wird  Atto  zu  dieser  Zeit  bereits  (und  nicht  erst  804)  ge- 
storben oder  doch  sonst  yon  der  Abtei  entfernt  worden  sein.  Was 
Hiltipald  betrifft,  so  ist  unter  den  datirten  Urkunden  die  zeitlich 
späteste,  wo  er  im  Besitze  der  Abtei  vorkommt,  n^  23  von  818 
Jänner  18,  in  welcher  es  heisst:  .  .  .  Maninseo  ubi  preest  Hiltipaldus 
archiepiscopus  et  Lantperhtus  regere  videtur.  Aber  die  zeitlich  nächst 
folgende  Urkunde  n^  35  von  818  Jänner  19  beginnt:  Domino  gloriosi  (!) 
Lantperhto  abb.  und  macht  von  Hiltipald  keine  Erwähnung  mehr. 
Die  Stellung  Hiltipalds  zu  Mondsee  wird  in  den  30  Urkunden  des 
Codex,  wo  er  angeführt  ist,  meist  damit  bezeichnet,  dass  es  von  ihm 
heisst  (wie  oben):  ubi  preesse  (auch  regere)  videtur  oder  dass  er  geradezu 
rector  genannt  wird.  Da  ihn  aber  seine  Berufsgeschäfte  als  Erz- 
bischof von  Köln  und  als  kaiserlicher  Hofcaplan  meist  in  der  Feme 
festhielten  und  er  das  Stift  nicht  persönlich  verwalten  konnte,  so 
hatte  er  in  Mondsee  immer  Stellvertreter,  als  welcher  in  n^  75  von 
805  bereits  Lantperhtus,  damals  noch  -Diakon,  vorkommt  und  zwar 
unter  dem  Titel  missus  eins,  während  im  gleichen  Stücke  der  Mönch 
Eamalo  als  constitutus  prepositus,  wohl  als  ökonomischer  Verwalter, 
genannt  ist.  In  n^  124  vom  Jahre  816  kommt  nun  Lantperht  zeit- 
lich zum  erstenmale  als  Abt  vor ;  denn  der  Eingang  dieser  Nummer  lautet : 
Domino  inlustri  et  in  Christo  patri  Lantperhto  abbati  de  monasterio 
Maninseuue  ....  et  ubi  preesse  videtur  venerabilis  vir  Hiltipaldus 
archiepiscopus  —  woraus  wol  hervorgeht,  dass  das  factische  Ober- 
haupt und  der  geistliche  Vater  bereits  Lantperht,  der  rechtliche  Vor- 
stand aber  und  Nutzniesser  Erzbischof  Hiltipald  war.  Ob  aber  Hilti- 
pald diese  Stellung  bis  zu  seinem  Tode  819  Sept.  3  behalten  habe^ 
lässt  sich  wol  nicht  mit  Sicherheit  angeben.  In  n^  19  von  817 
März  28  wird  Lantperht  als  wirklicher  Abt  gekennzeichnet,  wenn  es 
da  heisst:  .  .  .  Lunalaco,  et  ubi  venerabilis  vir  preesse  Lantperhtus 
abbas  et  regere  videtur  in  omnibus.  Zum  Schlüsse  dieses  Stückes 
geschieht  dasselbe  nochmals  mit  folgenden  Worten :  Ista  paginola  fuit 
factum  (!)   ad  Maninseo  .  .  .  coram  omni  congregacione  et  ibi  fuit 


0  Siehe  Böhmer-Müblbacher  Reg.  p.  104, 


Der  Mondseer  Codex  traditionunu  235 

yenerabilis  vir  Lantperhtas  abbas  et  alios  multos  tesies  —  ofiine  dass 
irgendwie  des  Hiltipald  noch  Erwähnung  geschähe.  Aus  diesem  Um- 
stände mochte  man  wol  mit  Grund  annehmen,  dass  Erzbischof  Hüti- 
pald  schon  etwa  816  von  Mondsee  sich  yöllig  zurückgezogen  habe 
und  dass  desselben  in  n^  23  nur  etwa  formhalber,  wenn  nicht  gar 
irrthümUch,  noch  gedacht  ist.  Auch  muss  hier  erwähnt  werden,  dass 
in  den  Abtsreihen  von  Mondsee  Hiltipald's  gar  keine  Erwähnung 
geschieht,  was  insbesonders  von  dem  aus  dem  15.  Jahrhundert  stam- 
menden Gatalogus  gilt,  der  in  den  älteren  Partien  auf  viel  frohere 
Zeit  zurückgeht^).  Lantperht  stand  nach  dem  Traditionscodex  dem 
Kloster  als  wirklicher  Abt  Tor  von  c  816  bis  829.  Die  jüngste 
Urkunde,  worin  er  noch  als  solcher  handelnd*  genannt  wird,  ist  nP  24 
von  829  März  16.  Ueber  Abt  Lantpert  haben  wir  ausser  den  im  Codex 
enthaltenen  Urkunden  gar  keine  Nachrichten  und  doch  muss  er  für 
Mondsee  von  grösster  Bedeutung  gewesen  sein,  da  er  das  Kloster 
ohne  Zweifel  zu  sehr  bedeutender  Höhe  und  zu  grossem  Ansehen 
gebracht  hat.  Seit  803  oder  804  bis  829  war  er,  wie  es  scheint,  die 
leitende  Seele  und  beachtet  man  die  grosse  Anzahl  der  Erwerbungen 
durch 'Widmungen  und  Tauschhandlungen,  so  kann  man  einigermassen 
sich  ein  Urtheil  bilden  über  die  grossen  Verdienste,  die  sich  Lantperht 
lun  Mondsee  erworben  haben  muss.  Nicht  weniger  als  70  Stücke 
Yon  den  132,  welche  der  alte  Theil  des  Codex  ftir  die  Zeit  von  748 
bis  829  enthält,  gehören  sicher  der  Zeit  von  803 — 829  an,  wozu  noch 
mehrere  kämen,  die  wegen  Mangels  zeitlicher  Anhaltspunkte  nur  bei- 
läufig eingereiht  werden  können. 

Ueber  die  Nachfolger  Lantperhts  wissen  wir  lange  Zeit  gar  nichts, 
es  sind  uns  meist  nur  die  nackten  Namen  überliefert. 

Für  die  Zeit  nach  829  bis  854  kommen  im  alten  Codex 
nur  noch  6  Stücke  vor:  n«  125  von  834,  n«  6  und  20  von  837, 
n^  71  von  853,  n^'  97  und  132  von  854.  Die  Ursache  dieses  raschen 
Stülfitandes  und  des  dadurch  eingeleiteten  Rückganges  liegt  unzweifel- 
haft darin,  dass  das  Stift  mit  831  Februar  13  an  das  exdiöcesane 
Hochstift  Begensburg  gekommen  ist,  bei  dem  es  bis  zur  gänzlichen 
Aufhebung  1791  verblieb.  Als  Aebte  sind  durch  die  häuslichen  Auf- 
zeichnungen des  Stiftes  der  Beihe  nach  überliefert:  Meingaudus, 
Adelradus,  Erkanbertus,  Benedictus,  Helembertusi 
Erkinfridus,  Guntherus  (so  statt  Sjntherus !),  Hitto,  wozu  zu 
bemerken  ist,  dass  von  Abt  Erkenbertus  ab  in  dem  alten  Catalogus 
des  15.  Jahrhunderts  je  die  entsprechende  Ordnungszahl   7 — 12  bei" 


I)  MG.  68.  18,  865. 


236  Hauthaler. 

gesetzt  isL  Daraus  geht  unzweifelhaft  hervor,  dass  man  in  Mondaee 
Erzbischof  Hiltipald  nicht  unter  die  eigentlichen  Klosterrorstande 
rechnete.  Nebenbei  will  ich  hier  noch  anmerken,  dass  in  dem  Ver- 
zeichnisse der  Mondseer  Mönche  im  alten  Yerbrüderungsbuch  ?on 
Beichenau  nur  Eunrichf  Opportunus  und  Adalleoz  als  Aebte  ein- 
getragen sind^),  wobei  man  Adalleoz  wol  mit  Adalredus  wird  identisch 
halten  dQrfen.  Da  die  Namen  der  obigen  Aebte  ausser  den  Haua- 
katalogen  nirgends  vorkommen,  bei  diesen  femer  in  älterer  Zeit  keine 
Jahrzahlen  beigefügt  waren  und  für  deren  Begierungsjahre  keine 
urkundlichen  Belege  zu  Oebote  stehen,  so  wird  man  wol  von  der 
Angabe  bestimmter  Begierungsjahre  um  so  mehr  Abstand  nehmen, 
als  die  häusliche  Tradition  auch  bei  den  ersten  und  durch  Urkunden 
fixirten  Achten  bedeutende  Abweichungen  aufweist 

Soviel  mag  hinsichtlich  des  alten  Theiles  des  Mondseer  Codex 
genügen;  im  folgenden  werden  daher  nur  noch  die  Nachträge  und 
gelegentlichen  Ergänzungen  kurz  erörtert 

Im  Codex  folgen  auf  n^  138  zunächst  die  2  Folia  119/120  und 
121/122,  die  nebst  ihrer  heutigen  Umstellung  bereits  oben  erwähnt 
wurden.  Das  erstere  Blatt  enthält  die  Nummern  156 — 160  und  das 
letztere  144 — 148.  Zwischen  diese  2  Blätter  ist  ein  nicht  paginirtes 
Blatt  mit  einem  Authenticum  aus  der  Zeit  des  hL  Wolfgang  (772  bis 
994)  eingesetzt  (=  n^  149  von  c  980)«),  dessen  leere  Bäume  von 
verschiedenen  Händen  ftir  Nachträge  aus  der  Zeit  von  c  1150  (n<^  150 
bis  155)  benützt  wurden.  An  n^  149  schliesst  sich  zeitlich  zunächst 
n^  156  an,  ebenfalls  aus  der  Zeit  des  hL  Wolfgang,  und  ist  gleich- 
zeitig (a  980  an  einem  21.  August)  in  den  Codex  eingetragen  worden. 
Nr.  157  und  158  sind  von  einer  etwas  jüngeren  Hand  eingetragen. 
Nr.  157  gibt  die  älteste  Au&eichnung  der  Gemarkung  von  Mondsee, 
die  in  etwas  veränderter  Gestalt  im  12.  Jahrhundert  in  n^'  188  wieder- 
holt und  in  der  Fälschung  von  n^  172  verarbeitet  wurde.  In 
no  158  hat  die  gleiche  Hand  der  n^  157,  etwa  um  das  Jahr  lOOO, 
den  stifüschen  ürbarialbesitz  im  Sundargau  zusanmiengestellt,  die 
daher  eine  Art  topographischen  Commentars  bilden  kann  zum  Ab- 
schnitt Sundargau,  und  am  Ende  dieser  Nummer  fügte  ein  Schreiber 
des  15.  Jahrhunderts  bei:  Anno  dni  etc.  YI^  obiit  Chunrat,  abbas, 
was  wohl  auf  Chunrat  III.,  gestorben  1406  October  6,  zu  beziehen 
ist  (YgL  Chronicon  193).  —  Die  folgenden  Nummern  159  und  160 
sind  von  Schreibern  aus  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts: 
n^  159  enthält  die  Grenzbeschreibuug  der  niederösterreichischen  Pfiirre 

>)  MG.  Lib.  confrat.  1,  187.    *)  Redlich^  Bairische  TraditionsbQcher  22  n«  2. 


Der  Mondseer  Codex  tradiidonum.  287 

Steinakirchen  ander  kleinen  Erlaf,  welche  im  Jahre  1107  durch  Bischof 
Hartwig  Ton  Begensburg  an  Mondsee  gegeben  wurde  (ÜB.  2  n<>  90) 
und  n^  160  gibt  die  Aufzeichnung,  wie  Bischof  Heinrich  von  Begens- 
burg (1132 — 1155)  seine  Ministerialin  Benedicta  in  Mondsee  das 
Ordenskleid  nehmen  und  ihr  Gut  Dichenhaihe  übergeben  liess,  wozu 
zu  bemerken  ist,  dass  die  Worte  »dictam  ministerialem  suam  et  yeste 
oenobiali  indui«  auf  Basur  stehen.  Das  Blatt  121/122  (alt  119/120) 
enthalt  die  Nummern  144 — 150  aus  der  Mitte  des  12.  Jahrhunderts, 
die  alle  von  gleichzeitigen  Händen  eingetragen  sind.  In  n^  144  sind 
Vergabungen  von  Hörigen  und  Gütern  zu  Irmprechting  beurkundet, 
welche  zu  Ostern  und  zur  Eirchweihe  1141  (März  30  und  Mai  9) 
vollzogen  worden  und  mit  n^  176  identisch  sind,  nur  gehört  letztere 
Schrifk  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  an.  —  Zwischen 
n^'  144  und  145  ist  eine  Textzeile  radirt  und  die  Namen  von  n^  145 
sind  von  gleicher  Hand  als  wie  n^  146  geschrieben  und  es  dürfte 
daher  die  Muthmassung  des  Herausgebers  im  TTrkundenbuche  wohl 
richtig  sein,  dass  nämlich  diese  Namen  die  in  n^  146  nicht  näher 
bezeichneten  Hörigen  seien,  doch  ist  hier  kein  Yerweisungszeichen 
ersichtlich.  Nummer  147  ist  eine  Gopie  ebenfalls  aus  der  Mitte  des 
12.  Jahrhunderts  und  ebenso  auch  nP  148.  Am  Schlüsse  der  S.  122 
(alt  120)  oder  nach  Schluss  yon  n^  148  folgt  nach  einer  leeren  Zeile 
von  gleicher  Hand  .  Heinrich  Gerloch  —  prediorum  fuit',  was  dem 
Schlüsse  der  letzten  Nummer  auf  dem  unpaginirten  Blatte,  nämlich 
n^  155,  entspricht,  nur  dass  hier  die  Schrift  etwas  alter  aussieht; 
auch  ist  zu  bemerken,  dass  der  Eingang  dieser  Nummer  155  ,  Memoria 
—  esse*  auf  Basur  steht. 

Von  S.  123  an  bis  zum  Schlüsse  des  Codex  folgt  ein  Quatemio 
mit  8  Folia,  nur  ist  das  letzte  zu  mehr  als  ZweidrittheUen  weg- 
geschnitten. Bis  über  die  Hälfte  dieses  Quatemio,  d.  i.  von  S.  123 
bis  131  schrieb  eine  Hand  aus  dem  Ende  des  12.  Jahrhunderts  eine 
Beihe  von  Yergabungsurkunden,  die  alle  in  die  Mitte  des  12.  Jahr- 
hunderts und  theils  vor  und  theils  nach  derselben  gehören.  Diese 
Stücke,  die  im  TTrkundenbuche  ganz  vermengt  sind,  sind  nach  der 
Beihenfolge  im  Codex  folgende:  n<>  172  yon  748,  n»  173  von  1170 
Mai  5,  n^  174  von  c  1190,  n»  175  (=  n^  155)  von  c.  1150,  n«  176 
(=  144)  von  1141,  no  178  von  c.  1180,  n^  179  aus  der  Zeit  Abt 
Chanrads  IL  von  1127 — 1145,  n^  181  aus  den  Zeiten  der  Aebte 
Walther  und  Heinrich  (1145—58  und  1158—98),  n9  182  von  c  1150, 
n«  183  ebenfalls  von  c.  1150,  n«  177  von  c  1140,  n»  184  ebenfeUs 
von  c  1140,  no  180  aus  der  Zeit  Abt  Chunrads  IL  (1127—45),  n^  185 
(=  no  143)  aus  der  Zeit  Abt  Heinrichs  IL  (1158—98),  n^  186  von 


238  Hanthaler. 

c.  1150.  Soweit  schrieb  hier  die  eine  Hand  des  12.  Jahrhunderts. 
Im  Besonderen  bemerke  ich  zu  n^  172,  dass  dieselbe  angeblich  die 
Bestiftnng  des  Klosters  durch  Herzog  Ottilo  vom  Jahre  748  enthalt 
und  aus  zwei  Theilen  besteht:  Im  ersten  wird  n^^  39  bis  über  die 
Hälfte  wiederholt  und  im  zweiten  wird  die  Oemarkung  der  Stifts- 
herrschaft um  den  Mondsee  herum  ganz  gleich  n^  188  und  ähnlich 
wie  in  n^  157  beurkundet  Beachtet  man  den  Inhalt  der  Urkunde 
Bischof  Chuno's  von  Regensburg  von  1184  April  2  (ÜB.  2  n«  264), 
so  bestand  bis  dahin  ein  langwieriger  Streit  um  das  grosse  Wald- 
gebiet zwischen  Mondsee,  Attersee,  Weissenbaoh,  Traun,  Ischl  und 
Abersee,  der  durch  jene  Urkunde  mit  Berufung  auf  ein  kaiserliches  (!) 
Diplom,  gemeint  ist  die  Urkunde  Ludwigs  des  Deutschen  von  829 
(ÜB.  1,  82  n»  139  und  2,  12  n<>  8),  entschieden  und  worin  die  ge- 
nauen Grenzen  übereinstimmend  mit  der  angeblichen  Urkunde  von 
E.  Ludwig  dem  Deutschen  und  dieser  n^  172  von  Herzog  Ottilo 
angegeben  wurden. 

Auf  n^'  186  folgt  auf  S.  131  noch  ein  Nachtrag  n^  161  aus  dem 
Jahre  1150  von  einer  Hand  aus  dem  Uebergange  des  12.  in  das 
13.  Jahrhundert  und  ähnlich  auch  n^  162  auf  S.  132,  woran  sich 
dann  verschiedenhändige  Nachträge  aus  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts 
und  bis  zum  Ende  desselben  anschliessen,  nämlich  von  einer  Hand 
n^  163.  164.  165,  die  in  den  Begistem  des  Urkundenbuches  auf 
c.  1250  gesetzt  sind,  die  aber  der  Schrift  nach  etwa  noch  Abt  Hein- 
rich IIL  1198—1223  statt  Abt  Heinrich  IV.  1245—1267  angehören 
dürften.  Die  folgenden  Nummern  166.  167.  168  werden  im  ÜB.  auf 
c.  1250  eingereiht  und  sind  von  drei  verschiedenen  Händen  aus  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  eingetragen,  sowie  auch  n^  169. 
170.  171,  die  dem  Ende  des  13.  Jahrhunderts,  der  Zeit  Abt  Otto*s  IL 
1280 — 1299  angehören.  Den  Schluss  des  ganzen  Codex  bildet  das 
paragraphirte  Stiftrecht  von  einer  Hand  des  14.  Jahrhunderts  von 
S.  134—136  (ÜB.  1,  108—110). 

Noch  ist  der  Anfang  des  Codex  zu  besprechen.  Dem  Beginne 
des  alten  Theiles  ist  ein  Temio  mit  6  Folia  vorgesetzt,  welcher  zuerst 
S.  1 — 10  oben  die  bekannte  versificirte  Geschichte  Mondsee's  bis  zur 
Bestauration  unter  Kaiser  Heinrich  II.  enthält  (ÜB.  1,  102 — 108.) 
Sie  ist  von  einer  kräftigen  Hand  des  12.  Jahrhunderts  geschrieben. 
(Vgl  darüber  W.  Wattenbach  GQ.  11»,  265.) 

Hierauf  folgen  auf  S.  10 — 1 1  von  der  gleichen  Hand  n^  139,  näm- 
lich die  Notitia  über  die  Schenkung  des  Abersee^s  und  des  grosaea 
anliegenden  Forstes  durch  König  Ludwig  den  Deutschen  von  829^ 
mit  deren  Benützung  zur  Zeit  des  grossen  Streites  mit  den  Bischöfen 


Der  Mondseer  Codex  iraditionum.  239 

V 

von  Begensburg  wegen  des  Waldbezirkes  am  Abersee,  also  vor  1184 
April  2,  das  Diplom  E.  Ludwigs  des  Deutschen  mit  Datum  Bantestorf 
829  (ÜB.  2  n^'  8)  hergestellt  wurde.  Die  noch  folgenden  Nummern 
140 — 143  sind  sämmtlich  aus  der  Zeit  des  Abtes  Heinrich  IL  1158 
bis  1198  und  sind  alle  von  verschiedenen  gleichzeitigen  Händen  ein- 
getragen. Nummer  143  ist  identisch  mit  n^  185,  nur  dürfte  die 
letztere  Eintragung  etwas  älter  sein. 

Schliesslich  sind  noch  n^  187  und  189  auf  foL  47/48  zu  erwähnen. 
Erstere  stammt  von  einer  schweren  und  alterthümlichen  Hand  des 
12.  Jahrhunderts  und  enthält  eine  Widmung  aus  dem  Jahre  1002 
und  die  letztere  beurkundet  die  Widmung  des  Outes  Intling  bei 
Föcking  am  linken  Innufer  durch  den  Stiftsvogt  Oebhart  von  Burg- 
haosen,  wobei  zu  bemerken  ist,  dass  die  Aufschrift  desselben  überein- 
stimmend mit  dem  Gontexte  lautet:  «De  predio  Yntilignen*  statt 
,.  .  .  in  Tilignen*,  wie  der  Druck  im  ürkundenbuche  h%t^). 


Zum  Schlüsse  erfüllt  der  Verfasser  eine  ihm  heilige  Pflicht, 
indem  er  hier  der  hohen  Direction  des  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und 
Staatsarchives  den  verbindlichsten  Dank  für  die  zeitweilige  üeber- 
sendung  des  Codex  nach  Salzburg  ausspricht,  da  es  ihm  nur  so 
mogUch  war,  die  Handschrift  in  allen  Theilen  eingehend  zu  unter- 
suchen und  zu  prüfen. 


<)  Nach  einer  nachträglichen  brieflichen  Mittheilung  des  k.  k.  Bezirks* 
Hchters  Julius  Strnadt  wäre  das  oben  S.  227  yorkommende  Pattindorf 
eine  Cormmpirung  von  Palindorf,  das  er  für  Palnstorf  bei  St.  Georgen  am 
Attersee  hält,  und  Ostarperhtesdorf  (S.  22 8j  wäre  sicher  Osterberg  bei 
Offenhaiisen.  Vgl.  dazu  die  Bemerkungen  von  J.  StÜlz,  Notizenblatt  (1851) 
1,  851. 


lieber  die  bei  der  Absetzung  des  Königs 
Wenzel  verlesenen  Artikel. 

Von 

Theodor  Lindner. 

Karl  Hegel  hat  in  dem  18.  Bande  der  Chroniken  der  deutschen 
Städte  eine  von  ihm  aufgefundene  Mainzer  Chronik  yeröffentlicht, 
welche  von  dem  höchsten  Werthe  ist,  da  sie  uns  lebhaft  in  die  An- 
schauung jener  Zeiten  versetzt  Es  ist  deshalb  sehr  dankenswerth, 
dass  dieses  Chronicon  Moguntinum  neuerdings  mit  verbessertem  Text 
in  die  Scriptores  rerum  Germanicarum  in  usum  scholarum  etc.  auf- 
genommen wurde. 

Der  Ver&sser  berichtet  da  von  der  Wahl  Ruprechts  und  der 
Absetzung  Wenzels:  ,In  eadem  privatione  principes  electores  undecim 
articulos  objectivos  contra  eundem  privatum  habuerunt,  quorum  unua- 
quisque  ad  depositionem  regni  Bomanorum  sufficiebat  Quorum  unus 
fuit  articulus,  quod  civitatem  Januensem  ab  imperio  alienavit,  dominum 
Mediolanensem  in  ducem  creavit,  cum  infidelibus  latenter  contra 
christianos  tenuit,  doctores  sacre  theologie  occidit,  innumera  mala, 
que  omnia  scribere  tediosum  foret,  peregit.*  In  der  ersten  Ausgabe 
S.  239  hat  der  Herausgeber  als  Anmerkung  beigefügt:  «Hier  ein  un- 
verwerfiiches  Zeugniss  für  die  Echtheit  der  11  Artikel  in  der  FasBung, 
wie  sie  Trithemii  Chronicon  Sponheim.  Op.  II,  340,  anführt,  wozoit 
die  von  Lindner,  Geschichte  des  deutschen  Beichs  etc.  II,  523  da- 
gegen erhobenen  Bedenken  sich  erledigen;  vgL  die  kritische  Erörterang 
über  die  abweichenden  Bedactionen  von  J.  Weizsäcker  B.  T.  A.  S.  231.* 
Dieselbe  Anmerkung,  nur  in  ein  lateinisches  Zopfchen  umgeflochten, 
gibt  die  Schulausgabe  S.  79. 

Ich  denke  nun  noch  unverwerflicher  nachzuweisen,  dass  vielmehr 
diese  Anmerkung  sich  als  irrig  erledigt,  und  sie  bei  der  für  die  Zu« 
kunft  beabsichtigten  Aufiiahme  der  Chronik  in  die  Monumenta  G^r« 
maniae  entweder  wegfallen  oder  ganz  umgestaltet  werden  muss. 


Ueber  die  bei  der  Absetzung  des  Königs  Wenzel  verlesenen  Artikel.      241 

Der  SachYerhalt  ist  kurz  folgender.  Die  Gründe  f&r  die  Ab- 
setzung Wenzels  sind  einmal  angegeben  in  der  von  den  Kurfürsten 
ausgestellten  officiellen  Urkunde,  welche  vom  20.  August  1400  aus 
Oberlahnstein  datirt  ist  und  in  doppeltem  Texte,  deutsch  und  lateinisch, 
yorliegt  (Beichstagsakten  III  n.  204  und  205),  und  in  mehreren  Auf- 
zeichnungen, von  denen  jedoch  die  eine,  Bta.  n.  218,  nur  ein  Auszug 
aus  der  eben  erwähnten  Urkunde  ist  und  daher  hier  ausser  Betracht 
bleiben  kann.  Die  anderen  weichen  von  der  eigentlichen  Absetzungd- 
urkunde vor  allem  darin  ab,  dass  sie  mehr  Punkte  enthalten,  als 
jene,  welche  nur  sechs  anführt. 

Die  erste  Au&eichnung,   Bta.  n.  212,   deutsch,   ist  ein  noch  am 
Tage   der   Absetzung  an   den   Frankfurter   Schöffen    Johann   Weibe 
geschriebener  Brief,  der  unzweifelhaft  von  einem  Augen-  und  Ohren- 
zeugen herrührt.    Die  zweite,   lateinisch,   Bta.  n.  213,  stammt  eben- 
falls aus  dem  Frankfurter  Archive.     Sie  trägt  die  Ueberschrift :  «isti 
sunt  articuli,  quos  electores  imperii  habent  contra  regem  Wenczeslaum 
Bohemie'  und  fahrt  nach  Aufzählung  der  Punkte  fort:  acta  et  lecta 
sunt  hec  in  Lanstein  etc.  und  berichtet  dann  kurz  von  der  Absetzung 
Wenzels  und  der  Wahl  Buprechts.   Die  dritte,  Bta.  n.  214,  entstammt 
der  von  Eberhard  Windeck  verfassten  Geschichte  Sigmunds,  während 
die  vierte,  Bta.  n.  215^   deutsch,   dem  Strassburger  Stadtarchive   an- 
gehört Auch  sie  beginnt  ähnlich,  wie  n.  213:  Dit  sint  die  artickele, 
die  die  fursten  imme  riehen  habent  wider  den  konig  etc.  und  schliesst 
ebenfalls  mit  einer  knappen  Mittheilung  über  Absetzung  und  Neuwahl. 
Obgleich  wir  nur  von  dem  ersten  dieser  vier  Schriftstücke  sicher 
wissen,    dass   es   durchaus  gleichzeitig   entstanden   ist,    während   die 
anderen  undatirt  sind,  zeigen  sie  doch  sehr  grosse  Aehnlichkeit  unter 
einander.     Alle   führen   neun  Klagepunkte   an  und  zwar  genau  die- 
selben.    Zu  den  sechs,  welche   die  kurfürstliche  Acte   enthält,   fügen 
sie  noch  drei  hinzu,  welche  die  Entfremdung  Genuas  vom  Beich,  das 
Bündniss  mit  dem  polnischen  Könige  gegen  den  deutschen  Orden  und 
die  wülkürlichen,  zur  Gelderpressung   erfolgten  Vorladungen  vor  das 
Ho^ericht  tadeln.     Auch   Anordnung    und   Beihenfolge    ist   in   den 
ersten  drei  die  gleiche,  nur  n.  215   hat  die  Artikel  4  bis  8  umgestellt 
Sämmtliche,  wenn  auch  bei  n.  212  die  Briefform  etwas  ändernd  ein- 
g^ewirkt  hat,  tragen  protocollartigen  Charakter.     Gleichwohl   ist,   wie 
ein  Vergleich  leicht  erkennen  lässt  und  deswegen  hier  nicht  weiter 
audgeführt  zu  werden  braucht,  jedes  von  den  anderen   unabhängig. 
In   der  von  Windeck  herrührenden  Fassung  lässt  sich,   so  gross  die 
sonstige  Uebereinstimmung  ist,  zuweilen  erklärende  Zuthat  des  Schrift- 
stellers nicht  verkennen,  wie  in  Artikel  3 :  das  er  on  die  kurfursten 

JfittheUungen  VU.  16 


242  Lindner. 

nit  zu  tun  hat,  oder  in  7 :  des  er  doch  zu  den  heiligen  geswom  hatte 
zu  tun. 

Eine  fünfte  und  sechste  Ueberlieferung,  Bta.  n.  216  und  n.  217, 
stammen  aus  Tritheim^s  Schriften,  die  eine  aus  dessen  Chronik  von 
Sponheim,  die  andere  aus  der  Hirschauer  Chronik.  Die  erstere  zahlt 
11  Artikel,  die  zweite,  welche  auch  den  Wortlaut  weiter  ausgef&hrt 
hat,  deren  16.  Die  letztere,  fQr  deren  Authenticität  bisher  Niemand  ein- 
getreten ist,  können  wir  bei  Seite  lassen,  doch  nicht  ohne  hervor- 
zuheben, dass  sie  deutlich  beweist,  wie  wenig  Tritheim  Bedenken 
trug,  %eine  ursprünglichen  Vorlagen  durch  eigene  Zuthaten  zu  er- 
weitem. 

N.  216  hat  eine  kurze  Einleitung  über  die  in  Loinstein  superiori 
erfolgte  Absetzung  Wenzels,  in  welcher  die  Tagesstunde  ähnlich  wie 
n.  213  und  215  circa  horam  10  vel  quasi  bezeichnet  wird,  während 
die  kurf&rstliche  Urkunde:  paulo  ante  nonarum  angibt,  dagegen  ist 
statt  20.  August  irrig  der  20.  September  genaunt;  als  anwesend 
werden  nur  die  vier  Kurfürsten  erwähnt.  Daun  folgen  die  ersten 
sechs  Artikel,  wie  in  n.  212,  213,  214,  nur  mit  manchen  Abweichungen 
im  Wortlaut,  auf  welche  noch  zurückzukommen  ist.  Der  in  sämmt- 
lichen  anderen  Abfassungen  folgende  Titel,  welcher  die  Nachlässig- 
keit Weuzels  gegenüber  dem  Schisma  rügt,  fehlt  hier,  so  dass  Ab- 
schnitt 7  und  8  der  Tritheim^schen  Ueberlieferung  die  Paragraphen 
8  und  9  der  anderen  Redactioneu  sind.  Für  diesen  Ausfall  bietet 
Tritheim  Ersatz  durch  drei  Artikel,  welche  nur  bei  ihm  zu  finden 
sind.     Sie  lauten: 

Item  quod  illam  laudabilem  universitatem  Pragensem,  quam  pater 
ejus  instituit,  quasi  penitus  ad  nichilum  redegit,  expelleus  doctores 
et  odio  habens  viros  litteratos  et  nobiles,  quod  multi  de  co  testa- 
bantur  injuste  expulsi  bonisque  spoliati. 

Item  quod  commessationibus  et  ebriebitibus  et  luxuriae  semper 
intentus  negotia  regni  non  curavit  sed  in  Omnibus  remis:)e  agens  bella 
fovit  et  seditiones. 

Item  quod  super  praemissis  et  multis  aliis  criminibus  et  negli- 
gentiis  saepius  admonitus  a  principibus  palam  et  occulte  nunquam  se 
vel  in  uno  emendare  curavit. 

Am  Schlüsse  steht:  acta  sunt  haec  in  Lonstein  superiori  anuo 
—  1400  die  20.  mensis  septembris  circa  horam  10  vel  quasL 

Diese  Fassung  der  Absetzgründe  hält  nun  Hegel  entgegen  meinen 
Ausfährungen  ftir  echt.  Ihn  bestimmt  offenbar  in  erster  Stelle,  dass 
die  Mainzer  Chronik  von  elf  Artikeln  redet  und  n.  216  die  einzige 
Hedaction  ist,    welche   diese  Zahl   aufweist,   doch  beruft  er  sich  auch 


Üeber  die  bei  der  Absei zung  des  Königs  Wenzel  verlesenen  Artikel.      243 

auf  die  Auseinandersetzungen,  welche  Weizsäcker  in  den  Reichstags- 
akten S.  231  seiner  Zeit  gegeben  hat  Ich  weiss  nun  freilich  nicht, 
wie  weit  Weizsäcker  jetzt  noch  das  früher  Gesagte  aufrecht  erhalten 
will,  aber  da  Hegel  diesem  beipflichtet  und  es  gewissermassen  per- 
sonlich aufnimmt,  so  muss  ich  auf  die  dort  angeregten  Gesichtspunkte 
eingehen. 

9  Die  n.  216  hat  dieselbe  Beihenfolge  der  Artikel  wie  n.  212, 
213,  214;  nur  dass  Art.  7  dieser  drei  Bedactionen  hier  weggefallen 
ist  und  drei  andere  Artikel  hinzugefügt  sind.  D.er  lateinische  Wort- 
laut klingt  vielfach  an  n.  213  an.  Diese  Bedaction  n.  216  ist  ihrem 
Hauptinhalte  nach  sicher  auch  einem  Protokoll  entnommen,  also  echt, 
soweit  jenes  der  Fall  ist.  Auch  die  Fassung  macht  den  Eindruck  der 
Ursprünglichkeit.  Ich  kann  mich  nur  in  Betreff  der  drei  dieser 
Bedaction  eigenthümlichen  Art.  9,  10,  11  noch  nicht  entscheiden, 
sie  fehlen  in  n.  9^)  und  in  n.  212—215  so  gut  wie  n.  204,  der  Vor- 
wurf wegen  der  Prager  Universität  Ari  9  nimmt  sich  bei  dieser 
Gelegenheit  ganz  sonderbar  aus,  da  er  eine  blos  böhmische  Sache 
berührt,  und  Art  10  und  11  sind  nur  sehr  allgemeiner  und  un- 
wichtiger Natur.  Anderutheils  will  mich  doch  bedanken,  als  sei  Stil 
und  Fassung  dieser  drei  Artikel  aus  dem  Anfange  des  15.  Jahr- 
hunderts und  nicht  aus  der  Zeit  des  Trithemius,  an  den  man  eben- 
falls denken  müsste,  da  er  fiir  uns  der  Fundort  ist.  Sind  diese  drei 
Artikel  echt,  so  bezeichnen  sie  ein  Stadium  der  Verhaudluugen,  das 
wir  vorläufig  noch  nicht  näher  fixiren  können,  das  aber  wohl  älter 
wäre,  als  n.  212—215.« 

Bleiben  wir  zunächst  einen  Augenblick  stehen  bei  der  Angabe 
der  Mainzer  Chronik,  dass  die  Zahl  der  Artikel  11  betragen  habe. 
Wir  sahen  oben,  dass  in  der  Tritheim'schen  Fassung  ein  Artikel  fehlt, 
welclier  in  den  anderen  als  der  siebente  steht,  des  Inhalts,  dass 
Wenzel  sich  nicht  für  die  Einheit  der  Kirche  bemüht  habe.  In 
dem  grossen  Absetzungddecret  der  Kurfürsten  wird  diese  Klage  in 
allererster  Stelle  mit  den  schärfsten  Worten  hervorgehoben.  Sollte 
sie  demnach  in  den  Artikeln  gefehlt  haben,  obgleich  diese  sonst  noch 
drei  Punkte  hinzufügen,  welche  in  der  officiellen  Erklärung  keine 
Aii&ahme  gefunden  haben?  Dass  das  nicht  der  Fall  war,  beweisen 
nicht  nur  alle  anderen  Abfassungen,  sondern  auch  Ulman  Stromer, 
welcher   in  seinem  « Büchlein   von  meinem   Geschlecht*')   gleichfalls 


')  £b  sind  das  die  IS 97  von  den  Fürsten  aufgestellten  Elageartikel,  welche 
icli  in  meiner  Reichsgeschichte  II,  499  näher  besprochen  habe.  *)  Chroniken 
der  deutschen  Städic  I,  51. 

16* 


244  L  i  n  d  n  e  r. 

der  Beweggründe  der  Kurfürsten  und  darunter  der  Trägheit  des 
Königs  in  der  Kirchenfrage  gedenkt.  Dass  er  dabei  unsere  Artikel 
benutzte,  zeigt  die  Erwähnung  des  deutschen  Ordens. 

Also  darüber  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  der  fragliche  Artikel 
in  der  echten  Fassung  gestanden  haben  muss.  Mag  ihn  nun  Trit- 
heim  aus  Versehen  oder  mit  Absicht^)  weggelassen  haben,  der  aus- 
gefallene Titel  muss  zu  den  elf  hinzugezählt  werden.  Dann  wären 
es  aber  zwölf,  also  kann  Tritheim^s  Yerzeichniss  nicht  das  von  der 
Chronik  benutzte  sein,  da  diese  ausdrücklich  die  Zahl  elf  angibt. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  den  Artikeln,  welche  Tntheim  allein 
anführt.  Unter  ihnen  ist  am  wichtigsten  der  über  des  Königs 
Stellung  zar  Prager  Universität.  Er  ist  auch  Weizsäcker  aufge&llen, 
der  ihn  , sonderbar'  findet,  ,da  er  eine  blos  böhmische  Sache  betrifft* 
Das  möchte  ich  nicht  zugeben,  da  die  Prager  Universität  ihrer  ganzen 
Geschichte  und  Verfassung  nach  für  das  Beich  und  die  deutsche 
Nation  die  grösste  Bedeutung  hatte.  Ebendeswegen  erregte  der  Ge- 
waltstreich, welchen  Wenzel  gegen  dieselbe  führte,  ungeheuere  Ent- 
rüstung im  ganzen  Beiche,  wie  damalige  und  spätere  Geschichtswerke 
genugsam  zeigen.  Aber  die  durch  die  königlichen  Massregeln  hervor- 
gerufene Auswanderung  der  deutschen  Professoren  und  Studenten 
erfolgte  erst  1409,  und  dass  Tritheim  diese  meint,  wird  nach  dem 
Wortlaut  —  penitus  ad  nichilum  redegit,  expellens  doctores  —  wol 
Niemand  bezweifeln.  Eine  derartige  Anklage  war  im  Jahre  1400 
noch  unmöglich.  Es  bleibt  nichts  übrig,  als  die  Annahme,  dass  diese 
Stelle  nachträglich  eingeschoben  ist. 

Geringere  Bedeutung  haben  die  anderen  beiden  Artikel,  welche 
im  Ganzen  nur  eine  allgemeine  Endsumme  der  vorgebrachten  Be- 
schuldigungen und  der  gesammten  Begierung  Wenzels  ziehen.  Gegen- 
über den  genau  bezeichneten  anderen  Vorwürfen  erscheinen  sie  als 
überflüssig. 

Auf  Weizsäcker  macht  die  Fassung  „  den  Eindruck  der  Ursprüng- 
lichkeit.« Darüber  ist  freilich  schwer  zu  rechten.  Dass  der  Wortlaut 
sich  öfters  mit  der  lateinischen  Fassung  n.  213  berührt,  ist  natürlich, 
da  eben  beide  lateinisch  sind  und  verhältnissmässig  so  einfache  Ge- 
danken und  Verhältnisse,  wie  sie  hier  in  kurzer  Formulirung  vor- 
liegen, auch  von  verschiedenen  Verfassern  recht  ähnlich  ausgedrückt 
werden  müssen.  Aber  darüber  kann  überhaupt  kein  Zweifel  serQi 
dass  Tritheim  eine  echte  Vorlage  protokollarischen  Charakters  benutzte. 


')  Ich  vermuthe,   dass  er  diesen  Punkt  wegliess,   weil  er,  lange  nach  der 
Wiederherstellong  der  Kircheneinheit  achreibendf  ftir  denmlben  kein  IntereBse  hatte. 


üeber  die  bei  der  Absetzung  des  Königs  Wenzel  verlesenen  Artikel.      245 

da  acht  seiner  Punkte  mit  den  anderen  Berichten  übereinstimmen. 
Er  hat  jedoch  diese  Vorlage  willkürlich  umgestaltet.  Sie  enthielt  am 
Anfang  oder  am  Schluss  ähnlich  wie  n.  213  und  215,  welche,  ob- 
gleich von  einander  unabhängig,  beide  die  zehnte  Tagesstunde  angeben, 
eine  Aufzeichnung  über  Zeit  und  Ort,  nur  dass  Tritheim  das  Jahr 
seines  Kloster-Abtes  hinzufügte,  irrthümlich  September  statt  August 
sagte  und  die  eine  Angabe  in  zwei  Theile  zerriss ;  denn  seine  Schluss- 
notiz ist  nichts  anderes  als  ein  Auszug  aus  der  Erzählung  am  Ein- 
gang. Dass  er  erstere  noch  einmal  hinzufügte,  deutet  darauf  hin, 
dass  auch  in  seiner  Quelle,  wie  in  n.  213  und  215,  der  ganze  Passus 
am  Schluss  stand. 

Doch  auch  sonst  ist  er  ganz  willkürlich  verfahren,  so  dass  ich 
seine  Fassung  nicht  als  eine  ursprüngliche  anerkennen  kann.  Ich 
will  nicht  die  einzelnen  Paragraphen  durchnehmen;  es  mögen  einige 
Beispiele  genügen.  Der  Art.  2  lautet  bei  ihm :  Item  quod  yicecomites 
Hediolanenses  sine  consensu  principum  creavit  in  duces  assignando 
eis  totam  Lombardiam  in  titulum.  Die  Bezeichnung  yicecomites  ist 
ja  richtig,  aber  sie  kommt  weder  in  den  anderen  Stücken,  noch  im 
Absetzungsdecret  vor,  welche  alle  nur  von  dem  Mailänder  oder  dem 
Herrn  von  Mailand  reden.  Der  an  sich  unrichtige  Schlusssatz  ist 
missYerständlich  aus  dem  Decret  zusammengebraut,  wo  es  heisst: 
Romanum  Imperium  —  dimembrare  permisit,  signanter  Mediolanum 
et  provinciam  Lumbardie  —  —  in  quibus  ille  Mediolanensis 
extitit  quem  —  ducem  —  creavit  —  contra  suum  titulum. 

Ebenso  ist  für  Ari  3 :  item  quod  fovit  praedones,  qui  mercatores 
et  quoslibet  Itinerantes  spoliaverunt,  nuUique  tutum  erat  quoquam 
ambulandi  nee  in  aqua  sub  ejus  regimine,  das  Decret  benutzt :  —  nee 
mercatores  —  pace  in  terra  vel  in  aquis  pociuntur. 

Ich  denke  genugsam  gezeigt  zu  haben,  dass  Tritheim^s  Artikel 
nicht  die  von  der  Mainzer  Chronik  gemeinten  sein  können.  Aber  ist 
denn  deren  Angabe  über  die  Elfzahl  überhaupt  richtig?  Darin  liegt 
ja  ein  wesentlicher  Fortschritt  unserer  neuern  Kritik,  dass  die  er- 
zählenden Quellen  hinter  der  urkundlichen  Ueberlieferung  zurück- 
tieten  müssen,  und  letztere  haben  wir  in  unserem  Falle  sogar^  recht 
reichlich.  Denn  n.  212,  213  und  215  müssen  wir  dahin  rechnen. 
Der  Charakter  von  212  ist  durch  sein  Datum  gesichert,  und  damit 
auch  der  der  beiden  anderen  Fassungen  in  Folge  ihrer  genauen 
Uebereinstimmung;  sie  sind  offenbar  Berichte  von  Augen-  und  Ohren- 
zeugen, an  Ort  und  Stelle  aufgenommen.  Es  mag  sogar  (gegen  meine 
frühere  Annahme)  zweifelhaft  sein,  ob  in  n.  213  und. 215  auch  noch 
das  Absetzungsdecret   benutzt  ist,   da   n.    213   einige  Zeugen  mehr. 


246  Lindner. 

n.  215  einige  Zeugen  weniger  anf&hrt,  als  dieses.  Auch  n.  214  ge- 
hört, wenigstens  seinem  Ursprünge  nach,  wahrscheinlich  zu  dieser 
Gruppe,  wenn  auch  Windeck  sich  kleine  Aenderungen  erlaubt  hat 
Alle  diese  Aufeeichnungen  kennen  nur  neun  Artikel  und  das  gewich- 
tigste Zeugniss,  n.  212,  beziffert  sie  noch  ganz  ausdrücklich.  So  yer- 
muthe  ich  denn,  dass  deren  auch  nicht  mehr  gewesen  sind  und  der 
Irrthum  auf  einem  Fehler  des  vorliegenden  Textes  beruht  Die  Hand- 
schrift, welche  Hegel  benutzt  hat,  ist  nach  seiner  eigenen  Be- 
schreibung sehr  fehlerhaft;  der  Abschreiber  konnte  seine  Vorlage 
nicht  einmal  gut  lesen  und  wir  wissen  nicht,  ob  diese  das  Original 
oder  auch  bereits  eine  Abschrift  *  war.  Bekanntlich  sind  Zahlen  am 
leichtesten  beim  Lesen  und  Schreiben  dem  Irrthum  unterworfen;  wie 
leicht  wird  XI  aus  ursprünglicher  IX! 

Wie  dem  aber  auch  sein  mag:  die  Absetzungsartikel,  wie  sie 
Tritheim  gibt,  sind  weder  in  der  Fassung,  noch  in  wesentlichen 
Theilen  ihres  Inhaltes  echt  und  ursprünglich! 


Kleine  Bcitiage  zur  mittelalterlichen 

Quellenkunde. 

Von 

F.  T.  Krones. 

Ich  biete  hier  eine  Aehreulese  aus  einigen  Handschriftenbänden 
der  Münchner  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek,  welche  ich  in  den  Herbst- 
ferien 1881—82  durchsah. 

L    Geschichtliche  Notizen  von  1404—1437  (Wien). 

Cod.  German.  nr.  317  (fo.  rother  Lederband,  158  Bl.).  Im 
Kataloge  (Deutsche  Hdschr.  Schmeller)  S.  45  verzeichneL  Darin 
f.  141  und  156  ,  Geschichtliche  Memorabilien  von  1404 — 1437,  zu 
Wien  geschrieben*^). 

a)  f.  141.  (1)  Herzog  Albrechts  lY.  Heereszug  vor  Znaim,  Heim- 
kehr und  Tod  vor  Klostemeuburg  (1404). 

(2)  Von  der  Theuerung  in  Oesterreich :  .  .  .  und  galt  ain  meczen 
weicz  czu  Wyenn  drey  Schilling  und  wert  die  tuerung  in  dem  land 
uberal  wol  zway  ganczew  jar  uncz  auf  das  newen;  anno  quadrin- 
gentesimo  quarto  da  galt  ein  mecz  weycz  wyder  zu  Wyenn 
XVIII  den.«»). 

(3)  Huldigung  an   Herzog  Albrecht   Y.   ,an  s.   Larenczen  tag* 


*)  Die  bezüglichen  QueUenvergleiche  folgen.  *)  Vgl.  die  kl.  Klostemea- 
borger  Chronik  (KL  Chr.)S.  288  z.  J.  1405,  wohin  sie  auch  gehört  und  zum  gleichen 
Jahre  Anonymus  Viennensis  (A.  V.)  8.  548,  aber  nicht  mit  Detailangaben. 
Kl.  Chr.  bezeichnet  die  Epoche  der  Theuerung  mit:  ,yon  weynachten  unoz  auff 
die  emdt*;  A.  V.  mit  »das  jähr  uncz  anf  das  endt  (!)*,  Ann.  Austriae  (Ann.  A.) 
S.  696  (Kai.  Zwetl.)  z.  J.  1404;  S.  515  (Ann.  Mellic.)  z.  J.  1406.  Thomas  Eben- 
dorfer  (Th.  E.)  col.  826.  Was  die  Angaben  über  die  Theuerung  betrifft,  so  sagt 
Kl.  Cka,:  »ein  metz  waicz  p.  8  es.  d.  oder  80  dl,  zum  münsten  umb  70  dl.  .  • 
ein  meczen  habern  4  d.  —  Kai.  Zwetl.:  »Frumentumpro  8  solidis  et  10  den.  .  . 
triticnm  pro  */,  tal.  . .  avenapro  45  yel.  50  den.*  Ann.  Mellic:  »Modius  tritici 
•  .  pro  15  tal.  denar.  .  .  .  modius  siliginis  11  tal.  den.  et  den.  .  .  modius  ordei 
pro  8  tal.  den.  .  .  modius  avensB  pro  4  tal.  den.* 


248  Krone  8. 

(10.  Aug.).  Bestellung  Herzog  Leopolds  IV.,  seines  Vetters,  znm  Vor- 
munde auf  4  Jahre  «und  auch  lenger*  (1406) 3). 

(4)  1406  «An  aller  czwelifyoten  tag-,  so  si  von  einander  sind 
geschaiden*  (15.  Juli)  Tod  Herzog  Wilhelms,  »am  Chyenmarkch  in 
des  Stazzen  haws  und  ist  auch  czu  sand  SteflFan  wegraben.  ■  —  Eück- 
kehr  seiner  Witwe  Johanna  überTriest,  wo  sie  Ba^  hielt,  nach  Neapel*). 

(5)  »In  demselben  jar,  da  man  pirgloken  lewt,  czu  Wyenn  am 
freytag  nach  aller  heiligen  tag  (5.  Nov.)  huob  sich  ain  fewr  unter 
den  Juden  und  alles  volkch  was  auf  und  truegen  aus  den  Juden,  was 
sie  funden,  chlainat,  hausgeret,  wein,  mel  etc.  und  wert  uncz  an  den 
sampstag  den  ganczen  tag  und  geschach  grosser  schadn  Christen  mer 
denn  den  Juden  ^)  die  new  phant  verliehen  habn.* 

Von  anderer  Hand  und  anderer  Tinte  z,  J.  1437,  1438: 

(6)  Anno  domini  millesimo  quadringentesimo  tricesimo  septimo 
des  freytags  vor  Judica  in  der  yassten  (15.  März)  hora  3^  vor  tags 
do  chamein  grosser  dornslag  tmd  plekchicz^). 

Anno  dom.  M.  CCCC  37  in  vig.  Marie  Magdalene  (1437,  21.  Juli) 
•  .  gross  weter  und  dornsieg  vnd  plekchicz,  das  nyemant  ains  solichen 
gedacht  und  yeder  man  gedacht,  es  wolt  got  die  weit  vertilgen,  und 
der  schaur  tet  grossen  schaden  an  dem  newen  turn  ze  Wyenn, 
und  darniKch  nach  Cholomani  da  wart  der  turn  gar  volpracht  per 
Helbling  maister  vud  Veltlein  Fe v man  kirchmaister*^). 

(7)  »Anno  domini  1437  f.  2*  post  conc  Marie  virg.»  (1437, 
9.  Dez.)     Tod  E.  Sjgismunds  in  Mähren. 

(8)  »Erichstag  über  acht  tag«  (17.  Dez.  1437)8)  Albrechts  V. 
Wahl  zum  Könige  Ungarns  und  Krönung  in  Gemeinschaft  mit  seiner 


*)  Ueber  die  Huldigung  die  Notiz  bei  A.  V.  a.  a.  0.  und  El.  Chr.  2S9. 
—  Th.  E.  828,  Ann.  A.  (Ck)nt.  Claustroneob.  V)  S.  515,  überdies  w.  u.  Abs.  e). 
*)  Vgl.  Kl.  Chr.  undA.  V.  a.  a.  0.,  Ann.  A.  S.  515  (Ann.  Meli.),  Th.  E.  827-8. 
B)  Vgl.  Kl.  Chr.  a.  a.  0.  ziemlich  detaillirt,  Th.  £.  829.  <)  »dornslag  und 
plekchicz«  =  Donnerschlag  und  Blitz.  Vgl.  die  vollere  mittelhochd.  Form  von 
»blicze«  =  blikize  (Lezer,  Mhd.  Wtb.  1,  806).  Vgl.  auch  die  Formen  blecze, 
blitzge.  ^  ')  Ueber  den  bez.  Thurmbau  des  Stephansdomes  g.  Perger's  Mono- 
gpraphie  und  K.  Weiss,  Gesch.  Wiens,  2.  A.  1.  Bd.  Ulrich  Helbling  war  seit  lSd8 
Baumeister.  *)  Eigentlich  war  es  der  »pfincztag*  3e=  feria  quarta  =  18.  Des. 
Kovachich,  Vertigia  comitiorum  1,  471.  Doch  findet  sich  das  gleiche  Datum 
(17.  Dez.)  auch  in  der  kleinen  Chronik  v.  Oe.  (a.  a.  0.)  S.  S66:  Anno  eodem 
(1487)  tan  dem  directe  in  die  octavo  proxime  sequenti  (d.  i.  8  Tage  nach  dem 
Ableben  K.  Sigismunds,  9.  Dez.)  in  Pusonia  (Pressburg)  electus  est.  Vgl.  über 
die  Deputation  der  Stadt  Wien  nach  Stuhlweissenburg  zur  Krönung  Albrechts 
und  seiner  Gattin  die  Wiener  Geschichtsquellen  I.  Abth.  2,  270  und  über  die 
Festlichkeiten  die  mit  obigem  genau  übereinstimmende  Aufzeichnung  bei 
Schlager,  Wiener  Skizzen  8,  81—85,  und  Weiss,  Gesch.  Wiens  2.  A.  1,  218. 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde.  249 

Gattin:  «Im  1438  newn  jar  (1.  Jänner  1438)  und  slueg  wol  II <^ 
(200)  ritter  und  slueg  purger  von  Wyen  ze  ritter,  herm  Hansen 
Steger,  die  zeit  burgermeister,  herm  Chunraten  Holczler,  seinen 
sun,  herm  Steffan  den  Wirsing,  die  zeit  baid  des  rats  der  stat  ze 
Wien,  und  hem  Hannsen  den  Würffl,  des  Paul  Würffl  seeligen 
sun,  und  darnach  am  samcztag  (5.  Jänner)  do  komen  die  mär  gen 
Wien,  wie  der  künig  gekrönt  war.  Da  prennat  man  fewr  an  allen 
plaezen  und  man  sung  ,Te  Deum  laudamus''  nach  der  yesper  mit 
trometten  und  pawkhen  mit  zwain  orgeln  und  dapey  was  die  gancz 
universitet,  und  am  abent  da  czünttat  man  frewdenfeuer  und  man 
hieng  die  hincz  dem  newn  turn  herus.  Und  am  suntag  (6.  Jänner) 
da  gieng  man  mit  dem  heiligtum  umb,  als  man  get  am  achtisten  tag 
gots  leichnams  über  den  graben  und  über  den  hohen  markcht  von 
allen  klostern.' 

(9)  f.  153— 154MJeber  die  Mühldorfer  Schlacht  und  deren 
Folgen:  Es  ist  die  von  Böhmer  in  Fontes  r.  Germ.  1,  161 — 166 
doppelt,  das  zweitemal  mit  y.  Earajan's  Verbesserungen  abgedruckte 
Erzählung,  von  ihm  (Vorr.  XVIII,  n.  5),  und  mit  Recht,  zu  den 
Ferien  der  deutschen  Geschichtschreibung  gerechnet. 

(10)  154^ — 155*.  Der  »puntbrief  der  prelat  und  herren* 
(rof h).  Schluss :  « gebn  ist  czu  Wyenn  am  freytag  vor  sand  Larenczen 
tag  nach  Christi  gepurd  vierzehn  hundert  jar  darnach  underm  sechsten 
jar'  (6.  Aug.  1406).  Es  ist  dies  eine  zeitgenössische  Abschrift  der 
bekannten  Urkunde,  womit  die  Stände  Oesterreichs,  zunächst  die 
obersten,  sich  zu  Gunsten  Albrechts  V.,  des  minderjährigen  Sohnes 
Albrechts  IV.,  als  rechtmässigen  Nachfolgers  in  der  Landesregierung 
gegenüber  den  Ansprüchen  der  Leopoldiner  einigten  ^^). 

(11)  155*>— 156».  .Verzeichbrief«  Leopolds  IV.,  Ernsts  und 
Friedrichs  IV.,  der  drei  Herzöge  des  leopoldinischen  Habsburger- 
zweiges. »Wyenn  am  freitag  vor  dem  palmtag  anno  M^^CCCOIIII®* 
(21.  März  1404).  Es  ist  dies  eine  gleichzeitige  Copie  der  gleichfalls 
bekannten  Urkunde,  worin  zufolge  des  Schiedspruches  Herzog 
Albrechts  IV.  die  drei  Leopoldiner  ihren  Verzicht  auf  das  Herzog- 
thum  Öesterreich  ob  und  unter  der  Enns  aussprechen  und  das  gegen- 
seitige Erbrecht  beider  Habsburgerzweige  seine  Feststellung  erfährt. 

b)  Daran  schliessen  sich  (f.  156^)  von  gleicher  Hand  nachstehende 
chronistische  Angaben: 

Herczog  Albrechts  (IV.)  abgang  (roth). 

Nota,  in  demselben  jar  an  des  heiligen  chrucztag  in  dem  heribst 


*^  Diese  und  die  folgenden  Urkunden  b.  b.  Kurz,  G.  Oesterreichs  miter 
Herzog  Albrecht  IV.  1.  Bd.  (Text  u.  Beil.) 


250  Krones. 

(14.  »Sept.  1404)  starb  der  vorgenant  herczog  Albrecht  zu  Neuburg 
und  ward  der  pracht  von  Znaym^^). 

Herczog  Wilhelms  abgang  (roth). 

Item  darnach  anno  M^CCCCVI^  an  aller  zwelfspoten  tag,  als  si  yon 
einander  gescheiden  sind  (15.  Juli  1406),  starib  herczog  Wilhelm  czu 
Wyenn  am  Chienmarkch  in  seinem  haws,  und  leitauch  zu  sand  Ste&n^'). 

lurameutum  civitatis  (roth). 

In  eodem  anno  in  die  sancti  Larencii  (10.  Aug.  1406)  hat  die 
stat  vnd  prelaten  und  hem  gesworen  dem  jungen  hern  herczog 
Albrecht  (V.)  in  der  purkch  zu  Wyenn *•)  und  laut  der  ayd  also: 
»Wier  sweren  unserem  genedigen  hern,  herczog  Albrechten  den 
Jungen  also  unserm  rechten  erbleichen  hern  in  und  seinen  erben, 
das  .  .  .•  (folgt  der  Treueschwur). 

c)  f.  156^ — 158*.  Der  brief  der  tayding  ze  Holinburg 
(roth).  (22.  Nov.  1395).  Der  Holenburger  Vertrag  zwischen  Herzog 
Albrecht  IV.  und  Herzog  Wilhelm,  dem  ältesten  der  Leopoldiner. 
Abschrift  von  zeii^enössischer  Hand  bis  zu  dem  Passus:  »Auch  ist 
beredt,  wenn  unszer  ainer  den  andern  darumb  monet,  so  sullen  wir 
paid  diselben  eindlif  unszer  gesprüchlewt  zusanmidingen  an  verzihen, 
die  sullen  dann  unverczogenleich  darumb  ansprechen  als  den  ge- 
schriben  stet*  Von  »auch  geloben  wir  pey  unseren  furstleichen 
wirden  und  eren*'  folgt  jüngere  Hand  und  andere  Tinte.  Die  Copie 
bricht  bei  den  Zeugen  « Ulrich  von  Dachsperg,  Pilgrein*  ab. 


II.  Zur  Handschriftenkunde  und  inhaltlichen  Würdigung 
der  sog.  Hagen'schen  Chronik  Oesterreichs  und  des  «Aus- 
zugs österr.  Chroniken*  (von  der  Urzeit  bis  1439). 
Cod.  German.  375,  425  und  1134.  Diese  Codices  bieten  nicht 
uninteressante  Beiträge  zur  Handschriftenkunde  dor  Oesterreichischen 
Chronik  des  sogen.  Hagen  ^)  und  Vergleichung  derselben  mit  dem 
9 Auszuge  Ost  Chroniken.* 

1)  Cod.  375.  40,  Holzband,  289  fol.  (Katalog  S.  55,  1.  Stück 
f.  1—225  Oesterr.  Chronik,  2.  Stück  f.  226—289  das  Schachzabel- 
buch des  Joh.  V.  Cessolis).  Die  öst  Chronik  mit  farbigen  und  rothen 
Initialen,  15.  Jahrb.,  bricht  f.  225  ab  mit  der  Sempacher  Schlacht: 
.  .  .  »Er  (Leopold  III.)  sand  hin  für  ein  hauffen,  dy  fanden  die 
Sweytzer  von  gesiebt  auff  dem  veld,   do  wurden  ettleich  cze  fraydig 


<»)  Vgl.  Kl.  Chr.  287—8,  A.  V.  547,  Ann.  A.  516,  787  (Ann.  Mellic  and 
Clans»  roneob.  Cont  V).  »«)  Vgl.  0.  die  Citate(Anm.  4).  *»)  Vgl.  0.  die  Gtate 
(Anm.  8).  >)  Vgl.  Dr.  F.  M.  Mayer,  Untersuchungen  über  die  österr.  Chronik 
des  Mathäus  oder  Gregor  Uagen,  Axchiv  f.  öst.  Geach.  60,  298— S42, 802  Anm*    i> 


Kleine  Beiträge  zar  mittelalterliclien  Quellenkunde.  251 

(Pez  SS.  1,  1144)  .  .  .  Deo  gracia  (roth).  Trenbach  (roth).  Es  fehlt 
also  der  ScUuss  der  Chronik,  der  sich  bei  Pez  a.  a.  0.  1154 — 1158 
abgedruckt  findet. 

Bietet  dieser  Codex,  ursprünglich  einem  Bürger  von  Stadt  Steyr 
gehörend,  eine  textlich  mit  dem  Abdruck  bei  Pez  im  wesentlichen 
ganz  übereinstimmende  Handschritt  ohne  alle  bemerkenswerthen  Eigen- 
thümlichkeiten,  so  zeigen  sich  solche  bei  allem  üebereinstimmenden 
bei  dem 

2)  C.  1134,  fo.,  Holzband  (Katalog  S.  173;  enthält  5  Stücke) 
als  I.  Stück  S.  1 — 236:  Oesterr.  Chronik.  Schmeller  bezeichnet  den 
Codex  als  v.  J.  1465  herrührend.  Doch  bezieht  sich  das  nur  auf  die 
Abschlu&szeit  des  ganzen  Codex,  denn  die  Schrift  der  ost.  Chronik 
kann,  was  den  Text  betrifft,  ebenso  gut  dem  ausgehenden  14.  als 
dem  beginnenden  15.  Jahrh.  zugewiesen  werden.  Er  ist  schön  ge- 
schrieben, mit  farbigen  Initialien,  zahlreichen  Bandglossen  jüngerer 
Hände  und  11  hübsch  gemalten  Wappenbildern. 

Zum  Schluss  S.  236  findet  sich  von  jüngerer  Hand:  « Diese 
cronica  muss  ohngefaehr  im  Jahr  1400  sein  geschribn  worden,  wie 
bey  kayser  Wenzelln  und  bey  herzog  Leopoldts  beschreibung  im 
andern  platt  vor  disem  abzunehmen  ist.' 

S.  1  beginnt  mit:  »Seneca  der  maister  schreibt.,  in  dem  puech 
der  vier  angeltugend:   Ob  du  weis  sein  wellest"  .  .    (Pez  1052 — 53). 

S.  3 — 5:  »Von  der  taylung  der  puecher*  (Pez  1054 — 56). 

S.  5 — 6:  9  An  dem  anevanck  Helyon,  daz  ist  got,  der  au  ane- 
vanckh  in  der  ebigchait  ist  an  ende,  beschueff  von  nichts  himel  und 
erde«  (Pez  1056). 

S.  7  (roth) :  « Von  den  funff  zeitn  vor  christi  gepuerdt  und  zwain 
darnach  .  .  Yon  der  ersten  zeit  der  weide«  .  .  bis  S.  21  (bei  Pez 
weggelassen). 

S.  22  f.:  «Yon  der  kroniken  des  edlen  landes  ze  Osterreich  und 
von  den  herren,  die  vor  christi  gepuerdt  sein  gewesen.«  (Pez  1056 
nur  der  Eingang,  das  übrige  weggelassen.) 

S.  22 — ^^43:  Die  64  Herrschaften  im  Lande  Oesterreich  (bei  Pez 
weggelassen). 

S.  43-^61:  »Von  der  tauff  unnsers  herrn  Jesu  Cristi:  —  Von 
der  martler  unsers  herrn.  —  Von  Gayo  dem  Eayser.  —  Capitulum 
von  den  pabsten,  von  den  kaysern*  usw. 

S.  61  ff.  Von  der  65. — 81.  herrschafb  in  Oesterreich  (bei  Pez 
weggelassen).  Was  (S.  83 — 89)  von  der  82.  Herrschaft  im  Lande  an 
geschrieben  ist,  findet  sich  nun  im  Zusammenhang  bei  Pez  abgedruckt 
(nur  fehlt  das  S.  90  der  Hs.   mit  ,von  den  pabsten«   überschriebene 


252  Krön  6  8. 

Capitel  bei  Pez).  Die  Capiteleintheilung  zeigt  überhaupt  Verschieden- 
heiten. Auch  bietet  der  in  der  Hs.  S.  95—286  mit  Pez  1060—1158 
fortlaufend  zusammenfallende  Text  manches  Abweichende,  allerdings 
ohne  alle  sachliche  Bedeutung.  So  heisst  es  z.  B.  S.  235  der  Hs.: 
«Damach  sy  haben  hie  auff  erden  als  ritterleuth  gestriten,  das 
das  geschech  mit  wunigkleichen  freiden.  Amen.*  Bei 
Pez  1158  (Schluss  des  vorletzten  Capitels)  heisst  es  bloss:  «. .  darüach 
er  hie  auf  erde  als  ritterlich  hat  gestriten.' 

Dagegen  fehlt  wieder  in  der  Hs.  der  lange  moralisirende  Passus 
des  Textes  im  Pez'schen  Abdruck  im  vorletzten  Capitel  (1156 — 1157) 
von  9 und  seindmalen  die  heilig  geschrifft  spricht'  bis  « Der  edel  f&rst 
hat  hincz  got  gross  lieb  behabt ',  von  wo  ab  beide  wieaer  zusammen- 
laufen. Jedenfalls  bietet  diese  vollständige,  schöngeschriebene  und 
relativ  frühe  Hs.  einen  Behelf  zur  Textcorrectur  des  Abdruckes  bei  Fez. 

Ganz  anderer  Art  ist: 

3)  Cod.  425,  40  (Katalog  S.  69;  im  Ganzen  52  Bl),  bestehend 
aus  zwei  verschiedenen  Bestandtheilen:  a)  18B1.  Oesterreichische 
Chronik  bis  zum  Tode  K.  Albrechts  IL  (f  1439)  und  b)  30  Bl. 
eines  fEbr  den  Unterricht  eines  jungen  Fürsten  bestimmten 
Tractates  über  Adelswesen,  Fürstenthum,  dessen  Pflichten,  Tugenden 
usw.  Beide  Stücke  gehören  der  Schrift  nach  dem  15.  JahrL  an, 
doch  zeigt  b)  eine  von  a)  etwas  verschiedene  Schrift  und  blassere  Tinte. 

Math.  Eoch  hat  in  SchmidPs  Oesterr.  Blättern  f.  lii  u.  Kunst  2 
(Wien  1845),  S.  458—463  und  471— 472  unter  dem  Titel:  »Der  Aus- 
zug der  Eroniofken  des  Landes  Oesterreich  (aus  der  Handschriften- 
sammlung  der  Münchner  Hofbibliothek)  dies  Manuscript  ausf&hrUch, 
aber  ohne  alle  genaue  üebersicht  des  Textes  nach  seiner  hand- 
schriftlichen Anlage  und  ebensowenig  mit  vergleichsweiser  Bücksicht 
auf  den  Text  der  Hagen'schen  Chronik  bei  Pez  besprochen,  er  begnügte 
sich,  die  Geschichtserzählung  nach  deren  Eigenthümlichkeiten  zu 
reproduciren.  Koch  schliesst  seine  Erörterungen  mit  der  Annahme, 
dass  der  Verfasser,  der  noch  die  römische  Königswahl  K.  Friedrichs  IIL 
erwähnt,  also  um  diese  Zeit  (1440)  gelebt  haben  muss,  .etwa  der 
Lehrer  des  jungen  Ladislaus  Posthumus*  gewesen  sein  y^iti,  «Sein 
Geschichtsbuch  kömmt  mit  Hagens  Chronik  darin  überein,  dass  beide 
Werke^ Auszüge  aus  den  älteren  Chroniken  sind,  doch  ergänzt  jenes, 
obgleich  es  kürzer  ist,  diese  in  wesentlichen  Theilen,  auch  schrieb 
unser  Verfasser  viel  bündiger  als  Hagen.*  Indem  wir  uns  eine 
diesfällige  Bemerkung  für  den  Schjuss  aufsparen,  sei  nur  noch  con- 
statirt,  dass  Koch  von  jeder  Specialisirung  des  Inhalts  der  zweiten 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterliclien  Quellenkunde.  253 

mit  der  osterr.  Chronik  im  bezeichneten  Codex  verbundenen  Hand- 
schrift absieht,  welche  wir  weiter  unten  bieten  wollen. 

Schon  der  Umstand,  dass  unsere  Chronik  auf  18  Quartblättern 
nicht  blos  die  ganze  Geschichte  des  Landes  Oesterreich  von  der 
fabulosen  Urzeit  an  bis  ans  Ende  des  14.  Jahrh.  skizzirt,  bis  wohin 
auch  der  Hagen^sche  Chronikentext  reicht,  sondern  auch  bis  1404 
sich  erstreckt,  ja  überdies,  allerdings  nur  mit  13  Zeilen  (f.  IS*^)  die 
Jahre  1404 — 1439  abfertigt,  beweist,  dass  wir  es  hier  mit  der  Arbeit 
eines  Chroniken-Epitomators  zu  thun  haben.  Daher  heisst  es  auch 
(f.  I):  , Vermerkt  den  ausszng  der  kronigken  des  landes  ze 
Oesterreich,  wie  vil  es  namen  hat  gehabt,  und  wie  vil  herschaft 
nach  dem  kurtzigisten  ausgezogen.' 

Wir  wollen  nunmehr  die  Gliederung  des  Textes  verzeichnen  und 
eine  und  die  andere  Yergleichsprobe  f&r  den  Text  unserer  Handschrift 
und  des  bei  Pez  beif&gen. 

f.  1.  Die  fabulose  Urzeit  des  Landes  Oesterreich:  Die  Ansiedlung 
des  «Juden*  um  Stockerau  und  die  Folge  der  einzelnen  Herrschaften: 
vom  Jahre  860,  dem  12.  Tage  des  Brachmonats,  als  dem  Zeitpunkte 
«nach  der  Fintflut",  in  welchem  jener  Jude  Stockerau,  70  deutsche 
Meilen  yon  der  nächsten  menschlichen  Behausung  entfernt,  er- 
baute; die  jüdische,  heidnisch-römische  Epoche  des  ,  Markgrafthums  * 
Oesterreich,  seine  Dreitheilung  als  »Osterlant*,  Wiederherstellung  als 
•  Markgrafschaft "  durch  Herzog  Erhart  (!)  bis  auf  die  ffftinfiPt  Sipp* 
des  ungarischen  Herrschergeschlechtes,  die  Herzoge  «Feter*  und 
»Johanns*  (!).  —  Dieser  Theil  der  Hagen^schen  Chronik  ist  im  Ab- 
druck bei  Pez  weggelassen. 

f.  2.  Die  Zeiten  von  den  Herzogen  «Peter*  und  «Johanns*  bis 
auf  Markgraf  Leopold  den  «Frummen*  (Heiligen).  —   Pez  1056 — 59. 

Eine  theilweise  Gegenüberstellung  der  Texte  wird  das  Verhältuiss 
derselben  zu  einander  klarlegen. 


Hs.  f.  1  Schlass  u.  f.  2. 

Darnach  das  gesiecht  re- 
girert  onczt  an  die  funfit  sippt. 
Herczogen  Peter  und  Jo- 
hanns die  starben  auch  an 
eriben,  und  was  Wienn  zu 
derselben  zeit  ain  geiaidhoff  und 
Tulden  die  hawbstat.  Do 
ward  das  laimd  aber  zu  ainer 
nLirgkaschafiPt  (sie)  und  ward 
verlihen  ainen  markrafen  (sie)  der 
hies  Albrecht  der  regierert 
nur  XVI  jar. 


Pez  1,  1056. 

(Nu  sagt  ditz  buch  fürbas  aber  von 
dem  edlen  land  ze  Oesterreich  vnd  von 
seiner  herschafit). 

Nu  chum  ich  hinwider  an  daz  Edel 
Land  zu  Oesterreich.  Es  ist  zu  wissen,  ee 
Wienn  gepawt  ist  wurden,  do  waz  Tu  In 
die  Hauptstat  in  Oesterreich;  vnd  do  nu 
dise  Stat  leyt.  do  waz  ee  ain  gaiadhoff,  der 
noch  hewt  haist  der  Perckhoff;  do  lagen 
offt  durch  gelüstes  willen  die  Fürsten.  Die 
Erst  kirchen  zu  Wienn  waz  die  Kirche  zu 
Sand  Ruprecht. 


254 


E  r  0  n  e  B. 


Hs.  f.  2. 

Darnach  sein  •  sun  markraff 
Ernst  auch  zw  seinen  frewnten 
gein  Sachssen  zu  hilff  (raitt) 
und  wart  da  yn  ein  veldtstreit 
erälagen  nach  Christi  gepurd 
tawsent  und  XIII  jar  und  liez 
II  sun.  Ainer  seczt  sich  gein 
Gars,  der  ander  gein  Pernegk. 
.  .  Margkraff  Lewpolt  nam  des 
kaisers  tochter,  die  im  sein 
brueder  beslieff  mit  gewalt; 
das  tet  er  seinem  brueder  hin- 
wider  und  öffenlich  und  fochten 
darnach  ain  streit  cze  Marperg. 
Der  kaiser  verriebt  sy,  das  marg- 
kraff lewpolt  sein  teil  am  Land 
von  seinem  brueder  muest  ze 
lehen  nemen,  umb  das  er  öffen- 
lich sein  brueder  gesmacht  hat, 
nach  Christi  gepurd  tawsend 
unndt  X  jar.  Er  lies  ain  sun, 
den  man  in  allen  (f.  2^)  landen 
den  frummen  marcgraff  Lewpolt 
nant ;  der  nam  kayser  Heinrichs 
tochter  und  pawt  das  Kloster 
Newnburg  nach  Kristi  gepurd 
XI  hundert  und  XIII  jar,  dar- 
nach das  heilig  Krewcz  XI  hun- 
dert und  XXV  jar,  er  het  XVIH 
kinder  .... 


(Die  czwa  und  achczigist  Herschafft  des 
Landes  zu  Oesterreich.) 

Do  Oesterreich  von  Herczog  Petern 
und  Herzog  Hansen  gebruedern  ward  ledig, 
darnach  ward  Oesterreich  wider  zu  ainer  Mar- 
graffdcliaffl  vnd  ward  Albrecht  Margraflf 
zu  Oesterreich.  Er  waz  weisse,  Erber  und 
Mendleich,  und  waz  Herr  zu  Oesterreich 
Sechzehen  jar.  Er  liez  ainen  Sun,  der  hiez 
Margraff  Ernst. 

Pez  1,  1056—57  (83.  Herschafft). 

Ernst  ward  Marggraff  zw  Oesterreich. 
Er  war  mild  und  freudig  und  mit  tu 
andern  tugenten  geziret.  Er  rait  gen 
Sachssen  durch  ritterschafft  willen  do  £r 
in  ainen  streit  ritterlich  ward  erslagen. 
Den  in  seinen  Land  paide  man  und  frawen 
durch  seiner  grossen  tugent  willen  sere 
chlagten.  Marggraff  Ernst  liez  zwen  San, 
ain  hiez  Lewpolt  vnd  der   ander  Albrecht 

(Die  vier  vnd  achcigist  Herschafft  des  landes 

zu  Oesterreich.) 

Margraff  Lewpolt  vnd  Albrecht  wurden 
Herren  zu  Oesterreich  nach  Christi  gepurd 
tausent  zway  vnd  funfczig  jar.  Die  teilten 
das  Land  vnd  ainer  saz  auf  der  Vesten 
Perneck,  der  ander  zu  Gars  auf  der  Borgk.* 
(Von  da  an  liefert  der  Hagen'sche  Text 
eine  ausführliche  Geschichte  der 
Bekanntschaft  und  Heirath  des  Markgrafen 
Leopold  mit  der  Kaiserstochter,  deren 
Schändung  durch  den  Schwager,  Markgraf 
Albrecht,  dem  dann  Leopold  in  gleicher 
Münze  zahlte,  ihres  Streites  und  des  kai- 
serlichen Schiedspruches,  vom  Tode  des^ 
Markgrafen  Leopold  und  dem  Regierangs- 
antritte seines  Sohnes  Leopold.) 

Pez  1,   1059. 

(Die  fünf  und  achczigist  Her^schafft  diz  land 

zu  Oesterreich.) 

Margraff  Lewpolt  liez  ain  Sun,  der  hie? 
Lewpolt,  Er  ward  der  frumm  Margraff 
Lewpolt  genennet.  Er  nam  ain  Selige 
gotvorchtige  frawen,  die  hiez  fraw  Agnesz, 
Chaiser  Hainreichs  tochter.  Er  pawt  das 
Münster  und  Probstey  des  Ordens  Sannd 
August  ins  der  Chorherrn  zu  Chloster  Newn- 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde. 


255 


bürg,  daz  er  aach  reichleich  bat  begabt 
nach  Christi  gepurd  taasent  hundert  und 
dreyzehen  jar.  Damach  pawt  er  aber  ain 
Chloster,  daz  huist  daz  Heilig  Chrewcz 
Sand  Bernharts  Orden  der  Grraben  Münche, 
daz  Er  auch  stifPte  gar  reichleich,  nach  Christi 
gepurd  tausent  hundert  funff  und  zwainzig 
jar.  Der  frumm  vnd  andechtig  Margraff 
Lewpolt  hett  mit  seiner  andechtigen  frawen 
Agnesen  achcehen  Erben,  die  alle  vil  ge- 
lückes  gewunnen. 

•  Aehnlich  verhält  es  sich  gleich  weiter,  wo  uns  beide,  Hagens 
Text  und  die  Handschrift,  das  wunderliche  Histörchen  von  der  kaiser- 
lichen Begebung  Heinrichs  (Jasomirgott)  mit  dem  Land  ob  der  Enus, 
Krems  (und  Stein)  für  den  Spass  mit  dem  Ochsenfell  auftischen. 


Hs.  f.  3. 

Der  (Herzog  Heinrich)  bracht 
das  lanndt  ob  der  Enns  und  die 
stet  Krembs  und  Stein  mit 
der  ochsenküräen  ze  wegen,  dasz 
er  die  vor  den  kaiser  trueg,  die 
man  im  von  Wienn  hat  bracht, 
die  solt  örczen  sein  gewesen. 
Das  het  der  pot  nit  recht  ver- 
nomen  und  bracht  ein  ktirsen 
von  ochsenhewt. 


Pez  1,  1060. 

All  fursten  für  den  chaiser  do  wurden 
geladen,  dar  cham  auch  Herczog  Heinreich 
von  Oesterreich,  und  daz  geschach  Winter- 
zeit. Der  sant  umb  Luxe  in  kürscn  und 
pelicz  gen  Oesterreich.  Der  pott  vernam. 
Er  hies  yn  vmb  Ochszein  kürszen  ge- 
sendet. Der  pott  cham  gen  Wienn  und 
warb  an  die  Burger  und  an  die  Chürszner 
sein  pottschafft,  desz  die  Burger  verwundert, 
und  spräche  zu  dem  potten,  daz  er  viel- 
leicht nicht  recht  biet  vernomen  des  Herrn 
maynung.  Der  pot  sprach,  Er  biet  seines 
Herrn  potschafft  wol  aufgenomen.  Die  Burger 
gedachten,  wie  die  Ochsenhewt  zu  swerwern 
zu  tragen  Herzog  Heinreichen:  und  liezen 
jm  von  Jungen  Chwhewten  Chürsen  vnd 
pelicz  machen,  die  der  pott  Herzogen  Hein- 
richen gen  Napels  pracht.  Do  die  Chürsen 
und  pelicz  wurden  derfiir  getragen,  da  be- 
gan  der  Herr  zu  zürnen  auf  dem  poten. 
Die  Sache  alle  cham  fär  den  chaiser.  Der 
chaiser  des  sere  lachte  undsandumb  Hertzog 
Hainreichen,  und  pat  yn,  daz  Er  den  pelicz 
und  chürsen  trag  ains  Yeiertags,  darum 
wolt  Er  ym  dazLendell  beyder  Ensz 
und  Cremsz  da  miltiglich  verlieben.  Mit 
dem  schympf  also  Hertzog  Hainreich  daz 
Lendell  bey  Ensz  und  Cremsz  prucht 
gen  Oesterreich  zu  dem  Lande. 

Man   sieht,   wie   dies   bei  Hagen   ziemlich   umständlich  erzählte 
Histörchen  hier  inhaltlich  zusammengedrängt  wird  und  überdies  Ab- 


256  Eronee. 

weichungeu  in  Nebenumständen  vorkommen.  Während  bei  Hagen 
» luxein  "knrsen,  also  Lux-Pelz,  den  Gegenstand  der  herzoglichen  Bot- 
schaft an  die  Wiener  ausmachen,  sind  es  hier  ,  örczen  *  (wahrschein- 
lich =  nörcz,  nurcz  =  Otter-Felle).  Ausserdem  erscheint  nicht  bloss 
Krems,  sondern  auch  Stein  hier  als  Erwerbung  des  Herzogs  genannt 
Auch  in  der  Wappengeschichte  Oesterreichs  findet  sich  neben  dem  im 
Wesen  der  Sache  Uebereinstimmenden  Abweichendes  in  der  Fassung: 

Bei  Hagen  col.  1064  heisst  es:  «Man  sagt,  daz  herczog  Lewpolt 
dem  Lande  ze  Oesterreich  den  lobleicheb  schilt,  ainen  strich  mitten 
durch  die  rotten  Yeldung  ynd  auf  dem  heim  ain  gülden  Chron  mit 
ainen  buschen  der  pfaben-fedem  in  der  Haydenscha£Pt  hat  ervochten, 
Ton  des  Schilts  vnd  Helms  Bedewtnus  zum  letzten  an  dem  fünften 
buch  diser  kroniken  ich  aigenlich  geschriben  hab.' 

Dagegen  in  der  Hs.  f.  4:  «1192  brachte  Leopold  ins  land  den 
schilt  mit  dem  weissen  strich  durch  das  rotte  feld  verkehrt  den 
alten  schilt  mit  den  5  adlern.** 

Die  Erzählung  von  der  Schlacht  zwischen  E.  Ottokar  und  Rudolf 
von  Habsburg  (das  Gefilde  am  « Weidenbach "  wird  beiderseits  ak 
Kampfplatz  bezeichnet)  bietet  ebenso  wie  die  Erzählung  vom  Tode 
des  Böhmenkönigs  manches  Abweichende.  (Hagen  1089 — 92,  Hs. 
f.  9 — 10).  Zunächst  sagt  die  Hs.  ausdrücklich:  ^Eünig  Akchar 
(Ottokar)  hat  vil  mer  volk  denn  Eünig  Buedolff';  sodann  heisst  es 
hier,  was  sich  bsi  Hagen  gleichfalls  nicht  findet :  ,  Do  riet  ainer  von 
Meissen  ze  fechten  und  sagt  Budolffen,  wie  er  und  andere  herrn  sich 
mit  den  Pehaimb  unterett  bieten,  das  sy  den  Otokar  nit  helffen 
wurden,  wann  er  manigen  ze  Beheim  als  unrecht  het  getan  als  ym. ' 

Den  Ausgang  der  Schlacht  und  den  Fall  Ottokars  drängt  die  Hs. 
in  nachstehender  Weise  zusammen :  « und  als  man  den  streit  anhaeb 
mit  dem  hofgesind  Atochars  (!),  do  riten  die  Fehaim  mit  macht  davon, 
und  komen  die  kunig  im  streit  selb  ze  einander.  Do  het  der  Atochar 
einen  grossen  guet  verlobt,  er  solt  versuechen  künig  Rudolfiea  ze 
tod  stechen,  den  stach  Budolff  selbs  ze  tod.  Do  gab  der  Atochar  die 
Flucht;  den  eilt  nach  einer  von  Senck  (offenbar  « Schenk")  und 
ainer  von  trugsatz  von  Emerwerg,  den  er  sein  frewnd,  den  von 
Merenburg,  hat  ze  Frag  auf  den  galgen  smiden  lassen  und  darauf 
ze  tod  slahen,  die  stachen  in  an  der  flucht  ze  tod  und  ward  von  den 
pueben  ganz  entplosst  und  nacket  gefiert  gein  Laa  und  begraben. 
Darnach  in  der  röm.  kunig  erlaubt  ze  ffiren  gein  Znaym,  von  dan 
er  erst  gefürt  gein  Frag.* 

Bei  Hagen  heisst  es  (1091)  nach  dei  ausführlicheren  Schilderung 
der  Schlacht:   «Do  chunig  Ottacker   sein   besten  trost  verloren  hett; 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde.  257 

do  mocht  er  mit  vieren  ab  dem  felde  zu  kommen.   Dos  sahen  etleich, 

den  er  Tormaln  ongnetlicli  gethan  hett  ab  der  Steyermarch,  die  ym 

besimderleich  vast  nacheilten.    Do  worden  zwen  erslagen  der  fiierer 

und  Ton  seinem  ross  chünig  Ottacker  wart  gefellet.    Der  chünig  gross 

yerhaissen  tat,  damit  er  gern  hiet  sein  leben  gefristet    Daz  yn  alles 

nichtz  halff,  wann  ainer  zu  ym  sprach :  Er  hielt  ym  sinen  frünih  den 

Merenberger  getöttet  on  alle  schuld,   darumb  er  auch  leiden  müsste 

den  tod.     Und  aoner«  durchstach  yn  mit  seinem  swert;  der  ander  stach 

yn  in  den  hals  mit  ainen  messer,   do  der   chünig  alszo   starb.     Die  _ 

zwen  ritten  hinwieder  zu  dem  here  ynd  tetten  dem  nyndert  gleich.   Die 

haben  kilnig  Ottackem  gar  entbloesten  *.  Dann  folgt  eine  der  Beimchronik 

Ottokar's,  der  Grundlage  Hagen's  (Sefiher's),  entnommene  moralische 

Betrachtung,  die  Schlussphase  des  Schlachttages  nach  der  vollständigen 

Flucht  der  Böhmen,   welche  die   «armen  Gäste **   in  Nöthen  stecken 

Uessen,  und  der  Aufbruch  E.  Budolfs  nach  dem  dritten  Tage.    «Die 

zwen  konig,  Budolff  vnd  der  von  Yngem,   schieden  sich  liebleich. 

Den  dritten  künig  (Ottokar)   fürt  man   totten   gen  Laa,   da  er 

ermichleichen  word  begraben  (!)  *.    Man  sieht,  wie  gleich  unrichtig  die 

Hs.  vom  Geschick  der  Leiche  des  Böhmenkonigs  handelt 

Hs.  £11^  gibt  zu  dem  Augsburger  Hoffte,  wo  die  Belehnung 
der  Sohne  Rudolfs  I.  stattfand,  das  Datum  XIII  (C)  und  XXX  jar 
=  1380,  offenbar  verschrieben  für  XII C  und  LXXX  =■  1280  (1282) ; 
bei  Hagen  (c  1095)  fehlt  es  ganz.  Gleiches  ist  der  Fall  Hs.  f.  11^, 
wo  der  Erzfund  „auf  dem  Chutten",  d.  i.  die  Entdeckung  der 
Kuttenberger  Silbergruben,  mit  «XIII  hundert  und  XXXIIII  jar' 
=  1834  als  Jahreszahl  verzeichnet  erscheint  Sie  ist  allerdings  fakch 
oder  als  Versehen  statt  1234  au&ufassen.  Die  böhmische  Tradition 
bezeichnet  1237  als  Gründungsjahr  Euttenbergs.  Bei  Hagen  (c  1096) 
heisst  es:  «Die  Zeit  das  arczt  auf  dem  Guttenberg  ist  erfunden*  ohne 
Jahresangabe.  Jur  Wahl  Adolfs  von  Nassau  setzt  die  Hs.  (f.  15)  die 
Jahreszahl  1298  (st  1292),  Hagen  (c.  1121)  keine ;  als  Todesjahr  E.  Hein- 
richs VII.  bezeichnet  die  Hs.  (f.  16»)  XIHC  und  XI  =  1311  (statt 
1313);  Hagen  (c  1141)  gibt  1311  (statt  1308)  als  Jahr  der  Wahl, 
aber  kein  Todesjahr  an. 

Verhält  sich  die  Hs.  zum  Hagen'schen  Texte  regelrecht  wie  ein 
Auszug  zur  umfassenderen  Vorlage,  so  ist  dies  dagegen  bei  der  Er- 
zählung von  der  Mühlberger  Schlacht  (f.  16)  nicht  der  Fall,  denn  da 
ist  die  Hs.  detaillirter  in  ihren  Angaben  als  der  Text  der  Hagen*schen 
Chronik  (c  1141):  so  in  Bezug  der  Eriegslist  des  Burggrafen  von 
Nürnberg.  Es  heisst  dort:  »Do  kam  der  burkgraf  zu  Nürnberg  und 
Ton    Baiem    wider    sein    oheim   zu  helffen  und    hat  die   panir 

HittheUimcen  VIL  17 


258  Krones. 

OeBterreich  aufgeworffeu'  und  weiter  «do  warf  er  sein 
panir  auf  und  druckt  die  panir  Oesterreich  unter.'  Die 
Ha.  enthalt  auch  einen  Fassufl  über  die  Lösung  der  gefangenen  öster- 
reichischen Herren  und  Bitter,  die  unter  anderem  auch  ihre  Güter 
zu  diesem  Behufe  verkaufen  mussten,  und  schliesst  mit  der  Be- 
merkung: «Daz  kaufften  die  kloster  in  Bairen,  dasselb 
guet  sye  noch  in  dem  land  haben*.  Von  all'  diesem  hat 
Hagen's  Text  nichts. 

Noch  mehr  tritt  diese  Selbständigkeit  der  Hb.  4m  Vergleiche 
zum  Hagen'schen  Texte  dort  zu  Tage,  wo  von  Herzog  Albrecht^s  IL 
und  Rudolfs  IV.  Begierung  (f.  16 — 17)  die  Rede  ist  In  der  Hs, 
findet  sich  z.  B.  die  Angabe,  «der  krumpp  hertzog  Albrecht 
entzweit  sich  mit  seinem  brueder  Otto  der  landt  wegen 
und  strafft,  die  seinen  brueder  wider  in  hulffen'  (fehlt  bei  Hagen 
c  1142)').  Sie  erzählt,  dass  Herzog  Rudolf  IV.  «mit  der  landtherren 
willen"  das  Ungelt  eingeführt  habe  (fehlt  gleichfalls  bei  Hagen 
c.  1149^50),  und  verzeichnet  über  das  Verhältniss  dieses  Habs- 
burgers zu  seinem  Schwiegervater  Karl  IV.  Folgendes:  Der  Kaiser 
habe  ihn  nach  Prag  vorgeladen  und  «mit  taeding  überkommen' 
wollen,  « das  im  (dem  Herzoge)  nit  nutz  war,  do  tracht  er  in  gehaim 
davon  und  zoch  gein  Lamparteu  und  warf  (warb)  die  gros 
gesellschaft  (ein  Söldnerheer,  eine  condotta)  vnd  woeltden  kaiser 
überzogen  haben.  Do  (in  Mailand)  ward  im  vergeben*').  (Dies 
Alles  fehlt  bei  Hagen.) 

Hagen  (c  1151 — 52  und  1155 — 56)  hat  auch  nichts  von  der 
Vergiftung  Herzog  Albrecht's  III.;  die  Hs.  sagt,  ihn  habe  ein  Arzt 
zu  «Lachsendorf'  (=  Laxenburg)  vergiftet.  Hagen  erzählt  dagegen 
(c.  1155 — 56),  der  Herzog  sei  vor  der  Heerfahrt  gen  Böhmen  »mit 
ainer  kranchait  vervangen  worden  und  rait  gen  Lachsenburg  und 
lag  da  etleich  zeit:  und  do  die  arzt  an  im  verzweifelten,  beraitt 
er  sich  mit  grosser  rew  und  andacht  und  empfieng  seligleich  die 
heiligchait,  und  starb  an  sand  Johannestag  Gots  Tauffer,  alz  er  ent- 
hawpt  ward',  jedenfalls  das  Richtigere. 

Die  Schlussepoche  vom  Ableben  Herzog  Albrecht's  IV.  (1404)  bis 
zum  Tode  Albrecht's  V.  (K.  Albrecht  IL)  1439,  für  welche  Hagen's 
Text  vergleichsweise  nicht  mehr  herangezogen   werden  kann,  drängt 


')  üeber  dies  Zerwüriniss  zwischen  Albrecht  II.  und  dessen  Bruder  Otto 
(abgesehen  von  dessen  hieher  nicht  gehörigen  Ansprüchen  v.  J.  1828)  wissen  die 
massgebenden  Quellen  (so   der  Job.  Victoriensis)  nichts.  ')  Vgl    £bendorfer 

a.  a.  O.  coL  807  über  den  Bündnissvertrag  H.  Rudolfs  IV. 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde.  259 

ansere  Hs.  (f.  18<^)  in  wenige  Zeilen  zusammen;  so  heisst  es  von 
dem  genannten  Habsburger  (Albrecht  IV.):  «hat  lassen  ain  sun, 
hiez  Albrecht,  der  nam  kaisem  Sigmunds  tochter  und  ward  nach 
seines  sweher  tod  künig  ze  Ungern,  ze  Fehaim  krönt  und  romischer 
kQnig  erweit,  alles  in  ainem  jare.  Er  zoch  gein  Ungern  wider  die 
haiden,  da  starb  er  und  ist  begraben  cze  Weissenburg  nach  Cristi 
gepurd  XIIII<^  und  XII L  (1439)  jar  an  sand  Simonis  et  Jude  tag*' 
(28.  Oct). 

Diese  Proben  sind  erschöpfend  genug,  um  n^achstehendes  Ver- 
hältnis zwischen  dem  Texte  der  Chronik  des  sog.  Hagen  und  der 
besprochenen  Münchner  Handschrift  festzustellen: 

1.  Der  Umfang  der  sogen.  Hagen'schen  Chronik,  mögen  wir  diese  nun 
als  eigene  Compilation  oder  mit  F.  M.  Mayer  als  blosses  Ezcerpt,  be- 
ziehungsweise als  Abschrift  einer  .Chronik  Dr.  Joh.  Seffner's  ansehen, 
übertrifft  den  der  Münchner  Hs.  mehr  als  um  das  Zehnfache. 

2.  Die  Münchner  Hs.  erscheint  als  gedrängt  bearbeiteter  Auszug 
jener  bis  1406  reichenden  Chronik,  für  deren  Verbreitung*)  und  Be- 
nutzung die  zahlreichen  bisher  bekannt  gewordenen  Handschriften 
sprechen. 

3.  Die  sachlichen  Abweichungen  und  Zusätze  der  Münchner  Hand- 
schrift, deren  VerfiEtöser  unbekannt  ist,  nöthigen  keineswegs  zu. der 
Annahme,  derselbe  habe  eine  ihm  und  dem  sog.  Hagen  (beziehungs- 
weise Sefi&ier)  gemeinsam  vorgelegene,  uns  bishej*  unbekannte  Chronik 
benützt,  da  dieselben  viel  einfacher  als  gelegentliche  Besonderheiten 
des  Epitomators  aufzufassen  sind,  der  neben  seiner  Hauptquelle  auch 
andere  Nachrichten  und  Histörchen  benutzte. 

Anhang. 

Der  Tractat  über  adeliges  und  fürstliches  Weisen. 

Im  unmittelbaren  Anschlüsse  an  diesen  „  ausczug  der  koronigken 
des  landes  Osterreich  *',  der  ganz  wohl  die  Bestimmung  haben  mochte, 
einem  jungen  Fürsten  Habsburgs  (Ladislaus  FosthumusP)  die  Ge- 
schichte seines  Stammlandes  und  seiner  Vorfahren  beizubringen,  findet 
sich  der  moralisch-politische  Tractat  über  adeliges  und  fürstliches 
Wesen  (f.  18 — 52),  yorzugsweise  zur  Erbauung  und  Belehrung  fürst- 
lichen Sinnes  angethan.  Wir  begnügen  uns  begreiflicherweise  nur 
niit  einer  vollständigen  Inhaltsaugabe  und  mit  der  wortgetreuen 
Wiedergabe  des  Anfanges  und  Schlusses  dieses  Tractates,  der  sehr 
gut  den  gleichen  Zweck  verfolgen  konnte,  wie  der  vorlaufende 
Chronikenauszug. 

^)  Vgl.  über  die  relative  Menge  dieser  Hb.  die  oben  angeführte  Abhandlung 
von  F.  M.  Mayer  8.  802  Anm.  1. 

17* 


260  Eronesf 

Der  Anfaug  lautet:  ,Adl  ist  staete  Tnd  bruederliebe  lieb.  Adel 
ist  Tolkomene  tugent  in  aller  gescheph  gottes,  nit  allein  in  dem 
menschen,  auch  in  aUen  czamen  und  wildeii  tiern,  die  in  irer  genoss- 
schaiK  tugentper  sind,  auch  in  erczt,  in  stain,  in  ertrich,  in  wasser, 
in  lufit,  in  fewr  und  in  allen  anderen  creaturen,  in  den  sich  aine 
breiset  über  die  ander  mit  kraft,  mit  schein  und  mit  allerlay  ander 
tugent  \ 

Nun  folgen  die  einzelnen  Hauptstücke  mit  mennigrothen  üeber- 
schriften,  und  zwar:  f.  18/18  (1)  Von  dem  adl,  (2)  von  wann  der 
adl  ist  hommen,  f.  20  (3)  von  dem  fuessvolkch  («  Antape*  oder  .turba'), 
(4)  von  dem  hamaschvolkch  (« cabellarium '),  (5)  von  den  erbern 
knechten  (ntabellarien'),  f.  20/21  (6)  yon  dem  dienstherren  («nüniste- 
rialen,  barones,  bannerherren '),  f.  21  (7)  von  den  burgkrayen,  (8)  Ton 
den  graven,  (9)  von  den  margkraven,  (10)  von  den  landtgraven, 
(11)  von  den  herczogen,  f.  22  (12)  von  dem  künig,  f.  22/23  (13)  von 
dem  kayser,  f.  23/24  (14)  von  den  perfecten,  f.  24  (15)  von  den 
klaidern  des  kaisers  und  seiner  unttertaney,  f.  24/25  (16)  von  den 
Wappen.  —  f.  25/26  (17)  Von  der  tugent  regel,  f.  27  (18)  An 
dem  ersten,  wann  ain  f&rst  aufstet,  (19)  darnach  sol  er  sprechen  ein 
Pater  noster  und  ain  Ave  Maria ;  der  tisch-segen,  f.  27*> — 30*  (20 — 28) 
ohne  Ueberschriffc  —  Moralsatzungen  für  einen  Fürsten  in  8  Ab- 
sätzen. —  f.  30/31  (29)  Von  der  fürsten  kantzley,  f.  31/32 
(30)  wie  sich  der  fürst  sol  halten  gein  der  channczley,  £  32/33  (31) 
von  der  fürsten  kappellen,  f.  33  (32)  des  fürsten  stat  in  der  kappein, 
f.  33/34  (33)  des  fürsten  leben  cze  tisch,  f.  34  (34)  des  fürsten  all- 
muesen,  f.  34/35  (35)  der  fürsten  leben  in  dem  haws,  f.  35  ■  (36)  von 
des  fürsten  ambtlewten,  der  kamrer,  f.  35/36  (37)  von  des  fürsten 
ambtlewten  des  rechten,  f.  36/37  (38)  des  fürsten  ambtlewt  cze  krieg, 
f.  37  (39)  des  fürsten  liger  ze  veld,  f.  38  (40)  des  fürsten  streit, 
f.  38/41  (41)  wie  der  fürst  vfich  (sie)  und  saelig  wird,  f.  41  (42)  des 
iürsten  &eidhoff,  f.  41/48  (43)  Das  sein  die  vier  angltugent  (weis- 
hait,  sterck,  innhaltigkeit,  gerechtikait),  f.  49/52  (44)  verschriben  ain 
gesiebt,  das  ain  andachtiger  an  dem  auffart  abent  gesehen  hat.  Schloss: 
„Und  wer  die  vorgeschriben  ding  ze  bedencken  bey  seiner  czeit  wü, 
so  ist  es  da  maist  alles  beschehn,  und  das  nicht  beschehen,  das  hebt 
sich  yeczund  alles  an'. 

Aus  dieser  Inhaltsangabe  erhellt,  dass  wir  es  in  obigem  Tractate 
mit  einem  vollständigen  Compendium  über  den  Adel  und  die  Bang- 
stufen  des  FürstcLithums,  insbesondere  aber  über  das  fürstliche  Heer- 
und  Dienstgefolge,  Verwaltungswesen,  Tugend  und  Weisheit  zu  thuB 


Kleine  Beiträge  zur  mittelalterlichen  Quellenkunde.  261 

haben,  wie  er  der  Denkweise  des  ausgehenden  Mittelalters  entsprach 
und  die  Variation  eines  geläufigen  Themas  genannt  werden  kann. 


IIL  Zeitungen  von  der  Türkennoth  aus  demXY.  Jahrh. 

•       Cod.  lat.  nr.  14668. 

Dieser  Sammelband  (Eatal.  IV,  1,  213—214)  enthält  zeitgenos- 
sische Copien  yon  sog.  .Zeittungen*  oder  .Hofmären',  die  sich  auf 
die  Türkengefahr  beziehen.  Das  meiste  Interesse  mit  Bücksicht  auf 
die  österreichischen  Länder  erregt  f.  56^ — 58^,  eine  Au&eiohnung 
über  den  Türkeneinfall  in  Kärnten  v.  J.  1478  (Hochsommer),  da  sie 
dem  ungleich  ansf&hrlicheren  Berichte  des  Zeitgenossen  und  Land- 
sassen  ünrest^)  in  seiner  . Oesterreichischen  Chronik'  (S.  637  f.) 
an  die  Seite  tritt.  Beide  sind  von  einander  ganz  unabhängig  und 
ergänzen  einander. 

Die  bezüglichen  Hauptstellen  dieser  Märe  ,Vonden  Thurcken 
etlich  ergangen  tat*  lauten: 

.Als  man  zalt  nach  Christi  vnsers  liehen  herren  gepurdt  (1478) 
an  sandt  Jacobstag  >)  sind  dy  Thurken  chumen  in  Flizsch^  durch 
eyn  posen  enngen  weg  und  durch  drei  clausen,  das  man  in  nicht  hat 
moegn  weren.  Dy  Thürken  sind  oben  gewesen  und  haben  stein  herab 
gelassen,  das  dy  cristen  haben  muessen  fliehen  und  .  .  weichen,  da- 
mit haben  sy  durchprechen.  Item  da  sind  sy  chumen  an  die  Eoka^), 
da  sind  vil  erzknappen  und  paum^)  gewesen  und  haben  mit  einander 
geschlagen  und  sind  auf  paiden  taflen  umbchomen  auf  IIII  C  (400) 
man.  Wern  die  pauren  nit  geflohn,  so  wer  den  der  Türken  mer 
umbchumen  •  ^, 


^)  VgL  über  denselben  meine  akademische  Abhandlimg  »Die  Ost  Chronik 
Jakob  ünreet's«,  Arch.  f.  M.  Gesch.  48,  428—580  (1872)  und  die  Studie  »Jakob 
UnreeVs  Bmchstack  einer  deutschen  Chronik  von  Ungarn*  in  MittheiL  d.  Inst, 
f.  Ost  6F.  1,  889—402,  was  insbesondere  die  Ab&sBungszeit  dieser  Chronik  be- 
trifil.  Dass  Unrest  1500  starb  ist  nunmehr  durch  das  Urbarfragment  (Gärinthia 
1880)  sichergestellt.  ')  Das  Datum  ist  hier  gewissmngenau.  Unrest  a.  a.  0.  hat: 
An  dem  suntag  nach  sannd  Jacobstag  des  ZwelfiFboten  (26.  Juli).  *)  Unrest  S.  687 : 
ainen  fremden  weg  durch  das  Flitscli  untz  an  das  Predt  und  klaine  Terues 
(TarvlB)  undt  an  die  Koka.  ^)  Unrest  688.  ^)  Unrest:  Do  waren  der  pundt- 
lewdt  pey  sechs  hundert.  «)  Unrest  spricht  nur  yon  der  fast  gänzlichen  Ver- 
nichtung der  »pundüewt«,  die  von  den  Türken  »überschlichen«  wurden :  »und 
wa  den  sechshundert  kamen  wenig  dervon*. 


262  Krones. 

Sodann  wird  der  weitere  Türkenritt  an  die  Gail,  in's  y^oos'^, 
Beddendorf  ^,  Arnoldstein  ^  und  weiter  nach  Paternion  ^o)  und  SpitaP^) 
kurz  berichtet  und  vom  Auslassen  des  «sackman"  (der  Beutemacher)  ^') 
gen  Mühlstadt  ^>),  nach  Mallentein,  an  die  Erems,  gen  Döbriach^^) 
und  MabpücheU^)  gesprochen. 

(f.  57^)  «Damach  ist  chumen  kuntschafft  gen  Lüencz  an 
sand  Feterstag  ad  vincula^^)  (1.  August)  umb  zwaj  nach  mittentag, 
wye  di  turcken  seind  für  Luenz  chumen,  und  ist  ein  solche  aoflauf 
und  erschrecken  gewesen,  das  man  nit  gar  gewisst,  was  man  thun 
soll.  Da  ist  Yor  schrack  dy  Andre  Leyenholtzerin  in  ainer  stund 
lebendig  und  tod  gewesen  und  andere  schwangere  frawen  mer,  und 
ain  paur  hat  sich  ze  tod  gelofPen.  Darnach  ist  wäre  kundschafit 
chumen,  das  das  nicht  gewesen  ist  und  sind  wol  sechs  meyl  Ton 
Luentz  gewesen '^. 

Nun  folgt  f.  57^—58^  die  Erzählung  von  der  Türkengefahr 
Yillachs :  „  Auch  habn  sy  gein  Yillach  geschickt  eyn  paurn  mit  eynem 
pluetigen  pfeil,  ob  yemandt  drynnen  sey,  der  dy  kristen  loesen  well, 
di  wellen  sy  ze  losen  geben*  *^.  Nun  wird  erzäht,  wie  man  die 
Plünderung  der  Frauenkirche  durch  Lösegeld  vermeiden  wollte.  Man 
gab  den  Türken  25  ungarische  Gulden,  1  Saumlast '.Beyfal"  und 
1  Wagen  Brod,  doch  half  dies  Alles  nichts.  Denn  die  Unholde 
brannten  nichtsdestoweniger  die  Kirche  aus  und  tödteten  sowohl  die 
zu  Losenden  als  auch  die  Kundschafter. 

Wir  erhalten  somit  durch  die  Hs.  interessante  Details  ftir  die 
Türkenplage  Oberkämtens  im  älteren  Sinne,  insbesondere  för  die 
Gegend  von  Villach  und  Lienz,  woher  vielleicht  der  Bericht  stammt, 
da  der  verfrühte  Schrecken  dieses  Ortes  und  seiner  nächsten  Um- 
gebung so  lebendig  geschildert  erscheint.  Unrest's  umfangreichere 
Erzählung  hat  wieder  im  westlichen  Draugebiete  Kärntens  ihren 
Schwerpunkt. 

2)  f.  59 — 62.  „Ein  andere  tat  dy(!)cristen  densig*.  Am 
sambsztag   vor  sand  Kolomanstag  (9.  Okt.)   sein  chomen   dy  Türken 


')  Findet  sich  bei  Unrest  nicht.  *)  Ebensowenig.  ")  Unrast:  Arlotstein; 
die  Hb.  hat  Ällstein.  «>)  Fehlt  bei  Unreet.  Hb.  hat  »Patrian.«  ><)  Auch 
bei  Unreat.  <>)  Die  gewöhnliche,  auch  Unrest  geläufige  Bezeichnung  der  leichten 
Ranbschaaren,  der  »Renner  und  Brenner*  der  Türken.  Vgl.  das  magyar-tfirkiflche 
»zsakmäny*  =  die  Beute.  >')  Auch  bei  Unrest  S.  689.  ^*)  Diese  drei  Namen 
fehlen  bei  Unrest.  *^)  Ebenso,  dagegen  verzeichnet  Unrest  S.  689  eine  Menge 
anderer  Orte  des  westlichen  Kärntens.  <■)  Unrest  S.  640.  <')  Unrest  S.  640 
sagt  bloss:  Und  chamen  vorrer  an  die  Geyl  und  chamen  oben  wider  über  die 
Traa  und  zogen  auf  demselben  landt  ab  uncz  für  Villach,  da  zogen  sy  aber 
wider  über  die  Traa«. 


Kleine  Beiträge  zur  mitielalterliclien  Quellenkunde.  26S 

yn  ^,  landt  Sibenburgen«  .  .  .  Dise  tat  ist  geschehen  im  neun  und 
sibenczigisten  jare.  Göt  hat  lob  und  ere*.  (Vgl.  ünrest's  Bericht 
8.  643).  Hier  findet  sich  der  Türkeneinfall  in  Siebenbürgen  und  der  Sieg 
BathorjB  und  Paul  Kinizsis  am^  , Brodfelde*  (Kenyennezö)  über  die 
Osmanen  erzahlt.  Dieser  Sieg  wird  von  den  ungarischen  Quellen  auf 
den  13.,  Yon   der  Eronstädter  Eircheninschrifb  auf  den  14.  October 

gesetzt  ^®). 

« 

3)  f.  79* — 84^  «Ein  andere  tat(!)  und  cristen  den  sieg*. 
Brief  des  Bertold  Mayer  von  der  Freienstatt,  landtsverweser  der  hawpt- 
manschafft  des  fürstenthumbs  Erain^^  an  Georg  pfalzgraf  v.  Bein 
and  herzog  von  ü.  und  0.  Baiem  in  Türkensachen  über  den  Sieg  in 
Zagorien*.  Es  ist  dies  eine  Copie  des  offenen  Briefes,  welchen  der 
genannte  Landesverweser,  wie  der  seltene  Druck  ^®)  vom  J.  1483  be- 
sagt, , uff  Eraspergh  tzu  Ziliy***)  , geben*  ward  »am  Sonabend  nach 
Allerheiligen  Tage*  (2.  Nov.  1493).  ünrest  handelt  von  diesen 
Ereignissen,  der  Wirthschaft  der  Türken  in  Eärnten  und  Erain  und 
ihrer  Schlappe  in  Zagorien  auf  dem  Heimzuge  gen  Bosnien  S.  689 — 690. 
Als  Zeitpunkt  des  türkischen  Einfalls  nach  Eärnten  und  s^war  in's 
Jaunthal  bezeichnet  er  den  16.  Oci  1483,  jenes  Sendschreiben 
ald  Zeitpunkt  ihres  Einbruches  in*s  Erainer  Land  die  Woche  vor 
Simonis  und  Juda  (28.  Oci),  also  die  Zeit  vom  19.  bis  25.  October. 
ünrest  spricht  von  3,  der  Brief  von  5  Haupthaufen  (in  der  Gesammt- 
stärke  von  8000  Beitern).  Als  siegreiche  Eämpfer  gegen  die  Türken 
erscheinen  hier  die  ^Hauptleuth*  des  ungarischen  Eönigs:  «4er  von 
Jer  auss  windischen  Landen*,  «der  Dispot*,  «der  Graff  im  Sager*  und 
der  Jachinger ;  ünrest  bezeichnet  als  solche  den  ,der  » Dispot  was  Wann 
(Banus)  in  windischen  Lannden,  Graff  Werediu,  auf  teutsch  genant 
Graff  Bernhart  (Graf  Steffens  sun  von  Erobatten),  Graff  Kinschitz 
auch  Graff  zu  Erobaten,  Marmolasch  (Blasius  Magyar  =  Magyar 
Balazs),  ,ein  Erobat,  genant  Parusitz,  Herr  von  Erobaten,  genannt 


*•)  Schwandtner  SS.  rer.  Ung.  1,  886 ;  Wiener  Jahrb.  der  Litt.  84,  Anzbl.  26, 
Hammer  1,  584,  Zinkeiaen  2,  878.  '*)  Der  Titel  »landtsverweser  der  hawpt-  ^ 
manscbafit  des  fürstenthumbs  Erain*  macht  einige  Schwierigkeiten,  denn  Landes- 
hauptmann Erains  war  1482  Wilh.  v.  Auersperg  (Dimitz,  Gesch.  Erains  1,  828). 
Andererseits  bezeichnet  ünrest  S.  692  und  1hl  zu  den  Jahren  1484  und  1488 
den  Perchtold  Mayer  als  Landesverweser  Kärntens.  —  Eertbeny's  Ungarn  be- 
treffende deutsche  Erstlingsdrucke  1454—1600  (Budapest  1880),  führt  S.  11  n.  88 
den  betreffenden  Druck  (6  S.  und  2  leere)  an  und  hat  irrthümlich  »Wager«  statt 
Mayer.  <o)  Kertbeny  bezeichnet  als  Unicum  das  Exemplar  im  Pesther  National- 
mnsenm.  ««)  Was  für  ein  Ort  unter  »Eraspergh  t<zu  Ziliy«  (Zilli)  gemeint  sei, 
i&t  nicht  recht  erfindlich.  Dürfte  man  etwa  an  Eraberg  im  benachbarten  Gono- 
bitzer  Bezirke  (Ortsgemeinde  Lotsche)  oder  an  Eraschenberg  in  Erain  denken? 


264  Erones. 

Waldeckh'  und'  .ein  Erobat  genant  Wolff*  («der  war  lanng  under 
den  Torkhen  gowesen*). 

4)  f.  82 — 84.  «Ein  andere  clegliche  tat  der  turckeii 
Wilhelm  von  Awersperg,  hawptmann  yn  Chrain,  schreibt  einem 
deutschen  herm  disen  brief.*  Michelsabend  (28.  SepL)  MeÜing. 
.D.  Laibach  an  sannd  Frandscentag  (4.  Oci)  im  (14)  91.  jar.  6ot 
erparms.' 

Ünrest  schildert  diesen  verheerenden  Einfall  S.  750 — 51  und 
setzt  als  dessen  Beginn  .zehen  tag  vor  sannd  Micheistag*  (19.  Sepi) 
an.  Das  Schreiben  Auersperg's  ist  abgedruckt  bei  Valvasor,  Ehre  des 
Herzogthums  Crain,  XY.  Bach,  S.  892,  und  Badics,  Herbard  VIIL 
Ton  Auersperg  (1862)  S.  38  f. 


r 

Die  Belagerung  von  Kanizsa  dui^cli  die 
christlichen  Truppen  im  Jahre  1601. 

Von 

Albreeht  Stanffer^). 

,  Wenn  die  Festung  Kanizsa  verloren  gienge,  könnten  die  Türken 
mit  ihren  feindlichen  Schaaren  fast  ohne  Hindemiss  nach  Wien  und 
nach  Graz  rücken.  Was  aber  daraus  dem  Erzherzog  Ferdinand  für 
Schaden  erwüchse,  lässt  sich  kaum  sagen.  Möge  Gott  ein  solches 
Unglück  von  dem  guten  Fürsten  fernhalten*.  Diese  Worte  schrieb 
der  päpstliche  Nuntius  in  Graz  an  den  Herzog  Maximilian  von  Baiern, 
als  die  Türken  im  September  des  Jahres  1600  Kanizsa  belagerten^. 
Ein  Kleriker  aus  Pressburg  aber  wies  den  Erzherzog  mit  dem 
warnenden  Wortspiel  auf  die  Wichtigkeit  des  bedrohten  Platzes  hin: 
sSerenissime  princeps,  yere  vere  dico:  si  amittimus  Ganisam,  amit- 
timus  camisam!*^) 

Als  dann  die  Hoffnungen,  welche  man  auf  den  Entsatz  der 
Festung  gesetzt  hatte,  sich  als  trügerisch  erwiesen  und  Kanizsa  den 
Türken  in  die  Hände  fiel,  empfand  die  gesammte  Christenheit  diesen 
Verlust  als  ein  grosses  Unglück,  während  die  osmanische  Macht  über 
die  werthvolle  Errungenschaft  frohlockte.     Vier  Tage  lang  dauerten 


0  Die  nachfolgenden  Materialien  zur  Gfeschichte  der  Belagerung  Kamzsas 
durch  die  christlichen  Trappen  sammelte  ich  bei  Gelegenheit  der  Vorstudien  zu 
meiner  Abhandlung  über  »Hermann  Christoph  Grafen  vonllusworm,  kaiserlichen 
Feldmarschall  in  den  Türkenkämpfen  unter  Budolf  11.*,  welche  vor  einiger  Zeit  er- 
schienen ist  (München,  Ackermann,  1884).  Wie  zu  jener  Arbeit,  so  verdanke  ich 
aach  zu  dieser  die  Anregung  dem  Herrn  Professor  Dr.  Felix  Stieve,  dem  ich 
hiefür,  sowie  ftir  die  während  der  Arbeit  geleistete  Unterstützung  hiemit  in  ge- 
bohrender  Weise  meinen  wärmsten  Dank  ausspreche.  *)  Hieronymus  von  Portia 
an  Maximilian  von  Baiem,  den  18.  September  1600.  Ma  (Staatsarchiv  in  Mün- 
chen) 408/7  f.  20  Gr.  *)  Hans  Ambros  von  Thum  erinnerte  in  seinem  Schreiben 
an  den  Hieronymus  von  Portia  vom  21.  Mai  1605,  bei  Gelegenheit  des'  gefiüir- 
lichen  Au&tandes  in  Ungarn  an  diese  Worte.  Mc  (Reichsarchiy  in  München) 
Fürstenaachen  Bd.  89  £  860  Gr.    Anreden  und  Unterschriften  ausgestrichen. 


266  Stauffer. 

in  Eonstantinopel  die  Festlichkeiten  zur  Feier  der  Eroberung.  Der 
Sultan  selbst  ergab  sich  so  eifrig  der  Festesfreude,  dass  er  in  Folge 
des  übermässigen  Bennens,  Fechtens  und  Eugelwerfens  Blutspeien 
bekam  und  in  eine  gefahrliche  Krankheit  verfiel  ^).  Der  Gurierf 
welcher  die  Nachricht  von  der  Eroberung  Eanizsas  und  das  An- 
erbieten Ibrahim  Paschas,  im  nächsten  Sommer  nach  Wien  zu  ziehen, 
überbrachte,  wurde  mit  reichen  Geschenken  zurückgesandt').  In  Born 
aber  klagte  der  Papst  «mit  weinenden  Augen*  über  den  herben  Ver- 
lust, der  die  ganze  Christenheit  betroffen^).  Demgemäss  erlangte  auch 
der  junge  Erzherzog  Ferdinand  von  Steiermark  bedeutende  Hilfe- 
leistungen von  auswärtigen  Fürsten,  als  er  einen  Zug  zur  Wieder- 
gewinnung Eanizsa's  plante.  Der  Papst,  Toskana  und  Spanien  unter- 
stützten die  Unternehmung  mit  Truppen  und  Geld^).  Mit  den  Con- 
tingenten,  zu  welchen  sich  der  Eaiser,  die  Erblande  Ferdinands  und 
verschiedene  Herren  in  Ungarn  und  Istrien  verstanden,  ergab  die 
Heeresliste*^)  eine  Gesammtstärke  von  27,500  Mann,  worunter  vier 
und  ein  halb  tausend  zu  Boss.*  Da  übrigens  die  einzelnen  Ab- 
theilungen des  Heeres  nicht  ganz  in  der  versprochenen  Starke  er- 
schienen und  zudem  die  tausend  Beiter  des  Heinrich  Mathias  von 
Thum,  die  sich  vielmehr  in  den  Eämpfen  vor  Stuhlweissenburg  her- 
vorthaten,  gänzlich  ausblieben^),  so  wird  das  Belagerungsheer  kaum 
mehr  denn  24,000  zu  Fuss   und   zu  Boss  betragen    haben  ^.    Wenn 


<)  Hartmann,  1601,  1,  128.  Stieve,  üeber  die  ältesten  halbjfiliiigen  Zei- 
tungen oder  Messrelationen  etc.  Abband],  der  baier.  Akad.  d.  Wias.,  16,  1 
Nr.  120.  «)  Meurer  1601,  1,  51.  Stieve  Nr.  128:  »Der  Groastürk  hat  4  Tag 
lang  groflse  Fest  und  Triumpff  gehalten  und  gedachten  £ylcourier  wieder  mit 
einem  gantz  güldenen  Stück  oder  Bock  sampt  einem  Regimentstab  mit  köst- 
lichen Edelgesteinen  besetzt  an  ermelten  Ibrahim  Bassa  zurückgesand,  weiln  er 
sich  erbotteu,  auff  den  FrüHng  gar  für  Wien  zu  rücken,  es  wolte  ihm  dann  der 
gross  Türk  ein  andere  Impresa  anbefehlen  und  gefallen  laasen«.  ')  Hartmann 
1601,  1,  78.  Stieve  Nr.  120.  Vgl.  auch  Stieve,  Briefe  und  Acten  zum  dreiadg- 
jfthrigen  Kriege  5,  650  ^  ^)  Ueber  die  Verhandlungen,  die  wegen  der  Unter- 
nehmung Ferdinands  gepflogen  wurden,  vgl.  Hurter,  Eerdinand  IL  4,  860  £und 
Stieve,  Briefe  und  Acten  5,  550  f.  >)  Dieselbe  findet  sieh  bei  OrteliuB,  Chro- 
nologia  oder  Historische  Beschreibung  aller  KriegsempOrungen  imd  Belagerungen 
in  Oberungam  etc.  etc.  Nürnberg  1616  p.  515  f.  •)  Vgl.  unten  Peter  öwal, 
6.  September.  Damals  wurden  sie  noch  erwartet,  sp&ter  spricht  Casal  nicht  mehr 
davon.  Thum  befand  sich  denn  auch  yor  Stuhlweissenburg,  wo  er  sich  aus- 
zeichnete (Tgl.  ürtelius  1.  c.  618).  Nach  Casal  (9.  November)  waren  jedoch  die 
Thumischen  Reiter  unter  den  Entsatztruppen,  welche  Rusworm  von  Weiasenburg 
nach  Kanizsa  führte.  ^)  Nach  Casals  Bericht  vom  81.  August  kamen  statt 
der  versprochenen  10,000  Mann  päpstlicher  Truppen  kaum  mehr  als  8000.  Bei 
dem  Bericht  (12.  September)  über  den  Anzug  der  florentinisohea  Mannsofaaft'en 
sagt  Oasal:   »Die  anzal  ist  in  disem  regiment  ebensowenig  als  in  den  andern 


Die^  Belagerung  yon  Kanizsa  durch  die  cbristl  Truppen  i.  J.  1601.      267 

auch  zum  grösseren  Theile  mit  ausländischem  Gelde  geworben,  be- 
standen die  Truppen  gleichwohl  in  überwiegender  Anzahl  ans  deutschen 
Söldnern.  So  waren  die  von  Spanien  gestellten  Mannschaften  durch- 
wegs aus  Deutschen  zusammengesetzt  Anders  aber  yerhielt  es  sich 
mit  den  Anf&hrern.  Hier  überwogen  die  Italiener  bei  weitem;  die 
deutschen  Obersten,  wie  Herberstein  und  Trautmansdorf,  hatten  nur 
Stellen  dritten  Banges  inne. 

Zwar  war  der  Erzherzog  Ferdinand  Oberfeldherr,  aber  er  war  es 
durchaus  nur  dem  Namen  nach.  Er  war  un&hig,  die  einzelnen 
Truppentheile  flurch  eine  straffe  Mannszucht  zusamm^izuhalten  und 
die  hochfahrenden  italienischen  Generale  zu  einem  einheitUohen  Wirken 
ZQ  vereinen.  Ja,  er  versuchte  es  nicht  einmal.  Bei  den  Ereignissen, 
welche  während  der  Belagerung  vorfielen,  war  er  nie  mehr  als  ein 
Zuschauer.  Als  man  am  28.  October^)  endlich  einen  Sturm  gegen 
die  Festung  unternahm,  ritt  er  hinaus,  um  den  Sturm  zu  sehen,  nicht 


rOlHg.*  Bern  gegenüber  muss  die  Bemerkung  (6.  September)  zurQcktreten,  dass 
das  Heer  wol  nicht  viel  unter  87,000  Mann  zählen  werde,  wenn  die  Erainer, 
die  Florentiner  und  andere  Contingente,  sowie  die  ThumiBchen  Reiter  gekommen 
wären.  Die  Tbumisohen  kamen  nun  aber  nicht  und  die  übrigen  Abtheihmgen 
jedenfells  ebensowenig  vollzählig  wie  die  bereits  eingetroffenen.  Die  Angaben 
Hurters  und  Ilwois  (Die  Einfölle  der  Osmanen  in  die  Steiermark,  Mittheilungen 
des  bist.  Vereins  f&r  Steiermark  16,  141),  die  87,500  als  Heeresstä^ke  angeben, 
sind  danach  zu  berichtigen.  Desgleichen  Fessler-Klein,  Geschichte  Ungarns  4,  78 
und  Hammer,  Gesch.  der  Osmanen  4,  816,  die  gar  von  80,000  Mann  sprechen, 
Istbvänfi^  folgend. 

*)  Hurter  4,  S78  bezeichnet  den  18.  October  als  den  Tag  des  Sturmes. 
Diese  Nachricht  stammt  aus  Khevenhüller  (2S68).  Dieser  schöpft,  wie  ich  im 
Anhang  meiner  Abhandlung  über  den  Feldmarschall  Rusworm  ausgeftlhrt  habe 
(Zur  Kritik  der  Quellen  IE  S.  212  f.)  aus  Ortelius,  der  ebenfalls  den  18.  October 
als  den  Tag  des  Sturmes  bezeichnet.  Es  dürfte  das  aber  wol  auf  einen  Druck- 
fehler zurückzuführen  sein,  denn  die  Relation  von  Jakob  Frey  (Sfcieve  1.  c.  Nr. 
127,  15  f.),  die  Quelle  des  Ortelius  für^diese  Stelle  hat  den  28.  October.  Auch 
Isthvinfly,  De  rebus  Hungaricis  776  und  die  Relation  Meurer  1602  1,  82  (Stieve 
Nr.  180),  deren  Bericht  über  den  Sturm  wir  unten  geben,  haben  dieses  Datum. 
Allen  Zweifel  muss  übrigens  der  Umstand  heben,  dass  Manhart  am  12.  November 
1601  an  den  Herzog  von  Baiem  berichtet:  »Von  zeitung  waiss  ich  meines  thails 
auf  dismal  mehrers  nit,  als  dass  der  generalsturmb  vor  Kanizsa  beschehen,  aber 
dannoch  weren  die  unsem  mit  zimblichen  schaden  abgetrieben  und  die  Türken 
damit  vil  beherzt  worden*.  Man  hat  aber  dennoch  wegen  des  Entsatzes,  den 
Kuaworm  bringen  wird,  die  Hoffiiung  nicht  fahren  lassen  (Mc.  Fürstensachen 
Bd..  88  f.  146  Or.).  Die  Nachricht  vom  12.  November  kann  sich,  wenn  sie  ftlr 
den  Herzog  eine  Neuigkeit  sein  soll,  nur  auf  einen  gegen  Ende  October  ab- 
g'ebaltenen  Sturm  beziehen.  Schliesslich  bemerke  ich,  dass  die  Differenz  zwischen 
Ortelius  und  Frey  sich  nicht  durch  den  alten  und  neuen  Kalender  wird  erklären 
lasaen,  da  beide  stets  dem  verbesserten  Kalender  folgen. 


268  Stauffer. 

um  ihn  zu  leiten  oder  durch  sein  Eingreifen  die  Kämpfer  anzufeuern^). 
Jene  geistige  Lebendigkeit  und  Schmiegsamkeit,  die  auch  eine  bisher 
nicht  besessene  ^Eenntniss  sich  anzueignen  sucht,  die  einer  einmal 
übernommenen  grossen  Aufgabe  um  jeden  Preis  gerecht  zu  werden 
bestrebt  ist,  fehlte  ihm  vollständig.  Dabei  war  ihm  der  Erfolg  der 
Unternehmung  keines w^^  gleichgiltig.  Ganz' im  Gegentheile  gab  er 
gern  alles  her,  was  die  Sache  fordern  konnte,  seine  Bosse,  die  Lein- 
wand der  Zelte  und  sein  Oeld').  So  matt  sein  Geist  war,  so  gütig 
und  wohlwollend  war  sein  Herz.  Es  that  ihm  wehe,  wenn  die  Soldaten 
Hunger  und  Frost  litten.  Er  empfand  es  bitter,  wenn  er  sah,  wie  die 
italienischen  Söldner  träge  und  nachlässig  waren  und  nichts  Besseres 
zu  thun  wussten,  als  zu  prahlen.  Aber  er  trug  es  und  that  nichts 
dagegen.  «Was  will  einer  mit  diesen  Leuten  an£Emgen,  als  mit  Ge- 
duld alles  zu  übertragen.'  Klingt  aus  diesen  Worten  des  Geheim- 
schreibers des  Erzherzogs  nicht  die  Stimmung  seines  Herrn  au& 
klarste  wieder? 5) 

Der  Tadel  für  seine  Haltung  blieb  Ferdinand  nicht  erspart  Unter 
den  Soldaten  liefen  üble  Beden  über  ihn  um  und  di<B  Feinde,  die  er 
sich  durch  seine  Bestaurationsmassregeln  gemacht  hatte,  giengen  so 
weit,  ihn  in  offenem  Druck  anzugreifen.  Der  baierische  Agent  Johann 
Manhart  meldete  darüber  folgendes  dem  Herzog  Maximilian:  «Das 
Volk,  welches  vor  Kanizsa  gelegen,  beklagt  sich  sehr  und  redet  gar 
verächtlich  von  derselben  Belagerung,  wie  ich  denn  selbst  ein  PaaquUl 
davon  gesehen,  in  welchem  J.  F.  D^  zu  Graz  der  Kindheit  beschuldigt 
wird,  dass  sie  unverständiger  Leute,  so  mit  dem  Ejriegswesen  nie 
wären  umgangen,  der  Jesu^ter  und  Weiber  Bat  gebraucht  hatte  *^). 
Der  Feldmarschall  Busworm  aber,  welcher  im  November  der  Festung 
Entsatz  brachte,  schrieb  in  seinem  Berichte  an  den  Erzherzog.  Matthias 
nicht  ohne  einen  Anflug  von  Ironie :  « Ihr  D^  haben  als  ein  löblicher 
Fürst  ihr  Vertrauen  auf  ihre  welschen  Kriegsofficialen  gestellt,  sich 
auch  beflissen,  alles  das  zu  verordnen  und  zu  vollziehen,  was  die- 
selben begehrt  und  haben  wollten  und  ist  sich  hoch  zu  verwundem, 
dass  Ihre  D^  mit  so  grosser  Geduld  in  einem   so  unversicherten  und 


^)  Maurer  1602,  1,  82;  Stieve  Nr.  180.  •)  Hurter  4,  879  undRaswonns 
Schreiben  an  den  Erzherzog  Matthias  über  den  Abzug  von  Kasizsa  bei  J.  Frey; 
Stieve  1.  c.  Nr.  127 ;  endlich  Casal  unten  an  verschiedenen  Orten.  —  Die  ganze 
Haltung  des  jugendlichen  Ferdinands  vor  Kanizsa  bestätigt  zugleich  die  Auf- 
faeaung  yon  Ferdinands  Charakter,  die  Felix  Stieve  in  der  »Allgemeineii  Bio> 
graphie«  bietet.  ')  Casal,  2.  November.  *)  J.  Manhart  an  Maximilian  von 
Baiem,  den  7.  Januar  1602  Mc.  Fttrstensachen  Bd.  88  11  156  Or.  —  Aua  dem 
von  Manhart  angezogenem  Pasquill  wird  auch  die  von  Harter  4,  882  A.  1&4 
beanstandete  Stelle  in  Pfisters  Geschichte  der  Deutschen  5,  884  stammeiu 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  dnrcli  die  christl.  Trappen  L  J.  1601.      269 

übel  g^Uagenen  Lager,  wo  ihre  ^  Person  in  höchster  Gefahr  und  an 
der  ^Spitze  dem  Feind  ausgesetzt  war,  so  lang  bei  dem  vergeblichen 
Au&ug  ausdauern  mögen  *^). 

Im  OeftQile  seiner  eigenen  ünkenntniss  vertraute  Ferdinand  blind- 
lings den  italienischen  Heerführern  und  liess  sich  noch  bis  zuletzt 
durch  deren  leere  Vorspieglungen  über  den  Stand  und  die  Aussichten 
der  Belagerung  tauschen.  Es  entgieng  ihm  vollständig,  dass  die 
Italiener  durch  ihre  Lässigkeit,  ihren  Leichtsinn  und  ihre  Pflicht- 
Vergessenheit  den  Fortgang  der  Belagerung  verhinderten  und  dem 
Feinde  geradezu  in  die  Hände  arbeiteten.  Dass  diese  es  in  der  That 
waren,  welche  es  den  anderthalb  tausend  bis  zwei  tausend  Türken  in 
Kanizsa  ermöglichten,  einem  ganz  unverhältnissmässig  grösseren  Heere 
Trotz  zu  bieten,  wird  kaum  bezweifelt  werden  können.  Den  Führern 
wie  den  Soldaten  der  Italiener  muss  gleichmässig  dieser  Vorwurf  ge- 
macht werden.  Die  ersteren  machten  durch  ihre  Uneinigkeit  und 
Grosssprecherei  den  gänzlichen  Mangel  an  Eriegsverständniss  und 
Belagerungskunst,  den  die  Veranstaltungen  verkünden,  noch  un- 
erträglicher. Die  letzteren  erwiesen  sich  "als  träge  und  lässig,  als 
feig  und  untreu').  Niemals  während  der  ganzen  Belagerung  hört 
man  von  einem  Entlaufen  deutscher  Soldaten.  Die  Italiener  dagegen 
entliefen  erst  einzeln,  dann  einmal  zu  zwanzig  und  dreissig.  Das 
gieng  so  weit,  dass  einige  Italiener  sich  bei  dem  in  Kanizsa  be- 
fehligenden Pascha  mit  dem  Erbieten  einstellten,  ihm  bei  800  ihrer 
Landaleute,  die  zu  ihm  überzugehen  geneigt  seien,  zuzuführen;  er 
möge  ihnen  eine  weisse  Fahne  zu  diesem  Zwecke  übergeben.  Nur 
das  Nein  des  Janitscharen-Agas  verhütete  das  schimpfliche  Schauspiel^). 


')  Rusworm  an  Matthias    bei  Frey,  Stieve  1.  c.  Nr.    127.        *)  Manhart  i 

fahrt  in  dem  bereits  S.  269  A.  4  citirten  Briefe  also  fort,  den  Inhalt  des  Pasquills  i 

anzugeben:  »Der  itaÜanischen  nation  wird  tu  gedacht,  wie  sie  das  werk  mit 
anbedacht  sowol  beschiessung  der  vestung  als  einer  zu  kurzen  bruggen  zum 
stürmen,  zagheit,  entlaufung  ires  volks  auch  mit  dem  abzug  und  verlust  geachatz, 
leut,  sylber  und  golt  hatten  angangen  und  ir  Dt  in  unwiderbringlichen  schaden 
gefürt,  land  und  leut  in  ge&hr  gesezt  und  den  Türken  ain  grosse^  herz  gemacht. 
Dabei  boyü  eingemischt  wirdet  wegen  der  Religion,  dads  sie  solchen  verlauf 
ainer  straf  gottes  zumessen,  als  wenn  ir  Dt  unrecht  betten,  indeme  sie  die 
ketzerischen  leut  verfolgt.  Solche  unverschempte  reden  seind  bei  yilen  neidischen 
leuten,  welche  fClmemblich  der  erwirdigen  sodetet  Jesu  schimpflich  gedenken, 
vast  gemain;  Gott  verzeih  inen*.  Ausserdem  verweise  ich  auf  Casal  und  Rus- 
wormB  Brief  an  Matthias.  ')  Zu  Aussgang  dess  Monats  Decembris  (1601) 
haben  die  Türken  über  200  Wägen  mit  Proviant  mit  600  Türken  begleitet  nach 
Kanizsa  geführt,  welche  aber  von  den  üussam  bekommen,  der  Türken  viel 
niedergehawen,  bej  denselben  eine  gute  Beuth  gefunden  und  unter  andern  ge- 
fangnen ein  Spachi  eingebracht  worden,  welcher  auf  beschehen  examinieren  aus- 


270  Stauffer. 

» 

Das  Unternehmen  war  zu  spät  begonnen  worden  <),  es  fehlte  bei 
demselben  jede  verständige  Leitung,  nirgends  war  ein  zielbewusstes 
Vorgehen  zu  spüren.  Der  Oberfeldherr  unfähig,  die  anderen  Führer 
uneinig,  untüchtig  und  lässig,  die  Truppen  zum  grossen  Theile  ohne 
Eifer  und  Treue.  Nirgends  Erafb,  Hingebung  und  Begeisterung. 
Dazu  ein  Herbst,  der  schon  früh  Regen  und  Frost  bi*achte,  endlich 
zeitweise  Mangel  an  Proviant.  Wie  hätte  das  Unternehmen  da  einen 
glücklichen  Erfolg  haben  können.  Wenige  Tage  nach  dem  Beginne 
der  Belagerung,  am  15.  September,  konnte  ein  nüchterner  und  scharfer 
Beobachter  der  Verhältnisse  bereits  den  üblen  A.usgang  voraussagen'). 

Die  Betrachtung  dieser  Umstände  erst  macht  es  begreiflich, 
warum  die  kleine  Besatzung  in  Kanizsa  so  lange  den  bedeutenden 
Streitkräften  der  Christen  widerstehen  konnte.  Wäre  man  nur  einiger- 
massen  thatkräfüg  und  einheitUch  vorgegangen,  so  hätte  der  Erfolg 
für  die  Christen  wahrlich  nicht  ausbleiben  können.  Denn  die  Lage 
der  Belagerten  war  bei  aller  Trefflichkeit  des  türkischen  Befehlshaber« 
keineswegs  sehr  ermuthigend,  Ihre, Hoffnung  auf  Entsatz  wurde  von 
Woche  zu  Woche  getäuscht  und  je  länger  je  mehr  machte  sich  ein 
drückender  Mangel  an  Lebensmitteln  geltend.  Auch  hatte  die  Festung 
unter  den  Schüssen  der  Belagernden  doch  nicht  unerheblich  gelitten'). 
Schon  Ende  October  verlangte  man  darum  dringend  nach  Entsatz 
truppen  und  man  schrieb  an  den  Vezier,  dass  man  die  Festung  über 

gesagt^  dass  der  unsem  Stücken,  als  sie  Kanizsa  beschossen,  durch  und  durch 
die  Vestung  gangen  seyen,  und  grossen  scbadeu  haben,  sejen  auch  der  Türken 
darinnen  in  allen  400  todt  geblieben  mit  weiterm  vermeldeiif  dass  sie  allbereit 
an  Proviand  solchen  grossen  Mangel  gehabt,  duss  sie  Rossfleisch  essen  müssen, 
an.  Pulver  haber  (!)  sie  wol  noch  was  im  7orrath  gehabt,  welches  sie  aber  aoff 
einen  Sturm  gespart.  Zeigte  auch  an,  dass  erbtlich  zween  Welsche,  zum  ander 
mahl  4  und  zum  dritten  mahl  20  Soldaten  in  die  Vestung  kommen  (vgl.  darüber 
auch  Casal)  und  also  alles,  was  in  unserm  Läger  förgangen,  dem  Bassa  an- 
gezeiget;  der  meiste  Theil  seyen  von  unserm  Läger,  da  ihre  f.  Dt  losirt  gewesen 
und  die  andern  auf  der  einen  seiten  hinein  kommen,  welches  den  Türken 
darinnen  jederzeit  ein  gutes  hertz  gemacht.  Dessgleichen  weren  etliche  Welschen 
hineinkommen,  welche  von  dem  Bassa  ein  weissen  Fahnen  begert,  mit  dem  Er- 
bieten, dass  ihrer  in  800,  die  alle  mit  einander  hienein  und  ihnen  zuiaUen 
wolten.  Darein  aber  der  Janitschar  Aga  nicht  bewilligen  noch  ihnen  getrawen 
wollen.«  J.  ihcej  1602,  1,  Stieve  L  c.  Nr.  127  und  bei  Ürtelius  p.  681  L  c,  der 
Frey  für  1601  als  Quelle  benutzt.  YgL  in  meiner  Abhandlung  über  Buswona^ 
Anhang:  Zur  Kritik  der  Quellen  II:  Die  halbjährigen  und  Einzelzeitungen  sIb 
Quelle  zeitgenössischer  Chronisten  (p.  211  f.). 

*)  Vgl.  Oaaal  und  Rudolphi  Boterei  in  magno  Franciae  ooncilio  advocati: 
CJomentariorum  de  rebus  toto  pene  orbe  gestis  1610  üb.  VIEL  p.  299  »serioa 
quam  par  est  »Canisa  cingitor«  etc.  *)  Es  ist  Hans  Ambros  TOn  Thura,  dessen 
merkwürdiges  Schreiben  wir  unten  geben.        ')  Vgl.  Anm.  8  S.  34>9. 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      271 

neun  Tage  nicht  mehr  werde  halten  können  i).  Daaa  es  nun  aber  trotzdem 
nicht  zur  üebergabe  kam,  lag  einestheils  an  den  geschilderten  Miss* 
siSnden  im  christlichen  Lager,  zumal  an  der  Haltung  der  Italiener; 
andemtheils   aber   Terhinderte   die    Anwesenheit   einer    verzweifelten 
Schaar   Ton   christlichen   Renegaten   in   Eanizsa   die   Üebergabe   der 
Festung  und  machte  den  Türken  jedesmal  von  neuem  ^  einen  freudigen 
Math  und  Herz.*     Es  waren  das  jene  meineidigen  Wallonen,  welche 
bei  dem  entsetzlichen  Kampfe  vor  Papa  im  vergangenen  Jahre  durch- 
gebrochen und  also  dem  grauenvollen  Schicksale  ihrer  gefangenen  Ge- 
nossen entronnen  waren.     Jetzt  vergass  der  Sultan  nicht,   ihnen  die 
schimpfliche   Zähigkeit  und   Standhaftigkeit,    welche   sie   bei  der  Be- 
lagerung Kanizsas  bewiesen  hatten,  mit  klingender  Mfinze  zu  bezahlen  >). 
üeber  den  Verlauf  dieser  verhänguissvolleu   und  naoh  manchen 
Bichtungen  hin  bemerkeuswerthen  Belagerung,   welche  in  der  Kette 
der  Ereignisse  des  Türkenkrieges  auch  deshalb  ein   bedeutungdvollea 
Glied  bildet,  weil  durch  dieses  Unternehmen  der  Hass  zwischen  den 
Italienerh  und  Deutschen   im  Heere   und   am  Hofe  gesteigert  wurde^ 
waren  wir  bisher  durchaus  ungenügend  unterrichtet^).   Man  war  fsk»t 
ausschliesslich  auf  die  gedruckten  Nachrichten  angewiesen,  die  über- 
dies weder  von  Hurter  noch  auch  von  Hammer  und  Ilwof  vollständig 
au^ebeutet  wurden.     Die  nachfolgenden  Briefe  Peter  Casals,  des  Qe- 
heimschreibers  des  Erzherzogs,    werden  dagegen  in   Verbindung  mit 
dem  übrigen  archivalischen  und  gedruckt  vorliegenden  Stoffe,  der  hier 


>)  In  ei  Der  Zeitung  ans  Prag  vom  8.  November  1601  heisst  es :    Ein  Schreiben 

wurde  einem  ge&ngenen  Türken  «abgenommen,    darin   uegehrt   Kanizsa  Hilfe. 

Wenn  sie  in  9  Tagen  nicht  erfolgt,  wird  man  die  Belagerung  aufheben  müssen. 

Der  Teffterdar  hat  ein  ähnliches  Schreiben  bekommen  und  es  im  Lager  publiciit, 

aber  die  Soldaten  wollen  nichts  davon  wissen.    Türkische  Zeitungen :    k.  Ereis- 

arebiv  in  München.  ')  »Der  Baasa  sampt  seinen  Türken  hetten  zum  dritten 

mahl  die  Veetung  anffgeben  wollen,  welches  aber  die  Wallohnen  darinnen  jedt^r- 

zeit  verhindert  und  den  Türken  wieder  ein  Hertz  eingesprochen.  Derowegen  der 

Türkische  kayaer,   dem  ungefer   800  gewesen,   durch  den  Bassa  daselbst  jedem 

100  Soldanimi  verehren  lassen,  auch  ihrem  Obersten  versprochen,  ihne  zu  einem 

Bassa  zu  machen*.  Fortsetzung  der  Anm.  S  S.  269  citirten  Stelle  aus  Frey.  —  Ueber 

die  meineidigen  Franzosen  und  Wallonen,  die  durch  ihr  Beispiel  so  verderblich 

wirkten,   vgl.   Barthold,    Hermann   Christopher  von   Rosswurm,   (Räumers  bist. 

Taschenbuch  9.  Jahrg.  1888)  76  f);   femer  Fessler-Klein  4,  46  f ;  Beispiele  der 

furchtbaren  Martern,  welche  die  gefangenen  Empörer  zu  erdulden  hatten,  bei 

Orteliufl   1.    c.    476   fiF.        ■)   Vgl.  Anm.   2   S.   269.    Weitere  Belege  in  meiner 

Abhandlung  Über  Rusworm   (88  f.).      Vgl.   auch  Botereus  1.  c.  800:   »Germani 

rem   infectam.  Italia  tribuunt,  illi  ad  Germanos  regerunt.    Galli  tarn  immunes 

sunt  ab  iUo  probro  Canisae   obsidionis   derelictae  quam  Albae  regalis  gloriosa 

recnpeiatione  decorantur.* 


272  Stauffer. 

gesammelt  und  gewürdigt  wurde,   ein  hinreichend   deutliches  Bild  zu 
geben  im  Stande  sein. 

Die  Schreiben  Peter  Casals  sind  an  den  Grazer  Hof  und  zwar 
entweder  an  die  Gemahlin  oder  Mutter  Ferdinands  gerichtet;  an  welche 
von  beiden  lässt  sich  nicht  entscheiden,  da  immer  nur  im  Allgemeinen 
9 Erzherzogin''  als  Anrede  gewählt  ist^).  Diese  Briefe  nun  wurden 
dem  Herzog  von  Baiern  in  Abschriften  mitgetheilt,  die  gegenwärtig 
das  münchener  Staatsarchiv  bewahrt  und  welche  die  Vorlage  dieser 
Veröffentlichung  bilden  *).  Leider  ist  aber  in  dieser  Vorlage  eine 
bedeutende  Lücke  vorhanden,  da  nämlich  fiir  den  Monat  October  nur 
ein  einziger  Brief  mehr  erhalten  ist  Um  jedoch  dadurch  den  Zusammen- 
hang nicht  zu  empfindlich  zu  stören,  wurde  ein  bisher  unbenutzter 
Bericht  über  das  Hauptereigniss  des  Monats  aus  einer  der  halbjährigen 
Zeitungen  an  der  betreffenden  Stelle  eingeschoben. 

Hier  möge  noch  gestattet  sein,  mit  einigen  Worten  auf  die  Art 
und  Weise  der  Briefe  Casals  hinzuweisen.   Die  von  Tag  zu  Tag  fort- 
schreitenden Berichte  zeigen  uns  einen  Beobachter,  der   zwar  gewiss 
keinen  militärischen  Blick  besass,   aber  die  Ereignisse  meist  einfach 
und  wahrheitsgetreu  berichtete.     Sie  geben  ziemlich  genau   den  Ge- 
sichtskreis  wieder,   den   sein  Herr   umfasste.      Von   dem    Stand   der 
Belagerung  und  den  Aussichten  derselben  hatte  er  so  wenig  wie  jener 
eine  klare  Vorstellung  und  die  Grundfehler  der  Veranstaltung  blieben 
ihm  ebenfalls  verborgen.     Ebenso  wie  sein  Herr  zeigt  er  sich  ziem- 
lich   abhängig    von    der    eitlen    Prahlerei   und    Grosssprecherei   der 
italienischen  Führer.     Dies  schliesst  nun  freilich  nicht  aus,   dass  bei 
ihm  zuweilen   ein  Gefühl   von   der  Be4enklichkeit   der   Lage   durch- 
bricht; ja  manchmal  kann  man  sich  des  Gedankens   nicht  erwehren, 
als  schreibe  er  nur  so  fröhliche  Zeitung,   weil  sein  Herr  es  wünscht 
lieber  die  Langsamkeit  der  Belagerung,  über  die  Lässigkeit  des  christ- 
lichen  Heeres   gegenüber   der   Besatzung   der  Festung,  entschlüpfen 
ihm  Klagen.     Und   wenn   er   es  auch  nicht  wagt,    die  italienischen 
Heerführer  direct  zu  tadeln,  so  beklagt  er  doch  die  Trägheit,  Lässig- 
keit und  Untreue  der  italienischen  Söldner.    Aber  bei  alledem  ist  er 
doch  so  befemgen,   dsss  er  noch  bis  zuletzt,  trotz  aller  ungünstigen 
Verhältnisse  an  der  Hoffiiung  durchaus  festhält,   man  werde  Kanizsa 
noch  erobern. 

Je  weniger  aber  Casal  ein  scharfer  Beobachter  im  militärischen 
Sinne  ist,-  desto  mehr  ist  er  ein  sachgemässer  Berichterstatter  der 
äusseren   Vorgänge   im   christlichen   Heerlager.    Das   Aussenbild  der 

*)  Danach  ist  Stieve:  Briefe  und  Acten  5,  567*  zu  berichtigen.     *)  Ma  AOZfl» 


Die  Belagerung  von  Kanizsä  dur6h  die  chrisü.  Truppen  i.  J.  1601.     273 

Vorgänge  zeiclmet  er  zudem  nidit  selten  ganz  anschaulich  und  manchen 
seiner  Schilderungen  wird  man  ein  culturgeschichÜiches  Interesse  nicht 
absprechen  können.  Angenehm  berührt  zugleich  die  warme,  mensch- 
liche Empfindung,  die  er  öfters  bekundet;  so,  wenn  er  seinem  Be- 
dauern Ausdruck  verleiht,  dass  ein  so  grosser  Friedhof  vor  Eanizsa 
gemacht  werde  ^).  Man  f&hlt  das  Aufwallen  seines  Herzens,  wenn  er 
erzahlt,  dass  die  «Madruzzischen  Knechte*  so  gar  nichts  Ton  ihrer 
Besoldung  bekamen.  Wenn  dann  einmal  der  Jammer  der  armen 
Soldaten,  die  unter  Frost  und  Hunger  leiden,  gar  zu  gross  wird  und 
er  selbst  nicht  viel  zu  hoffen  wagt,  so  setzt  er  sein  ganzes  Vertrauen 
auf  Gott 

So  fähren  uns  seine  Berichte  als  treue  und  ansprechende  Be-> 
gleiter  bis  zn  den  letzten  Tagen  der  Belagerung,  zum  9.  November. 
Hier  verlassen  sie  uns.  Sie  über  dieses  Datum  hinaus  zu  ergänzen, 
unterlasse  ich  hier,  da  ich  den  vorhandenen  Stoff  bereits  an  anderer 
Stelle  verarbeitet  habe*). 


Durchleichtigste  Erzherzog^,  Oenedigste  Fraw !  Dise  nacht  haben 
wfir  schon  was  krumpes  und  einen  plündten  lärmen  gehabt,  welicher 
dan  daher  ervolgt:  nachdem  der  Orpheo^)  mit  dem  geschüz  nach  dem 
Wasser  herabgefahren  und  gleich  gegen  Neuhof^)  über,  ain  viertl  meil 
wegs  darvon  gelegen  zugelendet  (darum  wür  aber  nichts  gewust)  hat 
sich  zuegetragen,  das  die  seinigen  was  wenigs  die  trumel  gerühret 
und  etliche  schuz  gethon;  da  vermeinten  nun  die  unserigen  in  dessen 
anherung,  es  wehre  dess  feindts  uberfallung;  ir  viel  machten  sich  auf 
und  indem  man  lärmen  geblassen,  rüstet  sich  vast  ein  yeder  in 
unserm  leger  und  die  hoffannen  war  in  der  Ordnung  und  weliches 
noch  erger  gewest,  hetten  die  fuerleith  vasst  allenthalben  eingespant 
und  renneten  mit  den  hoerwägen  an  underschiedliche  orth  auss,  wie 
dan  etliche  in  ainer  lacken  vil  stundt  der  nacht   steckend   verbliben 


')  Hurter  4,  878  will  der  Angabe  Kheyenhüllers,  dass  schon  gegren  Ende 
September  gegen  500  Mann  durch  Frost  und  Hunger  umgekommen,  nicht  trauen» 
Der  Bericht  CasalB  yom  28.  September  wird  hinreichender  Beweis  sein,  dass 
Kheyenhüllers  Gewährsmann  das  Elend  nicht  im  mindesten  übertrieben  hat. 
Wenn  in  dem  Madruzzi'schen  Regiment,  das  an&ngs  sicher  Über  5000  Mann 
zählte,  nur  mehr  gegen  8000  gesunde  Soldaten  waren,  so  eröj&iet  das  einen  er- 
schreckenden Einblick  in  die  jammervolle  Lage  der  Mannschaften  nach  Ausbruch 
der  nassen  und   kalten  Jahreszeit.  ')  Vgl.  meine  Abhandlung   Über  Bus- 

worm  88  f. 

*)  »Orpheus  Gallion,  oberster  Zengwarth*,  wie  die  üeeresüste  Ortelius 
L  c.  p.  516  angibt.  ^)  Jenseits  der  Mur  Tumiche  gegenüber,  das  damals  auf 
der  Murinsel  lag. 

Mitttieaniifeii  VIL  Ib 


274  Stauffer. 

sein  sollen;  und  dessen  war  die  ursach,  das  man  innen  fuehrleithen 
den  abent  zuvor  bevolchen  bette,  in  sobcber  beraitscbaft  zu  sein, 
damit  sy  zum  ersten  trometenzaicben  yortzieben  mögen;  und  weil 
man  nun  lärmen  geplasen,  dess  sy  aber  zum  tbail  nicbt  yerstanden, 
ist  dise  Unordnung  begangen  und  mein  g.^)  herr  unnotberweiss  sambt 
den  seinigen  aufgeweckt  und  in  den  barniscb  gejagt  worden  und  ist 
nocb  das  beste,  das  es  obne  scbad^i  abgangen. 

Frue  sein  wür  im  regen  aufgewest  und  in  schönen  wetter  hier- 
ber  ankommen. 

ünderwegs  kbam  meinem  g.  berm  fein  ordenlicb  nacbeinander 
entgegen,  erstlicb  der  berr  obriste  von  Eerberstein,  nacbmals  der  berr 
Hans  Eridericb  von  Trautmanstorf  sambt  dem  personlicben  zuezug 
der  pferdt;  über  ein  kleines  erscbien.der  Carl  Formentin,  Yolgendts 
berr  Don  Giovanni  de  Medici  und  der  berzog  von  Mantua,  letztlicb 
der  graf  von  Serin  sambt  etlicb  wenig  zu  ross,  die  belaiteten  meinen 
g.  berm  biss  zu  dem  flecken;  wür  sassen  aber  nicbt  ab,  sondern 
weil  der  oberste  von  Herberstein  sein  untergebne  reitterey  der  acbt 
steyeriscben  fiEinnen  und  windiscben  busaren  aubb  seben  und  Ibr  D^ 
empfacben  lassen  wolte,  ritten  wir  aufs  feldt  weitter  binauss;  da 
erscbine  dise  reuterey  in  3  squadroni  abgetbailt  auss  ainem  wald 
berftlr  gar  lustig  und  rennete  ain  compagnia  nacb  der  andern  wol- 
geputzt  vor  Ibr  D^,  welicbes  dan  ein  wackere  sacb  zu  seben  gewest. 
Ain  knab,  so  im  besten  rennen  under  die  pferdt  kumben,  die  ine 
aucb  nidergerendt  und  gleicbsamb  über  inne  gefallen,  ist  auss  sondern 
glick  allerdings  ungescbediget  davon  komen.  Nacbmals  baben  sieh 
ermelte  pferdt  widerumb  in  die  Ordnung  geriebt  und  ordentlicb  nach- 
einander lossgeprennt:  also  das  Ibr  D^  gar  spatt  zum  essen  gangen 
und  solcbes  fruemal  baben  sy  im  scbloessl  albie  eingenomben,  darzue 
dan  mein  g.  berr  den  berzog  und  Don  Giovanni  geladen  und  nun- 
mebr  sein^  general  obriste  stell  eingenomben.  / 

Meines  g.  berrn  beatige  ankonflt  bat  albie  im  leger  menigUch 
verwundert  und  unglaublicb  fnrkomen  woellen,  dan  sy  vermainen 
Ibr  D^  sollen  vor  dess  ganzen  volcks  ankonfb  ins  veldt  nicbt  erscheinen; 
sy  haben  aber  ir  guette  begür  durch  disse  eyl  erzaigen  und  den  andern 
zur  befürderung  ein  guetes  exempel  geben  wellen.  Nacb  dem  fruemal 
und  etlichen  volbrachten  conversationen  sein  Ibr  D^  ins  leger  komben, 
nngeacht  die  zeit  nit  alle  aufgericht  waren,  darmit  dan  ain  grosse 
zeit  zuegebracbi  Mein  g.  berr  erzberzog  Max*)  bat  in  seinem  zeit 
am  hineinziehen  ain  wachtl  mit  den  bendten  gefangen  und  sich  darob 


')  Gnedigster.        »)  Maximilian  Ernst,  Bruder  dos  Ferdinand. 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Trappen  i.  J.  1601.       275 

hoch  er&eyet;  bin  guetter  hoffnung,  es  werde  ein  guets  glick  be- 
deutten. 

Zue  unserer  ankonft  hat  der  herr  graff  von  Serin  ^)  drei  gefangene 
Türken,  so  man  gar  neulich  bekommen  zum  examinieren  f&rstellen 
lassen,  die  sagen  yast  alles  dasjenige  auch  aus,  so  E.  f.  D^  ich  an- 
gestem  geschriben;  mein  g.  herr  will  E.  f.  D^  ire  aussagen  uber- 
schicken;  sonst  gefeit  Ihr  D^  das  yeldtleben  gar  woU  und  sagen,  es 
sey  undter  den  gezelten  lustiger  als  in  den  heusem,  solt  aber  ain 
guotter  Begen  komben,  wurden  wür  yilleicht  änderst  davon  halten. 
Datum  im  feldtleger  bey  Dornische,  den  29.  tag  augusti  A^.  1601  etc. 

30.  August.  ,Heut  frue  nach  der  Mess  ist  herr  Don  Giovanni 
zu  meinem  herm  komben  Ihrer  D^  bevelch  zu  erwarten  und  zu  ver- 
nemben.  Aber  ehe  man  Ir  D^  hinein  beleitet,  haben  sy  mit  mir 
allerlay  geredet  und  undter  anderm  gemeldet,  es  sei  troefiflich  guett 
gewesen,  das  unser  Steyrisch  yolck  in  das  feldlager  so  yasst  geeylet, 
danne  wanne  man  dise  ankonfft  nur  umb  3  oder  4  tage  yerlengert, 
betten  wür  die  yerwiestung  diser  firuchtbaren  inssl  und  darüber  einen 
mercklichen  schaden  zu  erwarten  gehabt;  seytemal  die  Tfirggen  in 
die  fünfzehen  hundert  zue  ross  und  500  zu  fuess  beysamben  gewest 
und  herenwerts  fallen  und  alles  yerhergen  woellen,  auf  yermerkung 
aber  unsers  volcks  haben  sy  sich  weitter  gar  nit  wagen  wellen. 

Meine  g.  herm  haben  abermallen  zum  heutigen  fruemal  den 
herzog  von  Mantua  und  Don  Oioyanni  zue  gast  gehabt.  Nachmittag 
seindt  sy  hinauss  geritten  und  gesehen,  wie  das  herm  Herberstein 
undergebene  fuessyolck  ankomben,  weliches  dann  gleichfiEdls  wie 
gestern  mit  sshöner  Ordnung  beschehen  und  wie  sie  nunmehr  ir 
quartier  neben  unserm,  leger  eingenomben,  also  würdet  auch  mein 
g.  herr  alle  nacht  durch  ain  sonderbares  fendl  knecht  yerwacht 

Mein  g.  herr  hat  etliche  zue  besichtigung  des  wegs  gehen  TTanizHa 
ausgeschicket,  damit  man  sehen  möge  wo  man  unser  pmggen  am 
besten  hinyber  schlagen  und  wie  das  geschuz  gelegensamb  eingebracht 
werden  koendte.  Dann  herr  Orpheo  noch  gestern  zu  unss  komen. 
Ich  bin  disen  abent  mit  dem  pater  Scherer')  hinauss  zue  der  schif- 
pruggen,  wo  das  Tyrolisch  oder  yilmehr  spaenisch  yolck  ligen  thut, 
geriten,  alda  haben  mier  schür  mehr  weiber  alss  maenner  gesehen  und 
gedoncket  mich  khain  so  aussbindiges  yolck  zu  sein,  wie  man  hievor 

<)  Ans  dem  bekannten  Geschlecht  der  Zriny;  sie  besassen  ak  Gapitfine  der 
Morinflel  eine  selbetfindige  militäriBche  Stellang.  Vgl.  Zwiedineck-Sfldenhoist, 
Ruprecht  von  Eggenberg.  XXVL  Heft  der  Mittheilungen  des  hisi  Vereines  für 
Steiermark  p.  105  A.  48.  ")  Der  bekannte  Jeauitenprediger  in  Wien.  Vgl. 
Stievc,  Briefe  und  Acten  Bd.  V.  5 80*. 

18- 


276  Stanffer. 

darvon  gesagt;  sy  betten  woU  heut  zu  unss  stossen  sollen,  aber  herr 
von  Madruzzi  ist  komen  und  etlicbe  ursacben  yermelt,  das  es  biiss 
auf  morgen  eingesteli  ' 

31.  August,  umb  10.  ubr  yormittag.  Aus  meinem  vorigen  Brief 
yemebmen  £.  D^  dass  nur  die  verspätete  Ankunft  des  fremden 
Kriegsyolks  den  Marscb  verzögert;  yor  Montag  werden  wir  nicht 
aufbrechen.  Nacbricbt  kam,  dass  Abdobrandini  übel  auf  ist  und  er 
morgen  deshalb  nur  sein  Volk  senden  wird. 

,Der  herr  Madruzzi  hat  vermeldet,  wie  die  vorgestrige  nacht,  da 
wür  unsern  unnottwendigeu  Urmen  gehabt,  bei  ihnen  im  leger  wol 
ain  rechter  gewest,  dann  ein  weissgeklaidter  Türk  zue  ross  bis  an 
die  wacht  komben  und  sy   auf  ine  geschossen,   darauf  er  entritten.' 

Yor  zwei  Stunden  ist  I.  D^  mit  den  vornehmsten  Herrn  zur 
Schiffbrücke  geritten,  um  das  spanische  Eriegsvolk  herüberziehen  zu 
sehen,  was  eben  jetzt  unter  Schiessen  vor  sich  geht  I.  D^  haben 
ihnen  gestern  zur  Labung  Brot  imd  Wein  zum  besten  gegeben. 

,In  meinem  gestrigen  schreiben  hab  ich  zu  melden  vergessen, 
das  herr  pater  Scherer,  alss  wür  anhaimbs  geritten,  von  einem  zu 
besuechung  aines  krancken  aufgehalten  und^  erbeten  worden  und  wie 
er  nun  volgundts  zween  langwürige  lütteraner  bekert  und  in  irer 
kranckheit  beicht  gehert    Gott  verleihe,  das  dises  oft  beschehe.* 

'  31.  August  «spatt*.  ,Der  fürzug  des  päpstlichen  volckes  hat  in 
die  vür  stundt  gewehret  und  jederzeit  irer  neun  sein  in  ainem  glidt 
gangen;  der  fendl  sein  wol  fünfzig,  aber  alle  mit  200  knecht  bei- 
weiten nit  ersezt,  wie  ihr  dan  wol  in  die  tausent  kranker  dahinden 
blieben  sein  sollen,  ausser  der  gestorbenen  und  entloffnen;  sonst  ist 
ihr  au&ug  und  geschaffenheit  zimblichermasen  zue  passirn  allain  das 
under  den  vier  thailen.wol  die  drei  jung  unpartete  leuth  sein." 

Die  Abgesandten  wegen  der  Auskundschafbung  des  Weges  nach 
Eanizsa  sind  mit  2  verschiedenen  Meinungen  wiedergekommen:  .dann 
etliche  wellen,  man  soll  die  prucken  zum  hiniberziehen  auf  ein  theil 
wegs  gegen  Eanizsa  schlagen,  die  andern  aber  woltens  des  bessern 
wegs  hflJber  nur  ein  halbe  meil  von  hinen  haben',  «also  schicken 
L  D^  morgen  in  aller  frue  zue  dem  ende  und  gar  E^anizsa  zu  berenen 
den  colonel  Orpheo,  den  obristen  von  Herberstein,  den  Oaeller^)  und 
andere,  die  werden  einen  zimblichen  umbschwaif  brauchen  und  dise 
besechung  mechte  unss  in  disem  leger  desto  lenger  aufhalten. 

Mit  dem  spaenischen  volck  mechte  es  noch  einmal  übel  g^en, 
bissher  haben  si  nur  ain  monatsoldt  empfangen  und  weil  si  in  grosser 


>)  Oberst  Gall. 


Die  Belagenmg  von  Kanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      277 

not  stecken  und  aller  zerlumpter  guete  thails  ankörnen,  schicket  der 
herr  von  Madruzzi  zwen  haubtleith  morgen  firue  nach  der  post  gehen 
Mailand  die  richtige  bezallung  embssig  zu  solicidiern. ' 

1.  September,  Feldlager  , Turnische*.  .  .  «Sovil  nun  die  üngem 
und  gehuldigte  pauern  anlangt,  dabey  ich  wol  auch  der  meinung,  sy 
sein  der  türkischen  nachtparschaft  wegen  sehr  verdaechtig  und  ist  ihnen 
nit  zum  besten  zue  thrauen ;  aber  weü  man  ihrer  bedarf  und  nicht  ent- 
rathen  kan,  muess  man  innen  guete  wort  geben,  sonst  erzaigen  sy 
sich  ob  unserer  ankonft  nit  so  freudenreich,  wie  sy  gegen  denen 
ihnen  sollen,  die  zue  errettung  ihres  yaterlandts  erscheinen. 

Wann  die  florentinischen*  komen  waiss  man  nit  gewiss,  aber  ich 
hoff,  sy  werden  über  4  tage  nit  aussbleiben;  sonst  schaeze  ich  unss 
aufs  wenigste  zwainzig  tausent  nunmehr  gewiss  im  veldt  und  unser 
leger  ist  wol  so  anssgepraitt,  dass  ainer  ein  starcke  meil  wegs  herumb 
zu  reitten  hette. 

Ainer  von  Spanien  so  mit  dem  madrutschischen  regiment  komben, 
hat  mier  disen  morgen  erzellet,  wie  der  Türk  auf  ihr  volk,  da  es 
noch  enthalb  des  wassers  dise  tage  gelegen,  laum  lassen,  und  ain 
anzal  Türken  zue  ross  hetten  von  ainer  hoech  zugesechen,  wie  es 
fein  in  der  Ordnung  f&rgezogen  und  nachdemselben  sy,  die  Türken, 
zugefahm  und  gegen  Semini  und  der  orthen  die  gehuldigten  paum 
sehr  übel  tractiert  und  sonderlichen  soll  der  richter  oder  suppan  zu 
-Semini  hergenomben  und  geviertelt  worden  sein;  welliches  darumben 
geschehen  sey,  das  sy,  die  gehuldigten,  den  Türken  nit  kundschafl 
geben,  das  sovil  Yolck  der  unserigen  ankomen  waere  und  hat  die 
entschuldigung,  das  sy  sich  der  infection  halber  Zeitungen  auf  Eanizsa 
zn  bringen  geftircht,  gar  nit  statt  gefunden. 

Gegen  den  abent  sein  die  windischen  hussaren  und  graenizer 
ankomben;  und  gleich  daraufhaben  meine  g.  herren  das  ganze  leger 
umbritten,  da  ist  es  ohn  ein  starckes  schuessen  nit  gangen;  ich  wolte 
das  sy  das  pulver  auf  den  feindt  spareten. 

Der  herzog  von  Mantua  hat  den  herrn  Aldobrandini  zue  Waras- 
din,  allda  er  ligen  thuet  durch  den  margrafen  von  Malaspina  be- 
saechen  lassen,  der  hat  unter  anderm  von  ime  sovil  im  verthrauen 
erfahren,  das  ime  L  paepstliche  Hit  geschriben  und  bevolchen  haben 
solle,  wofehr  er  spüre  das  die  canischerische  impresa  iren  glicklichen 
fortgang  nit  erraichen  wurde,  das  er  nit  weiter  fortziehe.  Im  anderm, 
das  angefangen  zu  practicieren,  damit  ime  ainer  Eanizsa  gegen  erlegung 
ainmal  hundert  tausent  taller  übergeben  wolte.  Wann  wür  unss  nun 
mit  dergleichen  bagatelle  aufhalten  lassen  und  Eanizsa  solicher  gestalt 


i 


278  stauffer. 

« 

za  erobern  vermainen  wellen,  werden  wür  die  zeit  bey  disem  schoenen 
Wetter  yerlyren  und  wenig  ehr  und  nuz  eriagen.' 

Die  Leute,  die  den  Weg  nach  Eanizsa  besichtigt,  kommen  zurück 
und  sagen,  der.  Weg  auf  diesem  Land  sei  sehr  b5s  und  man  werde 
auf  der  andern  Seite  reisen  müssen. 

4.  September,  .im  yeldleger  beiLetina.*  «Hiemit  will  ich  kürz- 
lich beschreiben,  wass  sich  mit  uns  am  gestrigen  tag  ungefaehr  zue- 
getragen  und  ist  wunderlich  genug  zugangen.  In  aller  frue  hat  das 
teutsche  fiiessYolck  den  aufbruch  Ton  Tomische  gemacht,  denen  die 
reütter,  Italianer  und  in  summa  das  ganze  leger  gevolgt;  anGängs 
betten  wür  durch  lautter  velder  einen  zimblichen  guetten  weg,  dessen 
gleichwol  die  armen  underthonen,  umb  das  wür  gar  oft  durch  iren 
schoenen  hiersch^)  und  haiden^  reitten  müessen,  ainen  schlechten 
nuz  gehabt;  yolundts  aber  betten  wür  einen  lauttem  waldt  biss  in 
diss  leger,  so  gar  an  dem  wasser  ligt;  und  schaidet  unss  nunmehr 
von  dess  feindts  landt  allain  die  Mur  und  in  zwaien  stundten  koendte 
ainer  gehen  Kanizsa  reutten.  Der  weg  ist  durch  den  wald  sehr  bess 
gewest,  darauss  dann  nachvolgunde  beschwerliche  inconyenienzen  ent- 
standen; die  knecht  haben  etlich  mal  durchs  wasser  und  tiefFe  sumpfige 
lacken  über  knie  waten  müessen.  üeberdiss  seindt  die  hoerwa^en 
o£Etermals  steckendt  bliben  und  haben  unss  reitende  in  den  engen 
paessen  merklich  yerhindert;  man  hat  zwar  für  die  munition  ainen 
andern  weeg  zurichten  lassen,  aber  die  hoerwaegen  betten  uns  nach- 
yolgen  sollen«  Bey  disem  leger  fanden  wür  auch  über  ain  tiefPen 
arm  dess  wassers  ain  sehr  bese  prucken,  die  war  nit  guet  dariber 
ohne  gefahr  zu  reutten,  geschweigendt  waegen  dariber  zu  bringen; 
dise  prucken  musste  man  etlich  mal  flicken,  dann  es  fielen  leith  and 
ross  doch  ohne  schaden  hinundter  und  diss  verursachte  auch  einen 
mercklichen  schaden  der  (!)  Verhinderung. 

Wür  emdchten  das  leger  gar  zeitlich,  ungeacht  wür  auch  dasselb 
i^b  ein  staroke  halbe  meil  weiter  richteten,  alss  vormals  beschlossen 
gewest,  dahero  dann  eben  die  maisten  Unordnungen  entstanden  und 
verhoffte  unserer  fuehren  ankonflt,  zumal  dess  herm  von  Herber- 
stein zuvorderist  aber  dess  herzog  von  Mantua  waegen,  so  mit 
stareken  eseln  und  rossen  angespannet,  beraiih  gekommen  waren; 
aber  es  wolte  halt  nichts  ankomben,  da  liehe  der .  obnste  seine 
zelte  her. 

Die  Madrutschischen  knecht  sein  fein  hurtig  ankomen  und  in 
solichem  iren  durohzug  hab  ich  woU  in  die  30  weiber  nur  mit  jung 


^)  Hine.       >)  Buchweizen. 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.     279 

gebomen  klainen  kindern,  die  sy  oberhalb  der  kraecbsen^)  tragen, 
gesellet,  wie  dann  am  negsten  %ine  auss  inen  gleich  danullen  alss 
mein  g.  herr  iren  ersten  durchzug.  bej  Tomische  über  die  prucken 
gesehen,  ordenlich  niderkommen ; .  es  tregt  maniche  soyü  plunder  und 
kiichelgeschür  auf  dem  puckl,  das  sy  ainem  zue  erbarmen  bewoegen. 
Aber  die  italianischen  knecht  sein  dahinden  und  an  dem  orth 
verbliben,  wo  sonst  das  leger  erstmals  destiniert  gewoesen.  Es  waere 
aber  ftbr  das  ganze  hoer  ungelegen  und  gar  eng  gewoesi  Gegen  den 
abent  haben  allberaith  ange&ngen,  die  pruckschiff  herabzukommen, 
damit  man  die  prucken  unyerzogenlich  zuristei^  kann.'        ^ 

5.  September,  Feldlager  bei  Letina.  «Erst  heutt  erfuhren  wür, 
dass  unsere  hoerwaegen  meistenthails  auf  Lutoerin  gefahren  und  über 
nacht  daselbst  yerbliben  und  obgleich  wol  soliches  orth  nur  ein  halbe 
meil  von  hinnen  ligen  thuet,  so  hat  man  doch  des  umbwegs  halber 
etliche  stuujdt  dar^n  zu  fahm. 

Underdess  kam  ein  khundschaffter,  welicher  erst  gestern  yon 
Eanizsa  weg  gangen,  der  sagte,  die  Türken  und  sonderlich  zue  ross 
weren  auss  Kanis^a  umb  profant  und  der  mangl  sey  so  gross,  das  er 
ain  ross  zue  der  menschenspeiss  hernemben  sehen;  aber  es  stehe 
gleich  daran,  das  man  inen  mit  profant  beyspringen  solle,  und  es 
sein  über  700  personen  der  zeit  darinnen  nicht  Yorhanden;  diss 
weren  wol  guete  Sachen,  wann  nur  der  halbe  thail  zu  glauben. 

Mit  machung  der  prucken  hat  man  nit  gefeurt,  inmassen  dan 
dieselbe  ungefaehr  umb  3  uhr  nachmittag  fertig  worden;  die  fürst- 
lichen personen  seindt  yolgundts  hinüber,  aufs  flOidere  landt  geritten 
und  haben  ain  wacht  und  yerhietung  yon  800  italienischen  knecht 
dahingesetzL  Wass  besser  gegenden  abent  ist  der  Eheglonitsch  (!) 
sambt  seinen  100  husaem  und  andern  500  teitschen  reuttem  hinüber 
und  biss  auf  Eanizsa  zu  straiffen  gezogen,  damit  würdet  die  be- 
legerong  algemach  angefangen  und  yon  dem  feindt  noch  gar  nichts 
widerwertigs  geheri* 

6.  September,  bei  Letina.  Heute  wird  das  meiste  Volk  über  die 
Brücke  ziehen  und  wir  folgen  morgen  nach. 

6.  September,  bei  Letina. .  „  Der  graf  yon  Serin  beklagt  sich  hoch, 
wie  in  und  die  seinigen  die  Wallonen  sehr  danneggiert  nnd  entblest, 
darumben  er  dann  so  starck  zu  unss  ins'  yeldt  nicht  werde  rucken 
mügen,  wie  er*  wol  wünschte,  sonst  will  er  unss  nachziehen,  wann 
wür  schon  über  die  prucken  sein  werden  und  soyil  ich  gespürt,  ist 
er  an  seinen  füssen  gar  pawfellig;  man  hat  ine  beschuldigen  wellen, 

^)  Tragkorb. 


280  Stauffer. 

er  bete  disen  besen  weg  hierherwerts  yerorsacht,  dann  er  eÜiche 
seiner  derfer  auf  der  andern  selten  verschonen  wellen.  Aber  thaet 
darüber  seine  starke  entscbültigong.  Der  Orpheo  mit  Don  Giovanni 
ist  zu  im  übers  wasser;  sie  sind  wieder,  da  und  finden  guten  weg 
hinzuziehen,  aber  sie  haben  nicht  weiter  wollen.'  .  .  . 

.Der  herr  Aldobrandini  will  sich  neben  veraenderung  dessluSts 
zu  dem  feldÜeger  nahnen  und  ebenyezo  haben  wür  den  herm  grafen 
von  Serin  geschriben,  er  welle  im  sein  guet  Goritschaen  auf  etliche 
tag  darleichen. 

Täglich  sollen  die  Erainer  und  die  zway  tausent  Florentiner 
kumben,  also  erwarten  wür  auch  die  benachparten  spanschaften  und 
dess  bans  von  Windischland ;  komben  nun  die  aintausent  Thumischen*) 
pferd  auch,  so  werden  wür  under  27,000  mann  zu  ross  und  fuess  nicht 
yil  sein,  wiewol  die  langsambe  procedierung  und  ungelegenhait  irer 
nit  wßnig  von  tag  zue  tag  hinweck  nemben  thuet  und  ich  trag  sorg 
wür  mochten  mit  diser  yerweillung  vill  guete  gelegenheit  verab- 
säumen.* 

7.  September.  .Im  feldleger  bey  und  gegen  Weytschae.*  Don 
Giovanni  und  Orpheo,  welche  die  Wege  ausgekundschaftet  haben, 
kommen  um  Frühmahls  Zeit  mit  der  Nachricht,  dass  gute  Wege  da 
seien. 

.Also  erraichten  auch  die  andern  vorher  abgefertigten  Eheglo- 
nitschen  und  andere  pferdt  umb  vesperzeit  unser  leger  am  zurück- 
ziehen; die  brachten  auch  khain  zungen,  ja  sy,  die  hussaem,  hoben 
gar  eine  gespraech  mit  denen  vor  der  vestung  gehalten  und  die  auf- 
gebung  begert.  Sy  bekamen  aber  zur  antwordt,  wür  sollen  nur 
komben,  sy  erwertten  unser  mit  friden  und  woellen  die  vestung  so 
geschwindt  nit  auf^ben,  alss  wie  die  Teitschen  gethan. 

ünder  den  hussaern  im  leger  hat  sich  ein  Uneinigkeit  erhoebt, 
die  so  weit  eingerissen,  das  einer  unredlich  nidergehauet  worden; 
dahero  nun  der  herr  obriste  von  Herberstein  den  thaetter  an  einem 
paumb  heut  frue  (mit  gnaedigster  erlaubniss  zu  schreiben)  aufhencken 
lassen.''  .  .  . 

.Sonst  sein  wür  mit  dem  ganzen  leger  aufbrochen  ausser  der 
knecht,  so  wür  zue  beschüzung  der  prucken  dahinden  gelassen;  wür 
sein  numehr  für  etliche  allerdings  zerstoerte  derfer  geritten  und  er* 


*)  Gemeint  ist  Heinrich  Mathias  von  Thum,  der  auch  am  16.  September 
(gemäss  dem  Schreiben  des  Hans  Ambros  von  Thunii  vgl.  unten)  noch  in  Knniw» 
erwartet  wurde,  aber  thaisächlich  später  auf  dem  Schauplatz  von  Stuhlweiflsen- 
burg  sich  heryorthut.  Als  Rusworm  der  Festung  Eanizsa  Entsatz  zuführte,  be- 
gleitete ihn  auch  Thurn  mit  seinen  Reitern.    Vgl.  unten  Casal  9.  November. 


Die  Belagerung  von  KanizBa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.     281 

zaiget  sich  gegen  Eanizsa  ain  sehr  lustige  landtschoft, '  wie  unss  dann 
die  Türken  auss  den  benachtporien  gebürgen  gar  wol  sehen  moegen 
und  gewiss  nit  imderlasaen  werden,  underschiedliche  zne  ross  und 
sonst  aoszoschicken  und  unsere  leger  zue  besichtigen ;  gott  verhQette, 
das  sy  nit  ehe  von  uns  alss  wür  von  inne  zungen  bekomben. 

Disen  abent  erwarten  wür  der  krainischen  pferdt  deren  vier 
hundert  sein,  darauf  ich  mich  alss  auf  yersuchte  gute  kriegsleith  nit 
wenig  freye. 

Die  Florentiner  künen  nunmehr  auch  nit  lang  mehr  aussbleiben. 

P.  S.  Wass  ich  mir  traumben  lassen,  das  ist  widerfahren,  dann 
alss  etliche  gefraessige  Soldaten  auss  dem  quartier  gangen  und 
Strespen^)  und  anders  ops  abbrechen  wellen,  haben  sich  etliche 
Türeken  zue  ross  stracks  sehen  lassen  und  solichen  zugerent,  aber 
sj  sein  inen  dennocht  im  entlauffen  zu  geschwindt  gewest,  wiewol 
etliche  sagen  woellen,  es  sey  so  gar  laehr  nit  abgangen;  jedoch  hat 
man  noch  kein  gewissheii  Es  ist  des  hinausslauffens  wegen  starcks 
verpott  geschehen,  wer  sich  nit  hütten  will  -^  sein  schadt  .  .  . 

Wür  haben  alhie  ein  sehr  feines  quartier  und  wol  accomodiert 
und  morgen  sollen  mir  vormittag  aufbrechen. '^ 

9.  September,  ,  bei  Weytschaewoer.  '^  .  Gestern  frue  sein  wür  zeit- 
lich auf;  aber  es  ist  ein  zimblich  starcke  tagndss  gewoest,  dann 
zuedem  wür  zwo  guete  meyl  wegs  yolbracht,  haben  wÜr  vast  auf 
halben  weeg  ain  tieffen  sumpfigen  pesen  pass  durch  die  schanzgraeber 
yerschüten  und  zurichten  lassen  muessen,  under  welichen  wür  unss 
dann  wol  in  die  drey  stundt  aufgehalten.*  Dort  liessen  sich  etwa 
20  Türken  sehen,  die  reissaus  nahmen,  als  sie  unsem  Vortrab  sahen. 
9  Wür  haben  ain  schoenes  sehr  lustiges  quartier  in  dieser  hoech, 
dami  unden  herumb  ligt  das  volck,  welches  dann  ein  feines  ansehen 
macht  und  ist  sich  nicht  wenig  zu  verwundern,  ungeacht  ringssweiss 
auf  etliche  meyl  wegs  die  prospectif  des  schoenen  frachtbaren  landts 
vorhanden,  das  doch  nur  lautere  verwiestung  und  kain  ainiges  hauss 
zu  sehen.* 

Etliche  unserer  Bittersleute  sind  •  bis  an  Kanizaa  gerannt  und 
haben  gefunden,  dass  es  wahr  sei,  wie  25  Wagen  Proviant  hinein- 
gebracht worden,  jede  Fuhr  von  4  Beitem  geleitet 

Zwei  gefangene  Türken  werden  vom  Grafen  Serin  gesandt,  der  eine, 
ein  Späher,  wird  eines  . pissigen  Todes*  sterben  müssen. 

Viele  der  unserigen  sind  heute  auf  Streifen  gegen  Kanizsa  aus. 


')  Zwetschen. 


282  Stauffer. 

«Die  naelmere  prucken  igt  auch  fertig  und  die  schanz  darbey 
BoU  heut  auch  Tolbracht  und  von  dannenhero  das  geschüz  hierher 
gef&rt  werden  und. eben  dasselbe  sambt  dem  profant  yerursachen  unss 
den  Verzug,  dann  mit  dergleichen  sachen  in  ainer  grossen  menig 
nicht  kan  geeylet  werden;  wie  aber  dem  allem  [ist  guette  hoffiiuog 
Eanizsa  werde  in  wenig  tagen  voellig  belegert  werden.* 

Die  krainerischen  Beiter  sind  gestern  abends  spät  angekommen; 
die  Florentiner  werden  wol  übermorgen  kommen. 

10.  September,  «Weytscha  in  eyL'  Oestem  Nachmittag  ist  der 
Orfei  mit  dem  Geschütz  angekommen;  Abends  ist  er  mit  dem  Herzog 
von  Mantua  und  Johann  von  Medici  zur  Becognoscirung  nach  Kanizsa. 
,ünd  weü  nunmehr  (gott  lob)  khain  sondere  Verhinderung  im  weg 
ligen  thuet  und  das  ander  geschuz  auch  hernach  kumbt,  inihassen 
dann  auch  der  weeg  auf  Kanizsa  nicht  so  bess  verbanden,  brechen 
wür  gleich  alle  anyezt  in  des  allmechtigen  namen  auf  und  belegem 
noch  heut  die  festung,  darzu  der  allmechtig  sein  gnad  verleihe  und 
unser  leger  soll  an  einem  lustigen  orth  ainer  anhoeh  sein. ' 

10.  September,  «geben  im  feldleger  vor  Eanizsa.*  «üngefaehr 
umb  mittags  zeit  sein  wür  heut  alhero  gelangt,  dann  der  weg  ist 
guet  und  kurz  gewoest;  der  allmechtig  woell  unss  nur  guet  wetter 
bescheren.  Alss  wür  die  vestung  Eanizsa  von  weitten  recht  ins  ge- 
siebt bekomben,  hat  sich  befunden,  das  der  feindt  hievom  eben  an 
dem  goestiigen  orth,  da  der  herzog  von  Hantua  fraydt^  recog^osdert 
und  der  Don  Giovanni  zugleich  vermaint  haben,  daselbst  ain  guetes 
ort  zuer  beschüssung  zu  erwoellen,  ain  schanz  nicht  ohne  Verwunderung 
dise  nacht  au£^eworffen,  dann  er  unser  vorhaben  gemercki  Wie  nun 
300  Italiener  noch  vor  unser  nicht  weith  darvon  zue  einnembung 
einer  stoell  zur  schanzung  gelegt  worden,  hat  es  zwischen  inen  und 
den  verschanzten  Türken  vil  kuglwechseln  auss  mossgethen  ynd 
andern  roehren  geben,  darunder  dann  nur  30  oder  40  knecht  blieben^ 
aber  der  Türken  würdet  man  gewiss  auch  nit  gefeit  haben;  sonst 
tragen  sy  die  knecht  ditsfals  ain  zimblichs  lob;  ain  hauptman  ist 
durch  die  handt  und  ain  anderer  ohne  gefahr  geschedigt  worden. 
Wür  kamen  noch  zue  soUchem  schormizl  und  hilten  dannoch  so  weith 
nicht  von  der  vestung,  das  unss  nicht  etliche  grosse  kugeln  oben 
uberpfeiffen  und  nicht  weit  von  uns  füllen  und  auss  grossen  stucken 
hat  der  feindt  ung^efaehr  40  schüss  gethon,  aber  man  waiss  (gott  lob) 
von  kainem  schaden;  allain  ist  einem  ross  ain  {iiess  abgeschossen 
worden. 

Jetzt  würfft  man  die  schanz,  wo  ermelte  knecht  ligen  tapfer  auf^ 
damit  das  geschüz  hineingericht  werden  moege.* 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.     283 

Abends  werden  2  Jungen  vor  die  F.  D^  gebracht;  keiner  der- 
selben über  16  Jahre  alt;  am  Samstag  sind  sie  aus  Eanizsa  entlaufen; 
sie  wollen  ihren  christlichen  Eltern  zurückgegeben  werden. 

«Sie  sagen  auss^  es  sey  eben  am  gemelten  sambsti^  das  profant 
hineingebracht  worden;  etliche  sagen  von  300,  aber  die  maisten  nur 
von  60  waegen  und  alle  diejenigen,  so  es  hineingefÜrt,  haben  sy 
sambt  dem  vich  darin  behalten,  üeber  2000  personen  in  allem  sein 
darinnen  nicht  vorhandten;  es  sterben  von  der  bessen  krankheit  nicht 
mehr;  alle  hoch  und  niedere  personen  muessen  tapfer  arbeiten  und 
sy  befestigen  sich  nur  hierherwerts,  wo  yesst  unser  leger  geschissen 
und  auf  der  andern  seyten  gar  nichts,  dann  sy  vermainen  vüleicht 
nit,  das  wür  Eanizsa  auf  beeden  seyten  belegern  wellen.  In  diser 
gegent,  wo  wür  ligen,  spürt  man  gar  fein  das  fertige^)  türkische 
leger  gar  weitschichtig  und  man  findet  ein  grosse  anzall  irer  groeber, 
auch  ihres  umgefallenen  yiechs  als  rose,  camein.  Item  wunder  vill 
grüben,  die  im  reitten  gefarlich,  die  sy  zue  prunnen  und  sonst  ge- 
braucht und  soliche  komben  nun  unserm  Yolck  auch  zu  guete. 

Es  steht  noch  im  zweifei,  ob  wür  morgen  stracks  unser  leger 
hinyber  schlagen  und  veraendem  werden.  Woellen  wür  unser  leger 
auch  hinyber  schlagen,  so  müssen  wür  bei  ainem  pessen  pass  ain 
prucken  nicht  allain  schlagen  sonder  auch  yerschanzen,  damit  unss 
der  feindt  des  profandts  wegen  nicht  ainen  possen  rieisse  imd  also 
ain  leger  dem  anderen  beyspringen  mige. 

Gleich,  wie  ich  disen  priefiP  schreibe,  here  ich  auss  unser  stucken 
zum  allersten  moU  mit  grossen  freyden  in  die  vestung  Schüssen,  wie 
dann  diss  eben  das  erst  Ave  Maria  ist,  so  man  solicher  gestalt  mit 
den  stucken  zum  zaichen  geben.  Sonst  hat  man  bissher  nur  mit  den 
trometten  und  hoerpauggen  frue  und  spatt  ehrmohnet 

Der  guettige  gott  verleihe  vaetterlich,  das  der  an&ng  guet  und 
das  endte  noch  bpesser  sey.* 

12.  September,  im  Lager  bei  Eanizsa. 

vin  der  nacht  hat  ein  kugl  auss  einem  grossen  stuck  aus  der 
▼estung  ainem  hauptman  dess  aldobrandinischen  volcks  den  ainen 
faess  hinweck  genomben  und  derjenige  franzoss  im  rotten  mantl,  der 
E.  D^  Yon  der  herzogin  von  Mantua  ainen  prief  gebracht  und  den 
arm  damalss  in  der  schlingen  gewest,  der  hat  under  tags  in  einem 
scliannizl  ain  mossketenkugl  in  fuess  bekomben,  darbei  aber  ain 
grosses  glick  gewest,  das  das  gebain  gar  nit  yerlezt  worden  und 
wann  er  nur  über  sechs  tag  auss  wirdet,  will  er  wider  wagen,  dann 


')  Torig^ährige. 


284  Stauffer. 

s 

* 

er  und  etliche  andere  franzosen  wolten  gern  den  von  ihren  landts- 
leithen  fertiges  jars  zue  Papa  empfangnen  spott  und  schandtfloecken 
wider  abloeschen.  Nachmittag  sein  die  florentinischen  knecht  ainist 
ankomben,  sy  sein  nicht  allain  in  klaidung  stattlich,  sondern  aach 
mit  guetter  gesundthait  aufgezogen,  wi  dan  ir  yil  bezeugen  miessen^ 
sy  betten  nit  so  baldt  ain  schoeners  aussklaubters  volcks  gesehei; 
aber  die  anzal  ist  in  disem  regiment  eben  so  wenig  alss  in  den 
andern  voellig.* 

Bei  Tag  ist  der  Feind  sehr  still  gewesen,  nachts  aber  hat  ei 
yiel  geschossen,  vielleicht  weil  er  sich  rächen  wollte,  dass  von  den 
Aye  Maria  Schüssen  ein  paar  getroffen  wurden. 

.Sonst  befinden  sich  noch  finf  geschaedigte  Italiener,  die  nit  alle 
aufkomben,  hergegen  sein  der  Türken  auch  etliche  wissentlich  bliben; 
den  ganzen  tag  lassen  sich  die  bestien  hervom  auss  der  yestongniit 
zechen  und  mehr  fendl  ersechen,  wann  aber  die  nacht  herzue  streichet, 
verkriechen  sy  sich  alle  widerümb  in  die  vestung,  man  heret  sy  auch 
nit  allein  munder  schreyen,  sonder  auch  tapfer  arbaithen.* 

Strassoldo  war  krank,  jetzt  geht  es  besser. 

«Heut  vormittag  sein  die  fümembsten  heupter  alss  Mantaa, 
Medid,  Orpheo  und  der  obriste  von  Herberstein  abermal  hinauss- 
geritten,  die  paess  aufs  fleissigst  zu  erkundigen,  welichen  w^  war 
noch  entlich  hin  Aber  haben  werden;  die  pringen  antwort,  man  miesse 
den  weg  auf  der  linken  handt,  der  zwar  der  weiteste  ist,  for  die 
handt  nemben;  dann  zudem  sich  der  feindt  desselben  ferten  auch 
gebraucht,  ist  der  ander  dess  pesen  pass  halben  also  geschaffen,  das 
man  in  zwelf  tagen  die  darzuegeherige  prucken  hart  aufschlagen 
mochte  und  eben  diss  wirdet  (meines  vermainens)  die  hauptorsach 
sein,  das  man  den  feindt  die  pro&nt  nit  abiegen  moegen,  sonder  nur 
von  weitten  zusehen  miessen.*  .  .  . 

14.  September.  «Disse  nacht  haben  die  un^serigen  ir  schanz 
zum  geschüz  gemacht  und  auffgeworffen.  Das  Ave'  Maria  ist  mit 
denen  darein  gelegten  vür  stucken  gehert  worden,  weil  aber  diser 
morgen  einen  ducken  nebel  mit  sich  gebracht,  hat  es  noch  verrer 
gar  wenig  schüssens  abgeben,  sonst  sein  auss  kleinen  stickleia  vaat 
die  ganze  nacht  vill  schuss  gehert  worden,  dann  sy  die  aufwerfixng 
der  schanz  ohn  zweifei  wol  gemerkt,  aber  es  kan  kein  grosser  schaden 
geschehen  sein,  weil  es  in  der  nacht  stark  geregnet  und  zimblich 
finster  gewest  Vorher  hat  man  des  herm  von  Madruzzi  regiment 
zu  verhiettung  dess  pass  wo  die  prucken  und  weg  gemacht  wirdt^ 
hinüber  geschickt,  darunder  mir  diss  übel  gefallen,  dass  sy  in  irem 
quartier  in  aufpruch  etliche  knecht  unbegraben  uud  in  zügenligendt 


Die  Belagerung  yon  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      285 

dahinden  gelassen,  darauf  nun  der  pater  Scherer,  ain  Gappuzziner  und 
andere  frombe  Christen  zu  dem  zusprechen  und  begraben  zue  inen 
komben  .  .  .' 

9  Die  Italianer  haben  ir  leger  zimblichennassen  verschanzt  und 
wie  man  auf  diser  selten  mit  dem  geschüz  je  lenger  je  mehr  rucken 
wirdet,  also  werden  auch  sy  algemach  fortrucken.  Gleich  yezo  wirdt 
am  besten  auss  unserer  schanz  geschossen  und  man  yermaint  dem 
feindt  sein  geschüz  von  den  woehren  zu  nemben.« 

14.  September.  .Der  herzog  von  Mantua  und  Don  Giovanni 
sein  nach  eimrenomben  fruemal  weit  hinauss  sambt  meinem  ff.  herm 
geritten,  wo  die  pruggen  und  der  pass  zue  unserm  hinüberzog  zu- 
gericht  würdet  und  eben  diss  ist  die  pruggen,  so  der  feindt  ferten 
gemacht,  die  gehet  über  das  gemoess  und  mechte  bey  tausent  schrütt 
lang  sein.  Er,  der  feindt,  hat  dieselbe  zwar  an  einem  orth  wol  ab- 
tragen, das  maiste  aber  ligen,  weliches  wür  nun  anjezo  widerumb 
zurichten  lassen  und  hoffen   innerhalb  zwen  tag  hinüber  zu  rucken. 

Underdess  haben  die  madrutschischen  knecht  ain  fürtrefiiche, 
guete  schanz  auf  derselben  gegend  und  zu  bewahrung  dess  pass  auf- 
geworfen. Ire  weiber  miessen  auch  tapfer  arbaithen,  damit  sein  sy 
sicher. 

Man  spüret,  das  unser  auss  den  grossen  stucken  abgehendte 
Bchu8s  nit  wenig  operiem,  dann  die  Türken  haben  das  dach  von 
irem  pulverturn  abgetragen  und  man  sichet  bissweilen  die  drimer 
über  sich  springen,  wie  dann  under  anderm  auch  die  grossen  stuck 
der  vestuHg  verlezt  worden.* 

Die  Ünsem  wagen  sich  ziemlich  hinaus,  dann  treffen  die  Türken 
zuweilen  einen  oder  den  andern. 

Eeglonitsch  derjenige,  der  anfangs  zunächst  an  die  Festung  ge- 
ritten, ist  stark  verletzt  worden.  Meinem  Herm  und  jedem  ist  das 
wegen  seiner  »redlichkeit*  sehr  leid. 

bEs  werden  nunmehr  gar  vill  waegen  brots,  wein,  kaess  und 
andere  victualien  ins  leger  gefÜrt  uud  wann  dasselb  nit  waere,  be- 
stündte  das  kriegsvolk  übel;  dan  der  profantnudster  die  zugesagte 
schuldige  fürsehung  nit  gethon,  sondern  verlasset  sich  auf  meinen 
g.  herm;  gibt  unss  vil  bemiehung. 

Sonst  bringt  man  ain  soliche  menig  zwespen  und  epfl  ins  veld, 
das  sich  zu  verwundem ;  allerlay  gesindl  gehet  auf  ein  halbe,  ganze 
und  piehr  meil  wegs  hinauss  mit  grossen  stecken  zue  den  opspaumen, 
wo  die  zerstörten  derffen  ligen,  procken  ab  und  lesen  gelt;  es  ist 
aber  nichte  desto  boesser,  dann  ir  vil  werden  krank  sonderlich  die 
hungerigen  und  so  kain  mass  im  naschen  haben.* 


i 


286  Stanffer. 

15.  September.  ,  Dise  nacht  haben  die  unserigen  an  ainer  naheten 
schanz  yleissig  gearbeitet  und  sein  eben  an  dess  feindts  fertige  komben, 
die  sy  boesser  zugericht  und  noch  die  proetter  gefunden.  Auss  der 
vestung  hat  man  vast  die  ganze  nacht,  aber  ohne  schaden  geschossen, 
dann  die  unserigen  disen  betrag  und  vortl  gebraucht,  das  man  an 
einem  orth  weit  von  den  arbeitenden  schanzgraebem  ain  feur  auf- 
gericht  und  bissweilen  mundter  darbei  geschriren  und  wiewol  der 
feindt  nit  änderst  vermaint,  an  demselben  orth  dess  feurs  werde  die 
schanz  aufgeworfen,  hat  er  nur  dorthin  seine  schuss  gericht.  Damit 
sein  die  rechten  arbeiter  unverlezt  daryon  komben  und  diese  letzte 
schanz  ist  umb  etliche  hundert  schriter  naeheter  bei  der  yestung  alss 
die  gestrige,  darmit  wirdet  der  Türck  algemach  eingespert  und  würdet 
heryom  nicht  mehr  also  brayiem;  wie  ich  dann  yememben  miessen, 
das  auss  unserm  heut  lossgeprenten  stücken  ain  türm  in  der  yestang 
durchsichtig  gemacht  worden.' 

16.  September,  ^.yormittag."  Graf  Serin  mit  seinen  Husani  ist 
angekommen,  das  Fussyolk  wird  folgen.  —  Falscher  Allarm  in  der 
Nacht. 

^Der  Carlo  Bossi  sein  rittmeister  ist  Warlich  ain  küner  tapferer 
held,  hat  sich  die  ganze  naht  nnd  ainen  gueten  thail  dises  tags  bey 
aufworfung  der  schanzen  finden  lassen.  Die  schanzen  aber  sein  zwifach 
und  also  nahet  zur  yestung  aufgeworfen  worden,  das  man  alles  hin- 
weck geraumbt  und  sich  kain  Türk  mehr  plicken  lassen  darf  und 
yon  einer  schanz  zur  andern  kan  man  durch  einen  aufgeworfenen 
laufgrabon  sicher  und  so  nachet  gehen,  das  man  diser  enden  die 
l^ürken  gar  mit  gemaine  spern  niderpürschen  kann,  überdiss  sein  auf 
der  andern  seithen  die  madrutzischen  knecht  so  weit  kumben,  das  sy 
die  yorstadt  oder  markte  erraicht  hetten ;  denselben  audi  leiehtlich 
erobern  und  behalten  migen. 

Disen  morgen  hat  man  starck  geschossen  und  die  Türken  ziemblich 
geaengst^ 

Wür  wünschen  nur  zu  wissen,  wie  es  inen  darin  gehet  und  was 
sy  inen  weiter  traumben  lassen. 

Zue  aines  kecken  gemüts  erzaigung  haben  sy  zwar  dass  schloss* 
thor  yor  diesen  wol  offen  gelassen,  aber  hergegen  die  prucken  am 
gemoess  zum  thail  abtragen. 

Unsere  leuth  machen  dennocht  yill  buschen,  damit  man  soUches 
gemoess  füllen  und  boesser  mit  aller  notturft  hinzueracken  kan. 

Der  aUmechtig  yerleih  weiter  seinen  goetÜichen  segen." 

16.  September,  »gegen  mittnacht*  ^ Nachmittag  hab  ich  (sambt 
dem  p.  Villenio   die  schanzen  besichtigt  und  befunden,  das  sy  nicht 


Bie  Belagerung  von  Kanizsa  darch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.     287 

so  nahet  bey  der  yestimg  sein,  wie  wür  verhoffi)  haben,  sondern  die 
naegste  mechte  dennocht  wol  bey  fünfhundert  clafter  weit  dorvon 
sein  und  ob  ja  wol  die  kugebi  leichtlichen  raichen  und  wass  richten 
(wie  dann  [durchloecherte  daecher  und  verlezte  gepew  zu  sehen)  so 
effectuiem  doch  die  schuss  nicht  also,  wie  es  die  notturft  erfordert, 
weliches  dann  das  entzwischen  ligende  gemoess  verursacht;  dann  an 
disen  orth  das  geschüz  nicht  weiter  yortgeschoben  werden  kann,  aber 
wass  boesser  hinundter,  hat  man  ein  andere  schanz  vil  naecheter, 
darron  oben  angemelt  worden,  aufgeworfen,  darein  erst  dise  nacht 
das  geschüz  gef&rt  und  zugericht  werden  solle.' 

Auch  sehen  wir,  dass  die  Türken  noch  zwei  Schanzen  vor  der 
Festung  haben  und  dieselbe  noch  mehr  bewehren,  „daher  nun  auf 
diser  seiten  mehr  arbeit  vorhandten,  alss  ir  etlich  yermaint  haben.' 

sDiss  aber  freyet  mich  nit  wenig,  alss  der  Orpheo  und  andere 
disen  abent  auf  die  andere  seiten  geritten  und  die  .vestung  boesser 
alss  zuTor  nye'  gar  auss  dem  ort  des  marckts  besichtiget,  das  er  sich 
hoch  er&eyet  und  zu  verstehen  geben,  die  impresa  sey  ine  bey  weiten 
nit  so  Bchwoer,  als  er  ime  vormals  imaginiert  hette  und  was  die  ge- 
legenheit  und  vortl  dess  gemoess  anbelangt,  stimmt  des  Orpheo 
mainung  allerdings  mit  dess  herrn  grafen  von  Serin  opinione  und 
bericht ;  von  dem  ort  wo  der  marckt  gelegen,  kann  durch  ain  schanz 
die  Testung  nach  allem  gefallen  bezwungen  werden. 

Zudem  hat  mier  der  Formentin  obrister  *  feldquartiermaister  an- 
gezaigt,  man  wüsste  im  gererach^)  ain  hussel')  und  verborgne  an-> 
hoech  an  zwayen  orten,  wo  das  geschüz  gar  nochent  zur  vestung 
kenne  accomodiert  werden  und  wann  der  Türk  dise  vortl  ferten  ge- 
wüsst,  hette  er  Kanizsa  (der  vermuettung  nach)  in  zehen  tagen  laicht- 
lich  einemben  moegen.'  i 

üben  boxe  ich,  dass  ein  getaufter  Türke,  der  bei  uns  im  Heere 
gewesen,  in  die  Festung  entlaufen  isi  Wir  haben  heute  schlecht 
Wetter.    Morgen  früh  werden  wir  auf  die  andere  Seite  rücken. 


Hier  wird  der  beste  Ort  sein,  den  Bericht  eines  Beobachters  der 
Yorgäxige  vor  Eanizsa  einzuschieben,  der  nicht  wie  Casal  von  den 
prahlerischen  Vorspiegelungen  eines  Orfei  und  Formentin  beeinflusst 
ist;  eines  Beobachters,  der  kühl  und  nüchtern  die  Aussichten  der 
Belagernden  und  Belagerten  prüft  _und  sich  nicht  durch  leere  HoflF- 
nongen  trösten  lässi 


«)  Stelle  mit  Schilfrohr.        »)  Wohl  gleich :  Hauschen. 


288  Stauffer. 

Das  Schreiben,  datirt  vom  15.  September,  lautet  wie  folgt: 

»G  .  .  .  Graf  von  Portia  etc.  lieber  herr  vettert).  Anjezo  aber 
schreib  ich  dem  Herrn  [yetter]  diss  wenig  nachfolgendes  ex  relatione 
meines  vertrautten  dieners  aines,  denne  ich  ins  leger  geschickt,  den 
augenschein  zu  nemen ;  der  allererst  heut  komben  ist,  mich  bericlitet, 
das  er  das  maist  mit  äugen  gesehen  und  das  übrige  von  ansehen- 
lichen und  mir  woly ertrauten  leithen  erfahren  und  sich  erkundigt/ 

,  und  erstlichen  hab  in  bevolchen,  sich  zu  ersehen,  wo  der  zeit 
I.  D^  leger  ist  Er  zaigt  an,  bei  Eanizsa,  aber  zQmblich  weit  von  der 
yestung  und  dem  marckt,  so  verschanzt  mit  den  Türken  starck  besetzt 
und  des  geschüz  halben,  so  weit  reicht,  sich  cantonim  müssen. 

Hab  denselben  betragt,  wie  und  was  gestalt  der  weg  in  das 
leger  versichert,  damit  die  profiant  und  die  zueraisenden  sicher  dahin 
kumben  mügen.  Bericht  mich,  das  zu  Weitscha  ein  fendl  knecht  ligt, 
bei  dem  ur&hr')  Kathariba")  gleichfalls  ein  fendl. 

Hab  den  ferrer  be&agt,  ob  man  mit  dem  profiandt  und  der- 
selben fuhren  klecken  kan.  Der  zaigt  an,  ungeacht  die  Strassen  vom 
urfar  biss  ins  leger  voller  waegen,  so  klecke  man  doch  nit  und  neben 
deme  die  profiandt  teur;  wann  die  waegen  ins  leger  kumben,  so 
nimbt  man  es  reissender  dahin,  das  schier  ainer  den  andern  ver- 
truckt,  welches  anjezo  zum  anfang  ain  boess  omen. 

Hab  weiter  gefregt,  ob  die  unsem  weiter  ziehen  und  ein  anders 
leger  schlagen  werden.  Bericht  mich,  man  werde  sich  thailen,  und 
die  helft  auf  des  feindts  dition  l^n,  dahin  und  durch  dis  pass  die 
profiandt  noch  mehr  mangln  mechi 

Nit  weniger  hab  ich  ime  vermüg  meines  memorial  befragt,  ob 
das  geschüz  alles  ins  leger  ankumben  und  ob  die  unsem  hinein,  wie 
auch  die  Türken  herauss  starck  schussen.  Der  zeigt  an,  das  des  ge- 
schüz nit  mehr  als  sechs  stueck  ins  leger  ankumben,  der  übrigen 
were  man  gewertig  und  das  die  Türken  starck  heraussschussen  und 
mit  iren  geschüz  hier  herauss  raicheten,  wie  sy  dan  etliche  schana^ 
knecht  und  andere  mehr  erschossen. 

Hab  in  auch  gefragt,  wie  sich  der  feindt  in  der  vcstüng  stellt, 
ob  er  starck  mit  profiandt,  munition  und  geschüz  versehen   und  ob 


I)  Die  Anreden  sind  ausgestriclien,  die  Unterschrift  hinweggeschnitten, 
wohl  weil  der  Brief  als  Zeitung  dem  Herzog  Max  von  Baiem  zogeschickt  wurde. 
Der  Brief  stammt  vom  Qrafen  Hans  Ambros  von  Thum,  auf  den  andere  Briefe 
mit  gleicher  Handschrift  hinweisen.  Dieselben  befinden  sich  Mc.  Fürstensaclien 
Bd.  89.  Der  vorliegmde  Brief  befindet  sich  Ma  408/7  f  75—77.  Eigh.  Or. 
Portia  ist  der  p&pstliche  Nuntius  in  Graz.  >)  Ueber&hrt..  *)  Wohl  ein  Ort 
in  der  Nähe  der  Ueberfahrt. 


Die  BeLigerung  von  Kauizsa  durch  die  chrisÜ.  Truppen  i.  J.  1601.      28d 

sy  sich  in  Eanizsa  befestigt.  Der  zaigt  an,  das  er  mit  seinen  äugen 
hab  die  Türken  auf  dem  poUwerck  sehen  tanzen  und  jabilliern  und 
das  kurz  verwichne  taeg  mit  profiandt  300  waegen  hineinkamben, 
auch  von  geschüz  und  pulver  genueg  haben  und  allenthalben  beiden 
dingen  und  äussern  poUwerck  bei  3000  starck  sein,  wie  sy  dan  die- 
jenigen, so  die  profiandt  gehn  Canisa  beglaitet,  allß  drinnen  behalten 
und  desswegen  ein  geschrei  und  rumor  desswegen  in  der  vestung  ge« 
west,  des  die  husaem,  so  sich  bei  der  nacht  wegen  bekumbong  zungen 
zu  der  Testung  stellen,  gehoert  und  aussbraith.  Den  marckt,  so  fertn 
die  onsern  verlassen,  ausser  der  yestung  Ejinizsa,  haben  die  feindt 
starck  verschanzt  und  verpollwerckt,  davor  man  zeit  und  volck  ver- 
liern  wirdt,  ehender  man  denselben  einimbt  und  da  man  den  marckt 
gleich  erobert,  des  schwerlich  vor  8  tagen  geschehen  wierdt,  so  hat 
man  noch  eine  andere  starcke  schanz,  ehe  man  zu  der  rechten  vestung 
und  gemoess  kumbt,  wie  es  der  Türk  ferten  gefunden,  daraus  jeder 
Ternünftiger  abnemmen  kan,  was  f&r  hoffiiung  wegen  eroberung 
Kanizsa  verbanden. 

Hab  den  weiter  gefragt,  ob  das  geschray  sei,  das  der  feindt 
Eanizsa  entsetzen  welle.  Der  zaigt  an,  von  ja  und  der  feindt  ziehe 
allerorten  zusamen  vor  Eanizsa  zu  kumben;  wie  dan  der  feindt  zu 
Kanizsa  auf  aimal,  un'bewüsst  warumben,  über  die  40  schüss  auss 
grossen  stucken  gethan.  Menigleichen  opinion  nach,  solches  sei  ge- 
schehen, aintweder  wegen  empfangner  hoffnung  der  entsazung  oder 
man  habe  den  feindt  dadurch  ein  losung  geben. 

Hab  in  auch  befragt,  ob  er  gehoert,  das  man  in  gueter  hoffnung 
wer,  Eanizsa  zu  erobern.  Der  zaigt  an,  das  Johann  von  Medici  nach 
eingenommen  augenschein  schlechte  und  allain  dise  hoffnung  hat, 
da  man  den  feindt  nit  auss  der  vestung  scheusst,  das  man  sich  mit 
äturmen  und  andern  vortln  der  recuperirung  Eanizsas  nit  zu  getroesten 
habe.  Zaigt  auch  an,  ...  .^)  herr  Graf  Heinrich  Mathes  (Thum) 
äolte  lengist  iner  zwayen  tagen  ins  leger  kumben. 

So  wird  der  herr  (vetter)  berait  wissen,  das  Mantua  und  Johann 
von  Medici  wegen  des  quartier  und  das  man  ir  D^  zuforderst  und  am 
bpiz  der  gefahr  furiert^)  (drumben  der  von  Mantua  geredt  und  die 
Sachen  als  obrister  Leutenambt  improbiert)  mit  worten  starck  an- 
einander und  in  grosse  disparitet  kumben  sein,  darein  sich  L  D^ 
schlagen  und  beede  fürsten  wider  vergleichen  müssen. 

Des  papst  solln  über  8000  man  nit  sein,  des  von  Florenz  1500 
und  ist  die  frag,   wer  inen   zum  abzug  wider  waegen   wierdt  geben, 

*)  Drei  Worte  ausgestrichen.        «)  Das  Quartier  bestellt  hat. 
MiUheilanfen  VII.  19 


290  Stauffer. 

iren  plunder  wider  hinein   zu  fürn   und   wie  man  das  geschüz  zam 
abzug  nach  hauss  bringen  wierdt 

Ein  floss  mit  pulver  und  kugeln  ist  yersuncken,  dabei  meines 
Vetters  diener  ainer  gewest,  so  alher  kumben;  die  flesser  sein  enir 
runnen  und  wellen  sich  des  boesen  pass  halber  nimber  brauchen 
lassen.  Spreizt  sich  also  das  verhofft  glick  allerorten  und  wierdt  man 
laeres  stroo  troeschen;  so  wierdts  allerorten  Till  malcontenten  geben, 
dem  feindt  ain  herz,  den  unserigen  ain  klainmüetigkeit  und  der  feindt 
wierdt  aufs  jar  dise  iniuria  rechen  und  besorgenlichen  guetesteils  des 
kriegs  auf  diese  land  schieben,  darzue  uns  nun  die  welschen  hilfen 
manglen  und  die  disgustirten  Italianer  nimbermehr  alherziehen  welleni 
noch  I.  Hl^  oder  Florenz  weiter  "vergebene  Unkosten  aufwenden.  In- 
massen  dan  I.  M^  färgeben,  man  habe  gegen  Eanizsa  nichts  gericht, 
dieselbe  auch  verhindert,  die  lande  hab  man  umb  nichte  befragt  noch 
traut,  die  sein  mit  iren  underthanen  verderbt  und  aussgesaigen,  das 
sy  neben  der  einreissenden  teuerung  die  ordinari-bewilligung  nit 
raichen  werden  mügen,  werden  also  ubique  dolor  et  lamentaüones 
Jeremiae  erscheinen.  Meinem  g.  herrn  vettern  hab  ich  aber  vor 
ainem  jar  prophezeyet,  das  disen  landen  und  graeuizen  ainer  ainigern 
jars  hilf  nit  geholfen,  das  sich  auch  alle  ungelegenheit  halber  mit 
grosser  macht  nit  krigen  lest  und  das  man  diser  lande  krig  nur 
haerrig^)  und  defensive  bestellen  muess,  daher  ich  geschlossen,  wann 
I.  Hl^  und  Italia  zu  diser  lande  graenizen  als  irer  Vormauer  300  arche- 
busier,  300  husaem  und  ain  feudi  kuecht,  alss  lang  der  krieg  ge- 
wehrt, besolde  und  die  flecken  bestaerckt  bette,  so  wer  I.  D^  damit 
mehr  geholfen  gewest  als  mit  diser  ansehenlichen  und  starcken  hilf,  dan 
I.  Hl^  und  dem  von  Florenz  wierdt  dieser  zug  in  die  700,000  krönen  und 
irer  D^  auch  200,000  krönen  kosten,  dabey  sy  nichts  verrichten  and 
keinen  menschen  contentiern  werden.  Hete  man  disen  ansehenlichen 
Unkosten  auf  etlich  jar  abgetailt,  so  het  man  fünf  jar  mit  der  graenizen 
und  landehilf  reichlichen  klecken  mügen,  defensive  zu  kriegen  und  die 
übrigen  stumpf  der  graenizen  zu  erhalten;  also  und  da  die  gehabte 
hoffiaung  wegen  eroberung  Eanizsa  in  prun  feit,  haben  wir  wie  die 
boesen  wierth  under  den  schnee  geschnitten  und  verzert,  was  uns 
allererst  aufs  jar  waxen  soll  und  bedürffen  werden  und  damit  will  ich 
schliessen  und  das  übrig  auf  unser  (wils  got)  gründlichs  gespraech 
anstellen.  Datum  ....  den  15.  September  1601.  P.  S.  Auf  den 
Steyrischen  pferdten  ist  ainer  an  der  Infection  gestorben,  des  man 
I.  D^  noch  auf  dise  stundt  verhelt;  ist  zu  besorgen,  das  es  nit  weiter 
einreist  und  ain  ursach  des  voneinanderzugs  sein  wierdt. '^ 

')  Anhaltend. 


Die  Belagening  von  Kanizsa  durch  die  chriatl.  Truppen  i.  J.  1601.      291 

17.  September,  Mittemacht     Gastfl  an  die  Erzherzogin: 
Wegen   des  Begens   wollen  wir  erst   morgen  über  die   Brücke 

aehen:  Die  Wege  werden  durch  das  schlechte  Wetter  aufgeweicht 
und  wir  sind  in  Besorgniss,  dass  der  Zuzug  des  Proviants  dadurch 
verhindert  werde. 

Trqtz  des  Begens  haben  wir  ziemlich  stark  in  die  Festung  hinein- 
gescbossen  und  hoffentlich  meistenteils  getroffen.  .  Hergegen  ist  von 
dem  feindt  disen  abent  ain  solicher  beser  schuss  geschehen  in  das 
italienische  quartier,  welicher  stracks  drey  miteinander  allerdings  hin- 
gerichtet und  die  arglistigen  bestien  haben  ir  geschüz  noch  auf  ein 
anders  ort  geruckt  Es  soll  inen  aber  (wils  gott)  ir  muet  nit  lang 
mehr  gelassen  werden.* 

18.  September.     Gott  sei  Dank,  es  ist  gutes  Wetter  eingetreten, 
,  Meine  g.   herm   und   wür  zugleich  sein  auss  unserm  jüngsten 

leger,  darinen  wür  gleich  acht  tag  wider  alles  verhoffen  zugebracht, 
also  frue  aufbrochen,  das  I.  D^  im  madrutzischem  leger  das  fruemal 
und  der  herzog  von  Mantua  mit  eingenomben. 

Von  wegen  dess  weitten  umbschweifs  zu  verhiettung  der  vestung- 
schuss  haben  wür  ein  starcke  teutsche  meill  woegs  und  noch  dariber 
reiten  miessen ;  der  weg  ist  gleich wol  tief  aber  noch  leidenlich ;  allain 
gibt  die  prucken  oder  vilmehr  der  steg  über  das  gemoess  den  rossen 
vil  zu  schaffen,  weil  es  nur  eingelegte  runde  prigl  und  gestreissach 
ist  und  würdet  der  waegen  grossen  anzal  willen  ainer  gueten  con- 
tinuierendere  nachbesserung  wol  bedürfen. 

Die  fürstlichen  personen  ritten  nächner  zuer  vestung  sonderlich 
aber  zue  ersechung  irer  quartier,  darunter  dan  meines  g.  herrn  am 
übelsten  getroffen  war,  dann  man  wolte  die  fürstliche  gezelt  an  einem 
uacheten  bey  der  vestung  ligenden  ort  aufschlagen.  Alss  ich  aber 
ain  klaines  darvor  neben  andern  an  dasselbe  ort  zu  ross  kombe, 
sausete  ain  kugl  nach  der  andern  auss  grossen  stucken  neben  und 
ober  unss  ßir;  also  das  sich  diejenigen,  so  diss  quartier  aussgezaigt 
hetten,  ires  begangnen  faelss  erinderten  und  die  sach  volgendts 
anderwerts  gericht  wurde.* 

In  derselben  Gegend  sind  ein  Soldat  und  ein  Weib  getroffen 
worden. 

Des  Johann  von  Medici  bester  Edelknabe  verlor  einen  Fuss ;  dem 
Herzog  von  Mantua  ist  sein  bestes  Boss  geschaedigt  worden,  einem 
anderem  Boss  wurden  die  zwei  Schenkel  abgeschossen  .  .  . 

.War  ist  es,  das  man  ermeltes  ort  auss  der  vestung,  sonderlich 
aber  wo  das  geschüz  ligen  thuet  nit  sehen  kann,  daher  es  dann  yiel- 
leicht  von  dess  besten  wegen  nit  übel  gemaint  worden,  aber  auss  dem 

19' 


I 


292  Staüffeti 

spiz  des  turms  kann  man  wol  heriber  sehen  und  also  die  abmessnng 
uuden  beylaufig  wol  abgenomben  werden.' 

9  Noch  vorher  zogen  die  florentinischen  knecht  yort  und  namen 
inen  ftir  das  ort  der  Vorstadt  einzunemben,  weliches  inen  denn  zum 
besten  gelungen;  sy  trafen  zwor  zue  irer  ankonft  in  die  dreyssig 
Türken  zue  ross  und  fünfzig  zue  fdess  an :  da  gab  es  ain  guete  weil 
ain  scharfes  scharmitzeln,  aber  die  erst  ankombene  compagnia  ir  der 
Florentiner  hielte  sich  so  wol  (wie  sy  dann  auch  darumb  das  lob 
hat),  das  die  Türken  sich  letzlich  wendeten,  der  pruggen  zue  und 
daryber  in  die  vestung  lüefen,  die  au&ug-pruggön  eylendts  und  sich 
also  hineynwerts  verspereten. 

Damit  eroberten  die  unsserigen  denselben  schoenen  weiten  plaz, 
darinnen  sich  zimblichermassen  sicher  ligen  und  verwachten  die  prucken 
so  wol  auch  der  Türken  aussfall.  • 

Also  sein  sy  nunmehr  recht  allerdings  umbringt  und  eingespert 
und  ist  dem  allmechtigen  zu  dancken,  dass  kain  ainiger  der  unsserigen 
verbliben,  darbei  sich  dann  nit  wenig  zu  verwundern,  das  die  Türken 
ain  so  namhaftes  ort  nit  selbst  erhalten,  darmit  sy  unss  noch  etUche 
tag  gewiss  aufhalten  und  vil  zu  schaffen  hetten  geben  mügen. 

Aber  wür  wüssen  kein  ander  ursach,  alss  dass  wür  sy  mit 
unsserer  ankonft  werden  ubereylt  und  sy  nit  vermaint  haben,  das 
wür  inen  so  bald  zukomben  werden. 

Auss  der  vestung  hat  man  zwor  auf  soliche  Florentiner,  die  nicht 
200  schrütt  von  der  mauer  ligen  mit  stucken  ein  guete  weil  starck 
geschossen,  aber  es  ist  darumben  kain  schaden  geschehen,  weü  sy 
die  alte  schanz  des  grobens  so  den  marckt  umbringt  nicht  allain 
allerdings  ganzer  gefunden  und  sich  tucken  migen,  sonder  auch  aine 
hochere  angefangen  au&uwerfen;  sonst  ist  in  solichem  marckt  gar 
kain  hauss,  aber  ein  schoener  ebner  plaz  und  etliche  noch  unver- 
wiesste  obsgaerten  darneben  zu  sehen. 

Ünss  ist  dise  ubereylung  auch  in  dem  zum  besten  gerathen,  das 
die  Türken  kain  zeit  gehabt,  die  prucken  abzutragen,  sonder  haben 
dieselb  gar  ganz  und  unss  verhoffentlich  ainen  desto  boessern  vortl 
gelassen ;  man  besorgt  sich  aber,  sy  moechten  das  feur  auf  irer  seiten 
darundter  stecken,  da  muess  man  nun  fleissig  wachten.* 

Es  geht  das  Gerücht,  die  300  Pferde  seien  aus  der  Festung  vor 
unserer  Ankunft  entritten,  aber  es  wird  wol  nicht  wahr  sein,  da  maxi 
keine  Hufspuren  gefunden. 

Unter  den  Häuptern  ist  beschlossen  worden,  dass  I.  D*  einst- 
weilen,  bis  ein  anderes  Quartier  hergerichtet,   in  dem  erst  heat  von 


Die  Belagerang  von  Kanizsa  durch  die  chrisil.  Trappen  i.  J.  1601.      293 

Hadrozzi  verlassenen  Lager  campiren  soll;  das  ist  denn  auch  ge- 
schehen. 

Bei  unserem  « Zurückereisen  *  begegnen  uns  4 .  grosse  Stücke,  die 
man  wol  nicht  weit  von  den  Florentiner  Quartieren  heut  Nacht  auf- 
stellen wird. 

9  Herr  Johann  von  Medioi  sagt  wol,  wann  man  einen  tag  oder 
zwen  von  dannen  hineinschüessen  und  inen  die  weren  nemben  thuet, 
das  sich  die  Türken  stracks  ergeben  werden.  Ich  kan  es  abier  in 
meiner  einfalt  nit  befindten  dann  der  graben  des  gemoess  noch 
zimblich  weit  und  zu  stürmen  nit  so  leicht,  wie  dann  soliches  die 
zimbliche  lange  prucken  aussweiset;  moechten  unss  also  die  feiudt 
mehrers  durch  ire  lüstige  vortl  zu  schaffen  geben,  alss  unss  lieb  waere 
und  ir  vill  vermainen;  yedoch  wellen  wür  alles  guetes  hoffen.' 

Ganz  nahe  bei  Kanizsa  liegen  der  Türken  Gräber,  darunter  hun- 
dert frische,  die  wir  wol  verursacht  haben,  wie  man  denn  sagt,  dass 
fast  unser  erster  Schuss  9  Türken  getroffen. 

«Unsere  leut  sein  zu  solchen  graebem  gangen  und  der  delien^) 
und  anderer  krüegsleit  copien  und  darauf  gesteckte  spüess  hinweck 
genomen  (welches  dann  die  Türken  für  ain  grosse  unehr  halten); 
da  seyn  sy  sehr  darüber  erzürnet  und  haefkig  heraussgeschryren.  * 
Nach  dem,  was  wir  bisher  erfahren,  sind  über  anderthalb  tausend 
Türken  nicht  in  der  Festung. 

19.  September.  .  Heut  frue  hat  man  diserseyts  auch  angefangen 
mit  unsem  stucken  in  die  vestung  zu  schiessen  und  da  kann  man 
inen  viel  besser  alss  auf  der  andern  zuekomben;  darumben  werden 
wenig  schuss  vergebens  geschehen.'' 

Morgens  Regen,  nachmittags  heitert  es  sich  auf.  .Der  herzog 
von  Mantua  namb  das  fruemoU  bei  meinem  g.  herren  und  volgundts 
ritte  er  in  das  ander  quartier,  weliches  er  beschauzen  lasset,  wie  er 
dann  ganz  fleissig  und  sorgfeltig  und  lasset  ine  kain  miehe  tauren.'^ 

Man  glaubt,  dass  unser  g.  Herr  das  Quartier  nicht  verändern 
wird,  bis  nicht  dem  Feind  die  » Wehren "  «der  Festung  genommen  sind 
und  man  ihm  das  Schiessen  aus  den  grossen  Stücken  vertrieben  hat. 
Dies  ist  jedenfalls  das  Sicherste. 

5  Soldaten  von  den  Türken  erschossen. 

«Nunmehr  gehet  es  halt  zum  ernstlichen  treffen  und  morgen 
werden  unsere  zehen  stuck  nach  einander  gericht  werdei^  (dann  eben 
dLie  nacht  sechs  in  die  schanz  gefuert  werden),  verhoffentlich  auch 
wol  aossgeben. 


')  Deli :  Lcibschaar  eincb  türkischen  Bcfehlöhaberu. 


294  Stauffer. 

Der  pascha  zu  Eanizsa  solle  sich  haben  vernemben  lassen,  er  sey 
alt  und  habe  ohnedas  nit  lang  zu  leben,  er  welle  sich  gleich  umb 
sein  haut  tapf^  weren  und  alhie  sein  begrebnuss  sein  lassen.* 

20.  September.  2  Franzosen  von  den  Türken  gefangen,  die  sich 
yermuthlich  gefangen  nehmen  liessen.  Diese  Nacht  müssen  die 
Italiener  mit  ihren  Schanzen  ayanziert  haben,  da  die  Türken  sich  nur 
auf  der  andern  Seite  gewehrt  haben.  Ebengestem  hat  man  einen, 
der  die  ,paess  und  vortl  im  gemoess'  kennt  ins  aldobrandinische 
Lager  geschickt.  Ein  Türke,  den  man  aufgefangen,  berichtet  von 
15,000  Pferden,  die  in  der  Nähe  der  Festung  seien. 

,Weil  sich  nun  der  feindt  an  unserm  rucken  unz weif enlich  öfter 
samblen  wirdt,  ist  für  ratsamb  befunden  worden,  unser  ganzes  leger 
ixx  ain  corpus  und  ordenlich  zusammen  zu  richten,  derohalben  resol- 
vierte  sich  mein  g.  herr  ohne  Verzug  auss  seinem  verschanzten 
quartier  aufzubrechen,  wie  es  dan  umb  vesperzeit  geschache.  Wür 
hetten  ungefaehr  ain  halbe  meil  weegs  zu  reiten  und  also  kamen 
wür  zue  dem  übrigen  häufen.  Mein  g.  herr  hat  seine  zeit  gleich 
under  des  Thuri  Georg  capein,  also  das  ain  anhech  von  den  grossen 
in  der  vestung  ligunden  geschüz  gar  wol  versichert;  wür  aber  ligen 
herumwerts,  wie  wür  am  boesten  künen  und  mügen,  nit  geringer 
gefahr  underworfen  und  man  ist  lang  umgangen,  ehe  man  sich  dises 
fürstlichen  quartiers^recht  verglichen,  der  allmechtig  verleihe,  das  es 
wol  getroffen  sey.  Unterdessen  und  noch  vorhero  hielte  man  bei 
den  gefangnen  und  sonst  vleissige  erkundigung,  wohin  sich  ermelt 
türkisch^  pfaerd  zurück  geben  hetten  und  alss  I.  F.  D^  erindert  und 
gleichsamb  vergewisst  worden,  sy  wurden  dise  nacht  ir  leger  und  me 
bey  Veraebiza^)  etwo  zwo  meil  von  hinnen  ligundt  haben,  gab  mein 
g.  herr  dem  obristen  von  Herberstein  bevelch  sich  sambt  seiner 
reyterey  dahin  zu  begeben,  weliches  dan  abents  geschehen  und  die 
sach  also  angestelt  worden,  das  man  das  nesj  gleich  in  der  morgen- 
rett  ertappen  solle.     Gott  verleich  inen  glick  und  guete  Verrichtung. 

Neben  andern  hab  ich  unser  schanz  besichtiget  und  befanden, 
das  sy  noch  über  600  schritt  von  der  vestung  ligen  thue,  aber  dem 
ist  wol  al30,  das  die  Florentiner  weit  hinfur  und  gar  nahet  zae  der 
pruggen  hinzuekomben  nnd  dasselbe  ort  dermassen  verwahren,  da:^ 
die  Türken  nicht  heraussdirfen. " 

4  Soldaten  erschossen  und  ein  schwangeres  Weib.  Jetzt  nachte« 
wird  beiderseits  geschossen. 


')  Konnti«  ich  nicht  ermitteln. 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      295 

21.  September.  An  der  oben  erwähnten  näheren  Schanze  wird 
fldssig  gearbeitet  Hoffentlich  können  wir  heute  Nacht  das  Geschütz 
hineinbringen  ^und  alsdan  erst  die  vestung  mit  ernst  beschüessen 
mügen.  *  Die  Türken  haben  bis  jetzt  herausgeschossen,  doch  ist  nur 
ein  Boss  Terletzt  worden. 

«I.  D*  lassen  berathschlagen,  ob  nicht  auf  ainen  sehr  naheten 
pass  ain  prucken  zue  den  Italianischen  zu  schlagen,  das  dann  ein  sehr 
nfizlich  und  gewinschte  sach  wer.* 

Herberstein  kommt  wohlbehalten  wieder;  er  hat  nichts  aus- 
gerichtet, «dan  die  goestrigen  Türken  das  leger  zum  fmemal  zue 
Pressenz  gehobt  und  sich  volgundts  auf  Gabotsch  von  mehrer 
sicherhait  wegen  begeben,  diese  und  noch  mehr  gesellen  mechten 
unss  oeffter  haimbsuchen. ' 

22.  September.  Nächstvergangene  Nacht  hat  man  an  der  oben- 
gemeldeten Schanze  weitergearbeitet  und  eine  gute  Anzahl  Schanz- 
körbe aufgerichtet  und  gefÜUei  8  Arbeiter  wurden  verwundet, 
3  tötlich.  unter  andern  ist  dem  Baumeister  zu  Petrina,  Philipp, 
die  rechte  Hand  weggeschossen  worden,  dass  man  sie  nicht  wieder- 
finden können. 

Nachts  hat  es  geregnet,  dann  hat  der  Wind  den  Begen  ver- 
trieben. ,Also  das  unser  lieber  herr  auss  sondern  gnaden  ungeacht 
der  jetzigen  herbstzeit  und  dann  das  wetter  das  ihrige  thain;  wenn 
auch  wür  nup  hurtiger  waeren'  ... 

Man  sagt,  es  sei  in  Eanizsa  ein  nümbergischer  Büchsenmeister, 
der  sein  Weib  erstochen,  aus  Nürnberg  geflohen  « und  volgundts  sich 
türken  lassen.*  Dieser  soll  der  gewisseste  im  Schiessen  sein.  Täg- 
lich fallen  einige  Soldaten. 

sHergegen  haben  wür  in  unsern  schanzen  kainen  boessem  als 
den  vor  18  tagen  auss  Eanizsa  entwichnen  pixenmaister,  der  sich  wol 
belt  und  mit  seinem  schiessen  am  meisten  schadet. 

Die  Welschen  pixenmaister  aber  hoben  so  schlime  abmessungen, 
dass  sich  ihre  landsleith  selbst  schaemen  und  darob  verwundern, 
dann  vil  kugeln  gar  der  vestung  gefaelt  haben,  damit  würdet  kraut 
und  lot  maistestails  vergebens  verschossen.' 

Aus  den  benachbarten  Spanschaften  kommen  die  Truppen  all- 
mühlig  zusammen.    Im  Ganzen  sollen  etwa  2500  ankommen. 

22.  September.  Wegen  des  starken  Schiessens  aus  der  Festung 
hat  mau  die  Stücke  nicht  gänzlich  in  die  letzte  Schanze  bringen 
koennen. 

«Die  Italianer  sein  wegen  der  profiant  nit  zuMden;  man  hat 
iueu  aiu  laibl  bei  anderthalb  pfund  7  dreyer,  das  ist  21  pfenuig  (/^) 


i 


296  Stanffer. 

angeschlagen,  wie  man  dann  befindet,  das  es  nit  wol  leuchter  in 
erwegang  aller  zerung  gegeben  werden  mag;  aber  der  herr  commissari 
will  es  kurzumb  aber  5  dreyer  nit  zallen,  das  ist  15  pfennig  wert; 
alss  mein  g.  herr  ja  den  schaden  leiden  müessen;  sonst  ist  der 
profiant  halber  alle  guete  f&rsehung  geschehen." 

,  Sonst  hat  man  guete  kundschafb,  das  sich  die  Türken  wegen 
unsers  unausgesezten  schiessens  in  die  yestnng  sehr  hoch  und  über 
die  mass  fürchten  und  inen  das  grosse  geschüz  gar  grossen  schaden 
thue,  onderainsten  8,  7,  4  und  finf  1?ürken  an  der  statt  bleiben; 
wass  von  unserm  leger  mit  grossen  stucken  mit  macht  eingeworfen 
und  von  einander  zersprengt  wirdet,  das  verpauen  sy  widerumb. 
Oleichwol  sey  den  Türken  biss  dato  von  unserm  leger  aus  ir  geschüz 
nit  verlezt  oder  schadhaft  worden,  aber  doch  dringen  die  kugl  durch 
das  polwerck  durch  und  durch." 

23.  September.  Heute  Nacht  hat  der  Feind  stark  geschossen; 
2  Schanzgräber  wurden  verwundet;  8  Personen  etwa  sind  aus  dem 
madruzzischen  quartier  gefallen,  ausserdem  sind  etliche  verwundet 
worden. 

«Das  geschüz  hat  man  in  die  andere  nachete  schanz  noch  nit 
gericht,  dann  man  wil  sich  genuegsamb  versichern ;  diser  Verzug  aber 
würdet  danenhero  fÜrnemblich  verursacht,  das  man  kainen  lauigraben, 
wie  sonst  deV  gebrauch  ist,  machen  künen  weil  man  stracks  im  graben 
nur  ainen  schuech  tuef  wasser  findet,  dahero  nun  etliche  hundert 
schanzkoerb  gemacht,  angeftllt  und  also  das  haubtwerck  sambt  dem 
Zugang  versichert  werden  müessen,  weliches  dann  ein  guete  zeit  his- 
weck  nimbt  und  allain  ain  nachtarbeit  ist;  zuedem  sein  die  schanz- 
graeber  etlicher  irer  verblibnen  und  geschedigten  gesellen  w^^n  in 
ain  solichen  schroecken  gejagt  worden,  das  sy  zue  diser  arbait  auch 
mit  prigeln  hört  zu  treiben  und  die  allerwenigsten  bei  ihrer  Ver- 
richtung zu  finden;  dahero  nun  etliche  frembde  hauptleit  das  beste 
thuen,  dorundter  dann  der  Carlo  Bossi  ain  soliches  lob  seines  vleisv^ 
hat,  das  er  mehr  zugreifet  und  arbait  als  zehen  schanzgraeber  und 
diss  nit  nur  ain  sonder  alle  nacht.  Gott  gebe,  dass  er  un verlebt 
davon  kombe. 

Weil  uns  gewinschte  zeitung  von  eroberung  Stuelweissenbui^M. 
weliche  dem  herrn  graffen  von  Serin  durch  den  herm  Nadasdy^' 
geschriben  worden,  zukomben,  hatten  mein  g.  herr  wegen  erlangung 
der  vertresten  volkshilf  zue  den  erzherzog  Mathias  den  Georg  Adam 


*)  Sie  erfolgte  am  20.  September.  Daa  Nähere  in  meiner  Abhandlung  über 
RuBworm  p.  78  flF.        •)  Franz  Nadaedy. 


Die  Belagerung  von  Kanizsa  durch  die  chrietl.  Truppen  i.  J.  1601.      297 

Yon  Trautmansdorf  und  zue  dem  Duca  de  Mercurio  den  grafen  yon 
VoUmaeraen  abgefertigt. 

Was  ich  besorgt,  das  lasset  sieh  (unser  gefaehrlichs  quartier 
belanget)  nunmehr  im  werck  zimblich  sehen;  dan  heut  gleich  nach 
der  predig  mit  einer  kugl  dess  herrn  ürsenbeck  ^)  und  herm  Poet- 
tingers  beede  knecht  bey  ihren  zelten  jaemerli'ch  umbkomben.' 

Abends  ein  stejrischer  Soldat  niedergeschossen  worden  vom  Feind. 

Nachrichten,  die  gekommen,  besagen,  dass  der  Yezier  Truppen 
zam  Entsätze  von  Kanizsa  sammelt;  im  ganzen  will  er  mit  wenigstens 
50,000  Mann  kommen.  Das  bezeugt  auch  des  Begen  von  Fünfkirchen 
Secretär,  der  mit  dem  Grafen  von  Serin  vertraute  Correspondenz  hat. 

«Zu  diser  türkischen  entsatzung  muss  nun  die  begerte  hilf  auss 
Ungarn  umb  sovil  embsig-  und  fürderlicher  getriben  werden. 

Seytemal  unss  der  allmechtig  mit  der  weissenburgischen  erobe- 
rung  erfreyet,  haben  wür  dessen  ain  zaichen  geben  und  dardurch 
dem  feindt  ain  mehrern  schroecken  verursachen  woellen.  Ist  also 
nach  eingenombnen  nachtmol  das  Te  deum  laudamus  in  beysein  des 
herzog  von  Mantua  gesungen  und  unter  dem  Ave  M.  im  ganzen  leger 
auf  beeden  diser  und  der  andern  seiten  dreymal  lossgeprent  wordeu, 
weliches  dann  gewiss  lustig  zu  sehen  und  zu  hoeren  gewoest.*  Was 
wird  sich  der  Feind  wohl  dabei  gedacht  haben? 

3  italienische  Soldaten  sind  gefangen  worden  ausserhalb  des 
Lagers  neben  dem  Wald.  « Sy  brauchen  halt  allen  fieiss  und  erzaigen 
sich  allerseits  munterer  alss  unsere  krüegsleif 

23.  September.  „  Der  gottesdienst  würdt  mich  von  mainer  orden- 
und  taeglichen  beschreibung  abhalten,  allain  sovil,  das  mir  mein 
g.  herr  gleich  jetzt  bevelchen  E.  f.  D*  zu  erinem,  dass  mir  mit  diser 
belegerung  unser  sachen  zimblich  weüt  gebracht  und  die  eroberung 
in  gueter  hofiPaung  stehe,  aber  doch  dorneben  gar  guete  kundtschaft 
von  einer  storcken  entt^atzung  ankomen;  wie  dann  der  vezier  mit 
aller  miglichen  macht  herwerts  zieche  und  die  vestung  entsetzen 
wellen  sollen.  Daher  dann  mein  g.  herr  zue  erzherzog  Matthias  und 
Mereoeur  schickt,  damit  sie  mit  ihrer  macht  unserer  impresa  bey- 
springen  und  die  oft  zugesagte  hilf  schicken  wellen.  Sunst  da  etwas 
gefaerlichs  entstehen  und  sie  nit  wie  allezeit  verdrest  worden,  bey- 
springen  wurden,  so  wolten  I.  D*^  vor  meniglichen  entschuldigt  sein, 
gleichwol  sich  I.  D*^  und  die  irigen  befleissen  wellen,  ob  sie  wider 
diese  vestung  vor  der  ensazung  wass  guets  richten  kunten.* 


')  Vielleicht  Freiherr  Christof  von  ürsenbeck,  der  übrigens  seit  dem  Jahre 
1603  im  Gefolge  des  Erzherzogs  Matthias  erscheint.  Vgl.  Stieve,  Briefe  und  Acten 
Bd.  V  614'. 


i 


298  Stauffer. 

Aussage  eines  aus  Canisa  entsprungenen  Weibes:  .der  pascha 
alda  seye  ein  kurze  klain  magere  person,  welcher  sich  auch  yor  dem 
schuessen  und  der  belegerung  sehr  furcht,  er  lasse  sich  selten  sehen 
und  kumbe  wenig  ans  liechi*  .  .  . 

«Sein  wonnung  habe  er  in  ainem  gemauerten  stock  neben  den 
grossen  thum,  wo  zuvor  der  Paradeiser  sein  residenz  gehalten«' 

Täglich  stürben  4  bis  5  an  der  Infection;  mehr  denn  600  Mann 
seien  nicht  darin.  Durch  das  „Gemoess*,  welches  ihr  über  den 
Qürtel  gegangen,  habe  sie  sich  in  das  Lager  geflüchtet 

24.  September.  Delfini  wäre  beim  Zurückreiten  aus  unserm 
Lager  beinahe  von  streifenden  Türken  gefangen  worden. 

,  In  Eanizsa  sein  sehr  arglistige,  vorschlagne  pueben,  deren  schalck- 
hait  man  sich  verwundern  muess ;  under  andern  gebraucht  der  feindt 
sich  dises  schelmischen  vortls.  Alsbald  er  auss  einem  stuck  geschossen, 
richtet  er  dasselbe  auf  ein  anders  ort,  damit  man  darauf  nit  schuessen 
und  ime  also  dieselb  wer  nemben  kune  und  mit  diser  Verwechslung 
macht  er  die  unserigen  gar  irr,  auss  den  gressten  stucken  scheust  er 
nur  bei  der  nacht,  damit  man  nit  sehen  künne,  wo  sy  ligen,  wie 
dann  die  kugeln  zu  etlich  fünfzig  pfundten  hin  und  wider  gefunden 
werden  und  sein  eben  diejenigen,  die  man  inen  ferten  in  der  vestung 
gelassen.  Damit  er  under  denen,  so  die  schanzen  aufwerfen  und  die 
schanzkoerb  aufrichten,  mit  schiessen  desto  grossem  schaden  in  der 
finster  thuen  müge,  drucket  er  nit  al  ssbaldt  under  die  leit  ab,  sonder 
legt  neben  der  mosketen  und  stucken  ain  zeil  pulvers,  damit  er  vor- 
her im  anzinden  ain  licht  haben,  die  unserigen  dehen  und  desto  besser 
trefien  moege.  Aber  ungeacht  dessen,  so  ist  dem  allmechtigen  zu 
dancken,  das  noch  bey  den  vorhandenen  fümemben  leit  und  unan- 
gesehen das  gemainiglich  zwo  und  drey  kugeln  geladen  werden,  kain 
grosserer  schaden  und  Verlust  der  personen  begegnet  Gleichwol  dise 
nacht  des  herrn  Carlo  Rossi  fendrich  mit  einem  stuck  getrofien  und 
ime  der  halbe  köpf  also  zerschmettert  worden,  das  er  neben  einem 
grafen,  der  neben  ime  ainen  schanzkorb  damals  gewalgen,  stracks 
tot  nidergeworfen.  *  Ausserdem  wurden  2  Schanzknechte  totlich  ver- 
wundei 

,  Nachmittag  hat  der  graf  von  Serin  etliche  der  seinigen  zur 
vestung  geschickt  und  den  drinigen  anzaigen  lassen,  Stuh  Iweissenbuig 
sey  mit  gewalt  erobert  worden,  wass  sy  sich  zeichen  wollten,  man 
lasse  doch  nit  nach,  sonder  woelle  Eanizsa  haben ;  darumben  riethe  er 
inen,  sy  soltens  aufgeben,  er  wüll  bei  L  D^  die  sach  dahin  richten, 
damit  sy  ohne  leibschaden  abziehen.  Wo  nit,  so  haben  sy  zu  wissen, 
das  man  volgundts  den  rechten .  gewalt  brauchen  und  wider  sy  desto 


Die  Belagerung  von  Eauizsa  durch  die  christL  Truppen  i.  J.  1601.     299 

ernstlicher  Yerfaliren  werde.  Auf  diss  haben  sich  die  ungläubigen 
handt  kainer  antwort  gewirdiget,  sonder  die  abgefertigten  mit  etlichen 
spoetlichen  verklienerlichen  worten  zurückziehen.  Ist  zu  hoflPen  dise 
hoffart  werde  inen  nit  rosen  bringen. 

Auf  der  vestung  hochen  thurn  hat  man  so  oft  geschossen,  das 
man  den«elbigen  an  heutigen  abent  allerdings  gestuzt  und  entlich 
verwiest,  damit  kunnen  sy  nit  mer  so  weit  aussehen  und  der  Türk 
ferten  mit  seiner  belegerung^  lang  nit  so  weit  alss  wür  noch  etlich 
tagen  komben,  also  das  die  vcbtung  kain  so  schoene  gestalt  mer  hat; 
ligt  aber  wenig  daran.' 

Nach  dreimaligem  Geschrei  schiessen  die  TQrken  vor  dem  Abend- 
Ave  aus  allen  Stücken.     Zwei  Mann  wurden  getroffen,  einer  getötet 

Jetzt  gegen  Mittemacht  schiesst  man  gegenseitig  aus  grossen 
Stücken. 

Zwei  der  unserigen  sollen  zu  den  Türken  übergelaufen  sein. 

25.  September.  Bei  Aufwerfung  der  Schanze  ist  ein  vornehmer 
Hauptmann  gefallen.  300  Schanzkörbe  sind  jetzt  aufgerichtet  Wir 
hoffen,  4ass  morgen  Nacht  die  Geschütze  endlich  in  die  Schanze  ge- 
bracht werden.  An  der  Brücke  über  den  oben  erwähnten  Pass  wird 
gearbeitet 

Begen  und  Kälte  machen  uns  Sorge,  besonders  wegen  der 
armen  Soldaten. 

9  An  profant  ist  gott  lob  vil  mer  ain  uberfluss  als  mangl^  dann 
die  zuefüehr  gar  starck  und  man  maint,  wür  betten  im  leger  das 
prot  wolfailer  als  zu  Graz  zu  erkaufen.  Der  allmechtige  verleihe  die 
continuirung. 

Ton  des  feindts  ankonfl  und  entsatzung  heret  man  in  gemain 
allerlay  reden  und  diss  ist  die  summ,  das  er  über  acht  tag  nit  auss- 
bleiben  solle.  Wür  haben  aber  nicht  allein  auf  etlich  meil  Tschetteu 
ausgeschickt,  sonder  auch  unsere  gehaimben  leit  abgefertiget,  also 
das  wür  dess  feindts  Vorhabens  hoffentlich  zeitlich  künnen  erindert 
werden.  • 

26.  September.  ,Nunme]^r  will  es  bey  unss  sper*)  und  etlicher- 
maäsen  kalt  zugehen,  dann  der  goestrige  regen  hat  mit  ainer  solicheu 
vehemeudt  und  kelten  continuiert,  das  dem  herrn  von  Madruzzi  des 
mitlaufenden  wints  halber  allain  in  die  fünfzig  knecht  erfroren;  vil 
gezelt  sein  ein  halbe  ein  tief  in  wasser  gesteckt,  ds  fendl  so  meinen 
g.  herrn  verwacht,  hat  auch  im  gewaesch  stehen  müssen  und  ist  also 

*)  Hart,  schlimoi. 


300  Stauffer. 

an  manichem  küel  uud  sehr  mitleidig  zuegangen,  wie  man  dann  beim 
tag  noch  etliche  mit  dem  fear  und  wermen  errettet 

ünderdessen  hat  man  in  der  oftgemelten  schanz  wenig  fortfahren 
mügen  und  mit  yoelliger  dahinbringung  des  geschüez  gehet  es  auch 
hart  zue,  seytemal  dasselbe  über  die  prucken  der  verhandnen  kurzen 
rechen  wegen  nicht  mit  rossen  sonder  mit  menschenhenden  vort- 
gezogen  werden  muess,  wie  dann  auch  etliche  munitions-  und  andere 
ross  dess  strengen  wegs  und  wetters  halber  umbgefallen. 

Umb  Mittag  hat  sich  das  wetter  züe  gueter  besserung  yer- 
aendert,  der  allmechtig  verleih  ainen  bestandt,  auch  im  übrigen  kain 
weitere  Verhinderung,  darauss  dann  die  schoedliche  langsambkait  ent- 
springt und  verzeihe  gott  denjenigen,  der  ursacher  ist,  das  wtir  nit 
umb  3  Wochen  ehundter  ins  feld  komben." 

Trotz  des  Wetters  sind  in  der  Nacht  dreimal  reitende  Türken  an 
unsere  Wacht  gekommen,  welche  jedoch  noch  rechtzeitig  bemerkt 
wurden. 

In  Pressenz^)  sind  nach  eingegangenen  Nachrichten  viele  Türken 
angekommen;  zur  genaueren  Erkundigung  sind  Leute  abge8end3t 
worden. 

»Der  herr  Ban  im  Windischland  soll  erst  in  3  tagen  mit  un- 
gefaehr  2000  mann  zue  ross  und  fuess  komben.  Wann  nur  die  300() 
*  teitschen  reiter  auch  nit  weit  von  hinnen  und  alle  hilfen  zue  rechten 
zeit  da  waeren.* 

27.  September.  Es  ist  Nachricht  gekommen,  dass  die  TQrken 
aufgeben  hierher  zu  kommen.  Die  Bässen  wollen  Zusammenkunft 
halten,  weil  der  Herzog  von  Mercoeur  Ofen  belagern  wolle.  »Wann 
dem  also,  so  hetten  wür  ain  guetes  zuesechen  und  ain  (ruchtbarliche 
Verrichtung  zu  hoffen.*  Zu  Presenz  sind  nur  streifende  Türken  an- 
gekommen, »solche,  die  zungen  fangen  kinten,  wie  inen  dann  die- 
selben nit  faelen  sonder  taeglich  zustehen,  weil  das  gemaine  gesindt 
mit  holung  der  fuetterung  und  in  ander  weg  so  unachtsamb  und  über 
die  ernstliche  verpott  unaufmerckig,  inmassen  dann  einem  herrn  dise 
tag  drey  saemer*)  verloren  worden." 

Nachts  heftiges  Schiessen ;  ein  Ca  valier  von  Malta  wird  erschossen. 

»Die  kelten  lasset  noch  wenig  nach,  aber  der  neue  mondschein 
hat  unss  ein  trucknes  wetter  geprachf  2  Wölfe  hätten  heuk 
Nacht  bald  Lärm  hervorgerufen,  da  man  sie  für  Türken  hielt. 

28.  September.  Jetzt  in  der  Nacht  wird  stark  geschossen.  Ein 
(Javalier  von  Malta  »Molzae"  genannt  dess  herrn  »Tury«  vetter  und 

•)  Walirsclieinlich  ißt  Bezencze  (südöstlich  von  Kanizsa)  gemeint.     *)  Säumer. 


Die  Belagerung  von  Kanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      301 

ein  furnember  Leutnant  wurden  in  der  Schanze  erschossen  » und  weil 
dise  hauptschanz  soyü  guete  leit  hinweg  nemben  thuet,  waere  zu 
winschen,  es  blib  ainst  dabei,  wie  es  dann  auch  nunmehr  hoffentlich 
an  dem  ist,  seitemal  das  geschtU  allberait  alles  an  der  handt  und 
sambt  der  munitions  notturft  dise  nacht  ordenlich  in  ermelte  schanz 
also  gericht  werden  solle,  damit  man  morgen  mit  angehendem  tag 
die  ernstliche  beschüessung  und  batteria  fürnemben  mige,  zu  wellichem 
ende  mein  g.  herr  neulich  zue  dem  herzog  von  Mantua  geritten; 
allda  sollen  die  heubter  im  rat  zusamben  komben  und  aigentlich  be- 
rathschlagen,  wass  gestalt  soliche  batteria  f&rzunemben  und  am 
boesten  anzustellen. 

Es  hat  heute  in  der  frue  einen  solichen  starcken  reif  erzaigt, 
das  wür  unss  alle  zu  verwundern  gehabt;  dahero  nun  abermalen  nit 
ain  klaine  anzal  groeber  für  die  notleidenden  kranken  Soldaten,  so  ir 
leben  dises  streng9n  wetters  halber  alss  unbeclaidt  aufgeben  müessen, 
gemacht  worden  und  ist  wol  in  gott  zu  erbarmen,  das  die  armen 
madrutschischen  knecht  Yon  iren  besoldungen  sogar  nicht  wüssen 
und  emp&hen.  Muessen  also  armselig  dahin  sterben  und  yerderben, 
wie  dann  ir  vil  im  leger  hin  und  wider  peÜen  gehen.  0  wie  ein 
schwaere  Verantwortung  legt  ime  der  auf,  so  an  diesem  schuldig  ist 
and  ich  glaub  nicht,  das  in  solichem  regiment  vil  über  8000  gesunter 
Soldaten  mehr  verbanden.  Also  gehet  es  auch  mit  den  paepstlichen 
Soldaten  schlecht  genueg  zue.  Ire  haubt-  und  befelchsleit  angariziern^) 
dieselben  mit  dem  prott,  so  inen  teurer  einraumben  und  sonst  solicher- 
massen  halten,  das  sy  zue  20  und  dreissig  und  mehr  auf  ainmal  ent- 
laufen. Sonst  ist  die  vestung  Eanizsa  nunmehr  zimblich  beschossen 
und  hat  bei  weiten  die  gestalt  nit  mer  wie  zuvor.  Wan  wUr  nur 
erfahren  mochten,  wo  sich  der  pascha  versteckter  befinde.* 

Der  Herzog  von  Mantua  hat  (in  Folge  des  feuchten  Wetters 
jedenfalls)  eine  Geschwulst  am  Knie  bekommen. 

29.  September.  ....  Mit  denen  alberait  piantierten  zwelf  stücken 
ist  ain  gueter  anfang  der  beschiessung  gemacht  worden,  aber  die 
Türken  werden  nit  feyren,  das  verprochen  widerumb  zu  flicken  und 
dise  nacht  fleissig  zue  arbeiten,  also  das  morgen  (mit  goettlicher  ver- 
leichung)  ermelte  beschiessung  iren  wircklichen  vortgang  eraichten 
wirdet  und  ist  gleich  recht,  das  diss  werck  an  dem  kirchenfest  des 
heiligen  Hieronymi  fÜrgenomben  wirdet,  dann  weil  er  nicht  weit  von 
hinnen  gepürtig^)  kann  er  ein  furpitter  sein,  damit  sein  vaterlandt 
von  des  Türken  tyrannischen  gewalt  erledigt  werde.* 

*)  Von  angariare  =  pressen,  plagen.        ')  Er  war  geboren  zu  Striden  in 


302  ßtauffet. 

Anbei  ein  Brief,  der  beweist,  wie  die  losen  Leut,    am  uns  zu 
erschrecken  beiorug  gebrauchen;  es  soU  ihnen  aber  nicht  gelingen^). 

30.  September.  ,,  Vorgestern  sein  abermal  etliche  gehuldigte 
paum  aoss  der  vestung  entloffen,  aber  ins  leger  nicht,  sonder  an 
irem  geraden  haimb  ziehen  auf  klain-Comorn  komben.  Melden,  das 
unsere  stuck  der  hauptbatterie,  da  der  stürm  darauf  hette  erfolgen 
sollen,  in  die  50  pandum  und  ross  noch  aimal  sovil  Türken  erschlagen 
und  geschedigt  und  wan  man  auf  die  brescia  komben  were  und  sich 
die  unsserigen  recht  atachieren  betten  migen,  würden  sy  sich  der 
vestung  leicht  insonderheit  aber  der  herr  obrist  von  Herberstein  der 
schanz  gewiss  impadroniert  haben,  dan  sich  die  Türken  sonderlich 
alda  sehr  gefurcht,  darumben  sy  auch  in  so  gueter  anzal  zu  der 
resistenz  dahin  geloffen ;  profiandt  und  munition  sey  nunmehr  in  der 
yestung,  fuetterung  aber  gar  nichts  ve^handten;  dahero  sich  nun  die 
belegerten  allezeit  resolvieret  haben  sollen,  das  hauss  noch  acht  tag 
zu  halten,  da  aber  inzwischen  khain  hilf  und  entsazung  kombt,  wolten 
sy  es  entlich  aufgeben.  Gott  verleiche  die  daraufvolgunde  volziechung, 
damit  wurde  yil  bluetvergiessen  verhüetet  Sonst  sein  die  Soldaten 
zum  stürmen  noch  willig,  sonderlich  weil  ain  schweizer,  den  man 
beym  zeugwesen  als  ainen  haubtmann  brauchet,  ain  prucken  gemacht 
die  der  Fretterischen  (!)  ingegniem  alle  weit  übertreffen  thuet  Mau 
vermaint  genzlich  ainen  frischen  sturmb  noch  vor  dess  kayserlicheu 
krüegshoers  ankonft  zu  tentiern. 

Wür  lassen  von  unserm  schüesseu  noch  nit  ob,  denn  an  der 
munition  noch  kain  genzliche  entblessung;  aber  der  feindt  ist  mit 
grossen  stucken  gar  still,  allain  was  er  bey  der  nacht  mit  mossketteu 
auf  die  arbaiter  zülen  thuet. 

Dess  feindts  hierherrucken  heret  man  über  die  aussgeschickteu 
Tschetten  gar  nichts;  dahero  nun  zu  vermueten,  wan  der  feindt  er- 
fahren wirdt,  das  unsere  bede  christliche  hoer  zusamben  stossen,    so 


^)  In  diesem  angebliclien  Schreiben  wird  dem  Befehlshaber  von  KaniKsa 
baldiger  und  starker  Entsatz  versprochen.  Zuerst  soll  der  Beglerbeg  Mahoined 
Pascha  kommen,  dann  am  2.  des  folgenden  Monats  will  der  Vesder  selbst  kommeD 
und  zwar  »mit  Janitscham,  Spahis  und  andern  Eriegsleuten*,  die  sich  ins- 
gesammt  »auf  200,000  erstrecken  möchten.*  Dazu  sollen  200,000  Tartaren  er- 
scheinen: »damit  auf  der  einen  Seite  wir,  auf  der  andern  die  Tartaren  dio 
Christen  umringen.«  »Wann  die  Christen  unser  Lager  sehen,  werden  sie  darüber 
erblinden.«  »Ich  hoff  in  Gott,  die  Schelmen-Christen  werden  ihre  letzte  Zeit 
haben  und  du  selbst,  wenn  wir  angreifen,  aus  der  Festung  &Ilen.  Ich  bin  froh» 
dass  ihr  mit  Proviant  und  Munition  ziemlich  versehen  seid,  wir  wollen  aber 
bald  kommen,  euch  zu  helfen.«    f.  108. 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durcli  die  cbrisiL  Truppen  i.  J.  1601.      803 

I 

würdet  sich  hierhenrertB  nit  wagen,  darauf  uim  die  gewisse  eroberung 
Eanizsas  zu  hoffen.* 

um  die  Lücke,  welche  bedauerlicher  Weise  f&r  den  ganzen 
October  in  den  Berichten  Feter  Casals  vorhanden  ist  (es  liegt  näm- 
lich nur  ein  Brief  vom  31.  October  yor),  einigermassen  auszufüllen, 
geben  wir  iiTi  folgenden  einen  Bericht  aus  eii^er  der  halbjährigen 
Zeitungen  dder  Messrelationen  über  das  Haupfcereigniss  des  Monats, 
über  den  unglücklichen  Versuch,  Kanizsa  durch  einen  Sturm  in  die 
Hand  zu  bekommen.  Derselbe  ist  bisher  noch  nicht  benutzt  worden 
und  dürfte  durch  seine  Ausführlichkeit  und  Deutlichkeit  die  bis- 
herigen bekannten  Berichte  weit  übertreffen.  Besonders  bemerkens- 
werth  muss  es  auch  erscheinen,  dass  in  demselben  die  feige  Haltung 
der  Italiener  tadelnd  bemerkt  wird^). 

.Wie  der  Sturm  vor  Eanizsa  den  28.  October  abgangen.* 
«Drey   stund  vor  Tags  rüsteten  sich  die  Haupter  und  Soldaten 
zum  Sturm.     Nach   gehaltenem  gottesdienst  yerf&gte  sich  Erzherzog 
Ferdinand  hinauss  in  eine  Schantz  den  Sturm  zu  sehen.    Vor  Auf- 
gang der  Sonnen  erzeigt  sich   ein  zimblicher  Nebel,   aber   ein  Weg 
als  den  andern  hatte  umb  ein  guts  darvor  die  frische   Baterey   iren 
an&ng  mit  schiessen  genommen,    die   damit    guter  Fruchtschaffung 
continuirte.    Als  nun  alle  notturft  fertig  und  die  Sonn  nunmehr  hell 
schiene,  führten  die  Obersten  und  Befehlsleut  ire  knecht  gegen  dem 
Graben  der  Festung,  die   sich  im  Anlauf  lustig  erzeigten;  zugleich 
sähe  man  auf  der  andern  Seyten  zu  der  rechten  Hand  den  Obersten 
von  Herberstein  sampt  seinen  Haufen  von  weitem  durch  das  Gemoess 
hinzurücken,    wie   ihm   dann    auf  derselben    seyten    der  anlauf   zur 
Pasteyen  und   folgends  zu  der   Festung   assignirt  worden.     Endlich 
ward  das  Zeichen  mit  Drommeten    und   Heerpauken    gegeben,    die 
Stück  wurden  ohn  ünterlass  lossgebrand,  die  dann  zu  Zerschmetterung 
der    Türken  flückerischen   Gebaw   und   ihre   selbs   Hinrichtung   wol 
gangen;-  unter   anderm   ward   ein  Türk,   so   den   Blutfahnen   neben 
ihrem  Hauptfahnen  zu  schwingen  anfieng   und  folgends  aufstecken 
weit,  getroffen,  dass  er  mit  dem  Blutfahnen  nicht  mehr  herfÜr  kam. 

Indem  unser  Volck  hinzu  nahete,  liess  der  Feind  auch  seine  Stück 
etlichmal  lossbrennen,  ja  der  Fleiss  zu  seiner  Resistenz  war  so  gross, 
dass    er  etlich  Kugeln  gar  hinauss   auf   unser   Beuterey,   doch   un-  ' 
getroffen,  fliehen  liess.  Das  Geschrey  gieng  zu  beyden  TheUen  starck 
und  wurden  durch  beyderseits  Mussquetten  nit  wenig  getroffe;D. 


1)  Maurer  1602  I  p.  82,  Stieye  1.  c.  Nr.  180. 


304  'Stauffer. 

Als  nun  der  Feind  auf  der  andern  Seiten  den  von  Herberstein 
und  Sforza  durch  das  Oemoess  mit  zimblichen  Yolck  kommen  sähe, 
gab  es  wegen  der  Zertheilung  unter  ihnen  ein  gross  geschrey  und 
man  sähe  gegen  der  Schantz  der  rechten  Hand  ein  anzahl  Türken 
auss  der  Festung  laufen,  welche  gegen  den  Herbersteinerischen  ir 
Geschütz  etlichmal  lossgebrand  und  deren  ein  zimbliche  Anzahl 
nidergeschossen.  Etlich  haben  biss  an  den  Halss  waten  müssen,  dero- 
wegen  mit  ihren  Wehren  nicht  fortkommen  moegen,  sondern  mehr 
zurück  als  für  sich  zogen.  Weil  die  Feind  diese  Leyten  meisten 
Theils  verliessen,  wurden  hierherwarts  nicht  mehr  so  viel  Schüss 
gethan  als  was  die  Stück  beyderseyts  weg  nahmen.  Einer  unter 
unsem  Büchsenmeistern  hielt  sich  übel,  richtet  ein  Stück  gegen  der 
Festung,  dass  die  Kugeln  in  unsern  HaufiPen  einen  bey  den  Graben 
traff  und  schlug  wol  acht. zu  tod.  Von  einem  Türken  war  auch  ein 
Baepstlicher  Oberster  Manchone  geschossen. 

In-  diesem  Treffen  kam  Ertzh.  F.  eine  boese  Post  nach  der  andern, 
als  die  Baepstischen  betten  die  Brücken  gar  nicht  werfen  moegen^ 
dann  auss  dreissig  Persohnen,  so  dieselbe  getragen,  vier  und  zwantzig 
geblieben.  Herr  Oberst  von  Madrutz  berichtete,  sechzehen  der  seinen 
betten  die  ander  Brücken  getragen,  die  wehren  blieben,  darauff  er 
andere  geordnet,  die  weren  auch  blieben,  zum  dritten  wolten  sie  es 
nicht  wagen.  Von  andern  Orten  kam  Bericht,  die  Brücke  were  zu 
kurtz  gewesen  und  endlich  erführe  man,  dass  der  von  Herberstein 
und  Sforza  wegen  tiefe  des  Gemoess  nicht  weiter  gehen  moegen. 
Ist  also  meniglich  wider  abgezogen  und  war  schon  über  Mittag.  In 
diesem  Anlauf  ist  den  Italiaenem  das  Biesenhertz  bald  entfallen,  dass 
sie  das  Stürmen  nit  continuiren  woellen,  als  sie  gesehen,  dass  ihre 
ein  Theil  übel  Ton  Türken  mit  dem  Geschütz  empfangen  worden.* 
Nach  der  Aussage  etlicher  Bauern,  die  aus  der  Festung  Eanizsa  ent- 
sprungen, sollen  bei  600  Türken  und  Bauern  drinnen  gewesen  sein, 
als  der  Anlauf  geschah.  Diese  haben  sich  ritterlich  gewehrt,  auch 
Tag  und  Nacht  gearbeitet  und  das  wieder  aufgebaut,  was  die  Christen 
bei  Tag  niedergeschossen  hatten.  „Zudem  sie  unzehlbar  Fewrkugelu 
und  Bechkraentz  herauss  geworfen,  dadurch  der  Italiener  Schantz- 
koerb  fast  verbrunnen." 


31.  October  1601.  Casal  an  die  Erzherzogin.  »Der  regen  hat 
den  ganzen  tag  biss  auf  diese  halbe  nacht  noch  nit  auf  heren  wellen, 
seitemal  aber  ein  starcker  windt  darzue  gestossen,  ist  ain  bessers 
wetter  zu  hoffen.  Wür  haben  unss  gleich  darein  ergeben,  es  sey 
nach  dess  allmechtigen   willen  aintweder   drucken   oder  nases  wetter 


Die  Belagerung  von  Kanizsa  durcli  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      ^05 

verbanden ;  wie  hart  aber  den  wacbtenden  und  ubelbeklaidten  Soldaten 
dise  zeit  ankombe^  ist  mitleidig  zu  ermoessen.' 

Madruzzi  meint^  man  könne  auch  bei  diesem  nassen  Wetter 
etwas  FruchtbarUcbes  gegen  den  Feind  zu  wege  bringen;  wollen 
sehen,  wie  es  damit  ist. 

,  Ain  guete  sach  ist  uns  begegnet,  das  auss  der  yestung  ain  crist 
und  alter  pribecki)  gestern  hinüber  in  das  itaüenische  leger  ent- 
Sprüngen  und  heut  spat  alher  gepracht  worden ;  wass  nun  irer  beeder 
aussagen  mit  sich  und  nemblichen  vil  guets  bringen,  also  das  unsere 
Sachen  (den  almechtigen  sey  lob)  noch  in  gueten  terminis  continuirn, 
ob  es  ja  hart  und  langsamb  zugehet* 

1.  November.  «Der  almechtig  hat  unss  abermal  guetes  wetter 
verheben,  allain  das  der  windt  so  starck  gangen,  das  vil  zeit  nider- 
geworfen  und  zerrissen,  darunder  dann  auch  meines  g.  herrn  und 
Don  Johanns  selbst  nicht  verschonet  worden. 

Also  ist  uns  auch  disen  abent  dise  gewünschte  zeitung  komen 
der  vezier  hette  sein  volck  nicht  mer  beysamen,  sonder  wie  dasselbe 
alberaith  zertailet,  also  betten  wür  unss  auch  kainer  entsatzung  im 
wenigsten  zu  besorgen,  erwarten  also  dess  herrn  Brenner')  mit  ver- 
langen, damit  wür  diss  noch  ein  mehrers  erfahren. 

Nach  accomodirung  des  wetters  hat  man  nicht  allein  auss  dem 
walt  von  neuem  peisch,  schanzkerb  und  holz  mit  häufen  zufieren, 
sondern  auch  an  der  noch  imvollenden  retirada  zue  arbaiten  an- 
ge&ngen.  Ist  man  mit  diser  arbait  fertig,  so  hat  kain  verere  ent- 
schuldigung  statt,  sonder  der  stürm  kan  mit  sichern  fuess  geschehen. 

Die  vergangne  zwo  naecht  haben  die  unserigen  den  Türken  mit 
Tleiss  ainen  plinten  lermen  zu  etlich  malen  gemacht;  sy  sein  aber 
so  ai^listig,  das  sy  es  gemerckt  und  sich  nit  vil  daran  «gekert  und 
ob  sy  wol  auf  die  mauern  geloffen,  so  haben  sy  doch  nit  schiessen 
wellen,  weliches  dann  unser,  maists  end  gewest;  weü  sy  aber  das 
pulver  sparen,  ist  leichtlich  abzunemben,  sy  werden  dessen  nit  vil 
ubrigs  haben. 

Er  der  feindt  hat  sich  auch  dises  vortls  gebraucht  und  versuecht, 
ob  er  unser  maistethails  mit  holz  gemachte  und  angefüllte  approchi') 
und  Bchanzkerb  anzinten  mechte,  dann  es  sein  etliche  pfeyl,  so  er  mit 
einem  feurwerck  und  paumwol  daran  gehefft  gefunden  worden.    Diss 


')  Pervak :  Oberhaupt,  Dorfrichter.  Vgl.  Zwiedineck-Südenhorst,  Rupprecht 
von  Eggenberg  1.  c.  121»'.  •)  Vielleicht  Freiherr  Max  von  Breuner,  der  1608 
K&mmerer  im  Gefolge  des  Matthias  iflt  Stieve  1.  c.  Bd.  V,  615^.  Es  war  aber 
auch  ein  Oberst  Breuner  im  Heer  vor  Stuhlweissenburg.  •)  Die  mit  Brust- 
wehren versehenen  Laufgräben. 

Mittheilniifoii  YIU  20 


306  Stanffer. 

werck  aber  sicliet  yilmelir  arnem  kinderwerck  gleich,  als  das  es  wass 
effectuim  und  schaden  solle  und  wan  es  inen  gleich  geriethe,  so  sein 
doch  die  wachten  jederzeit  also  gericht,  das  sj  das  angezindte  mit 
dem  gleich  an  der  handt  Yorhandnen  wasser  leschen  künnen.  Die 
schanz  an  der  rechten  handt  wirdet  von  dem  feindt  umb  ein  guets 
erhebt;  man  hat  arbeiter  und  under  andern  ainen  caemeln,  den  sy 
vielleicht  zum  geschizmcken  gebrauchen,  darinnen  gesehen.  '  Es  ist 
klar  abzunemben,  das  sy  sich  von  derselben  seiten  sehr  fürchten, 
wan  nur  anjetzt  das  wasser  nit  so  kalt  waere. 

Es  sein  zwar  heut  in  die  sechzig  madruzzische  knecht  begraben 
worden,  aber  die  maisten  werden  darunder  kranck  und  geschoedigt 
gewest  sein;  dann  weil  die  gesundten  in  diser  angehenden  kelten  zu 
schaffen  haben,  wie  künnen  die  krancken  bestehen  und  dem  feindt 
kan  es  ditsfals  auch  nit  wol  gehen,  weil  er  kain  prennholz  hat.' 

2.  November.     „Die  goestrige  zeitung  des  feindts  zertrennung 
wegen  continuirt  mit  gewisshait,   dann  unss  diejenige  vertraute  per- 
son,  darvon  ich  neulich  andeitung  gethan^),   lauter  geschriben:  (wie 
sie  dann  dise  eingehende  nacht  alher   ins  leger  selbst  kamen  solle). 
Der  vezier  hätte  sein  undergebnes  volck  wider  seinen  willen  und  mit 
gewalt  abziehen  miessen  lassen.   Die  Janitscharen  haben  durchaus  nit 
lenger  verharren  wellen,  sonder  wol  in  drey  tausend  schuss  auf  sein 
zeit  gethon,  also  das  sy  ine  schier  erschossen  betten,  weliches  dann 
bey  Tolnock  geschehen  sein  solle   und  weil   er  vezier  ferrer  nit  ver- 
bleiben künnen,   hat  er  die   übrigen  auch  abziehen   lassen  und  den 
benachporten  heubtem  bevolchen,  wan  wür  Eanizsa  erobert,  so  sollen 
sy  kain  umbligendes  hauss  ausser    Siget   und   Gapuschwaer  halten, 
sondern  Babotsch   und   die  übrigen  grenizheiser  nur  aufgeben  oder 
verlassen.  Darmit  ist  aller  feindlicher  securs  erloschen,  der  unss  auch 
bei  der  waelschen  knecht  heufiger  entlaufung  und  der  Teutschen  hin- 
sterbung sehr  übel  bekommen   waere.    Inmassen   dan   nur   heutiges 
tags  in  die  ainhundert  und  zwainzig  knecht  begraben  worden.     Da 
künnen  nun  E.  D^  mitleydig  erwegen,  was  vor  disem  Eanizsa  für  ein 
grosser  freythof  gemacht  werde   und  ich  bin  mit  vilen   andern   der 
mainung,  wür  betten  zu  schaffen,  in  unserm  ganzen  leger  acht  tausent 
streitbarer  mannen   nunmehr   ausszuschiessen ;   dennocht  wollen  wür 
60  lang  es  dem  allmechtigen  gefeilig,  ausharren.* 

Zwei  Türken  wurden  in  der  Nähe  von  Babotsch  gefiftngen.    « Die 
zwen  auss  Eanizsa  letztentsprungene  sein  heut  in  unsere  schanzen  und 


>)  Der  Brief,  in  dem  Casal  dies  thut,  ist  nicht  vorhanden. 


Die  Belageriing  von  Kanizsa  durch  die  dirigtl.  Truppen  i.  J.  1601.      307 

reidrada  gefürt  worden,   damit  sy  alles  das  zaigen  migen,  dessen  si 
sich  in  Iren  aassagen  anerboten. 

Man  hat  die  gemachten  prucken  und  vorgehabten  schoef  über 
den  graben  versuecht  und  alles  gaet  und  reuscierlich  befunden,  under 
andern  auch  wargenomben,  wie  der  groben  am  eck  des  polwercks 
auf  der  lincken  handt  diserseits  nicht  drey  klafter  brait  sey;  diss 
sein  nun  soliche  Ursachen,  die  ainen  stürm  mit  Christen  maturiern 
werden.  Ich  mechte  aber  wol  leiden,  dass  die  Italiener  was  fleissiger 
arbaiteten  und  ainist  an  das  ort  kaemen,  dessen  eraichung  sy  sich 
noch  vor  etlichen  wochen  geriembt  haben ;  sy  brauchen  das  holz  und 
die  peisch  yil  lieber  zum  prennen  und  wermen  alss  zue  der  übrigen 
retirada  und  dannocht  werden  nur  sy  die  fleissigsten  gewest  sein  und 
alles  yerricht  haben,  was  will  ainer  mit  disen  leiten  anders  anfangen 
als  mit  gedult  alles  zu  übertragen. 

Des  alten  herrn  Yon  Eggenberg  Carls  (!),  so  unss  vor  wenig 
joren  die  eroberung  Fetrinas  currierweiss  gebracht,  ist  heut  an  beiden 
henden  mit  ainen  schuss,  alss  er  den  Soldaten,  die  auf  den  weren 
stehende  Türken  zue  der  coglierung^)  gezagt,  mit  verlezung  der  finger 
geschoedigt  worden.  Anjezt  wirdet  man  tapfer  arbaiten,  weil  ich 
auss  der  festung  mit  mosketen  zimblich  schiessen  here. 

F.  S.  Oleich  jezt  kombt  ein  curier  yom  herrn  Freiner,  das  der 
erzherzog  Matthias  unss  mit  zwayen  regimenten  und  500  pferdten 
zuspringen  woelle,  des  dan  angenomben,  gleichwoU  noch  mer  pferdt 
begert  Aber  sy  werden  sambt  dem  fuessvolck  vor  zehen  tagen  hart 
alhero  gelangen. ' 

3.  November.  » Unter  denen,  so  sy  dise  nacht  gegen  den  graben 
mit  der  arbait  avanziert,  sollen  sich  die  Florentiner  am  besten  ge- 
halten haben,  darmit  fahret  man  algemach  fort.  Ich  bin  aber  der 
meinung,  wan  es  zue  dem  rechten  stürm  angehen,  das  man  ein  frische 
und  nembUch  die  dritte  batteria  f&memben,  die  aber  nit  lang  weren 
wirdt:  dieses  hette  man  im  anÜEmg  wol  ersparen  und  die  sach  auf 
ainige  haubtbeschiessung  richten  moegen.* 

Da  die  Türken  wol  nur  sehr  wenig  Fulver  haben,  schiessen  sie 
wenig  in  den  letzten  Tagen  und  mit  den  grossen  Stücken  gar  nichi 

,£s  ist  meinem  g.  herrn  gerathen  worden,  weU  die  impresa  der 
festung  Gastaguoniza^)  der  Zeit  in  gueter  hoffnung  stehe,  das  L  D^ 
aiii  anzal  mijb  einem  petaert  hinschicken  und  die  eroberung  tentiem 
solle,  weliches  dan  auch  dise  tag  in  höchster  still  geschehen. 


0  Cogliere  ==  Colpire  =  zielen.        *)  Gemeint  ist  die  Festung  Eostainicza. 

20* 


308  Stau  ff  er. 

AusB  meinein  heutigen  postscripto  werden  E.  D^  mit  gnaden  ver- 
nomben  haben,  das  man  unss  aus  dem  kayserlichen  hoer  zway  regi- 
ment  knecht  und  500  pferdt  zuschicken  wirdet,  wie  nun  solicbes 
etliche  der  unserigen  vernomben,  haben  sie  vermeldet  und  sein  der 
mainung,  man  werde  dise  vestung  wol  ehundter  (mit  des  allmechtigen 
segen)  erobern  als  soliche  hilf  hieher  gelangen.  Das  verleihe  sein 
goetüiche  allmachi 

Die  zuf&erung  der  profant  wil  nunmehr  bey  dem  besen  weg  und 
verderbten  Strassen  nicht  so  dick  erscheinen.  Gott  gebe,  das  wür 
die  unss  zu  hilf  erscheinende  der  notturfb  nach  versechen  moegen/ 

4.  November.  ,,ünder  den  italianischen  Soldaten  ist  einer,  der 
die  türkische  sprach  kan.  Diser  ist  heut  gar  nahet  zuer  vestung  mit 
einem  schoenen  weissen  stuck  brot  gangen,  dasselbe  einem  Türken, 
auf  der  maur  steundt,  gezaigt  und  gesagt,  wass  weit  es  der  auf- 
gebung halber  so  lange  bedencken  haben.  Darauf  liefe  der  Türck 
stracks  zurück,  kam  palt  wider  und  bracht  ein  stick  piskoten  und 
traezet  hergegen,  mit  vermelden:  sehet  es,  das  wür  auch  noch  zu 
essen  haben. 

Sovil  die  arbait  belangt,  haben  die  gethreuesten  heüpter,  als 
Strassoldo  und  Madruzzi,  meinem  g.  herrn  disen  abent  referirt,  die 
Sachen  stundten  gewinschtermassen  gar  wol,  also  das  wür  in  wenig 
tagen  £.  D^  die  lengstgewinschte  guete. Zeitungen  moechten  zufürdem.' 

,Heut  sein  nur  der  grossen  langen  scheitter  zu  den  retiraden 
hundert  und  etliche  waegen,  70  schanzkerb  und  vil  peisch  gef&rt 
worden;  man  thuet,  was  man  kan  und  vil  ross  fallen  umb,  wann 
sy  sich  in  schwaeren  füren  erhizen  und  nachmals  in  der  kelten  stil- 
stehen, so  gehen  sy  dahin  und  ist  vilfeltigen  führen  nunmehr  sehr 
hart  zu  gevolgen.  Anjezt  here  ich  zimblich  vil  schuss  aus  der  vestung 
mit  doppelhaecken  und  mosketen;  ist  ain  zaichen,  das  die  unserigen 
starck  arbaiten.' 

6.  November.  „Der  Türk  hatt  unss  heut  gar  frue  und  vor  tags 
aufgemuntert,  dann  er  hat  einen  ausfall  gethan,  der  sich  unge&ehr 
nachvolgendermassen  verloffen. 

Ain  guete  stunt  vor  dem  hellen  tag  hereten  wür  etliche  unserer 
stuck  gegen  der  vestung  lossprennen  und  darneben  ain  grosses  ge-> 
schray  der  Türken  und  war  doch  in  unserm  quartier  kain  lermen, 
aber  dannocht  stuende  man  in  bereitschaft,  weil  unsere  stuck  mit  der 
lossprennung  oft  und  dick  widerholt  waren  und  dis  werete  &st  ein 
halbe  stundt,  letzlich  ritte  einer  nach  dem  andern  daher;  brachten 
I.  D*  die  potächaft,    das    der  feindt  wol   mit  zwanzig   tahnen  und  in 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      309 

die  hundert  starck  herauss  auf  die  paepstliche  und  florentiniBche 
wachten  und  gar  auf  die  madrutzischen  gefallen,  aber  kaine  pichsen 
sonder  maistestails  nur  saebl  gebraucht  Die  unserigen  liessen  sich 
anfangs  zum  thail  schroecken  und  ihr  zwen  waren  nidergesaebelt,  ja 
der  ausfall  geschähe  so  weit  herf&rwerts,  das  die  unserigen  auss  zwayen 
ridotti  schon  yerjagt  waren,  aber  es  befunden  sich  under  den  paepst* 
liehen  drey  tapfere  Soldaten,  die  den  Türken  redlichen  widerstandt 
mit  langen  spiessen  und  helleparten  nicht  allain  erwisen,  sondern 
neben  etlicher  erlegung  und  sonderlich  eines  fendrichs,  ainen  rotten 
fahnen  mit  einem  gelben  strich  darvon  brachten  und  den  feindt  allere 
dings  in  die  flucht  und  widerumb  zurück  in  die  vestung  schlugen. 
Das  geschrey  aber  war  so  gross  under  den  peswichten,  das  wür 
gaenzlich  vermainten,  inen  kaem  etwo  ein  sucurs,  weliches  unss  dann 
umb  soVil  mehr  bestaettete,  das  aber  ein  weil  hernach  potschaft  kam, 
man  hette  bey  der  wacht  zehen  türkische  pferdt  wargenommen;  da-< 
rauf  dann  alsbald  ain'  tschette  in  gueter  anzal  nachgejagt  worden. 
Nach  gestiltem  rumor  und  heraufgebrachten  fahnen  kamen  etliche 
italianische  Soldaten  und  brachten  in  die  zehen  dicke  pechkraenz  und 
ain  trichel^)  mit  werch  von  pech  und  pulver  bestrichen.  Wass  sy 
nun  mit  diser  gattung  thuen,  das  sy  naemblichen  unsere  approchi 
oder  ridotti  anzinden  wellen,  ist  leicht  abzunemben,  betten  es  auch 
nit  underlassen,  wan  inen  nur  die  zeit  darzue  gelassen  worden  were ; 
dannocht  haben  sy  noch  ein  köpf  der  unserigen  mit  sich  gefüert. 
Berürten  ihren  fahnen  hat  man  inen  fein  im  gesiebt  den  ganzen  tag 
stecken  lassen,  darauf  sy  dann  oftmals  geschossen. 

Es  ist  zu  hoffen,  sy  werden  solicher  gestalt  sobald  nit  mer 
komen  und  dis  wird  den  unserigen  ein  guets  herz,  dem  feindt  aber 
ein  schroecken  eingejaget  haben. 

Ire  koepf  wird  man  dise  nacht  suechen  und  dieselben  auch  auf- 
stecken. Weyl  sy  kain  pulyer  gebraucht  ist  es  ain  gutes  zaichen, 
wie  auch  der  aüs£ftll  ihren  ubelstand  bedeitei' 

Ein  Welscher,  der  vor  7  Wochen  von  den  Türken  gefsrngen 
wurde,  ist  entsprungen;,  der  kann  uns  gute  Auskunft  geben. 

7.  November.  .  Der  gestern  entsprungene  soldat  ist  ein  ein£Eieltiger 
brueder,  der  wenig  gesehen,  denn  er  hat  allzeit  im  stall  verbleiben 
müssen  und  lang  nicht  hin  und  her  gehen  dürfen,  diss  aber  hab  er 
uocli  gesechen,  das  man  ein  feines  ross.zu  schlachten  hergenomben. 

Weil  unsere  ridotti')  nunmehr  ainist  so  nahet  zur  vestung  be- 
stellt, künen  die  Soldaten  gegen  den  weren  auf  die  Türken  straifen, 


0  Kleine  Truhe .        <)  Schanzen. 


310  Stauffer. 

wie  es  dann  und  dem  feindt  mehr  damit  schaden  beschicht,  ab  wür 
von  ihme  empfahen. 

Auf  einer  der  vorigen  prucken  bei  dem  graben  zum  verrern  ge- 
brauch verlassen  und  dameben,  haben  die  unserigen  in  die  20  lange 
püschen  küen  und  langen  und  subtilen  hoelzem  zusambengefiegt  und 
mit  pech  überstrichen  gefunden  und  in  unser  quartier  gebracht,  daraiu 
nun  abzunemben,  das  die  Türken  kainen  vleiss  sparen  werden,  xmaei 
arbait  anzuzinten.* 

9  Herr  graf  von  Serin  hat  nunmehr  über  hundert  personen  der 
seinigen  nit  bey  ime  und  er  selbst  hat  auch  veraissen  wellen,  aber 
mein  g.  herr  hat  ine  noch  auf  etliche  tag  erbeten. 

Ihr  vil  sein  der  mainang  die  kayserliche  kriegshilf  werde  am 
nechsten  freytag  oder  sambstag  nit  weit  von  unss  sein.  Es  vrill  disen 
heubtem  soliche  ankonfb  nit  zum  boesten  gefallen,  darumben  erscheinen 
sy  anjezt  vil  vleissiger  als  zuvor  und  je  geschwinder  sy  zue  dem  ernst- 
lichen thuen  greifen,  je  mehr  haben  wir  zeit,  was  mehrers  zu  ver- 
richten und  im  fall  dass  die  kugeln  nit  verhindern,  stehet  es  noch 
an  dem,  wie  ich  gestern  geschriben. 

Es  ist  gleich  jetzt  einer  auss  den  schanzen  herauf  komen,  ver- 
meldet, es  sey  nicht  allain  zue  zwaymal  ain  grosser  rauch  in  der 
vestung  aufgangen,  sonder  die  Türken  heten  auch  die  porten  her- 
werts,  so  mit  erdreich  angefillt  wor,  ausgeräumt;  zue  was  ende  es 
nun  geschehen,  wirdt  bald  ausbrechen,  aber  vleissiges  aufmercken  zu 
haben  von  netten  sein.** 

3.  November.  Die  bewusste  vertraute  Person  lässt  durch  einen 
Bauern  entbieten,  dass  der  Vezier  Tartaren  sammelt  und  seine  Janitscbaren 
wiederberuft;  man  erwartet  schriftliche  Nachricht  und  mehr  Gewiss- 
heit. Wenn  es  auch  wahr  sein  sollte,  so  besorgen  wir  trotzdem  nicht 
allzuviel,  «weil  die  kayserlichen  regiment  und  pfaerdt  verhoffenÜich 
ehunder  zue  unss  stossen  werden ;  zudem  der  vezier  mit  seinem  volck 
vor  6  tagen  hierher  von  Fünf  krrchen  nit  gelangen  kann.  Entzwischen 
aber  künen  wür  von  unsem  ausgeschickten  und  sonst  allerlay  erinde- 
rungen  empfachen  und  vememben.  Ich  bin  aber  der  meinung,  als- 
bald der  feindt  vernemben  wirdt,  das  aus  dem  kayserlichen  leger  so 
ain  grosse  anzahl  zn  unss  stosset,  er  werde  ime  gar  nit  alhero  ge- 
thrauen.  Wann  nun  diss  geschieht,  so  sein  wür  diser  vestung  (mit 
goettlichen  beystandt)  umb  so  vil  mehrers  vergewisset 

Und  weil  die  karthaunen-kugl  alberait  angelangen,  ist  zue  hoffen« 
man  werde  noch  vor  ankonft  der  kayserlichen  kriegshilf,  was  za  Ter- 
ßuchen,  nit  underlassep, 


Die  Belagerung  von  Eanizsa  durch  die  christl.  Truppen  i.  J.  1601.      311 

Also  hat  man  auch  meinem  g.  herm  in  Intention  geben,  dise 
nacht  mit  fewrwerck  was  intentionieriL  Heut  ist  der  Kaerner^)  fendl, 
80  bis  dato  die  prucken  an  der  Mar  und  das  profant  verwacht,  ebner- 
massen  ins  leger  gelangt,  alda  wür  dan  dessen  besser  bedirfen  und 
waere  zu  winschen,  dass  alle  unsere  fendl  von  dritthalb  hundert  wie 
dises  starck  waere. 

Ain  meyl  wegs  von  hinnen  underhalb  S.  Niclae,  da  wür  auch 
ain  fendl  in  der  besazung  haben,  ist  ainer  auss  dem  gemoess  herfür- 
gehundt  gesehen  und  Yon  einem  zue  fuess,  der  umb  gras  hinaus- 
gangen, zwar  ergrifen  worden,  alsbald  aber  die  ergreifung  geschehen, 
hat  er  sich  anderer  gestalt  nit  gewert,  als  das  er  stracks  ii^  den 
puesen  griffen,  etliche  brief  in  tafet  eingemacht  und  einer  mit  drei 
pettschaft  Termacht,  herausgenomen,  von  sich  geworfen  und  ent- 
wischt. Der  unserige  hat  ime  gleich  nit  nachgeylt,  weil  er  nur  zue 
fdess  und  villeicht  mit  ainicherlay  wafen  nit  versehen  gewest.  Wirdt 
also  dise  person  ainer  aus  den  verraeterischen  poten  sein  und  ist 
wol  ein  beser  handl,  das  man  ine  nit  erhalten.  Die  brief  werden 
unzweifenlich  von  dem  pascha  von  Ofen  komen,  die  man  aber  noch 
nit  vertolmetschen  kunnen,  weil  der  tolmaetsoh  kranck.' 

9.  November.  .  .  .  ^Fürs  erste  nun  haben  £.  D^  die  erwischten 
türkischen  prief  in  originali  sambt  der  vertolmetschung  hieneben  zu 
vernemben  and  sich  neben  unss  zu  verwundern,  was  der  lotter  pascha 
zu  Ganisa  für  wunderliche  mittl  gebraucht  zu  unserer  forchteinjagung, 
aber  die  eingefürte  lugen  (mit  g.  erlaubnuss  zue  schreiben)  sein'  gar 
onzweiflich;  erst  heut  ist  meinem  g.  herm  erzelt  worden,  wie  es  mit 
erfindung  diser  brief  zugangen.*     Die  Sache  ist  nämlich  so  gewesen: 

Ein  Archebusier  hat  einen  Türken  am  Bande  des  «  gemoess  *  sitzen 
sehen;  als  der  Türk  ihn  bemerkt,  ist  er  geflohn.  An  der  Stelle,  wo 
der  Türk  gesessen  war,  fand  der  Archebusier  die  gedachten  Briefe. 
,  Und  die  maisten  heübter  unsers  legers  halten  es  für  ein  vertailigen 
betrag;  dann  weil  sy  sich  riemen,  sy  waeren  so  wol  versehen,  ist 
eben  das  widerspiel  zu  schliessen  und  zu  gedencken,  es  gehe  inen, 
den  belegerten,  gar  ubl  und  dessen  ist  man  wol  versichert,  das  inen 
weder  profiandt  noch  munition  hinein  kan. 

Diesen  abent  haben  wür  zwo  underschidliche  erinderungen  und 
annembliche  avisi  gehabt;  die  erste  ist  auss  beyligenden  des  herm 
Brenners  abschriftlichen  schreiben^)  zu  vernemben,  dass  unss  nemblichen 
inerhalb  dreyen  tagen  und  noch  ehunder,  wo  es  von  neten  vür  regi- 
ment  knecht,  als  das  Anhaltisch,  Breunerisch,  Hof  kircher  und  Bern- 
hauserische  sambt  den  Thumischen,  Sulzischen  und  Yohensteinerischen 

*)  K&mtner  Ffthnlein.        *)  Dieses  fehlt. 


312  Stauffer. 

zuvor  alhie  gewesten  reitern  mit  goetlicher  Verleihung  zuekomben, 
darmit  werden  wir  zum  besten  bestehen  und  den  feindt  wol  nit 
f&rchten,  wür  haben  dem  herm  bischaf  von  Bosna  zu  irer  pro&n- 
tierung  entgegengeschickt  und  eben  morgen  komben  sy  auf  sein 
guei'  Fürs  zweite  ist  die  Zeitung  gekommen,  dass  der  Yezier  seine 
Truppen  nicht  hat  zusammen  halten  können,  «ermelte  Zeitungen 
haben  die  heibter  und  das  kriegsvolck  dises  leger  sehr  erfreyet  und 
erquicket.  • 

«Under  den  madrutzischen  haben  sich  sechzehen  befunden,  die 
neulich,  da  man  den  stürm  anlaufen  wollen  zurück  und  aus  den 
schanzen  gewichen,  dahero  nun  über  sy  erkent  und  alle  zum  sträng 
verurtailt  worden.  Dieweil  man  aber  f&r  sy  gebeten,  hat  man  inen 
das  leben  geschencket,  doch  das  sy  vor  andern  neben  dem  graben 
arbaiten,  die  prucken  tragen,  richten  und  dergleichen  ge&ehrUche 
Verrichtungen  über  sich  nemben  sollen ;  da  werden  ohne  das  soUcher 
gestalt  ir  wenig  darvon  komen.' 

Johann  von  Medici  erzaehlt  mir,  dass  die  Türken  bei  ihrem 
jüngsten  Ausfall  einen  schlafenden  Posten  lebendig  in  die  Festung 
gebracht  haben. 

«Es  hat  der  feindt  die  vergangne  nacht  und  heut  mit  stainen 
uiid  ziegelstücken  geworfen;  dis  ist  auch  ftlr  unss  kein  beses  zaichen.** 

Beilagen  zum  9.  November.  ,  Inhalt  des  Schreibens,  so  der  Hassan 
pascha.  Zofer  aga  und  Saban  tuftedor  dem  vezier  gethan.^ 

Weü  der  herr  zu  wissen  begehrt,  wie  es  mit  uns  ein  gelegenheit 
habe,  also  ennder  ich  ine,  das  unss  bishero  noch  wol  ergehet;  mit 
profiant,  volck,  munition  und  andere  victualien  sein  wir  auch  zimblich 
versehen,  also  das  wir  dise  vestung  aufs  wenigste  vierzig  tag  wol 
erhalten  künen;  nichts  desto  weniger  bitte  ich  den  herm,  er  welle 
nicht  saumbig  erscheinen,  sonder  sich  ehist  hieher  ftlrdern,  dan  wir 
den  feindt  umb  das  er  zerstraet  und  in  acht  underschidliche  ort  aas- 
getailt  gar  leicht  schlagen  koenen;  aus  den  unerigen  seindt  nicht 
mehr  als  60  umbkomen."  etc.  etc. 

a  Wisse  verrer  der  herr,  wie  der  feindt  berait  einen  stürm  tentiert 
Aus  des  herm  schreiben  hab  ich  auch  vernomben,  wie  er  des 
feindts  hoer  in  Ober-Üngam  geschlagen,  etliche  stuck,  grosses  ge* 
schüz  und  viel  stattlicher  gefangener  bekomben.  Als  wir  dise  freliche 
Zeitung  vernumben,  sein  die  unserigen  alsbald  auf  des  feindts  munition 
gefallen,  etliche  nidergehaut,  etliche  aber  gefangner  in  die  vestung 
gebracht  Von  den  unserigen  sein  nur  zween  umbkomen.  Von  den 
gefangnen  haben  wir  auch  gern  vernumen,  das  der  herr  densig  erhalten. 


Die  Belagerung  Yon  Eanizsa  durch  die  Christi.  Truppen  i.  J.  1601.      313 

Zum  fall  der  herr  in  aigner  person  und  mit  dem  ganzen  hoer 
nit  erscheinen  kan,  wole  er  nur  die  40,000  man  und  30,000  Tartam 
sambt  etlichen  Begier  Begen  hierher  schicken;  yerho£Pen  den  feindt 
mit  zugebung  gottes  leichtlich  zu  erlegen." 

Das  zweite  Schreiben  angeblich  gerichtet  an  den  ^Ischenda 
Tseleby  und  den  andern  agis",  enthält  ganz  dasselbe  wie  das  erste, 
nur  wird  von  dem  gemachten  Ausfalle  in  prahlerischer  Weise  be- 
richtet: 9  Als  wür  dieser  tage  auf  des  feindts  munition  geschlagen, 
seind  die  f&membsten  aus  inen  nidergehauen  und  vil  gefangen  worden.  * 


Soweit  führen  uns  die  Berichte  Gasais.  Es  ist  bezeichnend  f&r 
dieselben,  dass  auch  in  dem  letzten  derselben  noch  keine  Ahnung 
von  dem  nahen  Yerhängniss  vorhanden  ist.  Gasal  ist  toU  der  besten 
Hoffnungen:  Die  Türken  werden  keinen  Entsatz  bekommen,  die 
Truppen  aber,  welche  uns  Entsatz  bringen  sollen,  sind  bereits  in 
unserer  Nähe,  es  wird  alles  einen  guten  Ausgang  nehmen.  Aber  es 
kam  ganz  anders.  Zwar  bekamen  die  Türken  wirklich  keinen  Ent- 
satz, während  Busworm  mit  den  christlichen  Truppen  am  14.  ins 
Lager  von  Eanizsa  rückte.  Doch  brach  nun  furchtbares  Unwetter 
herein,  Busworm  öffnete  dem  Erzherzog  Ferdinand  die  Augen  über 
die  Fehler  der  Belagerungsanstalten  und  am  16.  November  brach 
man  erschreckt  und  verwirrt  auf,  um  ohne  Ordnung  und  Besonnen- 
heit den  Heimweg  anzutreten.  Alle  Bemühungen  des  Marschalls 
Busworm,  we^iiigstens  einen  ehrenvollen  Bückzug  herbeizuführen, 
scheiterten^). 

■)  Alles  Nähere  hierüber  vgl.  in  meiner  Abhandlung  über  Rusworni  p.  88  fiP. 


i 


Kleine  Mittheilungen. 

Deber  em  Drkaideifnpieiit  ni  8t  fialleii.  Auf  der  Stiftsbibliothek  zu 

St.  Gallen  Ms.  Nr.  1394  befindet  sieh  ein  durch  y.  Arx  von  einem 
Bücherdeckel  abgelöstes  Bruchstück  einer  Urkunde,  welches  von  Fickler 
in  den  Quellen  und  Forschungen  zur  Geschichte  Schwabens  S.  5  nach 
einer  ihm  vom  Freiherr  v.  Lassberg  mitgetheilten  und  w^en  der 
vom  späteren  Drucke  mehrfach  abweichenden  Lesung  anscheinend  Ton 
demselben  gefertigten  Abschrift  veröffentlicht  wurde,  mit  dem  Be- 
merken, dass  nach  y.  Arx's  Vermuthung  das  Stück  um  840  geschrieben 
sei.  Den  Ausstellungsort  wusste  er  nicht  zu  bestimmen,  dachte  aber 
zunächst  an  die  Gegend  von  Zürich.  Das  Stück,  wurde  dann  noch- 
mals yon  Wartmann  im  ürkundenbuche  der  Abtei  St  Gallen  2,  399 
abgedruckt  mit  dem  Bemerken,  dass  durch  die  Ablösung  und  die 
Anwendung  von  Beagentien  der  grössere,  genau  bezeichnete  Theil 
unleserlich  geworden  sei  und  nur  nach  der  früheren  Abschrift  des 
y.  Arx  gegeben  werden  könne.  Hat  auch  Wartmann  •  auf  eine  Be- 
stimmung der  Ortsangaben  verzichtet,  so  bemerkt  er  bezüglich  der 
Zeit,  dass  die  Schrift  beinahe  noch  den  merovingischen  Cursivcharacter 
trage,  so  dass  unter  dem  erwähnten  Imperator  nur  Karl  der  Grosse 
oder  Ludwig  der  Fronmie  verstanden  werden  dürfe.  Aber  diese  An- 
gabe gibt  nur  einen  weiteren  Beleg,  wie  leicht  sich  auch  ein  so  ge- 
übtes Auge  in  der  Zeitbestimmung  nach  der  Schrift  irren  kann,  wenn 
die  Gegend  der  Entstehung  nicht  feststeht  und  es  sich  um  Stücke 
handelt,  die  nicht  aus  einer  grösseren  Eanzlei  hervorgegangen  sind, 
bei  denen  dann  leichter  individueller  oder  auch  antiquirter  Schrift- 
character  zur  Geltung  gelangen  wird.  Denn  das  Stück  kann  frühestens 
975  entstanden  sein. 

Hatte  ich  die  Urkunde  f&r  rechtsgeschichtliche  Zwecke  zu  be- 
nutzen und  lag  mir  daher  daran,  Zeit  und  Ort  der  Ausstellung  genauer 
zu  bestimmen,  so  bot  den  nächsten  Halt  der  bestimmt  auf  Italien 
deutende  Titel  Judex  domni  imperatoris,  während  zugleich  das  Vor- 
kommen eines  solchen  an  einem  kleinen  Orte  Entstehung  schon  im 
neunten  Jahrhunderte  unwahrscheinlich  machen  musste;   vgl.  meine 


Ueber  ein  Urkundenfragment  zu  St.  Gallen.  315 

ItaL  Forsch.  3^  5  ff.  Las  v.  Arx  den  Ausstellort  .Gemenne',  so  hat 
Fickler  »Lemenne*;  und  so  heissi  in  den  älteren  Urkunden  das  jetzige 
Almenno  nordwestlich  von  Bergamo.  Davon  ausgehend  liess  sich  mit 
Hilfe  der  im  Codex   diplomaticus  Langobardiae  vereinigten  Urkunden 
das  Nähere  leicht  bestimmen.    Wird  im  Bruchstück  eine  Ferlinda, 
Tochter  des  Bertari,  genannt  und  neben  ihr,  ohne  dass  sich  die  Be- 
ziehung beider   bestimmter  ergäbe,   ein   Graf  Atto,   so  ist  gar  kein 
Zweifel,  dass  wir  in  diesem  den  seit  957  oft  genannten  Grafen  Atto 
Yon  Lecco  zu  sehen  haben,   dem  Almenno  gehorte;  denn  die  neben 
ihm  genannte  Ferlinda  wird  seit  973   mehrfach  als  seine  Gemahlin 
erwähnt,  und  zwar  gleichfalls   ausdrücklich   als  Tochter  des   Bertari 
bezeichnet,  C.  L.  Nr.  750,  758,  763,  so  dass  jede  Verwechslung  aus- 
geschlossen isi     Lautet  nun  die  Urkunde  dahin,  dass  der  Bruder  des 
Atto    das   Mundium   über  Ferlinda   verkauft,   so   kann  die  Urkunde 
natürlich  erst  nach    dem  Tode  des  Bruders   ausgestellt  sein;   es  ist 
demnach  zweifellos  das  das  Yerständniss  erschwerende,    wohl  auf  ein 
«qd*  der  Urschrift  zurückgehende  « quod' in  beiden  Drucken  in,  quon-    , 
dam*  zu  ändern  und  die  unverständliche  Stelle  zu  lesen:  .pro  mundio 
Ferlinde  filia  Bertar[ii]   cognata  mea  [relicta]  quondam  Atoni  comiti 
de  loco  [Leu]co  fratri  meo. '    Atto  liess  975  Apr.  6  und  an  den  fol- 
genden Tagen,  vgl.  C.  L.  Nr.  757  ff.,  zu  Lecco  Urkunden  ausstellen, 
die  sichtlich  darauf  berechnet  sind,  der  Ferlinda  noch  über  die  ihr 
nach   dem  salischen  Becht  ihres    Mannes    zustehende  Tertia   hinaus 
Vermögensvortheile  zuzuwenden;  es  wird  darin  zu  seinem  Handzeichen 
bemerkt:   »qui  propter  infirmitatem  suam  menime   scribere  potuit*, 
so  dass  er  ganz  kurz  darauf  verstorben  sein  wird.     Jedenfalls  vor 
Juli,  wo  er  in  der  der  Ferlinda  zu  Almenno  ausgestellten  Verkaufe- 
urkunde  Nr.   763  als   ,  quondam  Atone'  bezeichnet   wird.    In  dieser 
werden  nun  weiter  auch  mehrere  in  dem  Bruchstück  erwähnte  Per- 
sonen genannt.     Einmal  der  kaiserliche  Judex  Dagibert,   dann  Gisel- 
bertns  de  Cisinusculo  und  Warimbertus  de  G[aligo],  genannt  nach 
OemuBco  und  Calco  südwestlich  von  Almenno.    Es  wird  weiter  nach 
der   für  Atto   am   9.  Apr.  ausgestellten  Nr.   760  eine  weitere  Per- 
sonenangabe   wahrscheinlich  zu   ergänzen    sein   mit:    Johan[nes   de 
Clavenna  lege  vivens]  Bomana  teste.   Danach  ist  gar  nicht  zu  zweifeln, 
dass  die  Urkunde  frühestens  975   ausgestellt  ist;  bei  der  Ueberein- 
stimmang  so  vieler  Personenangaben  aber  auch  schwerlich  viel  später« 
Fickler  bezeichnet  die  Urkunde  als  Ehevertrag.  Es  ist  allerdings 
nicht    anwahrscheinlich,   dass   das   Mundium   über   die   Wittwe   vom 
Bruder  des  Verstorbenen  dem  Bichardus  de  Tobiaco  verkauft  wurde, 
weil  dieser  jene  zu  heirathen  beabsichtigte.    Er  wird  973  in  Nr.  750 


i 


316  Kloine  Mittheiliingen. 

bei  Atto  und  Ferlinda  erwähnt,  aber  zu  Verona;  er  war  auch  nicht 
etwa  ihr  nächster  Schwertmage,  da  Nr.  758  ein  Bruder  und  ein  Neffe 
der  Ferlinda  genannt  werden.  Mag  aber  der  Verkauf  durch  beab- 
sichtigte Ehe  veranlasst  sein,  so  ist  wenigstens  mit  keinem  Worte 
darauf  hingedeutet;  und  es  scheint  mir  gerade  desshalb  die  Urkunde 
von  besonderem  Interesse  zu  sein.  Ist  sogar  Weiterveräusserung  yor- 
gesehen,  da  das  Mundium  dem  Käufer  ,et  cui  tu  dederis*  aufgelassen 
wird,  so  sieht  man  leicht,  dass  die  Formel,  nach  der  die  Urkunde 
gefertigrt  zu  sein  scheint,  nicht  blos  die  übliche  Dismundiatio  an  den 
Ehemann  im  Auge  hatte,  sondern  f&r  jeden  Verkauf  des  Mundinm 
verwendbar  sein  sollte.  Betont  Fickler,  dass  der  Verkauf  « iuxta  legem 
Bomanam*  erfolgt,  so  hat  das  insofern  keine  weitere  Bedeutung,  als 
der  yerkaufende  Diacon  Abo,  nach  seiner  Geburt  natürlich  gleich 
seinem  Bruder  Salier,  nur  seines  Standes  wegen  nach  römischem 
Bechte  lebi 

Innsbruck.  Julius  Ficker. 


BnuksUIek  eiaer  dentsdiei  Beirbeitinig  der  lltwten  steiriMheii  LudkuifffU 

TM  1186  ans  der  Zeit  tob  1239  bis  1251.  Unier  den  Handschriftenbruchstücken 
der  ftlrstlich  Fürstenbergischen  Hof bibUothek  zu  Donaueschingen  be- 
findet sich  auch  ein  Blatt  einer  Schwabenspiegelhandschrift,  die  zu- 
gleich die  hier  gebotene  üebersetzung  der  ältesten  steirischen  Hand- 
yeste yon  1186  enthält  Oeschrieben  ist  der  Codex  in  der  ersten 
Hälfte  des  14.  Jahrhunderts.  Das  Blatt  (beschriebener  Baum  18,6  cm 
lang,  1,40  cm  breit)  enthält  auf  der  ersten  Seite  yon  dem  Inhalts- 
yerzeichnis  des  Lehnrechts  cap.  89 — 141,  auf  der  zweiten  Seite  sind 
noch  eingetragen  cap.  142 — 147,  den  Best  (IVg  Spalten)  ftOIt  der 
Anfang  der  üebersetzung  der  Handyeste  vom  17.  August  1186  (ge- 
druckt bei  Zahn,  Urkundenbuch  des  Herzogthums  Steiermark  I,  651, 
Facsimile  bei  Muchar,  Geschichte  des  Herzogthums  Steiermark  IV)* 
Nach  den  Untersuchungen  yon  Luschin  (Die  steirischen  Landhand- 
festen in  Beiträge  zur  Kunde  steiermärkischer  Geschichtsquellen  IX, 
199  ff.)  sind  yon  einer  üebersetzung  dieser  magna  Charta  der  Steier- 
mark bislang  nur  Handschriften  des  15.  Jahrhunderts  bekannt,  die 
freilich  auf  eine  Vorlage  weit  früherer  Zeit  zurückgehen  müssen.  In 
dem  Donaueschinger  Blatte  ist  also  die  —  meines  Wissens  —  älteste 
Handschrift  einer  Üebersetzung  erhalten,  die  hier  wiederzugeben  ans 
dem  Grunde  nicht  überflüssig  ist,  weil  die  üebersetzung  eine  Ab- 
änderung bez.  Fortbildung  des  Bechtes  darstellt  und  wir  mit 
Sicherheit  das  Alter  der  üebersetzung  fixiren  können. 


ärüchstück  ein.  deutsch.  Bearbeitung  d.  steir.  Landhändvesie  V.  1 1 8<>.      317 

Das   Original   der   Handveste    ist  nicht   unverändert  geblieben, 
yielmelir  hat  Luschin  nachgewiesen,   dass   die  erste  angehängte  Be- 
stimmung noch  von  Herzog  Ottokar  herrührt,   also  Yor  1192  hinzu- 
gef&gt  sein  muss;  der  zweite  Zusatz,  der  in  den  ursprünglichen  Text 
von  1186  eingefügt  werden   sollte,   rührt   von   1239  her,   der  letzte 
Zusatz:    ,Si  dvx  idem   sine   filio   decesserit,   ministeriales  nostri  ad 
quemcunque  uelint,   divertant'  ist  nach  Luschin  zwischen  1239  und 
1251  hinzugekommen.  Da  nun  wol  der  zweite  Zusatz  an  der  richtigen 
Stelle  in  unserem  Bruchstücke  steht,   der  dritte  aber  nicht  eingefügt 
ist,  so  muss  unsere  üebersetzung  bez.  deren  Vorlage  auf  die  Zeit  von 
1239  bis  1251   zurückgehen,   wie  das   Luschin   auch  für  die  beiden 
Handschriften  saec    XV    (Cod.    23/26   fol.   der   Orazer  üniversitäts- 
Bibliothek  und  n^  3064  der  Handschriften  des   steierischen  Landes- 
archives)  annimmt^).     Es  würde  die  üebersetzung  nur  antiquarischen 
und  sprachlichen  Werth  haben,  wenn  sie  eine  wörtliche  Wiedergabe 
des  lateinischen  Originals  wäre.     Das  ist   sie  aber  nicht.     Ich  sehe 
von  kleineren  mehr  sprachlichen  Abweichungen  ab,  auch  davon,  dass 
an  mehreren  Stellen  Kürzungen  gemacht  sind;   dass  der  Zusatz  über 
die  nach  1186   noch  von  Ottokar   zu  machenden  Schenkungen  fort- 
fiel —   eine   sachliche   Aenderung  finde   ich   an   vier   Stellen.     Die 
meisten  Aenderangen  gehen  auf  die  Handyeste  Friedrich  IL  von  1237 
April  zurück  (Huillard-Br^h.  V,  61.  Steiermark,  ürkundenbuch  II,  461 
aus  dem  Orig.).    In   der  Ottokars  war  bestinmit,   dass   bei  Streitig- 
keiten super  prediis  vor  den  Richtern  auf  Grund  der  Zeugenaussagen 
gehandelt  werden  solle,  die  Handveste  Friedrichs  bestimmt,  dass  auch 
ordine  iudiciario  secundum  iustitiam  zu  verfahren  sei,  in  der  üebersetzung 
heisst  es:  .vordengesatzten  richtem....  mit  recht  und  mit  gericht*.  Auf 
dieselbe  Quelle  geht  eine  Abänderung  zurück;   im  Original  Ottokars 
heisst  es:  „Beneficia,  .  .  .  si  a  duce  Austri^  in  proprietatem  fuerint 
empta  **,  bei  der  Handveste  Friedrichs  U.  ist  das  umgeändert  in  « etiam 
si  a  domino  terre",  wodurch  der  Sinn  geändert  wird.     Das  etiam  ist 
zwar  nicht  in  die  Üebersetzung  aufgenommen,  wol  aber  ist  der  ,» do- 
minus terre*   ,der   landes   herre*   beibehalten.     Die  durchgreifendste 
Aenderung  erfolgte  aber  in  dem  Passus  über  die  Freiheit  der  Schenkung 
an  die  einzeln  aufgeführten  Klöster.     Das   Original  von   1186   hatte 
das  Recht  beschränkt,  es  war  nur  denen  gestattet,  welche  Conversen 
werden  wollten  und  war  an  die  Zustimmung  des  Herzogs  gebunden. 
Ottokar  selbst  hatte  schon  in  dem  ersten  Zusätze  die  Errichtung  von 

1)  Eine  nähere  Prüfung  dieser  Handschriften,  die  meines  Wissens  nicht  ge- 
macht ist,  würde  vielleicht  zeigen,  dass  sie  und  unser  Bruchstück  auf  eine  gemein- 
Kime  Quelle  zurückgehen. 


Kleiiie  Mittbeiliingen. 

1  proprio  fondo  and  die  Schenkungen  an  die  Pfarrkirchen 
in  der  üebersetznng  sind  die  beiden  Bedingungen  tüi  die 
;en  tut  die  Klöster  aufgehoben,  ea  kann  jetzt  jeder  Diengt- 
äch  geTellichait  *  den  genannten  Elöatem  schenken  .saines 
In  der  Handreate  FriedrichB  ist  aus  der  freigegebenen  Ver- 

die  Pfarrkirchen  die :  ,  licentia  . .  conferendi  de  prediis  eonun 
buitu  pietatis '  geworden.  Aus  diesem  ganz  allgemein  gehaltenen 

nun  die  üebersetzung  sich  den  Passas  ftlr  die  Vei^bung 
Sster  umgestaltet. 

'ortlassung  der  Bestimmung  Über  das  Recht  der  Entfremdnng 
rielen  Dienstmannessöhnen  kann  ich  nicht  auf  eine  bestimmte 
ng  zurUckföhreu. 

allem  hat  die  zwischen  1239  und  1251  entstandene  Deber- 
ich  einen  materiellen  biatorischen  Werth  neben  den  älteren 
Testen.  Dass  sie  mit  dem  Schwabenspiegel  zusammensteht, 
ils  Anhang  zu  demselben  oder  aber  direct  zwbchen  K^ister 
ti  ab  Einleitung ;  was  das  richtige  ist,  ISsst  sich  nicht  ent- 
-  beweist,  wie  hoch  man  in  Steiermark  den  fiesite  dieses 
tes*  anschlug,  das  die  Entwicklung  der  steirischen  Oe- 
kr  alle  Folgezeit  bestimmte. 

hebt  sich  an  hertzog  Otakchers  von  Stejr  hantnest*). 
m  nameu  der  heiligen  driualtichait.    Hertzog  Otakcher  von 
gotes  genaden  geit  disen  brief  allen  den,  di  rechtes  geUuben 

leret  daz  gotleich  vnd  menschleich  recht  auch  monet  tob 
nser  eigen  natur,  daz  wir  den  vnsem  raten  schAllen,  daz 
IT  ist  vnd  her  nach  wirt  Wan  einez  igleichen  menschen 
reich  oder  arm  sei,  daz  zerget  vngewisleich  vnd  rnstetleich, 
lol  ein  igleich  betrachten  vor  tod,  wa?.  vnd  wem  vnd  wie 
£,  daz  er  selb  nach  tod  niht  gehaben  mach ;  Tud-wan  Tnaer 
von  seiner  parmung  allain  vns''}  an  lauten  vnd  an  gvet 
verüben  hat,  do  von  waz  vnser  sorg  niht  chlain,  seint  wir 
en  beten,  wem  wir  allez  vnser  erb  schvllen  lazzen.  Dar 
h  dem  witzzigem  rat  vnser  tenristen  laut  haben  wir  bezekent 
den  manleiehen  vnd  den  getrevn  hertzogen  Leupolden  von 

vnsern   mach,    daz   er   vnser   erb   schol  besitzzen,    ob  wir 


9  _  bantnett*,  wie  der  folgende  Au&ugBbuchatabe  roth.  ■>)  Du 
i)riginal  hat:  ,primo  parentibus  noBtiii  deinde  nobii.*  e)  ,aiiib' 
bineincorrigirt. 


Bruchstück  ein.  deutsch.  Bearbeitung d.  stein  Landhandveste  v.  1 186.      319 

aü  geerben  veruaren,   wan   vnser   paider   Idnt   bei   ein   ander  ligent, 

vnd  wir  daz  wizzen,  daz  er  vnser  giieter  freunt  ist  vnd  wir    im  dez 

getravn,    daz  er  nymmer  vnser  schaden   noch   vnser  lauten  gewirbet, 

so  well   wir  daz  di  lant*^)   paid   vnder   einem   forsten   vnd   in   einem 

vrid  beleiben.    Vnd  dar   vmb   daz  dehain   sein   nachomen   der  seines 

?ater  haimleich  vergezzen   wolt  vnd  sein    genade   an   vnseren   lauten 

wolt  prechen,   dar   vmb   wellen   wir  allez   ir  recht  schreiben®).     Wir 

»etzzen  dez  ersten,  ob  der  selb  hertzog  Leupolt  vnd  sein  svn  Vridreich, 

den  wir  vnser  guet' gemacht  haben,  vns  vber  leben,    so   schullen 

si  divnserninirgewalt  sovestichleichvndso  gerwe- 

leich   haben,    ob   si   halt   dez    reiches    huld   verlüren, 

daz    si    si   niht   dar   vmb    lazzen    schiillen.     Dar   nach 

swelher  vnter^)  seinen  unken^)  vnd  land  ze  Österreich  hatf 

der  sol  auch  daz  land  ze  Steyr   haben  vnd   schvllen   sein  prüder  dar 

vmb  nicht  chriegen^).   Der  selb  hertzog   sol   inne    haben^)   di   gotz- 

hauser't)  vnd  der  chlöster  voytei,  di  vnser  frevnt  gestiftet  habent,  vnd 

äol  sein  furstenrecht,  sein  vest,  sein  lant,  sein  dienstherren  gentzleich 

besitzzen^).  Wir  setzzen  auch,  swelher  Steirer  mit  einem  Österreicher 

heiratt,  der  hab  daz  recht  dez  landes,  do  er  inne  wil  beleiben.    Auch 

setzzen  wir,  ob  ein  Steirer  an  geschift  verfert,    so  sol   sein  nächster 

mach  sein  erbe  guet  besitzzen.    Ob  ein  Steirer  den  andern  vms  icht 

an  spricht,  daz  schol  man  niht  mit  champf  pringen,  di  chlag  sol  man  enden 

mit  der  bewärung  der  erbem  zeugen ;  vnd  wirt  ein  chlag  vmb  ein  erbguet, 

daz  sol  man  enden  vor  den  gesatzten  richtern  mit  gezeugen  mit  recht  vnd 

mit  gericht™).  Auch  verwerffen  wir  an  lehen  rechten  di  gewonhait,  di  da 

haizzent   an  velch   vnd   ob  di  vater  nicht  svn   haben,   so  schullen  di 

tochter  ir  erbguet  besitzzen.    Wir  setzzen  auch  daz,   ob  ein  man  von 

einem  herren  ein  guet  hat  ze  lehen  vnd   ob   der  landes  herre")  dar 

nach  daz  selb  guet  ze  aigenschaft  chauffet,    so  sol  man  doch  den  do 


d)  Es  steht  da  »laut*,  es  ist  aber  übersetzt  »prouincia.*  e)  Im  Original: 
»patemi  moris  simul  et  mutuQ  familiaritatis  obliuiscens  in  ministeriales  et 
prouinciales  nostros  impie  crudelitenre  presumat  agere,  iura  nostrorum  secun- 
dum  petitionem  ipsorum  scripto  statuimus  comprehendereac  priuilegio  munire.« 
0  Es  steht  da  »vnser*.,  im  Original  aber  »de  suis.*  e)  Das  gesperrt  ge- 
druckte ist  die  Uebersetzung  des  zweiten  Zusatzes,  der  so  endet:  »Postmo- 
dum  quicunque  de  suis  nepotibu  s  sibi  succedentibus.*  ^)  Hier 
wäre  der  dritte  Zusatz  einzufügen  gewesen.  ^)  Or.  ftigt  hinzu:  »sine  subaduo- 
catis.«  ^)  Or. :  »petitiones  ecclesiarum. *       0  Or.  fQgt  hinzu:  »nisi  forte  pe- 

titione  parentum  ex  multis  filiis  unum  contingat  transferri  alias  causa  madoris 
emolumenti  benigna  permissione  domini.*  ^)  Or. :  »questio  coram  iudicibus 
terminetur  probatorum  ac  credibilium  testium  fideli  testimonio.  *  »)  Or. :  »a  duce 
AoatriQ«. 


•  '  '  320  Notizen. 


( 
I 


!   I 


bei  lazzen  beleiben,  der  ez  ze  leben  hat^).  Ein  dienstman  von  Steir 
mag  einem  andrem  Steirer  sein  vrbor  verchauffen  oder  vmb  sust 
geben.  Ez  mag  auch  ein  dienstman  von  Steir  saines  vrbors  nach 
gevellichait  geben  auf  die  cblöster,  di  wir  hie  nennenP):  Trarti- 
chirchen,  Gdrsten,  Glavncb,  Admvnde,  Szekkaw,  Vitring,  sand  Pauls, 
Ozziaeh,  Bavn,  sand  Johannes*^  Hier  endet  das  Brucbstück 
Karlsruhe.  Aloys  Schulte. 

lotiMIl.  Die  Frage,  nach  welchem  Muster  die  päpstlichen  Register 
eingerichtet  wurden,  erfuhr  eine  sehr  befriedigende  Beantwortung 
durch  eine  kleine  aber  inhaltreiche  Abhandlung  von  H.  Bresslau: 
Die  Commentarii  der  römischen  Kaiser  und  die  Registra- 
tur der  Päpste  (Zeitschrift  der  Savignistiftung  f&r  Rechtsgeschichte 
roman.  Abth.  6,  242 — 260).  Der  Verfasser  geht  davon  aus,  dass  die 
päpstlichen  Register  nach  einzelnen  Spuren  bis  ins  Jahr  417  (Jaffe 
n^  381,  334)  zurückreichen,  die  Fassung  der  ältesten  Papstbriefesich 
an  das  Formular  der  kaiserlichen  Rescripte  anschliesse,  und  folgert 
daraus,  dass  die  Päpste  die  Einrichtung  des  Registers  ebenfalls  der 
kaiserlichen  Kanzlei  entnommen  hätten.  Er  untersucht  zu  diesem 
Behufe  die  Quellen  der  Sammlungen  von  oströmischen  Kaiseredicten 
und  kommt  nach  den  Ausdrücken  für  mehrfache  Ausfertigung,  welche 
'  ähnlich  auch  bei  den  Registern  entnommenen  Stücken  der  päpstUchen 
Kanzlei  gebraucht  sind,  sowie  aus  bestimmter  Verkürzung  der  Da- 
tirung  zum  Resultat,  dass  dieselben  nur  den  von  amtswegen  ge- 
führten, aus  den  Concepten  oder  Originalen  der  Erlässe  geflossenen 
Sammlungen  entnommen  sein  können,  wie  denn  solche  nach  Jahren 
geordnete  „Regesta"  beim  römischen  Senat  und  andern  römischen 
Behörden  genannt  und,  wie  B.  glaubt,  auch  bei  den  Kaiseredicten 
citirt  werden.  Darin  sieht  er  mit  gutem  Orund  die  Muster  der 
päpstlichen  KanzleL 


I 


L.  Delisle  berichtet  in  der  Bibliotheque  de  Tecole  de^ 
chartes  46,  84  f.  in  einem  Aufsatz  Les  registres  d'Innocent  IE 
über  das  von  Lord  Ashbumham  an  Papst  Leo  XIIL  geschenkte  Re- 
gister Innocenz  IIL  Der  Band  umfasst  die  Fontificatsjahre  X — XII. 
Er  kam  bereits  unter  Benedict  XII.   nach  Peniscola  (daher  fehlt  er 

o)  Im  Or.  folgt  der  Satz:  »De  prediis  quQ  duci  Austri^  post  obiium 
noetrum  designauimus,  interim  si  ex  his  fidelibus  ministerialibus  ac  propriü 
nostris  dederimus,  ratum  esse  decemimus.*  p)  Im  Or. :  »Similitcr  qnicunquo 
se  conuertere  et  de  reditibus  suis  quod  conueniens  fuerit  deo  conferre  disposuerit 
in  claustris  subtemominatis  cum  licentia  nostra  facere  poterit,  scüicet  .  .  .* 


Kotizeiu  •    321 

aaeh  im  InYentar  von  1369,  Mii^heil.  5,  279),  später  an  den  Cardinal 
de  Foix,  endlich  an  das  vom  Letztgenannten  errichtete  CoUeg  zu 
Touloose,  Yon  da  durch  mehrere  Privathände  an  Bosquet,  der  ihn 
för  seine  Ausgabe  der  Briefe  Innocenz  lU.  benutzte,  dann  an  den 
Bischof  von  Foitiers,  Charles  Joachim  Colbert  de  Croissi,  der  ihn 
1740  bei  seinem  Tode  noch  besass;  schliesslich  fand  er,  wie  so  viele 
Schätze  des  Continentes,  den  Weg  nach  England:  Lord  Ashbumham 
kaufte  ihn  1848  um  31  Pfd.  SterL  10  Sh,  Neben  diesen  interessanten 
Mittheilungen  bietet  der  Aufsatz  auch  eine  Fülle  von  Bemerkungen 
über  die  übrigen  fiegisterbände  dieses  Papstes,  von  denen  Delisle  Be- 
schreibungen von  Zöglingen  der  £cole  fran9aise  de  Bome  benutzte. 
Es  sei  nur  sein  Nachweis  herrorgehoben,  dass^  der  letzte  Band  dieses 
Papstes  (T.  8  der  ganzen  Beihe)  nicht  original  sei,  sowie  auch  Bosquet 
bei  seiner  Ausgabe  ein  anderes  vollständigeres  Exemplar  der  Briefe 
dieser  Pontificatsjahre  benutzte,  von  dem  sich  ein  saec.  14 — 15  ge-^ 
schriebenes  Inhaltsverzeichniss  auf  der  Nationalbibliothek  zu  Paris 
(Cod.  lai  4118)  befindet.  Ob  auch  dieser  Band  noch  ans  Tageslicht 
treten  und  der  Wissenschaft  zugänglich  gemacht  werden  wird? 


Einen  interessanten  Fund  machte  S.  Löwenfeld  in  einer  Cam* 
bridger  Handschrift,  wie  er  im  Neuen  Archiv  10,  586  f.  berichtet 
Dieser  Codex  enthält  nämlich  einen  Auszug  aus  dem  Begister  Alexan- 
der ni.  aus  den  Jahren  1178  — 1180,  im  Ganzen  70  Briefe,  von 
denen  nur  einer  schon  früher  bekannt  war,  während  L.  die  andern 
in  seinen  Litterae  pontifioum  ineditae  zum  erstenmal  publicirte.  Der 
gleiche  Codex  enthält  auch  eine  Canonsammlung,  der  L.  eine  sehr 
grosse  Bedeutung  beimisst  und  über  welche  er  eine  weitere  Publication 
in  Aussicht  stellt. 

In  den  Forschungen  Bd.  26,  1  —  66  hat  H.  Bresslau  eine  die 
Erkenntniss  des  älteren  deutschen  Urkundenwesens  sehr  wesentlich 
fördernde  Abhandlung  über  «ürkundenbeweis  und  Urkunden- 
schreiber im  älteren  deutschen  Recht*  veröffentlicht,  deren 
Hauptinhalt  folgender  ist  Beweis  durch  die  Urkunde  allein  kennen 
weder  das  salische  noch  das  alamannische  Becht,  die  Entwicklung 
knüpft  an  die  Lex  Bibuariorum  an.  Stimmt  diese  mit  dem  salisch- 
alamannischen  Verfahren  insoweit  überein,  als  auch  sie  die  Urkunde 
zunächst  nicht  als  selbständiges  Beweismittel  ansieht,  so  geht  sie 
doch  schon  darin  weiter,  dass  sie  bei  Scheltung  der  Urkunde  die 
Pflicht  der  Beweisführung  nicht  dem  Producenten,  sondern  dem 
Schreiber  derselben  auferlegt;  ist  aber  dieser  todt  —  und  hierin  liegt 

MKTiheaanfeii  Va  21 


322 


Notizen. 


der  wesentliche  Fortschritt  — ,  dann  tritt  die  von  ihm  geschriebene 
Urkunde  für  ihn  ein,  deren  Echtheit  durch  Schriftvergleichong  er- 
wiesen werden  kann.  Diese  Bestimmungen  der  Lex  Bib.  haben  aber 
Geltung  auch  auf  salischem  und  alamannischem  Biechtsgebiete  erlangt, 
wofür  neben  andern  Momenten  besonders  das  Vorkommen  von  Ge- 
richtschreibem  beweisend  ist.  Denn  sollte  die  Urkunde  selbstöndig 
beweisend  sein,  so  musste  ihr  auch  die  Fähigkeit  hiezu  innewohnen, 
und  diese  konnte  nur  in  der  Schrift  liegen;  es  war  also  eine  In- 
stitution ähnlich  der  des  italienischen  Notariats  erforderlich,  die  wir 
denn  auch  thatsäcblich  in  Deutschland  während  des  8.  und  9.  JahrL 
im  Oebiet  des  ribuarischen,  salischen  und  alamannischen  Bechtes  im 
Amte  des  Gerichtsschreibers  ausgebildet  Yorfinden.  Diese  neuen 
und  wichtigen  Besultate  sind  nach  den  wohlbegründeten  Ausführungen 
B/s  als  gesichert  anzunehmen,  wie  ich  denn  meine  MittheiL  5,  6  aas- 
gesprochene Ansicht,  dass  auch  die  fränkische  und  alamannische  Carta 
eine  Urkunde  ohne  handschriftlichen  Beweiswerth  sei,  durch  die  Er- 
örterungen B.*s  über  den  Vorgang  bei  der  Beurkundung  und  die 
Vertretung  des  Gerichtsschreibers  gerne  berichtigt  sehe.  Sachsen  und 
Baiem  aber  haben  ihre  eigene  Stellung,  im  älteren  sächsischen  Becht 
hat  die  Urkunde  gar  keine  Bedeutung,  in  Baiern  aber,  wo  durch  das 
Volkrecht  die  Urkunde  zu  weitgehender  Bedeutung  erhoben  war,  hst 
es  dennoch  niemals  ständige  Gerichtsschreiber  gegeben,  und  die  Folge 
war  der  Verfall  des  Urkundenwesens.  Dieses  Schicksal  theilte  es  aber 
auch  in  Schwaben  und  Franken:  seit  dem  Ende  des  9.  Jahrh.  Ter- 
schwinden  die  Gerichtsscb  reiber,  die  Urkunde  verliert  auch  da  ihre 
eigenÜiche  Kraft  als  selbständiges  Beweismittel.  Eine  Wendung  tritt 
erst  mit  dem  Aufkommen  der  Besiegelung  ein,  diese  bezeichnet  einen 
neuen  Abschnitt  in  der  Geschichte  des  deutschen  Urkundenwesens. 

0.  Bedlich. 


Die  Zürcher  antiquarische  Gesellschaft  hat  beschlossen  ein  Ur- 
kundenbuch  der  Stadt  und  Landschaft  Zürich  heraus- 
zugeben, das  zunächst  bis  1336  reichen  und  das  jetzige  Cantoosgebiet 
umfassen  wird.  Für  die  Herausgabe  wurde  eine  Commission  (y.  Wyss, 
Meyer  y.  Knonau,  Schweizer)  bestellt  Als  Vorarbeit  yeröffentlicht 
Staatsarchiyar  Schweizer  einen  Bedactionsplan  für  das  Ur- 
kundenbuch  (Zürich  1885,  4^  36  S.),  der  an  der  Hand  der  Schriften 
über  Editionsmethoden  yon  Böhmer,  Waitz,  Both  y.  Schreckenstein, 
Sickel,  Weizsäcker,  —  Leist  und  der  Vorreden  der  besten  Urkunden- 
bücher  die  Editionsgrundsätze  feststellt  Diese  Zusammenstellung  yer- 
dient  yollen  Dank,  sie  zeigt  wenigstens,  wie  weit  wir  noch  in  Deutsch- 


Notizen.  323 

land  Yon  Einheitlichkeit  der  Editionsmethoden  entfernt  sind;  nicht 
minder  zeigen  dies  auch  noch  andere  Publicationen  neuesten  Datums. 
Fraglich  erscheint  es,  ob  der  hier  eingehaltene  Eclecticismus  sich  auch 
bewähren  kann,   ob   er  nicht  vielmehr  dem  Particularismus   weiteren 
Vorschub  leistet    Der  Redactionsplan  berührt  alle   Fragen,   welche 
für  ürkundenedition  in  Betracht  kommen;   in  dem  Capitel  über  Auf- 
lösung der  Daten   gibt  er  auch  beachtenswerthe  Angaben   über  die 
Epochen  des  Incamationsjahres  in  der  Schweiz.     Wird  man  auch  die 
Umsicht  und  Sorgfalt  bei  der  Auswahl  der  Segeln  anerkennen,   so 
erübrigen  doch  noch  manche  Bedenken.   Es  ist  belanglos,  den  „  Schluss 
der  3  ersten  Zeilen  der  Originalvorlagen  jedesmal  durch  2  senkrechte 
dünne    Striche   anzugeben*.     Als   mindestens   unschön,    wenn   nicht 
geradezu   störeiid,   wird   sich   die   Verwendung    von   Cursivdruck   im 
Text  der  Urkunden   erweisen,   so   für  die  „  Ergänzungen   von  durch 
Beschädigung  unlesbar  gewordenen  Stellen,  wenn  sie  an  der  Hand  von 
alten  Copien  oder  nach  Massgabe  von  verwandten   Urkunden,    Yor- 
urkunden,  bekannten  Formeln  oder  aus  dem  Zusammenhang  mit  voller 
Sicherheit  gemacht  werden '',   oder  für  «Nachträge  und   Zusätze,   die 
über  der  Zeile  am  Rand  oder  unten  hinzugeschrieben  sind,  wenn  sie 
Ton  derselben  Hand  herrühren   oder   wenigstens   von   einem  gleich- 
zeitigen Corrector*.  Auf  »Yorurkunden  und  sachlich  nahe  verwandte 
Urkunden  *  ist  nur  in  einer  Note  zu  verweisen ;  damit  ist  wohl  einer 
der    wesentlichsten    Fortschritte     der    ürkundenedition     nicht    aus- 
geschlossen,  dass   sämmtliche  der  Yorurkunde  entnommenen  Stellen 
petit  gedruckt  werden.    Die  Angabe  der  Druckvorlage,   ob  Original 
Copie  usw.,   der  anderen   Deberlieferungen   (auch   immer   der  Gopial- 
bucher  vor  1600,  sowie  der  Sammlungen  von  Scheuchzer,  Werdmüller 
and   Tschudi),   der   Drucke   wird   erst   der   dem  Abdruck    folgenden 
»Stückbeschreibung*  zugewiesen,  während  doch  die  Angabe  der  Yor- 
läge   eine   der  wichtigsten  ist,   über  die   sich   der  Forscher  vorerst 
Orientiren  will.     Für  die  Siegelbeschreibung  ist,  was  nur  zu  billigen, 
das  System  Grotefend-Hohenlohe  adoptirt. 


Im  6.  Hefte  des  Centralblattes  füi!  Bibliothekswesen 
von  O.  Hartwig  und  E.  Schulz  macht  der  Bibliothekar  des  Klosters 
Einsiedeln  P.  Gabriel  Meier  Bemerkungen  über  die  Be- 
stimmungen des^Alters  von  Handschriften,  welche  viele 
durchaus  zu  billigende  Grundsätze  undonanche  interessante  Beobachtung 
über  die  ihm  am  meisten  bekannten  Handschriften  enthalten,  so  wenn 
er  das  Aufkommen  der  Striche  auf  Doppel-i  in  den  Einsiedler  Hand- 
schriften feststellt,  oder  Bectificirungen  von  Altersbestimmungen  in  den 


324 


Kotizen. 


älteren  Bänden  der  Monumenta-  und  des  Archivs  der  Gesellschaft  mit- 
theilt, auf  Fälle  hinweist,  in  denen  man  Handschriften  in  eine  frühere 
Zeit  setzte,  als  deren  Verfasser  das  Licht  der  Welt  erblickten.  Dass 
aber  Handschriften  des  8.  und  des  15.  Jahrh.  leicht  zu  yerwechseln 
wären,  scheint  mir  nicht  einmal  «bei  oberflächlicher  Beurtheilung' 
möglich,  sondern  erst  bei  solchen  Yom  Ende  des  9.,  ebenso  wird  auf 
den  Entstehungsort  der  Handschrift;en  ftlr  die  Altersbestimmung  doch 
mehr  Gewicht  zu  legen  sein,  als  der  Verfasser  thut;  auch  dass  heute, 
wo  eine  so  reiche  und  glücklich  ausgewählte  Sammlung  von  Facsimile 
e^pstirt,  noch  die  Angaben  und  Abbildungen  der  Mauriner  das  wich- 
tigste Hilfsmittel  bei  Bestimmung  undatirter  Codices  geben,  wird  nicht 
jeder  unterschreiben.  E.  t.  0. 


Aussergewohnliches  Interesse  bietet  die  Abhandlung  von  Julien 
Ha?et:  Les  d^couvertes  de  J^rome  Vignier  (Questions  Hero- 
yingiennes  II  in  Bibl.de  TJ^cole  des  chartes  46,  205 — 271).  In  über- 
zeugender Weise  und  ebenso  knapper  wie  anziehender  Form  erbringt 
Havet  den  scharfsinnigen  Nachweis,  dass  eine  Anzahl  von  d^Acberr 
1661  ün  5.  Bd.  des  Spicilegium  aus  den  Papieren  des  Oratorianers 
P.  Jerome  Vignier  veröffentlichter  Documente,  welche,  bisher  all- 
gemein als  echt  anerkannt,  als ,  bestaccreditirte  Quellen  der  ältesten 
Merövingerzeit  galten,  das  Testament  des  Bischofs  Perpetuus  von 
Tours  (475),  das  Epitaph  desselben,  das  Diplom  Chlodwigs  I.  für 
Micy  (M.  G.  DD.  Mer.  1),  bisher  die  älteste  echte  Merovingerurkunde« 
die  Gollatio  episcoporum,  praesertim  Aviti  Viennensis  ep.,  coram  r^ 
Gundebaldo  adversus  Arianos  (499),  die  Schreiben  der  Bischöfe  Leontius 
von  Arles  (462),  Lupus  von  Troyes  (472),  der  Päpste  Gelasius  I. 
(494  Jan.  25),  Anastasius  IL  (497)  und  Symmachus  (501  Oci  13, 
Jaff(£  Beg.  2.  A.  n^  634,  640,  675),  Fälschungen  des  1661  ver- 
storbenen Vignier  sind,  für  die  sich  kein  anderer  Grund  ausfindig 
machen  lässt  als  die  literarische  Eitelkeit  des  „Entdeckers."  Nicht 
minder  sind  die  von  Vignier  selbst  in  seinem  Werke  La  veritable  Origine 
des  tres-illustres  maisons  d^Alsace,  de  Lorraine,  d* Antriebe  1649  publi- 
cirten  beiden  Bruchstücke  det^  Vita  s.  Odiliae  (vgl  Wattenbach,  Ge- 
schichtsqu.  5.  A.  1,  488)  eine  Erfindung  desselben  zu  Gunsten  sei- 
ner genealogischen  Aufstellungen,  durch  welche  sich  auch  Chiflet 
dupiren  lies.  —  Ein  weiterer  Aufsatz  Havets :  La  date  d'un  manuscrit 
de  Luxeuil  (Questions  M^rov.  UI,  ib.  430 — 439)  berichtigt  gegenüber 
der  Annahme  ton  Delisle  (vgl.  Mittheilungen  6,  457),  dass  die  be- 
kannte üncialhandschrift  nicht  625,  sondern  erst  669  geschrieben 
sei,  und  bestimmt  gegenüber  den  Ergebnissen  von  KJruBcb  genauer 


k. 


Notizeu.  325 

die  Epochen  einiger  merofingischer  Könige ;  gleichzeitig  ist  K  Zeumer 
(Neues  Archiv  11,  358)  zu  fast  yöllig  übereinstimmendem  Besoltate 
gelangt 

Die  tüchtige  Abhandlung  Ton  Fritz  Stöber:  Zur  Kritik 
der  Vita  s.  Johannis  Beomaensis  (Sitzungsber.  der  Wiener 
Äkad.  109,  919 — 398)  weist  nach,  dass  die  im  Pariser  C!od.  lat. 
11,748  saec.  IX — X  erhaltene  Becension  den  ursprünglichen,  wenn  auch 
noch  nngeglätteten  Text  der  von  Abt  Jonas  i.  J.  659  zu  Beomaus  ab- 
ge&ssten  Vita  bietet,  dass  diese  als  Yorlage  für  die  umgearbeitete  Be- 
daction,  welche  Mabillon  veröffentlichte,  diente,  die  zuerst  Teröffbntlichte 
Vita  mit  ihren  Zuthaten  und  ihrer  textuellen  Neugestaltung  späteres 
Machwerk  ist.  Der  erste  Excurs  behandelt  das  Zeitalter  des  h.  Johannes 
(gestorben  540  Jan.  28),  der  zweite  die  Persönlichkeit  des  Jonas. 


Der  Aufsatz  von  E.  aus^m  Weerth:  Die  Beiterstatuette 
Karls  des  Grossen  aus  dem  Dome  zu  Metz  (Bonn   1885; 
8^,  32  S.  mit  4  Tafeln  Abbildungen,  Sep.-Abdr.  aus  den  Jahrb.  des 
Ver.  Yon  Alterthumsfreunden  in  BheinL  H.  78)  tritt  dafür,  dass  die 
jetzt  im  Museum  der  Stadt  Paris  befindliche   Statuette  Karl  d.   Gr. 
darstelle,   und  für  ihre  Genuität  ein,   da  «die   Beschreibung,   welche 
Einhard  von  seinem  kaiserlichen  Herrn  liefert,  in   keiner  Weise  der 
Darstellung    des    kleinen  Beiter-Standbildes    widerspricht''    und    der 
unterschied  der  stilistischen  Behandlung   spätere   Entstehung    nicht 
anzunehmen  gestatte,  während  dasselbe  der  Höhe  der  karolingischen 
Kunst  ToUkommen  entspreche.     Mit  Becht  hebt  der  Verf.   hervor, 
dass  der  Vergleich   «mit  den  sonst  vorhandenen  Darstellungen  Karls 
des  Grossen"  auf  Siegeln  und  Münzen  kein  Besultat  ergebe,  umso- 
mehr,  als  der  Zeit  Karls  d.  Gr.,  was  ihm  entgangen,  das  Porträtsiegel 
ganzlich    fremd    war;    die    S.    15    abgebildete   Bulle,    .die   weiter- 
hin noch  nicht  bekannt  sein  dürfte*,   gehört  nicht  Karl  d.  Gr.  an, 
i^ondern  sie  ist  die  schon  bei  Mabillon  und  öfters  abgebildete  Bulle 
Karls  m.  (vgl.  Wiener,  B.  92,  441).  IrrthümUch  ist  S.  13  N.  3  .der 
älteste  unter  den  erhaltenen  Siegelstempeln  jener  Zeit*  im  Lothar- 
kreuz zu  Aacheii  Kaiser  Lothar  zugeschrieben. 


Eine  das  gewöhnliche  Dissertationenmass  überragende  Arbeit 
ist  die  Schrift  vonWoldemarLippert,  eines  Schülers  von  W.  Arndt: 
König  Budolf  von  Frankreich  (Leipzig,  G.  Fock,  1886;  8», 
126  S.).  Mit  umfassender  Kenntniss  der  Literatur  und  kritischem 
Verständniss  ausgerüstet,  gibt  sie,  Kalckstein  überholend,-  ein  anschau- 


326 


Notizen. 


lichea  Bild  der  Zeit  Budolfs  (923—936),  dessen  Thaiikraft  in  den 
fortdauernden  Kämpfen  und  Schwierigkeiten  erst  gegen  Ende  seines 
Lebens  sieh  die  allgemeine  Anerkennung  zu  erringen  vermochte.  Im 
Anhang  betont  L.  die  Werthlosigkett  Eichers  för  die  Geschichte 
Budolfs  gegenüber  Flodoard.  Das  4.  Capitel  gibt  einen  willkommeneu 
Abriss  einer  Specialdiplomatik  der  Urkunden  Budolfs,  soweit  dieselbe 
auf  Grundlage  des  gedruckten  Materials  möglich  war.  Ausserordent- 
lichen Fleiss  bekunden  die  Begesten  mit  ihren  sorgfaltigen  Literator- 
angaben  und  kritischen  Erörterungen. 


Im  Jahrbuch  der  heraldischen  Gesellschaft  .Adler' 
(XI,  25—52,  Wien  1884)  veröflFentlicht  G.  A.  Seyler  einen  .Abriss 
der  Sphragistik".  Versteht  man  unter  „Abriss*  im  landläu%eD 
Sinn  eine,  übersichtliche  aber  systematische  Darstellung  des  frag- 
lichen Themas,  so  erfüllt  diese  Arbeit  ihren  Zweck  nach  keiner  Seite. 
Zwar  ist  sie  säuberlich  in  YIII  Capitel  und  39  Paragraphe  (eigentlich 
38,  §  9  und  26  fehlen,  §  27  ist  doppelt  vorhanden)  eiugetheilt,  aber 
diese  Gliederung  ist  vielfach  eine  rein  ausserliche,  logisch  unmotivirte, 
z.  B.  in  §  4  soll  die  Gestalt  des  Siegels  besprochen  werden,  dann 
kommt  aber  auch  die  Art  der  Beprägung  und  die  Verwendung  doppel- 
beprägter  Siegel  (Bullen)  in  Verhandlung ;  Cap.  V  §  13  ist  über  In- 
halt und  Stellung  der  Siegellegende  geredet,  da  auch  der  Widerspruch 
erwähnt,  der  oft  zwischen  den  Titeln  des  Ausstellers  in  der  Urkunde 
und  auf  dem  Siegel  herrscht,  während  andererseits  den  Daten  auf 
dem  Siegelbild  ein  eigner  Paragraph  (14)  gewidmet,  die  Verwendung 
solcher  unpassender  Siegel  §  22,  24  (dem  wieder  ein  Stück  Diplo- 
matik  H.  Budolf  IV.  von  Oesterreich  angehängt  wird)  erörtert  ist; 
das  IV.  Capitel  handelt  über  die  rechtliche  Bedeutung ,  das  V.  über 
Aufbewahrung  und  Behütunsr  des  Siegels  vor  Verlust  und  Fälschung, 
das  VI.  kommt  nochmals  in  einem  einzigen  Paragraphen  auf  die 
Siegelfahigkeit  seit  dem  16.  Jahrh.  zurück.  Der  Leser  bleibt  über 
die  Bedeutung  dieser  Eintheilung  um  so  mehr  im  Dunkeln,  als  es  der 
Verfasser  verschmäht  hat,  Capitel  und  Paragraphe  mit  üeberschriften 
zu  versehen;  es  scheinen  ihm  folgende  Gesichtspunkte  massgebend 
gewesen  zu  sein:  Cap.  I.  Definition  des  Siegels  (unrichtig),  Siegel- 
stempel, Siegelstoffe,  Gestalt  und  Befestigung  des  Siegels;  Cap.  IL 
Darstellung  des  Siegels  (Siegelbild  und  Legende),  Eintheilung  der 
Siegel  danach  (wesentlich  im  Anschluss  an  Fürst  Hohenlohe^s  Sphrag. 
Aphorismen);  Cap.  III.  Kunsthistorischer  Werth  der  Siegel,  Siegel- 
stecher, Preise  xind  Güte  der  Arbeiten;  Cap.  IV.  Bechtliche  Bedeutung 
und  Verwendung  des  Siegels,   Siegelfahigkeit  imd  Gebrauch  fremder 


Notben.  327 

Siegel ;  Cap.  Y.  Aufbewahrung  des  Siegels,  Massr^eln  bei  Missbrauch 
desselben;  Cap.  VI.  Siegelfähigkeit  seit  dem  16.  Jahrh.;  Cap.  VIT. 
Entwicklung  der  Siegelkunde;  Cap.  VIIL  Das  Siegel  in  der  Gegen- 
wart, die  vorzüglichsten  Siegelstecher,  wissenschaftliche  Bedeutung 
der  Sphragistik,  Literatur  derselben.  Das  Literaturverzeichniss  ist  ein 
äusserst  mageres,  auch  von  neueren  Werken  fehlt  eine  Beihe  der 
wichtigsten,  von  den  Arbeiten  über  Kaiser-  und  Fapstsiegel  sind  ihm 
alle  entgangen,  ebenso  z.  B.  die  Werke  von  Philippi  und  Weech,  zu 
seinem  grössten  Schaden  kennt  er  nicht  einmal  die  treffliche  Schrift 
Ton  Orotefend,  der  aUein  unter  den  Neuem  ein  System  der  Sphragistik 
aufgestellt  hat.  Der  Verfasser  bezeichnet  seine  Arbeit  als  «Neben- 
product  der  Vorarbeiten  für  eine  Geschichte  der  Heraldik'  —  er 
spricht  zum  Schluss  auch  selbst  aus,  9  die  Sphragistik  sollte  aufgehört 
haben,  eine  Domaine  der  Heraldiker  zu  sein';  er  nennt  seine 
Arbeit  einen  .Versuch'  —  er  ist  misslungen.  Dem  Autor  schwebten 
offenbar  Hohenlohe's  Aphorismen  vor  Augen,  hätte  er  dementsprechend 
Titel  und  Eintheilung  gewählt,  so  hätte  die  Arbeit  ihren  Zweck  er- 
eilen können,  denn  Sejler  hat  ein  bedeutendes  Material  gesammelt 
(einige  Urkunden  auch  als  Anhang  publicirt),  in  manchem  Detail 
unsere  Kenntnisse  ohne  Zweifel  gefordert,  so  betreffs  der  Siegel- 
falschungen,  der  Verwendung  der  lleitersiegel  auch  durch  Mitglieder 
niedem  Adels,  welche  die  Bitterwürde  erlangt  hatten;  auch  die  Ein- 
wendungen, welche  gegen  Hohenlohe's  Eintheilung  nach  dem  Siegel- 
bild gremacht  werden,  sind  berechtigt,  aber  freilich  ist  die  eigene 
Unterabtheilung  der  Portraitsiegel  noch  unglücklicher.  Entsprechend 
dem  Ausgangspunkt  des  Autors  findet  die  ältere  Zeit,  welche  noch 
keine  Wappensiegel  kennt,  gar  keine  Beachtung.  £.'y.  0. 


Der  vom  Secretär  der  badischen  historischen  Com- 
missi on,  Archiydirector  y.  Weech,  in  der  Plenarsitzung  yom 
13.  NoY.  y.  J.  erstattete  Bericht  kann  auf  besonders  günstige  Be- 
saltate  yerweisen  und  lässt  rüstigen  und  unyerzögerten  Fortgang  der 
in  Angriff  genommenen  Arbeiten  ersehen.  Der  Druck  des  ersten 
Bandes  der  politischen  Correspondenz  des  Grossherzogs 
Karl  Friedrich,  für  welche  der  Herausgeber  Prof  Erdmanns- 
dörffer  im  Wiener  Staatsarchiv  und  dessen  Mitarbeiter  Obs  er  in 
den  Archiven  von  Weimar,  Zerbst,  Berlin,  Hannover,  Marburg  neue 
werthvoUe  Materialien  gesammelt  haben,  wird  im  Laufe  dieses  Jahres 
beginnen.  Von  den  Begesten  zur  Geschichte  der  Bischöfe 
von  Eonstanz  konnte  der  Bearbeiter  P.  Ladewig  bereits  das 
Manuscript  f&r  5  Druckbogen,   die  Begesten  bis  c.  1018   umfassend, 


328 


Notizen. 


vorlegen ;  die  Drucklegung  der  ersten  Lieferangen,  die  bis  1084, 
eventuell  bis  Mitte  des  12.  Jabrh.  reichen  werden,  steht  unmittelbar 
bevor.  Der  von  Ladewig  vorgelegte  Bericht  berechtigt  zu  den  besten 
Erwartungen :  der  Select  der  alten  Urkunden  von  Konstanz-Beichenan 
ist  zur  Bichtigstellung  der  Drucke  eingesehen,  auch  die  noch  hand- 
schriftlich erhaltenen  Nekrologe  sind  herangezogen,  die  wichtigsten 
der  zahlreichen  Gopialbücher  und  Begister  des  Bisthums  durchgearbeitet 
worden;  es  ergab  sich  eine  Beihe  von  Berichtigungen  und  näheren 
Bestimmungen  fiir  die  viel&ch  mit  Vermuthungen  durchsetzte  ältere 
Zeit.  Die  Benutzung  auswärtiger  Archive  wird  den  Stoff  ergänzen. 
Für  die  Begesten  der  Pfalzgrafen  am  Bhein  ist  von  den 
Bearbeitern  Eoch  und  Wille  reiches  handschriftliches  Material  ge- 
sammelt worden;  mit  dem  Druck  des  ersten  Theiles  (1214— ISOO) 
kann  begonnen  werden.  Auch  die  Beendigung  der  ersten  Hälfte  der 
Geschichte  der  Herzoge  von  Zähringen  von  E.  Henking 
steht  fQr  dieses  Jahr  in  Aussicht.  Der  interessante  Bericht  von 
E.  Gothein  über  die  Vorarbeiten  zur  Geschichte  der  Besie- 
delung  und  Gewerbsthätigkeit  des  Schwarzwaldes  vA 
vollinhaltlich  mitgetheili  Die  Durchforschung,  Ordnung  und  Ver- 
zeichnung der  Archive  und  Begistraturen  von  Gemeinden,  Cor- 
porationen  und  Privaten  wird  mit  einem  Erfolg,  der  anderweitig 
höchstens  zu  den  frommen  Wünschen  zählt,  im  ganzen  Grossherzog- 
thum  systematisch  in  Ausführung  gebracht;  einen  sprechenden  Be- 
weis für  die  Umsicht  der  Leitung  dieser  Arbeiten  geben  die  in  Nr.  5 
der  Mittheilungen  der  badischen  bist.  Commission  veröffentlichten 
TJebersichten  der  Bestände  der  Gemeinde- und  Pfarrarchive  von  92  Orten 
in  9  Amtsbezirken  und  der  vorzügliche  Bericht  von  Prof.  Soder 
über  die  Ordnung  und  Bepertorisirung  des  Stadt-  und  Spitalarchivs 
zu  üeberlingfen  in  Nr.  6.  Von  der  Commission  wurde  noch  der  An- 
trag V.  Weechs  auf  Bearbeitung  eines  topographisch eo  Wör- 
terbuches des  Grossherzogthums  Baden,  , welches  die  ur- 
kundlichen Formen  der  Namen  aller  noch  heute  bestehendeu,  sowie 
der  ausgegangenen  Orte  (Gedungen)  unter  Ausschluss  der  Flur-  und 
Gewannnamen  feststellt',  angenommen.  Die  badische  Commission 
übernimmt  vom  General-Landesarchiv  die  Zeitschrift  für  die 
Geschichte  des  Oberrheins,  von  der  nun  jährlich  ein  Band 
zu  40  Bogen  in  4  Heften  erscheinen  wird;  die  bisherigen  «Mit- 
theilungen der  badischen  bist.  Commission  *  werden  einen  integrirenden 
Theil  derselben  bilden;  in  die  Bedactionscommission  wurden  noch 
Prof.  Simson  und  Archivrath  A.  Schulte  berufen. 


Notiien. 


829 


Der  ftnfte  Jabresberiohi  der  Oesellschaft  für  rheinische 
Oeschichtskunde  ist  wieder  in  der  Lage,  erfreuliche  Fortschritte 
coBstatiren  zu  können.  Von  den  namentlich  auch  für  die  Geschichte 
des  deutschen  Privatrechts  mchtigen  Kölner  Schreinsurkunden 
(TgL  Mittheilungen  7,  166),  hg.  von  Ho  en  ig  er,  sind  2  Lieferungen, 
welche  die  Urkunden  der  Martinspfarre  mittheilen,  erschienen;  ftLr 
das  Jahr  1886  ist  die  YeröflPentlichung  aller  Quellen  zur  Geschichte 
der  Verfassung  und  Verwaltung  der  Einzelgemeinden  Yon  Köln  im 
12.  Jahrk,  nämlich  der  Schreinsurkunden  aus  den  P&rreien  St  Bri- 
gida,  St.  Laurenz,  Niederich,  St.  Aposteln,  Si  Gereon,  Si  Severiu,  in 
Aassicht  genommen.  Im  nächsten  Jahre  soll  auch  der  erste  Band 
der  rheinischen  Weisthümer,  unter  der  Leitung  von  Loersch 
bearbeitet  Yon  M.  Baer,  erscheinen;  er  wird  mehr  als  200  Weia- 
thtkmer,  Ton  denen  kaum  ein  Viertel  und  meist  nur  theilweise  be- 
kannt ist,  aus  den  Aemtem  Coblenz,  Vallendar,  Boppard,  Welmieh, 
Oberwesel,  Bergpfl^,  Münstermaifeld  und  Mayen  enthalten ;  die  fort- 
schreitende Durcharbeitung  der  Bestände  des  Staatsarchivs  in  Coblenz 
und  kleinerer  Archive  sowie  der  Trierer  Stadtbibliothek  fördert  immer 
neue  Funde  zu  Tage ;  bereits  sind  nahezu  3000  Nummern  verzeichnei 
Für  die  Aachener  Stadtrechnungen  hat  Stadtarchivar  Pick  in 
den  bisher  im  Granusthurm  des  Aachener  Bathhauses  aufgeschichteten 
Actenmassen  und  in  anderen  Beständen  des  Archivs  bedeutenden  Zu- 
wachs gefunden.  Der  Abschluss  der  urbare  der  Erzdiöcese 
Köln,  bearbeitet  von  Crecelius,  ist  zu  gewärtigen;  denselben 
werden  Register  und  Karten  beigegeben.  Vom  Buch  Weinsberg, 
hg.  von  Höhlbaum,  werden  1886  zwei  Bände  erscheinen;  der  Er- 
läuterungsstoff wird  die  bürgerlichen  ünrahen  von  1513  und  1525, 
die  Thätigkeit  des  Stadtrathes  für  die  einheimischen  Verhältnisse  der 
Bevölkerung  und  die  Frage  des  religiösen  Bekenntnisses  umfeissen; 
eine  Actensammlung  zur  Geschichte  der  auswärtigen  Beziehungen 
Kölns  im  16.  Jahrb.  musste  von  dieser  Fublication  ausgeschlossen 
werden.  Eür  die  Landtagsacten  der  Herzogthümer  Jülich- 
Berg  ist  die  Bearbeitung  der  Landtagsacten  bis  zum  Schluss  des 
16.  Jahrh.  im  Düsseldorfer  Archiv  weiter  gefördert  worden;  als  Vor- 
arbeit ist  der  erste  Theil  der  Schrift :  « Die  landständische  Verfiftssung 
von  Jülich-Berg  bis  zum  Jahre  1511'  von  G.  v.  Below  publicirt 
worden.  Den  Abschluss  der  Matrikeln  der  Universität  Köln 
haben  inzwischen  eingetretene  Schwierigkeiten  verzögert  Die  für 
die  niederrheinische  und  niederländische  Gelehrtengescluchte  wichtigen 
Briefe  von  Andreas  Masius  und  seinen  Freunden  1538 — 73 
wird  LoBsen  bis  Ostern  dieses  Jahres  publiciren»  Für  die  von  Menzel  in 


»  V- 


.» ♦ .'. 


;* 


I- 


\  * »  1   .        ■ 


1    ! 


330 


Notizen. 


Vorschlag  gebrachte  Herausgabe  der  Begesten  der  Erzbischofe 
von  Köln  bis  1500  und  der  Urkunden  der  Rheinlande  bis 
1000  sind  -die  Vorbereitungen  eröffnet,  gedruckte  Urkunden  ver- 
zeichnet, einzelne  Originale  bereits  herangezogen  worden.  Die  Be- 
arbeitung der  Regesten  wird  ,,nach  dem  Beispiel  Theodor  Sickels 
verfahren,  nach  Möglichkeit  auf  die  Urschriften  zurückgehen  und  mit 
der  Verzeichnung  der  Urkunden  eine  diplomatische  Kritik  derselben 
verbinden",  so  dass  «eine  specielle  Diplomatik  der  Erzbischöfe  ?on 
Köln,  die  Regeln  ihrer  Kanzlei,  ihre  Chronologie  u.  a.  sich  nach  der- 
artigen Untersuchungen  feststellen  lassen  werden."  Die  Edition  der 
ältesten  Urkunden  der  Rheinlande  ,  bezweckt  vorzüglich  die  FörderoDg 
der  diplomatischen  Studien;  sie  wird  aber  auch,  indem  sie  sich  der 
lange  vernachlässigten  älteren  Frivaturkunden  der  Rheinlande  an- 
nimmt, Beiträge  zur  Geschichte  von  Verfassung,  Recht,  Wirthschaft 
und  Sitte  zu  Tage  bringen  und  hofft  mannigfaltige  Forschungen  über 
die  älteren  Verhältnisse  am  Rheinstrome  firisch  anregen  zu  können.' 


Im  S.Heft  der  Mittheilungen  aus  dem  Stadtarchiv  von 
Köln  (Köln,  DuMont-Schauberg ,  1885)  gibt  K.  Höhl  bäum  in 
knappen  Auszügen  nach  den  von  A.  Ulrich  gefertigten  Regesten  ein 
ausserordentlich  reiches  Material  zur  Geschichte  der  Belagerung 
von -Neuss  durch  Karl  den  Kühnen  von  Burgund  1474 — 1475  aus 
den  Originalen,  Rathsprotocollen  und  eineni  Bande  der  städtischeu 
Copienbücher  im  Kölner  Stadtarchiv^ ,  das,  selbst  von  der  Local- 
forschung  kaum  beachtet,  die  Berichte  der  Chronisten  weit  überholt; 
es  umfasst  die  Zeit  vom  17.  Juli  1474  bis  28.  Juni  1475  und  liefert 
fast  für  jeden  Tag  mehrere  Actenstücke.  In  den  «Nachrichten*  macht 
Höhlbaiim  u.  a.  auf  das  Bruchstück  einer  Handschnft  des  11.  Jahrh. 
mit  den  Fälschungen  für  Lorsch-Passau  und  die  von  ihm  wieder  auf- 
gefundene Handschrift  des  sog.  wisbyschen  Seerechts  aufinerksam  und 
theilt  zur  Oeschichte  der  Gefangennahme  K.  Maximilians  I.  in  Brügge 
1488  das  amtliche  Verzeichnis  der  Contingente  mit,  die  sich  in  Köln 
zum  Zug  nach  Flandern  sammelten. 


In  Ausführung  des  Ari  62  des  Reglements,  welche  die  Biblioteca 
Nazionale  centrale  in  Florenz  beauftragt  einen  systematischen  Katalog 
der  neuen  Erwerbungen  zu  veröffentlichen,  gibt  die  Leitung  derselben 
seit  Neujahr  ein  Bolletino  delle  publicazioni  italiane  rice- 
vute  per  diritto  di  stampa  heraus,  das  zweimal  im  Monat  er- 
scheint und  die  vollständigste  Bibliographie  Italiens  bietet.  Die  ersten 
3  Nummern  (15.  Jan.  bis  15.  Febr.)   verzeichnen,   nach  Fächern  ge- 


Notizen. 


331 


ordnet,  nicht  weniger  als  1304  Publicationen;  jeder  Nummer  ist  noch 
ein  Autorenregister  beigegeben.  Darf  schon  dieses  vom  Präfecten 
D.  Chilovi  umsichtig  geleitete  Unternehmen,  das  auch  für  andere 
Reiche  ein  Muster  aufstellt,  auf  allgemeine  Anerkennung  rechnen,  so 
erwerben  sich  die  beigegebenen  „  Notizie  *  noch  den  besonderen  Dank 
der  Gelehrten:  so  berichten  sie  u.  a.  über  den  zu  publicireuden  neuen 
Handschriftenkatalog  Yon  A.  Bartoli,  über  die  Schicksale  der  Manuscripte 
GaUleis  und  geben  ein  Yerzeichniss  der  den  Benutzern  zur  Verfügung 
stehenden  11  Kataloge  der  Druckwerke  und  der  8  Handschriften- 
kataloge. Von  diesen  sind  nur  zwei,  jene  der  italienischen  Handschriften 
Yon  Bartoli  und  der  arabischen  yon  Buonazia,  gedruckt;  der  Catalogo 
generale  Ton  Targioni-Tozzetti  umfasst  mit  den  Nachtragen  von  Fossi 
und  dem  Autorenregister  13  Quart-  und  3  Foliobände.    " 


Einem  wirklichen  Bedürfhiss  kommt  unter  der  immer  mehr  an- 
schwellenden Zeitschriftenliteratur  die  English  hist^rical  Review 
entgegen,  welche  unter  der  Bedaction  von  Prof.  Mandell  Creighton 
in  Cambridge  bei  Langmans  in  London  erscheint    Nach  dem  Muster 
der  Revue  historique  wird  sie  Abhandlungen,   Publication   wichtiger 
Documente,  Literaturberichte,   systematische  Referate  über  bestimmte 
Gebiete  der  Forschung  und  üebersichten  über  die  periodische  Literatur 
bringen;   sie  wird  das  Gebiet  der   gesammten  Geschichtswissenschaft 
umfassen,   namentlich   aber  die  Geschichte  Englands,   Am^erikas  und 
der   Colonien   berücksichtigen;    sie   ist   nicht   nur   für  die  gelehrten 
Kreise,  sondern  auch  für^das  grössere  Publikum  bestimmt   Das  erste 
zu  Neujahr  herausgegebene  Heft  wird  durch  einen  geistvollen  Essay 
von   Lord  Acton:   German   schools  of  history  eroflPhet;   er 
ist  eine  ebenso  willkommene  wie  interessante  Ergänzung  der  kürzlich 
erschienenen  Geschichte  der  deutschen   Historiographie.    Die  beiden 
folgenden  Aufsätze:  Homer  and  the  early  history  of  Greece 
von  Monro  und  The  Tyrants  of  Britain,   Gaul,   and  Spain 
a.  d.  406 — 411  von  Freeman  gehören  der  alten,  jene  von  Seeley: 
The  House  ofBourbon  und  Notes  on  the  Greville  Me- 
mo irs  der  neuen  und  neuesten  Geschichte  an.     Die  Notes  and  Do- 
cuments   bringen  kleine  Untersuchungen  und   archivalische  Mitthei- 
lungen meist  zur  englischen  Geschichte  der  Neuzeit,   die  Reviews  of 
books    Besprechungen   englischer,   amerikanischer  und   französischer 
Werke,  unter  diesen  des  Buches  von  Bemont  über  Simon  von  Montfort 
(»the  definitive  bock  about  S.  de  M."),   die  Miscellaneous  Notes  lite- 
rarische Nachrichten,  wie  über  die  im  Vorjahre  zu  London  gestiftete 
Gesellschaft  für  die  Geschichte   der  Hugenotten.     Die  nach  Epochen 


332 


Notizen. 


und  Landern  geordnete  Literatorübersicht  ist  namentlich  in  der  Partie 
der  selbständigen  Publicationen  reichhaltig. 

Die  Yom  sDeutsch-Isrealitischen  Gemeinde-Bund"  berufene  .Hi- 
storische Gommission',  bestehend  aus  den  Herren  Stobbe,  Watten- 
bach, Weizsäcker,  Bresslau,  Geiger,  Baerwald  und  den  Delegirten  des 
D.  L  G.  B.  Geh.-Bath  Eristeller,  den  Prof.  Lazarus  und  Steinthal  hat 
die  Herausgabe  einer  Zeitschrift  für  die  Geschichte  der 
Juden  in  Deutschland  beschlossen.  Sie  soll  Abhandlungen  und 
Forschungen,  Mittheilungen  von  ungedruckten  oder  schwer  zugäng- 
lichen Materialien,  Miscellen  und  bibliographische  Nachrichten,  Be- 
schreibungen von  Handschriften  und  Auszüge  aus  denselben  ent- 
halten. «Der  Charakter  der  Zeitschrift  ist  ein  wissenschafitUcher. 
Dieselbe  wird  yon  vorneherein  jeden  Versuch  abweisen,  in  die  poli- 
tischen oder  religiösen  Fragen  der  Gegenwart  einzugreifen,  ebenso 
den,  das  Judenthum  apologetisch  zu  verklären.  Sie  will  mit  wissen- 
schaftlicher Buhe  und  Objectivitat  die  politische,  sociale  und  ökonomische 
Stellung  der  Juden  in  Deutschland  untersuchen;  sie  will  die  innere 
Organisation  und  Thatigkeit  der  Gemeinden  zur  Darstellung  bringen; 
sie  will  bemüht  sein,  den  Antheil  der  Juden  an  der  geistigen  und 
Culturarbeit  des  deutschen  Volkes  zu  ermitteln.  *  Die  Zeitschrift  wird 
in  zwangslosen  Heften  unter  der  Bedaction  von  Prof.  L.  Geiger  er- 
scheinen. 

Miscellana  Francescana  di  st.oria,  di  lettere,  di 
arti  betitelt  sich  eine  neue  Zeitschrift,  die  unter  der  Bedaction  von 
Don  Michele  Faloci  Pulignani  zu  Foligno  erscheint  und  bestimmt  iät, 
,con  Sana  critica  e  con  opportuna  erudizione*  historische,  kunst- 
geschichtliche, hagiographische  und  literarische  Documente  und  No- 
tizen über  den  h.  Franciscus  und  die  Franciscaner  zu  veröffentUchen 
und  eine  bis  auf  die  Artikel  periodischer  Blätter  vollständige  BibUo- 
graphie  zu  liefern. 


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Literatur. 

G.  Waitz,  Jahrbücher  des  deutschenBeichs  unter 

König  Heinrich  I.  Dritte  Auflage.  Leipzig,  Duncker  und  Hum- 

blot,  1885.    80,  XVI,  294  S. 

Im  Jahre  1837  erschien  die  erste  Bearbeitung  dieses  Werkes,  nach- 
dem Waitz  schon  im  J.  1835  den  für  die  Behandlung  desselben  (Gegen- 
standes von  der  philos.  Faoultät  der  Berliner  Universität  ausgesetzten  Preis 
erbalten  hatte.  Fünfzig  Jahre  sind  seitdem  verflossen,  nun  legt  uns  der 
Verfasser  die  »Jahrbücher*  in  3.  Auflage  vor. ,  Die  erste  Bearbeitung 
wurde  durch  Bänke  in  die  gelehrte  Welt  eingeführt,  der  in  der  Vorrede 
die  Geschichte  des  Buches  schilderte,  welches  zugleich  den  ersten  Band 
der  »Jahrbücher  des  deutschen  Reiches  unter  dem  sächsischen  Hause ^ 
bildete.  Der  Plan  aber  dieses  ünsernehmens  und  der  durch  die  Munificenz 
K.  Max  n.  von  Baiem  ermöglichten  weiteren  Ausführung  desselben  in  den 
»Jahrbüchern  der  deutschen  (Geschichte*  ist  ebenso  wie  jene  Preisaus- 
scbreibung  der  Berliner  Universität  der  Initiative  Banke*s  entsprungen. 
Daher  bildet  vorliegender  Band  nicht  blos  das  fünfzigjährige  Jubiläum  der 
gelehrten  Thätigkeit  Waitz',  sondern  eigentlich  auch  der  Jahrbücher  der 
deutschen  Geschichte,  deren  stattliche  Bändezahl  die  Erforschung  der 
deutschen  Geschichte  so  sehr  gefördert  hat  Und  noch  mehr:  Waitz,  dem 
gefeierten  Lehrer  einer  ganzen  Generation  von  Historikern,  ist  es  gegönnt, 
auch  diese  neue  Auflage  noch  seinem  Lehrer,  dem  Altmeister  Bänke  zu 
überreichen,  welcher  trotz  höchsten  Greisenalters  mit  jagendlicher  Frische 
und  Geisteskraft  am  umfänglichsten  und  grossartigsten  seiner  Werke  schafit 
Fürwahr  ein  seltenes,  in  den  Annalen  der  Historiographie  wohl  einzig  da- 
stehendes Fest,  gleich  freudig  und  erhebend  für  die  beiden  verehrten 
Männer,  wie  für  uns,  die  Zeugen  ihrer  ausgebreiteten  und  tiefwirkenden 
wissenschaftlichen  Thätigkeit! 

Waitz  nannte  die  im  J.  1863  —  hier  zuerst  als  Theil  der  von  der 
historischen  Oommission  bei  der  Münchner  Akademie  der  Wissenschaften 
herausgegebenen  Jahrbücher  der  deutschen  Geschichte  —  erschienene 
2.  Auflage  »neue'  Bearbeitung*,  die  vorliegende  entsprechend  den  vor- 
genommenen Aenderungen  nur  »3.  Auflage*.  Anlage  und  grossentheils 
auch  Wortlaut  sind  jetzt  gleich  geblieben,  nur  da  und  dort  etwas  er- 
weitert oder  modificirt.  Dagegen  stieg  die  Zahl  der  Excurse  von  15  auf 
25;  ganz  oder  wesentlich  neu  sind  der  9.  (Spätere  Auffassungen  von  der 
Erhebung  un4  Herrschaft  Heinrichs),  12.  (Die  spätem  Erzählungen  über 
H.  Arnulf  von  Baiern),  16.  (Ueber  die  Stellung  des  Gr.  Siegfiried  und  die 
angebliche  Errichtung  von  Markgra6chaften)  und  20.  (Angebliche  kirchliche 


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334 


literatur. 


Einrichtungen  unter  E.  Heinrich),  die  übrigen  sind  durch  Theilung  der 
älteren  Ezcurse  und  durch  das  Bestreben  entstanden,  die  Anmerkungen  m 
verkürzen  und  zu  verringern.  Mit  besonderm  Vergnügen  wird  man  ver- 
nehmen, dass  das  Buch  nun  auch  ein  fiegister  erhalten  hat. 

Zu  diesen  neuen  Vorzügen  gesellen  sich  voll  und  ganz  die  der 
frühem  Auflage:  jene  ruhige  und  besonnene  Kritik,  die  auch  offen  die 
blose  Wahrcheinlichkeit  des  Ergebnisses  eingesteht,  wenn  die  Quellen  nicht 
ausreichen,  um  die  Thatsachen  evident  zu  machen,  und  besonders  jene, 
man  kann  wohl  sagen  absolute  Beherrschung  des  Stoffes,  die  auch  im  Ge- 
wirr des  minutiösesten  und  ermüdendsten  Details  die  Erzählung  auf  die 
Hauptsache  gerichtet,  sicher  und  klar  weiterführt,  ohne  den  Leser  je  in 
das  Meer  der  Einzelheiten  untersinken  zu  lassen  —  was  man  nicht  eben 
von  allen  Bänden  der  Jahrbücher  wird  behaupten  können. 

Neue  Quellen  wurden  seit  der  letzten  Auflage  nicht  erschlossen,  nur 
die  kritische  Sichtung  derselben  machte  weitere  Fortschritte.  Das  gilt 
namentlich  von  den  Urkunden;  Sickels  Ausgabe  der  Diplomata  nennt  Waitz 
als  den  wichtigsten  Zuwachs;  doch  konnte  beim  beschränkten,  aber  im 
ganzen '  gut  überlieferten  Material,  das  sich  von  diesem  Harscher  erhalten 
hat,  nur  die  Kritik  vereinzelter  Thatsachen  wesentlich  gewinnen,  wie  etwa 
dass  die  Verleihung  der  Grafschaft  Toul  an  den  dortigen  Bischof  blos  auf 
Interpolation  von  DH.  16  beruhe  (S.  107),  also  für  Heinrich  L  solche  Be- 
günstigung der  Kirche  überhaupt  noch  nicht  nachzuweisen  sei. 

Auch  seine  Auffassung  von  Heinrichs  Regierung  und  Erfolgen  fand 
sich  Waitz  nicht  veranlasst  zu  ändern:  er  flndet  das  Königthum,  wie  es 
unter  diesem  König  bestand,  eine  gesunde  und  lebenskräftige  Schöpiongr 
welche  zur  Erfüllung  der  staatlichen  Aufgabe  genügende  Macht  über  das 
Herzogthum  besass,  deren  Erfolge  unter  der  zielbewussten  Leitung  Hein- 
rich 1.  den  Bestand  des  Reiches  sicherten,  eine  gedeihliche  Fortentwicklung 
gestatteten.  Diese  Ansicht  hat  ziemlich  allgemein  Beifall  und  Anklang 
gelinden,  auch  Giesebrecht  ist  doch  wesentlich  zu  gleichen  Resultaten  ge- 
kommen. Ihre  Grundlage  ist  die  Darstellung  Widukinds,  controUirt  mit 
den  andern  zeitgenössischen  Berichten,  gereinigt  von  allen  Verunstaltungen 
späterer  Ueberlieferungen,  von  den  Irrthümem  und  Willkürlichkeiten 
moderner  Historiker.  Ganz  anders  hat  sich  freilich  Nitzsch  (Geschichte  da 
deutschen  Volkes  1,  304  f.)  ausgesprochen.  Er  betont  in  erster  Linie, 
dass  H.  nur  durch  Specialconcessionen  an  die  Stammesherzoge  sein  König- 
thum habe  behaupten  können,  dass  er  Sachsen  tributpflichtig  machen 
musste,  und  auch  der  Sieg  von  933  nur  Friede  bis  zum  Tode  Heinrichs 
brachte,  danach  die  Angriffe  von  aussen,  die  Aufstände  der  Aristokratie  im 
innern  sich  sofort  erneuerten  — ,  um  zum  Schlüsse  zu  kommen,  man 
müsse  von  der  Auffassung  Widukinds  ganz  absehen,  weil  sie  nur  der  vom 
siegreichen  Hof  Otto  I.  verbreiteten  entspreche;  Heinrich  sei  es  nicht  ge- 
lungen, haltbare  Grundlagen  für  eine  deutsche  Monarchie  zu  schaffen,  er 
sei  nicht  mit  klarer  entschlossener  Politik  an  die  ihm  gestellte  Aufgabe 
herangetreten.  Die  Ausführungen  haben  manches  bestechende,  ich  glaube 
aber,  Waitz  hat  Recht  gethan,  dieselben  abzulehnen.  Nach  bescheidenen 
demüthigenden  Anfängen  hat  Heinrich  steigenden  Einfluss  auf  dem  Westen 
und  Süden  des  Reiches  erlangt,  er  hat  die  Nord-  und  Ostgrenze  intact 
gehalten,  ja  vorgerückt,  hat  noch  bei  Lebzeiten  die  Nadifolge  seines  Sohnes 


Idterattir. 


335 


de: 
8ac 


gesicherti  der  nach  seinem  Tode  aaoh  von  allen  Stämmen  gemeinsam  ge- 
wählt wurde.  Das  sind  doch  Erfolge!  Ohne  dieselben  hätte  Otto  wohl 
kaum  die  wieder  sich  erhebende  Beaction  niederwerfen  und  endlich  nach 
mehrfachen  Schwenkungen  seiner  Politik  in  der  de^tsch9n  Kirche  die  wirk- 
samste Stütze  seiner  Macht  finden  können. 

Auch  sonst  hält  sich  Waitz  gegen   die  Ausführung  Nitzsch's,   deesen 
leider  nur  posthumes  Werk   weitaus  die  bedeutendste  Darstellung  dieser 
poche  seit  dem  Erscheinen  der   2.   Auflage  ist,   meist  ablehnend.     Aus- 
ngspunkty  Methode  und  Behandlungsweise  ist  eben  bei  beiden  eine  total 
iedene,  doch  möchten  wir  neben  der  stets  oorrecten,  meist  unanÜBcht- 
n  Quellenforschung  des  einen  auch  die  anregenden  Betrachtungen  des 
m  so  originellen  und  gedankenreichen  Historikers  nicht  missen. 
Nun  vom  grossen  zum  kleinen.     Da  es  Waitz  als  specielle   Aufgabe 
ahrbücher  hinstellt,    »das  ganze  Detail  der  Begebenheiten  zu  unter- 
und   festzustellen*,    so   mögen    einige   streitige   Punkte   hier   be- 
in  werden.    Bei  der  Annahme,  dass  K.  Zwentibold  mit  Herzog  Otto*s 
Oda  vermählt  war  (S.  12),  wäre  auf  DO.  159  (vgl  DO.  216)  hin- 
wonach  K.  Otto  1.  amita  Uota  in  und   bei   Deventer  begütert 
fiir  jene  Ehe  spricht,  obwohl  Uota  nicht  Königin  heisst,   da  die 
er  sonst  keine  Besitzungen  in  Lothringen  hatten. 

hat  in   der  Ausgabe   der  Diplomata   das  Datum:  x.  kaL  mai, 

^5)   setzt   es  auf  22.  (sollte  wohl  heissen  20.)  Februar,  indem 

e  bei  Wilmans  Westf.  EU.  IL  Taf.  9  die  Lesung  x.  kaL  marc. 

^cher   mache.     Nun  ist  aber   dieses   Facsimile  ungenügend,  ja 

führend,  insofern  die  Beproduction   blos   dieser   3  Worte  em 

der  Schrift  nicht  gewfihrt.    Philippi  behauptet  (a.  a  0.  43), 

tlich  Mrci;    das  r  (ohne  Unterlänge)   bildet   mit  dem"  c  eine 

a   ähnliche  Figur.*      Sein   Facsimile   macht  das   glaublich; 

er,  wenn  man  die  yollständige  Abbildung  im  Chron.  Gotwic. 

t     Auch   die  Datirungszeiie   dieses  Diploms  ist  in  diplo- 

el  geschrieben,  sämmtliche  r  haben  Unterlänge,  diese  eine 

höchst  auffallend,    da  nicht   etwa   der  Schalt  an  der  zu 

Linie  abbricht   und   deshalb   nicht   weiter   hinabgeführt 

der  Schaft  ist  unten  nach  rechts  umgebogen,  was  beim  r 

h  spät  vorkommt,   z.  B.   in  den  Kaiserorkunden  in  Ab- 

s  der  Zeit  Heinrich  lY.   zu  belegen   ist     Wohl  aber  ist 

r-Schaft  vollständig  gleich  dem  darauffolgenden  i-Sohaft, 

eiber   weder  ursprünglich   noch  bei   der  Correctur  den 

bildet  haben  wird,  wie  er  erst  dem  folgenden  Jahrhundert 

man  am  besten  zu  der  Annahme  der  DD.   zurückkehren, 

e  Figur  wirklich  ein  aus  i  (Mt)  oorrigirtes  offenes  a  sei, 

zum  April  einzureihen   sei   —   Warum  bei   DH.  4  der 

tgen  und  Krejssig  nicht  angeführt  ist   (8.  65  Anm.    6), 

e  Note  a.  a.  0.  —  S.  82  AnuL  4  ist  die  Bichligkeit  der 

eis  in  DH.    16:    dilectionem  quem   erga  noertram  sereni- 

litatem)    noveramus   mit   dem    Hinweis   auf  eine    andere 

elitatem  vorkommt,    bezweifelt,   aber  hier  handelt  es  sich 

fidelitas  als  Titulatur  des  Königs  sinnlos  ist.  -^  8*  69 

enhoit  des  B.  Ulrich  von  Augsburg  auf  dem  Hoftag  zu 


zuweu 

war, 

Liudo 

D 
Waitz  ( 
das  Facsi 
wahrschei 
geradezu 
richtiges  B 
es  » stehe 
einem  offen 
ganz  anders 
S.  139  vergll 
matischer 
Ausnahme   w 
stark  eingerit 
wurde,  sende 
sonst  erst  zie 
bildungen  erst 
dieser  angeblic 
und    da  der 
Buchstaben  so 
entspräche,  w: 
dass  die  a  ahn 
die  Urkunde 
Druck  von  Sc! 
lehrt  die  kri 
£mend«tion  Si 
tatem    (statt 
Stelle,  wo  ob 
nur  danun, 
wird    die  An 


m 


336 


litörator* 


Worms  926  angenommen  mit  Bemiung  (Anm.  6)  auf  eine  von  Gkder  von 
Weineck  in  seiner  Baetia  citirte  Urkunde ;  es  ist  damit  offenbar  das  damals 
för  .Chor  erlassene  DH.  11  gemeint,  in  dem  ein  Udalrich  genannt  wird, 
aber  der  Graf  von  Bätien,  somit  ist  wobl  nur  an  ein  Versehen  QtQers  za 
denken.  —  Eine  Deutung  von  Gana  (S.  124)  gibt  auch  BOttger,  Diöoesan- 
und  Gaugrenzen  4,  218.  —  Die  Ausstattung  der  E.  Edgid  mit  Magdeburg 
ist  im  Or.  DO.  14  erwähnt,  sollte  die  Nachricht  der  von  Waitz  S.  (135) 
allein  citirten  Ann.'  Magdeburgenses  nicht  darauf  zurückgehen?  —  Der 
S.  147  erwähnte,  dem  König  bei  der  Synode  zu  Erfurt  überreichte  Brief 
aus  Jerusalem  i^  doch  identisch  mit  dem  von  Dummler  Gesta  Berengarii 
157  abgedruckten  Brief  des  Dogen  von  Venedig  an  den  KOnig. 

Den  vielumstrittnen  Ort  der  Ungamschlacht  von  983  möchte  Waitz 
(155)  nun  lieber  östlich  als  westlich  von  Merseburg  suchen,  da  das  Chron. 
Suev.  meldet,  Heinricus  Ungaros  in  Sjrbia  interfecit,  der  Bericht  des  Her- 
mann von  Beichenau  aber  (üngarii  Soraborum  provindam  potentes  ab 
exeroitu  .  .  .  profligati)  auf  dem  ersteren  zu  beruhen  scheine  (S.  151 
Anm.  6).  Das  ist  ganz  richtig,  nur  scheint  mir  diese  Angabe  mit  der 
Erzählung  des  Sachsen  Widukind  (1.  I.  c  38)  unvereinbar,  nach  welcher 
man  die  Wahlstatt  in  Thüringen  suchen  müsste:  Iter  agentes  per  Dala- 
mantiam  —  intrant  fines  Thuringorum  —  ibique  diviais  sociis 
alii  ad  occidentem  pergebant  —  Qui  autem  in  Oriente  remanait  ezerdtas 
belagert  die  Burg  des  Thüringers  Wido,  die  wohl  auch  nicht  im  exponirten 
Sorbenlande  zu  suchen  sein  wird,  und  in  deren  ÜTähe  findet  dann  die 
Schlacht  statt. 


Innsbruck« 


E.    V.   Ottenthai. 


Alfons  Huber,  Oeschichte  OesterreichB.  Erster 
Band  S.  618,  pg.  XXVII.  Zweiter  Band  S.  539,  pg.  XVIIL  Gotha 
1885.  (Geschichte  der  europäischen  Staaten,  hg.  von  A.  H.  L.  Heeren, 
F.  A.  ükert  und  W.  v.  Giesebrecht     XLV.  und  XLVI.  Lie£) 

m 

Von  einer  Behandlung  der  österreichischen  Gesammtgaschichte  komite 
selbstverständlich  vor  der  Vereinigung  Ungarns  und  Böhmens  mit  dem 
deutschen  Erblanden  des  Hauses  Habsburg  nicht  die  Bede  sein.  Aber  aiu£ 
nach  erfolgter  Vereinigung  der  genannten  drei  Ländergruppen  unter  dem 
Hause  Habsburg  hatte  die  Historiographie,  entsprechend  dem  Mangel  eines 
inneren  Zusammenhanges  der  nur  durch  die  gemeinsame  Dynastie  verbau* 
denen  Königreiche  und  Länder  durchaus  einen  dynastischen  Charakter  oder 
sie  gieng  in  eine  Darstellung  der  Geschichte  der  einzelnen  Ländeigroppen 
auseinander.  Daher  ist  die  österreichische  G^hichte  als  solche  sehr  spät 
behandelt  worden  und  eigentlich  erst  ein  Product  unseres  Jahrhunderta 
und  es  lässt  sich  dabei  nicht  verkennen,  dass  die  Bearbeitung  derselben  je- 
weilig unter  dem  Einflüsse  der  vorherrschenden  wissenschaftlichen  und 
politischen  Doctrinen  gestanden  hat,  sowie  denn  auch  mit  der  Vertiefong 
der  letzteren  die  Entwicklung  der  östenreichischen  Histori<^gr^>hie  Hand 
in  Hand  geht  Ebensowenig  kann  es  uns  daher  befremden,  dasa  die 
ersten  Versuche  einer  Darstellung  der  österreichischen  Gesammtgesohichta 
von  Ausländem,  von  dem  Engländer  Coie,  von  Grellmann,  Professor  in  GCt-* 


Liieratnr.  337 

ÜBgeiii  xaiA  PoelitK,  Professor  in  Leipzig,  ausgegangen  sind,  Werke,  von  denen 
die  Osterreichisohe  Gescbichte  des  letzteren,  ein  praktisch  angelegter  Grund- 
riss  mit  reichen  Literaturangaben,  sich  in  der  Neubearbeitung  durch 
0.  Lorenz  bis  heute  lebensfilhig  erhalten  hat.  Sehen  wir  hier  von  der 
mehr  xu  kric^geschichtlichen  Zwecken  angelegten  zehnbändigen  Gresohichte 
der  Lftnder  des  Osterreichischen  Eaiserstaates  von  Schels  —  einst  Vorsteher 
dar  k.  k.  Eriegsbibliothek  —  sowie  Ton  den  jetzt  veralteten  Handbüchern 
Ton  Hohler,  Jos.  v.  Ameth,  Beidtel,  Hassler  und  Koch,  sowie  von  den 
ebenfidls  nur  mehr  wenig  brauchbaren  Oompilationen  Meynerts  und  8por- 
aehilfl  ab,  so  kann  erst  Jos.  Grafen  v.  MJaikths  Geschichte  des  Odter- 
reichisehen  Eaiserstaates  in  5  Bänden  für  Heeren  und  Ukerts  flamTnlnng 
eoropftiflcher  Staatengeschichten  (als  deren  Neubearbeitung  das  uns  vor- 
liflgende  Werk  Hubers  zu  betrachten  ist),  obgleich  erst  mit  der  ottokarisch- 
bdbsburgischen  2feit  beginnend,  als  ein  noch  immer,  namentlich  in  seinen 
apiteren  Paurtien  sehr  brauchbares,  weil  klar  und  übersichtlich  gehaltenes 
Htoptwerk  bezeichnet  werden. 

Seither  hat  sich  der  grossartige  Umschwung,  den  mit  dem  Jahre  1848 
d«  geistige  Leben  in  Oesterreich  erfuhr,  auch  auf  dem  (Gebiete  der  Ge- 
adiichtsforBchung  und  der  Geschichtschreibung  unseres  Staates  geltend  ge- 
machi  Ausser  der  damals  gegründeten  kais.  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Wien  nahmen  die  Akademieen  und  historischen  Vereine  der  übrigen 
Staatsgebiete  an  dieser  Arbeit  den  lebhaftesten  AntheiL  Als  das  Ergebnis 
dieser  nunmehr  nahezu  40jfihrigen  Thfttigkeit  liegen  uns  heute  in  einer 
selbst  von  dem  Faohmanne  nur  schwer  zu  überblickenden  Fülle  Publi- 
citionen  der  mannigfaltigsten  Art  vor,  welche  die  geschichtliche  Kenntnis 
theils  durch  die  Veröffentlichung  ungedruckter  Materialien,  theils  durch  die 
Verarbeitung  des  gesonunelten  Stoffes  in  werthvoUen  Specialuntersuchungen 
mftchtig  gefördert  haben,  wozu  sich  dann  noch  eine  Beihe  zum  Theile  sehr 
werthvoUer  Monographien  über  die  wichtigsten  Persönlichkeiten  und  ge- 
aehichtlichen  Momente  des  österreichischen  Staatslebens  gesellt.  Es  war 
allmählig  an  der  Zeit,  das  durch  so  vielseitige  Forschung  angeheilte  Ge- 
Bunmigebiet  zu  überblicken,  sich  von  den  bisher  gewonnenen  Besultaten 
der  mit  vereinten  Kräften  geförderten  Arbeit  Bechenschaft  zu  geben  und 
eben  dadurch  die  Blicke  der  Forscher  auf  jene  Gebiete  zu  lenken,  welchen 
bisher  die  Aufmerksamkeit  in  geringerem  Masse  zugewendet  worden  war 
tmd  die  daher  noch  eine  reiche  Ernte  für  die  Zukunft  in  Aussicht  stellen. 
Und  zu  diesem  rein  wissenschafblichen  gesellte  sich  auch  ein  eminent 
practisches  Bedür&iss.  Nicht  nur,  dass  der  durch  das  junge  VerfiEiasungs- 
leben  des  Staates  lebhaft  angeregte  politische  Sinn  in  erfreulicher  Art  Hand 
in  Hand  geht  mit  dem  immer  lebhafter  werdenden  Verlangen  nach  histo- 
rischer Bildung,  nicht  nur,  dass  auch  der  gebildete  Laie  heute  mehr  als 
zuvor  nach  einem  allgemein  fasslichen  Buche  ausblickt,  das  ihn  über  die 
früheren  Schicksale  Oesterreicbs  und  über  das  allmählige,  Werden  der 
heulagen  Zustände  des  Staates  belehre,  auch  die  Schule  fordert  bereits  längst  ein 
Buch,  welche  die  sichere  Grundlage  ftlr  den  Unterricht  zu  bieten  vermöchte. 
Freilich  so  leicht  zu  bew&ltigen  ist,  ganz  abgesehen  von  der  unerschöpf- 
hehen  Fülle  des  zu  verarbeitenden  Stoffes,  eine  solche  Arbeit  nicht  Denn 
MQirend  die  übrigen  grossen  Staaten  Europas  mehr  minder  auf  überwiegend 
nationaler  Grundlage  ruhen,,  ist  Oesterreich  zwar  eine  eminent  politische 

MittlMflimftti' vn.  8S 


338 


literatnr. 


Schöpfiiiig,  die  aber  doch  wieder  ihre  Lebenskraft  ans  den  yerschiedenen 
nationalen  Bildungen  holt,  in  deren  Zusammenwirken  und  Gegensätzen 
eben  die  Geschichte  unseres  Staates  liegt.  Mit  dieser  ethnographischen 
Gestaltung  des  Staates  hängt  es  zusammen,  dass  die  gründliche  Behandlung 
der  österreichischen  Geschichte  neben  dem  geschulten  Historiker  den  Tiel- 
seitig  unterrichteten  Kenner  in  den  Sprachen  und  Literaturen  dieses  weiten 
Gebietes  voraussetzt. 

Trotz  dieser  Schwierigkeiten  hat  es  in  jüngerer  Zeit  nicht  an  Ver- 
suchen gefehlt,  die  Aufgabe  in  der  einen  oder  der  andern  Weise  zu  lösen. 
Untbr  diesen  Versuchen  steht  als  der  Beginn  einer  streng  vrissensc^aftliefaen 
Darstellung  die  >  ö^rreichisöhe  Geschichte  bis  zum  Ausgange  des  drei- 
zehnten Jahrhunderts*  von  Max  Büdinger  oben  an,  ein  Werk,  das  uns 
allen  ebenso  unentbehrlich  als  lieb  und  werth  geworden  ist.  Den  höchsten 
kritischen  Anforderungen  genügend,  trägt  dieses  Buch  den  Stempel  einer 
bedeutenden  Originalität  an  sich,  mit  welcher  sich  eine  classische  Form 
der  Darstellung  verbindet.  Um  so  tiefer  muss  man  es  bedauern,  dass 
dasselbe  unvollendet  blieb  und  dass  der  Ver&sser  sich  trotz  seiner  BücV- 
kehr  nach  Oesterreich  nicht  entschliessen  wollte,  dasselbe  fortzufahren. 
Lag  auch  in  der  Absicht  Büdingers  nur  die  Schilderung  der  ältesten  Zeiten 
Oesterreichs  und  zwar  vomemlich  jener  Momente,  » ohne  welche  die  spätere 
Entwicklung  gar  nicht  denkbar  wäre*,  so  würde  doch  die  vollständige 
Durchführung  seines  Planes  als  eine  bedeutsame  Einleitung  zu  einer  jeden 
streng  wissenschaftlichen  Geschichte  haben  gelten  können. 

Als  Versuch  einer  populären  Darstellung  ist  die  »österreichische  Ge- 
schichte für  das  Volk*  zu  betrachten.  Es  war  ein  an  sich  richtiger 
Gedanke,  von  dem  geleitet  man  hier  den  Schwierigkeiten,  welche  die 
Kräfte  eines  Mannes  fast  zu  übersteigen  drdhen,  durch  Theilung  der  Arbeit 
zu  begegnen  suchte;  Allein  es  geschah  des  Guten  vielleicht  zu  viel.  Nicht 
weniger  als  siebenzehn  Autoren  theilten  sich  unter  der  Leitung  des  Frei- 
herm  von  Helfert^  welcher  die  Eedaction  übernahm,  in  die  Bearbeitung 
des  nur  bis  zum  Wiener  Congi-esse  in  die  Darstellung  einbezogenen  Stoffes. 
Dies  hatte  allerdings  zur  Folge,  dass  sich  jeder  Autor  auf  dem  ihm  zu- 
gewiesenen  Gebiete  vollständig  heimisch  fühlte  und  dass  eine  Beihe  von 
kleinen  Monographien  entstand,  deren  Gründlichkeit  fast  durchwegs  billigen 
Ansprüchen  genügt  und  deren  Werth  nur  der  gänzliche  Mangel  literarischer 
Kachweise  schmälert.  Aber  andererseits  konnte  aus  dem  Zusammenwirken 
80  vieler  Autoren  ein  Werk  aus  einem  Guss,  ja  auch  nur  von  einer  Gmnd- 
ansicht,  wie  dies  doch  von  einer  an  das  grosse  Lesepublikum  sich  wen- 
denden Darstellung  erwaHet  wird,  unmöglich  hervorgehen.  Dennoch  beruht 
die  Sammlung  auf  einem  fruchtbaren  Grundgedanken,  für  dessen  Durch- 
führung  auch  heute  noch  vieles  sprechen  würde,  vorausgesetzt,  dass  man 
sich  auf  eine  geringere  Anzahl  gesinnungsverwandter  Autoren  beschränken 
wollte. 

Zum  Theile  auf  dieser  Arbeit  beruht  Fr.  M.  Mayers  Geschichte  Oester- 
reichs mit  besonderer  Rücksicht  auf  Culturgeschiohte,  2  Bände,  Wien  187 S. 
welches  damit  zugleich  nach  dem  Muster  von  Poelitz-Lorenz  reiche  Ldte- 
raturangaben  verbindet  und  sich  durch  seine  praktische  übersichtliche  Ein- 
richtung empfiehlt 


literatar.  339 

In  gewissem  ßixme  bahnbrechend  ist  Krones,  Handbach  der  Geschichte 
Oesterreichs  Ton  der  ältesten  bis  neaesten  Zeit  in  5  Bänden.  Das  Bach 
von  Erones  ist  als  ein  erster  Yersnöh  zu  betrachten,  die  namentlich  seit 
einem  Menschenalter  fast  bis  ins  Unabsehbare  angewachsenen  Detailonter- 
soditingen  über  die  verschiedenen  Gebiete  der  österreichischen  Geschichte 
za  einer  abschliessenden  Darstellang  zasammenzafassen.  Ist  dies  aoch  dem 
YerfiMser  nicht  nach  allen  Seiten  hin  gelangen  and  macht  sich  aach  die 
Ungleichmfissigkeit  der  breiteren  Anlage  der  älteren  and  der  knapper  dar- 
gestellten späteren  Zeit,  sowie  der  darch  ein  sorgMtiges  Begister  nar  zum 
Theil  behobene  Uebelstand  einer  schwierigen  üebersicht  des  massenhaften 
Stoffae  fELhlbar,  so  moss  doch  zogestanden  werden,  dass  diese  Arbeit,  das 
Werk  eines  stapenden  Fleisses  and  einer  fast  anübertroffenen  Yertraatheit 
mit  der  gedämmten  Literatar  anseres  polyglotten  Staates,  alle  ihre  Yor- 
gängerinnen  in  den  Schatten  stellt  Krones  hat  aach  eine  sehr  anziehende 
Geschichte  Oesterreichs  fiir  ^die  reifere  Jagend  in  zwei  Theilen  verfasst, 
ein  popaläres  Werk,  das  trotz  seines  ansprachslosen  Titels  aach  höheren 
Ansprüchen  genügt  and  einen  Grandriss  der  österreichischen  Geschichte 
mit  besonderer  Bnöksicht  aafQaellen  and  Literatarkande,  Wien  1882,  der 
ab  eine  &8t  anerschöpfliche  Fandgrabe  fEbr  Literatarangaben  anentbehr 
lieh  ist 

So  vielen  and  zam  Theile  so  tüchtigen  Leistangen  der  jüngsten  Yer- 
gmogonheit  gegenüber  wirfb  sich  anwillkürlich  die  Erage  aaf,  ob  für  eine 
neae  Bearbeitang  der  Osterreichisohen  Geschichte  noch  ein  Bedürfiiiss,  ja 
ob  eine  solche  überhanpt  noch  möglich  ist.  Dass  anbeschadet  des  Werthes 
der  früher  erwähnten  Darstellnngen  beides  dennoch  der  Fall  ist,  daraaf 
hti  uüsgrea  Bedünkens,  sowie  nach  dem  übereinstimmenden  ürtheile  aller 
Uaher  ersohieneneB  B^reohongen  desselben,  das  vorliegende  Bach  Alfons 
HabexB  eine  anzweifelhafte  Antwort  ertheilt  War  es  an  sich  ein  glück- 
licher Ckdanke,  das  nan  doch  schon  viel&ch  veraltete  Werk  Mailaths  daxtk 
eine  Neabearbeitang  zn  ersetzen,  so  hat  Haber  diese  Anfgabe,  soweit  dies 
sdum  lieate  aaf  Grand  der  beiden  ersten  bis  1487  reichenden  Bände  aas- 
gesproehen  werden  kann,  in  masterhafter  Weise  gelöst 

£a  ist  nicht  ansere  Absicht,  an  dieser  Stelle  aaf  die  Einzelheiten  des% 
epoehemadienden  Werkes  einzngehen,  dies  am  so  weniger,  da  wir  der 
festen  üebeneogang  leben,  dass  dasselbe  bald  ein  Gemeingut  aller  der- 
jenigen sein  wird,  die  der  Geschichte  anseres  Staates  das  ihr  geziemende 
Interesse  entgegenbringen,  aber  auch ,  von  den  Fachgenossen  abgesehen, 
ein  Gemeingat  jenes  weiteren  Kreises  gebildeter  Laien,  denen  es  nicht  blos 
un  jene  flüchtige  Ünterhaltong,  sondern  am  wirkliche  Belehrang  an  der 
Hand  eines  zuverlässigen  Führers  zn  than  ist  Was  wir  in  dieser  kurzen 
Anzeige  allein  zum  Ausdrucke  bringen  wollen,  das  ist  die  Andeutung  der 
Stellung,  welche  inmitten  verwandter  Leistungen  dem  vorliegenden  Buche 
gebührt  Durch  eine  lange  Beihe  von  Yorstudien,  namentlich  über  die 
ältere  Geschichte  Oesterreichs,  unter  deren  Forschem  er  ja  einen  der  ersten* 
Flibe  einnimmt,  trefflich  vorbereitet,  liefert  uns  Huber  ein  Werk,  das  an 
inaeier  Durchdringung  des  Stoffes  hoch  über  allen  bisherigen  Leistungen 
nf  diesem  Gebiete  steht  Soweit  BÜdingers  Oesterreidiische  Geschichte 
reidit,  nstorgemäss  auf  derselben  fussend,  jedoch  unter  Wahrung  vollster 
nf  den  Quellen  selbst  beruhender  Selbständigkeit  und  unter  sorgfältiger 

22* 


340 


Literator. 


und  streng  kritischer  Yerwerthung  aller  bedeatenderen,  seither  erschienenen 
Einzelforaohungen,  wird  die  Darstellung,  je  weiter  sie  fortschreitet,  desto 
bedeutsamer,  dies  umsomehr,  je  mehr  es  namentlich  für  Ungarn  &8t 
allenthalben  an  brauchbaren  Vorarbeiten  gebrach,  so  dass  der  YerÜEisser  ge- 
nöthigt  war,  &8t  jedes  einzelne  Faktum  erst  aus  den  Quellen  sicherzustellen 
und  nicht  selten  sich  ungemein  schwierigen  Untersuchungen  über  das  Yer- 
hältniss  der  Quellen  zu  einander  und  deren  Werth  im  allgemeinen  wie 
im  einzelnen  zu  unterziehen.  Dabei  ist  das  Buch  nicht  etwa  bloss  anf 
gelehrte  Fachkreise  berechne1|  sondern  auch  weiteren  Kreisen  in  Folge 
seiner  schlichten,  durchsichtigen  Darstellungsweise  zugänglich.  Denn  der 
Verfasser  hat  sein  Buch  zwar  mit  einer  grossen  Anzahl  von  Anmerkungen 
ausgestattet,  in  denen  er  sich  über  abweichende  Ansichten  mit  seinen  Vor- 
gängern in  knapper  Form  auseinandersetzt,  hingegen  die  umständlichere 
Beweisführung  für  seine  Behauptungen  in  eine  Beihe  von  vortrefflichen 
Abhandlungen  verwiesen,  welche  an  anderen  Orten  —  zum  Theil  in  dieser 
Zeitschrift  —  erschienen  sind.  Für  die  Darstellung  hat  Huber  die  syn- 
chronistische Form  gewählt,  die  auch  in  der  That  die  natürlichste  ist  and 
mittelst  deren  es  ihm  auch  fast  durchwegs  gelungen  ist,  die  Klippen  ta 
umschiffen,  an  denen  die  Uebersichtlichkeit  manch  früherer  DarsteUungen 
gescheitert  ist. 

Bisher  hat  Huber,   wie   gesagt,   seine   Au%abe   in  glänzender  Weiae 
gelöst.     Freilich,  die  grösseren  Schwierigkeiten  stehen  noch  den  folgenden 
Bänden  in  der  Fülle  des  darzustellenden  Stoffes,  in  der  Reichhaltigkeit  und 
dann  doch  wieder  Unzulänglichkeit  der  bisher  ans  Licht  geförderten  Quellen, 
in  dem  oft  gänzlichen  Mangel  genügender  Vorarbeiten,  in  dem  Vordrängen 
der  nationalen  Literaturen  und  in  dem  Hervortreten  nationaler,  politischer 
und  religiöser  (Gegensätze,   unter   deren   Eindrucke   wir   zum  Theile   noch 
heute  stehen,  bevor.   Allein  von  der  bewährten  Hand  unseres  Autors,  von 
seinem  Scharfblicke  und  seiner  geistigen  Klarheit,  von  seiner  Unbefangen- 
heit, seinem  Fleisse  und  seinem  redlichen  Willen  dürfen  wir  auch  ferner- 
hin  die   würdigsten   Besultate   erwarten.     Und   so   bleibt   uns    sehlieaslich 
neben   dem   Ausdrucke   aufrichtigen   Dankes   für   das  bisher  Gebotene  der 
Wunsch,    dass   es   dem  Verfasser   auch   fernerhin  nicht  an  der  Freude  des 
Schaffens  und  an  der  rüstigen  Kraft   zur  Förderung   seines  Unternehmens 
gebrechen  möge.  Zeissberg. 


Julius  Strnadt,  k.   k.   Bezirksrichter,   Die    Geburt   des 
Landes  ob  der  Enns.     Linz,  Ebenhöch,  1886,  8»,  125  S. 

• 

Die  praktischen  Juristen,  welche  historische  Studien  treiben,  sind 
gegenwärtig  ebenso  selten,  als  sie  im  vorigen  Jahrhunderte  häufig  waren. 
Und  doch  könnten  uns  gerade  aus  diesem  Kreise  sehr  werthvoUe  Auf- 
klärungen fär  ein  Gebiet  gebracht  werden,  welches  von  den  gelehrten 
Fachkreisen  meist  unbetreten  gelassen  wird,  da  es  zu  viele  kleiniiehe 
Localforschungen  verlangt:  ich  meine  das  Gebiet  der  looalen Becht^escbidite» 
der  Geschichte  der  Verwaltung  und  des  Gerichtswesens  in  ihren  territorialen 
Gliederungen  und  Abgrenzungen.  Strnadt  hat  schon  vor  fast  20  Jahres 
mit  einer  derartigen  Arbeit  über  das  Gericht  Peuerbach  in  OberGeterreich 
sich  vielen  Dank  verdient.   Mit  dem  vorliegenden  Büchlein   tritt  er  an   ein 


literatar. 


341 


Problem  allgemeineren  Charakters  und-  selbständiger  historischer  Bedeatang 
izezan.  Die  Mittel,  mit  denen  er  arbeitet,  sind  jedooh  auch  hier  vor- 
wiegend dieselben  wie  dort;  nftmlioh  genaue  Looalkenntniss  und  Yer- 
werthung  der  Abgrenzungen  der  Gteriohte  und  Yerwaltungsgebiete  des 
späteren  Hittelaltersy  von  deren  Dauerhaftigkeit  und  Alterthümliöhkeit  er 
(üe  gleiche  Ansicht  gewonnen  hat,  wie  der  Beferent  bei  einer  fthnliohen 
Arbeit  über  ein  benachbartes  Gebiet  zur  Aufklärung  der  Verhältnisse 
fnlherer  Perioden. 

Die  ausgesprochene  Absicht  des  Terf.  ist,  zu  erweisen,  dass  der  Theil 
von  Oberösterreich  zwischen  Eausruck  und  Enns  nicht,  wie  man  bisher 
annahm,  im  Jahre  1156  von  Bayern  abgetrennt  xifid  an  das  Herzogthum 
Oesterreich  gegeben  worden  ist,  sondern  dass  derselbe  im  Besitze  der 
iteierisohen  Ottokare  bis  zu  deren  Aussterben  sich  befunden  habe,  dann 
noch  bis  in  die  Zeit  König  Ottokard  als  ein  Theil  Steiermarks  angesehen 
irorden,  und  erst  unter  dessen  Begierung,  etwa  um  1254 — 60,  zu  einem 
lelbständigen  Verwaltungsbezirk,  einem  eigenen  Territorium  umgeschaffen 
i^orden  sei« 

Der  erste  und  wohl  wichtigste  Beweispunkt  hieftir  ist  nun  der,  dass 
ceine  gleichzeitige  Quelle  etwas  davon  wisse,  dass  Herzog  Heinrich  von 
)e8terreich  im  Jahre  1156  neben  der  Herzogs  würde  eine  Vergrösserung 
einer  Mark  durch  drei  baierische   Gra&chaften  erhalten  habe.     Str.  weist 

—  wie  mir  scheint  mit  Erfolg  —  nach,  dass  die  erste  Nachricht  hierüber 
on  dem  100  Jahre  später  schreibenden  Hermann  ?on  Altaich  herrührt 
nd  dass  die  entsprechende  Stelle  in  der  Chronik  des  Chunrad  de  Wizzen- 
«rge,  Abts  von  Melk  (1177 — 1208),  eine  der  gewichtigsten  Stützen  der 
iaherigen  Annahme,  nach  dem  handschriftlichen  Befund  eine  auf  Hermann 
on  Altaich  beruhende  spätere  Interpolation  ist.  Die  Angabe  eines  so 
oäten  Berichterstatters  sei  aber  belanglos  gegenüber  der  urkund- 
chen Thatsaohe,  dass  Herzog  Heinrich  (der  Löwe)  von  Baiem  am 
4,  März  1176  zu  Enns  einen  Gerichtstag  gehalten  habe.  Diese  und  andere 
rkundenstellen  sollen  weiters  beweisen,  dass  zur  Zeit  des  genannten 
erzogs  die  steirischen  Markgrafen  Vasallen  von  Bayern,  nichti  wie  früher 
»n  Xftmten  gewesen  sind. 

Sonach  kann  erst  die  Erhebung  Ottokars  VIIL  zxmi  Herzog  im  Jahre 
180  den  in  seinem  Besitz  befindlichen  Theil  Oberösterreichs  gänzlich  von 
dem  abgetrennt  haben.  Eine  Beihe  von  Urkundenstellen,  vor  allem 
er  das  bekannte  Ereigniss  der  Uebertragung  der  Steiermark  an  die 
^benberger  am  Oeorgenberg  bei  Enns  im  Jahre  1186,  beweisen,  däss 
ise  Gebiete  damals  als  Theile  des  Herzogthums  Steier  betrachtet  worden 
id ;  andere  Urkunden  aber,  dass  das  Gtebiet  des  Herzogthums  Oesterreich 
nals  am  linken  Donauufer  um  das  jetzige  Mühlviertel  vergrössert  worden 

Als  Steier  und  Oesterreich  von  1194 — 1198  wieder  vorübergehend 
brennt  waren,  erscheint  in  mehreren  Urkunden  Leopolds  von  Steiermark 

-  frülieT  traungauisohe  Theil  Oberösterreichs  als  Theil  der  Steiermark; 
i  so  auch  in  der  darauffolgenden  Periode  der  Wiedervereinigung  mit 
rterreich. 

Den   Anstoss    zur    Abtrennung  Oberösterreiohs    von  Steier    gab   die 

dlxvng  der  babenbergischen  Lande  zwischen  König  Ottokar  und  Bela  IV. 

Jahre  1254,  wo  ersteres  Ottokar  verblieb,  während  letzteres  Bela  er- 


mW 


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^  ♦  k!  .  il    * 


342 


Liieratar. 


liielt.  Als  dann  in  Folge  der  Schlacht  von  Eressenbnum  1260  audh  Steier- 
mark wieder  in  Ottokars  Hände  gelangte,  wurde  zwar  das  irüher  eben&Us 
abgetrennte  Pittnergebiet  an  das  Herzogthnm  Steier  zurückgegeben,  nicht 
aber  Oberösterreich,  und  zwar  deshalb  nicht,  weil  das  steierische  E&nsthal 
an  Philipp ,  von  Salzburg  gekommen  war  und  so  der  territoriale  Zusammen- 
hang der  beiden  Gebiete  aufgehört  hatte.  Es  soll  daher  das  Jahr  1260 
als  das  Geburtsjahr  des  Landes  Oberösterreich  bezeichnet  werden.  Im 
Jahre  1264  begegnen  wir  dann  zum  ersten  Male  einem  eigenen  Landrichter 
filr  die  Provinz  Oberösterreich. 

Ich  möchte  nicht  jeden  einzelnen  Schluss,  besonders  im  letsten  Theile 
der  Arbeit,  als  unumstösslich  betrachten,  so  z.  B.  bezüglich  des  Ueber- 
ganges  des  Ennsthales  an  Salzburg;  ich  scheue  mich  aber  nicht  ausm- 
sprechen,  dass  mir  der  Beweis  vollkommen  erbracht  zu  sein  scheint,  dass 
der  in  Frage  stehende  Theil  Oberösterreichs  nicht  schon  im  Jahre  1156, 
sondern  erst  dreissig  Jahre  spftter  mit  dem  übrigen  ottokarisohen  Erbe  an 
die  Babenberger  gekommen  ist  Wenn  diese  Auffassung,  wie  ich  nicht 
zweifle,  allgemein  angenommen  wird,  so  wird  hiermit  erst  die  grosse  For- 
schung, welche  sich  an  die  Privilegiumsverleihung  von  1156  knüpfte,  in 
allen  Stücken  beendigt  sein. 

Salzburg.  £.  Bichter. 


Henry  Thode,  Franz  von  Assisi  und  die  Anfänge 
der  Kunst  der  Renaissance  in  Italien.  Mit  Illustrationen. 
Berlin,  G.  Grote,  1885.     Gross-So.    X  und  573  S. 

Die  kunsthistorische  Forschung  wendet  sich  gegenwärtig  fast  aus- 
schliesslich der  Eünsterbiographie  zu.  Selbst  das  zahlreich  sich  darbietende 
urkundliche  Material  wird  allein  in  diesem  Sinne  ausgenützt,  Special- 
arbeiten  über  Sammlungen  und  dergleichen  nur  mit  Büoksicht  auf  diese 
Zwecke  angelegt.  *  Selten  dass  noch  eine  Arbeit  erscheint»  die  sich  mit  der 
Entwicklung  von  Formen  und  Typen  beschäftigt,  oder  der  Wirkung 
religiöser  und  nationaler  Ideen  auf  die  Umgestaltung  der  Kunst  nacdun- 
gehen  sucht.  Gewiss  bezieht  sie  sich  dann  auf  die  mittelalterliche  Kunst 
von  Frankreich  und  Deutschland,  während  für  Italien  schon  lange  die 
Oeschichte  derKunstvon  der  Geschichte  der  K  ü  n  s  1 1  e  r  zurückgedrängt 
wird. 

Thode  hat  schon  durch  seine  »Antiken  in  den  Stichen  Maroantons^ 
bewiesen,  dass  er  von  weiteren  G^ichtspunkten  ausgeht,  die  Erklärung  der 
Gegenstände  und  den  Zusammenhang  der  Formen  als  wichtige  Au%aben 
des  Studiums  betrachtet.  In  seinem  »Franz  von  Assisi*  liegt  eine  zweite 
umfassende  Arbeit  in  dieser  Bichtung  vor.  Auf  breiter  Grundlage  wird 
die  Wirkung  dieses  ausserordentlichen  Mannes  und  seines  Ordens  aof  die 
italienische  Kunst  dargestellt  und  alle  Denkmäler  gesammelt,  die  sich  auf 
das  Leben  des  Heiligen  selbst  oder  auf  die  von  dem  Orden  verbreiteten 
Ideen  beziehen.  Der  Natur  der  Sache  nach  sind  diese  AufiiAhlungen  nur 
für  das  14.  Jahrb.  vollständig,  während  für  die  folgenden  charakteristisch« 
Beispiele  gegeben  werden. 

Der  erste  Theil  bringt  eine  Biographie  des  Francisons,  eine  Besehreibung 
seiner  Darstellungen  in  der  Kunst^  als  Einzelngestalt  sowohl  wie  abi  Han- 


literatur.  343 

delnden  in  den  Bildern  ans  seiner  Legende,  darauf  eine  eingehende  Studie 
über  den  Bau  and  die  künstlerische  Ausschmückang  seiner  Grabeskirche  and 
schliesst  mit  einer  historischen  Würdigung  der  gothischen  Franciskaner- 
kirchen  Italiens.  Hatte  sich  also  der  erste  Theil  ausschliesslich  mit  dem 
Heiligen  selbst  und  den  ihm  gewidmeten  Andachtsstfttten  beschäftigt,  so 
ist  der  zweite  ganz  dem  Orden  und  seiner  Bedeutung  fär  die  Kunst  ge- 
widmety  seinen  literarischen  Bestrebungen,  der  Neugestaltung  der  über- 
lieferten Scenen  aus  dem  Leben  Christi  und  der  Jungfrau  unter  seinem 
Rrnflnsse,  endlich  der  Darstellungen  der  von  ihm  ausgedachten  Allegorien. 
Den  Anhang  bildet  eine  Besprechung  der  Quellen  für  das  Leben  des 
Franciseus  nebst  urkundlichen  Beiträgen. 

Die  Darcharbeitung  eines  so  grossen  Theiles  der  Monumente  des 
italienischen  Trecento  nach  einem  bestimmten  Gesichtspunkte  ist  im  höchsten 
Grade  lehrreich.  Die  Ausführungen  über  die  Verbreitung  des  gothischen 
Stiles,  über  die  Passionsdarstellungen  werden  nach  manchen  Bichtungen 
bin  fruchtbringend  wirken.  Besonders  die  letzteren  sind  geeignet,  die 
ÜLonographischen  Studien  zu  fördern.  Hier  ist  einmal  gegenüber  den  ver- 
zettelten Einzelnbeobachtungen  ein  erfolgreicher  Schritt  gemacht,  grosse  Ein- 
aehnitte  in  der  Entwicklung  zu  beobachten,  die  Gegenstände  nicht  nur 
aadüich,  sondern  historisch  zu  gruppiren.  Neben  diesen  weiterwirkenden  an- 
ragenden Capiteln  mögen  als  sachlich  abgeschlossene  Arbeiten  die  Bau- 
geschichte von  S.  Francesco  in  Assisi  und  auch  die  Entwicklungsgeschichte 
Giottoa,  gerade  gegenüber  dem  unglücklichen  Yersuche  Frej's,  die  bisher 
gewonnenen  Besultate   von  neuem   in  Frage  zu  stellen,   genannt   werden. 

Bei  der  Frage  nach  der  persönlichen  Einwirkung  des  heiligen 
Franz  auf  die  Kunst  hat  sich,  so  scheint  mir,  der  Verf.  von  der  Vorliebe  für 
seinen  Stoff  zu  weit  fuhren  lassen.  Schon  die  ältesten  Darstellungen  seiner 
leiblichen  Erscheinung  sollen  die  neuere  Fortraitkunst  angeregt  haben. 
Hier  Uegt  sieher  ein  Irrthum  vor.  Das  älteste  Bild  des  Heiligen  im 
Sacro  Speco  zu  Subiaco  ist  nichts  anders  als  eines  jener  Mönchsbilder  der 
süditalischen,  vom  Oriente  her  beeinflussten  Benedictinerkunst,  wie  sie  uns 
Gravinas  Werk  über  Monreale  in  reicher  Fülle  mittheilt.  Es  stimmt  voll- 
kommen mit  dem  alten  Schema,  welches  hier  für  den  neuen  Mönch,  der  sich 
berühmt  gemacht  hatte,  unverändert  verwendet  wixd.  Dass  in  den  ältesten 
Cyklen  zuerst  nur  die  Wunder  am  Sarge  des  Heiligen  und  nicht  Scenen 
aus  seinem  Leben  erscheinen,  zeigt  ebenso,  dass  sein  blosses  Auftreten 
nidit  gleich  einen  ümsehwung  in  der  Eunstaufibssung  hervorbrachte; 
geiade  solche  Begebnisse  bei  Translationen  und  Beisetzungen  hatten 
daa  frühere  Mittelalter  viel  mehr  beschäftigt,  als  fantastische  Legenden, 
weil  eben  überall  der  Besitz  der  heiligen  Leiber  als  das  wichtigste  be- 
trachtet wurde.  Der  Einflnss  solcher  begeisterter  übeisinnlicher  Naturen 
wie  Franciseus  ist  gewiss  nicht  so  plötzlich,  so  materiell,  dass  man  auf 
seine  Aeuaserungen  mit  den  Fingern  weisen  könnte.  Franciseus  hat  das 
Land  aufgerüttelt  aus  seinem  geistigen  Schlafe  und  von  jener  allgemeinen 
Err^^ung  haben  auch  die  Künste  Nutzen  gezogen,  aber  vornehmlich  doch 
die  Poesie.  Durch  die  Comödie  erst  wurde  der  Sinn  der  Italiener  auf 
jenes  lebendige  Erfassen  der  Natur  geleitet,  das  der  Kunst  Giottos  zur 
Voratasseiznng  dient.  Dabei  darf  der  Einflusa  des  Predigerordens  nicht 
überaeben   werden;   alle  Sammlungen  von  Legenden,  die  ganze  Predigt- 


344 


Literatar. 


literatar  geht  von  ihm  ans,  sein  Einfluss  auf  die  Phantasie  wenigsteiiB  ist 
entscheidender   als  jener   der  Minoriten.     Selbst   ans  der   üebersicht  der 
Franciskanerliterator,   die  Thode  gibt,   geht  das  hervor,   die  Predigt  tritt 
ganz  zurück,  an   ihrer  Stelle  erscheinen  Tractätchen,   bestimmt,  den  per- 
sönlichen Einfluss  von  Mund  zu  Mund,  durch  den  der  Orden  seine  eigent- 
liche Wirksamkeit  ausübt,  zu  unterstützen.     Ich   weiss  nicht,    was  Thode 
zu  jener  üeberschätzung  der  Franciskanerpredigt  geführt  hat;   wohl  die 
Wirksamkeit  hervorragender  Minoriten  in  Deutschland?  Das  darf  aber  nicht 
auf  Italien  zurückbezogen  werden.  Vielleicht  auch,  dass  Tbode  dem  heiligen 
Franz  eine  Mittelstellung  zwischen  Petrus  Waldus  und  den  deutschen  Se- 
formatoren  geben  will?   Wenn  die  Bettelorden  als  Vorläufer  der  Beformation 
gelten  sollen,  dann  muss  freilich  der  Dominikanerorden  bei  Seite  geschoben 
werden.   Der  möchte  sich  schwer  in  dieses  System  fügen.  Die  Behauptung, 
Innocenz  III.  habe,   als   er  1208  den  Frandflkanem  die  Predigt  frei  gab, 
eine  Forderung  der  Waldenser  erfEUlt,   oder  der  Vorwurf,   Petrus  Waldus 
und  Franciskus   erstreben   die  Vollkommenheit  in   der  Nachfolge    Christi, 
ohne  zur  Anschauung  der   Seligkeit  durch  den   Glauben   ge- 
langt zu  sein  (S.  80),    gehen  von  einem   stark    confessionellen   Stand- 
punkte aus,    der  in  die  wissenschaftliche  Betrachtung  nicht  hineinspielen 
sollte.     In  Einzelnheiten   sei   bemerkt,    dass  (S.    286)   p^  abb^   natürlich 
prima  abbatissa  und  nicht  beata  gelesen  werden  muss,  wodurch  die  darauf 
gebaute  Hypothese  hinfällig  wird,   ebenso   sind  (S.  214)   die  beiden  Be- 
wohner von  Assisi,  Franceschino  Zampa  und  Hieronymus  Bartholomei,  die 
sich  als  auctores  auf  dem  Portale  der  Capelle  S.   Bemardino  nennen,  ans 
dem  Eünstlerlexikon  zu  streichen.   Sie  sind  die  Stifter  und  nicht  die  Bau- 
meister dieses  Werkes.  F.  Wickhoff. 


Die  Berner  Chronik  desValerius  Anshelm.  Heraus- 
gegeben vom  historischen  Verein  des  Kantons  Bern.  Erster  Band. 
Bern  (Wyss)  1884. 

Es  ist  nicht  das  erste  Mal,  dass  Valerius  Anshelm  durch  den  Druck 
einem  weiteren  Publikum  vorgelegt  wird:  schon  1825 — 1883  ersohienf 
besorgt  von  den  Bemischen  G«schichtsfreunden  Stierlin  und  Wyss,  eine 
Ausgabe  in  sechs  Bänden.  Leider  brach  aber  diese  Ausgabe  mit  dem  Jahre 
1525  ab;  der  Nachtrag,  den  1838  der  »Geschichtsforscher*  in  seinem 
10.  Bande  brachte,  enthält  die  Jahre  1526 — 1536  nur  in  sehr  ver- 
stümmelter Wiedergabe.  Diesem  Mangel  vor  allem  soll  nun  mit  der 
neuen  Ausgabe  abgeholfen  werden  und  gern  nehmen  wir  einstweilen  davon 
Notiz*,  dass  der  eben  berührte  letzte  Theil  des  Werkes  viel  jreicher  und 
viel  weniger  lückenhaft  sich  erweist,  als  nach  jenen  dürren  Auszügen  zn 
sohliessen  war. 

Ein  weiterer  wesentlicher  Vorzug  der  neuen  Ausgabe  liegt  darin, 
dass  hier  die  Originalhandschrift  des  Ver&ssers  zu  Grunde  gelegt  werden 
konnte,  während  die  ältere  auf  späten  Copien  beruht. 

Die  Herausgeber,  an  deren  Spitze  Oberbibliothekar  Dr.  K  Blösch  in 
Bern  steht,  haben  sich  ihre  Arbeit  nicht  leicht  gemacht.  Neben  textlichen 
Anmerkungen,  welche  die  Zusätze  und  Correcturen  des  Chronisten  oder 
späterer  Hände  enthalten,  gehen  solche  von  sachlicher  Natur  einher,  die 


LiteTatuT. 


345 


sich  wiedemm  nicht  auf  blosse  Erl&uterang  besobränken:  überall  wird 
auf  die  einsohlfigigen  eidgenössischen  Abschiede  verwiesen  und  zu  weiterer 
Yergleichnng  sind  die  ongedmekten  Qaellen  des  Bemer  Staatsarohives 
(Bathsmannale  und  Missivenbücher)  herangezogen.  Es  sind  das  willkommene 
Beigaben,  welche  künftige  ßpecialnntersnchnngen  sehr  erleidhtem  dürften. 
Nach  der  Yersicherong  der  Herausgeber  bat  diese  CJontrölle  im  Allgemeinen 
herausgestellt,  »dass  Anshelm,  trotz  seiner  soharf  geaeiohneten  Individualität 
und  seines  sarkastischen  Freimuthes,  doch  mit  ausserordentlicher  Gewissen- 
haftigkeit sich  an  die  vorliegenden  Docnmente  der  Archive  gehalten  und 
unmittelbar  aus  denselben  geschöpft  hai^  Wir  sehen  der  nlheren  Be- 
gründung dieses  ürtheils  mit  Interesse  entgegen;  die  Obje6tivitftt  des 
Chronisten  wird  insbesondere  da  die  Prüfung  bestehen  müssen,  wo  sein 
religiöser  Standpunkt  in  Frage  kommt 

Der  vorliegende  erste  Band  umftsst  —  ausser  der  üebersicht  über 
die  frühere  Geschichte  der  Stadt  Bern  —  den  Zeitraum  von  1474  bis 
1494,  und  entspricht  Bd.  I  und  11  S.  1 — 159  der  älteren  Ausgabe.  Die 
Seitenzahlen  der  älteren  Ausgabe  sind  am  Bande  beigefügt;  diejenigen  des 
Originals  stehen  in  Klammem  innerhalb  des  Textes.  So  ist  nichts  ver- 
säumt worden,  was  zur  bequemen  Handhabung  dienen  kann;  Druck  und 
Ausstattung  sind  vorzüglich.  Hoffentlich  lässt  die  Fortsetzung  nicht  mehr 
allzu  lange  auf  sich  warten. 

Lnzern.  H.  Beinhardt 


Die    historischen    Arbeiten    der    südslavischen 

Akademie  der  Wissenschaften  in  Agram. 

L 

Quellen. 

Zur  Förderung  der  südslavischen  Geschichtsforschung  hat  die  Agramer 
Akademie,  wie  früher  berichtet  wurde ^),  unter  dem  Namen  Monumenta 
spectantia  historiam  Slavorum  meridionalium  eine  Quellen- 
«amTnlnug  angelegt,  welche  in  den  letzten  Jahren  um  vier  bedeutende 
Bftnde  (13 — 16)  vermehrt  wurde.  Der  18.  Band  (zugleich  der  zweite  der 
Monumenta  Bagusina),  redigirt  vom  Präsidenten  der  Akademie,  Fr.  Baöki, 
enthält  Beschlüsse  des  grossen  und  kleinen  Bathes  der  Bepublik  Bagusa. 
Es  sind  dies  Sitzungsberichte  aus  den  Jahren  1347 — 1360,  denen  vom 
Jahre  1859  an  Anleitungen  und  Erlässe  des  Bathes  (Lottere  e  commissioni 
di  Levante)  beigegeben  sind.  Im  Anhange  finden  wir  einige  ältere  Be- 
schlüsse vom  Jahre  1303,  die  nach  den  Auszügen  des  Gian  Maria  Mattei 
(t  1788)  nachträglich  zu  Tage  gef)5rdert  wurden.  Die  Beschlüsse  sind 
wichtig  nicht  nur  für  das  innere  Leben  der  kleinen  Bepublik  und  ftir  ihre 
Beziehnngen  zu  Nachbarstaaten,  sondern  auch  für  die  Geschichte  Bosniens 
und  Hnm's  (Herzegowina).  Im  14.  Band,  als  dem  ersten  der  »Scriptores 
remm  croaticarum*,  wurden  unter  der  Bedaction  des  Akademikers  Prof. 
M*.  Nodilo  kleinere  ragusanische  Chroniken  (Annales  Bagusini  anonymi)  und 
lie  noch  nicht  edirte  Chronik  N.  Banjina*s  abgedruckt.  Den  »Annales 
uionjmi^  liegen  Handsehrifben  der  südslavischen  Akademie  und  der  Fran- 


0  Mii{heilQnge&  8,  880. 


::  '^ri. 


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M  li  ■,  ,^ 


<?»! 


846 


Literatur. 


ziskaner-Bibliothek  in  Bagnsa  zu  Grande ;  sie  beginnen  mit  dem  Jahr  457 
und  schliessen  mit  1606.  Aeltere  Aufzeichnungen  bis  zum  14.  Jabrh. 
sind  von  geringerem  Werthe.  Die  »Annales*  von  Bagnina  endigen  mit 
dem  Jahre  1552.  Der  15.  Bd.  brachte  das  ehemalige  Institut  der  Miliiftr- 
grenze  betreffende  Urkunden  (Acta  historiam  oonfinii  militaris  illustrantia), 
welche  hauptsftchlich  das  correspondirende  Mitglied  der  Akademie  Bad. 
Lopaiid  im  Arohiv  des  k.  k.  Eriegsministeriums  zu  Wien  und  im  Landes- 
arohive  in  Qraz  gesammelt  hatte.  Diese  Collection  wird  in  die  donkelste 
Periode  der  ehemaligen  Militärgrenze,  in  die  Zeit  von  ihrem  ersten  An- 
fang bis  zu  ihrer  Organisation  um  ^e  Mitte  des  18.  Jahrh.  einiges  licht 
bringen.  Im  16.  Bd.  wurde  diese  Urkundensammlung  fortgesetzt  und. 
versehen  mit  einem  Inhaltsverzeichnisse  für  beide  Bttnde,  zum  ersten  Ab- 
schlüsse gebracht.  Die  Urkunden  beginnen  mit  dem  Jahre  1479.  Die 
Berichte  der  Commandanten  und  Generäle  enthalttn  viele  Daten  zur  Er- 
läuterungen der  Kriege  mit  den  Türken   in  Croatien  und   an  der  Grenze. 

Die  Monumenta  historico-juridica  Slavorum  meridio- 
nalium  sind  um  den  8.  Bd.  (IX,  616  S.)  bereichert  worden,  in  welchem 
unter  der  Bedaction  des  Akademikers  Prof.  S.  Ljubi6  die  Statuta  et  leges 
civitatis  Buduae,  civitatis  Scardonae  et  civitatis  et  insulae  Lesinae  der 
Oeffentlichkeit  übergeben  wurden.  Das  »Statut*  von  Budna  ist  nach  vier 
Handschriften,  dasjenige  von  Scardona  nach  einer  Handschrift  des  14.  Jahrh. 
und  das  von  Lesina  nach  der  venetianischen  Edition  (1643 — 6)  heraus- 
gegeben. Das  Statut  von  Budua  dürfte  dem  14.  Jahrh.,  das  von  Scardona 
vfeUeicbt  noch  dem  18.  Ji^rh.  angehören.  Das  Statut  von  Lesina  ist  im 
Jahre  1881  publicirt  worden.  Einem  jeden  Statute  sind  erläuternde  Ur- 
kunden beigefügt.     Ein  genaues  Sachregister  macht  den  Band   brauchbar. 

Das  unter  dem  Titel  Star  ine  (Alterthümer)  angelegte  Sammelwerk 
nahm  auch  in  den  letzten  Jahren  rüstigen  Fortgang.  Es  liegen  bereits 
17  Bände  vor,  die  zahlreiche  Geschichtsquellen  kleineren  Umfanges  ent- 
halten.  Wir  finden  in  den  vier  letzten  Bänden  (14 — 17)  folgende  Beiträge: 

a)  für  die  südslavische  Geschichte:  L.  Komulovi6*s  (Ck>muleo*8) 
Berichte  und  Briefe  (1593 — 4)  über  dessen  Gesandtschaft  nadi  der  Türkei, 
nach  Siebenbürgen,  der  Moldau  und  nach  Polen,  veröffentlicht  von  P.  Pier- 
ling  und  Dr.  Fr.  Baöki  (Bd.  14,  88).  Neue  Quellen  über  L.  Komulovic 
von  P.  Pierling  (16,  209)f  enthaltend  Berichte  über  seine  Mission  in  Buss- 
land  (1584,  1598 — 8),  Mat  Karaman's  von  Spalato  Berichte  über  Bass- 
land  (1787,  1789,  1742—8),  veröffentUcht  von  P.  Pierling  (15,  95). 
Diese  Berichte,  wie  die  von  Komulovi6,  über  Polen  und  Bussland  jener 
Zeit  sind  äusserst  interessant.  Sim.  Jud.  Sidi6*s  Bericht  über  die  türkische 
Belagerung  Wiens  im  Jahre  1688,  mitgetheilt  von  Johann  von  Kukuljevid- 
Sakcinski  (16,  1).  Der  Berichterstatter,  ein  Agramer  Domherr  und  Beotor 
des  croatischen  Seminars  in  Wien,  war  daselbst  während  der  Belagerang. 
Beiträge  zur  Geschichte  Croatiens  im  16.  und  17.  Jahrh.,  aus  dem  sieieriachea 
Landesarehiv  in  Graz  veröffentlicht  von  Bad.  Lopaiiö  (17,  151)  langen 
mit  dem  Jahre  1529  an.  Einige  Beiträge  zur  Grescbichte  der  Versohwörong 
Pet  Zrinski*s  und  Franz  Frankopan's  (1670—1),  miigetheUt  von  Bad. 
Lopadi6  (15,  114).  Auszüge  für  die  südslavische  Geschichte  aus  dem  Tage» 
buche  M.   Sanudo's  jun.   vom   Jahre    1526 — 1588,  redigirt   von   Dr.    Fr. 


LiieiataT. 


347 


BaSki  (15,  177  und  16,  130).  Da  die  venetiaiiisolie  Ausgabe  der  Diarii  di 
M.  Sanato  langsam  fortschreitet,  dürfte  diese  Pablication  den  Forschem  der 
sftdslavischen  Geschiclite  willkommen  sein.  Die  Abschrift  ist  von  Yalentinelli 
and  Mesi&  Beiträge  zur  (beschichte  altadeliger  Zenger  Fftmilien  (15,  155 
and  17,  54),  Yerzeichniss  der  Patricier-  and  BÜi^rfiunilien  in  Zeng  vom 
Jahre  1758  (17,  49),  Lebensbeschreibong  N.  Tintor's  aas  Elis  (17,  75); 
die  drei  letztgenannten  Pablicationen  von  Prof.  M.  MsgdiA. 

b)  Für  die  Geschichte  der  Repablik  Bagusa:  Beitrftge  zur 
Geschichte  des  diplomatischen  Verhältnisses  zwischen  Frankreich  and  Ba- 
gosa,  mitgetheilt  von  Prof.  J.  E.  Syrljaga  (Bd.  14,  58).  Ein  Schreiben 
der  Bagasaner  an  König  Ludwig  XIY.  von  Frankreich  über  das  grosse 
Erdbeben  vom  Jahre  1667,  mitgetheilt  von  Ptof.  J.  E.  §vrljaga  (14,  80). 
Bagosanerbriefe  an  die  Bepablik  Venedig  (1534 — 1791),  veröffentlicht 
vom  Akad.-Prof.  8.  Ljabi6  (15,  1),  wichtig  Ülr  die  Beziebangen  dieser 
zwei  Gemeinwesen. 

Interessant  för  die  croatische  Heraldik  ist  ein  alter  oroatiBcher 
Wappenbrief  König  Sigmunds  aas  dem  Jahre  1434,  mitgetheilt  von  Dr. 
Job.  V.  BGJniSi6»Kninski  (Bd.  16,  118),  er  gehört  zu  den  ältesten  Wappen- 
briefen des  Abendlandes.  Für  die  Geographie:  Ein  Kataster  von  Soatari 
vom  Jahre  1416,  mitgetheilt  von  Prof.  S.  Ljabi6  (14,  30),  äusserst  wichtig 
ftbr  die  Geographie  Nord-Albaniens.  Beiträge  zu  einer  geographisch-statisti* 
sehen  Beschreibung  des  bosnischen  Paschaliks  (eine  Beschreibung  Bosniens 
aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrh.  und  eine  Beisebeschreibung  zweier  Sebe- 
nikaner  von  Sebeniko  nach  Livno  und  Skoplje  im  Jahre  1547),  veröffent- 
licht von  Dr.  Fr.  Baöki  (14,  173).  Die  Kirchengeschichte  betreffen: 
Zwei  neue  Beiträge  zur  Geschichte  der  bosnischen  Patarener,  veröffentlicht 
von  Dr.  Fr.  BaSki  (16,  1):  eine  Widerlegung  der  patarenischen  Irrihümer 
vom  Cardinal  J.  Torquemada  im  Jahre  1460  nach  einer  vaticanischen 
Handschrift  und  ein  Bruchstück  eines  patarenischen  Bituales,  geschrieben 
um  das  Jahr  1443 — 60  von  einem  gewissen  Badoslav,  nach  einer  Hand- 
schrift im  Archiv  der  Propaganda  in  Bom.  Ein  römiflch-slavischer  Gottes- 
dienst zu  Ehren  der  Slavenapostel  Cyrillus  und  Methodius  aus  dem  14.  Jahrb., 
veröffentlicht  von  J.  öm5i6  (14,  210).  Yerzeichniss  einiger  vom  Jahre 
1478 — 1520  in  die  Bruderdchaft  des  h.  Geistes  in  Bom  eingeschriebener 
Südslaven,  veröffentlicht  von  J.  Gmfii6  (15,  168).  Das  Leben  des  ser- 
bischen Patriarchen  Jefrem,  mitgeiheill  von  St.  Novakovi6  (16,  35).  Bei- 
trag zur  Geschichte  der  Agramer  Synoden  im  15.  und  16«  Jahrb.  (1467 
und  1570),  veröffentlicht  von  J.  TkalSi6  (16,  117).  Briefe  der  serbischen 
Mönche  vom  Berge  Athos  an  die  Herren  von  Bagusa,  gesammelt  von  Prof. 
A.  YaSeti6  (17,  1).  Beiträge  zur  Kirohengesdhich'te  Bosniens,  gesammelt 
von  fira  M.  y.  Batiniö  (17,  77),  namentlich  Schriftstücke  vom  Jahre  1527 
bis  1837:  Bericht  des  Dalmatiners  A.  Georgicei  an  den  Kaiser  im  Jahre 
1626,  seine  Beisebeschreibung  von  Ofen  nach  Bosnien;  Beschreibung  des 
Paschaliks  von  Bosnien  im  17.  Jahrh.  und  ein  Bericht  von  P.  Johann 
Yietri  im  Jahre  1708.  Eine  Unterredung  zwischen  Papisten  und  einem 
Lntheianer,  gedruckt  zu  Padua  1555,  mitgetheilt  von  Prof.  A.  Yaljoveo 
(17,  232),  der  Text  ist  croatisch.  Endlich  finden  wir  in  den  Starine  fol- 
gende literarische  Beiträge:  Aus  einer  serbisoh^laviscben  Ueber* 
setoung  des  byzantinischen  Chronisten  J.  Zonaras,   mitgetheilt  von  Ylad. 


348 


Literatur. 


Eaöanovskij  (14,  125).  Ein  Brief  Y.  Si  Earadii6*8  und  neun  Briefe  Jer. 
Gagic*8  an  P.  Sa&Hk  vom  Jahre  1831 — 1884)  mitgetheilt  von  J.  Jireöek 
(14,  196).  Eine  Beihe  kleinerer  Beitrage  veröffentlicht  Stojan  Noyakoyic 
(sttmmtliche  in  serbischer  Sprache  in  Bd.  16,  9 — 108)  und  zwar:  des 
Mönches  Teodoeius  Abhandlung  über  Peter  von  Eons;  Fragmente  einer 
mittelalterlichen  Eosmographie;  Apokryphe  aus  dem  gedruckten  Sammel- 
werke von  B.  Yokoviö;  ein  Apokryph  über  Enoch;  eine  Sage  TOm  Anti- 
christ; ein  Apokryph  vom  Streite  Christi  mit  dem  Teufel;  Apokryphe  einfö 
Eiew*Bchen  Manuscriptes ;  Urkunden  aus  dem  Eloster  Savina;  » Carostavnik ' 
der  Nationalbibliothek  in  Belgrad  und  Camblak*s  Leben  Ste&n*s  von  Dedan. 

Von  der  Sammlung  alter  ci^oatischer  Schriftsteller  (stari 
pisoi  hrvatski)  als  Materialien  für  die  Gleschichte  der  älteren  croatischen 
Literatur  sind  in  den  letzten  Jahren  drei  neue  B&nde  (12 — 14)  erschienen; 
redigirt  vom  Akad.-Prof.  Armin  Pavi6  liefern  sie  nach  den  besten  Hand- 
schriften die  Werke  G.  G.  Palmoti6. 

Ausserdem  sind  für  die  glagolitische  Palttographie  wichtig:  Eudio- 
logium  und  Psalterium  aus  dem  11.  bis  12.  Jahrh.  nach  den  Hand- 
schriften auf  dem  Berge  Sinai  von  Pro£  Dr.  Gkitler  (1882 — 8).  Für  die  Ge- 
schichte der  croatischen  Sprache  ist  werthvoU  der  Text  des  Lectionarioms, 
herausgegeben  von  Bemardin  aus  Spalato  in  Venedig  im  Jahre  1495  und 
im  Jahre  1885  nach  zwei  Editionen  abgedruckt.  Endlich  darf  nicht  un- 
erwähnt bleiben,  dass  das  grosse  historische  Wörterbuch  der  oroatisch- 
serbischen  Sprache  in  sieben  Hefben  bis  zum  Worte  ^do^vesti*  fort- 
geschritten ist 

EL 

Abhandlungen  und  Monographien. 

Auch  durch  einzelne  Abhandlungen  und  Monographien,  welche  in  dem 
bis  zum  77.  Bande  gelangten  akademischen  Organ  »Bad*  (Acta)  veröffent- 
licht wurden,  hat  die  südslavische  Akademie  in  Agram  in  den  letzten 
Jahren  erfreuliche  Erfolge  auf  dem  Felde  wissenschaftlicher  Forschung  auf- 
zuweisen. Wir  werden  uns  auch  hier  nur  auf  die  historischen  Arbeiten 
beschränken. 

In  erster  Linie  erwähnen  wir  des  Akademikers  Prof.  N.  Nodilo 
Forschunungen  über  die  »Beligion  der  Groaten  und  Serben  auf 
Grund  der  Volkslieder,  Sagen,  Märchen  und  Bedensarten* 
(Bad  77,  43 — 126).  Nach  einer  allgemeinen  Einleitung  geht  er  im  ersten 
Theile  auf  die  Untersuchung  von  Sutvid  und  Tida  ein  und  gelangt  zum 
Schlüsse,  dass  Sutvid  als  Licht-  und  höchster  Eriegsgott  die  Finsternis» 
und  alle  anderen  Feinde  bekämpft;  er  ist  vermählt,  aber  der  Name  seiner 
Frau  ist  unbekannt.  Spuren  dieser  Gottheit  findet  man  theils  im  Eüsten« 
lande  von  Makarska  und  Narenta,  theils  in  den  Fragmenten  alter  Hymnen 
in  der  Lika  und  in  Syrmien. 

Von  seiner  weitläufig  angelegten  Untersuchung  über  »Die  inneren 
Zustände  und  Culturverhältnisse  des  selbständigen  croati* 
sehen  Staates  vor  dem  12.  Jahrb.*  lieferte  der  Präsident  Fr.  BaSki 
eine  höchst  interessante  Abhandlung  über  die  »damaligen  socialen  Ver- 
hältnisse« (Bad  70/158—190),  d.  i.  über  die  Classen,  aus  denen  die  da- 
malige Gesellschaft  zusammengesetzt  war.     Auf  Grund  gleichzeitiger  Docu- 


literatnr. 


849 


mente  kommt  er  zu  dem  Ergebnis,  dass  es  auoh  in  Oroatien  »Niohi&eie* 
gegeben,  die  in  den  lateinischen  Urkunden  »servi  et  anoillae*  genannt 
werden.  Solche  fiinden  sich  nicht  nur  in  den  ursprünglich  romanischen 
Stftdten  Dalmatiens  vor,  sondern  auch  auf  eigentlich  croatischem  Boden, 
namentlich  in  Gegenden,  welche  mit  jenen  Stftdten  in  n&herer  Berähmng 
standen.  Die  Art  und  Weise,  wie  Jemand  in  den  hörigen  Stand  trat, 
war  bei  den  Croaten  so  ziemlich  dieselbe  wie  bei  den  Bömem.  Diese 
konnten  hauptsachlich  durch  testamentarische  Yerf&gung  oder  durch  einen 
Aussprach  bei  Lebzeiten  des  Herrn  zur  persönlichen  Freiheit  gelangen. 
Da  das  ganze  Wesen  der  Hörigkeit  bei  den  Croaten  fremde  Formen  zeigt, 
begründet  der  YeacL  die  Ansicht,  dass  die  »servitus*  eine  von  den  Bömem 
zu  den  Croaten  yerpflanzte  Einrichtung  war,  denn  ursprünglich  kannten 
die  Croaten  ebensowenig  wie  die  Slaven  überhaupt  ein  anderes  Abhftngig- 
keitsyerhftltniss  als  das  durch  den  Krieg  geschaffene.  Im  weiteren  Ver- 
laufe der  Abhandlung  untersucht  er  die  Lage  der  Fremden,  die  auch  bei 
den  Croaten  von  der  der  Eingeborenen  verschieden  war  und  bespricht 
darauf  den  Stand  der  Bauern,  der  Bürger  und  des  Adels. 

Ein  bisher  in  der  croatischen  Literatur  nicht  bearbeitetes  Thema  be- 
rührt eben&lls  Prftsident  Baöki  in  seiner  Abhandlung  über  »Johann 
von  Bayenna«  (Bad  74,  185 — 191),  einen  Schüler  Petrarcas,  den  spfttem 
Kanzler  und  zugleich  Yorlftufer  der  Humanisten  in  Bagusa.  Diese  Ab- 
handlung bietet  einen  werthvoUen  Beitrag  zur  Geschichte  des  Humanismus 
and  der  Benaissance  in  Bagusa,  Croatien  und  Dalmatien,  ohne  die  ja  die 
croatische  Literatur^  und  Culturgeschichte  und  ihre  Blüthe  im  16.  und 
17.  Jahrh.  unverständlich  bliebe.  In  der  eingehenden  Biographie  hebt  der 
Verf.  besonders  Johannes  Wirken  als  Kanzler  von  Bagusa  (1384 — 1887) 
hervor.  Er  weist  nach,  dass  derselbe  Bagusa  vom  Standpunkte  der 
italienischen  Humanisten  beurtheüte,  dass  dessen  Urtheil  nichtsdestoweniger 
interessant  sei,  weil  er  uns  in  seinen  noch  ungedruckten  Handschriften 
ein  Mittel  gegeben,  zwischen  den  Culturverhftltnissen  Bagusas  zu  Ende  des 
14.  Jahrh.  und  denen  eines  Jahrhundertes  später  eine  Parallele  zu  ziehen. 
Bei  der  Besprechung  des  handschriftlichen  Nachlasses  betont  Ba5ki  die 
Nothwendigkeit,  Beitrage  —  die  südslavische  Akademie  besitzt  in  einem 
Codex  des  14.  oder  15.  Jahrh.  eine  Sammlung  der  Briefe  Johannis  de 
Bavenna  —  zu  sammehi,  aus  denen  sich  dann  eine  Charakteristik  der 
Periode  der  Wiedergeburt  der  Künste  und  Wissenschaften  in  Croatien  auf- 
stellen lasse. 

Wichtig  fär  die  (Geschichtsforschung  des  kleinen  Staates  Bagusa  ist  Prof. 
N.  Nodilo*s  Au&atz  »Die  ersten  Chroniken  und  die  ältere  ragu- 
sanische  Historiographie*  (Bad  75,  92 — 128).  Den  (Gegenstand 
der  Abhandlung  bilden  sieben  grösstentbeils  ungedixtckte  ragusanische 
Jahrbücher.  Nach  der  Ansicht  Nodilo*s  hatten  Bai^ina  und  Bazzi  ihre 
Werke  aus  älteren  unbekannten  Chroniken  geschöpft,  die  übrigen  fünf 
Chroniken  aber  seien  eigentlich  nur  ein  Buch,  dessen  Zerrissenheit  man 
theils  den  UnftLllen  der  Zeit,  theils  unkundigen  Copisten  zuschreiben  müsse. 
Die  Untersuchung  dieses  Materials  gelangt  zu  dem  Schlüsse,  dass  der  erste 
(Chronist  dem  dritten  Viertel  des  15.  Jahrh.  angehörte  und  wahrscheinlich 
ein  Franziskanermönch  aus  Bagusa  war;  als  (Quellen  mag  er  ämtliche  Ur- 
kunden seit  dem  Anfange  des  13.   Jahrh.   benützt  haben,   fär  die  ältere 


1  i,  "i 


.1 


850 


Literatur. 


Zeit  ab^  standen  ihm  solche  Qaellen  entweder  nicht  zu  Gebote  oder  er 
bat  dieselben  oberflftchlidi  gelesen,  so  dass  man  dieses  Werk  mit  fthnlioher 
Vorsieht  benütsen  mnss^  wie  etwa  die  Qaellen  für  die  vorolympiadische 
G^eschichte  der  Griechen. 

Ton  den  literatorhistorischen  Arbeiten  erwfthnen  wir  zuerst  die  »Bei- 
träge zur  historischen  Würdigung  von  Qandali6*s  Ariadne* 
von  Prof.  L.  Zore  (Rad  73,  129—189).  Der  Verf.  constatirt,  dass  die 
ragusanischen  Literarhistoriker  im  Irrthum  waren,  wenn  sie  die  »Ariadne* 
für  ein  Originalwerk  Gunduli6*s  hielten,  da  dieselbe  nur  Uebersetzung  eines 
italienischen  Melodramas  von  Binucd  ist.  Um  auch  die  Mangelhaftigkeit 
und  Fehlerhaftigkeit  der  Uebersetzung  zu  beweisen,  vergleicht  er  sie  mit 
dem  italienischen  Original   und  schreibt  sie  der  Jugend  des  Dichters   zu. 

In  seiner  Abhandlung  über  die  Quellen  zu  den  »Hirten- 
gesprächen* (Pasürski  razgovori)  von  Eatanöi6  fEihrt  der  Akademiker 
Prof.  Dr.  Maixner  (Bad  65,  71 — 91)  den  Beweis,  dass  £atan5i6  den 
Stoff  zu  diesen  (besprächen  nicht  aus  dem  Leben  geschöpft,  sondern  in 
vielem  Yirgil  nachgeahmt,  hauptsächlich  aber  sich  Theokrit  zum  Vorbild 
genommen  hat;  er  zeigte  wie  £atanSi6  in  Diction  und  Phraseologie  ganz 
den  lateinischen  Schriftstellern  folgt. 

Als  Fortsetzung  seiner  Studien  über  Junius  Palmoti6  veröffent- 
licht der  Akademiker  Prof.  Pavi6  eine  Besprechung  von  dessen  »Christiade* 
(Bad  68,  69 — 179)  und  bemerkt^  wie  sohon  die  altcL  Biographen  berichten, 
dass  das  gonunnte  Epos  Palmoti6*s  auf  Anregung  der  lateinischen  Christiade 
von  Hieronymus  Vida  entstanden  ist.  Der  Verf.  beleuchtet  zuerst  Vida's 
Stellung  in  der  Literaturgeschichte  und  unterzieht  dann  Palmoti6*s  Christiade 
einer  besonderen  Untersuchung.  Aus  der  Yergleichug  beider 
er,   dass  Falmoti6  das   lateinische  Original  frei 


eroatische  übersetzt, 
demselben  aber,  mehr  einem  religiös-fromoMB  als  einem  ästethisohen  Be- 
dürfiüsse  entsprechend,  einen  ganz  verschiedenen  Charakter  aufgeprägt  hat. 
Trotzdem  bleibt  die  »Christiade*  ein  schönes  Denkmal  der  Blüthezeit  der 
croatischen  Literatur  in  Bagusa  und  beeinträchtigt  in  keine.  Weise  den 
bisherigen  Buhm  Fdmotio^s. 

Einen  ferneren  Beitrag  zur  Beleuchtung  der  älteren  croatischen  lite- 
raturgeachichte  liefert  der  Akademiker  Prof.  Maixner  in  seiner  Abhand- 
lung über  »Banjina*s  Uebe^rsetzungen  aus  lateinischen  und 
griechischen  Dichtern«  (Bad  70,  196  —  222),  in  der  er  zuerst  mit 
zahlreichen  Belegen  Banjina  aJs  einen  entschiedenen  Anhänger  der  Hu- 
manisten darstellt,  dann  aber  dessen  Uehersetzungen  eingehender  besp.  icht. 
Von  den  lateinischen  benützte  derselbe  hauptsächlich  Tibull,  Marüal  und 
Properz,  unter  den  griechischen  finden  sich  auch  anakreontische  Qediefate, 
doch  sind  es  nicht  Uehersetzungen  im  strengen  Sinne  des  Wortes,  sondern 
vielmehr  freie  Paraphrasen. 

In  einer  andern  Arbeit  unterzieht  derselbe  Autor  die  »Croatischen 
Uehersetzungen  von  Cato*s  disticha  moralia*  einer  wiasen- 
schaftüchen  Würdigung  (Bad  74,  79—134).  Die  Wichtigkeit  derselben 
als  Schulbuch  bis  zur  Mitte  des  17.  Jahrh.  betonend,  geht  er  ani  die 
einzelnen  Uehersetzungen  ein,  und  zwar:  a)  eine  glagolitische  von  der 
Ins^  Yeglia,  b)  die  von  M.  Maruli<^  c)  jene  von  M.  Buredi6  und  d)  die 
eines  unbekannten  Uebersetzers ,   gedruckt  in   Graz   1768,    in  Ofen  1825 


Litentnt. 


861 


and  in  Zara  in  der  »Zora  dalmatmaka^  1845«  Ein  Haoptmerlcmal  aller 
dieser  Uebersetzongen  ist  die  unyerhehlte  Tendenz,  jedwede  Widsenjachaft 
mit  der  cbristliclien  Ethik  in  Einklang  zu  bringen.  Sftmmtlicbe  Ueber- 
setzongen sind  sehr  frei  gebalten,  oft  mehr  Paraphrasen ;  anch  findet  man 
in  denselben  nicht  selten  Anklfinge  an  altböhmische,  altdeutsohe  und  ändere 
üebersetznngen. 

Prof«  L.  Zore  veröffentlicht  (Bad  71,  145—174)  einen  Beitrag  zum 
Verständnisse  »eroikomisch^r  Dichtungen  in  der  ragusanisch'en 
Literatur*  und  sucht  Beispit  le  und  Analogien  dexlselben  in  der  italieni- 
schen Literatur  zu  Ende  des  17.  Jahrb.,  wie  dies  namentlich  aus  Yetraiii6 
ersichtlich  ist 

Die  literarische  Thfttigkeit  des  Gr.  Ifedo  von  Pud6  aus  Bagüsa 
würdigend  hat  Akademiker  Profi  'Dr.  Fr.  Marko  vi  c  zugleich  die  Literatur 
der  sogen,  illjrischen  Periode  ausftlhrlicher  behandelt  (Bad  67,  70 — 125); 
dasselbe  that  Dr.  Fr.  Baöki  im  Nekrolog  von  Alex.  Maciejövski  für  die 
slavisobe  Bechtsgeschichte  (68,  177 — 194). 

Der  unermüdliche  Forscher  und  bekannte  Archftolög  Akademiker 
Prof.  S.  Ljubi6  erschliesst  »Neue  Quellen  für  die  Epigraphik 
Dalmatiens*  (Bad  65,  129 — 154).  Er  bespricht  in  diesem  interessanten 
Aufkatze  zwei  von  Mommsen  nicht  benützte  Handschriften,  die  zwei  Saiiim- 
langen  auf  Dalmatien  bezüglicher  römischer  Inschriften  enthalten.  Die 
erste  Handschrift  befindet  sich  in  der  Marciana  zu  Venedig  und  um&sst 
eine  noch  nicht  edirte  Geschichte  Dalmatiens  von  D.  Zavoriö  aus  Sebenioo 
mit  20  römischen  Inschriften;  die  zweite  ist  Eigenthum  des  Museums 
Correr  zu  Venedig  und  enthält  115  römische  Inschriften,  welche  der  Ab- 
bandlang in  getreuer  Beproduction  beigelegt  sind,  da  sie  hier  und  da  von 
den  Mommsen*8chen  bedeutend  abweichen. 

Unter  dem  Namen  »Beiträge  zur  Geschichte  der  südslavi- 
schen  Musik«  gibt  F.  H.  Kuha5  (Bad  68,  70  -112)  als  Fortsetzung 
seiner  culturhisUnisGhen  Studien  eine  reichhaltige  Sammlung  von  Be- 
nennungen südslavifldier  Saiten-,  Blas-,  Zungen-*,  Schlag-  und  Klappen- 
instmmente  und  Glocken,  mit  Beschreibong  und  Abbildungen,  sovrie  einer 
Geschichte  ihrer  Entstehung,  Entwicklung  und  Anwendung. 

Ardiimandrit  N.  Duöi6  in  Belgrad  gibt  eine  historisoh-geographiache 
Berichtigung  (Bad  70,  191 — 195)  deac  in  Dudaas  Urkunden  vom  Jahre 
1334 — 1336  erwähnten  »DobruSta«  oder  auoh  »Dobmfta«  und  beweist 
gegen  Dani5i6  und  Novakovi6,  daes  Dobrudta  in  Alt-Serbien  zu  suchen  ist, 
wo  sich  noch  gegenwärtig  ein  Dorf  gleichen  Namens  befindet 

Als  Fortsetzung  seiner  »Berichte  über  Beisen  auf  der  Balkan- 
halbinsel im  16.  Jahrh.«  veröffentlicht  (Bad  71,  1—69)  der  Secretär 
Akad.  Prof.  Dr.  Matkovi6  eine  » Beisebeschreibung  nach  Constantinopel 
1553*  vom  Fünf  kirchner  Bischof  A.  Vrani6.  Nach  einigen  biographischen 
Notizen  wird  die  Beise  von  Sotin  an  der  Donau  über  Belgrad  nach 
Smederevo,  und  von  da  durch  das  Moravathal  über  Nid,  Sofia,  Philippopel 
und  Adrianopel  genau  verfolgt. 

Agram.  Jos.  Star^ 


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literatar. 


üebersicht  der  periodischen  Literatur  Oesterreich- 
üngarns. 

Jahrbuch  der  Gesellschaft  für  die  Geschichte  des  Pro- 
testantismus in  Oesterreich.  IV.  Jahi^.  Wien  und  Leipng  1888: 
y.  Otto,  Tauberiana.  —  Beissenberger,  Zwei  Predigten  des  Hofpredigers 
Abraham  Soultetus.  —  Leidenfrosti  Beligionsbeschwerden  der  evangelischen 
Stände  von  Steiermark,  Kärnten  und  Erain.  —  Scheuff  1er,  Oesterreichiache 
Exulanten  in  Sachsen.  L  —  Grenser,  Heraldisch-genealogische  Wandenmgen 
auf  dem  Wiener  evangelischen  Friedho£  —  Bericht  des  Centralanflschtiaaes 
über  das  Vereinsjahr  1882.  —  Dimitz,  Beiträge  zur  Beformationsgeschichte 
in  Erain.  L  —  Wolkan,  Studien  zur  Beformationsgeschichte  Nordbohmenfi, 
111  und  lY.  —  Doleschall,  Die  Silleiner  Synode.  —  Trautenberger,  GalliiB 
Freiherr  v.  Bägknitz,  das  l&upt  der  österreichischen  Exulanten  in  Nürn- 
berg. —  Koch,  Exulantenlieder;  Heimatssehnen  eines  Transmigranten.  — 
Otto,  Zwei  Memoriale  der  aus  Oberösterreich,  Steiermark  und  Kärnten 
nach  Siebenbürgen  transmigrirten  Evangelischen  an  das  Corpus  Evangeti- 
oorum.  —  Miscellanea,  Mitgliederverzeichnis,  Namenregister.  —  Y.  Jahrg. 
Wien  und  Leipzig  1884:  Elze,  Die  sie  venischen  protestantischen  Gesang- 
bücher  des  16.  Jahrlu  —  Dedic,  Bücherschau:  öasopis  Historiokj,  Jahr- 
gang 1881.  —  Bussen,  Der  Bücherfund  von  Palaus.  —  Kotschy,  Zar 
Geschichte  des  Protestantismus  im  Attergan.  —  Koch,  Austriaca  aus  Begens- 
bürg.  —  Bericht  des  Centralausschusses  über  das  Yerein^ahr  1883.  — 
Wolkan,  Studien  zur  Beformationsgeschichte  Nordböhmens,  Y.  —  Doleschall, 
Die  Kirchenordnung  Innerösterreichs  im  16.  Jahrh.  —  Seberinj,  Bitt- 
schrift der  Wiener  Bürgerschaft  an  den  Stadtrath  von  1579.  —  Kühne, 
D.  Wilhelm  Friedrich  Lutz.  Ein  Predigerleben  aus  Oesterreich  im  1 6.  Jahr- 
hundert —  Zweite  Generalversammlung  der  Gesellschaft  för  die  Geschichte 
des  Protestantismus  in  Oesterreich.  —  Namenregister. 

Mittheilungen  der  anthropologischen  Gesellschaft  in 
Wien,  XIY.  Bd.  Der  neuen  Folge  lY.  Bd.,,  Wien  1884:  Heft  1—3: 
Prinzinger,  Die  Markomannen-Baiem-Wanderungen.  —  Krauss,  Südslavii^he 
Hexensagen.  —  Deschmann,  Prähistorische  Nachgrabungen  in  Krain  im 
Jahre  1882.  —  HoU,  üeber  die  in  Tirol  vorkommenden  SohadeUbnnen. 
—  Zuckerkandl,  Craniologische  Untersuchungen  in  Tirol  und  Inneröster- 
reich.  —  Kaltenegger,  Iberisches  Hornvieh  in  den  Tiroler  und  Schweizer 
Alpen.  —  Kanitz,  Der  prähistorische  Bleiwagen  aus  den  Tnmuli  zu  Bosegg 
in  Kärnten.  —  Hacker,  Die  Gudenus-Höhle,  eine  Benntbierstation  im  nieder^ 
österreichischen  Eremsthale.  —  Literatnrberichte.  —  Yerhandlnngen. 


Beiträge  zur  historischen  Kritik  des  Leon 
Diakonos  und  Michael  Psellos. 

Von 

William  Fiselier. 

In  seinem  GeschiclitBwerke  yom  Tode  Eonstantinos  VI.  bis  zu  dem 
des  Joannes  Tzimisces,  959  bis  10.  Januar  976,  berichtet  Leon  Diakonos 
(ed.  Bonn.  p.  172.  173),  wenn  aach  ziemlich  kurz,  über  den  Feldzng, 
welchen  der  Kaiser  Basileios  IL  gegen  den  alten  Feind  des  byzan- 
tinischen Reiches,  gegen  die  Bulgaren,  unternahm.  Leon  hatte 
denselben  selbst  mitgemacht  (cf  toö  Stax^voo  XsitoopYCG^  &ry]p6ro&{uyoc) 
und  bei  der  grossen  Niederlage  bei  Sardika  oder  Triaditza,  dem  jetzigen 
Sophia,  welche  die  Byzantiner  auf  dem  Bückzuge  aus  dem  gefahr- 
lichen Lande  erlitten,  wäre  er  fast  mit  ums  Leben  gekommen,  wenn 
ihn  nicht  die  Schnelligkeit  seines  Pferdes  gerettet  hätte.  Die  ganze 
Erzählung  dieses  Feldzuges,  sowie  vorher  die  von  dem  Au&tande  des 
Bardas  Skieros  gegen  Basileios  IL  und  Konstantinos  YIII.  und  nachher 
die  Yon  der  Erhebung  des  Bardas  Fhokas  ist  Yon  Leon  Diakonos 
episodisch  in  den  Qang  der  Ereignisse  des  Jahres  975  eingeschoben 
ond  wird  an  die  wunderbare  Erscheinung  eines  merkwürdigen  Ko- 
meten angeknüpft,  in  welcher  der  Aberglaube  der  damaligen  Zeit, 
nicht  zum  wenigsten  gerade  yon  der  Geistlichkeit  genährt,  die  An- 
kündigung unglücklicher  Ereignisse  von  Seiten  der  Gottheit  selbst 
erblickte,  Leon  lässt  sich  über  die  Zeit,  in  welche  diese  Ereignisse 
fallen,  nicht  naher  aus,  ein  bei  ihm  sehr  häufiges  Vorkommniss,  be- 
sonders in  Bezug  aut  die  Jahreszahl;  nur  ganz  beiläufig  erwähnt  er, 
dass  der  Aufstand  des  Bardas  Skieros,  der  nach  dem  Tode  des  Joannes 
Tzimiflces  976  ausgebrochen  sei,  volle  4  Jahre  Asien  durchtobt  habe. 
(VgL  Näheres  darüber  bei  Gfrörer:  Byzantinische  Geschichten  II, 
p.  562 — 583.  Graz  1873.  Paparrigopoulos:  latop(a  too  ^EXXyjvixoö 
I^voo^  ioA  T&v&pxotoritcov  xpöviav  pi/pi  td^v  V6a>tipo>v,  IV,  p.  227  ff.  Athen 
1871.  Hertzberg:  Geschichte  Griechenlands  seit  dem  Absterben  des 
antiken  Lebens  bis  zur  Gegenwart,  1, 283  ff.  Gotha  1876,  sowie  dessen  Ge- 

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Fiaoher. 

byzant-iind  des  osm.  Reichea  bis  gegen  Ende  des  16.  Jahrlt, 
.  der  Oncken'schen  SammluDg.  Hopf:  Grieclieiilaiid  im 
ind  in  der  Neuzeit,  in  Ersch  und  Gmber's  allg.  EDCjkto- 

85,  p.  124fF.  Finlay:  bistorjofthebjzantine  and  greek 

716  to  1453,  Band  II}.  Demnach  dauerte  derselbe  bis 
an  diesen  bnDpfb  nun  Leon  Diakonos  den  Bulgarenkri^ 
rten  an:  .Als  Basileios  den  Krieg  g^n  Bardas  Skleroa 
L  er  gegen  die  Bnlgaren  gezogen",  und  aus  diesem  leitet 
Is  Folge  desselben,  den  Aufstand  des  Bardas  ^hokas  her. 
mahme  Gfi-örers  nebmen  alle  neneren  Schriftsteller  (anch 
sai  de  Chronographie  Byzantine  poor  servir  ä  l'examen  dn 
Bas-empire  et  particuli^rement  des  chronographes  SlsTons 
157.  St.  Peterabourg  1855,  p.  565)  und  auch  der  gelehrte 
des  Leon  Diakonos,  Hase  (prae£  ad  ed.  Bonn.  p.  XVlll), 
Krieges  gegen  die  Bulgaren  das  Jahr  981  an.  Indem 
,  der  bei  allen  seinen  wunderlichen  Hypothesen  und  seinem 
h  beschränkten  religiösen  Standpunkte  sich  doch  vielEuihe 
im  die  byzantinische  Geschichte  erworben  hat,  nnd  sollte 

in  Bezug  auf  die  durch  ihn  rege  gemachte  erneute  Ehtüi 
r  glaubwürdigen  arabischen  Historiker  Elmakim  noch  her' 
p.  588.  597),  kommt  er  zu  der  Ansicht,  daas  dieser  Zug 
986  zu  setzen  sei   Die  kritiklosen  Abschreiber  Kedrenos 

(Kedren.  ed.  Bonn.  II,  436,  12  ff.  Zonar.  ed.  Dindorf 
111)  folgen  bei  dem  Bulgarenkriege,  kleinere  abweichende 
bgerechuet,  fast  durchgangig  dem  Leon  Diakonos.  Trotz 
derselbe  Eedrenos  hier  ernstlich  in  Betracht  zu  uehen. 
IQ  Meinung  Gfrörers  betreffs  des  Jahres  986  zu  unterstOtuo 

Während  Eedrenos  und  Zonaras  ganz  ruhig  ohne  jede» 
ler  den  chronologischen  Sprung  des  Leon  Diakonos  hin- 
öndet  sich  doch  bei  ersterem  die  Notiz,  dass  die  Km- 
ordas  Fhokas  987  stattgefunden.  (Michael  FselloEf  beschreibt 
■  ff.,  über  den  Zog  des  Basileios  gegen  die  Bulgaren  aber 
).  15  und  19  stillschweigeud  hinweg).  Also  ist  986  enl- 
I  Jahr,  in  welches  der  Biilgarenkriegszug  fallt  Eine 
t  bleibt  freilich  so  immer  noch  bestehen :  Leon  Diakono« 
einen  ganzen  Zeitraum  von  6  Jahren.  Wenn  mau  abtf 
8,  wie  oben  schon  bemerkt,  die  ganze  Erzählung  ncr 
i  den  chronologisch  fortlaufenden  Gontext  verwebt  isU 
i  diese  chronologische  Kluft  leichter  erklärlich  finden. 
pörung  des  Bardas  Fhokas  aber  endete  im  April  989  mit 

(Vgl.  Zonaras,  Kedrenos,  Michael  Paellos  an  den  beaeich- 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  dee  Leoti  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      355 


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neten  Stellen,  sowk  Leon  Diak.  p.  174,  22  ff.  a&örer  II,  614).  Da 
nun  Leon  den  Ausgang  derselben  erwähnt,  schloss  Hase  mit  Beoht, 
dass  Leon  sein  Werk  nicht  vor  989  geschrieben  haben  könne,  im 
übrigen  bescheidet  er  sich,  eini»i  genaueren  Zeitpunkt  für  die  Ab- 
fassung des  Werkes  zu  finden.  Ich  glaube  in  der  Lage  su  sein,  den- 
selben noch  weiter  hinausschieben  zu  können,  wenn  auch  das  definitiYe 
Jahr  der  Edition  sich  nie  genau  wird  finden  lassen  und  man  sich 
mit  dem  folgenden  Resultate  wird  begnügen  müssen. 

Auf  p.  175  und  176  erwähnt  Leon  ein  grosses  Erdbeben,  das  in 
Bjzanz  und  dessen  Umgebung  ungeheuren  Schaden  verursacht  habe; 
dabei  sei  auch  die  Kuppel  der  Sophienkirche  sammt  der  nach  Westen 
zu  gelegenen  Apsis  zusammengestürzt.  Der  Kaiser  Basileios  habe 
dann  die  Kirche  innerhalb  eines   Zeitraumes  von   6   Jahren  wieder  |||| 

hergestellt  Da  Kedrenos  (II,  438,  3  ff  und  der  ihn  ausschreibende 
Michael  Glykas,  ed.  Bonn.  p.  576,  7  ff.)  und  Tchamtchian  (II,  p.  874. 
Venise  1784—1786)  dies  Ereigniss  in  das  Jahr  6944,  15.  Indiotion 
und  zwar  auf  den  Festtag  des  grossen  Demetrios,  d.  h.  auf  den 
26.  October  986  fallen  lassen,  so  kann  Leon  Diakonos  demnach  den 
Schluss  seines  Werkes  nicht  yor  992  geschrieben  haben.  Ich  möchte 
dem  ganzen  Context  der  Stelle  nach  sogar  annehmen,  dass  es  noch 
eixdge  Zeit  nach  992  geschehen  sein  muss. 

Hieran  knüpft  sich  noch  eine  andere  Frage.  Das  Werk  Leons 
endigt  mit  dem  Tode  des  Joannes  Tzimisces.  Hat  Leon  dasselbe  wirk- 
lich mit  diesem  abgeschlossen,  oder  hat  er  seine  Erzählung  noch  weiter 
bis  in  die  Zeiten  des  Basileios  und  Konstantinos  geführt?  Angeregt 
wird  diese  Frage  durch  Hase  in  der  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe  und 
zwar  in  Folge  einiger  Worte  Leons  selbst  Nachdem  Leon  nämlich 
von  dem  Erdbeben  und  seinen  Folgen  gesprochen,  f&gt  er  noch  hinzu: 
aXki  xaiBta  |u&v  xa^a  (lipoc  sie  to&g  laotc&v  xaipoDC  1^  lotopla  9capaSi)X(b(KU 
Hase  behauptet  nun,  dies  sei  nicht  so  zu  verstehen,  quasi  ipse  sibi 
ea  seponeret  narranda,  sed  generatim,  aliis  ea  scriptoribus  materiam 
dicendi  praebitura.  Ich  halte  diese  Injierpretation  nicht  für  richtig; 
die  Gründe  dafiir  bedürfen  keiner  weitläufigen  Erörterung«    Die  Ge-  '^^\ 

schichte  wird  die  Einzelheiten  seiner  Zeit  am  gehörigen  Orte  erzählen, 
d.  h.  ich  werde  die  Einzelheiten  etc.  erzählen.  Das  konnte  wohl  Leon 
ahnen,  dass  ein  anderer  das  auch  in  irgend  einem  Werke  erzählen 
werde,  aber  nicht,  dass  das  xar&  (lipoc  geschehen  würde;  denn  Erd« 
beben  galten  wohl  damals  f&r  wichtige  geschichtliche  Ereignisse, 
aber  es  gab  ihrer  eben  in  diesen  Zeiten  —  man  braucht  die  byzan- 
tinischen Historiker  nur  oberflächUch  daraufhin  durchzustöbern  — 
so  viele,   dass  es  wohl  langweilig  geworden  wäre,  jedes  einzelne  zu 

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356 


Fisclier. 


beschreiben.  Dass  -fi  lazopHa  in  dem  von  mir  behanpteten  Sinne  £n 
yersteben  ist,  das  beweist  zum  Ueberfluss  noch  folgende  Stelle  in  der 
Einleitung  zu  Leons  Werken,  p.  5,  3  £r.:  .  .  .  .  xal  toEota  Seövrioc 
hc^iTfffjpoLO^ai.  'ii  {jl&v  oSv  btopla  xat&  xb  ivöv  l|iol  Xex^i^etot  xardt  {lipoc. 
6  %  Ta5ta  ooytdfac  A§a>y  r[u  BaotXetoo  ol6c  etc.  Man  gestatte  mir 
ausserdem  ein  schlagendes  Analogen  beizubringen.  Der  über  seine 
zeitgenössischen  Historiker  um  eines  Hauptes  Lange  emporragende 
Michael  Attaleiates  si^  am  Schlüsse  seines  Werkes:  xal  roota  fh 
int,  TcokX&v  öXC^a,  Saa  StjXovöu  (lixP^  '^^^  Ssot^poo  Itoo^  tf}^  a&voo  ßaoiXetac 
(gemeint  ist  Nikephoros  Botaneiates)  dao|Laotioc  iffpix^>]<'oiv.  tdt  S'iirtövta 
xocd-s^ilc  i  XÖ70C  87]Xcbo6i  tpav($t8pov.  Niemand  wird  daraus  den  Schloss 
ziehen,  dass  nun  Michael  in  der  That  die  Absicht  gehabt  haben  wird, 
die  Feder  niederzulegen.  (Dass  aber  Michael  sein  Werk  nicht  zu  Ende 
gefährt  hat,  das  brachte  der  Gang  der  Ereignisse  mit  sich,  die  er 
o&x  ixo^  xal  |jl6^oic  Ir^peftv  Tcap^Xaßsv,  &XX'a&töim]c  xal  ^avffi 
IXp7](JLditiGe, . wie  er  selbst  sagt;  denn  einige  Monate  nachher,  als  er 
bis  zu  diesem  Abschnitt  der  Begierung  des  von  ihm  hochgeachteten 
Kaisers  Nikephoros  Botaneiates  gekommen  war,  wurde  dieser  Yon 
Alexios  L  Eomnenos  gest&rzi  Möglich,  dass  ihn  diese  Katastrophe 
selbst  mit  ins  Verderben  riss,  in  jedem  Falle  aber  &nd  sein  Werk 
keinen  Abschluss,  denn  es  wäre,  auch  den  ersteren  Fall  ausgeschlossen, 
f&r  ihn  sicher  keine  Empfehlung  bei  dem  neuen  Machthaber  gewesen, 
wenn  er  in  dem  von  ihm  begonnenen  Tone  der  Verherrlichung  des 
Botaneiates  das  Werk  gar  hätte  zu  Ende  fähren  wollen). 

Kehren  wir  wieder  zu  Leon  zurück,  so  ist  also  klar,  dass  er  in 
seiner  Geschichte  wohl  ursprünglich  nicht  blos  den  Zeitraum  bis  976^ 
sondern  dass  er  auch  die  Geschichte  der  Nachfolger  des  Tzimisces, 
unter  denen  er  noch  lebte  und  schrieb,  in  einer  an  jene  sich  an- 
schliessenden Fortsetzung  behandelte  oder  wenigstens  hat  behandeln 
wollen  und  zu  diesem  Zwecke  wohl  schon  die  Materialien  gesammelt 
hatte.  Helfausgegeben  muss  das  Werk  nach  den  obigen  Andeutungen 
erst  nach  dem  Jahre  992  sein.  Warum  aber  dann  nur  bis  zum  Tode 
des  Tzimisces?  Weil  da  gerade  ein  sehr  passender  Abschluss  war 
und  über  Lebende,  in  deren  Diensten  man  steht,  öffentlich,  wenn 
nicht  in  zustimmendem  oder  glorificirendem  Tone,  zu  reden  besonders 
in  Byzanz  eine  heikle  Sache  war.  Oder  aber  es  ereilte  den  fleissigen 
Gelehrten  ein  frühzeitiger  Tod  und  das  Werk  wäre  dann  von  einem 
anderen  herausgegeben  worden,  weil  jedenfalls  der  noch  yorhandene 
andere  Theil  desselben,  um  einen  Ausdruck  der  Anna  Komnena  Aber 
die  Gommentarien  ihres  Gemahls  Nikephoros  Bryennios  zu  gebraachen, 
noch  mehr  bloss  SXt]  als  schon  editionsföhige  Geschichte  war.   Diese 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  PselloB.      357 


letztere  Yennaihimg  erlangt  wenigstens  einige  Walmclieinliclikeit 
durch  den  abrupten  Schlass  und  den  Anfang  des  das  Leomsche  Werk 
fortsetzenden  Qeschichtswerkes  des  Michael  Fsellos;  möglicliY  dass 
dann  in  diesem  Falle  Psellos  selbst  der  Edition  nahestände.  (Wann 
Leon  gestorben,  ist  unbekannt;  geboren  ist  er  am  950,  Fsellos  aber 
um  1018;  vgl  Sathas  in  |isoaicDytx4)  ßißXio^i^TI  IV,  p.  XXX  im  icpö- 
Xofoc)* 

Das  Werk  des  Psellos  nämlich,  zum  ersten  Male  nach  der  einzigen 
rorhandenen  Handschrift,  dem  cod.   Paris.  1712,  welche  direkt  vor 
Fsellos  die  Geschichte  des  Leon  Diakonos  enthält,  von  dem  gelehrten 
und  um  die  mittelalterliche  byzantinische  Quellenkunde yerdienten Kon- 
stantin Sathas  1874  in  dem  Sammelwerke  (UBaauovtx'fi  ßißXtodi^i) 
herausgegeben,  welches  in  der  Handschrift  den  Titel:    XP^'^TP^^ 
«ovii^roa  t$  icavoöfip  V^^^XV  (^^^0  It^^X^'^l^  '^V  ^^p^V^  (über  diesen 
Titel  vgl  Sathas  lY,  LVI),  lgtopo5aa  tac  ^pi^etc  töv  ßaoiXtov ,  to5  t6 
BaotXdoo  xal  KfioyoxavtCyoo  t&v  iropfopo76vyi}t(ov  etc.  ftihrt,  Ton  Sathas 
aber  kurz   BoCayitvf]^  btoplac  fctatovtaenijplc  genannt  wird,  weil  es 
die  Ereignisse  des  Zeitraumes  von  976 — 1077  um&sst,  schliesst  sich  so 
eng  an  die  Geschichte  Leon's  an,  dass  Fsellos  seinen  ersten  Satz  direkt 
an  den  letzten  Leons  anknüpft :   6  |iAv  oov  ßastXso^  'Io>dvvii]c  6  TCt|ttox^i 
xoXXdv  xal  ir^a^&v  oTttoc  rQ  To>(ia[(oy  i^8(ioy{o(  Ysyöiuyo^  xal  cAiipw: 
ta6n]y  86ya|uy,  oovo>  xavaXbti  TÖy  ßloy.  (Sathas  hat  in  den  beiden  langen 
icpöXoYot  zu  Band  IV  und  V  des  erwähnten  Sammelwerkes  das  Leben 
und  die  Bedeutung  des  Michael  Fsellos  nach  den  verschiedenen  Richtungen 
der  Thätigkeit  desselben  hin  ausführlich  erörtert  und  das  betreffende 
Material  gut  zusammengestellt  und  verarbeitet,  vgL  auch  Ferdinand 
Hirsches  Becension  inSybeVs  histor.  Zeitschrift,  Band  XXXVI,  281  ff. 
Rambaud  in  der Bey. bist.  1877.  William  Fischer:  Studien  zur  by- 
zani  Gesch.  des  11.  Jahrb.,  1883,  Galvary  &  Cie.   Er  hat  auch  für  die 
Textkritik  Erhebliches  geleistet ;  das  Feld  der  historischen  Kritik  aber 
bat  er   weniger  ins  Auge  gefasst,    häufig  lassen  gerade  in  diesem 
Punkte  seine  Ausf&hrungen  die  nöthige  Schärfe  vermissen).    Durch 
diesen  Umstand  aber  rückt  das  Werk  Leons  in  eine  besondere  Beleuchtung. 
Man  weiss  vom  Leben  des  Leon  Diakonos  (so  hat  man  ihn  jeden&Us 
seiner  Stellung  wegen  genannt,  um  ihn  von  andern  gleichen  Namens  zu 
unterscheiden,  z.  B.  Leo  Grammaticus,  vgL  Paulus  Diakonus,  cf.  Watten- 
bach:  Deutschi.  Geschichtsquellen  imMittelalter  1877  LBd.p.  137  (4.Aufl.) 
sehr  wenig  und  dies  nur  von  ihm  selbst.  (Hase  hat  es  p.  XVII  und  XVIII 
kurz  zosanmiengestellt  Wenn  er  aber  dort  unter  anderm  sagt,  in  collegium 
sacerdotum  palatinorum  asciius,  so  kann  ich  nicht  finden,  worauf  sich 
diese  Angabe  stützt;  denn  aus  den  Worten  Leon«  selbst  bei  der  Ber 


I.JI 

i 


iu: 


•z* 


358 


Fiaclier. 


Schreibung  der  Schlacht  von  Triaditza:  t^  xpatoovti  8o9ft>xä^  oovsxd- 
|i6Voc  xal  fj)  TOD  Siaxövoo  XettoopYicf  &iC6psto&(i6Vo^,  ist  dieser   Scblusa 
noch  nicht  gerechtfertigt)  Die  Thatsachen,  welche  er  er^hlt,  hat  er 
meist  selbst  erlebt,  das  übrige  hat  er  sich  von  Augenzeugen  berichten 
lassen  (p.  5, 19 — 23).  Er  schrieb  die  Geschichte  seiner  Zeit,  weil  dieselbe, 
wie  er  sagt,  äusserst  reich  an  merkwürdigen  Begebenheiten  und  zwar  so 
merkwürdigen  gewesen  sei,  dass  man  den  Untergang  der  Welt  und  das 
Wiedererscheinen  Christi  für  nahe  bevorstehend  hielt, —  es  gibt  fast  kein 
Jahrhundert  der  byzantinischen  Geschichte,  in  welchem  das  sonst  so  glau- 
bige, und  doch  auch  so  abergläubische  Byzanz,  Priesterthum  wie  Volk, 
jenes  immer  voran,  den  Zusammensturz  der  Welt  nicht  befürchtet  hätte  — 
und  zwar  zu  Nutz  und  Frommen  der  Nachwelt  {&^  etvai  9cai§60(ia  xol 
tolc  ootepov.     Vgl.  damit  das  Thucydideische   xr?}|ia  Ig  i&L  {idXXov   ^ 
&7o>vio(JiA  ig  To  Tcapaxpi^t^a   axo6stv  £&YX6ttai).     Au9   der   Stellung  des 
Geschichtsschreibers  im  öffentlichen  Leben  resultirt  der  fromme  Hauch, 
der  das  ganze   Werk  durchzieht,   und  die  grosse  Achtung  vor  den 
Autoritäten,   denen  er  dient     Aber  ich  meine,   dass   er    nicht  blos 
einem  inneren  Drange,   geweckt  und  genährt  durch   die  Grosse  und 
Wichtigkeit  der  damaligen  Ereignisse,  nachgegeben  habe,   als  er  den 
Griffel  zur  Hand  nahm,  sondern  dass  ihm  auch  von  aussen  her  eine 
mehr  persönliche  Veranlassung  dazu  gekommen  sei     Darauf  scheinen 
wenigstens  die  Worte  hinzudeuten,  welche  den  den  Zweck  seines  Werkes 
charakterisirenden  folgen:   iXkA  |iot  d!7),  tov  bicbp  &|ii  toaoötoy  i^kw 
inaynpri^i)f(py  (l*))  Seorepov  r^c  irpo^ojiiac  SpaiisTv,  ivak&ftA^  Sh  zob  (Jisyd^ooc 
xm  oo(Lß8ß7]xdT(ov  Ix^adai,  xal  toöta  Seövtco^  imirn^aaa^au 

Angenommen,  dass  Leon  Diakonos  sein  Werk  noch  selbst  heraus- 
gegeben hat,  so  muss  dasselbe  in  den  damaligen  literarischen  und 
ofßciellen  Kreisen  unter  der  Anzahl  anderer,  die  Geschichte  dieser 
Zeit  behandelnden  Werken  von  Bedeutung  (wie  Fsellos  berichtet) 
ein  ganz  besonderes  Ansehen  genossen  haben,  das  sich  nicht  blos 
aus  dem  inneren  Werthe  des  Werkes  selbst  erklären  lässt,  der  aosser 
allem  Zweifel  steht,  wenn  man  die  gleichzeitigen  übrigen  byzantiniAchen 
Geschichtswerke  mit  ihm  vergleicht  Denn  wie  wäre  es  sonst  dem 
Michael  Fsellos  beige&Uen,  seine  Geschichte  gerade  an  das  Werk  eines 
niedrigeren  Geistlichen  (986  war  ja  Leon  noch  Diakonus  und  wahr- 
scheinlich ist  er  auch  als  solcher  gestorben;  denn  ich|  wüaste  sonst 
nicht,  warum  man  ihn,  wenn  er  es  zu  einer  höheren  Stellung  ge- 
bracht hätte,  auf  dem  Titel  seines  Werkes  noch  Diakonus  fortgenannt 
hätte;  und  zwar  würde  er  dann  in  noch  ziemlich  jungen  Jahrm 
gestorben  sein),  auch  wenn  dasselbe  sich  über  das  gewöhnliche  Niveau 
byzantinischer  Geschichtsschreibung  erhob,  anzuknüpfen  und  zwar  so, 


Beiträge  zur  hiErtor.  Kritik  de«  Leon  Diakoaoa  u.  Hie! 

dass  offenbar  daraus  bervoi^lit,  Fsellos  habe  a 
lieh  ab  eiae  Forteetsang  des  Leonischen  angesehei 
Jener  FseUoa ,  welcher  eich  mit  der  ihm  eigeuei 
fOr  den  grÖBBten  Gelehrten  und  besten  SchriftsteUer 
wekher  eine  der  herrorr^endsten  Persönlichkeiten 
Bjzanz  auch  in  politischer  Beziehung  war? 

Ich  moss  hier  einstweilen  innehalten,  beror  ic 
Leons  betrefiendeu  Schluss  ziehen  kann,  am  mich  e 
wenden,  die  mit  dieser,  wie  gleich  erhellen  wird, 
zuaammenhängt.  Wir  wissen  von  Fsellos  seibat,  da 
in  Folge  vielfaclier  Auffordetangeu  von  Seiten  hob 
wie  hoher  Kirchendiener  (PseU.  IV,  p.  113  ff.) 
(darunter  sicher  mit  des  Eonstantinos  Leichudes,  seil 
freandea  and  1cp(i9oJCOöp^Oi  des  Eaisers  Konstantii 
nachherigen  Patriarchen  von  Eonstantinopel,  TgL  ü' 
den  versdiiedenes  Stellen  in  der  Geschichte  des  Psell« 
das  ipUs[uov  auf  denselben,  lY,  p.  388— 421,  sowie 
ZQ  IV,  und  verschiedene  Stellen  in  der  Einleit.  V,  ausser 
bjz.  Stnd.  p.  5.  24.  51.  Warum  ich  gerade  auf 
merkaam  mache,  soll  gleich  klar  werden)  und  zwar 
zum  Ende  der  Begierungszeit  des  Isaak  Eomnenos. 
wähnen,  er&hreo  wir  aus  Fsellos  die  Geneais  dea  Na 
Er  iat  vom  Dorfe  K.äp.rn  abzuleiten,  in  welchem  Isi 
PselL  im  i-pui){uov  n«  Kuvafavnvov  Attxo6ST]v  IV, 
Ecdr.  U,  622,  19  £,  und  Nikeph.  Bryenu.  p.  93,  11 
der  Anna  Eomneoa,  Eaatamon  am  Pontes  Euzeinos 
der  Eonmenen  angeben,  so  steht  dies  wohl  kaum  i 
mit  Fsellos;  man  muss  dann  annehmen,  dass  Isaak 
bortsorte  den  Namen  Eomnenos  annahm,  Eastamon 
Haupterwerbung  des  Eomnenengeschlechtes  war.)  Sol 
Antrieben,  die  er  offen  eingesteht,  nicht  noch  eine  ^ 
Wichte  gekommen  sein,  die  fQr  ihn  schliesslich  dei 
die  Geschichte  seiner  Zeit  oder  vielmehr  die  seiner  Kai 
Diese  Annahme  basirt  auf  einer  Stelle  des  Fsellos  s< 
oS  [u  vijv  oDTYpapi^v,  f  (Xtan  xälviuv  inSp&v,  cpiXon^tipa' 
Ssotkpan  äac^npaz.  Sathaa  IV,  p.  CXVI,  will  unter  du 
Person  den  Eonstantinos  Leichudes  verstanden  wissen. 
Ansicht,  ich  glaube,  die  Anrede  ist  an  einen  Eaiser 

FseUoa,  ein  armer,  aber  energischer  und  zielben 
dem  alle  Protection  und  Connexion  fehlte,  hatte  i 
besteigung  des  Eonstantinos  Monomacbos  diesem  ein 


360 


Fischer. 


überschwenglichsten  Ansdrücken  gewidmet  (V,  p.  106—142  sind  ihrer 
zwei  auf  diesen  Kaiser  abgedruckt),  ein  Werk  crassesten  ^Bysantinis- 
mus  *  —  dies  Wort  hier  in  der  landläufigen  Bedeutung  genommen  — 
(Psell.  IV,  p.  115:  Die  Zeitgenossen  ida&(iaaav  vdtc  GicspßoX&c  too  «poc 
töv  M ovojidxov  irpm^of}  a&toö).    Was  ihm  bisher  trotz  seiner  Gelehr- 
samkeit und  hervorragenden  Bq^bung  versagt  geblieben  war,   ein 
Amt  im  kaiserlichen  Dienste,  mit  dieser  Lobrede  erlangte  er  es  sofort; 
denn  die  Menschen  sind  zu  allen  Zeiten  dieselben  gewesen  und  in 
Byzanz  waren  Enkomien  auf  die  Herrscher  seit  den  Zeiten  des  grossen 
Konstantinos  bei  einem  feilen  Tross  von  Schriftstellern  geradezu  Mode 
geworden.    Ein  Mann,  der  historische  Ereignisse  —  die  Lobrede  er- 
zahlte nämlich  die  Geschichte  von  Basileios  Bulgaroktonos  an  bis  auf 
EonstautinosMonomachos,  natürlich  in  der  Weise,  dass  auf  den  letzteren 
grosser  Glanz  und  nur  Glanz  fiel  —  so  schön,  so  glatt,  so  regierungs- 
freundlich erzählen  konnte,  musste  dem  Kaiser,  welcher  es  überhaupt 
liebte,  einen  Kranz  von  hervorragenden  Gelehrten  um  sich  zu  haben, 
als  eine  besonders  wünschenswerthevAcquisition*  erscheinen,  er  schien 
zum  kaiserlichen  Hofhistoriographen  wie  geschaffen.   Psellos  wurde  von 
Stund  ab  nicht  blos  kaiserlicher  Secretär  (PselL  IV,  p.  119.  Es  war  im  Mai 
1043),  sondern  der  Kaiser  wendete  ihm,  weil  er  ein  Mann  nach  seinem 
Herzen  war,  bald  auch  sein  ganzes  Wohlwollen  zu.  Der  geschmeidige 
Streber  ward  bald  für  den  Kaiser  eine  ganz  unentbehrliche  Person 
und  dessen  intimster  Vertrauter,     und  von  nun  ab  blieb   Psellos  der 
Freund  und  die  rechte  Hand  von  f&nf  Kaisem,  er  half  Kaiser  stürzen 
und  erheben.     Seitdem  er  nun  gar  noch  eine  Dame  aus  kaiserlichem 
Geblüte  geheirathet  hatte,  da  ward  für  das  Haupt  des  byzantinischen 
Hellenismus  —  denn  zu  diesem,  ja  man  könnte  &st  sagen  zu  seinem 
Schopfer,  schwang  sich  Psellos  in  Folge  seiner  polyhistorischen  Ge- 
lehrsamkeit sowohl  wie  durch  seine  verschiedenen  officiellen  Stellungen 
am  Hofe  und  in  der  Beamtenhierarchie  empor  —  der  jeweilige  Hof, 
dessen  Boden  in  Byzanz  noch  schlüpfriger  als  irgendwo  sonst  war, 
dessen  äusserer  Glanz  aber  f&r  den  von  Eitelkeit  zerfressenen  und 
ruhmsüchtigen  Emporkömmling,  dem  ein  gnädiges  BeififtUsnicken  und 
ein  Stäubchen  vom  Strahle  der  kaiserlichen  Gnade  das  höchste  Glück 
auf  Erden   dünkte,   geradezu  Lebensbedingung.     Er    war    eine    der 
wichtigsten  und  einflussreichsten  Persönlichkeiten  am  Hofe,  ein  Zeidhen 
seiner  eminenten  Brauchbarkeit,  aber  auch  einer  Versatilität  des  Charak- 
ters, die  man  eher  Charakterlosigkeit  zu  nennen  geneigt  sein  möchte. 
Man  könnte  bei  meiner  Annahme  an  dem  vertraulicheren  ^iXcatt  statt 
einer  ehrfurchtsvolleren  Titulatur  ernstlichen  Anstoss  nehmen.   Während 
äich  gerade  in  dem  Enkomion  auf  den  Patriarchen  Eonstantinos  Leichudee 


BeitrSge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      361 


und  ganz  besonders  auch  in  den  Briefen  an  denselben  nichts  dem  ähn- 
liches findet,  soll  er  einen  Kaiser  so  titulirt  haben?  Allein  man  wird 
diesen  Einwand  bald  MIen  lassen,  wenn  man  Y,  p.  129  im  Enkomion 
auf  Eonstantinos  Monomachos  vergleicht  und  sodann  bedenkt,  dass 
Fsellos  zu  dem  intimsten  Kreise  verschiedener  Kaiser  gehörte  und  sich 
in  seinen  Schriften  öfters  geradezu  als  alter  ego  einzelner  hinzu- 
stellen beliebt  Es  fragt  sich  demnach  nur,  welcher  wohl  von  den 
Kaisern  gemeint  ist  Es  können  dabei  nur  Konstantinos  Monomachosf 
Isaak  Komnenos,  Konstantinos  Dukas  und  dessen  Sohn  Michael  Dukas 
in  Betracht  konmien,  und  auch  unter  diesen  muss  Isaak  Komnenos 
sofort  wegfallen.  Zwar  ernannte  dieser  letztere  den  Fsellos  gleich 
beim  Antritt  seiner  Regierung  zum  npdsSpoc  des  Senates,  denn  Fsellos 
war  mit  einer  von  den  Gesandten  gewesen,  welche  dem  Isaak  die 
Krone  anboten  (IV,  p.  233.  224  ff.  407  ff.),  er  verfasste  auch  in 
dessen  Auftrage,  wenngleich  wohl  nur  ungern  (lY,  p.  245.  p.  367  ff.), 
die  Anklageschrift  gegen  den  gestürzten  Fatriarchen  Michael  Kerullarios, 
allein  dem  Fsellos  ging  die  politische  Beformarbeit  des  Isaak  zu  rasch  und 
imbedacht  vor  sich  und  so  ward  er  schliesslich  dessen  heimlicher  Geg- 
ner, der  nicht  zum  wenigsten  an  seinem  Sturze  mitarbeitete. 

Die  Ansicht,  dass  Konstantinos  Monomachos  der  betreffende 
sei,  möchte  mehr  Glauben  verdienen,  um  so  mehr,  als  ja  gerade  dieser 
den  Fsellos  aus  seiner  Niedrigkeit  emporgehoben  und  zu  seinem 
nächsten  Vertrauten  gemacht  hatte,  als  Fsellos  die  Geschichte  gerade 
dieses  Kaisers  am  ausführlichsten  unter  allen  übrigen  behandelt  und 
die  glänzendsten  Lichter  der  Bhetorik  aufsetzt,  um  die  Begierung 
desselben  in  einer  günstigen  Beleuchtung  erscheinen  zu  lassen,  als  er 
ihn  in  den  Enkomien  und  Briefen  mit  den  überschwenglichsten  Lob- 
sprüchen überschüttet;  allein  lY,  p.  114  sagt  er  ausdrücklich,  dass 
er  stets  der  Aufforderung  desselben,  seine  Geschichte  zu  schreiben, 
ausgewichen  sei,  weil  er  nicht  als  undankbar  erscheinen  wolle,  wenn 
er  einiges  mit  vorbringe,  was  dem  Kaiser  nicht  genehm  sein  konnte 
(da  er  dies  aber  doch  in  seiner  Geschichte  an  einigen  wenigen 
Stellen  eben  gerade  gethan  hat,  so  stützt  dies  meine  Ansicht 
noch  mehr),  sodann  musste  ja  Fsellos  am  Ende  der  Begierung  des 
Kaisers  nach  der  nun  definitiv  gewordenen  Trennung  der  orientalischen 
Kirche  von  der  occidentalischen  den  Intriguen  der  Fartei  des  Fatri- 
archcm  Michael  Kerullarios  weichen  und  Konstantinopel  verlassen 
(vgl  Ausführlicheres  bei  Fischer,  p.  18  ff.,  23  ff.,  wo  die  wichtigsten 
Ursachen,  die  freilich  Fsellos  nur  ganz  indirekt  andeutet,  dieses  Yer- 
lassens  des  kaiserlichen  Dienstes  erörtert  werden).  Da  mag  wohl  eine 
kleine  Bitterkeit  gegen   den  Kaiser  übrig  geblieben  sein,  und  diese 


362 


Fischer. 


mag  ihm  auch  an  einigen  Stellen,  es  sind  ihrer  nur  wenige,  Tadel 
über  den  Kaiser  in  die  Feder  diktirt  haben,  wenngleich  er  sich  des- 
wegen geradezu  entschuldigt,  um  eben  nicht  als  undankbar  zu  er- 
scheinen. Zur  Zeit  dieses  Kaisers  kann  doch  wohl  also  Psellos  seine 
Geschichte  auch  nicht  ver&sst  haben,  er  war  eben  schon  viel  zu  sehr 
Hofinann  geworden,  um  nicht  zu  wissen,  dass  die  Enthüllung  der 
Wahrheit  einem  regierenden  Fürsten  meist  sehr  unangenehm  isi 
Ebensowenig  kann  sie  auf  dessen  Veranlassung  entstanden  sein,  man 
müsste  denn  auch  hier  den  Worten  des  Qeschichtsschreibers  nicht 
glauben  wollen,  wozu  freilich  ein  triftiger  Grund  nicht  YorUegi 
Und  wenn  Fsellos  nicht  einmal  dem  Wunsche  seines  geliebten  Kaisers 
nachkam,  dann  soll  er  den  Bitten  des  Konstantinos  Leichudes  nach- 
gegeben haben? 

Kann  Kaiser  Konstantinos  Dukas  unter  dem  ^(Xtate  irdvrttv  avSpöv 
gemeint  sein  ?  Beide,  der  Kaiser  und  Psellos,  waren  von  Jugend  auf 
innige  Freunde  gewesen.  Psellos  wurde  dann  hauptsächlich  das  Werk- 
zeug, durch  welches  Konstantinos  Dukas  den  Thron  erlang^.  Von 
Stunde  ab  weilte  er  unausgesetzt  um  den  Kaiser^  theilte  mit  ihm 
sogar  täglich  den  Tisch,  ja  ward  geradezu  ein  Glied  der  kaiserlichen 
Familie.  VgL  besonders  IV,  p.  261.  262.  263,  und  dort  hauptsach- 
lich die  Stelle:  hiA  rot(;  i^iQ  XoYtofwi?  Y^vetat  xol  tijc  kpyaiaz  4va(U- 
(i^vi^axst  fikioL^  ....  ir^Hn  di  oot  oh%  l(|^soaÄ[iY]V  töv  ^iXov,  &  dsCa  tax 
xadapiotdry]  <|)0/ifj!  Sodann:  ?cspl  tlvoc  T^p  £XXot)  x&v  ßaaiXdcoy  (lAXptopov 
SnQYijooiJLflii,  8v  xal  ISicbtiQy  Svta  ^ingveaa,  xal  ßaaiXda  Y^Tovöta  &d«o{iaoa, 
xol  ob  (JL')f]8&  ßpoi/o  ti  &7coXsX6i[i.|i.7]v,  aXkoL  «spl  a&tov  oicäp  to&c  iXXooc 
slonijxsiv,  67CÖT6  ßaaiXtxoD  icpoxad^C^to  ßi^ftaTOc»  %al  oovf}v  iid  Xo^oi^  xfld 
tijc  a&ti)<  exoivdbvoov  tpaTC^Ctjc  etc.  Vgl.  auch  IV,  264.  269.  259. 
256.  Es  ist  das  freundschaftlichste  Verhältniss,  das  man  sich  nur 
denken  kann. 

Soviel  ist  nun  klar,  dass  das  Werk  des  Psellos  ursprünglich  nur 
bis  zum  Ende  der  Begierung  des  Isaak  Komnenos  reichte;  denn  IV, 
p.  238  sagt  er  selbst,  er  wolle  beschreiben  .  .  .  xal  vpCxov  &c  ^vtsö^ev 
&X6iV(|>  (nämlich  Isaak  Komnenos)  o&  icdvta  aTn^vTTjas  Se^id»^,  hp'd^ 
iir6vsYX«bv  Sicwc  iicoßeßi^xet  rf)<  ßaatXeCac  opov  z%  SotTP*PD  ^t)<30|*äi,  und 
dass  dieser  Theil  noch  zu  Lebzeiten  des  Patriarchen  Konstantinos  Lei- 
chudes (f  1063)  verabfasst  ist,  beweist  p.  264  am  Ende,  demnach  muss 
diejenige  Person,  welche  den  Psellos  bewog,  sein  Werk  zu  schreiben, 
nach  dieser  2ieit  noch  am  Leben  gewesen  sein,  sonst  könnte  er  sie 
nicht  in  der  angegebenen  Weise  anreden.  Nun  hat  aber  Psellos  sein 
Werk  nachträglich  noch  weiter  fortgeführt  und  zwar  bis  m  die  Be- 
gierung des  Michael  Dukas  hinein. 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      363 


Am  au^fthrlichsten  ist  in  diesem  zweiten  Tkeile  aber  die  Oe- 
sehichte  des  Eonstantinos  Dukas  behandelt,  und  diese  kann  aus  ver- 
schiedenen Gründen  auch  erst  nach  dem  Tode  dieses  Kaisers  verab- 
fasst  worden  sein.  Einmal  nämlich  schon  deshalb,  weil  sie  die  ganze 
Begierung  desselben  bis  zu  seinem  Tode  behandelt;  sodann  redet 
Psellos  selbst  ausdrücklich  von  Eonstaotinos  als  von  einem  Ge- 
storbenen und  zwar  IV,  p.  263:  ifd)  8€  (soi  oh%  i^f&ioÖL^ypf  t6v  fiXov, 
&  ddd  xal  TM^apfüzArq  ^^x^  *  (^  podfoiiai  7äp  &c  Äxo&ovtt  SiaXiiaobai). 
Ich  muss  hier  etwas  abschwenkend  einigen  Einwänden  begegnen, 
welche  man  gegen  meine  Interpretation  vorbringen  konnte.  Ich  weiss 
nämlich  sehr  wohl,  dass  Psellos  das  Ephitetou  detoc  einmal  sowohl 
von  hohen  weltlichen  wie  hohen  geistlichen  Beamten,  sodann  sowohl 
Yon  Lebenden  wie  von  Toten  gebraucht  (ich  f&hre  beispielsweise  nur 
IV,  p.  467  an  und  verweise  im  übrigen  hauptsächlich  auf  die  Fsellischen 
Briefe  in  Band  Y) ;  ich  weiss  auch,  dass  fo^i),  hauptsächlich  in  ver- 
traulichen Briefen,  von  Lebenden  gesagt  wird  (z.  B.  V,  p.  467.  465); 
allein  mit  Vorliebe  wird  gerade  von  Psellos  in  den  verschiedensten  seiner 
Schriften  ^eioc  vom  Kaiser  gebraucht,  hauptsächlich  in  der  Anrede,  und 
^y[il  von  Toten  (z.  B.  in  den  Enkomien  auf  Michael  EeruUarios  und 
Eonstantinos  Leichudes),  ganz  besonders  schlagend  aber  ist  das  Bei- 
spiel IV,  p.  117,  wo  Psellos  über  den  Eonstantinos  Monomachos  sagt: 
fita  xabza  iXed  |ioi  t&  vapä  ooö  elif],  dsio^dtif]  ^x^'  Dazu  kommen  nun 
noch  das  Epitheton  xa^apöc  und  die  eingeklammerten  Worte,  die 
keinen  Zweifel  darüber  lassen,  dass  hier  von  einem  schon  Gestorbenen 
die  Bede  ist  (vgl.  das  ganz  ähnliche  PselL  IV,  p.  420).  —  Sodann 
würde  wohl  Psellos  schwerlich  zu  Lebzeiten  des  Dukas  tadelnde  Be- 
merkungen über  denselben  haben  einfliessen  lassen  (ich  werde  auf 
diesen  Punkt  dann  noch  einmal  kurz  zurückkommen  müssen)  und 
Stellen  wie  p.  266.  265  haben  schreiben  können,  z.  B.:  iicel  8e  ohx 
hpL&^oy  vä  Ypa9Ö{i6va,  &XX'&Xif]&^<  toropCa,  laot^  [lövcp  oo{ißo6Xc(i  irspl  tä 
scpaxtia  xP^P^vo^,  Sottv  oov  xal  i^|i&ptav8  toö  ixpißsot^poo  axoicoö.  Oder: 
qfvöii]{iA  8k  (liifa  f|Yvöif]o«v,  Sii  ti)<  otpatuotixljc  xataXoo(iivif]c  [isptSoc 
T«  tc^  havzmv  a&^dvotto  xal  &9cl  to  |i8iCov  xa^^i^|j^v  ^ dpoiTO  etc. ;  toöto 
rJ}y  ßaotXsiav  T(0|iaCcov  xan^vsvxs  xal  fjXXoCcoosv  äicl  zä  x^lpova  9Cpd7(iata  etc. 
Geschrieben  ist  also  die  Geschichte  des  Dukas  o£fenbar  nach  dessen 
Tode;  ob  aber  und  der  vorhergehende  Theil  ebenso  mm  auch  auf 
dessen  Anregung  hin? 

Das  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  denn  Psellos  sagt  selbst, 
dass  er  dem  Eonstantinos  Dukas  versprochen  habe,  dessen  Geschichte 
zu  schreiben  (IV,  p.  260:  oStco  [i^  o^v  irpooxiiooig  a&TÖv,  a&tixa  icXa- 
TOispov  f  pd(|)a>  xal  Siap^pcosopiaiy  ßoicep  Si)  lin)X]fetXdi|ii)v  iroif)aai  t$  ^(m- 


H 


\ 


364 


FiBcher. 


|iAo((|)  tG&Tcp  xal  67C6P906I  o^coxpatopt).  Und  wenn  ich  das,  was  ich  hislier 
erörtert  habe,  zusammenfasse  und  noch  hinzufüge,  1.  dass  Konstantinos 
Dukas  ein  sehr  gelehrter  Herrscher  war,  der  die  Historie  liebte,  2.  dass  er 
sich  von  Psellos  über  den  Monomachos  yiel  berichten  liess  und  Fsellos 
davon  so  spricht,  dass  man  eine  schriftliche  Darstellung  annehmea 
muss  (IV,  p.  262),  so  kann  ich  nicht  anders  glauben,  als  dass 
auch  der  Theil  der  Geschichte  des  Psellos,  welcher  bis  zum  Tode  des 
Isaak  Komnenos  reicht,  auf  die  Anregung  des  Konstantinos  Dukas  hin 
und  zwar  in  der  Zeit  zwischen  1059  — 1067  entstanden  ist.  Ich  habe 
aber  noch  einen  andern  Grund  ftlr  diese  Ansicht,  den  ich  einstweilen 
noch  in  petto  behalten  muss,  um  noch  einige  andere  nothwendige 
Bemerkungen  hier  einflechten  zu  können. 

Wenn  ich  oben  gesagt  habe,  dass  der  erste  Theil  der  G^chichie 
des  Fsellos  —  ich  müsste  eigentlich  sagen,  der  zweite,  denn  man 
kann  in  diesem  ersten  Theile  wieder  deutlich  zwei  Theile  unterscheiden: 
der  erste  von  Basileios  Bulgaroktonos  bis  Romanos  Argyropoolos 
stützt  sich  nur  auf  die  Angaben  anderer  Schriftsteller  (IV,  p.  30), 
von  da  ab  im  zweiten  erzählt  Psellos  als  Augenzeuge  —  mitunter 
einen  Ton  annimmt,  der,  wenn  auch  in  zarter  Weise  und  mit  den 
Künsten  der  ihm  sehr  geläufigen  Rhetorik  verbrlmt,  nicht  blos  lauter 
Licht,  sondern  auch  Schatten  von  sich  gibt  —  er  ist  auch  da  immer 
noch  himmelweit  yon  dem  markigen  und  gesunden  ürtheile  seines 
Zeitgenossen  Micjiael  Attaleiates  verschieden  (ygL  z.  B.  p.  185 — 197, 
ed.  Bonn.)  — ,  so  kann  dies  für  den  letzten  Theil  seiner  Geschichte, 
einige  Stellen  über  Konstantinos  Dukas,  ganz  speciell  aber  die  Gre- 
schichte  des  Romanos  Diogenes  ausgenommen,  der  ganz  einseitig 
Yom  schroffsten  Parteistandpunkte  aus  beurtheilt  wird,  wenig  oder  gar 
nicht  gelten,  ganz  besonders  ist  die  Geschichte  des  Michael  Dukas 
ein  wahres  Muster  von  Yertuschungskunst.  Wie  yiel  da  und  was  da 
verschwiegen  worden  ist  (Psellos  gibt  selbst  zu,  dass  er  vieles  üher- 
gehe,  cf.  IV,  p.  136.  135),  das  würde  schon,  die  Sache  ganz  äusser- 
lich  aufgefasst,  aas  dem  geringen  Umfange  dieses  Theiles  hervorgehen, 
wenn  man  nicht  noch  die  Erzählungen  anderer  Historiographen  dieser 
Zeit  zum  Vergleiche  hätte.  Das  Verhältniss  des  Psellos  zu  Michael  Dukas 
war  wo  möglich  noch  inniger  als  das  zu  dessen  Vater,  sie  standen 
zu  einander  wie  Vater  und  Sohn.  Der  junge  Kaiser,  ein  haarspaltender 
Gelehrter  und  Antiquitätenkrämer,  war  der  Zögling  des  Psellos  ge- 
wesen und  durch  diesen  hauptsächlich  auf  den  Thron  des  gestfirzten 
Romanos  Diogenes  erhoben  worden  (vgL  Näheres  bei  Fischer,  p.  46. 
54  ff.,  G&örer  III,  329  ff.).  Michael  Dukas  veranlasste  seinen  Lehrer, 
auch  seine  Geschichte  zu  schreiben,   und  während  dessen  Regierung 


Beitr&ge  anir  histor.  Eritdk  des  Leon  Diakonos  a.  Michael  Psellos.      365 


löste  PselloB  auch^das  dem  Vater  gegebene  Versprechen  ein  und 
schrieb  die  Oeschichte  des  Eonstantinos  Dukas.  Die  erstere  ist  unter 
den  Augen  und  der  direkten  Beihilfe  des  Michael  geschrieben;  denn 
dieser  lieferte  dem  Psellos  die  Materialien  über  sich  selbst  (IV,  p.  288. 
292.  293).  Psellos  gibt  deshalb  ausnahmsweise  hier  selbst  zu,  dass 
ihm  die  Hände  gebunden  gewesen  seien,  und  erklärt,  dass  er 
in  einer  andern  Schrift  die  Thatsachen  wahrer  darstellen  wolle  (IV, 
p.  277).  Der  andere  Theil,  die  Begierung  des  Eonstantinos  Dukas  behan- 
delnd, ist  jedenfalls  auch  unter  dem  Einflüsse  des  Michael  geschrieben 
worden,  daher  sind  auch  die  den  Eonstantinos  tadelnden  Bemerkungen 
zu  erklären  und  späterhin  auch  die  tendenziöse  Darstellung  der  Oe- 
schichte der  Eudocia  und  des  Romanos  Diogenes;  denn  Michael  hat 
sowohl  seine  Mutter  Eudocia  als  auch  seinen  Vater  nichts  weniger 
als  hoch  gehalten,  gegen  beide  hatte  er  nur  Gef&hle  des  Hasses, 
gegen  diesen,  weil  er  ihm  bei  seinem  Tode  die  Begierung  nicht 
hinterlassen  hatte,  gegen  jene,  weil  sie  sich  wieder  verehelicht  und 
Romanos  Diogenes  im  Interesse  des  Staates  auf  den  Thron  erhoben 
hatte  (ygl.  Fischer,  p.  45  ff.).  Wenn  aber  Michael  Dukas  den  Psellos 
lieber  hatte  als  seine  Eltern  und  Michael  Dukas  das  Ein  und  Alles 
des  Lehrers  war  (IV,  p.  288  ff.),  sollte  dann  nicht  zu  schliessen 
sein,  dass  Psellos  nicht  blos  den  zweiten  Theil  des  zweiten  Haupt- 
theiles  und  diesen  letzteren  selbst,  sondern  auch  den  ganzen  ersten 
Haupttheil  seines  Oeschichtswerkes  auf  Veranlassung  des  Michael 
Dukas  geschrieben  habe,  dass  er  der  ^Xtate  icdcvTtt>v  ivSpöbv  sei,  die 
obige  Annahme  also  hinföUig  würde?  Das  ist  nicht  möglich,  denn 
dann  konnte  es  in  der  oben  citirten  Stelle,  die  am  Beginne  der  Be- 
schreibung der  Eomnenenregierung  zu  finden  ist,  nicht  heissen:  8pov 
di^[iat  etc. 

Ich  muss  noch  einen  letzten  Einwand  beseitigen,  den  man  meiner 
Annahme,  dass  Eonstantinos  Dukas  das  Geschichtswerk  des  Psellos 
yeranlasst  habe,  entgegenhalten  könnte.  Wer  die  Oeschichte  des 
11.  Jahrhunderts  genauer  kennt  und  besonders  auch  die  im  Jahre 
1882  YonPaul  La  gar  de  herausgegebenen  Werke  des  Erzbischofs  von 
Euchaita,  Joannes  Mauropus,  durchstudiert  hat  (ygl.  meine  Recension 
in  Sybel's  histor.  Zeitschrift  1883),  der  könnte  yielleicht  noch  einer 
andern  Meinung  zuneigen,  nämlich  der,  dass  das  Geschichtswerk  des 
Psellos  auf  die  Eingebung  dieses  Mannes  hin  entstanden  sein  möchte. 
Joannes  Mauropus  nämlich,  eine  der  Eoryphäen  byzantinischer  Ge- 
lehrsamkeit damaliger  Zeit,  war  einer  der  Lehrer  des  Psellos  gewesen* 
Seit  dieser  Zeit  verband  Lehr^  uüd  Schüler  ein  inniges  Freund- 
schaftsverhältniss  und  als  Psellos  die  Wiedererweckung  der  üniyersÜAt 


366  Fischer. 

in  Konstantinopel  betrieb,  da  war  Joannes  mit  einer  der  Führer  der 
Bewegung.    Ale  nun  Kaiser  Eonstantinos  Monomachos   in   der  Tbat 
dieselbe  wiederherstellte,   1045   (vgl.  über  die  ganze  Frage   Fischer, 
p.  12  ff.),  da  wurde  neben  Psellos,  dem  die  Oberleitung  derselben  eu- 
fiel,  auch  Joannes  mit  an  derselben  angestellt,  als  [i^otcop,  wie  offidell 
der  Titel  dieser  Professoren  lautete.    Doch  blieb  er  nicht  lange  an 
der  Anstalt,   er  wurde  kurz  darauf  vom  Kaiser  zum  Enbischof  tou 
Euchaita  in  Kleinasien  ernannt,  um  die  dortige  verwahrloste  Kirche 
wieder  emporzubringen«  Diese  Ernennung  bedeutete  aber  für  Mauropns 
eine  Art  von  Verbannung,  das   geht  aus  seinen  Schriften  deutlich 
genug  hervor,  und  Mauropus  sah  sie  auch  selbst  als  solche  an.    Wo- 
durch er  sich  die  Ungnade  des  Kaisers  zugezogen  hatte,  wird  weder 
von  ihm  noch  von  andern,  also  Psellos  hauptsachlich,  direkt  berichtet. 
(Diese  Verbannung  nach  Euchaita  muss  spätestens  schon  1046  statt- 
gefunden haben;  das  geht  aus  einer  Kede  des  Mauropus  hervor,  von 
welcher   man  das  Datum  genau  nachweisen  kann.    Diese  Bede,  in 
welcher  Mauropus  den  Aufstand  des  Leon  Tornikios  gegen  den  Kaiser 
und  die  Belagerung  Konstantinopels  als  Augenzeuge   schildert  [vgl 
über  diese  Bebellion  Gfrörer  lU,  p.  454  ff.],  ist  am  29.  December  1047 
in  Euchaita  gehalten  worden  [vgl  Johannis  Euchaitor.   metropolit. 
quae  in  cod.  Vat.  Graec  676  supersunt,  ed.  P.  de  Lagarde,  p.  178  £, 
1882].  Joannes  befand  sich  damals  gerade  in  Konstantinopel ;  warum? 
Das  scheint  mir  aus  seinen  eignen  Briefen,   wie  aus  einigen  solchen 
des  Psellos  und  einem  Enkomion  desselben,  das  noch  bei  dessen  Leb- 
zeiten geschrieben  worden  ist  und  zwar  gerade  in   diese  Zeit  fallen 
muss,  hervorzugehen.    Joannes  fühlte    sich  unter  den  Barbaren  von 
Euchaita  sehr  unwohl  und  suchte  von  dort  wieder  hinwegzukommeiL 
Psellos,   der  Günstling  des  Kaisers,   sollte  ihm   dazu  behilflich  sein, 
allein  in  seinen  Briefen  redete  dieser  ihm  davon  ab,  und  eben  am 
den  Mann  zu  beschwichtigen,  schrieb  er  dem  durch  seine  Verbannong 
in  der  Seele  Verwundeten  ein  durch  den  Kaiser  höchst  wahrscheinlich 
selbst  veranlasstes  Enkomion,  in  welchem  er  die  Angelegenheit  vom 
höheren  Standpunkte  des  göttlichen  Willens  und  der  kirchlichen  und  calta- 
rellen  Mission  aus  beleuchtet.  Vergeblich,  Mauropus  ging  selbst  nach  Kon- 
stantinopel,  um  seine  Beactivirung  zu  betreiben,  und  bei  dieser  Ge- 
legenheit eben  erlebte  er  die  Belagerung  Konstantinopels  durch  den 
Bebellen  mit).  Ich  glaube  aber  den  wahren  Sachverhalt  aufdecken  zu 
können.    (Danach  ist  zu  berichtigen,  was  Satbas  im  Vorbeigehen  V, 
IS'  im  Tcpi'ktrfQQ  sagt:    &'fVOo5|i,6v  inoia^  ooxofavTiac  iiC8y6i]aev  6  ^dövoc 
xal  maxi  toö  {»icoopifoö  'Iiodwco  MaopoTcdSif)).  Unter  des  Mauropus  gar  nicht 
üblen  kleineren  Gedichten  befindet  sich  nämlich  ein  Epigramm,  das 


Beiträge  ziir  hiBtor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Micliael  Psellos.      367 


ich  mit  der  Ursache  seiner  Verbannung  in  Zusammenhang  bringen 
mochte  (cf.  p.  50,  Gedicht  90).  Es  trägt  die  Aufschrift:  Ste  &ic6on] 
xffi  otymfpaff]^  TOö  xpovofpd^oo.  Daraus  ergibt  sich,  dass  Joannes 
ein  Qeschichtswerk  verfasst  hatte,  welches  durch  die  Treae  und  Wahr- 
heit seines  Inhalts  das  kaiserliche  Missfallen  in  dem  Masse  erregt 
hatte,  dass  man  ihm  die  Fortsetzung  resp.  Publikation  desselben  ein-^ 
fach  verbot  —  ein  Beweis,  dass  es  in  Byzanz  eine  strenge  Censur 
gab,  was,  so  viel  ich  sehe,  zwar  Gfrörer  schon  in  seinen  Byzantini- 
schen Geschichten  an  verschiedenen  Stellen  als  Vermuthung  aus- 
gesprochen hatte,  aber  nicht  strikt  hatte  beweisen  können  (ich  bitte 
diesen  Punkt  bei  den  folgenden  Ausführungen  am  Schiasse  dieser 
Zeilen  besonders  im  Auge  zu  behalten)  — ,  f&r  die  Wissenschaft 
jedenfalls  ein  Verlust,  den  man  sehr  beklagen  muss.  Dass  Mauropus 
in  der  That  auch  Männerstolz  vor  Königsthronen  fühlte  und  frei 
seine  üeberzeugung  aussprach  —  Psellos  ist  gerade  das  Gegentheil  — , 
das  bezeugt  auch  Psellos  (IV,  p.  154:  xi^  d'Stspoc  oarox;  ^  icpbc  ßaotXia 
iC6icapp7]<i{aatat ;).  Würde  demnach  die  Vermuthung  allzufern  liegen, 
dass  Joannes  Mauropus,  nachdem  sein  Geschichtswerk  unterdrückt 
worden  war,  den  Psellos,  welcher  iiv'egen  seiner  allbekannten  Vor- 
sichtigkeit und  Geschmeidigkeit  sicherlich  nicht  Gefahr  lief,  der 
kaiserlichen  Censur  in  die  Hände  zu  fiallen,  aufforderte,  das  zu  thun, 
was  ihm  nicht  gelungen  war,  auch  wenn  er  wissen  konnte  und 
musste,  dass  dann  die  Geschichte  der  damaligen  Zeit  unter  dessen 
Händen  ein  anderes  Gesicht  annehmen  werde,  als  sie  wirklich 
trug?  Dazu  kommt,  dass  sich  in  dem  Enkomion  auf  Joannes  Mau- 
ropos  genau  dieselbe  Anrede  findet,  wie  sie  Psellos  dem  grossen  Un- 
bekannten zu  Theil  werden  lässt,  f  iXtats  Tcdivriov  ivSpc&v  (V,  p.  167  und 
ganz  ähnlich  auch  V,  p.  496:  Sptots  xdvtcAv  ^iXcdv,  und  V,  p.  465). 
Allein  trotz  alledem  glaube  ich  diese  Vermuthung  von  der  Hand 
weisen  zu  müssen  und  zwar  aus  folgenden  Gründen :  Erstlich  existiren 
noch  eine  Anzahl  Briefe,  in  denen  Psellos  den  Mauropus  mit  den 
seiner  Würde  geziemenden  Titulaturen  und  ganz  feierlich  anredet, 
sodann  sagt  schon  das  genug,  dass  diese  Anrede  in  einem  En- 
komion vorkommt,  ferner  kann,  nach  seinen  vorhandenen  Schriften 
zu  urtheilen,  Mauropus  zu  der  Zeit,  in  welcher  Psellos  den  ersten 
Theil  seines  Werkes  schrieb,  nicht  mehr  am  Leben  gewesen  sein  — 
und  nach  den  obigen  Ausführungen  muss  ja  der  Angeredete  noch 
gelebt  haben  — .  (Einigen  unsicheren  Andeutungen  nach  scheint  Mau- 
ropus noch  in  den  fünfeiger  Jahren  des  11.  Jahrhunderts  gestorben 
zu  sein.  Seine  Zeitgenossen  erwähnen  ihn  sonst  nicht  weiter).  Lässt 
sich  femer   denken,    dass   Psellos   den    Bitten   des   Mauropus   nach- 


ii 


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368 


Fischer. 


gegeben  haben  wird,  nachdem  er  den  viel  schmeichelhafteren  des 
Kaisers  Monomachos  Widerstand  geleistet,  umsomehr,  als  er  ja  da- 
durch schon  Ton  vornherein  die  Ungnade  des  Kaisers  hätte  ftürcbten 
müssen,  wenn  ihm  der  Wunsch  eines  Missliebigen  höher  galten, 
als  der  kaiserliche,  dass  überhaupt  Mauropus  gerade  an  Psellos,  den 
er  doch  ganz  genau  kannte,  als  den  Mann  gedacht  haben  wird,  der 
befähigt  sei,  eine  einigermassen  wahrheitsgetreue  Geschichte  seiner 
Zeit  schreiben  zu  können? 

Nachdem  ich  diese  möglicherweise  gegen  meine  Annahme  Yor- 
zubringenden  Einwände  zurückzuweisen  versucht  habe,  ist  es  an  der 
Zeit,  den  Grund  anzuführen,  der  den  Ausschlag  für  dieselbe  geben 
soll,  dass  das  Geschichtswerk  des  Psellos  auch  in  seinem  ersten  Haupt- 
theile  auf  Veranlassung  des  Konstantinos  Dukas  geschrieben  ist;  es  ist 
der  Schluss  jener  Diatribe,  in  welcher  Psellos  von  der  Erhebung  des 
Konstantinos  Dukas  auf  den  Thron  spricht  und  jene  oben  dtirten 
Worte:  &  ^sCa  ....  Siakiiaa^ai  vorkommen.  Darauf  fahrt  er  fort: 
o&t&c  Sv  6l86ii]c  &^  ta  9cp<&ta  ooveics^Gxetv,  &^  lice^dppovov,'  &c  iiKppcbvyoov, 
6^  &^|ioövta  icaps|iod>o6|iT)v,  &q  (soYXivSovs&oeiy  iinr]776XX6|U]v,  A  xod 
to6too  86i]cs<i8V,  Iffstta  xol  T^iXXa,  &^  (Levijv67xd  ooi  töv  ipjupia  (bezieht 
sich  darauf,  dass  Psellos  die  Erhebung  des  Joannes  Xiphilinos  auf 
den  Patriarchenstuhl  von  Konstantinopel  bewirkt  haben  will,  vgl 
ausführlich.  Fischer ,  p.  24) ,  xal  ic&vta  icszoltpfa  öicöoa  t8  6  xotpic  td 

Wenn  es  nun  als  erwiesen  scheint,  dass  Konstantinos  Dukas  der- 
jenige gewesen  ist,  welcher  den  Anstoss  zur  Verabfassung  des  PseUi- 
schen  Geschichte werkes  gegeben  hat,  so  müsste  man  schon  deshalb 
der  Annahme  zuneigen,  dass  demselben  eine  Art  von  officiellem 
Charakter  eigne.  (Die  Ereignisse  nach  dem  Tode  des  Konstantinos 
Dukas  sind,  wie  oben  nachgewiesen  worden,  auf  Veranlassung  des 
Michael  Dukas  von  Psellos  angezeichnet  worden,  also  eine  Art  Appendii; 
denn  das  eigentliche  Geschichts  werk  des  Psellos  schloss  wohl  mit  dem 
Tode  des  Konstantinos  Dukas  ab). 

Auch  wenn  man  von  den  bisherigen  Ausführungen  nicht,  über* 
zeugt  sein  sollte,  das  wird  man  doch  zugeben  müssen,  dass  zwischen 
Psellos  und  den  andern  gleichzeitigen  Geschichtsschreibern,  Michael 
Attaleiates,  Joannes  Skylitzes,  Georgios  Kedrenos,  Zonaras,  ein  grosser 
unterschied  stattfindet.  Eins  ist  freilich  allen  gemeinsam,  mutatis 
mutandis  höchstens  Attaleiates  ausgenommen,  eine  grosse  Vorsicht  im 
Ausdruck,  eine  gewisse  Zurückhaltung  und  Mangel  an  Offenheit  bei 
verschiedenen  Gelegenheiten.  Man  kann  bei  allen  diesen  SchriftsteUem 
zwischen  den  Zeilen  lesen,   und  unter  den  neueren  Historikern  der 


Beitrfi^  zur  bistor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      369 

byzantinischeiL  Geschiclite  hat  diese  Eünst  Gfrorer  in  ganz  besonderem 
Masse  geübt,  freilich  häufig  so,  dass  er  über  das  Ziel  hinausschiessi 
Allein  das  Qeschichtswerk  des  Psellos  übertrifft,  im  schlechten  Sinne, 
alle  andern  in  dieser  Beziehung;  es  ist  rein  zu  officiell,  oder  wenn 
man  lieber  will,  officiös  geschrieben. 

Ich  kann  wegen  der  üeberfÜUe  des  Stoffes  dies  nicht  Schritt  für 
Schritt  nachweisen,  ich  muss  mich  auf  ein  Beispiel  beschränken  und 
kann  auch  dies  nicht  seiner  ganzen  Ausdehnung  nach  ausführen. 
Ich  wähle  dazu  die  Geschichte  des  Eonstanünos  Dukas.  Ausser  Psellos 
berichten  uns  dieselbe  noch  Michael  Attaleiates,  Joannes  Skylitzes  und 
Zonaras;  auf  die  späteren  Excerptoren,  wie  Michael  Glykas  etc.,  nehme 
ich  selbstrerständlich  gar  keine  Bücksichi  Von  jenen  kommen  Skylitzes 
und  Zonaras  weniger  in  Betracht,  auch  sie  sind  ^Excerptoren,  und  zwar 
folgt  Skylitzes  &st  nur  dem  Attaleiates,  abgerechnet  den  Schluss  der 
Erzählung,  in  welcher  er  einige  Aussprüche  des  Kaisers  nach  Psellos 
citirt,  und  einige  kurze,  wenig  bedeutende  Notizen.  Zonaras  ver- 
arbeitet seine  Quellen  selbständiger,  aber  er  ist  kürzer  als  Skylitzes. 
Seine  Hauptquelle  ist  Skylitzes,  aber  er  hat  daneben  auch  Attaleiates 
und  Psellos  eingesehen  und  Einzelnes  aus  ihnen  entnommen,  aus 
enterem  insbesondere  die  Darstellung  der  Verschwörung.  Auch  finden 
sich  bei  ihm  einige  Bemerkungen  selbständiger  Art,  die  sich  haupt- 
sächlich auf  die  Abstammung  und  das  Steuerwesen  des  Kaisers 
beziehen.  Sie  sind  geeignet,  im  Grossen  und  Ganzen  das  Bild  zu 
ergänzen,  welches  Attaleiates  yon  der  Begierung  des  Dukas  entwirft, 
sind  also  für  die  Geschichte  desselben,  weil  nicht  unglaubwürdig, 
durchaus  verwendbar.  Im  Allgemeinen  kann  man  auf  die  übrige 
Darstellung  des  Zonaras  wie  auf  die  des  Skylitzes  zu  Gunsten  des 
Attaleiates  Verzicht  leisten.  So  blieben  demnach  nur  zwei  Haupt- 
qaellen  übrig,  Psellos  und  Attaleiatea  Deshalb  entsteht  nun  die  Frage, 
welchem  von  den  beiden  man  folgen  soll. 

In  einem  Punkte,  das  muss  man  gleich  von  vornherein  zugeben, 
wird  man  sich  *  ohne  weiteres  an  Attaleiates  halten  müssen,  das  ist  in 
der  Darstellung  der  kriegerischen  Ereignisse,  welche  bei  Psellos  zum 
Theil  gar  nicht,  zum  Theil  nur  ganz  kurz  erwähnt  werden,  und 
der  Verschworung  gegen  den  Kaiser,  über  welche  mit  grosser  Aus- 
führlichkeit berichtet  wird.    Ob  aber  auch  in  anderen? 

Die  Darstellung  beider  trifft  nur  in  wenigen  Punkten  zusammen, 
sie  steht  sich  in  den  meisten  so  ziemlich  diametral  gegenüber.  Ich 
greife  den  Krieg  gegen  die  Myser  und  Triballer,  wie  sie  bei  Psellos, 
oder  derDzen,  wie- sie  bei  Attaleiates  heissen,  heraus.  Psellos  erzählt: 
Als  die  Myser  und  Triballer  das  Beich  mit  Krieg  überzogen,  da  rafite 

Mittheilunffen  VII.  24 


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870  Fischer. 

Konstantinos  Dukas  eine  kleine  Schaar  gegen  dieselben  zuaanunen.  Da 
begab  sich  ein  Wunder,  nicht  geringer  als  die  des  Moses.  Als  namlicli 
die  Barbaren  die  auserlesenen  Schaaren  sahen,   da  ergriff  sie  Farcht, 
sie  flohen,  die  meisten  von  ihnen  fielen  den  Yerfolgem  zum  Opfer. 
el  |iiv  o&y,  so  schliesst  er,  h(7Uü\u6JiBV9  icpo6iXö(iT]v ,  3iXXA  ^ii  oovoictix^y 
loToplav  xoieiv,  iitt/^ptiaff^  'iv  (loi  to&to  t6  Sii[fri<^  dg  icdtoav  e&^pii]|itac  6xsp- 
ßoXnjv.     vov  8k  if'Stepa  t^v  toö  Xö^ot)  6p[i'})y  (utsy^7Xoi|ix.   lY,  p.  268. 
Alles  in  Allem  15  Zeilen  über  so   wichtige  Ereignisse,   welche  dem 
Beiche  den  Untergang  bringen  konnten;   denn  ganz  Europa  zitierte, 
wie  Attaleiates  sagt,  vor  ihnen,  (isroixCav  ^$7]  xb  tijv  Ehp&trrjy  Sicov  olmv 
ißooXe&eto,  Mich.  Att  p.  84,  16.  Attaleiates  erzählt  das  in  mindestens 
fiinf&cher  Ausdehnung:  das  ganze  Volk  überschritt  die  Donau,  schlug 
die  Bulgaren,  nahm  die   griechischen  Feldherren   fiasileios  Apdcapes 
und  Nikephoros  Botaneiates   (derselbe^,   welchem  Michael   sein  Weik 
widmete,  der  nachherige   Kaiser)  gefangen.    Der  groeste  Theil  toü 
ihnen  durchzog  sodann  lUyrien  imd  bis  nach  Thessalonioh,  ja  drang 
bis  Griechenland  vor.    Auf  die  Nachricht  davon  erschrak  der  Kaiser 
gewaltig,   konnte   sich   aber  nicht  dazu   aufraffen,  ein  kampfiahiges 
Heer  gegen  dieselben  zu  entsenden,  war  es  aus  Sparsamkeit,  war  es 
aus  Feigheit;   deshalb  schickte  er  Gesandte   an  sie,  xafr'5<3oy  oUyrs, 
To6too<  fcapeyrjfxsiy  xal  npb^  xoipoy  xatootaXai  xal  ^AXty  elc  t^  ootspoiav 
ßooX666adai,  noXX&  zobxoi^  iiciorsCXac  äTcafcof^;  ja   er  bat  einige  der 
Führer  zu  sich  und  y(apla^ja(ai  to6too^  ISsSubaato.     Erst  nachdem  die 
Stimmung  der  Massen  bedenklich  geworden  war  und  man  dem  Sjdser 
Vernachlässigung  der  Beichsinteressen  vorgeworfen  hatte,  da  zog  er  in 
die  Gegend  von  Choirobakchoi  mit  nicht  mehr  als  150  Mann  aus,  zum 
Staunen  von  ganz  KonstantinopeL    Da  brachten  die   Gesandten  die 
Nachricht,  das  ganze  üzenvolk  sei  untergegangen ;  auf  welche  Weise, 
wird  dann  ausführlich  erzählt    Das  Meiste  thaten  da3   byzantinische 
Gold,  sodann  die  Bulgaren  und  Fatzinaken,   endlich  die  Pest    Der 
Best  wurde  in  Makedonien  angesiedelt  und  trat  mit  Byzanz  in  Bundes- 
genossenschaft. Welche  von  den  beiden  Darstellungen  entspricht  nun 
dem  wirklichen  Sachverhalte? 

Ueber  die  höchst  wichtigen  Ereignisse,  welche  sich  unter  Kon- 
stantinos Dukas  im  Oriente  zutrugen,  schweigt  sich  femer  Psellos  ganz 
und  gar  aus.  Und  doch  hatte  dort  ein  Kampf  gewüthet,  der  dem 
byzantinischen  Beiche  grosse  Stücke  Landes  entrissen.  Es  hatte 
sich  um  die  Vormauer  von  Byzanz,  um  Grossarmenien,  gehandelt, 
die  Selguken  bemächtigten  sich  des  wichtigen  Bollwerks  Ani  und 
damit  des  Landes.  Attaleiates  dagegen  eriählt  den  Kampf  der  Be- 
deutung desselben   entsprechend  ausführlich  (ihm  nach  Skylitzes  und 


Beiizftge  zur  hisior.  Kritik  des  Leon  DiakonoB  u.  Michael  Psellos.      371 


Zonaras,  you  den  betreffenden  orientalischen  Sdiriftstellem  sehe  ich 
hier  ganz  ab). 

Die  grosse  Verschwörung  sodann,  welche  dem  Kaiser  bald  Thron 
und  Leben  gekostet  hatte,  erzahlt  Psellos  auffallend  kurz  und  zwar  so, 
dass  man  den  Grund,  warum  denn  dieselbe  angezettelt  wurde,  g^r 
nicht  erfahrt,  Attaleiates  dagegen  sehr  ausführlich.  Durch  ihn  erst 
er&hren  wir,  worum  es  sich  eigentlich  handelte,  nur  er  legt  die  letzten 
Gründe  derselben  dar. 

Ich  konnte  weiter  fortfahren,  doch  diese  Beispiele  werden  schoii 
genügen,  um  uns  ein  Bild  von  dem  Charakter  der  Geschichtsschreibung 
des  Psellos  und  Attaleiates  zu  geben.  Die  Fsellanische  Darstellung  ist 
entweder  nur  voll  des  Lobes  für  den  Kaiser  oder  sie  verschweigt  un- 
angenehme Thatsachen  oder  stellt  die  Ereignisse  in  falscher  einseitiger 
Beleuchtung  dar.  Nur  in  einem  Funkte  gibt  er  der  Wahrheit  die 
Ehre,  er  macht  dem  Kaiser  die  Vernachlässigung  des  Heerwesens 
zum  Vorwurfe,  um  daraus  den  Schluss  abzuleiten,  dass  es  mit  dem 
Staate  abwärts  gehe,  freilich  scheint  er  das  auch  nur  zu  sagen,  um 
seiner  unbändigen  Eitelkeit  zu  firöhnen,  .denn',  ftigt  er  hinzu,  .ich 
yersuehte  ihn  oft  auf  andere  Wege  zu  bringen,  allein  vergeblich." 

Im  übrigen  stimmen  Psellos  und  Attaleiates  nur  noch  in  der  einen 
Thatsache  überein,  dass  sie  beide  dem  Kaiser  das  Lob  eines  guten 
Familienvaters  ertheilen.  Bei  Attaleiates  ist  es  das  einzige  überhaupt, 
daa  dem  Kaiser  zu  Theil  wird,  und  der  ganze  Gontext,  in  dem  es 
sich  befindet,  hinterlässt  auch  nur  den  Eindruck,  als  sei  es  nur  ge« 
sagt,  um  doch  wenigstens  etwas  Gutes  an  des  Kaisers  Sohlen  heften 
zu  können«  Summa  Summarum,  die  Darstellung  des  Attaleiates  ist  die 
glaubwürdigere,  sie  ist  der  gefärbten  des  Psellos  vorzuziehen. 

Psellos  war,  wie  oben  nachgewiesen  wurde,  der  Intimus  des 
Kaisers  gewesen,  sein  Bath  wird  in  vielen  Dingen  für  denselben  aus- 
schlaggebend gewesen  sein,  die  Begierungsweise  des  Kaisers  in  ihrer 
ganzen  Erbärmlichkeit  fallt  deshalb  hauptsächlich  mit  auf  die  Schultern  des 
Psellos,  er  hatte  also  guten  Grund,  die  Begierung  des  Kaisers  günstig 
zu  beleuchten  und  die  Wahrheit  zu  vertuschen.  Attaleiates  andrerseits 
war  dem  Kaiser  Nikephoros  Bqtaneiates  zugethan,  ihm  widmete  er 
auch  seiu  Geschichtswerk,  von  ihm  erhoffte  er  die  Wiederherstellung 
der  Glanzzeit  Ostroms.  Botaneiates  aber  hatte  in  dem  jammervollen 
Michael  VII.  Farapinakes  das  Geschlecht  der  Dukas  gestürzt  Kein 
Wunder  daher,  wenn  Attaleiates  in  gerechter  Entrüstung  über  all  das 
Elend,  welches  die  Dukas  über  das  Beich  heraufgeführt  haben,  und 
mit  dem  glühenden  Patriotismus,  der  ihn  für  die  Grösse  Ostroms  be- 
geistert, der  Psellanischen  Darstellung,  die  früher  als  das  Werk  des 

24" 


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372  FiBoher. 

Attaleiates  edirt  sein  moss  and  in  den  officiellen  Kreisen  you 
Bjzanz  eines  hohen  Ansehens  sich  erfreute,  die  ungeschminkte 
Wahrheit  entgegensetzt.  Das  Attaliotisohe  Werk  ist  geradezu  eine 
heftige  Anklage  gegen  den  unerklärlichen  Leichtsinn  und  die  frevel- 
hafte Sorglosigkeit  der  Dukas'schen  Politik  des  laissee  faire  aller. 
Man  lese  nur  das  geradezu  vernichtende  Urtheil,  das  derselbe  fiber 
die  letzten  Kaiser  seiner  Zeit  fällt,  p.  185 — 197!  Von  Botaneiates 
glaubte  er,  derselbe  sei  ein  Mann  der  Beform,  ron  ihm  werde  eine 
neue  Epoche  datiren.  Von  diesen  Gesichtspunkten  aus  betrachtet  er 
die  Politik  der  Dukas  und  muss  sie,  wie  jeder  klarsehende  Staats- 
mann, verurtheilen.  Nicht  Lust  an  der  Opposition,  nieht  nSigelnd« 
Aerger  drückt  ihm  die  Feder  in  die  Hand,  sondern  der  ganze  Zorn 
eines  männlichen  Herzens  über  die  feile  Geschichtsschreibung  seiner 
Zeit,  die  Liebe  zum  Yaterlande  und  zur  Wahrheit  Man  kann  sich 
kaum  zwei  grössere  Gegensätze  denken,  als  Michael  Attaleiates  und 
Michael  Psellos.  Dieser  der  aalglatte  Hofinann,  der  mit  allen  Banken 
des  Hofes  Tertraut,  nur  in  der  Hofluft  sich  wohl  fühlt  ^  dem  ein 
gnädiges  Lächeln  seines  Kaisers  der  höchste  Lohn  dünkt,  charakter- 
los wie  alle  Hofschranzen,  von  Eitelkeit  durchfressen  und  der  Un- 
entbehrUchkeit  seines  Ichs  wie  je  einer  überzeugt,  in  der  Kunst,  ein 
X  für  ein  ü  zu  machen,  ein  Meister,  Schönförber  und  Diplomat  a  la 
Talleyrand,  wenn  es  statthaft  ist,  diesen  Vergleich  zu  gebrauchen; 
jener  der  gerechte  Bichter,  der  Becht  von  Unrecht,  Wahrheit  Ton 
Unwahrheit  durch  seine  Thätigkeit  im  Tribunal  unterscheiden  gelernt, 
der  Fühlung  mit  den  Gedanken  und  Gefühlen  der  Massen  tmd  ein 
Herz  für  dieselben  hat.  der  unbestochen  vom  Glänze  und  Treiben  des 
Hofes  mit  scharfem  Blicke  die  einzelnen  Phasen  der  Politik  und  die 
Maximen  der  Begierung  verfolgt,  der  trauernde  Patriot,  dem  das  Beich 
und  sein  Volk  über  der  Person  des  jeweiligen  Herrschers  steht,  der 
Mann  des  Gesetzes  und  der  Wahrheit  Psellos  ist  officieller  (Geschichts- 
schreiber, Attaleiates  schreibt  Geschichte  um  ihrer  selbst  willen  (wenig- 
stens muss  dies  für  die  Darstellung  bis  auf  Nikephoros  Botaneiates  gelten). 

Ich  habe  bisher  nachzuweisen  versucht,  dass  das  Werk  des 
Psellos  einen  officiellen  Anstrich  habe,  dass  Psellos,  um  einen  von 
Gfrörer  auf  Zonaras  und  Kedrenos  angewendeten  Ausdruck  zu  ge- 
brauchen, byzantinischer  Beichshistoriograph  gewesen  sei  (Diese  An- 
sicht Gfr5rers  wird  sich  nur  insofern  aufrecht  erhalten  lassen,  als 
diese  beiden  Schriftsteller  die  wirklich  officiellen  Geschiehtschreibo' 
benutzt  haben).     Nun   hat  aber  Psellos  direkt  an   Leon  angeknüpft. 

Ich  hatte  schon  oben  darauf  aufrnerksam  gemacht,  dass  dies  nicht 
ohne  Absicht  geschehen  sein  kann.  Hätte  Psellos  aus  freiem  Antriebe, 


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1^ 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      373 

^ 

unaufgefordert,  sein  Werk  und  zwar  als  ein  selbständiges  geschrieben^ 
so  müfiste  er  nicht  eben  Psellos  gewesen  sein,  hätte  er  dasselbe  nicht 
mit  einer  prunkvollen  Einleitung  eröffnet;  denn  es  war  eine  von  der 
byzantinischen  Historiographie  wohlgepflogene  Sitte,  der   sich  kaum 
Jemand  entzog  (sie  hatten  sie  yom  classischen  Alterthum  ererbt  und 
gemäss  dem  ganzen  Charakter  des  «Byzantinismus*  ins   Breite  ge- 
zogen),  ihre  Auffassung  von  der  Geschichte,   deren  Werth  für  das 
menschliche  Leben  sie  hauptsächlich  von  utilitarischen  Frincipien  aus 
ansahen,  dem  Leser  eindringlich  ans  Herz  zu  legen.   Ich  führe  einige 
Beispiele  an:  Theophanes Confessor,  Leon  Diakonos,  Joannes  Skyützes, 
Georgios  Eedrenos,  Michael  Attaleiates,  Joannes  Cameniata  etc.  (Frei- 
lich würde  man  irren,  wenn  man  glauben  wollte,  dass  nun  Psellos 
ganz  auf  solch  beliebte  Auseinandersetzungen   yerziphtet  habe;   im 
Gegentheile,  da  ihm  die  Gelegenheit  dazu  beim  Anfange  seines  Werkes 
fehlte,  so  ergriff  er  verschiedene  andere  im  Verlaufe  desselben,  um 
sich  über  den  Werth  der  Geschichte  und  die  Au%abe  des  Geschichts- 
forschers auszulassen).  Indem  nun  Psellos  an  Leon  anknüpft,  wül  er 
meines  Erachtens  of&ciell  sein  Werk  als  eine  Fortsetzung  des  Leoni- 
schen angesehen  wissen.    Dies   zugegeben,   so   erlangt  dadurch  das 
Werk  Leons  eine  besondere  Bedeutung,   wie  auch  umgekehrt    Ich 
nehme  demnach  für  Leons  Werk   denselben  Charakter  in    Anspruch, 
wie  für  das  des  Psellos.    (Auch  scheint  es,  wie  dieses,  auf  äussere 
Anregung  hin   entstanden  zu  sein,   cf.   oben,   vielleicht  auf  die  des 
Kaisers  selbst,  obgleich  derselbe  bekanntlich  kein  Freund  der  Musen 
war).  In  der  That  athmen  .beide  Werke  eine  ähnliche  Tendenz.  Beide 
Schriftsteller  sind  in  ihren  Anschauungen  nicht  viel  von  einander 
verschieden,  das  Werk  Leons  hat  nur  den  Vorzug,  dass  es  nicht,  wie 
das  Psellanische,  in  Hofklatsch  schwelgt,  dass  es  den  äusseren  An- 
gelegenheiten des  Beiches  einen  viel  grösseren  Spielraum  einräumt,  IK§|t  r 
dass  ein  grosserer  Hauch  von  Frömmigkeit  dasselbe  durchweht    So- 
gar in  Stil  und  Bedewendimgen  haben  beide  vieles  mit  einander  ge- 
mein, wenngleich  der  des  Psellos  noch  geschraubter  isi    (Beispiels- 
weise führe  ich  nur  an  Leon  p,  4,  7 :  xod  (fjj  i&(M  toi?  tifi  XtiJ*t]<  ßoftoic 
%(xpao6psodai  ts  xol  GOY^^fi^so^cii,  und  PselL  lY,  p.  114:  td  6'lf'i^|L(oy 
3csirpa7|iiva  Xi^d7]^  xaXo^^vai  ßodoic).    Dass  mit  Leon  die  Geschichts- 
schreibung aufhören  würde,  das  brauchte  Psellos  nicht  zu  befurchten 
(IV,  p.  114),  sie  hat  gerade  damals  ziemlich  viele  Blüthen  getrieben. 
Das  sehen  wir  theils  aus  den  noch  erhaltenen  Werken,  theils  aus  den                         Wf  ii' ' 
Einleitungen    der   Werke  des   Skylitzes    und  Eedrenos,    welche  die 
Historiker  jener  Zeit  zum  grössten  Theile  sogar  namentlich  anfuhren ; 
theils  berichtet  es  uns  zum  Deberfluss  Psellos  noch  selbst,  lY,  p.  5, 


i^irr 


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Svii 


g74  Fischer. 

Wohl  aber  war  za  befttrchten,  dass  dieselbe  in  unrechte,  unbeliebte 
Hände  gelangen  konnte  (wie  auch  geschah),  die  von  den  Ideen  und 
Tendenzen  der  Leonischen  Historiographie  sehr  weit  abwichen.  Die 
Nachfolger  des  Tzimisces  bis  auf  Eonstantinos  Dukas  hatten  keinen 
Geschichtsschreiber  im  Sinne  eines  Leon,  eines  Psellos,  des  Hofes  gefunden. 
Leon  war  bis  auf  Psellos  der  letzte  Hofhistoriograph  gewesen,  denn 
nur  er  ist  gemeint  in  der  Stelle  bei  PselL  IV,  113:  iicetSf)  Y^PXP^ 
Ififi  tbv  Xd^ov  1^  t1)c  btopiac  oovaYcoY'')  iffiXiXotTrsv,  &q  xivSovebetv  (loxp^ 
t(^  ^pöv(p  )caXofd"$]vat  tot  icpi^l^ta,  xal  oaov  licl  xobxff  t^  (lipet  tooc 
Svo)  xp^voo^  |JL'}]  hr^yp(.i)fai  oicöotaoiv,  Sd  taötdc  {le  ßoTj^oai  f|£ioov  rj 
f6ost  To5  icpdYC^to^  etc.,  und  dass  es  nur  so  zu  verstehen  ist,  be- 
weisen FselL  IV,  p.  5,  sowie  die  Einleitungen  des  Skylitzes,  Eedrenoa, 
Michael  Attaleiates.  Die  aber,  welche  den  Psellos  baten,  das  Leonische 
Werk  fortzusetzen,  waren,  cf.  IV,  p.  113:  oh  tcav  iv  tiXet  (idvov  "»jxl 
z&v  irpcbtcov  Tj^c  "f^po^youxQy  iXXot  xal  t(ov  SXXcov  elg  xa  roü  XdYOo  c8Xo6vtov 
(Loam^pia,  xal  tcöv  Sooi  d>6idt8poi  )cal  ^TCEpteXeTc  t^v  ^t)^ii)v,  also  lauter 
hohe  Staatsbeamte,  und,  wie  oben  nachgewiesen,  ein  Kaiser  selbst. 
Den  Schluss  daraus,  brauche  ich  ihn  erst  noch  zu  ziehen? 

Gab  es  aber  denn  nun  in  Byzanz  wirklich  eine  officielle  Geschichts- 
schreibung? Ich  kann  mich  hier  auf  diese  Frage  nur  insoweit  ein- 
lassen, als  sie  das  10.  und  11.  Jahrhundert  berührt  Burckhardt, 
Hirsch  und  andere  haben  derselben  f&r  die  früheren  Zeiten  ihre 
Aufmerksamkeit  zugewandt,  ich  muss  deshalb  anf  die  betreffenden 
Werke  verweisen.  (Bei  dieser  Gelegenheit  bemerke  ich,  dass  ncaer- 
dings  P.  Meyer  in  einer  kleinen  Abhandlung:  De  vita  Gonstantini 
Eusebiana,  „  Festschrift,  dem  Gymnasium  Adolfinum  zu  Mors  gewidmet 
1882,  Bonn',  schon  für  die  Eonstantinische  Zeit  etwas  dem  ähnliches, 
wie  ein  «literarisches  Bureau*  annimmt  Ich  habe  diese  Annahme 
in  der  Becension  dieses  Schriftchens  in  PhiloL  Bundschau  m,  No.  49, 
p.  1541  ff.,  zurückzuweisen  versucht).  In  dem  Sinne  freilich,  in  wel- 
chem es  in  neuerer  Zeit  wohlbestallte  Hof historiographen  gab,  wird 
man  wohl  in  Byzanz  für  diese  beiden  Jahrhunderte  vergeblich  nach 
solchen  suchen.  Weder  in  den  uns  überlieferten  Hofrangordnungen, 
noch  in  den  Geschichtsschreibern  findet  sich  eine  solche  officielle  Würde 
erwähnt;  allein  dass  dem  Eaiserhofe  zu  Byzanz  zu  allen  Zeiten  feile 
Federn  zu  Diensten  standen,  welcher  Kenner  der  byzantinischen  Ge- 
schichte möchte  das  wohl  leugnen?  und  dass  die  reichhaltigen 
Staatsarchive  nicht  bloss  Juristen,  Verwaltungsbeamten  und  Diplo- 
maten offen  standen,  sondern  auch  Geschichtsschreibern,  das  mocbt« 
an  und  für  sich  als  selbstverständlich  erscheinen,  wenn  wir  es  nicht 
noch  aus  der  Anna  Eomnena  und  aus  Kikephoros  Bryennios  wüssten. 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Psellos.      375 


(Bfzanz  hatte  besonders  seit  Justinians  Zeiten  ein  wohlgeordnetes 
Archirwesen.  Nach  Baschet:  Les  archiyes  de  Yenise.  Histoire  de  la 
chancellerie  secr^te,  1870,  p.  132,  ist  zwar  das  erste  Beglement  ftir 
das  yenetianische  Oeheimarchiv  aas  dem  Jahre  1402,  allein  er  meint 
auch,  daas  die  Einrichtung  desselben  schon  lange  vorher  bestand. 
Es  würde  wohl  nicht  schwer  sein,  nachzuweisen,  dass  das  alte 
yenetianische  Archiywesen  sich  das  byzantinische  zum  Muster  ge- 
nommen hai) 

Da  nun,  wie  ich  oben  nachzuweisen  versucht  habe,  Fsellos  sein  Werk 
im  Auftrage  des  Kaisers  Konstantinos  Dukas  geschrieben,  so  würde 
schon  dieser  umstand  genügen,  das  Vorhandensein  einer  officiellen 
Geschichtsschreibung  im  11.,  beziehentlich  im  10.  Jahrh.  in  Byzanz 
zu  constaiiren.  Allein  es  gibt  noch  einige  gewichtigere  Zeugnisse 
für  diese  Behauptung.  Es  ist  bekannt,  dass  die  Fortsetzung  des 
Theophanes  auf  Veranlassung  des  Konstantinos  Porphyrogennetos  ent- 
stand and  dieser  Kaiser  selbst  dem  Verfasser  die  von  ihm  gesammelten 
Materialien  dazu  überliess,  ja  Buch  V  jener  Fortsetzung  vom  Kaiser 
selbst  geschrieben  ist  (ausf&hrlicher  darüber  Hirsch:  Byz.  Studien, 
p.  116  ff.),  dass  also  Theophanes  contin.  eine  kaiserlich  approbirte, 
officielle  Geschichte  isl  (Theoph.  cont.  p.  3:  zm  8i  xa^'Sxaota  t&c 
oicoMottC  6  oe&cöc  ßootXeoc  KttvotavTivoc  fiXondvco^  oovdXeSe  xal  e&oovdir- 
ttt^  igi^sto,  vi)  tüÄv  {UT^ffsiTtt  Sfika  y^v  .  .  .  tf)^  ßaotXeiac)'  Joseph 
Genesios  schreibt  ebenso  tendenziös  im  Sinne  der  herrschenden  Kaiser- 
famiUe  (Hirsch,  p.  116  ff.). 

Ein  zweites  Zeugniss  ist  die  Einleitung  im  Geschichtswerke  des 
Skylitzes.  Dort  gpbt  nämlich  derselbe  eine  kurze  Kritik  der  Ge- 
schichtsschreiber seines  und  des  vorhergehenden  Jahrhunderts ,  die  in 
vieler  Hinsicht  interessant  ist  Uns  geht  sie  hier  nur  insoweit  an^ 
als  sie  von  Psellos,  Leon  Diakonos  und  officieller  Historiographie 
spricht  (Das  Werk  existirt  bis  jetzt  nur  gedruckt  in  einer  lateini- 
schen Uebersetzung  des  Gabius.  Sathas  hat  für  seine  |ieoaia>ytX')j 
^XiofHpai  eine  editio  princeps  versprochen,  die  Einleitung  ist  aber 
in  der  ed.  Bonn,  des  Kedren.  I,  p.  4,  nach  cod.  Goislin.  136  ap. 
Mont&ucon  BibL  Goislin.  p.  207 — 208  abgedruckt).  Skylitzes  nennt 
daselbst  als  letzten  Chronographen  den  Theophanes  und  fahrt  dann 
fort:  insY^ipypai'^  piv  y^P '^^vsc»  oEoy  6  SixsXubtT)^ 5t8doxaXoc  xal 6  xa^'i^|ii&c 
Sxatoc  %^  fiXood^oov  xal  6i:6pTt|i.o^  6  VsXXöc»  xal  xpi<  To6toi<  Irspou 
aXXa  icAf^pfov  &^pjsv(ü  toö  Ipyoo  Tf>jc  ixpißeCa^  ixxsicrcbxaot,  ta  nXetova 
träv  xotpuof^piifrv  icapivcsc»  xal  &vöv7]toi  tot<  (ist'a&toöc  Yerdvaaiv,  i^a- 
p(^{i.T)oiy  |i6vv)v  icoii]9i|Lsvot  tdv  ßaoiXtov  xal  SiSifyxns^  ttc  pjsm  tlva 
T^v  mipetfiA^  IfiYOvsv  l^xparij^t  xal  icXstov  o&Siv.    iXXa  xal  zcküvo^  o&x 


376  Fischer. 

ioToxoic}{iivti>c  aoYYpa4^i{MVoi  SßXa<|)av  to&c  IvtoYX^vovtoc»  o&x  &f  6Xv|aoty.  6 
fip  Aa^voirdin]^  Oeö^iopoc,  Nixi^toc  6  Ilaf  Xa^cbv,  'looo^  Tevöoioc  xol  Mavoo^X 
ol  BoCivttoi,  NixYj^öpo^ö  8idxovoc6  ^p&6»  ••  •  i  'Aoivo^  A&cov . . .  olxeiavlxaatoc 
&7cdd-60iv  7cpoox7]od|jL6VOC)  i  (liv  STcaivov  ßaotX^QO^,  ö  Si  4^ov  nacptdpxoOf 
Stspo^.SI  9CX00  lYX(b|JLtov,  xal  iv  totopCa^  oxi^t^ti  tbv  iocotoo  Sxaotoc 
&7co3CX7]poövr6c  oxoitöv,  ;cöpp(o  ri]c  t&v  slpTifiivo^v  3iv3p(&v  ^eictdncaoi  Stavoiac* 
&7C0TdSif]v  Y^P  'c^  XA^^  tooc  a&td^v  xpovooc  oovevex^^vta  xal  (uxpbv  im^ 
btoptx&^  (soTYptt^^dltevot,  xal  6  (t^v  ooiiica^co^  6  5^  ivtiicad^Ci  6  Sk  %d 
xata  x^P^^'  ^^^0^  %  xal  &c  icpooet^taxto,  r?]v  laotoö  aovdelg  btopiav, 
xal  :cpoc  &XXil}Xooc  Iv  rj)  v&v  i^Kj^i^osi  Sta^epöiuvoi,  1X17700  xal  tapaxi); 
to&c  ixpoatac  &(iiC6icXi^aiv  etc.  Hier  ist  also  anumwunden  «1- 
gestanden,  dass  zu  des  Skylitzes  Zeiten  Geschichte  im  kaiserlichen 
Auftrage  geschrieben  worden  ist;  denn  wer  die  Torsichtige  Schreib- 
weise der  Byzantiner  dieser  Zeit  kennt,  der  wird '  nicht  im  Geringsten 
darüber  in  Zweifel  sein,  dass  zu  irpooeTivaxto  auch  zu  erganzen  ist  oici 
Tc&v  ßaoiX§(Dv.  Und  nun,  unter  den  in  dieser  Hinsicht  Erwähnten 
befinden  sich  ja  gerade  Psellos  und  Leon  Diakonos;  denn  sowohl  der 
Leon  Asinos  des  Skylitzes  als  der  Leon  Earias  des  Eedrenos,  der  hier 
wie  sonst  den  Skylitzes  weidlich  ausschreibt,  ist  niemand  anderes  ak 
eben  Leon  Diakonos,  nicht  wie  man  wohl  geglaubt  hat,  Le6nGrammatiko& 
Denn  der  letztere  hat  ja  eine  Chronographie  geschrieben,  der  Leon 
des  Skylitzes  aber  nur  eine  einzelne  Farthie  der  Geschichte.  Leon 
war  aus  Asien  gebürtig,  deswegen  nennt  ihn  Skylitzes  'Aaivoct  und 
wenn  ihn  Eedrenos  Kaplan  nennt,  so  ist  das  zwar  ein  Lapsus,  aber  ein 
entschuldbarer;  denn  Leo  stammte  aus  Ealoe  und  dies  lag  am  Fasse 
des  Tmolos  bei  den  Quellen  des  Eaysiros,  hart  an  der  Grenze  des 
alten  Eariens. 

Endlich  finde  ich  noch  einen  dritten  Beweis  fib*  das  Vorhanden- 
sein einer  officiellen  Geschichtsschreibung  und  zwar  bei  Psellos  selbst 
in  einer  Stelle,  die  zugleich  auch  nochmals  beweist,  dass  Leon  Diakonos 
unter  die  Mitglieder  derselben  gerechnet  wurde.  In  derselben  Stelle 
nämlich,  aus  welcher  ich  schliessen  zu  müssen  glaubte,  dass  das 
Psellanische  Werk  durch  Eonstantinos  Dukas  veranlasst  worden  sei, 
heisst  es  (PselL  IV,  p.  135) :  xä  jl6v  oov  iy'ISi)«  icAvta  Sie^iftwii,  lxaott5v 
Ti  iSaxptßoöo^at  ätp^oZm  &px&y  sie  ola  tdXnj  xati^ynias,  oo/ci^««  tc  xa- 
TaXÖYstv  Ttal  OTpatoweSelac,  ixpoßoXt(3[i,o6<  te  xal  d(|)t|iaxiac  xal  tiXXa 
61:60a  si^iotac  X^Ystv  tolc  &xptßioi  td&v  mx^patpit^^^,  &c  (uxpoo  xaipoö  xal 
XdYOo  86Ö|JL8ya  ric  tö  icapöv  &vaß(iXXo(jLai.  06  ^dp  [te  .  ,  .  .  iirjnjoac  810 
toöt6  aot  xi-jfd)  9coXXa  iwv  i^fcov  slp^odai  icapfpui  rj  latopU^  {«Ij  ts  «cpo« 
&XoiL7ctd8a  Stöv  taftrifjv  iva|ijetpTi<iac»  jiTj^'Ä?  6  oo^fpafA^  »«oiijxsv  dz 
w<  xob  Stooc  ßpa«  a&r})v  SwXöjjLevo«,  iXX'iicXdo«  o&ta>ol  Ta  intxatpota^a 


Beiträge  zur  histor.  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  Michael  Fsellos.     377 

xcAvffi  ^aYops6oac  xal  6ff6oa  |jloi  latopoövti  xata  (ivi^{JLir]v  oovi^dpoioTai  etc. 
So  kann  nur  Jemand  sprechen  . —  es  gibt  noch  einige  ähnlich  lau- 
tende Stellen,  z.  B.  p.  115  — ,  der  im  Dienste  eines  Auftraggebers 
schreibt  Das  Zugeständniss,  dass  er  nicht  zu  den  ixpißlai  x&v  oriYTpa- 
tf^m  gehöre,  ist  doch  geradezu  kostlich,  und  der  Grund,  &^  (laxpoö 
xal  XÖ700  6sö|teva,  einfach  lächerlich,  um  so  lächerlicher,  als  Psellos 
gerade  Dinge,  welche  f&r  wahrhaft  Gebildete  —  und  für  solche  will 
doch  der  o^pTt|ioc  tcdv  fiXooö^cov  schreiben,  IV,  p.  113 —  kein  Interesse 
haben,  z.  B.  Hofklatsch,  mit  einer  Ausführlichkeit  behandelt,  die 
einer  besseren  Sache  würdig  wäre.  Ich  f&hre  nur  ein  Beispiel  an,  die 
ganze  Episode  über  des  Konstantinos  Monomachos  Maitresse  Skleraina, 
10  grosse  Octavseiten  handeln  über  dies  Weib,  obgleich  dieselbe  nicht 
den  geringsten  Einfluss  auf  Staatsangelegenheiten  hatte.  .  Ja,  Psellos 
ist  eigentlich  viel  wortreicher  und  redseliger  als  alle  übrigen  Historiker 
seiner  Zeit ;  das  fühlten  schon  seine  Zeitgenossen  selbst,  deshalb  nannte 
man  ihn  ,gcoX6c  'rijv  ^XidTtav.* 

Unsere  Stelle  beweist  aber  auch  femer  noch,  dass  Leon  im  Dienste 
der  kaiserlichen  Politik  schreibt.  Ihn  und  nur  ihn  kann  ich  unter 
dem  erwähnten  ao'^fpafpA^  yerstehen.  ZtynpafcTc  nennen  die  byzan- 
tinischen Schriftsteller,  auch  Psellos,  diejenigen,  welche  nur  einzelne 
Epochen  der  Geschichte  bearbeitet  haben;  sie  werden  streng  von  den 
XpovoYpdf  ot  unterschieden.  So  wi^rde  Leon  mit  Becht  ooTYpo^psöc  ge- 
nannt; aber  das  Hauptargument,  dass  Leon  getneint  ist,  liegt  in  den 
Worten:  el^  cj^  toö  Itoog  &pag  a^rijv  Si8Xö|i.eyo<.  Bei  den  übrigen 
Historikern  dieser  Epoche  findet  sich  diese  Art  und  Weise  der  chrono- 
logischen Datirung  nicht,  am  aller  wenigsten  bei  den  Chronographen, 
welche  nach  Jahren  von  Erschaffung  der  Welt  an  und  nach  Indictionen 
rechnen,  wohl,  aber  bei  Leon  Diakonos.  Vom  Anfange  bis  zum  Ende 
seines  Werkes  wendet  er  sie  mit  besonderer  Vorliebe  an  (ich  führe 
einige  Beispiele  an,  p.  51,  6.  68,  3.  72,  2.  111,  12.  128,  1.  160,  1. 
165,  17.),  andere  chronologische  Fixirungen  finden  sieh  nur  wenig 
bei  ihm.  Unter  diesen  Umstanden  kann  hier  auch  6  ooffpaf to« 
nicht  in  der  gewöhnlichen  Bedeutung  des  Wortes  gebraucht  sein, 
es  muss  eine  prägnantere  haben,  es  heisst  der  ofGdelle  Geschichts- 
schreiber. In  ähnlichem  Sinne  gebraucht  ja  Psellos  auch  oottp^T^i 
vgl  IV,  259.  260. 

Von  den  in  dieser  Abhandlung  angegebenen  Gesichtspunkten  aus 
wird,  glaube  ich,  die  Kritik  des  Psellos,  beziehentlich  des  Leon,  aus- 
gehen müssen,  wenn  man  zu  einigermassen  glaubwürdigen  Besultaten 
in  der  Geschichte  des  10.  und  11.  Jahrhunderts  gelangen  wiU. 


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Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges. 

Von 

Franz  Martin  Mayer. 

Das  Studium  von  Alfred  Von  Arneths  grossem  Werke  über  Maria 
Theresia  machte  in  mir  den  Wunsch  rege,  über  einige  Punkte  des 
siebenjährigen  Krieges  nähere  Auskunft  zu  erlangen;  auch  nach  der 
Lectnre  einiger  Specialarbeiten  konnte  ich  mir  nicht  yerhehlen,  dass 
es  der  Sache  sehr  dienlich  wäre,  weno  über  den  Gang  der  damaligen 
Ereignisse  noch  weitere,  wo  möglich  von  österreichischer  Seite  stam- 
mende Nachrichten  bekannt  würden.  Denn  so  viel  Correspondenaen, 
Berichte,  Relationen,  Tagebücher  und  dergleichen  auch  über  diesen 
Krieg  bereits  veröffentlicht  worden  sind,  ist  doch  ge?n8s,  dass  von 
österreichischer  Seite  dazu  wenig  beigetragen  worden  ist.  Nun  wussie 
ich  von  zwei  Manuscripten ,  welche  Belationen  aus  dem  erwähnten 
Kriege  enthalten  und  welche  die  Studienbibliothek  zu  Salzbarg  ver- 
wahrt. Herr  Bibliothekar  A.  J.  Hammerle  hatte  auch  diesmal  die 
Güte,  mir  diese  Manuscripte  auf  meinen  Wunsch  nach  Graz  zu  senden. 

Per  erste  Band  ist  überschrieben:  Materialien  zur  Geschichte  des 
siebenjährigen  Preussen-Krieges  1757  vom  13.  Juni  bis  28.  Dezember. 
Lifterae  relatoriae,  ut  videtur,  cujusdam  Generalis,  cujus  nomen  et 
stemma  ignoratur,  ad  superioi'em  altioris  ordinis  sed  amicabüem,  ex 
castris  datae  1757  per  semestre. 

Der  zweite  Band:  Materialien  vom  20.  Dezember  1757  bis 
23.  November  1758. 

Diese  zwei  Bände  enthalten  also  Belationen,  welche  ein  öster- 
reichischer General  in  den  Jahren  1758  und  1759  an  eine  hervor- 
ragende Persönlichkeit,  von  welcher  er  seinerseits  wieder  Briefe 
empfieng,  geschrieben  hat.  Diese  Belationen  sind  nicht  Originale» 
sondern  Abschriften,  gemacht  von  verschiedenen  Schreibern,  too 
denen  aber  keiner  den  Namen  des  Ver&ssers  angibt,  wie  auch  der 
Adressat  nirgends  genannt  wird.    Ein  einziges  Mal,   in  der  ersten 


Zur  Gescliicht«  des  siebei^j ihrigen  £ 

BelatioQ  über  die  Schlacht  bei  Eolin  neoiit  sie 
.der  bekannte  F.*,  der  Adressat  aber  wird  n 
,E.  H.*  nnd  mit  ,  Hochdieselbe  *  angeredet. 

Ich  war  mit  der  Darcharbeittmg  der  zwei 
aia  mir  Herr  Bibliothekar  Hammerle  noch  13 
welche  die  Zeit  Tom  30.  Harz  bis  1.  Juni  1 
ermeeen  sich  als  Originale,  aber  nur  einige  d( 
Bachstaben  W  unterfertigt  Ich  hatte  aber  a< 
der  zwei  Bände  die  feste  üeberzougung  gewocn 
aller  dieser  Relationen  der  Qeneral  Graf  Friedt 
würde  zu  weit  fuhren,  wollte  ich  auseinanders' 
mathung  nach  und  nach  zur  Gewissheit  wurde. 

Friedrich  Georg  Heinrich  Graf  von  Wied- 
19.  October  1712,  focht  unter  dem  Prinzen  E 
30  Jahre  alt  Oberst  im  Infanterie^Begimente  Hi 
major  und  1757  Feldmarscballieutenant  Am 
nahm  er  sehr  ehrenvollen  Antbeil.  Gestorben 
1779  zn  Haihtud. 

Graf  Wied  war  stets  in  der  Umgebung  dei 
der  ihn  sehr  hoch  schätzte.  Er  wurde  zu  a1 
gezogen  und  konnte  darflher  an  die  mit  «F.  B 
lichkeit  Bericht  erstatten;  er  nahm  Einsicht 
detachirten  Generale  und  konnte  sie  nach  Gutdi 
nnd  da  tbeilt  er  einen  Brief  w&rtlich  mit;  ji 
ibn  manchmal  auf,  dieses  oder  jenes  in  seinen 
An  vielen  Actionen  nahm  er  natürlich  selbst  t 
Relationen  selbstverständlich  um  so  ausführli 
solche  Berichte  von  Theilnehmem  an  den 
nehmnngen  sind,  braucht  nicht  auseinandergc 
schrieb  seine  Relationen  sofort  nach  dem  Ereig 
unter  dem  ersten  Eindrucke^  frisch  und  lebeni 
Eraählang  oft  durch  Betrachtungen,  hält  mit 
zurück  und  ist  oft  scharf  imd  nicht  immer  hi 
drücken.  Von  seinen  eigenen  Thaten  bericht« 
während  er  die  Verdienste  Anderer  ohne  Neid 
ist  er  ein  Bewunderer  Dauns,  dem  er  Anerkeni 
er  nicht  mit  ihm  einverstanden  ist.  Eine  ebene 
hat  er  vor  dem  Feldmarschall  Grafen  Browne 
mit  Rührung  die  Worte  lesen,  mit  denen  er  ai 
Relation  Ober  die  Koliner  Schlacht  von  der  Zui 
und  Bauns  in  Frag  berichtet     Dem   Prinzen 


380  Mayer. 

scheint  er  nicht  sehr  geneigt  zu  sein,  aber  er  ist  sehr  vorsichtig  in 
seinen  Ausdrücken.  Dagegen  sind  die  meisten  anderen  Generale  seine 
Freunde,  den  Grafen  Franz  Nadasdy  nennt  er  gewöhnlich  seinen 
Bruder.  Für  eine  Biographie  Dauns,  deren  wir  noch  ermaDgeln,  so- 
wie für  die  der  anderen  Generale,  wie  etwa  Laudons,  Lascys  a.  A. 
bieten  Wieds  Berichte  yortre£Pliches  Material. 

Da  Job.  Ferdinand  Huschberg  sein  Buch :  Die  drei  Ejriegsjahre 
1756,  1757  und  1758  in  Deutschland  (Leipzig  1856)  vorzugsweise 
aus  Papieren  der  österreichischen  Partei,  namentlich  aus  dem  für&t- 
bischöflichen  Archive  zu  Würzburg,  aufgebaut  hat,  so  darf  es  nicht 
Wunder  nehmen,  dass  zwischen  den  Angaben  Huschbergs  und  Wieds 
Mittheilungen  selbst  in  Kleinigkeiten  oft  eine  sehr  merkwürdige 
üebereinstimmung  besteht  Da  nirgends  ausdrücklich  gesagt  wird, 
dass  Wied  seine  Berichte  nach  Wien  sende  und  die  Originale  der- 
selben auch  nicht,  wie  mir  versichert  wurde,  im  k.  k.  Eriegsarchive 
in  Wien  vorhanden  sind,  so  kam  mir,  jedoch  nur  vorübergehend,  der 
Gedanke,  es  könnten  Wieds  Berichte  etwa  an  den  Fürstbischof  von 
Würzburg  gerichtet  worden  sein.  Adam  Friedrich,  geborner  Graf  von 
Seinsheim,  Fürstbischof  von  Würzburg,  betheiligte  sich  äusserst  reg- 
sam an  den  Ereignissen  seiner  Zeit,  stand  mit  den  einflussreichsten 
Männern  in  Briefwechsel,  verfolgte  mit  Spannung  alle  Vorgänge  und 
bestrebte  sich,  über  dieselben  gründliche  Erkundigungen  einzuziehen. 
Er  sanmielte  in  seinem  Archive  die  auf  den  Krieg  bezüglichen  Schriften, 
Briefe  an  ihn,  Berichte,  die  ihm  abschriftlich  übermittelt  wurden. 
Seine  Soldaten  fochten  an  verschiedenen  Stellen  mit;  er  hielt  auch 
bei  den  Heeren  seiner  Partei,  namentlich  im  österreichischen  Feld- 
lager zahlreiche  Berichterstatter,  die  ihm  ununterbrochen. Nachrichten 
über  alle  wichtigen  Begebenheiten  zukommen  Hessen^). 

So  bedeutend  nun  die  Stellung  war,  welche  der  Fürstbischof  von 
Würzbuig  einnahm,  so  ist  es  doch  nicht  denkbar,  dass  ein  öster- 
reichischer General  aus  dem  Hauptquartiere  seine  Berichte,  an  denen 
ausserdem  der  Feldmarschall  Dann  so  grosses  Interesse  nahm,  an  ihn 
sollte  gerichtet  haben.  Aber  ich  wollte  diesen  Gedanken,  obwohl  er 
wie  gesagt,  nur  ein  vorübergehender  war,  nicht  ganz  mit  Still- 
schweigen übergehen. 

Auch  aus  der  Untersuchung,  wie  Wieds  Berichte  in  den  Besitz 
der  Salzburger  Bibliothek  gekommen,  wollte  sich  über  die  Person 
des  Adressaten  nichts  ergeben.  Es  existirt  eine  Aufzeichnung  Vier- 
thalers  über  den  Zustand  der  k.  k.  Hofbibliothek  in  Salzburg,  ddo. 


<)  Hufichberg  IX. 


Zur  Geschichte  des  raebetgährigen  Krieges. 


381 


18,  NoTember  1806,  in  welcher  bemerkt  wird:  Auf  der  k.  k.  Hof- 
bibliothek in  Salzbarg  finden  sich  Bücher,  welcher  ihrer  Herkonfb 
nach  in  fftnf  Classen  getheilt  werden  können: 

1.  Bücher  aus  der  ehemaligen  Pagerie  und  dem  damit  verbun- 
denen Virgilianischen  Institute; 

2.  aus  dem  Schlosse  Hemau; 

3.  aus  der  Handbibliothek  Sr.  E.  Höh.  des  Kurfürsten  Ferdinand ; 

4.  aus  der  Bibliothek  von  Berchtesgaden  und 

5.  jene    Bücher,    welche    von   jeher  und  bestimmt   zur  Hof- 
bibliothek gehörten^).       ^ 

In  einem  Verzeichnisse  vom  Jahre  1815  sind  die  zwei  Bände 
als  in  der  StudienbibUothek  vorhanden  angemerkt.  Man  wird,  ohne 
irre  zu  gehen,  annehmen  können,  dass  Wieds  Berichte  früher  im 
Besitze  des  Salzburger  Kurfürsten  Ferdinand  gewesen  waren,  der  be- 
kanntlich vordem  Orossherzog  von  Toscana  war  und  der  im  Jahre 
1805,  als  er  Salzburg  abtreten  und  dafür  das  Fürstenthum  Würzburg 
übernehmen  musste,  einen  Theil  seiner  Handbibliothek  der  Salzbuiger 
üniversitäts-  und  jetzigm  Studienbibliothek  abtrat  Es  werden  sich 
also  Wieds  Belaiionen  schon  in  der  Bibliothek  seines  Vaters,  des 
Orossherzogs  und  späteren  Kaisers  Leopold  IL  befunden  haben  und 
somit  wäre  anzunehmen,  dass  Graf  Wied  seine  Berichte  an  irgend 
ein  Mitglied  des  kaiserlichen  Hauses  gerichtet  hat,  worauf  ja  auch 
die  Bezeichnimg  » Hochdieselbe*  hinweist 

Auf  diese  BemerkuAgen  muss  ich  mich  einstweilen  beschränken. 
Ich  theile  nun  aus  den  besprochenen  Belaiionen  zunächst  jene  zwei  mit, 
welche  sich  mit  der  Schlacht  bei  Kolin  beschäftigen,  an  welcher  Graf 
Wied  thätigen  Antheil  genommen  hat  Dann  skizzire  ich  auf  Grund* 
läge  des  sehr  umfangreichen  Berichtes  aus  dem  Hauptquartiere  Kolin- 
Schönau  vom  14  bis  28.  Juli  1757  den  Bückzug  der  Preussen  aus 
Böhmen,  scbliesse  daran  den  Bericht  über  die  Eroberung  der  Stadt 
Zittau,  schildere  dann  das  Tre£Pen  bei  Moys  und  scbliesse  mit  zwei 
Relationen  über  die  Eroberung  der  Festung  Sohweidnitz. 

Jeder  dieser  Berichte  wird  das  eine  oder  andere  neue  Detail 
bieten.  Vielleicht  lässt  sich  aus  ihnen  auch  erkennen,  dass  die  Mit- 
theilnng  des  gesammten  Materials  keine  undankbare  Sache  wära  Jeden- 
fskÜB  wird  man  bedauern  dürfen,  dass  Wieds  Belatienen  nicht  alle 
auf  uns  gekommen  sind. 

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Zwei  Berichte  über  die  Sohlaoht  bei  Zolin  (18.  Juni  1767). 

Die  Relationen  des  Grafen  Wied  beginnen  fast  mit  demselben 


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Mr^.: 


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I)  Gütige  Mittheilung  des  Herrn  Bibliothekars  Hammerle. 


382  Mayer. 

Tage,  an  dem  sich  der  Feldmarachall  Graf  Daun  entschloss,  gegen 
Frag  zu  marschiren,  um  der  von  den  Freiissen  belagerten  böhmischen 
Hauptstadt  Hilfe  zn  bringen.  Die  erste  Belation  ist  datirt:  .Kurz 
daurendes  Quartier  Krzstetiz  13.  Juny  57  und  dies  schreibe  ich  auf 
dem  gemeinschaftlichen  Tisch,  weillen  es  auf  dem  Baasen  geschrieben.' 
Die  zweite  von  ,Gendiz  den  14.,  den  15.  Juni  1757,  weilen  ich  achliesse 
früh  Morgens  4  Uhr.*  Bei  Abfassung  der  dritten,  hier  zunäcbt 
folgenden  war  die  Entscheidungsschlacht  schon  geschlagen. 

1.  Erichenau  ddo.  20.  Juny  1757.  Morgen  aber  nicht  mehr  allda. 
....  Ich  endigte  das  letztemahl  mit  grosser  Noth  Dero  Schreiben: 
Da  heisst  es :  Setze  dich  in  den  Marche  und  secundire  deinen  Br&dern, 
hingegen  der  Daun  machte  noch  den  13.  Bast-Tag,  welches  wohl  be- 
schehen,  dann  3  Tage  hindurch  hatte  unsere  MannschaflPb  nicht  wenig 
Fattique  auszustehen,  dann  die  Hitze  wäre  dergestalten,  dass  nicht 
glaubte,  mich  auf  dem  Fferd  zu  halten.  Anitzo  betrachten  Sie  unsere 
muntere  Brüder,  was  diese  liebe  Mann8cha£Ft  zu  erdnlten  hatte  ond 
doch  ohne  einer  geringsten  Klage.  Wie  der  Bevem  eingesehen,  daas 
wir  nach  Flanian  alleweil  starker  avancirten,  zohe  er  sich  auf  S^amvim, 
wie  in  meinem  letzten  gemeldet,  dass  er  daher  zu  ziehen  habe.  Wir 
brachten  untereinstens  in  Erfahrenheit ,  dass  diese  feindliche  Ver- 
lassung  des  ersteren  Orths  und  Beziehung  des  letzteren  eine  andere 
Larve  vor  hat,  i¥ie  auch  bey  Abziehung  dessen  wir  in  die  Grewissheit 
brachten,  dass  der  König  ihme  feindlichen  Frintzen  um  ein  nahm- 
haftes  verstärket,  dahero  ich  dem  Daun  all  dieses  selbsten  hinter 
brachte,  worauf  er  mit  mir  den  Augenschein  nähme  und  die  fieind< 
liehe  Lage  dergestalten  und  zwar  mit  einer  weit  mehreren  Trappen 
Vermehrung  ersahen,  alsdann  der  Nadasti^)  einen  sicheren  mir  nach 
schickte  mit  Vermelden,  dass  der  König  mit  10.000  M.  anselbst  bej 
der  Bevemschen  Armee  eingetroffen.  Ich  musste  also  den  16.  froh 
4  Uhr  Morgens  abermalen  mit  ihme  recognosciren  reithen,  &nden 
aber  an  der  feindlichen  (Armee)  keine  Veränderung,  sondern  wohl 
das  vorige;  darauf  setzten  wir  uns  in  Marche.  Der  FM«  und  ich 
glaubten,  dass  hierwegen  eine  Menge  Truppen  zurück  zu  verbleiben 
haben  würden,  allein  keiner  aus  unserer  Armee  wäre  dabey,  der  sich 
nicht  Selbsten  anfrischte  und  ainer  dem  anderen  spräche  sich  selbsten 
guten  Muth  zu,  dergestalten,  dass  es  dem  Daun  wahrhaftig  eüigristig 
wäre  und  nicht  vergasse,  ihnen  Truppen  viel  schönes  vorzusagen. 
Wir  langten  8  Uhr  spath  an;  warum  aber  dieser  mehrbesagte  Marche 
die  andern  in  der  Beschwehrlichkeit  übertroflRen?     Weilen  wir  fiesi- 


1)  Qraf  Nadasdy  commandirte  die  Avantgarde. 


Zur  Qesohichte- des  liebei^'&hrigen  Krieges.  S83 

geschlossener  den  gantzen  Tag  anmarscliirten,  dann  durch  diese 
Avancinmg  kamen  wir  dem  Feinde  nahe  an  seinem  linken  Flügel. 
Wir  machten  den  Orth  Eriechenan  zu  einem  Haupt-Qaartier ,  doch 
hatte  man  nur  der  Helfte  der  Armee  die  Buhe  vergönnen  müssen, 
weilen  selbige  Nacht  der  Feind  verdächtige  Movements  machte,  biss 
der  helle  Tag  anbrache,  da  ich  von  dem  FM.  beordert  wurde,  dass 
dem  Feind  auf  das  genaueste  mehrmahlen  zu  recognosciren  hatte, 
fände  aber  nur  ein  imd  andere  Veränderung,  die  dazumahl  nicht  viel 
sagen  wolten:  doch  Nachmittag  4  Uhr  käme  von  dem  eifrigen  Na- 
dasty  die  Nachricht,  dass  der  Moriz  von  Dessau  mit  einem  zuläng- 
lichen Corpo  die  Armee  verstärkete,  derowegen  sich  der  Feinde  in 
Marche  mehr  gegen  Planian  gezogen  und  der  FM.  wiese  auch  hiebey, 
dass  es  ihm  an  Findigkeit  nicht  fehlete,  dann  er  formiret  phne 
weiteren  ein  anderes  Treffen.  Indeme  wir  aber  mit  diesem  beschäftiget 
waren,  käme  ein  unsriger  Vertrauter,  welcher  uns  meldete,  dass  der 
König  seinen  Leuten  das  künftige  Glück  bey  diesem  Wohlverhalten 
mit  denen  allerfrischesten  Farben  vorgemahlei  Noch  sicherer  muss 
er  sich  versprochen  haben,  weilen  ihme  unser  wahrhafter  Plan  ver- 
rathen  wurde,  allein  mit  unseren  letzteren  wäre  ihm  auf  eine  andere 
Weise  vorgebogen,  welches  nicht  zu  errathen  wäre,  ausser  es  wäre 
einer  von  den  Vieren^)  zu  einem  Schelm  geworden;  doch  man  machte 
jene  Disposition :  die  Avant-Garde  wurde  mit  noch  mehreren  Truppen 
befestiget' und  mit  einer  Mannschaft,  die  wissen,  wie  man  den  festen 
Fass  zu  halten  hat,  welche  auch  nicht  Hand  breit  gewichen;  wir 
machten  3  Corps"  de  Reserve,  doch  wurden  sie  so  placiret,  dass  man 
gleich  aus  ihnen  ein  Treffen  herzustellen  vermögend  wäre;  mithin 
geschähe  dies,  was  wir  wolten.  Unser  vollständiges  Concert  wäre 
ihn  anzugreifen;  allein  die  viele  Vortheile,  die  wir  vor  uns  hatten, 
wolten  uns  nicht  zugestehen,  dass  wir  diese  Lage  auf  eine  weite 
Distanz  verlassen  solten;  dann  griefe  er  uns  an,  wie  er  immer  ge- 
dachte, so  wären  wir  dergestalten  in  der  Ver&ssung,  dass  er  an  allen 
Seiten  einen  vortref liehen  Abzug  anzuhoffen  hatte,  wie  es  auch  anitzo 
das  Ende  gezeiget.  Der  Nadasti  versprengte  die  feindliche  Husaren 
zu  8  mahlen,  ehe  das  Treffen  den  Ernst  anzeigte.  Die  feindlichen 
erstgesagte  Husaren  glaubten,  dass  sie  ihrem  Herrn  genugsam  Dienste 
leisteten,  wenn  sich  dieselbe  von  weiten  sehen  Hessen,  da  sie  aber 
sahen,  dass  unsere  auf  sie  losgiengen,  so  suchten  sie  ihren  Schutz 
unter  den  mehreren;  einmahl  aber  kamen   sie   zu   weit,   dass  diese 


0  Dami  hatte  nur  drei  Generale  in  seine  UntemehmaDgen  eingeweiht,  so 
dass  also  nur  vier  Personen  davon  wussten.  Darunter  waren  Wied  und  Nadasdy, 
der  dritte  Qeneral  wird  nicht  genannt. 


J 


384  Mayer.    . 

Freussen  zwar  nicht  glaubten  eingehohlet  zu  werden,  doch  mosten 
diese  .flüchtige  Figuren  die  nnsrige  unter  ihnen  sehen,  dass  deren 
63  auf  dem  Flatz  blieben,  1  Bittmeister,  1  Lieutenant  und  23,  welche 
mit  ihren  Pferden  wegen  ihren  hohen  Beinen  stürtzen  und  dero- 
wegen  als  Frisonneurs  sich  an  uns  zu  übergeben  hatten. 

Bis  daher  seynd  meine  Zeihlen  extendiret,  damit  gleich  künftig- 
hin Yon  dieser  Bataille  dea  Anfang  machen  könne,   doch  will  mit 
diesen  nur  soviel  Satis&ction  leisten,  damit,  nichts  hindan  lasse,  was 
zu  einer  Contentirung  von  Hochdieselben  nöthig  finde.    Der  Feinde, 
ehe  er  uns  weiter  angriffe,   machte   verschiedene  Bewegungen  und 
glaubete,  uns  hiedarch  auf  einen  nicht  geschickten  Wege  zu  bringen, 
allein  wir  verblieben  auf  unserer  einmahl  festgesetzter  und  gemachter 
Vorkehrung,  welche  bevor  nicht  übereilter  von  uns  beschehen,  son- 
dern man  hat  die  göttliche  Gnaden  hiezu  angesuchet  und  sodann  die 
Yemunfi;  mit  vieler  Ueberlegüng  an  die  Hand  genommen.  Um  2  Uhr 
Nachmittag  finge  die  Thätlichkeit  an  und  gleich  so,  dass  man  auf 
unseren  als  auf  des  Feindes  Schilde   den  vollkommenen  Ernst  auf- 
gezeichneter sähe:  Ich  hatte  das  Centrum  der  Armee  aus   Güte  des 
FM.,  welcher,  weiss  nicht  warum,  ein  besonderes  Augenmerk  auf  mich 
gerichtet,'  doch  hätte  zu  End  dies  glückliche  Treffen  bald  dem  Feinde 
auch  ein  Centrum  abzugeben  gehabt ;  mein  Brauner,  aus  Ihrer  Gnad, 
der  wurde  mir  erschossen  und  der  Siebenburger  musste  endlich  auch 
mit  mir  die  Bache  des  Feindes   erfahren.    Basta,  was  mich  betzifft, 
so  spreche :  Wir  sind  gebohren  hiezu  und  diess  sind  f&r  einen  ehrlich 
und  aufrichtigen  Soldaten  wohlthuende  Sachen.     Der    Feind  sachte 
uns  an  die  Flanque  zu  kommen,  allein  unsere  Beserve  verkehrten 
gleich  die  feindlichen  Gedanken,  dass  er  sich  an  allen  Orten  betrogen 
sähe;  an&ngs  wollte  unsere  Gavallerie  etwas  um  den  Bücken  sehen^ 
es  ist  aber  gut  geschehen,  dass  sie  sich  anwiederum  um  ihren  Posto 
umgesehen,  ahnsonsten  wie  es  künftig  folgen  wird.    Sie  woltem  mit 
ihrer  Cavallerie  ihr  schon  gar   ofbes  Dessein  ausführen,   allein    hier 
hat  es  nit  gelungen,  dann  hat  man  sie  in  rechter  Distanz  erhascht, 
wäre  es  gut,   liefen  sie  alsdann,  dahin  sie  glaubten,  dass  wir  iluien 
zu  folgen  hatten,  liesse  man  es  unserer  Seits  geschehen  und  unsere 
Cavallerie  hatte  sodann  ihren  Flatz  zu  suchen,  weilen  sie  una  aber 
gar  zu  oft  hiezu  aufforderten,  so  machten  wir  diess,  was  sie  uns  gar 
zu  oft  vermeinten,  unsere  Cavallerie  machte  eine  Oeffiiung  und  stelte 
ihre  Schwengung  an,  dass  sie  dem  Feinde  confds  scheineten.    Holla! 
Da  glaubten  sie  schon   alles  über  den  Haufen  geworfen  zu   haben, 
allein  unsere  waren  gleich  hinter  der  Artillerie  und  die  machte  eine 
solche  ungereimte  Wirthschaft  unter  die  Freussen,  dass  sie  mich  in 


Zur  Qescliichte  des  siebenjährigen  Krieges.  385 

der  That  zu  einer  Erbarmnus  brachten  und  der  Eonig  wird  nooli 
ein  Weheihun  bis  zu  dieser  Stund  empfinden,  ja  die  Artillerie  stelte 
die  Hölle   vor,    und   machte   yiele   Sclaven   von  ihren    preusmschen 
Diensten  auf  ewig  frey.    Auch  von  jener  mehr  benambsten  Artillerie 
solle  alles  umständlich  Hochdenenselben  unter  die  Augen  dargebracht 
werden.    Alle  Officiers  thaten  Wunder  und  der  gemeine  Mann  muss 
in  dieser  Addou  sich  selbsten  hiezu  persuadiret  haben,  dass  sie  un- 
sterblich seynd,  wenigstens  rauften  sie  so ;  was  aber  die  Grenadiers 
and  Croaten  machten,  werden  sie  wegen  meinen  künftigen  ihnen 
Selbsten  mit  ihren  Gedanken  die  Crantz  der  Tapferkeit  aufsetzen,  mit 
Einverstehung  des  Bottaischen  Begiments,   wie  auch  dessen  Obrister 
2  Blesäuren  erhielte  und  2  Pferde  verlohre;  was  dieser  Eiensky  mit 
seinem   Gewäz  nicht  hergestellet,  das  ergänzet  sein  gross  tapferes 
Hertz  der  Eayserin.    Wir  hatten  den  Feind  3  mahl  zu  schlagen  und 
7  mahl  zu  repoussiren,  er  setzte  mit  frischen  Truppen  munter  an  und 
wir  stelten  ingleichen  eine  Mannschaft,  die  eben  nicht  von  Schlaf 
ao&tunde,  entgegen  und  da  er  gesehen,   dass  das  traurige  Ende  ihn 
zu  weichen  rufet,  so  wolte  er  noch  sein  letztes  wagen,  durch  das  er 
glaubte,   die  Nacht  solte  ihm  einen  baldigen  Vortheil  geben,  aUein 
diesen  schlecht  ausgesonnenen  Schluss  expedirte  der  ohnvergleichliohe 
Nadasti  auf  das  geschwindeste,   so  dass  sich  der  Feind  mehrmalen 
geschlagen   sähe,   durch  dass  sie  die  meisten  Blessirten  zurücklassrai 
mussten,    worunter  auf  einen   Ort,   als   zu  Zasmuck  genannt,    1600 
deren,  ohne  denen,  was  noch  an  verschiedenen  Orthschaften  sich  lie- 
gend befindet,  dergestalten,  dass  man  nicht  weiss,  wie  man  dieselbe 
genugsam  verpflegen  könne.    Der  Nadasti  lockte  auch  bis  4000  in 
einen  Thal,  wo  die  Bauern  hernach  die  Teich  ausreissen  machten  und 
auf  jene  Art  stunden  sie  fast  am  Halss  in  dem  Gewässer;  unsere 
Croaten  schössen  sie  wie  die  wilde  Enten  zusammen.    Wir  erhielten 
gegen  50  Canons,  bis  24  Fahnen  und  Estandarten  und  mehr  andere 
Kriegd-Zeichen  wurden  erobert  Dies  ist  aber  nicht  genug,  die  eigene 
Ueberläufer  weiten  gleich  ihre  Dankbahrkeit  uns  zeigen,  da  sie  unter 
unsere  Fahnen  haben  können  zu  stehen  kommen,  indeme  die  unter 
die  Feind  tapfer  feuerten  und  bis  heute  zehlen  wir  bis  10,000,  welche 
den  Bäuber  quittiret  haben.    Zudeme  der  Feind  gesehen,  dass  seine 
MOhe  von  denen  Oesterreichem  in  keine  Consideration  gezogen  wird, 
wolte  er  der  mehreren  Hitze  ausweichen  und  sich  der  Kühle  brauchen, 
dahero   zohe   er  sich   theils  nacher  EoUin,   theils  nacher  Böhmisch- 
Brodt,  aber  in  keiner  belobungswürdigen  Ordnung,   so  dass  er  noch 
genug    Todte  und  Verwundete  von  dem  Nadasti  wird  überkommen 
haben,   vnr  aber  bezohen  den  anderen  Tag  hierauf  unser  Kriegs* 


ä8ö  Mayei*. 

Quartier.  Nou  bin  ick  überzeugt  von  unserem  t^M.  I)aun,  er  ver- 
dient unter  die  berühmteste  Gommandanten,  mit  denen  die  Welt  ehe 
und  unseren  Zeiten  gepranget,  gesetzt  zu  werden,  dann  alles  gesdiahe 
mit  üeberlegung,  Vernunft  und  Gelassenheit,  Kriegslist  und  Elugheii 
Was  machet  es  aber,  dass  ihn  der  Allmögende  zu  Ausrottung  dieses 
Eirchen-Stöhrers  und  Verschwenders  so  vieler  Menschen  Bluts  er- 
wählet hat  ?  Sein  Lebenswandel  und  dieser  ist  mit  dem  anderen,  den 
ich  verstehe,  in  gleicher  Linie.  Hieraus  aber  zu  ersehen,  dass  der 
Obere  alleinig  Herr  und  so  weiters,  weilen  ich  ansonsten  in  mein 
voriges  Nachdenken  gebracht  würde.  Mit  Billigkeit  wäre  meine  Feder 
allzeit  zu  verwerfen,  wenn  ich  dem  Nadaeti  nicht  ein  gleiches  bey- 
1^^,  derowegen  soll  er  mit  obigen  einen  Begriff  haben»  Dass  die 
Officiers,  sage  nochmahlen,  ihre  Schuldigkeit  thaten,  erhellet  aus  deme, 
weilen  142  todt  und  blessirt  sich  befunden,  wo  nicht  noch  einige 
nachkommen;  vnr  verlohren  ohne  zu  flattiren  6000  M.  todt  und  be- 
schädigte, auf  Feindes  Seiten  ist  der  Verlust  bis  heutigen  Tags  un- 
widerruflich mehr  denn  12,000  Todte  und  Verwundete.  Das  weitere 
weiset  sich  aus  des  Dauns  seiner  Art,  die  er  sich  anitzo  hatte  anzu- 
gewöhnen gehabt,  will  dannoch  mit  einer  kurtzen  Verfassung  bey- 
setzen:  Er  machte  mit  denen  artigsten  Worten  Hohen  und  Niedrigen 
unier  denen  Fahnen  und  Schutz  stehenden  Theresianischen  Mann- 
schaft seine  Danksagung,  besonders  dem  Bottaischen  Begiment,  gleieh 
denen  Groaten,  wie  er  einem  von  den  letzteren  seine  Hand  auf 
den  Kopf  legte  und  spräche:  Mit  diesem  Mann  verstehe  ich  euch  alle, 
meine  Brüder,  danke  euch  für  eure  ausserordentliche  Dienste,  weldie 
ich,  so  lang  ich  noch  zn  athmen  habe,  in  gröstem  Andenken  erhalten 
und  derjenige  seyn  und  machen  werde,  dass  die  Welt  von  euch  auf 
das  Vollkommenste  von  euerer  ohnedem  angebohrnen  Tapferknt  au 
sprechen  haben  wird. 

Wir  haben  3  Generals  gefangen,  die  Ihnen  bekannt;  v^ie  ge&Uen 
sie  Ihnen?  Glaube,  dass  ich  so  recht  geschrieben  habe.  Das  B^- 
ment  Baaden  wolte  weichen,  allein  ihr  Obrist  Graf  Harrach  machte 
sie  nicht  alleinig  halten,  sondern  stritte  mit  besonderer  Bravour,  wie 
er  auch  empfindlich  zu  2  mahlen  blessiret  wurde;  Der  FM.  ist  unter 
denen  leicht  Blessirten  und  wurde  ihm  auch  ein  Pferd  beschädiget; 
der  Serbelloni,  der  Frintz  v.  Lobkowiz,  der  Obrist  Baron  v.  Mohr 
eben  so  verwundet,  ausser  der  Obrist  vom  Würtembergischen  Drar 
goner-Begiment  ist  gefährlicher,  die  andere  werden  folgen.  Der- 
mahlen  haben  die  Prager  geschwind  zu  seyn,  dann  den  Moment  ver- 
nehme, dass  der  Eeith  sich  um  eine  andere  Luft  umsehen  wolle.  Nur 
Gedult  E.  F.,  wir  werden  mit  der  Starke  des  allvermögenden  Arm  in 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Ejieges.  387 

Bälden  eiii  Vergnügliches  in  die  österreichisclien  Lande  einberichten 
können.  Wie  gut  ist  es,  wenn  man  mit  beeden  Armen  agiren  kan 
and  darf.  Einfolglich  wünsche  so  zu  continoiren,  dass  meine  Zeihlen 
stets  ein  unverfälschtes  Lichte  von  sich  werfen  mögen,  damit  ich  hie- 
dnrch  die  weitere  Hofnung  mir  versprechen  darf,  das  ist,  bey  Hoch- 
denenselben  mit  deme  festzusetzen  und  dieses  wünschet  sich  der 
bekannte  F. 

2.  Prag  den  24.  Junü  1757. 

So  viel  ich  Yortheile  werde  einziehen  können  von  der  über-» 
lassenen  Zeit,  so  viel  soll  zu  Dero  Diensten  gewidmet  sein,  derowegen 
mich  in  nichten   aufzuhalten  habe,   weil  mich  die  Schuldigkeit  auf 
den  geraden  und  nicht  einen  umschweiffenden  Weg  weiset    Unsere 
Unternehmungen,  welche  mit  Aufbruch  unserer  Armee  bis  Anfang  der 
Bataille  Jatzemitz  beschahe,  können  nicht  weiters  geleitet  werden,  dero-* 
wegen   die   3.   vorhergehenden   Zuschrifften   mit  diesem   vierten   ein 
Gantzes  vorstellen  müssen.    AUermassen   mich   die   YemunfiPt  dahin 
zeiget,   dass   der  Anfang  der  Bataille   mein   dermahliges  seyn  sollte 
doch  muss  etwelche  wenige  Schritte  zurückweichen,   weilen  mir  bey- 
&llen  will,  dass  nicht  gemeldet  worden,  wie  der  Feind  mit  10,000  Mann 
in  der  Nacht  eine  nochmahlige  Verstärkung  erhielte,  allen  deren  sind 
nur  12,000  gar  sicher  gewesen  (?).  Wir  verblieben  bey  unserer  einmahl 
concertirten  Sache,  nur  wäre  die  Sorge,  dass  wir  ihn  vielleicht  werden 
anzugreiffen  haben,  und  unsere  so  viele  Yortheile  auf  jene  Arth  ver- 
lassen müssen,  welches  unser  einmahl  fest  gesetztes  Concept  sehr  zer- 
trümmert hätte.   Allein  der  Feind  machte  wahrhaffüg,  was  wir  wollten; 
wir  vernahmen  darauf  10  Uhr  früh  an  dem  Tag,  da  der  Anfang  be- 
schahe, daas  der  König  abermahl  in  denen  vorigen  Stunden   recog- 
nosciren  ritte  und  hierüber  mit  seinen  Generalen  sich  zu  dreimahlen 
des  Baths  erhohlte,  nachdeme  er  die  Herstellung  der  Truppen,  von 
Seiten  unserer,  viel  veränderter  sehen  musste,  als  er  es  den  17«  ob- 
«ervirte. 

Endlichen  das  vierte  mahl  traffe  derselbe  unsere  Armee  mehr- 
mahlen  auf  eine  andere  Arth  gestelter  an,  als  er  sie  um  6  und  7  Uhr 
mag  gesehen  haben,  wie  er  auch  in  der  8.  Stund  auf  brache  und  seine 
separirte  Colonnen  zu  sich  stossen  liesse,  machte  aber  Halte  und  ver- 
bliebe bis  2  Uhr  also  stehen,  indeme  derselbe  nicht  wusste,  wie  er 
uns  zuzukommen  vermöge,  weilen  er  uns  nicht  weniger  in  einer 
anderen  Positur  antraffe,  denn  wir  änderten  die  Flanquen,  doch  in 
denen  Linien  wurde  etwas  weniger  nur  zur  Yeränderung  gebracht, 
ausser   im  C!orps   de  Reserve   wurde  noch  mehr  gemacht  und  diese 

26* 


388  Mayer. 

ersiere  Lage  als  auch  letztere  wäre  ihm  nicht  so  wie  er  vermeynte 
und  mag  demselben  auch  yerdriesslich  gefallen  seyn,  dass  wir  ihme 
unserer  Seits  zu  nahe  gekommen  seynd,  nehmlich  dass  wir  errathen, 
dass  er  uns  von  Eollin  abzuschneiden  oder  gleich  in  die  Flanque  ge- 
denke zu  fallen,  dies  aber  hat  niemahlen  ihme  gelingen  können^ 
weilen  man  diesem  allen  nun  gar  zu  sicher  auf  das  yemünftigste 
Yorgebogen. 

Nun  erlauben   Sie,   dass    yon   dieser   Bataille   zu  dem   weiteren 
schreiten  darf,  damit  hierdurch  anitzo  hergesetztes  yon  mir  mit  dem 
weiteren  dargethan  seyn  mogte.    Der  Feind  ruckte  Nachmittag  um 
2  Uhr  an  und  breitete  sich  mit  seiner  Armee  yon  64,000  Mann,  nicht 
60,000,  wie  Sie  mir  in  letzteren  meldeten,  gegen  Collin;   ehe  aber 
diese  Stunde  ihre  letzte   Minute  bestritte,   schien  es  annoch  an,  als 
wann  er  weit  einen  anderen  Marche  machen  wollte  und  sich   nicht 
bestrebe,  mit  uns  eins  zu  wagen;  yiele  yon  unseren  Generalen  glaubten 
dieses,  allein  der  Daun,    Nadasti    und  Odonell  sammt  noch  einem 
kunnten  nicht  zu  diesem  Glauben  gebracht  werden,  weilen  wir  jeder- 
zeit unseren  Gegner  in  diesem   niemahlen   wahrhafft  befunden.     Es 
wurde   aber   yon   unserem  Feldmarschall  mit  denen  nahe   bey  sieh 
habenden  Generalen  berathschlaget,  im  Fall  sein  judidrter   Marsch 
auf  erst  bemeldte  Arth  auf  keinen  Ernst  gepflantzet,   was   zu  thon 
seye,  dann  denselben  Tag  musste  schon,  yermög  Schlusses  des  Daona, 
gerauJSet  seyn,  mithin  schickte  er  denen  anderen  3  Generals  die  Ad- 
jutanten zu,  mit  denen  er  Feldmarschall  ehehin  das  yorgehende   in 
die  XJeberlegung  gebracht  und  mit  denen   seine   Gedanken  erofiiet 
allein  dieselben  hatten  in  Bälde  ihr  Ende  erreichet,   weilen  uns   die 
feindliche  Attaque  gleich  auf  unser  yoriges  anwies.    Wir   stunden  in 
2  Treffen  und  der  rechte  als  linke  Flügel  waren   mit  dem  Corps  de 
Beserye  wohl  hergestellt  und  der  rechte   hingegen  yerlangte   einen 
Vorzug  yor  dem  linken,  weilen  er  mit  mehreren   Anhohen  prangte, 
welche  Hügel  man  auch  mit  der  stattlichsten  Artillerie  und  Leaihen 
yersehen. 

Wir  haben  einen  Terrain,  der  unser  wahrer  Freund  geworden, 
sobald  er  die  Gedult  yon  sich  gäbe,  dass  man  ihn  betreten  durfte 
und  hat  man  yon  dieser  artigen  Stellung  unserer  Armee  die  Daunische 
Vernunft  heraus  zu  ersehen,  dergestallten,  dass  jene,  welche  den  toU- 
konmienen  Begriff  noch  nicht  an  sich  gebracht,  dieselben  können 
sich  zu  noch  ^mehrerer  Vollkommenheit  bringen,  wann  änderst  bej 
ein  und  anderen  es  in  ihrer  Erhaltnuss  hat  yerbleiben  mögen.  Der 
Feind  marchirte  an  und  da  er  uns  nahe  kommen  wollte,  musste  es 
bey  ihme  anwiederum  Halte  heissen.    Was  henmiete  aber  ihne  im 


Zur  Geschichte  des  siebex^jährigen  Krieges.  3g9 

Marsch?    Jenes,  dass  er  gesehen,  dass  er  en  front  ohnmöglich  uns 
anzogreiffen  yermögend  seye,  darauf  glaubte  er  ein  anderes  Froject 
ausznfiüiren  und  dieses  sollte  unsere  Flanque  gelten,   unter  einstens 
aber   uns  von  Colin,  wie  schon  gesagt,  abzuschneiden . gedenckete, 
allein  dies  verkehrte  unser  Dann,  ehe  er  sichs  versähe;  man  nähme 
gleich  In&nterie  und  Cavallerie  aus  dem  2^°  Treffen  und  das  Corps 
de  Beserve,   welche,  wie  vorhin  gemeldet,   deren   3   waren   und  für 
alleinig  zu  diesem  Ende  geformiret  worden.    Wie  er  also  gesehen, 
dass  nichts  gelingen  wollte,  attaquirte  er  unseren  rechten  Flügel  mit 
einem  ausserordentlich  furiosen  Oeschrey  und  Force,   allein  er  traffe 
kaum  mit  dieser  Kriegsart  an  uns,  da  machten  wir  3  Oefhungen  und 
die  Artilleristen  wiesen  ihme  Feind,    dass  sie  keine  Schüler,  sondern 
Leuthe  wären,  die  die  Preussen  anselbsten  in  ihre  Feuer-Schule  fuhren 
könnten,  doch  verblieben  sie  Feinde  auf  einem  gesetzten  Fuss ;  unsere 
Infanterie   hingegen,   dass  dieselbe  sich  eine   unsterbliche   Ehre   er- 
worben.  Der  Feind  wich  also  im  nichten  und  unsere  wanckten  nicht 
einmahl,  alleinig  unsere  Cavallerie  käme  AnfaQgs  in  grosse  Unord- 
nung, ohngeachtet  ihnen  der  Serbelloni  alles  ordentliche  zuruffe,  der 
Odonell  und  Benedict  Dann  secundirten  vorgesetzten  Generalen  mit 
aller  erdencklicher  Yemunfft  und  der  Trautmannsdorff  mit  dem  Asper- 
mont   mit  3  Begimentern  secundirten.    Brachte  sowohl  die   Oewalt 
als  Yemunfft  die  Leuthe  auf  ihren  vorigen  Platz,  ansonsten  hätte  die 
Artillerie  diesen  Fehler  mit  ihrer  Empfindung  zu   verbessern  gehabte 
darauf  thaten  sie  ihre  Schuldigkeit  ziemlich,  wie  gleich  das  mehrere 
zu  folgen  hat    Der  Feind   sahe|,   dass  ihme   das   stete  Feuer  nicht 
wenig  der  Seinen  zu  Erden  legte,  auch  unsere  Infanterie  musste  der- 
selbe tmzertrennter  sehen,  gleich  wie  wir  auch  mit  noch  mehreren 
Trouppen  unserer  Seits  avancierten  und  das  erste  Corps  de  Beserve 
wurde    auch   entgegen   gesetzt,   welches   ohnedem   in    einer  solchen 
Mannschafft  bestünde,  die  nicht  änderst  gewohnet,  als  aufrecht  stehen 
zu  verbleiben,   dann  diese  bestünde  in   Carabiniers,   Grenadiers  und 
einigen  Croaten ;  diese  pfiffen  ihnen  aus  denen  Mousqueten  dergestalt 
zu,  dass  von  seiner  neuen  Attaque  die  erste  Linie,   wie  sie  stunde, 
die  Erde  zu  suchen  hatte.    Der  Nadasti  that  Wunder  und  der  Feind 
wendete  Alles  an,  ihn  über  den  Hauffen  zu  werfen,  da  er  doch  ihn 
von  der  Stelle  wegzubringen  nicht  vermögend  wäre.    Die  preussische 
Armee   wurde   von  allen  Seiten   von  ihnen  attaquiret,   die  Husaren 
mussten  ihm  in  die  feindlichan  Flanquen  fallen,  und  wann  auch  die 
preussische  Cavallerie  mit  ihren  Husaren  auf  die  Nadastische  traffen, 
hatte  der  Tantz  allezeit  ein  geschwindes  Ende  erreichet,  wie  sie  auch 
zweimal  zusammen  traffen. 


390  Mayer. 

Zwei  Begimenter,  auf  die  sich  der  Freuss  yerlassen  kunnte,  liatten 
die   anderen   zu   unterstützen;   alsdann  käme   es  zu   einem  hitsEigen 
Gefechte  und   solcher  gestalten,   dass  die  Croaten  und   Preussen  so 
nahe  kamen,  dass  sie  mit  Bajonetten  aufeinander  traffen;  allein  der 
Croat  war  handfester  und  4  Hungarische  und  Croatische  Orenadiers^ 
Gompagnien  soutenirten  mit  einem  solchen  Feuer,  dass  sie  Gegner  zu 
weichen  hatten  und  die  2  standhaffte  Begimenter  vollkommen  ruinirten; 
der  gegentheilige  H.  Generallieutenant  Treskow  secundirt  mit  anderen 
Begimentern,   um  die   Leute   wieder   stehen   zu  machen,   allein  der 
Nadasti  verlanget  änderst  nichts,  als  seinen  festen  Fuss  zu  behaupten 
und  die   im  Schild  f&hrende  Kriegslist,   mit  welcher  er   schwanger 
ginge,  auszufahren.    Was  macht  mein  unvergleichlicher  Bruder?    Da 
war  er  schon  auf  dem  zweiten  Pferd,  er  machte  eine  wenige  Betirade, 
wie   obiger  feindlicher   General   ankäme,   und    zugleich   eine  kleine 
Oefhung.    Er  aber  stelfce   1000  teutsche  Pferde,   1500  Croaten  mit 
einigen  handfesten  Hussaren  und  Sclavoniern  gleich   einem  Corps  de 
Beserve  unter  jenem  Treffen.    Wie  der  General  Dreskow  dieses  er- 
blickte, wäre  derselbe   ohne  einige  Yersäumnuss  hinter  ihm  darein, 
damit  er  von  bemerkter  Oeffnung,  die  sich  weisete,  seinen  sich  schon 
versprechenden  Profit  einziehen  könne.     Da  käme    er   mit  seinem 
Hinterhalt  auf  einen  Augenblick  auf  die  Feinde  und  diese  Oeffiiang 
wurde  auch  vielfertig  geschlossen.     Hiegegen  die  in  Bereitschafft  ge« 
haltene  Mannschafft  musste  der  Feind  schon  am  Halsse  sehen;    der 
preussische   General  gienge  mit  deinem  Diensteyfer  zu   weit,   durch 
das  viele  von  der  feindlichen  Mannschafft  das  Gewehr  anselbsten  gegen 
ihre  Cameraden  richteten  und  auf  jene  Arth\  dass  sich  die  Croaten 
mit  ihnen   content  erzeugeten,   die  letzteren,  weilen  sie  gleich    der 
Cavallerie  einhaueten,   hat  alles  zu  Grunde  gehen  müssen  und  der 
General  wurde  zum   Glücke   unserer   Cavallerie  zu   theil,  ansonsten 
würde  er  den  croatischen  Säbel  gleich  denen  anderen  zu  empfinden 
gehabt  haben.  Sodann  finge  das  Ueberlauffen  an,  die  das  Glück  hatten 
an  uns  zu  kommen,   und  viele  waren  hiebey  von   des  Königs  IieiV 
Begiment;  weilen  aber  der  Feind  diese  in  äusserster  Noth  mit  Trappen 
unterstützte,  verbliebe  mein  tapferer  Bruder  also  stehen,  wie  derselbe 
sich  Anfangs  placirter  befunden  und  das  Feuer  continuirte  wie  Tor- 
mahlen  in  einer  Gleichheit;  dieser  ohnvergleichliche  Freund  stritte 
mehr  als  ein  Mensch  und  wusste  seine  Mannschafft  in  gleicher  BraTOor, 
Feuer  und  Standhafftigkeit  mit  seiner  von  Gott  erhaltenen  Vemunffl 
auf  seinem  vorigen  Platze  zu  erhalten  und  zwar  dass  er  unser  Haupt- 
trefien  nicht  wenig  zu  einer  Erleichterung  brachte,  warumben?  weilen 
er  dem  Feinde  alles  zu  Schanden  richtete,  was  auf  ihn  träfe.     Er 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  391 

wüste  auch  seine  Adjutanten  so  artig  an  den  Dann  zu  bringen,  dass 
erCommandant  eine  ausserordentliche  Freude  hierüber  besceugte,  weilen 
er  durch  ihme  jederzeit  den  Begrief  erhielte,  dass  er  sich  auf  ihme 
vollkommen  verlassen  könne;  die  Baisonen,  die  er  mit  einberichtete, 
waren  anbey  mit  grossei  Experience  bekleidet,  würde  auch  ein 
schwehres  gewesen  seyn,  wann  der  liebe  Bruder  mit  solcher  Force 
nicht  agiret  hatte ;  der  Oeneral  Staremberg  secundirte  ihne  mit  denen 
unterhabenden  Staabs-Offiders  auf  das  rühmlichste,  besonders  aber 
der  uns  bekannte  Odonell  und  der  Obrist  Thoricourt  und  mehrei:^ 
wie  auch  der  Herr  Oraf  von  Nostiz  sich  wahrhafffdg  distinguirte. 

Dermahlen  habe  meine  Haupt- Attaque  wiederum  zu  suchen.  Der  Feind 
griffe  also  zimi  dritten  mahl  an  mit  voriger  HefiPtigkeit  und  wir  be- 
g^neten  ihme,  darf  schreiben  mit  noch  mehrerer  Tapferkeit,  ausser 
äaaa  das  Regiment  Baaden  allda  anfinge  zu  weichen;  die  ausserordent- 
liche Bravour  ihres  Obrisüieutenants  Harrach  machte  sie  halten;  so 
sie  aber  in  das  Weichen  wären  gebracht  worden,  ist  man  gleich  be- 
sorg^ gewesen,  dass  ein  anderes  hievor,  welches  schon  im  Begrif  sich* 
stellend,  statt  dessen  einzutretten.  Der  Harrach  hingegen  machte  sie 
durch  seine  Bedensart  gleich  wiederum  ihr  Ziehl  erreichen  und  Ver- 
blieben bis  Ende  in  grösster  Standhafftigkeit  und  thaten  sodann  recht 
wohl,  ausser  dass  dieser  sich  2  gefährliche  Blessouren  durch  jene 
Bravour  und  zu  Liebe  seiner  Eayserin  einhohlete.  Mithin  weisset 
sich,  dass  nichts  ausser  Acht  gelassen  worden;  auch  die  Infanterie 
wäre  mit  dem  Feldmarschal-Lieutenant  Sincere  versehen,  der  alles 
auswiche,  was  seinem  Commando  einen  falschen  Schein  hätte  geben 
können.  Die  2  Corps  de  Beserve  verblieben  biss  zu  Ende  dieser 
Action  in  dem  Feuer  und  machten  dies,  was  man  nur  yon  einer 
heldenmüthigen  Mannschaffb  begehren  honnte;  die  Groaten,  so  sie  in 
das  Treffen  mit  denen  Grenadiers  gestellet  wurden,  so  verblieben  sie; 
diese  Leuthe  fochten  auf  Nadastischer  sowohl  ab  unserer  Seite  mit 
ebemnässigem  Löwenhertze;  dann  wollte  die  preussische  In£Emterie 
ihnen  zu  nahe  kommen,  waren  die  Helfte  Bajonetter  gegen  die  Feinde 
gesetzet  und  die  Grenadiers  mit  der  andern  HeUte  &oaten  samt  den 
Geschwind-Stucken  feuerten,  dass  denen  Freussen  in  grosser  Anzahl 
die  Knie  brachen  und  das  Aufstehen  denen  andern  überlassen  mussten, 
so  dass  ihre  Generals  mit  tyrannischer  Schärffe  zu  dieser  Attaque  sie 
zu  bringen  hatten.  Sie  stossen  diese  Leuthe  auf  jene  Arth  zusammen, 
dass  diese  feindliche  Generals  nicht  reflectiret  haben,  dass  ihnen  das  Leben 
von  wem  Höheren  gegeben  worden,  mithin  hat  sich  diese  Mannschaffb 
schon  müssen  von  diesen  trüben  Eerls  zu  dem  ewigen  antreiben  lassen,  wei- 
len sie  den  Todt  überall  natürlicher  Weiss  yorgezeichneter  gesehen  haben. 


392  Mayer, 

Dermahlen  weiss  ich,  dass  ich  mich  zu  unserer  GaTalleria  m 
wenden  habe.  Der  Serbelloni  mit  dem  Odonell  thaten  das  äusserste, 
um  nur  ihre  Leuthe  in  Ordnung  zu  erhalten,  wie  auch  der  Feind 
sie  stets  beunruhiget  und  seine  Gayallerie  öfters  die  unserigen 
attaquiren  liesse,  doch  haben  dieselbe  sie  gleich  entg^en  empfangen, 
man  hat  sie  aber  nicht  weiters  kommen  lassen,  als  uns  der  Yortheil 
des  Fingerzeiges  eingestanden  hat,  weil  sie  gleich  mit  der  Artillerie 
unter  uns  spielten.  Diese  Attaque  continuirten  sie  zu  5  mahlen  und 
die  letzteren  zweymahlige  wurden  sie  mit  den  feindlichen  Grenadiers 
unterstüzet,  so  weit  es  die  Ordre  de  Bataille  eingestünde ;  das  leiztere 
mahl  aber  stellten  sich  die  Generals,  als  wann  sie  gleich  An&ngs 
ihre  Leuthe  nicht  erhalten  kunten,  auch  die  Schwenkung  rechts  und 
links  falsch  formirten;  der  Feind  glaubtauch  dies,  mithin  wurde  von 
ihrer  Seite  ein  Corps  de  Beserve  ohne  einer  Verweilung  nachzurücken 
beordrei  Unsere  Gayallerie  wäre,  ehe  es  sich  der  Feind  yeraalie, 
hinter  unserer  Artillerie  und  diese  machte  sie  gewaltig  zur  Erde  {allen, 
dass  dieselbe  in  grosster  Confusion  auf  allen  Seiten  zur  preusaischen 
reitten,  unsere  Artillerie  machte  denenselben  noch  ein  2  maUges 
Compliment,  dass  sie  sich  hierauf  ziemlich  erniedrigten;  unsere  Ca« 
yallerie  wäre  auch  unter  ihnen,  ehe  si(;h  es  der  Feind  yerlangie  und 
machte  denenselben  auch  einen  ebenmässigen  Schaden,  darauf  der 
Feind  gleich  zu  zweitenmahlen  auf  das  neue  an  uns  traffe  und  sein 
rechter  Flügel  machte  auch  Mine,  als  wann  er  ein  gleiches  in  dem 
Schilde  führte.  Allein  der  er&hrene  Daun,  ohnerachtet,  dass  er  n 
dieser  Stunde  auch  schon  seine  Ehren- Wunde  erhielte  und  das  Pferd 
ein  gleiches  mit  ihme  überkäme,  wurde  ich  zu  demselben  beordert^ 
damit  ich  ein  und  anderes  aus  seiner  Güte  zu  yeranstallten  hatte. 

Dann,  wie  gesagt,  dass  sich  der  feindliche  rechte  Flügel  bewegte, 
wurde  die  Gayallerie  yon  unserem  linken  Flügel  dahin  beordert  unt^ 
Gommando  des  Stambachs;  dieser  griffe  den  Feind  mit  guter  Ueber- 
legung  und  Bafinee  an,  dass  der  Feind  allda  keinen  geringen  Verlust 
zu  zehlen  gehabt,  dann  er  machte,  als  wpUte  er  mit  yerhängtem 
Zügel  auf  das  mitlere  Treffen  lossgehen,  allein  die  anderen  waren 
gleich  in  der  feindlichen  Flanque,  machten  auch  solchen  Effect,  dass 
sie  nichts  mehr  yerlangten,  zugleich  aber  der  Feind  hiedurch  gesehen, 
dass  ein  jeder  Flügel  yon  uns  mit  einer  tapferen  Seele  yersehen  wäre 
und  diese  Unternehmung  des  Stambachs  brachte  auch  yielen  Bespect 
unter  die  Feinde,  dann  er  General  machte  sodann  Mine,  als  ynuiii  er 
noch  oftermahlen  gedächte  sie  zu  attaquiren,  wie  er  sie  auch  noch* 
mahlen  angriffe  zu  des  Feindes  nicht  kleinem  Schaden.  Der  König 
suchte  mit  allem  deme  es  zu  erzwingen,  setzte  also  das  6.  mahl  an 


Zur  Geschichte  des  siebei^jähiigen  Krieges.  398 

ans«  wir  avancirten  aber  auf  sie  dergestallteii  und  feuerten  aus  grob 
and  kleinem  Gewehr,  auf  jene  Artb,  dass  man  diese  letzte  feindliche 
Unternehmung  schon  f&r  eine  kleine  Betirade  anzusehen  hatte.  Das 
Bottaische  Begiment  ohngeachtet,  das  schon  bis  %  Stunden  sich  ver- 
schossen gehabt,  yerbliebe  es  dannoch  mit  aufgepflanzten  Bajonetten 
fest  stehen,  dann  die  Leuthe  feuerten  ehehin  so  r^ulair  und  mit 
solchem  Nutzen  durch  die  Tapferkeit  ihres  rühmlichen  Obristen,  dass 
er  sich  bey  uns  insgesammt  ein  grosses  Lob  erfochten  und  leget  so- 
wohl seiner  Eayserin  als  uns  vor  Augen,  dass  die  Person  und  ein 
grosser  Kopf  nicht  nöthig  ist,  um  wichtige  Sache  auszuf&hren.  Er 
hat  sich  anietzo  Ansehen  genug  erworben  und  wann  die  Welt  so 
verständigt  seyn  würde,  gleich  wie  wir  es  munter  angesehen,  so  hafte 
hievor,  dass  er  sowohl  bey  Sr.  Majestät  als  bey  allen  gross  passiren 
muss. 

Er  hielte  den  Feind  nicht  allein,  wie  erst  berührt,  mit  auf- 
gepflanzten Bajonetten  so  lange  Zeit  auf,  sondern  avandrte  mit  uns 
bis  zum  Schluss.  Also  die  Feinde,  wie  sie  sahen,  dass  uns  der  Wahl- 
platz mit  gottlicher  Gnade  und  mit  unserer  Standhaftigkeit  zu  Theil 
wurde,  haben  sie  nochmahlen  ansetzen  wollen,  allein  da  ginge  alles 
mit  noch  grösserer  Begierde  in  dieselben,  der  Nadasti  schnitte  ihnen 
in  wehrend  dieser  Betirade  oder  Action,  vor  was  es  damahlen  anzu- 
sehen wäre,  4000  Mann  ab  mit  einem  Theil  seiner  Unterhabenden, 
diese  retirirten  sich  von  ohngefehr  in  ein  Thal,  allein  die  Croaten 
und  einige  Grenadiers  waren  mit  ihren  geschwinden  Füssen  an  denen 
Anhohen,  hatten  auch  gleich  8  leichte  Stück  oben.  Weilen  sie  damit 
beschafftiget  waren,  sähe  man  sie  bis  über  den  Hals  im  Wasser  stehen, 
wie  von  mir  schon  gemeldet  wurde.  Unsere  Croaten  vollzohen  ihre 
Dienste  auf  das  höchste  und  werden  sie  auch  lebenslang  unter  die 
erste  Militär-Brüder  mit  unseren  Grenadiers  zehlen.  Diese  Leuthe 
stunden  wie  eine  gemauerte  Säule  vom  Anfang  bis  zum  Ende  dieses 
Treffens  sowohl  auf  unserer,  als  Nadasti  Seite;  der  Feind  richtete  die 
Canons  besonders  auf  dieselben  und  setzte  abermahlen  mit  grosstem 
Gewalt  auf  sie,  doch  sähe  sie  der  Feind  nicht  weichen,  wohl  aber 
dies,  dass  sie  machten  unsere  Gegner  auf  die  Fersen  treten.  Diese 
Grenadiers  und  Croaten  nahmen  den  Feinden  12  Canonen  unter 
wehrender  Action  ab  und  der  Sincere  und  ich,  wie  wir  es  vernommen, 
unterstützten  jene  mit  mehiftren  Begimentem,  hingegen  wie  sie  ge- 
sehen, dass  das  avanciren  wahrhaftig  und  der  Ernst  einverstanden 
seye,  sie  auch  selbsten  unter  eins  wahrgenommen,  dass  des  Feindes 
Betirade  einer  vollkommenen  Confusion  gläichete,  da  giengen  sie 
darein,  dass  der  Würkung   ihrer  Säbel  alles  weichen  musste;   viele 


394  Mayer. 

Deserteurs  und  eine  Menge,  die  das  Gewehr  von  sich  warfen,  mossten 
ihrem  Feuer  und  Schwerdt  unterliegen ;  wenn  nicht  unserer  Seite  aUe 
ExajBFte  waren  angewendet  worden,  würde  man  von  einem  noch 
grösseren  Blut-Baad  zu  sprechen  haben,  wie  auch  der  Nadasti  selbigen 
Abend  und  des  anderen  Tages  mehr  denn  2000  Todte  und  Blessirte 
machte.  Die  Artilleristen  feuerten  mit  besonderer  Distinction  und 
solchergestalten,  dass  der  König  wegen  deme  bey  seiner  5.  und  6. 
Attaque  unter  gewaltsamen  Fluchen  und  nicht  erlaubtem  Antrieb 
seine  Mannschaffb  abermahlen  dahin  brachte,  wohin  er  wollte.  Der 
General  Feuerstein  gäbe  Feuer  genug  von  sich  und  werden  die 
Preussen  nicht  so  leichterdings  dessen  Nahmen  in  die  Vergessenheit 
bringen,  besonders  von  denen  Anhöhen  richtete  er  yiele  100  Feinde 
zu  Grunde. 

Biss  6  ühr  wäre  dieses  6  stündige  Gefecht  von  Consequenz,  da 
hatten  wir  es  in  der  That  schwer,  es  wäre  auch  seine  Meynung, 
diesen  vollkommen  übern  Hauffen  zu  werfen,  allein  er  fand  auf  allen 
Seiten  seine  Gedanken  yerrathen  und  dessen  eilfertige  Kriegs-Künste 
von  unseren  über  den  Hauffen  geworffen.  Was  machte  aber,  dass 
er  von  seinen  Unternehmungen  keinen  Buhm  und  Yortheil  erhielte? 
Dies  dass  der  allmögende  Gott  den  Commandirenden  unterstützte  und 
anbey  machte,  dass  von  Generalen  an  biss  herunter  sie  ihre  Dienste 
auf  die  höchste  Schuldigkeit  setzten;  die  grösste  Gnade  aber  ist  von 
dem  lieben  Himmels-Gott,  dass  er  uns  die  Standhafügkeit  mit  der 
Aushaltungszeit  verliehe  und  dieses  letztere  schlachtete  den  Feind  voll- 
kommen; wir  erhielten  fast  alle  seine  Blessirte,  wie  nicht  minder 
schon  im  vorigen  gemeldet  worden. 

Von  Todten  und  Blessirten  unserer  als  Feindes  Seite  will  eben*- 
felis  auf  letzt  gehorsamsten  Bericht  mich  bezogen  haben  ausser  bis 
heutigen  Dato,  das  verstehet  sich  mit  dem  Nadasti  und  was  noch 
taglich  bis  anhero  geblieben.  Als  an  Todten,  Verwundeten,  Pri- 
sonneurs  und  Ueberlauffer  zehlen  wir  28,967  Köpfe,  obwohlen  iSg- 
lieh  30  und  40  Deserteurs  annoch  zu  sehen  sind.  Doch  muss  jener 
Kiel  seine  fernere  Dienstbarkeit  Hochdenenselben  noch  ein  mehreies 
ausweisen,  dass  wir  in  der  zwar  kurtz  daurenden  Verfolgung  die 
vollkommene  Ordnung  beybehalten;  obwohlen  die  Deseriptioix  von 
den  Grenadiers  und  Groaten  einen  Schein  in  der  Verfolgung  ilues 
Gegentheils  confus  von  sich  geworffen,  so  haben  sie  aber  mit  be- 
lobenswürdiger  Ordnung  ihre  Sache  aufgeftlhret,  ohngeachtet  dass  sie 
in  vollkommenem  Grimm  agirten,  wie  auch  diese  alleinig  biss  800 
Todte  und  Beschädigte  überkommeten. 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  395 

Nebst  dem  General  Treskow,  wo  schon  Meldung  beschehen,  er- 
liielten  wir  eben  den  General-Major  Fannowiz  gefangen ;  anbey  fielen 
xuis  in  die  Hände  182  Stabs-  und  OberofBciers,  das  ist  aber  jener 
Begriff,  weilen  wir  an  jenem  Tage  nur  120,  des  andern  Tags  10  Uhr 
frühe  wurden  von  dem  Yollkommenen  Nadasti  12  deren  überbracht, 
die  Fahnen,  wie  bekannt,  und  45  Stücke,  nebstbey  viele  Munitions- 
Earren  und  Feuer- Werks-Eösten  wir  hierdurch  erhielten.  Unserer 
Seits  ist  todt  der  General-Feld-Marschall-Lieutenant  Baron  von  Lüzow, 
unter  den  Verwundeten  der  Feld-Marschall-Lieutenant  Welwarth  und 
auch  der  andere  General-Major  Lobkowiz,  nicht  weniger  der  Wolf, 
die  übrigen  sind  in  meinem  vorigen  richtig  eingezeichnet  worden. 

Der  Feind  zohe  sich  mit  einem  Theil  auf  Niemburg,  der  Bevern  hin- 
gegen auf  Böhmisch-Brodt,  ein  Theil  aber  wie  der  andere  in  grosster 
Confiision  und  grossen  Schritten  sich  dahin  gemacht,  dabey  der  Nadasti 
den  Profit  nicht  aus  Händen  liesse;  übrigens  haben  wir  das  vorige 
Lager  bezogen  und  dem  allerhöchsten  Schöpfer,  gleich  wie  es  be- 
kannt, unseren  demüthigen  Dank  abgeleget.  Nun  sollte  meine  Sinnen 
anstrengen,  damit  sonderlich  ihre  Lobsprüche  darthue,  allein  wann 
ich  schreibe,  der  Dann  verdient  dieses  mit  dem  Nadasti,  was  ohnehin 
von  mir  überbriefet  worden  oder  ich  will  dieselben  mit  noch  mehreren 
Ausdrfickungen  belobter  wissen,  also  kurtz  ich  sage,  sie  haben  ihre 
äusserste  Devoir  mit  Tapferkeit  und  Vemunfft  praestiret,  das  weitere 
solle  einer  geschickten  Feder  überlassen  seyn.  Dass  der  Hertzog  von 
Würtemberg  das  Feuer  nicht  gescheuet  und  der  russische  General-Major 
Graf  Ton  Zernichef  sich  gleich  einem  unsrigen  Generalen  gebrauchen 
lassen  und  einen  solchen  Eyfer  und  Vemunfft  gezeiget,  dass  man 
gesehen,  dass  er  nicht  die  erste  Probe  seiner  Eriiegs-Dienste  allda 
abgeleget,  ingleichen  die  sächsischen  Trouppen,  welche  in  balden  nicht 
unter  die  Zahl  deren  glorieusen  gesetzet  hätte,  haben  sich  vollkommen 
distinguiret  und  einige  Fahnen  erobert  Der  Plan  wird  E.  F.  das 
weitere  zu  geben  haben,  wie  die  Begimenter  stunden,  weilen  aber  die 
gleichgenannten  Regimenter  Ihnen  zu  benennen  habe,  wie  sie  ge- 
litten, so  sollen  dieselben  nachgesetzet  werden : 

In&nterie :  Am  stärcksten  litte  das  Regiment  Puebla,  Haller,  Neuperg, 
Botta,  Ligne  undGaissruck  und  diese  hielten  das  Feuer  vollkommen  aus, 
weniger  aber  Ertzherzog  Earl,  Molck,  Salm,  Baaden,  Platz,  Stamberg, 
Axzberg  und  endlich  auch  de  los  Rios ;  die  aber  fast  nichts  zu  leiden 
hatten,  waren  Harrach,  Dann,  Mercy,  Sachsen,  Gotha  und  Ahremberg. 

Dragoner:  Am  stärcksten  Savoye  und  Würtemberg,  Ligne,  Kol- 
lo wrath  und  Porporati,  aber  nicht  so  starck  wie  erstere  zwey;  die 
wenigem  Darmstadt,  Sachsen  Gotha  und  neu  Modena, 


396  Mayer. 

Cuirassier:  Ealckreiter  yerlohre  am  meisten,  sodann  Pirckenfeld, 
Schmerzing,  Serbelloni  und  Portagall;  die  aber  am  wenigsten  Ter* 
lohren,  sind  Modena,  Oelliay  und  OdonelL 

Zum  Beschluss  muss  sagen,  wann  die  gantze  Gavallerie  mit  der 
Infanterie  ein  gleiches  gemacht  hätte,  würden  wir  ein  geschwinderes 
Ende  erzwungen  und  des  Feindes  Verlust  würde  sich  noch  hoher  be- 
lauffen  haben,  doch  aufrichtig  hievon  zu  schreiben,  so  ist  der  ehrliche 
Soldat  zu  Pferd  gewiss  kein  ürsacher,  denn  wann  sich  die  Pferde  so 
geschwind  zu  dem  Dienst  gebrauchen  liessen  gleich  den  Dragonern, 
so  wäre  es  eine  andere  Sache.  Ich  sähe  es  anselbsten,  wie  das  Centmm 
der  Armee  commandirte,  was  diese  neu  angerittenen  Bestien  mit  dem 
Mann  vollbrachten. 

Den  21.  erhielten  wir  sodann,  dass  Prag  von  dem  rühmlichen 
Dann  untereinstens  befreyet  seyn  und  denen  armen  Bürgern  hierdurch 
ein  leichtes  Athemhohlen  verschaffet  worden  mit  jenem  Beysatz,  dass 
ein  Ausfall  erst  den  20.  mit  25,000  Mann  gemacht  wurde;  dieser 
scheinet  mir  nicht  übereilt  zu  seyn,  weil  wir  den  17.  in  der  Nacht 
den  hohen  Conmiandirenden  von  dem  18.,  so  viel  nöthig,  oder  zu 
hazardiren  wäre,  informirten.  Es  muss  aber  seyn,  dass  sie  von  Hind- 
anschaffung der  schwehren  Artillerie  nebst  dem  Abzug  der  meisten 
Trouppen  keine  Eundschafft  werden  gehabt  haben  oder  sie  haben  den 
Ausgang  dieser  Bataille  und  die  Folge  hierauf  erst  erwarten  wollen* 
Der  Eeith  verbliebe  mit  16,000  Mann  doch  zurück  und  so  viel  er 
glaubte  nöthig  zu  haben,  von  der  geringen  Artillerie  bey  sich  be- 
hielte; da  er  aber  vernahm,  dass  man  auf  ihn  angezogen  käme, 
mussten  auch  die  andere  bis  auf  8.  Stuck  zurück  verbleiben  und  3 
zwölfpfündige  Canonen  liesse  er  in  der  letzten  Batterie  stehen,  mithin 
griffen  sie  ihn  Keuth  in  seinem  Betranchement  an  und  zwar  mit  be- 
sonderer Tapferkeit,  dass  sie  den  Feind  aller  Orten  heraus  delogirten. 
Er  feindlicher  General  aber  zohe  sich  eilfertig  mit  Zurücklassung 
800  Todte  und  bis  1100  Blessirte,  wie  sie  mir  sagten,  zurück.  Sie 
stellten  sich  Anfangs  in  tapfere  Gegenwehr,  weilen  aber  die  Croaten 
ihre  Yerschantzungen  mit  ihrer  angewöhnten  Bravour  überstiegen  und 
die  Feinde  mit  den  aufgepflanzten  Bajonetten  erbarmungswürdig  über 
den  Hauffen  stiessen,  so  dass  die  Preussen  durch  dies  so  viel  Ter- 
wundete  überkamen.  Der  Feind  zohe  sich  in  guter  Ordnung  und 
vorwärts  gemachten  Bataillon  quarrt  zurück,  dass  ihme  kein  weiteres 
anzubringen  wäre,  doch  liesse  er  bis  1000  Verwundete,  die  in  dem 
Spital  lagen,  zurück  und  783  Köpfe  mussten  sich  ohne  weiteren,  so 
in  dem  Stern  des  Thier-Gartens  gelegen,  an  uns  ergeben,  wann  aber 
die  Croaten  und  Grenadiers  eine  mehrere  Gnade  hätten  wiederfahren 


Znr  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  397 

lassen,  würde  die  Anzahl  derer  Prisonniers  höher  gestiegen  seyn. 
Der  Obrist  Laudon  hatte  den  Feind  weiters  zu  verfolgen,  der  auch 
379  Ge£EUigene  mit  5  Officiers  einschickte  und  mit  einem  eroberten 
Oeschwindstücke,  wie  auch  sodann  in  Prag  600  Deserteurs  anlangten, 
wo  deren  sowohl  dahin  als  zu  unserer  Armee  noch  immer  viel  ein- 
treffen; die  kohe  Generalität  in  Prag  wäre  voller  Muth,  wie  sie  auch 
in  den  letzten  Tagen  darinnen  sich  wohl  zu  divertiren  wussten. 

Den  23.  musste  mit  dem  General-Feld-Marschall  Daun  nacher 
Prag,  aber  wie  fände  ich  allda  unseren  Freund?^)  Dergestalten,  dass 
wir  beede  lange  zu  keiner  Bede  kommen  kunnten.  Wir  verstunden 
einander  dannoch  gar  zu  gut.  Da  wir  aber  zu  einer  Sprache  ge- 
langten, sprachen  wir  dies,  was  folgen  solle  in  meinem  Particulair- 
Schreiben.  Hieran  darf  ich  nicht  gedenken,  was  machte  ihm  die 
ewige  Buhe  suchen  ?  Seine  vorige  ünpässlichkeit  und  seine  doppelte 
Wunde.  Ich  kann  ohnmoglich  ietzo  meine  Feder  in  Schranken  er- 
halten. Wer  hat  ihme  Ausstellung  gemacht,  der  niemahlen  anselbsten 
fähig  wäre,  eines  von  seinem  geringsten  Commando  in  solchem  Form 
auszufahren?  Jene  waren  es,  die  die  Eriegs-Schule  auf  ein  solches 
niemahlen  bringen  konnten  und  viele  waren  hiebey,  die  keine  Bataillen 
wissen  auszuführen,  von  denen  anderen,  die  nicht  Begrif  haben,  was 
der  Kriegsmann  unter  dem  Harnisch  auszuführen  und  unter  der 
Pickelhaube  zu  begreiffen  hat,  die  sind  nur  unter  die  Dummen  zu 
rechnen;  was  niemahlen  erlernet,  wäre  mir  niemahlen  beygefallen, 
dass  ich  mich  einer  Ausstellung  hazardiret  hätte.  Wahrer  Gott !  wäre 
es  allen  so  bekannt,  wie  es  mir  allzugewiss  wissend  ist,  ach  wie 
würden  sich  viele  der  seh  wehren  Yerantworttung  entzogen  haben; 
nur  noch  wenige  Stunden  gewartet,  sodann  können  sie  auf  den  ent- 
seelten Körper  hinaufwältzen ,  was  sie  wollen.  Die  Seele  hingegen 
wird  der  barmhertzige  Gott  gantz  sicher  unter  äeinen  Schutz  nehmen, 
dann  sage  nochmahlen,  wie  schon  geschrieben,  er  war  in  seinem 
Leben  ein  gerechter  Mann  und  ich  trette  nach  seinem  Todt  auf  jene 
Bohne  auf  und  will  statt  dessen  anfragen  und  beantworten;  weilen 
mir  sein  gerechtes  Thun,  tapferes  Herze  und  verständiger  Kopf  wohl 
bekannt  wäre,  dann  mit  verstrickten  Händen  werde  einen  halb  ^der 
gar  nicht  vermögend  sein  zu  beschädigen,  kurtz  er  wäre  auf  dieser 
Welt  (weilen  ich  ihn  für  todt  ansehe)  ein  vollkommenes  Licht,  wel- 
ches jederzeit  fQr  die  Majestäten  aufrecht  gebrannt  Verzeihen  Sie, 
wann  zu  viel  sollte  das  Papier  wegen  schon  halb  erblichenen  Freund 
besch wehret  haben,  sondern  Sie  müssen  selbsten  Zeuge  seyn  und  habe 


<)  Gemeint  ist  der  verwundete  FM.  Browne. 


ä98  Mayer, 

mit  yielen  anderen  desselben  Dienste  in  Srfahmng  gebracht,  dahere 
Sie  eben  es  mit  mir  unter  einem  Blatt  zu  unterzeichnen  haben,  dass 
er  ein  grosser  Soldat  wäre. 

Der  Dann  beredete  sich  nur  wenig  mit  dem  hohen  Comman- 
direnden  und  verfügte  sich  ohne  Verweilen  zu  diesem  Freund*  Er 
fiele  auf  ihn  und  umfasste  denselben;  wie  er  diesen  grossen  Mann 
auf  jene  mitleidige  Art  antraffe  und  er  Dann  Ton  ihm  aufstünde, 
muste  sein  Uniform  Zeuge  seyn  von  denen  Thränen,  die  hierauf 
stundexL  Hingegen  sagte  ihm  der  halbentseelte  Oeneral  mit  matter 
Stimme  wenig  und  wäre  doch  vieles  gesprochen  und  mit  solchem 
Wehethun  verliessen  wir  ihn. 

Ich  werde  Hochdenenselben  von  seinem  Tode  nichts  mehr  meldeOf 
ich  weiss  meine  Empfindung,  ja  ich  weiche  ab  von  ihm  und  melde, 
dass  heute  oder  morgen,  weiss  selbsten  nicht,  wie  zu  schreiben  habe, 
44.000  Mann  Infanterie  und  4000  Cavallerie,  worunter  1000  Hussarea 
verstanden  sind,  nacher  Böhmisch-Brod  marchiren  werden.  Wie  die 
Commando  ausfallen,  weiss  ich  nicht,  das  weiss  ich  aber,  dass  wann 
man  dem  Dann  seine  Denckungs-Arth  lasset,  so  werden  wir,  vermög 
seinen  künftigen  Vorkehrungen,  die  er  theils  schon  gemachet  und  in 
Hinkunfft  veranstalten  will,  mit  der  göttlichen  Gnade  weiters  reussiren. 
Die  Feder  will  nicht  mahr  die  Gleisse  halten  und  das  weitere  wegen 
Menge  des  dermahligen  mich  auf  das  Künftige  weisen,  damit  in  nach- 
folgenden die  Gelegenheit  überkomme  gegen  Hochdenselben  hierdurch 
meine  Dienerschaft  neuerdings  in  Dero  Gütigkeit  setzen  könne. 

IL 

Zum  Büokaug  der  Preussen  aus  Böhmen. 

In  drei  Hauptcelonnen  suchten  die  Preussen  die  Grenzen  Böhmens 
zu  gewinnen:  die  eine  unter  Marschall  Eeith  zog,  nachdem  sie  die 
Verschanzungen  auf  dem  Weissen  Berge  hatte  aufgeben  müssen,  nach 
Welwam,  gieng  bei  Budin  über  die  Eger  und  setzte  sich  beiLobositz 
fest^^^  anderen  Elbeufer,  bei  Leitmeritz,  hatte  sich  ein  anderes 
preussisches  Corps  gelagert,  bei  welchem  sich  auch  König  Friedrich 
befand.  Dieses  Corps  wurde  fortwährend  durch  einzelne  Abtheilungen 
verstärkt,  die  über  Melnik  heranrückten.  Nach  und  nach  fanden  sich 
in  Leitmeritz  30,000  Mann  zusammen.  Eine  dritte  Colonne,  bei  wel- 
cher sich  der  Prinz  von  Preussen,  der  Herzog  von  Bevern  und  Fürst 
Moriz  von  Dessau  befanden,  verschanzte  sich  bei  Jung-Bunzlau,  rfickte 
aber,  da  das  österreichische  Üauptheer  unter  dem  Prinzen  Karl  and 
Daun  heranzog,  weiter  nach  Hirschberg  und  setzte  sich  endlich  in 
Böhmisch-Leipa  fesi     Zu  gleicher    Zeit    wurde    das   Stadtchen 


2ar  Gescbiclite  des  siebeigäimgen  Krieges.  399 

(iabel  von  7000  Preossen  besetzt,  um  die  Verbindang  dieser  dritten 
Heercolonne  mit  der  Lausitz  herzustellen. 

Keine  dieser  drei  Colonnen  vollzog  iliren  Bückmarsch  unbelästigt. 
Die  Truppen  der  Obersten  Laudon  und  Eötvös,  der  Generale  Na- 
dasdy,  Morocz,  Baboczay  und  Beck  waren  fortwährend  im  Eounpfe, 
bald  mit  der  Vorhut,  bald  mit  dem  Nachtrabe;  sie  thaten  dem  Feinde 
starken  Abbruch,  nahmen  ihm  Heergeräthe,  Munition  und  Lebens- 
mittel in  grosser  Menge  ab  oder  yemichteten  dieselben.  Aber  zu 
einem  Hauptschlage  gegen  den  retirirenden  Feind,  den  man  sehnlichst 
wünschte,  kam  es  nicht  Vorwürfe  gegen  die  österreichische  Heeres- 
leitung wurden  yiel&ch  laut  Bezüglich  derselben  sagt  General  Wied 
in  seiner  Belation  über  die  Zeit  vom  14.  bis  zum  28.  Juli.  » Weiters 
yemahme,  dass  die  österreichischen  Staaten  sehr  übel  vor  uns  postiret 
seynd  und  halten  es  auch  die  Meisten  mit  unserem  grössten  Theile, 
dass  es  allezeit  soll  geraufPet  seyn,  indeme  ich  anselbsten  Briefe  er- 
hielte, dass  man  spricht,  wie  leicht  dem  Feinde  das  Auamarschiren 
ohne  Schaden  zu  gestatten  kommete ;  man  hat  sich  Tersprochen,  dass 
von  denen  drei  feindlichen  separirten  Armeen  eine  sicher  yon  uns 
geschlagen  oder  gar  von  uns  aufgehoben  seyn  sollte  und  dergleichen. ' 
Der  Inhalt  seiner  Belationen,  sagt  er,  sei  der  beste  Beweis  dafür, 
dass  der  Bückmarsch  der  Preussen  keineswegs  so  leicht  vor  sich  gehe, 
wie  man  in  Wien  meine  und  dafür,  «dass  wir  nicht  mit  ofiEenen  Augen 
geschlafen  haben  gleich  deneil  Hasen. "  Bezüglich  der  Gefeuigennahme 
eines  preussischen  Corps  macht  er  nur  die  Bemerkung :  «Wannzwey 
eins  wäre,  so  würde  es  so  seyn.*  > 

Seine  Beschreibung  der  damaligen  Vorgange  beginnt  General 
Wied  mit  einer  Unternehmung  des  .geschicktesten*  Generab  Na- 
dasdy,  über  welche  letzterer  am  13.  Juli  einen  Bericht  in  das  Haupt- 
quartier schickte.  Nadasdy,  welcher  selbständig  gegen  Leitmeriiz  zu 
operiren  hatte,  stand  am  10.  Juli  zu  Gastorf.  Eine  Viertelstunde  Ton 
Leitmeritz  entfernt  hatte  der  Feind  drei  starke  Vorposten  ausgestellt 
Dies  hatte,  wie  Nadasdy  erfuhr,  die  Bedeutung,  das  Fouragiren  zu 
erleichtem.  «Darauf  beordert  derselbe  zwischen  7  und  8  Uhr  Abends 
600  Husaren,  auf  dieselben  liesse  er  auch  2000  Croaten,  worunter 
6  Gbrenadier-Compagnien  waren,  mit  noch  5  Escadrons  Dragoners 
▼on  weitem  nachrücken,  weilen  er  sich  als  ein  solcher  erfiihrner 
Eriegsmann  hat  können  beyfallen  lassen,  dass  man  diese  gleich  von 
der  feindlichen  Armee  unterstützen  werde.  Unsere  Husaren  griffen 
sie  noble  an  und  die  Fouragierer  gingen  noch  nobler  durch,  un- 
geachtet, dass  sie  gleich  in  ihrer  Lucken  anwiederum  seyn  kunten, 
zademe  auch  die  drei  Fostirungen  800  Mann  ausmachten,  unter  diesen 


400  Mayer. 

waren  600  Husaren  und  200  Dragoner,  hierw^n  setzten  sie  sich 
stark;  doch  die  von  denen  unsngen  auf  die  feindlichen  Husaren 
kamen,  die  reusairten  in  Bälden,  die  aber  auf  die  Dragoner  and  100 
flüchtige  Beuter  trafen,  die  wollten  ein  schwehres  haben;  hingegen 
zu  einer  geschickten  Zeit  marchirten  die  150  Garlstadter  Husaren  und 
die  Dragoner  folgten  denenselben  so  viel  möglich  nach ;  allein  der 
Nadasdy  konnte  diese  Leute  nicht  genug  in  seinem  Berichte  rühmen, 
dann  er  meldete  darinnen,  dass  diese  Mannschafk  mit  solcher  Tapfer- 
keit und  Grimm  eingebrochen  unter  obbesagte  feindliche  Dragoner, 
dass  sie  alsogleich  zu  wanken  anfingen;  wie  sie  aber  mit  ihrem  Höllen- 
Schwerdt  nicht  abliessen  einzuhauen  und  also  zwar,  dass  einige  Ton 
ihnen  solche  Hiebe  auf  ihre  Gegner  f&hreten,  dass  man  sehr  vielen 
die  Brüste  zerspaltet  gesehen ;  wie  also  unser  Gegentheil  diese  croatische 
Wuth  ze  empfinden  gehabt,  da  ginge  alles  hierauf  in  grosster  Con- 
fusion  durch.  Weilen  aber  ihnen  1500  Mann  Grenadiers  und  900 
Mann  Dragoner  und  Husaren  zu  Hülf  kommen,  diese  aber  der  Eyfer 
zu  weit  von  dem  Lager  abgehen  machen,  da  machten  es  unsere  Gre- 
nadiers und  Croaten  zu  Fuss  ebenso.  Der  ehrliche  Nadasdy,  der  mit 
noch  3000  Mann  selbsten  nachfolgete,  die  Cavallerie  gleich  vollen 
Callop  avanciren  liesse  dergestalten,  dass  sich  erst  gesagtes  Commando 
fast  umrungen  sähe,  mithin  die  Preussen  zwar  ein  entsetzliches  Feuer 
mit  dem  schlechtesten  Efiect  machten  und  ihre  Betirade  hierauf  noch 
starker  anzusehen  wäre.  Die  Infanterie  käme  an  einen  Graben  und 
da  dieses  die  Groaten  ersahen,  dass  einige  herunter  stürtzten,  waren 
sie  wie  der  Blitz  unter  denenselben  mit  denen  Bajonettern,  dass  auch 
80  davon  hinunter  mussten.  Unsere  Cavallerie  brachte,  dass  die  ihrige 
das  andertemahl  die  Flucht  zu  suchen  hatte  und  so  wurde  InfEmterie 
als  Cavallerie  in  das  Lager  gejaget,  welches  mit  so  geschwinder  Ge- 
schäffidgkeit  von  mir  aus  beschahe,  so  seynd  die  eigene  Worte  meines 
Bruders,  dass  der  Feind  keinen  weiteren  Lust  zeigte,  sie  weitershin 
zu  secundiren  noch  weniger  mich  zu  verfolgen.*^  Der  Verlust  der 
Oesterreicher  betrug  65  Mann  an  Todten  und  Verwundeten,  die 
Preussen  hatten  183  Todte  und  23  Mann  mussten  sich  gefangen  geben. 
Dann  widmet  General  Wied  der  Unternehmung  gegen  (}abel  eine 
eingehende  Besprechung.  Die  Preussen  hatten  vor  diesem  Orte  starke 
Verschanzungen  aufgeworfen  und  zu  dieser  Arbeit  nicht  allein  die 
Bewohner  des  Stadtchens,  sondern  auch  die  Bauern  der  Umgebang 
sehr  stark  in  Anspruch  genommen.  Der  Plan,  den  Feind  aus  Gabel 
zu  vertreiben  und  so  die  Verbindung  des  Prinzen  von  Preussen  mit 
der  Lausitz  zu  unterbrechen,  gieng  vom  Feldmarschall  Dann  aus; 
dieser  eröffiiete  seine  Gedanken  dem  Prinzen  Karl,   welcher  dagegen 


2ar  Geschickte  des  aiebeigälirigen  Kriegt  40l 

nur  das  Bedenken  hatte,  .dass  wann  man  nach  Gabel  zorQcke,  der 
Feind  ohne  angegriffen  zu  werden  entwischen  konnte*;  aber  dieser 
Einwurf  wurde  .kurz  beantwortet  und  mit  deme  abgelehnt,  dass  die 
Betirade  des  Feindes  gar  gerne  einzugestehen  ist,  wasmassen  unsere 
böhmische  Lande  bisher  ohnehin  grosse  Stösse  erhalten  haben,  ausser 
dass  man  die  Schuldigkeit  mit  deme  auf  das  höchste  treibe,  damit 
.man  diese  Zurückziehung  ihnen  auf  das  schwehreste  mache,  aber  auch 
diese  Unternehmung  den  feindlichen  Marche  auf  das  höchste  be- 
sch wehren  muss.' 

Die  Ausffthnmg  des  Unternehmens  wurde  nicht  ohne  einigen 
Widerspruch  dem  Oeneral  Maquire  anyertraut,  dem  ,  zwölf  Grenadier- 
Comipagnien,  1500  Fuseliers,  worunter  800  Groaten  mit  ihren  Gre- 
nadiers und  500  Pferde  nebst  28  zu  3,  6  und  12pf&ndigen  Canons' 
zugewiesen  wurden.  Zugleich  musste  Beck  sich  Beichstadt.  nahem, 
Morocz  sollte  ebenfalls  vorrücken,  Haddick  gegen  Mückenhan  ziehen 
and  der  Herzog  von  Ahrenberg  hatte  ein  Beseryecorps  zu  befehligen, 
mit  dem  er  gegen  Wartenberg  rücken  sollte.  Vor  Gabel  fbrmirte 
Maquire  seine  Truppen  in  zwei  Treffen,  yon  denen  er  eins  selbst  com- 
mandirte,  während  das  andere  dem  Generalfeldwachtmeister  von  Wil- 
fenblied  unterstellt  wurde.  Die  Preussen  zogen  sich  in  die  Stadt 
zurück,  aber  ein  nachB.-Leipa  bestimmter  Lebensmitteltransport  konnte 
nieht  rasch  genug  in  die  Stadt  zurückgezogen  werden;  die  Stück- 
knechte schnitten  die  Stränge  durch  und  ritten  mit  den  Pferden  in 
die  Stadt,  die  bepackten  Wägen  den  Oesterreichern  überlassend. 

Maquire  hielt  sich  nicht  mit  der  Aufwerfung  von  Schanzen  auf, 
sondern  schritt  sofort  zum  Sturm,  wie  er  denn  nach  Wieds  Ver- 
sicherung ein  ,  von  Natur  ernsthafter,  tapferer  Mann  war,  wie  es  auf 
seiner  Stirne  aufgezeichneter  zu  sehen  ist"  Der  Artillerie-Major 
Feldeck  hatte  seine  Kanonen  bald  in  vortheilhafter  Weise  aufgestellt 
und  ,thate  auch  seine  Schuldigkeit  mit  ausnehmender  Bravour,  denn 
er  feuerte,  gleich  als  wenn  er  die  Hölle  vorzustellen  hätta'  Sechs 
Grenadier-Gompi^nien  führte  dann  der  Christ- Wachtmeister  vom  Har- 
rach'schen  Begiment^)  zum  Sturm  gegen  das  eine  Thor.  Das  Feuer 
der  Belagerten  wüthete  heftig  in  der  unerschrockenen  Schaar;  es 
gelang  ;ihr  auch,  das  erste  Thor  einzustürmen,  aber  das  zweite  hinter 
demselben  befindliche  Thor  ward  so  energisch  vertheidigt,  dass  die 
Angreifer,  als  es  ihnen  an  Munition  gebrach,  wieder  abzogen;  sie 
hatten  120  Todte  und   187  Verwundete.    «Ehe  Maquire  aber  diese 


>)  Der  Name  ist  nicht  erwähnt.    Huschberg  S.  171   neuit  als  Führer  den 
M^joT  von  NonnanxL. 

llittlwUliiiiva  TU,  8«- 


402  Mayer. 

Truppen  zurQckzohe,  machte  derselbe  noch  auf  zweien  Seiten  AUarme 
und  stellete  sich  an,  als  wollte  der  Maquire  mit  Gewalt  einen  Hafarde 
begehen,  damit  er  an  das  Thor  mit  wenigerm  Yerlust  nochmahlen 
kommen  kunte,  allein  sie  (die  Preussen)  verblieben  mit  ihrer  For^ 
gleich  wie  vorhero  allda  und  liessen  wenig  Minuten  ihrem  großen 
und  kleinen  Gewehr  eine  Buhe." 

Wenn  auch  dieser  Angriff  abgeschlagen  wurde,  so  sah  der  Com- 
mandant  von  Gabel,  General-Major  Ton  Puttkammer,  doch  die  Un- 
möglichkeit ein,  den  Ort  länger  zu  halten.  Die  Gapitulation  eidihlt 
Wied  folgendermasaen :  ,  unser  ausbindiger  und  ohne  von  einer  Gaprice 
eingenommener  erfifthmer  Dann  schickte  ihme  Ahrenberg  die  sekSx&te 
Ordre  zu,  dass  er  sich  auf  das  eilfertigste  dem  Maquire  sa  nahem 
habe,  der  Beck  solle  die  Höhe  und  Vorposten  bei  Printz^)  und  Wolten(?) 
besetzen,  damit  man  sicher  stehe  wegen  Böhmisch-Leippa  und  ein 
dergleichen  Befehl  erhielte  der  Morocz.  Wie  also  der  feindliche  Gteneral 
ersidie,  dass  er  sich  mit  keiner  weitem  Hülf  flatiren  darff^  so  oflbrirte 
er  die  anschlüssige  Gapitulation.  Weilen  aber  der  Maquire  nieht  alle 
Punkten  einzusehen  vermögend  wäre,  so  wurde  dieselbe  uns  (in  daä 
Hauptquartier)  zugeschicket,  aber  ohne  diese  au&uhalten,  weilen  hin- 
gegen er  General  seinen  Gedanken  beygeschäftet  und  von  uns  wohl 
geheiseen,  ausser  dass  man  den  §  7  nicht  acceptirte,  indeme  der  Gregen- 
thefl  anverlanget,  die  Officiers  auf  Parole  frey  zu  stellen,  wiederum 
an  ihn  zurücklauffen  lassen.  Bevor  das  beschahe,  praetendürte  der 
ohnedem  zu  spat  und  zu  dieser  Attaque  nichts  ausmachende  Aremberg 
die  Gapitulation  mit  dem  darinnen  garnisonirenden  Generale  sa 
schliessen.  Der  Maquire  erwiedrigte  ihme  seinen  angewohnten  Ernst 
mit  wenigen,  derselbe  solle  darthun,  dass  er  das  Becht  habe,  statt 
ihme  diesen  Accord  zu  verfestigen,  indeme  er  sowohl  General-Feld- 
marschall-Lieutenant,  als  er  Ahrenberg.* 

Die  preussische  Besatzung  bestand  aus  vier  Grenadier-Bataillons 
und  einer  Schwadron  von  Werner-Husaren,  im  Ganzen  3260  Mann, 
die  sammt  ihren  Officieren  (General-Major .  Puttkanmier ,  ein  Obrist- 
Lieutenant,  vier  Majors,  zwölf  Gapitans,  15  Ober-  und  22  unter- 
Lieutenants)  gefangen  wurden.  Auf  österreichischer  Seite  waren  807 
Mann  theils  todt,  theils  verwundet 

Das  .Hauptheer  war  einstweilen  langsam  weiter  gezogen,  das 
Hauptquartier  stand  am  15.  zu  Hühnerwasser,  am  17.  in  Niemea. 

General  Morocz  hatte  von  Brims  nach  Zwickau  zu  ziehen;  er 
beorderte  500  Husaren  und  600  Groaten  unter  dem  Obersten  Ujhazj 


»)  Wohl  Dorf  Brima. 


im  Geschiclite  des  siebenjSlirigen  Criegds.  ifjii 

tdraus ;  diese  träfen  anyerseliens  auf  eine  feindliche  Abtheilung  von 
6W  Husaren  und  einem  Grenadier-Bataillon.  Die  Feinde  fQklrtcfli 
i?ie  die  Oesterreicher  zwei  leichte  Kanonen  mit  sicK  Es  entwickelte 
sich  ein  hitidges  Gefecht.  Die  feindliclien  Greliadiere  feuern  gut 
und  hielten  den  Angriff  der  Croaten  standhaft  aus,  aber  die  feinde 
liehen  Husaren  ergriffen  bald  die  Flucht  und  liessen  die  Gh-enadiera 
im  Stich;  diese  Tortheidigten  sich  so  lange,  bis  sie  Unterstützung  er- 
hielten, worauf  Oberst  Ujhizy  sich  zurückzog;  als  ihm  aber  Mo^oes 
mit  der  ganzen  Macht  entgegenkam,  mussten  sich  wieder  die  F^-eussen 
zurückziehen,  wobei  sie  26  Mantk  und  ihre  zwei  Kanonen  einbüssten. 
General  Morocz  « sagte  in  seinem  Bericht,  wie  ihme  sodann  der  Obrist 
gemeldeiy  dass  er  eine  Unternehmung  mit  so  besonderer  Tapferkeit 
von  denen  Croaten  noch  niemahlen  gesehen,  wo  doch  die  öfters  ge- 
sagte preussische  Grenadiers  wie  Löwen  fochten;  so  fem  aber  die 
Hilfstruppen  nicht  angekommen,  so  wäre  dieses  feindliche  Fuss-Valk 
von  ihnen  aufgerieben  werden.' 

Am  Tage  der  Gapitulation  von  Gbbel  marsehirte  ein  Theil  dei* 
bei  B.-Leipa  stehenden  Truppen  ab,  am  17.  Juli  Abends  7  Uhr  brach 
daa  ganze  Corps  unter  dem  Prinzen  von  Preussen  auf  und  zOg  t^r 
Obeiübich  und  Langenau  nach  Eamnitz,  stets  umschwärmt  von  den 
leichten  Schaaren  der  Generale  Haddik  und  Morocz,  welche  in  dag 
Hauptquartier  meldeten,  dass  .sie  ihm  schon  am  Halse  sind  und 
glaubten  nicht  gefehlet  zu  haben,  indeme  sie  keine  Bewegung  zu 
machen  gehabt  hätten,  bis  die  weitere  Ordre  von  unserem  Prinzen 
an  ihnen  gestellet  würde,  weilen  sie  ansonsten  besorgeten,  daes  eich 
dieser  verdriessliche  feindliche  Prinz  von  Preussen  fest  setzte,  dahevo 
sahen  sie  sieh  gezwungen,  die  Ordre  etwas  zu  biegen.  Der  angenehme 
Dann  expedirte  die  zwey  Hauptleuthe  mit  Beifügung,  sie  solUen  defi 
T&jter  nicht  sinken  lassen  und  wül  ihme  die  weitere  Verfolgung 
überlassen  haben ,  sollten  sie  aber  wegen  deme  beschuldigt*  wer^ 
den,  so  würde  er  sie  schon  zu  verantworten  wissen.  .  ,  .  Der  Dann 
verlangte  schon  ehe,  dass  Eriegsrath  gehalten  werde,  welches  duoh 
vielen  Ernst  derselbe  erzwungen,  da  kam  eine  Geburth  heraus,  die 
man  Zittau  sodann  tau£R;e  und  des  Dauns  seine  Vorschläge  müssen 
dermahlw  auf  das  genehmste  gehalten  werden,  weUen  seiue  Fun« 
dameata  mit  Quaterstein  versehen  waren,  folgsam  verbliebe  ihm  alles 
ülior  und  da  sähe  man,  dass  seine  Ordres  ohne  Aufputz  den  Glanz 
seiner  erlsmtm  Kriegs^  Wissenschaft  dannoch  grossen  Schein  von  sich 
wttrffisti'^)-    Bs  galt  eben  Zittao.    Maquire  war  von  Gabel  nordwfurtu 

0  i)adurch  wird  die  Anaiclit  bestätigt,  dsfls  Daan  zuerst  den  Gedanken  zum 
üarscbe  auf  Zittau  .gefasst  habe  (Stuhr,  Forschungen  und  Erläuterungen  I,  264); 

S6* 


iai  Majret. 

gezogeUf  schon  am  16.  Juli  hatte  er  die  Ordre  erhalten,  bis  £ich« 
graben  vorzarilckenf  während  Morocz  nach  Erombach  and  Eratnu 
kleine  Posten  legte  und  Patroullen  nach  Grottau,  Ghsfenstein  und 
ÜUersdorf  ausschickte.  Am  18.  Juli  wurde  dem  Feldseugmeister  Ton 
Kheil  der  Auftrag  ertheilt,  mit  einem  Corps  des  rechten  Flfigels  der 
grossen  Armee  und  der  bei  Oabel  stehenden  Ayantgarde  des  Henogs 
von  Ahrenberg  ohne  Aufenthalt  vor  Zittau  zu  rücken.  Luochesi  sollte 
ihm  mit  einem  anderen  Corps  folgen.  Es  kam  eben  alles  darauf  an, 
Zittau  vor  den  Freussen  zu  erreichen;  warum  dies  nicht  geschehen, 
erzählt  Graf  Wied  in  folgender  Weise: 

.Mein  Eheil  rückte  den  18.  vor,  bliebe  den  19.  und  20.  ruhig 
bis  AbendSf  der  Daun  wusste  nicht  vor  Chagrin,  wie  das  zugehe  und 
was  er  hieraus  machen  sollte.  Er  wurde  am  20.  mit  dem  Lacheä 
nacher  Gabel,  der  eben  zu  ihme  selbsten  gesprenget  käme  und  sich 
wegen  dem  Verweilen  des  Eheils  beschwehrete,  invitirt,  wohin  wie 
bekannt,  der  Daun  schützte  ünpässlichkeit  Yor  und  f&r  den  anderai 
redete  das  Aufhabende.  Der  mehr  gesagte  Daun  bäte  um  alles,  daas 
ein  sicherer  General  selbstens  zu  diesem  FZM.  sich  verf&gen  mochte 
und  ihme  vorstellen  machen,  wie  diese  Verzögerung  unser  Ganzes 
über  den  Hauffen  werffen  würde  und  hierdurch  der  Feind  zu  unserem 
grSssten  Schaden  in  seinem  Marche  reussiren  müsste  und  sollte  ea 
selbsten  in  Consideration  ziehen,  was  das  Yor  ein  übles  wäre  Tordie 
gantze  Generalität,  wann  jener  reussirte,  welcher  elf  Marche  zu  machen, 
wir  aber  nur  3  hätten.  Er  hätte  ohnehin  nur  Alles  eingesehen,  dass 
man  ihme,  Daun,  wegen  jener  Entreprise  kleine  Torte  gethan,  der* 
mahlen  aber  mit  diesem  Stillliegen  der  grosste  Schaden  hieraus  er- 
wachsen würde.  Mein  Eheil  sähe  den  abgeschickten  General  an  und 
spräche:  Herr  General,  ich  bitte  um  etliche  Minuten,  damit  ich  mich 
schrifftlich  mit  gar  wenigen  hineingesetzten  Zeilen  gegen  meinen 
Feld-Marschall  verantworten  könne.  So  schriebe  er:  Ich  bin  mit 
E.  Exe  in  allem  conform,  was  mir  mit  Vernunfft  durch  den  ab- 
geschickten General  N.  vorgetragen  wurde;  hier  lege  die  gestern  frühe 
erhaltene  Ordre  bey  und  diese  wird  mich  anwiederum  bey  K  Eza  in 
vorige  FreundschaSt  setzen,  um  die  ich  mich  jederzeit  bestreben  werde. 
Darüber  erstaunte  er  noch  weit  mehrer;  diese  vemünfftige  Feld- 
Marschalls-Seele  43ahe  sodann  ein,  warum  uns  der  Bevem  habe  diesen 
Vorsprung  abkau£Fen  können. '^ 

Dieser  Vorgang  mag  als  ein  weiterer  Beweis  f&r  die  oft  aos- 
gesprochene  Behauptung  dienen,  in  der  obersten  Heeresleitung  der 
österreichischen  Armee  habe  es  an  Einigkeit  gefehlt  Qffisnlwr  hat 
Kheil  zuerst  von  Daun  die  Ordre  erhalten,  schleunigst  vor  Zittau  zu 


Zur  Geschichte  des  nebeigährigen  Krieges.  405 

rficken,  nachher  aber  yom  Prinzen  ron  Lothringen  den  Befehl  em- 
pfimgen,  stehen  zu  bleiben.  Auch  geht  ans  Wieds  ErzShlong  herror, 
dass  am  20.  Jtili  die  österreichische  Armee  noch  nicht  vor  Zittau 
yereinigt  sein  konnte;  dies  muss  erst  am  21.  geschehen  sein.  Die 
preussische  Vorhut  unter  Schmettau  und  Winterfeld  war  schon  in 
Zittau  eingetroffen  und  die  Hauptcolonne  unter  dem  Prinzen  Ton 
Preussen  und  dem  Herzoge  von  Bevem  wurde  erwartet. 

Bezüglich  des  Marsches  dieser  Colonne  ist  noch  folgendes  zu  er- 
wähnen. Am  18.  Juli  ^)  brach  der  Herzog  von  Bevem  mit  der  Vor- 
hut aus  dem  Lager  von  Eamnitz  auf  und  zog  in  der  Sichtung  gegen 
Ereibitz  weiter.  Am  Abend  desselben  Tages,  als  der  Prinz  von  Preussen 
heranrfickte,  um  Bevems  Lager  zu  beziehen,  yerliess  das  gesammte 
Heergerathe  den  Ort,  um  zwischen  der  Colonne  Beverns  und  des 
Prinzen  von  Preussen  und  bedeckt  von  einem  Husaren-,  zwei  Gayallerie- 
und  yier  Infanterie-Regimentern  einen  Nachtmarsch  zu  wagen.  Dieser 
Zug  nun  wurde  im  Dorfe  Hasel  von  den  Oesterreichem  unter  General 
Beck  überfallen,  ein  Ereigniss,  dass  nicht  unbekannt  war^,  das  aber 
Oraf  Wied  weit  ausführlicher  berichtet  Seine  lebhafibe  Erzählung 
lautet: 

.  WeUen  bey  dieser  Nacht  die  Sterne  ihnen  zu  wenig  Lichte  von 
sich  warffen,  so  musste  die  Laternen  und  Fackeln  den  mehreren  Schein 
denenselben  abwerffen.    Dieses  ersähe  der  dahin  beorderte  General 
Beck  und  wie  er  abnähme,  dass  die  Preussen  den  Weg  über  Freuden- 
berg, Oberkamnitz  und  Hasel,  welcher  sehr  starke  Defileen  hatte,  ohne 
auszuweichen  passiren  musste,  setzte  er  sich  hierwegen  in  dem  Walde 
mit  denen  1000  Croaten  und  SclaToniern,  meistens  aber  Warasdinem 
und  300  Husaren,  welche  letztere  der  Obrist  Esterhasy  mit  besonderem 
Espris  anführte  und  hielte  allda  die  Zeit  aus ,   postirte  sich  auf  zwei 
Vortheile,  mit  dem  Esterhazy  sind  sie  für  drey  anzusehen  gewesen, 
doch  dass  einer  dem  andern  mit  grosster  (Schnelligkeit)  secondiren 
konnte.    Die  andern  zwey  Ciommandi  hat  der  Obriste  Prentano  und 
die  Bwey  Obristlieutenants    Mathesen  Eyiese(?),  welche  ihre  Leuthe 
wohl  anführeten,  wie  diese  vor  allezeit  die  Eriegs-Schule*  getrieben 
mit  Ernst  und  Tapferkeit.  Mein  scharfidnniger  Beck  sähe  von  Weiten 
die  flieh  der  Feind  selbst  gemachte  Lichte,  doch  konnte  er  nicht  ehe 
an  dieselben  treffen,  als  schon   im  spaten  Morgen,  der  erführe,  dass 
die  irdischen  Götter  wegen  ihrer  gehabten  Mühe,  welche  sie  mit  Be- 
arbeitung des  Weges  biss  Hasel  auszustehen  hatten,  die  Buhe  auf 
eine  geringe  Zeit  sich  zukommen  lassen  wollten,  derowegm  unser 


<)  Huacbber^  S.  172.    Nach  Wied  am  l».        *)  Huschberg  178. 


406  Mayer. 

Q6^erld  dorch  unsere  WaldgSiter  einigen  diia  weitere  and  mtlbsaxpe 
Steigen  hiemit  erleiditerte  mit  deme,  dass  er  dieselben  im  letzteren 
Orte  als  sm  Hasel  auf  drei  Seiten^,  wie  vorhero  die  Austheilung  be- 
schalle, mit  ausserordentlichem  Geschrey  attaquiret;  der  Feind  ent- 
rüstete sich  dergestalt  wegen  den  jähen  Angriff,  dass  ihre  Gayallerie 
ohx^e  viel  zu  bedenken  durchgienge,  allein  sie  wurden  gestellet,  kunten 
aber  yermöge  Terrain  nicht  viel  bej  dieser  Arbeit  beytragen^  wie  sie 
auch  das  änderte  Mahl  nicht  beaorgeten,  wie  ihre  Brüder  sich  weiters 
soi^tieniren  werden.  Es  ist  aber  die  Habilitö  des  Beck  hieran  IJrsaeh 
gewesen,  weilen  sich  aber  die  Sclavonier  Anfangs  nicht  viel  distin« 
guirten,  zu  deme  die  preussischen  zqsammengeraufften  Grenadiers  sie 
nicht  zu  dem  besten  empfingen  und  mit  vier  Stück  auf  diese  feuerten« 
so  nofachten  hierauf  nicht  viel  Wesens  und  glaubteA  im  Felde  seje 
mehr  Sicherh^t  ?or  sie  zu  finden,  allein  die  Warasdiner  nahmen  ihren 
Platz,  jagten  die  feindlichen  Grenadiers  dergestallten  zurück,  dass  viele 
unter  die  .Pferde  und  unter  ihre  eigenen  bespannten  Wagen  kamen. 
Wij3  megm  General  sähe,  dass  sich  obige  auf  derley  &l8che  Schritte 
setzten,  nähme  er  sie  zusammen  und  stellte  jene  auf  eine'  Anhöhe,  die 
die  Natur  von  selbsten  gegeben,  damit  diese  auf  die  gestellte  CaTallerie 
feuerten;  da  thajten  sie  Wunder,  dann  sie  wurffen  mit  ihr^  Moos- 
qa^ten-Eugeln  12  und  14  über  ihre  Gurren ;  da  dieselben  auf  sie  iui* 
jpiralleten,  so  mussten  jene  Berittene  ihre  Caprice  von  weitem  ändern, 
d^um  fielen  bevor  12  und  14,  so  lagen  sodann  20  und  mehr  uiid 
wetilen  der  wohlgeübte  Esterhasi  auch  angesprenget  käme,  von  dem 
sie.  ehehin  nichts  gesehen,  indem  er  Anfangs  zurück  gehalten  hatte, 
da  glaubten  dieselbe  Gegner,  wir  sind  noviter  verstärket  worden, 
mithin  waren  jene  nicht  mehr  zu  erhalten  und  durch  dieses  sähe  sich 
die  Infanterie  auf  allen  Seiten  angegriffen,  auch  würklich  354  in 
wehrend  diesem  Treffen  herüberliefen,  sich  gleich  an  uns  angeschlossen 
Uiid  ihre  Schuldigkeit  recht  gut  machten;  da  glaubte  ihr  Conunan- 
dyrßüder,  dass  es  Zeit  seye,  sich  auf  geschwinde  Füsse  zu  setzen.  Der 
Efsterhasy  liesse  180  Mann  sodann  von  seinen  Husaren  absitzen, 
sidilo^se  sich  an  die  Warasdiner  und  an  die  benannte  wiUfihiige 
Prejcissen  und  thaten,  was  man  von  einer  Infanterie  immer  praeten- 
du'en  kunte ;  der  gegentheilige  General  sähe  anbey,  dass  die  Bagage, 
Mntaitien  und  Pontons  nicht  zu  salviren  wären,  denn  ^es  wurde  von 
denea  Warasdinern  alles  über  den  Hauffen  geworffen,  die  Stränge 
abgescbnittejl,  die  Bäder  zertrümmei-t,  so  wäre  er  bedacht,  wie  der- 
selbe wenigstens  seine  Infanterie  salvire,  auch  von  denen  Croaten 
6  Stück  unbrauchbar  gemacht  worden,  welches  eben  zu  dem  feind- 
lichen Abmärsche  hälfe,  dann  wie  die  öfilers  gesagte  Warasdiner  den 


Zui  Geecbichte  des  siebenjährigen  Krieges.  407 

Orth  beaetzet,  welchen  die  Sclayonier  yerlassen,  haben  sie  gleich  ge- 
tracht,  sich  der  Stücke  za  bemächtigen  deigestalten,  dass  sie  alsdann 
gezwungen  waren,  auf  allen  Seiten  auf  einmahl  den  Beisaaus  zu 
machen,  15  Pontons-Wagen  ruiniret,  viele  in  das  Qebürg  gebracht; 
weilen  sie  aber  mit  dieser  Arbeit  sich  Mühe  machten,  käme  9  ühr 
frühe  einer  von  starkesten  Succurs,  allein  die  beste  Bagage,  die  wir 
erbeatheten,  wurde  mit  denen  Pferden  nacher  Falekenau  gebracht, 
wie  er  auch  bey  Ersehung  dessen  sich  mit  seinen  Helden-Brüdern 
dabin  zohe.  Man  wollte  ein  und  andere  Wägen  mitbringen,  allein 
die  Wege  versagten  es  ihnen  und  zu  deme  rückte  auch  die  preusaische 
Armee  würklich  aus,  allein  mit  deme  Überstunde  es  der  Feinde  an 
jenem  Tage  doch  nicht,  sondern  der  Haddick  setzte  ihme  auf  die 
zerrissene  Uniform  seiner  Leuthe  annoch  einen  respectuosen  Fleck  auf. 
Der  feindliche  Verlust  gehet  allda  auf  261  Mann  gefangen,  43  Herüber- 
lauffer,  so  viel  als  schon  gemeldet  worden,  unter  denen  Todten  aber 
fiaaide  sich  ein  Major,  3  Haupt-Leutbe  und  5  Lieutenants,  die  Beuthe 
wäre  2  Stück,  die  anderen  vier  sind  dergestalten  ruiniret,  doch  43  von 
dannen  gebracht.  Unser  Seits  blieben  72  Mann  und  94  Blessirte 
Des  General  Becks  Pferd  musste  unter  dem  Leibe  verlohren  sein,  zwey 
Eauptleuthe,  6  Ober-  und  2  Unter-Lieutenants  verwundet.' 

Die  flüchtigen  Preussen  wurden  auf  ihrem  weiteren  Zuge  noch 
einmal  überfallen,  nämlich  in  der  Gegend  des  Ealtenberges  zwischen 
Ereibitz  und  Eamnibs,  welchen  Berg  General  Haddick  zu  besetzen 
hatte.  Dieser  hatte  vier  Bataillone,  von  denen  zwei  von  den  Obersten 
Ried  und  Kleefeld  commandiet  wurden ;  auch  standen  ihm  acht  Kanonen 
zu  Gebote.  Haddick  stellte  seine  Leute  an  drei  Orten  auf  den  An- 
hohen auf  lind'  liess,  als  die  Preussen  am  19.  zwischen  5  und  6  Uhr 
Abends  vorbeizogen,  einen  dreifachen  Angriff  auf  diese  machen.  Da 
aber  die  durch  den  Ueberfall  zu  Hasel  gestörte  Ordnung  in  ihren 
Reihen  wieder  hergestellt  war,  so  vertheidigten  sie  sich  energisch« 
Den  weiteren  Verlauf  erzählt  Wieds  Belation  also: 

s  Wir  hatten  die  Anhöhe  und  die  vertieften  Wege  vor  uns,  nach- 
deme  aber  von  der  erstgesagten  Anhöhe  unsere  Stücke  unter  die 
Feinde  mit  Empfindlichkeit  gespiehlet  wurden,  dargegen  auf  preussischer 
Seite  gälte  es  meistens  den  Bäumen  und  der  leimigen  Erde  und  wie 
der  Croat  seinen  Angriff  machet,  ist  auch  bekannt  Derowegen  käme 
der  Feind  gleich  anfanglich  etwas  in  das  Weichen  und  erbeuteten 
hierdurch  46  Wägen  mit  Munition,  Bagage  und  184  Pferde,  der  Feind 
brachte  sich  abermahl  auf  das  eheste  in  wohlgeschlossener  Enge,  doch 
die  wurde  wie  vormahlen  von  denen  croatischen  Grenadieren  zer- 
trennet; denn  diese  brt^chen  iu  schönster  und  wohlgeschlossener  Ord^ 


408  Mayer. 

nimg  in  sie  hinein  und  nahmen  ihnen  zwey  Stftek  ab.  Auf  denen 
anderen  zwey  Seiten  warde  mit  gleicher  Bravoor  gestritten,  dassaufl 
dem  feindlichen  Treffen  129  Mann  in  wehrend  deme  Qberliefeii;  be- 
greiflich wollte  sich  alles  zur  Betirade  anschicken  und  der  gegen- 
theilige  General  wäre  anselbsten  confus,  indeme  er  nicht  wusste,  auf 
was  Seiten  er  sich  zu  wenden  habe,  um  seine  Mannschafft  herzusteDen. 
Unter  wehrend  diesem  kamen  6  Bataillons  und  secundieten  ihre  wan- 
kenden Gammeraden.  Natürlicher  Weise  stellten  sich  diese  zum  Laufien 
gerichtete  Feinde  auf  das  Neue  dar  und  die  angekommenen  machten 
ein  desperates  Feuer,  zwar  nicht  mit  viel  Schaden  der  ünserigen, 
doch  machten  sie  wenigstens  ein  erstaunliches  Knallen ;  unsere  Croaten 
hingegen  feuerten  so  sicher,  dass  denen  Preussen  die  Dennkungsarth 
auf  ewig  benommen  wurde.  2000  Brandenburger  wollten  es  mit  Ge- 
walt erzwingen,  um  die  Anhohe  zu  behaupten,  da  käme  mein  Klee- 
feld ihnen  an  die  Seite,  brache  mit  dem  SSbel  würkUch  ein  und  die 
anderen  machten  ein  solches  Feuer,  dass  alles  zugleich  7on  ihnen 
Brandenburgern  den  TOrigen  Platz  suchen  mussten,  aber  nicht  mit 
wenigem  Verlust;  indeme  aber  bey  uns  so  gefeuert  wurde,  dass  sowohl 
unsere  als  die  abgenonmiene*  feindliche  Munition  yerschossen  wäre, 
musste  alsdann  der  Haddick  auf  die  Zurückziehung  bedacht  aejn, 
dann  er  bis  Sy^  Stunde  sich  ohne  zu  erhohlen  rauffte;  der  General 
und  die  Christen  hatten  unglaubliche  Mühe  diese  Leuthe  zurück- 
zubringen und  da  man  sie  endlichen  auf  der  ToUstandigen  Anhohe 
hatte,  musste  man  diese  ausserordentliche  die  Welt  ihres  Gleichen 
nicht  habende  tapfere  Männer  auf  festem  Fusse  lassen.  Der  Feind 
zohe  sich,  ohne  viel  Wesens  zu  machen,  ebenmässig  zurück  und  da 
er  vollständig  entwichen,  wollten  sie  ihre  eroberte  Stück  mit  sich 
schleppen,  welches  die  Feinde  in  dieser  Betirade  zurückliessen  aus 
Sorge  nochmahlen  Yon  ihnen  offiers  gemeldten  Croaten  angegriffen 
Zu  werden,  allein  es  wäre  nicht  möglich  wegen  dem  Wege  selbigen 
Abends  herauszubringen,  sondern  mussten  bis  andern  Tags  liegen 
yerbleiben,  doch  den  frühesten  Morgen  darauf  wurden  sie  auch  mit 
grosser  Mühe  yon  ihnen  zurückgebracht  Wir  yerlohren  zwey  Haupt- 
leuthe,  3  Lieutenants  und  164  Todte,  214  Mann  Blessirte,  darunter 
der  Cbriste  Bied,  4  Hauptleuthe  und  ein  Lieutenant  leicht  yerwundel 
Vom  Feinde  hatten  die  Erde  zu  suchen  486  und  Ge&ngene  185  and 
herüber  lieffen  zusammen  423.  Sträflich  wäre  es,  wenn  dieses  die 
Feder  yor  sich  behielte  und  nicht  meldete,  dass  in  dem  Einhauen  ein 
Feldwäbel  mit  82  Mann  zu  tief  gekommen,  so  dass  sie  nichts  anders 
yor  sich  hatten  als  sich  zu  ergeben;  das  wollte  ihnen  aber  nicht  in 
den  Eopf  und  wütheten  unter  denen   Brandenburgern  deigestalten. 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  4 Od 

dass  wir  allhier  bey  Ablesung  dessen  anselbsten  uns  hierüber  meht 
genugsam  yerwundem  kunnten,  dass  die  Feinde  einander  selbsten  zu- 
roflten:  ^Sind  denn  die  Höllische  oroatische  Backers  unsterblich?* 
Mithin  dieselbe  auf  das  Neue  mit  Oewalt  ansetzten,  stossen  und 
haneten  und  dannoch  hiebe  sieh  der  Feldwäbel  mit  13  Mann  heraus 
und  recht  k  tempo,  dann  der  ESeefeld  hatte  das  änderte  mahl  theils 
mit  Feuer,  theils  mit  dem  Säbel  den  Angrif  gemacht  und  mit  diesem 
eontinuirten  sie  noch  eine  Weile,  bis  man  sie  zurück  heissete,  dann 
ausser  8  waren  alle  blessirt,  wie  der  Feldwäbel  einen  Stoss  in  der 
Seite  und  2  Hiebe  hatte  Der  generöse  Dann  liesse  jedem  von  diesen 
Männern  zwey  Ducaten  zukommen.  Der  Feind  machte  Halte  auf  die 
zwey  mit  Nachdruck  versetzte  Streiche.* 

Am  andern  Tage,  20.  Juli,  zog  Oeneral  Winterfeld  mit  einer 
starken  Abtheilung  denselben  Weg,  ,  und  da  er  die  Ueberbleibsel  ge- 
sehen, schüttelte  er  seinen"^  Kopf  nicht  wenig  hierüber,  liesse  alles 
mit  nicht  kleiner  Mühe  und  Klage,  um  nicht  etwa  selbsten  angegriffen 
zu  werden,  von  dannen  räumen,  damit  denen  nachfolgenden  der 
Marche  erleichtert  werde,  wie  auch  der  Prinz  von  Bevem  anselbsten 
mit  der  Avant-Garde  Nachmittag  4  ühr  aufbrache  mit  einem  Thefle 
der  Bagage,  welche  vorwärts  her  zu  marchiren  hatte  und  nacher 
Beterwiz  (?)  also  zohe.  Er  hatte  9  ühr  frühe  sich  zu  diesem  Auf- 
«.^Irach  resolviren  wollen,  allein  es  wurde  ihme  rückstellig  gemacht  mit 
deme,  dfirss  die  Eayserlichen  noch  stark  postirter  in  vorigen  Orthen 
standen,  derowegen  verbliebe  es  bis  obig  gesagter  Mittags-Ühr.  * 

Am  folgenden  Tage  theilte  General  Beck  seine  Mannschaft: 
100  Croaten  und  ebensoviele  Husaren  schickte  er  nach  Georgenthal, 
er  selbst  stellte  sich  mit  2000  Croaten  und  500  Beitem  nadi  Tollen- 
stein, während  200  Mann  die  Wege  in  der  Nähe  des  Ealtenberges 
zw  überwachen  hatten.  Auf  der  Höhe  dieses  Berges  stand  der  Oberst- 
Wachtmeister  O'Donell  mit  300  Beitern.  Den  21.  passirte  diese  Wege 
ein  Zug  von  400  Wägen,  welche  O^Donell  weit  in  die  engen  Wege 
einfahren  liess ;  dann  liess  er  hundert  seiner  Beiter  absitzen  und  einen 
Angriff  auf  die  feindliche  Bedeckungsmannschaft  machen,  während  die 
übrigen  Beiter  unter  grossem  Geschrei  bald  da  bald  dort  Salve  gaben, 
so  dass  die  Freussen  von  einer  weit  grösseren  Menge  angegriffen  zu 
sein  glaubten,  als  es  wirklich  der  Fall  war.  Sie  setzten  einige  Wägen 
in  Brand,  die  übrigen  Hessen  sie  nebst  23  Todten  bei  ihrer  eiligen 
Flucht  zurück. 

üeber  Georgenthal  gelangte  eine  Abtheilung  der  Freussen  nach 
Bumburg ;  als  sie  aus  dieser  Stadt  ausgezogen  waren,  wurden  sie  von 
dem  Obersten  Brodanowich  überfallen ,    der  drei  Bataillone  Croaten, 


410  Mayer. 

awei  Grenadieroompagnien  und  sechs  Kanonen  unter  sich  hatte.  Graf 
Wied  erzählt  dieses  Ereigniss  in  folgender  Weise: 

aDer  Obriste  Frodanowich  .  .  .  träfe  eben  auf  den  entwichenen 
Feind,  wie  er  bey  Bomburg  ausmarschirte,  setzte  sich  gleich  allen 
andern  zwischen  bedeckte  Wege  und  liesse  den  Feind  einen  guten 
Theil  anmarschiren,  wie  er  aber  sähe,  dass  ihn  derselbe  yermerUe, 
brache  er  Obrister  Anfangs  nur  mit  einem  Bataillon  hervor;  der 
Feind  machte  eine  Wand  und  feuerte  auf  sie.  Mein  Obrister  wäre 
findig  und  brachte  4  Stück  an  die  Anhohe,  mit  denen  er  so  unter 
dieselben  feuerte,  dass  man  durchaus  Allarm  schlüge,  seine  weitere 
lobwürdige  Präsenz  brachte  die  Feinde  in  grosse  Gonfusion,  indeme 
er  die  Anhöhe  mit  denen  Grenadiers  und  einem  Bataillon  besetzen 
liesse,  auch  sogar  gienge  dasselbe  mit  grösster  Bage  auf  die  Feinde 
und  das  dritte  käme  mit  ihme  Obristen  mit  zwej  Stücken  angesogen 
aus  eben  diesem  engen  FassJ  Seine  rühmliche  Vorsichtigkeit  gehet 
noch  weiters:  weilen  dieser  erstbenannte  hole  Weg  von  keinw  Dauer 
wäre,  so  dass  man  ihme  rückwärts  leicht  mit  der  Cavallerie  bej- 
kommen  konnte,  hierwegen  stellte  er  400  Croaten  dahin,  mithin  war« 
der  Bücken  sicher  fr^y.  Wie  der  Feind  auf  vorige  Arth  anmarsdiiren 
und  aus  dem  abermahlen  besagten  hohlen  Wege  noch  mehrere  Troappen 
anrücken  sähe,  auch  par  ha^ard  600  Husaren  ebenmässig  hierzu* 
traffen,  brachten  diese  unsere  Gegner  in  Gonfusion.  Die  feindliche 
Mannschafft,  welche  voraus  wäre,  setzte  ihren  Marche  mit  grossen  und 
gezwungenen  Schritten  fort  bis  auf  3000  Mann,  welche  den  Best  der 
Bagage  nicht  zurücklassen  wollten,  allein  unsere  Groaten  feuerten  aus 
grossem  und  kleinem  Gewehr,  dass  auch  diese,  welche  zwar  ihre 
Schuldigkeit  auf  das  Höchste  trieben,  letztens  nicht  mehr  Standt 
hielten,  sondern  sie  liefen  und  musste  mancher  seinen  Kopf  in  diesem 
Lauf  verlohren  geben.  Wir  erhielten  also  hierbey  3  Canons  mit 
ihren  Karren,  141  Wägen,  worunter  18  mit  Officiers-Bagage,  112 
Fferde  und  183  Todte  auf  dem  Flatz  liessen,  34  wurden  ge&ngen 
worunter  ein  Hauptmann,  2  Lieutenants  und  herüber  desertirten 
102  Mann.  Wir  hatten  hiegegen  59  todt,  hierunter  ein  Haupt» 
mann,  3  Lieutenants  und  75  Blessirte.  Der  Obriste  brachte  Alles 
in  diesem  Weg  mit  besonderer  Eilfertigkeit,  weilen  einige  weithere 
Trouppen  von  dem  Freussen  nachmarchirten;  die  Husaren  machten 
ihnen  im  Nachhauen  noch  Mannschafft  nieder,  auch  12  Pro* 
viant- Wägen  abgenommen.  Es  hat  denenselben  aber  die  Zeit 
noch  gönnen  wollen  in  gleiches  Loch  sich  mit  einzudringen.  Der 
Feind  ersähe  sie,  nicht  glaubend,  dass  eine  grössere  Force  hier* 
unter  stecke,  mithin  kamen  sie  mit  Dragoner  und  Husaren  aaf  die 


Zur  Geschichte  des  siebei^ahrigen  Krieges.  411 

unsorige,  sie  seynd  aber  kaum  angepralle^,  so  sahen  sie  alles  iQtb 
und  piit  gross  und  kleinem  Gewekr  auf  sie  Feuer  geben,  ^dass  26  deren 
gestreckter  dalagen,  auf  dlesa  sidi  jene -ohne  weither»  um  üise  In- 
fanterie umsahen.  Der  diese  Trouppen^  welche  auf  6000  Mann  ge«; 
halten  wurden,  cpmmandirte,  ritte  ihnen*  entgegen«  Yorstellend,*  waimm 
sie  die  Eysen  mit  solcher  Zaghaftigheit  dem  Feuide  zeigten;  Er  muas 
aber  den  Empfang  y^mommen  haben,  nachdem  er  ^eit^yon*  dieaem 
Weg  abwiche.'  Unsere  Husaren  kamen  mit  denen  Batpillona  Croaten 
und  Grenadiers  hervor.  Bey  Ersehung  jenes  AuCmarsohea  liesse  d^r 
Feind  seine  Infanterie  Quarre  machen  und  die  Cayallerie.muste.. diese 
bedecken,  dahero  der  Obriste  diesen  Marche  eine  Weile  zugesehen, 
sodann  seine  Leuthe  in  Sicherheit  brachte.  * 

Der  Herzog  von  Beyern  wurde  auch  noch  am  20,  Naehmittage 
bei  Sohonbom  Yon  den  Oesterr^chern  unter  Oenerd  Beck  angei^e^ 
und  yon  drei  bis  zehn  Uhr  Nachts  aufgehalten.  Die^Oesterreii^er 
standen  in  einem  Walde,  aus  dem  sie  auf  die  Freussen'  ei^  ^^Mrmefl 
Feuer  eröffneten;  so  oft  diese  weiter  marschiren  wollten,  machte^  eine 
Abiheilung  Croaten  einen  Ausfall  und  stOrzte  sich  mit  dem  Säbel  in 
der  Faust  auf  den  Feind  Dieser  liess  endlich  yier  GrenadierrBataiUone, 
die  Jager-Corps,  sowie  einige  Dragoner  und  Husaren  gegen  die  Oesterr 
reicher  yprradcen;  aber  sie  richteten  nichts  aua,  zumal  die  Belteor 
schienen  nur  zu  dem  da  zu  sein,  dass  ,  man  dieselben  yon  den  Pferden 
schiessen  kunte.'  Auch  die  preuasifichen  Fusstruppen  wurden  durch 
das  Feuer  der  Croaten  stark  gelichtet ,  so  dass  sie  sich  zurückzogen« 
,  Alsdann  ginge  Alles  darauf  über  und  über,  ^man  käme  an  des  Feindes 
Bagage,  schnitte  die  Strange  ab,  yernagelte  ihnen  yier  Stück ;  ehe  es 
aber  auf  den  yöUigen  preuasischen  Buin  ankäme,  trafen  1000  Carl-; 
stadter,  800  croatische  Banal-Infanteristen  yon  Haddick  ein,  darauf 
käme  es  zu  dem  Brechen:  die  Freussen  spanneten  die  Pferd  und  iheils 
schnitten  die  Stränge  ab ,  seta^n  sich'  darauf,  wie  sich  auch  yiele 
Grenadiers  yerkrochen  und  alles  rechts  und  links  auf  jene  Arth  durch-* 
ginge,  wie  er  auch  mit  denen  Backöfen  66  Wagen  zurücklassen  musste. 
Die  Leuthe  aber  theUten  sie  untereinander  und  die  53  Pferde ,  die 
eben  durch  die  Tapferkeit  uns  zu  Theil  geworden,  anhero  geschicket 
mit  denen  Ueberlauffern  und  193  Prisoneurs;  auch  auf  ^em,  Platz 
blieben  2Q8  Mann,  dann  diese  wurden  rein  ausgezogen  und  gezdüet 
Wie  yiel  Verwundete,  ist  zu  erachten,  sie  hatten  4  Hauptleuthe  und 
7  ^eutenants  yerlohren.  Wir  haben  einen  entseelten  Lieutenant, 
hingegen  5  Hauptleuthe  und  9  Lieutenants,  blessirt,  unter  letzteren 
nur  zwe;,  welche  sich  zurückgehalten  haben,  denen  anderen  gestatten 
eB    ihre  Wunden,  dass  sie  den  Dienst  weithers  prose^uiren  können 


412  Mayer, 

und  so  gehet  es  mit  den  Gememen.    Es  sind  88  mit  letzteren,  allein 
all  diese  werden  ihre  eigene  Feldscherers  seyn  und  46  blieben.* 

Am  20.  Jnli  war  auch  König  Friedrich  von  Leitmeritz  abgezogen, 
gieng  fiber  die  Elbe  und  rückte  gegen  Aussig.  Nadasdy  hatte  schon 
frfiher  in  das  Hauptquartier  berichtet,  dass  der  Abmarsch  beTorstehe 
und  gebeten,  man  möge  ihm  keine  Truppen  abnehmen,  und  ihm  eine 
halbe  Stunde  Ton  seinem  Lager  eine  Brücke  über  die  Elbe  schlagen 
lassen.  Dann  befürwortete  dieses  Ansuchen  »mit  besonderer  Belobung 
seiner  yemünffbigen  Vorstellung,  anderen  aber  käme  es  thum  tot. 
wie  wir  es  nach  der  Hand  haben  in  ErfSährung  gebracht,  ja  wenn  er 
seine  Truppen  zu  Mercurios  hätte  machen  können,  so  würde  alsdann 
ein  guter  Effect  hieraus  geworden  sein.*  Noch  einmal  verlangte  er 
die  Brücke ;  wenn  man  sie  ihm  nicht  machen  lasse,  so  wisse  er  nicht, 
wie  er  dem  Feind  „eines  anbringen  könne.*  Er  erhielt  die  Brücke 
nicht;  als  daher  König  Friedrich  über  die  Elbe  gegangen  war  und 
die  Brücke  yerbrannt  hatte,  war  Nadasdy  an  der  Verfolgung  gehindert 
Wied  erzShlt:  «Die  Starke  wurde  ihm  benommen,  die  Brücken  Ter- 
saget,  also  was  wäre  zu  thun?  Wie  er  noch  weiters  yemahm,  dass 
sie  auf  der  andern  Seite  der  Elbe  sich  gelagert,  so  liesse  er  Hussaren. 
weilen  sie  mehr  des  Schwimmens  als  des  Fluges  kundig  sind,  anf 
jene  Art  hinüberruhmen (!),  damit  doch  der  Feind  sähe,  dass  man 
ihme  will  Abbruch  thun.  *  Auch  schrieb  er  an  Dann  einen  Briefe  in 
welchem  er  in  urwüchsiger  Sprache  seinem  ganzen  Groll  Ausdruck 
gab.  Er  lautete  folgender  Massen:  «Was  helffen  anietzo  Ewr.  Excellenz 
und  meine  so  gai  gemachten  Dispositionen?  Bey  Ihnen  wurden  die 
Anschlage  vor  genehm  gehalten,  bey  anderen  musten  sie  zu  Grunde 
gerichtet  werden.  Wer  profitiret  ietzo  hiervon?  Der  Feind  und  (wir) 
müssen  mitten  in  unserer  Gloire  ihm  dannoch  zum  Gelachter  seyn. 
Wir  haben  viele  Eisenfresser  bei  der  dermahligen  Armee  und  diese 
Kerls  können  mit  schwehrer  Noth  ein  Ey  verdauen.  Ew.  Excellenz 
halten  sich  nur  fest,  ansonsten  befürchte,  wir  gehen  weit  von  der 
Strassen  ab.  Ich  liesse  es  durch  einen  Expressen  dem  Laudon  melden, 
dass  die  Bagage  den  20.  hier  aufgebrochen  seye,  darauf  er  mir  meldete, 
dass  er  sich  gleich  an  das  Eimer  Gebüi^  begeben  wolle  und  nach 
der  äussersten  Schuldigkeit  trachte.  Den  Draskowiz  beorderte  ich 
nacher  Schreckenstein  mit  Infanterie  und  Cavallerie,  damit  er  dortigen 
Orth  erzwinge  und  verstärkte  untereinstens  den  Laudon,  dann  ich 
glaube,  dass  er  stets  mit  einer  starken  Mannschaft  versehen  sevn 
muss  wegen  seines  Espiis.  Ich  richtete  meinen  Weg  nacher  Tetsdien 
und  der  Feind  sich  nacher  Aussig.  Sie  werden'  es  wegen  ererbter 
Vernunft  gut  beissen,  wissen  Sie  mir  aber  bey  diesem  elenden  Com- 


2ar  Geichiolite  des  8iebei\jfthrigen  Krieg«.  4  IS 

mando  eine  weitere  Hülfe,  so  erwarte  dieee  mit  YerlongeiL  Der 
Nadasti  ist  aufrichtig  wünschend,  das«  es  Ihnen  bei  Zittau  besser 
ergehe  und  Ihre  Gedanken,  das  wahrhaffte  und  von  Ihnen  wohl- 
meinende Zihl  erreichen  mögen,  der  ich  bin'  ^). 

Wie  Nadasdj  gesagt  hatte,  zog  er  nach  Tetschen.  In  dieser 
Stadt  standen  1000  Preussen,  welche  auf  die  Nachricht  von  der  ^^ 
naherung  der  Oesterreicher  abzogen,  worauf  Nadasdy  die  Stadt  zu 
seinem  Hauptquartier  machte.  Draskovich  war  unterdessen  gegen 
Schreckenstein  marschirt  und  hatte  dort  260  Preussen  zu  Gefisuigenen 
gemacht  Von  da  sollte  er  mit  dem  Obersten  Wela  gegen  Schandan 
vorrücken.  König  Friedrich  aber  zog  über  den  Nollendorfer  Pass 
nach  Pirna. 

in. 

Die  Brobenmg  der  Stadt  Zittau. 

Die  Eroberung  der  Stadt  Zittau  hat  den  Oesterreichem  viel  Tadel 
eingebracht  Die  Verbrennung  der  offenen  Handels-  und  Gewerbstadt, 
heisst  es  bei  Schafer'),  war  eine  Brutalitat,  welche  Freund  und  Feind 
mit  gleichem  Abscheu  yerurtheilten.  Vom  militärischen  Gesichtspunkte 
betrachtet  war  die  Einnahme  von  Zittau  nicht  einmal  des  Pulvers 
werth,  das  man  dabei  au%ewandt  hatte,  denn  die  Preussen  waren 
viel  zu  schwach,  um  zur  Behauptung  ihrer  &st  geleerten  Magazine 
eine  Schlacht  zu  wagen.  Da  ist  es  jedenfalls  von  Bedeutung,  den 
Belieht  eines  österreichischen  Generals  des  Hauptquartiers  zu  ver- 
nehmen.   Graf  Wied  schreibt: 

9  Hatte  man  die  Marche  so  continuiret,  welche  gering  waren  und 
die  Armee  auf  dem  Fuss  nachfolgen,  sich  aber  mit  denen  Aufforderungen 
nicht  bethören  lassen,  so  würde  mein  Bevem  einen  anderen  Weg  zu 
suchen  gehabt  haben,  die  vollständige  Garnison  mit  denen  darinnen 
hoch  niedergesetzten  Generalen  wenigstens  zu  Prisoneurs  gemacht 
worden  seyn  und  Zittau  würde  mehr  verschonet  geblieben  seyn  und 
dieses  ist  der  wahre  Grundstein,  welcher  nicht  sogleich  von  dannen 
geschafft  werden  wird.  Der  Eeil*)  käme  also  vor  diese  Stadt,  liesse 
68,  wie  seine  Ordre  lautet,  von  dem  Artillerie-Obristen  von  Waldenau 
auffordern,  darauf  ihme  der  Schmettau   und  Prinz  von  Braunschweig 


0  Baiu  msoht  Wied  die  Bemerkung:  »Dieser  (Brief)  wurde  mir  gegeben 
xor  AbsdkxifPb,  damit  £•  F.  duich  dieae  Haupt-Belation  oder  Purticulier-Sohreibeii 
in  allen  in  das  wahrhafte  gebracht  werden*  Anietso  beobachten  Sie  an  dem 
PauBf  wie  alles  auf  seine  Schalter  hat  mögen  geleget  werden,  gut  ist  es,  dass 
dieser  werthe  Dann  diesen  Nahmen  führet,  dafem  er  aber  diesen  nicht  trfige, 
alsdann  mOgte  sehen,  wie  es  mit  uns  sähe.*  *)  Geschichte  des  siebenjährigen 
Klieges  I,  SC 5.        *)  Der  schon  erwähnte  FZM.  Karl  Gustav  voa  KheiL 


414  *      '  Marer. 

Mt  deine. 'beantworteten,  dtfss' sie  gedenken,  diesen  Orih  bis  auf  den 
IiMstefn  'Mann  Tsn  rertheidij^en ,  weilen  sie  niclht  änderst  sprechen 
knnfen,  dann  ohnehin  wnsMen,  dass  der  Berem  noch  dieser  Tage 
Yor  ihrer  Nase  stehen  würde.  Wir  sind  also^^nfit  dem  Ganzen  nach- 
gerückt and  haben  uns  zwischen  Krottau  und  1]lirchau  gelagert;  ein 
Theil  tmter  Lnchesi  nnd  Ahrenberg  passirte  die  Neiss,  damit  sie  der 
Stadt -näher  kämen,  wann  aber  der  weith  aussehende  Dann  nicht 
damüf  gedacht,  würde  zu  6abel  nichts  verblieben  seyn;  dann  man 
wdäte  auf  gar  nichts  reflectiren,  sondern  man  musste  über  Hals  und 
Kopf  marsehireiL,  als  wenn  man  die  Zittauer  Mauern  mit  denen  yielen 
Händen  ttbern  Häuften  werffen  könnte.  Allein  was  war  dies?  Den 
20.  war  der  Bevem  nahe  oder  gar  hievor  (wenn  der  General  Bieck 
nicht  das  Seinige  gethan  hätte)  und  den  21.  schon  um  5  Uhr  Abends 
von  Oderwitz  herrorgebrochen  und  sich  der  Stadt  untereinstens  ge- 
nähert^, mithin)  war  es  nicht  mehr  möglich,  dass  dieses  Ton  uns  in 
eine  Hindemuss  hätte  können  gebracht  werden.  Diese  obigis  An- 
spomung  ist  zu  qpät  gewesen,  man  hätte  vor  3  Tagen  auf  jene 
Arth  dieser  Stadt  so  zueilen  sollen  und  mehr  denen  aicheren  Ge- 
neralen Glauben  beymeasen,  als  denen  Obristen,  H«uptleathw  und 
Lieutenants.  Der  Pohn  mit  dem  Feuerstein  sähe  die  Plätte  aus,  wo 
man  die  Batterien  aufzurichten  hätte  und  den  22.  darauf  wurde  der 
Dann  berufen,  dass  er  mit  denen  anderen  alles  in  Augenachrai  nehmen 
sollte«  Er  ertheilte  aber  mit  Arth,  wie  er  alles  angesehen,  die  Ant* 
wort  dahin,  dass  er  sähe,  dass  die  ganze  Attaque  mit  einer  Yenäuin- 
nuss  seye  yprgenommen  worden  und  überliesse  uns  die  Hofiiung  nicht, 
die  Lorbeer^Cräntze  einzusammeln.  Femer  spinch  erz  Der  Feind  hat 
sein/^  Lage  am  besten,  ohne  angegriffen  zu  werden  und  sollte  jener 
Angriff  yesi  gestellt  bleiben,  so  ist  auf  ihm  keine  Rechnung  zu  maehen, 
dann  sie  soUten  nur  anselbsten  betrachten,  das  Bevem  sein  unso^ 
längliches  Lager,  welches  mit  einem  Angel  versehen  und-  der  sschtt 
Flügel  sich  der  Stadt  anklebet  und  den  andern  stellten  ihme  die  Beige 
sicher,'  die  Guamison,  sollten  sie  glauben,  dass  er  dieselbige  an  sieb 
gesogen,  mithin  dermahlen  glaubte,  dass  niehte  andern  doomkka  ? or- 
f^iwkmim  seye,  als  dass  man  noch^  eine  Fontens-Brficbea  über  Ar 
Neiss  werffe,  damit  die  Communication  auf  sichere  Stützen  gesetzt 
werde;  hingegen  dass  man  sagte,  er  habe  den  General  Beck  im  Bücken« 
ist  gut,  wann  er  abmarschiret,  nicht  aber,  dius  detrsÄbe  inzi  &ttt 
geringen  Mannschafft  den  Feind  in  diesem  Tortheil  nicht  schlage^ 
auch  nicht  firenuir ,  dass  die  Armee  den  feindlichen  Corps  Fronte 
Biaohet,  sondem  dass  man  auch  seboi  so  viel  nur  mSglioh,  vtelches 
sehr  leicht  thanlich  ist,  den  ganzen   ümkreiss  einzuschliessen.    Das 


Zur  GeBOhicliie  des  sieb^'&hrigen  Erieg«e.  415 

gesehakö  und  wurde  mir  alsogleich  von  ihme  Daän  all  dieses  anver«- 
trauei  Leteliclieii  meldet  er  Feld-Marschall^  da^  man  sich  doch  mü 
so  Tielen  Anfforderongen  nicht  aufhalten  mögte^  ansonsten  auch  dieser 
Best  entwischen  würde.  Das  Letzte  geschähe  nicht  wegen  deme,  weilen 
man  mit  denen  Zittauem  Mitleiden  trüge,  wo  es  sodann  doch  in  der 
Tasche  yerwandelt  wurde  und  all  Vorgehendes  spräche  er  mit  lädraln- 
dem  Munde,  wie  er  mir  aber  sagte,  hätte  derselbe  geglaubet,  er  müsse 
Yor  Galle  zu  Grunde  g^ehen.  Man  erführe  vonLuchesi,  dass  der  Preues 
anfiinge,  den  Proviant  aus  der  Stadt  tu  fthren,  da  finge  auch  mein 
Feuerstein  an ,  nach  seiner  Gewohnheit  Feuer  diergestalten  auf  aUen 
Ecken  zu  machen,  dass  man  alles  gleich  in  Brand  sähe,  unter  dieser 
Zeit  wurde  mehrmahlen  voriger  Obrister  hingeschicket;  darauf  erhielte 
er,  dass  der  dermahlige  Commandant  Obrist  von  Diröke  nicÄt  vor* 
mögend  wäre,  ohne  Bevem  eine  Besolution  zu  geben.  Darauf  wufd^ 
wie  vor  continuiret;  er  musste  aber  nach  Mittag  3  Uhr  mehrmaUoi 
dahin  wandern  und  auf  sein  gegebenes  Zeichen  wurde  das  Thor  ge* 
fifhet.  Er  musste  den  Commandanten  alles  vorstellig  maohoi,  der- 
selbige  aber  gebrauchte  sich  des  vorigen  mit  Entschuldigung,  dass  er 
noch  keine  Antwort  von  seinem  Printzen  erhalten,  wollte  man  ihme 
eine  Stunde  aushalten,  ohne  weiteres  zu  operiren,  so  würde  er  nach 
Verfliessung  dieser  Zeit  die  Belation  von  sich  geben  und  das  ge- 
stünde man  ihme  auch  noch  ein.  Es  erreichte  also  die  eine  halbe 
Stunde  ihre  letzte  Minute  und  liesse  den  Buf  schlagen,  allein  weder 
mündlich  noch  mit  einem  Bed-Bohr  vernähme  der  Commandant,  was 
man  darinnen  wolle  ausser,  dass  dieselben  mehreren  Proviant  hatten 
aas  der  Stadt  bringen  mögen.  Bey  Ersehung  dessen  wurde  die  Gutig- 
keit  in  einem  heft^en  Zorn  übertragen  und  der  Feuerstein,  deme  es 
ein  gewünschter  Handel  wäre,  musste  der  Stadt  ein  Ende  machen. 
Unter  dieser  Zeit  sprangen  über  die  Mauern  121  preussische  Mann- 
schafft,  weilen  sie  von  oben  und  untmi  die  Hitze  nicht  mehr  erdulden 
wollten  und  stellten  sich  als  Deserteurs  bey  uns  eiui  es  seynd  aber 
meistens  Sachsen  gewesen. 

Unter  all  dieser  Zeit  zohen  sich  1000  Mann  zu  der  Bevernischea 
Armee  und  der  Obriste  sollte  dem  Schicksal  übergeben  sein.  End- 
lichen musste  der  General-F.-Wachtmeister  ButÜer  auf  das  halbauf- 
geschlossene Frauenthor,  wohin  eine  Batterie  gerichtet  wäre,  mit 
In£Euaterie  avanciren,  hatte  aber  nicht  viel  Geüfthr  und  Mühe  sich  ein- 
zudrängen und  nähme  die  vom  Feinde  gutwillig  zurückgetassene  Mann- 
schafft gefangen,  wo  aber  hiebey  die  Gelassenheit  derer  Croaten  sehr 
bewundert  wurde,  indeme  sie  alles  pardonirten,  das  ist  ako  das  zweite 
tdM*  Diese  bestunden  in  einem  Major,  einem  Haaptmdnn,  5 


416  Mayet. 

uants,  2  Fähndrich  und  260  Gemeine.  Den  Commandanten  liesse 
man  laufen,  weil  er  Torgabe,  daas  er  nur  w^en  der  weiteren  Ordre 
in  der  Stadt  verbliebe,  ansonsten  er  das  Gonunando  ohnedeme  dem 
Major  würde  übergeben  haben,  abermahlen  gut  Zehn  Fahnen,  viele 
Patronen,  Stückkugeln  und  Mehl,  welches  in  4809  Fässern  bestände, 
wurde  darbey  erhalten,  weiters  wollte  man  die  Thore  gegen  den  Feind 
nur  glatterdings  schliessen ;  dar  wider  spräche  der  Dann  und  er  liesse 
dasselbe  verbollwerken,  gegen  unseren  Lager  bliebe  alles  offen,  unser 
Gonmumdant  Printz  beordrete  2  Regimenter,  dass  die  Stadt  von  denen 
rasenden  Flammen  in  etwas  mögte  gehemmet  werden,  doch  was  man 
zu  Dämpfung  dieser  herrschaffen  sollte,  hat  schon  ehe  das  Feuer  in 
die  Asche  gelegt  Es  wäre  ein  Elend  anzusehen,  dass  dieser  schöne 
Ort  mal  a  propo  denen  Flammen  zu  ihrer  Wuth  hat  können  über- 
geben werden,  wie  es  auch  anselbsten  der  Daun  diese  in  nichts  ver- 
wandelte Stadt  mit  Schreyen  und  Heylen  der  wenigen  übergebliebenen 
Inwohner  nicht  auf  die  Länge  ansehen  und  anhören  konnte.  Was 
noch  .mehr,  dass  der  Feind  die  Kühnheit  hatte,  mit  10,000  M.  In- 
ÜEUiterie  und  Cavallerie  der  Stadt  nachmahlen  näher  zu  konunen;  wie 
man  es  aber  unserem  Feldmarschall  berichtete,  so  meldete  dieser  hier- 
auf, dass  er  glaubete,  man  solle  nicht  irrig  werden  und  in  der  Po- 
sition also  verbleiben,  ausser  dass  man  2  Lifanterie-Hegimenter  hinter 
dem  alldortigen  Teiche  und  Morast  stellen  solle,  weilen  der  Feind 
diesen  Weg,  ohne  demselben  auszuweichen,  zu  nehmen  hat,  mithin 
zu  ersehen,  dass  dieser  feindliche  Marche  in  Nebel  beschahe;  hierauf 
er  glaubte,  dass  er  von  uns  angegriffen  seyn  sollte,  derowegen  machte 
derselbe  Quarrt  und  suchte  sein  voriges  Lager,  wie  er  noch  den  24 
in  der  Nacht  auf  brache  und  nacher  Bauzen  seinen  Weg  gerichtet; 
er  ist  zwar  von  unserer  Seite  mit  Mannschaft  umgeben  gewesen,  wie 
auch  der  A^outant  von  Eattler,  welcher  diese  Charge  bei  dem  Prinzen 
von  Preussen  versehen,  durch  Irrung  unter  unsere  Leuthe  gekommen. 
Wir  suchten  die  Stadt  weiters  zu  löschen,  welche  Mühe  aber  firucht- 
loss  abliefe,  sondern  kurtz  zu  reden  von  der  Sache :  diese  Stadt  hatte 
ihre  Buhe  mit  vielen  verbrannten  Seelen  in  der  Asche  gefunden. 

Ob  nun  durch  diese  Unternehmung  mehr  dem  Preussen  oder 
Sachsen  ein  Schaden  zugefüget  worden,  das  lasse  anderen  zu  ent- 
scheiden Über.* 

Oraf  Wied  weiss  demnach  nichts  von  der  Aeusserung  des  preussi* 
sehen  Commandanten  Obersten  Diericke,  welche  er  gethan  haben 
soll,  als  er  zur  Uebergabe  au%efordert  wurde :  « Es  stehe  ausser  seinen 
Truppen  die  Bürgerschaft  unter  den  Waffen    und    8000   wehrhafte 


Zur  Gresohiclite  d^  nebexjfthrigen  Krieges.  417 

Banem  des  mnli^enden  Landes  befänden  sich  innerhalb  der  Mauern  *  ^). 
Wie  Graf  Wied  über  die  Einäschernng  dachte,  laset  sich  aus  den 
Schlussworten  seiner  Belation  erkennen. 

IV. 
Das  Treffen  bei  Moys. 

Der  erste  Theil  des  Feldzuges  Yom  Jahre  1757  hatte  glücklich 
für  die  Preussen  begonnen,  aber  durch  die  Schlacht  bei  EoUn  waren 
sie  in  die  Defensiye  gedrängt  worden;  der  zweite  Theil  des  Feldzuges 
begann  demnach  glücklich  ftlr  die  Oesterreicher,  endete  aber  mit  ihrer 
Zorückdrängung  aus  fast  allen  mühsam  erruqgenen  Positionen. 

Zu  den  ersten  gelungenen  Actionen  der  Oesterreicher  im  zweiten 
Theile  des  Feldzuges  gehört  das  Treffen  bei  dem  Dorfe  Moys  nächst 
Görlitz  an  der  Neisse,  über  welches  ein  Bericht  de»  Generals  Grafen 
Wied  ddo.  ,  Hauptquartier  Lauban  vom  6.  bis  12.  September  1757* 
in  ausführlicher  Weise  sich  ergehi  Von  grossem  Interesse  ist  die 
Einleitung  dieser  Action,  welche  mit  den  bisherigen  Darstellungen 
nicht  ganz  stimmt. 

Die  österreichische  Hauptarmee  war  erst  am  2.  September  Ton 
Zittau  aufgebrochen  und  gegen  Bemstadtel  und  Ostriz  gezogen;  von 
da  setzte  sie  ihren  Marsch  gegen  Görlitz  fort,  welches  von  der  prens- 
sischen  Armee  besetzt  war.  Diese  commandirte  der  Herzog  von  Braun- 
schweig-Bevem ,  denn  der  König  Friedrich  war  mit  einer  kleinen 
Abtheilung  westwärts  gezogen.  Im  Nordosten  hatte  Bevern  zur 
Deckung  das  Corps  des  Generals  Winterfeld,  aber  dieser  wurde  stark 
durch  das  Corps  des  österreichischen  Generals  Nadasdy  und  ein  zweites 
Corps,  das  hier  zur  Beserve  gebildet  worden  war,  beunruhigt 

Am  3.  September  erhielt  der  Feldmarschall  Dann  einen  Brief 
de8  Generals  Nadasdy,  der  wörtlich  lautete: 

,  Ihro  Excellenz  kennen  wohl  meinen  Eyfer,  aber  ich  kunte  mit 
denen  Gedanken  sebr  irrig  seyn.  Ich  habe  den  Feind  g^nau  be- 
obachtet und  der  Nadastische  Wurmkopf  (wie  mich  anietzo  einige 
Ton  denen  ünserigen  nennen,  wo  doch  nicht  finde,  dass  von  jenen 
mein  Gehirn  wäre  angegriffen  worden;  bey  denen,  die  ich  verstehen 
will,  werden  jene  Wurme  schon  alles  aufgefressen  haben,  dero wegen 
stellen  sich  die  grosssprecherischen  Kerls  mit  ihren  leeren  Köpfen 
dar.  Ich  muss  vemünfftige  Wurme  besitzen,  denen  wissend  ist,  dass 
ich  es  zu  meiner  Kayserin  und  Er.  Excellenz  Dienste  brauche;  sie 
hatten  aber  dumme,  weilen  sie  gleich  von  ihnen  angegriffen  wurden. 


i)  HuBchberg  176,  180. 

MittlieUaiigen  VII.  27 


418  Mayer, 

Sie  verzeihen:  es  gehet  zu  weit.  Was  macht  es  aus?  Es  schreibt 
dies  der  ohnedessen  bekannte  Nadasti.  Also  zurück!)  sich  getrauet, 
den  Winterfeld  aus  seinem  Yortheile  herauszujagen.  Ich  wollte  den 
5.  in  der  Nacht  eintreffen,  um  meine  Gedanken  vollständig  eröhien 
zu  können.  Approbiren  es  Ew.  Excellenz,  gut!  Die  anderen  werden 
auch  ohnedessen  nicht  begreiffen,  sondern  erlauben,  ich  rede  meine 
Mutter-Sprache  mit  Ihnen.  Wir  kennen  unsere  Leuthe,  mithin  kann  es 
so  unternommen  werden,  wie  von  Er.  Excellenz  die  Vorschrift  za 
erhalten  gedenke  und  sehnlich  hierinnen  seu&e.  Sie  erhalten  mich 
noch  ferners,  ich  werde  mit  aller  Erdenklichkeit  verbleiben  etc.* 

Dieser  sonderbare  Brief,  der  übrigens  ganz  dem  Wesen  des 
Generals  Nadasdy  entspricht,  veranlasste  den  Feldmarschall^  mit  dem 
obersten  Commandirenden  Prinzen  Karl  von  Lothringen  zu  berathen, 
worauf  Nadasdy  berufen  wurde.  Er  traf  am  5.  Abends  ein  und  schon 
in  der  folgenden  Nacht  wurde  Eriegsrath  gehalten,  an  dem  der  Prins 
von  Lothringen,  Daun,  Nadasdy,  der  Herzog  von  Ahrenberg  und 
Graf  Wied  theilnahmen.  Hier  entwickelte  Nadasdy  seine  Gedanken: 
er  schätze  das  Corps  Winterfelds  auf  11,000  Mann;  sein  Lagerstelle 
ein  Dreieck  vor;  der  rechte  Flügel  ziehe  vom  Ufer  der  Neisse  bis  zu 
dem  Holzberg,  der  linke  von  hier  über  das  Dorf  Leopoldshain  an  die 
Neisse  zurück.  Nadasdy  lobte  diese  Aufstellung  sehr.  Er  schlug  vor, 
drei  Oolonnen  bis  zum  Dorfe  Euhna  vorzurücken  und  dort  den  An- 
griff zu  beginnen.  Dann  entwickelte  er  seinen  Plan  bis  in  die  kleinsten 
Details  und  fand  auch  allgemeine  Zustimmung. 

Der  Feldmarschall  theilte  nun  mit  Genehmigung  des  Prinzen  die 
verfügbaren  Mannschaften  in  drei  Golonnen.  An  die  Spitze  der  ersten 
hätte  er  gerne  den  Grafen  Colloredo  gestellt,  allein  dieser  war  eben 
am  5.  September  mit  seinem  Pferde  gestürzt  und  nicht  im  Stande,  das 
Commando  zu  übernehmen.  Daher  trat  der  General  Herzog  von  Ahren- 
berg f&r  ihn  ein,  dem  auch  die  Generale  Breysach  und  Prinz  Stol- 
berg zugewiesen  wurden,  -  während  dem  Marquis  de  Clerici  zur  Pflicht 
gemacht  wurde,  diese  Colonne  zu  unterstützen.  Die  zweite  Colonne 
commandirte  der  Feldmarschalllieutenant  Graf  Nikolaus  Esterhazy,  die 
dritte  der  Graf  Friedrich  Wied.  Die  zwei  Dragonerregimenter  Sachsen- 
Gotha  und  Modena  und  die  sächsischen  Chevauxleger  hatten  die  Seiten 
zu  decken. 

So  sehr  nun  Daun  mit  dem  Plane  Nadasdys  einverstanden  war, 
so  war  er  doch,  wie  man  weiss,  ein  zu  vorsichtiger,  ja  zu  ängstlicber 
Feldherr,  als  dass  er  nicht  zuletzt  doch  wieder  seine  Befiirchtangen 
hätte  äussern  sollen.  Nadasdy  musste  zugeben,  dass  die  Sache  nicht 
leicht  sei,  aber  er  erklärte,  er  werde  sich  dorch  nichts  abschrecken 


Zur  Geschichte  des  debei^ähTigen  Krieges.  419 

lassen.   »Besonders*,  rief  er,  „  wenn  ich  mit  meinen  kroatisch-fUrehter- 
lichen  Bildern  angezogen  kommen  und  ordentlich  unterstützt  werde, 
wie  es  von  Er.  Excellenz  femer  veranstaltet  wurde,  so  ist  der  Winter- 
feld mit  der  göttlichen  (rnade  schon  in  meiner  Tasche."     So  fSgte 
sich  denn  Dauu  und  der  Prinz  von  Lothringen  trat  auf  die  Generale 
Ahrenberg  und  Wied  zu  und  sagte:   «Meine  Herren  Grenerales,   wir 
werden  ein  Pulver  zu  riechen  bekommen,  dann  ich  werde  mit  Ihnen 
in  eigener  Person  dieser  Affaire  jenseits  der  Neisse  g^enwärtig  seyn, 
damit  man  Eure  l^apferkeit  gleich  in  allem  verfestige.'     Dann  aber 
blieb  diesseits  der  Neisse  bei  der  Hauptarmee,  um  bei  einem  etwaigen 
Vorstosse  des  Generals  Bevern  zur  Hand  zu  sein.    Nadaady  und  die 
drei  Golonnen  brachen   in  der  Nacht  vom  6.   auf  den   7.  September 
auf  und  zogen  vorsichtig  nordwärts;   voraus  ritten  400  Reiter.     Die 
preossischen  Vorposten  zogen  sich  so  schnell  zurück,  dass  keiner  ein- 
geholt werden  konnte.    Es  war  Vormittags  zehn   Uhr,   als  bei  den 
Oesterreichem  drei  Ueberläufer  ankamen,    welche  aussagten,  General 
Winterfeld   sei  vor   einer  Viertelstunde  benachrichtigt  worden,   dass 
ein    Angriff  bevorstehe.     «Er  machte  nun",   erzählt  Wied,  «all  Er- 
denkliches, was  ihm  eine  so  kurtze  Zeit  vergönnen  wollte;  allein  der 
Nadasti  lietoe  ihn  zu  weiteren  Gegenveranstaltungen  nicht  kommen, 
besonders  da  er  vernommen,   dass  eine  Verrätherey  obhanden  seye. 
Bin  Grosser  sagte  zu  ihm:   ,Ew.  Excellenz,  hier  braucht  es  Nach- 
denken"; dieser  aber  wäre  mit  der  Antwort  kurtz,   weilen  er  ohne- 
dem von  Zorn  eingenommen :  ,,  Hier  hat  mau  nicht  mehr  Eriegs-Bath 
za  halten,  sondern  zu  attaquiren.*^   Sodann  ritte  er  zu  dem  Esterha^ 
und  zu  mir  und  spräche:  «Brüder,  verlaset  mich  anheute  nicht'',  und 
so  gienge  der  Tantz  an." 

Der  Mittelpunkt    des    preussischen   Lagers    war  der  Holzberg, 

welchen  Winterfeld  mit  mehreren  Geschützen,   mit  zwei  Bataillonen 

Grenadieren,   ebenso  vielen  Füselieren  und   einem  Husarenregimente 

besetzt  hatte.    Dieser  Holzberg  also  wurde  angegriffen.    Den  Angriff 

eröffiieten  Breysach  und  Stolberg  mit  Grenadieren,  Groaten  und  Sla- 

voniem;  auch  ein  Freiwilliger  hatte  sich  angeschlossen,  der  franzo- 

siscbe   Brigadier  Graf  von  Montazet    Auf  der  linken  Seite  fbhrte 

General  Graf  Drakovich  seine  Croaten  gegen  die  feindlichen  Schanzen. 

Der  erste  Sturm  hatte  aber  nicht  den  gewünschten  Erfolg,  denn  die 

SlaTonier,  welche  sich  unter  den  Stürmenden  befanden,   wichen  vor 

dem   f&rchterlichen  Feuer,   das  auf  sie  niedergieng,  zurück;  Nadasdy, 

der   stete  auf  dem  bedrohtesten  Punkte  zu  sehen  war,  brachte  sie  zum 

Stehen  imd  sprengte,   allen  voran,  über  Graben  und  Brustwehr;  die 

Grenadiere,  Croaten  und  Slavonier  drangen  unaufhaltsam   nach  und 

27* 


420  Mayar.      . 

die  vier  preussischeu  Bataillone,  deren  Tapferkeit  Qraf  Wied  alle  Ge- 
rechtigkeit widerfahren  lässt,  wurden  über  die  Anhohe  hinabgetrieben. 
Einstweilen  aber  hatte  das  Nadasdy'sche  Husarenr^ment,  welches 
dieser  General  am  Bache  Bothwasser  aufgestellt  hatte,  die  feindliche 
Beiterei  zersprengt,  und  kam  eben  herbei,  als  die   flüchtigen  Yer- 
theidiger  der  Anhöhe  in  der  Ebene  ankamen.   Diese  wurden  nun  von 
den  österreichischen  Husaren  in  Empfang  genommen  und  au%erieben, 
wobei  drei  Fahnen  erbeutet  wurden.     « Es  verkrochen  sich  auch  viele 
von  denen  Feinden  Selbsten  unter  die  Hussaren  und  suchten  als  De- 
serteurs bey  ihnen  um   Schutz  an.*     Unterdessen  waren  die  oster- 
reichischen  Grenadiere  und  Slavonier  auf  das  feindliche  Husarenlager 
gestossen,  in  das  sie  eindrangen;  «da  musste   der  Grenadier-   und 
Sdavonier-Säbel  blitzen,  sie  machten , nieder,  was  zu  nahekäme  oder 
(die  Feinde)  mussten  als  Eriegs-Gefangene    wenigstens  unterliegen.* 
Aber  während  die  Oesterreicher,  im  feindlichen  Lager  sich  zerstreuend, 
fortstürmten,  flihrte  Winterfeld  die  zwei  In&nterie-Begimenter  Man- 
teuffel  und  Treskow  heran,  welche  die  Grenadiere  und  Slavonier  wieder 
die  Höhe  hinauftrieben.    In  diesem  Augenblicke,  zur  richtigen  Zeit, 
griff  der  Herzog  von  Ahrenberg  mit  seinen  Bataillonen  ein  und  aneh 
einige  Croaten  wurden  an  die  bedrohte  Stelle  beordert    Die  neoan- 
gekommenen  Oesterreicher  eröffneten  ein  solches  Feuer  auf  die  Feinde, 
dass   «sie  die  Hölle  mit  ihrer  Artillerie  vorstellend    machten*,    die 
Grenadiere  und  Slavonier  ordneten  sich  wieder,  die  Croaten  schloBsen 
sich  ihnen  an  und  sie  «feuerten  und  raufften  dergestalten,  als  wann 
sie  erst  frisch  zu  dieser  Arbeit  wären  beruffen  worden.«     Trotsdem 
standen  die  zwei  preussischen  B^^enter,  ohne  zu  wanken.   Als  aber 
Graf  Wied  mit  der  dritten  Golonne  nachrückte  und  die  Grenadiere 
und  Croaten  merkten,    dass  ihnen  die  Unterstützung  nicht  fehlen 
würde,  stürmten  sie  mit  Bajonnetten  und  Säbeln  auf  die  Freoseen 
los,  dass  später  preussische  Gefangene  aussagen  konnten,  sie  glanbten 
nicht  Menschen,   sondern  «lauter   wüthende  Furien*   zu  sehen.     Da 
geschah  es,  dass  ein  österreichischer  Hauptmann  mit  seiner  Compagnie 
sich  zu  weit  vorwagte  und  von  den  Feinden  umringt  wurde.     Dies 
brachte  die  Croaten  zur  höchsten  Wuth.    «Die  Preussen  stellten  sieh 
mit  ihren  Bajonetten  entg^^n,  allein   sie   brachen  doch  mit  ilun^a 
Feuer  und  Säbel  durchs  dann  dieselben  schlugen  die  Mousquetea  mit 
einer  Hand  auf  die  Seite,  mit  der  anderen  wäre  der  Hieb  schon  toU- 
endet  und  so  brachen  sie  ein,  kamen  denen  darinnigen  su  Hülfe  der- 
gestalten,  dass  vor-  und  rückwärts  sie   entseelte  Cörper  unter«-    nnd 
neben  sich  hatten;  weilen  die  Grenadiers   ingleiehen  sich  mit    ein- 
drungen,  da  hat  es  geheissen :  Macht  euch  auf  geschwinde  Füsse  and 


Zur  Gescliiclite  des  siebenjährigen  Krieges.  421 

wichen  auch  deigestalten,  dass  sie  sich  auf  f&nf  Seiten  zertrennet 
sehen  mussten.  Der  Best  von  dieser  Ifannschafb  wird  sich  noch  in 
späten  Jahren  refiectiren  können,  was  das  heisst^  eine  Schaar  Groaten 
einsperren,  wenn  die  andern  yor  der  Thür  sind.'^  Zuerst  war  das 
Begimeni  Manteoffel  gewichen,  Treskow  folgte  nach. 

Nach  den  Dispositionen  Nadasdys  hatten  sich  General  Ealnocky 
mit  drei  Hnsarenregimentem  und  der  Oberst  Wella  mit  Groaten  und 
SlaYoniem  beim  Dorfe  Leopoldshain  aufisustellen.  Dies  erwies  sich 
als  eine  gute  Anordnung;  denn  als  sich  General  Winterfeld,  der  schon 
verwundet  war,  mit  der  Beiterei  durch  Leopoldshain  hindurch  auf 
die  österreichische  Flanke  werfen  wollte,  feuid  er  hier  einen  solchen 
Widerstand,  dass  sich  seine  Leute  mit  Hinterlassung  von  164  Todten 
zur  Flucht  wandten.  Hier  empfieng  Winterfeld  jene  tödtliche  Wunde, 
der  er  am  8.  September  zu  Görlitz  erlag. 

üeberaus  hartnäckig  war  der  Widerstand,  welchen  die  Freussen 
den  Oesterreichern  leisteten  i);  schon  im  Weichen,  machte  der  Feind 
noch  einmal  den  Versuch,  das  Verlorene  wieder  zu  gewinnen,  doch 
blieb  es  nur  bei  dem  Versuche ;  übrigens  traf  eben  damals  der  General 
Sprecher  mit  22  Grenadier-Gompagnien  bei  den  Oesterreichern  ein; 
der  Prinz  von  Lothringen  hatte  ihn  gesendet,  doch  war  seine  Mit- 
wirkung nicht  mehr  nothwendig. 

Beim  Abzüge  hatten  die  Freussen  ihr  Lager  in  Brand  gesteckt, 
aber  es  gelang  den  Oesterreichern  in  kurzer  Zeit  des  Feuers  Herr  zu 
werden. 

Während  dieses  Treffens  machte  der  Herzog  von  Beyern  einmal 
einen  Versuch  gegen  das  österreichische  Hauptheer  unter  Daun  Tor- 
zugehen;  Wied  erzählt  dies  mit  folgenden  Worten:  , Unter  dieser  Zeit 
machte  mein  Beyern  gegen  den  Daun  mit  Infanterie  und  Gayallerie 
yerschiedene  Moyements,  ja  er  kröche  einmahl  heraus  und  rückte 
gegen  Leschitz,  wo  allda  mein  nicht  minderer  Beck  stunde  und  sich 
gleich  dem  Feind  genähert  Er  wäre  kurtz  in  seiner  Resolution  und 
zohe  sich  zurück,  liesse  auch  meinen  Generalen  das  yon  ihme  ehe- 
dessen  besetzte  Dorf  über,  das  er  es  mit  seiner  Mannschafft  belegen 
konnte.  * 

Die  Freussen  yerloren  über  2000  Todte  und  343  GefEUigene,  unter 
diesen  den  Grafen  yon  Dessau,  2  Hauptleute  und  5  Lieutenants.  Der 
Verlust  der  Oesterreicher  betrug  1229  Mann.  Fünf  Kanonen  und 
sieben  Fahnen  liessen  die  Geschlagenen  zurück. 


<)  Ygl.  auch  das  ürtheil  des  Prinzen  de  Ligne  bei  Thfirheim,  Feldmarscliall 
Carl  Joeeph  Fürst  de  ligne,  Wien  1877,  8.  21. 


422  Mayer. 

Das  Untemelimen  Nadasdys  war  also  vollsiändig  geglückt,  wenn 
auch  der  Verlust  der  Oesterreicber  ein  sehr  bedeutender  war.  Wied 
ist  alles  Lobes  voll;  «Nun  werden  Sie  mir*,  schrieb  er,  «eingestehen, 
dass  mein  Bruder[ein  Meister-Stück  begangen.  Ich  lasse  seine  BraToor 
und  heldenmüthige  Unternehmungen  in  ihrem  hohen  Werthe,  son- 
dern seine  Vorsehung  und  grosse  Einsicht,  diese  will  ich  zur  Sonne 
bringen,  denn  durch  seine  drei  Fostirungen  zeigte  er,-  wie  weit  selbiger 
zuvor  die  Attaque  muss  eingesehen  haben.*' 

Der  Sieg  wurde  zu  keiner  weiteren  Unternehmung  benutzt  Es 
wäre  überflüssig  zu  bemerken,  dass  die  Oesterreicber  im  siebenjährigen 
Kriege  diesen  Fehler  ^ öfter  begangen  haben.  Wied  erzählt:  «Wir 
rückten  in  unser  voriges  Lager  und  Hessen  den  guten  Draskovich 
mit  seinen  gehamischten  Männern  zurück,  doch  dass  er  von  ons 
unterstützter  verbliebe.  Den  Feind  verdrösse  dieser  Streich,  verstehe 
den  Bevern,  dann  sie  machten  sich  lange  Conto  in  diesem  vortheil- 
hafften  Lager  zu  verbleiben,  damit  sie  Zeit  gevrinnen  kunten,  legeten 
dieselben,  auch  welches  nothwendig  beysetzen  muss,  eine  grosse 
Bäckerey  an,  allein  dieser  Streich  hat  sie  schon  auf  andere  Gedanken 
gebracht;  sie  lagen  würklichen  zwey  Tage  und  zwey  Nächte  in  dem 
Oewehr  und  die  armen  gezwungenen  hat  es  geschüttelt  unter  ihren 
Hüthen  vor  lauter  Hertzhaftigkeit;  dann  sie  glaubten  nichts  ge- 
wissereS)  als  dass  wir  diesen  Sieg  mit  einer  simplen  nochmahligen 
Attaque  überhellen  würden;  allein  das  Uebersteigen  deren  Schan- 
zungen, das  kostet  Leuthe  und  zwar  allezeit  den  Kern.* 

Am  9.  September  zog  der  Herzog  von  Bevern  mit  seiner  Armee 
von  Görlitz  ab,  das  General  Beck  sofort  besetzte. 

Aus  Wieds  Darstellung  könnte  man  nur  schliessen,  dass  der  Plan 
zum  Ueberfall  des  Winterfeld^schen  Lagers  von  General  Nadaady  selbst 
ausgegangen  ist.  Sonst  wird  aber  versichert^),  dass  Nadasdy  die  An- 
regung zu  seinem  Plane  bei  dem  französischen  General  Montazet  ge- 
funden habe.  Keinesfalls  aber  dürfte  man  sagen'),  dass  Earl  von 
Lothringen  der  Urheber  des  Plans  gewesen,  der  dazu  von  seinem  Bruder, 
dem  Kaiser  Franz  und  dann  von  Montazet  angeregt  worden  wäre. 


<)  Stuhr,   Foischimgezi    und  Erläuterungen  I,    267.  <)  Ar&etb,   ^ 

Bchichte  Maria  TheresioB  Y,  227:  »Zwei  Tage  später  Hess  Earl  von  Lothringeik 
zuerst  durch  seinen  Bruder  und  dann  auch  von  Montazet  dazu  angeregt,  diireh 

den  General  der  Cayallerie  Grafen  Nadasdy das  preuasische  Armeecorpe 

(Winterfelds)  angreifen.*  Bei  Wied  heisst  es  einmal:  »'Selben  (Nadasdy)  Trnrde 
die  Haupft- Attaque  &ey  -überlassen,  damit  er  anseibeten  sein  Yorgeeohla^^'s 
ausföhren  könne.« 


Zur  Oeschichte  des  aiebenjährigen  Krieges.  423 

V. 

BeHohte  über  die  Brobening  der  Festung  S^inreidnits. 

In  den  Belationen  des  Grafen  Wied  kommen  wiederholt  bald 
grossere,  bald  kürzere  Mittbeilungen  über  die  Belagerung  der  Festung 
Schweidnitz  durch  die  Oesterreicher  vor,  welche  Ende  September  1757 
begann  und  am  12.  November  mit  der  Capitulation  endete^).  Auch 
zwei  Berichte  des  Generals  Nadasdj,  welcher  die  Belagerung  leitete, 
an  den  Feldmarschall  Dann  theilt  Wied  mit.  Da  sich  diese  Mit- 
theilungen aus  den  umfangreichen  Belationen  nicht  herausheben 
lassen,  so  theile  ich  diesmal  Wieds  zwei  Berichte  über  die  Einnahme 
der  Festung  mit.  Darüber  sind  zwar  einige  specielle  Nachrichten 
vorhanden");  nichtsdestoweniger  werden  Wieds  Berichte  willkommen 
sein,  einmal  weil  sie  von  österreichischer  Seite  stammen,  von  welcher 
solche  Belationen  noch  nicht  veröffentlicht  wurden,  und  dann,  weil 
sie  vielfach  Neues  bieten. 

1.  Lissa  den  14.  oder  15.  November  1757'  gegen  Morgen. 

Nachdeme  meine  Feder  will  übereilet  werden,  so  müssen  schon 
annoch  E.  F.  sich  etwas  in  eine  Dunkle  führen  lassen,  indeme  das 
sichere  wegen  der  Unmöglichkeit  obwaltet,  gleich  «uch  der  Bericht 
des  Nadasti  in  seiner  grössten  Arbeit  beschahe,  so  wäre  auch  allda 
nicht  viel  allzugewisses  zu  finden.  Auch  in  meinen  vorigen  habe 
schon  gegenwärtiges  Feuer  zugezunden  und  dermahlen  haben  Sie  die 
Helle  und  vollkommene  Flammen  zu  ersehen.  Den  11.  Abends  oder, 
wie  man  im  November  schreiben  darf.  Nachts  machte  der  Nadasti 
sein  Vorgenommenes  zu  Ende  und  die  von  ihm  gemachten  Veran- 
staltungen sind  die  allerlobwürdigsten.  Er  liesse  diese  zweifache 
Sternschantze  mit  9  Grenadier-Compagnien  attaquiren,  gleich  aber 
natürlicher  Weise  aus  obigen  ein  zweyfaches  Commando  gemacht 
werden  musste,  so  wurden  beyde  Commandi  und  ein  jedes  mit  einer 
teutschen  Bataillon  unterstützet;  mehr  hatte  ein  Bataillon  Croaten, 
die  man  weiss,  wie  sie  attaquiren,  eine  falsche  Attaque  vorzunehmen, 
welche  Unternehmung  nicht  allein  dieselbe  tapfer  ausführten,  sondern 
die  Attaque  hierdurch  erleuchtert  wurde ;  eine  andere  Bataillon  Croaten 
stunden  mitten  dieses  formirten  Angrifs,  damit  der  muntere  Geist  des 
Nadasti  sie  in  der  Noth  auf  bejden  Seiten  alsogleich  zu  dem  Angrif 
bringen  könne   und  all  dieses  geschähe  in  aller  Stille;   dann  mein 


')  Vgl.  Mittheil ungen  des  k.  k.  Kriegs- Archivs  1885,   IL,  III.  Heft  (Kriegs- 
Chronik  8.  94).  *)  Vgl.  Jonmal  bey  Belagerung  der  Vestnng  Schweidnitz 

Airno  1757  in  der  Zeitschrift  des  Vereins  ftkr  Geschichte  und  Alterihum  SohlesienB 
7.  Bd.  57. 


424  Mayer. 

Freund  sähe  die  Werker  ruiniret^  und  sein  weiteres  Einsehen  brachte 
ihn  za  nachstehender  Reflexion,  dass  hiedurch  das  End-TJrtheQ  der 
Stadt  zutheilen  könne  mit  noch  fernerem  Nachsinnen,  dann  wann  er 
es  zu  Tages-Lichte  kommen  lässt,  wo  anietzo  diese  Lichte  spath  her- 
Torschliffet,  die  Werker  nur  ein  mehreres  vom  Feinde  au^^besseret 
oder  gar  anwiederum  können  halb  hergestellet  seyn;  abo  hielte  er 
nicht  viel  Kriegs-Sath,  sondern  schritte  mit  dem  obigen  zu  dem  EmsL 
Die  Fuseliers  wollten  nicht  recht  hieran,  dann  die  Preussen  raufften 
wie  wackere  Soldaten  sich  zu  defendiren  hatten,  zumahlen  Anfangs 
schiene,  als  wenn  sie  nicht  von  der  Stelle  zu  bringen  wären;  sie 
feuerten  und  machten  ein  gleiches  wie  die  ünserigen  mit  denen  Bajo- 
nettem,  besonders  thaten  sie  starken  Widerstand,  welche  auf  der 
andern  Stem-Schantze  des  rechten  Flügels  sich  befanden  und  man 
würde  .ein  hartes  gehabt  haben,  wenn  nicht  der  Groaten  allzugrosse 
Bravour  und  des  Nadasti  scharfe  Worte,  auch  das  samtliche  Wohl- 
verhalten  derer  Officiren  beygetragen  hätte;  allein  die  gleichgesagten 
Groaten  Hessen  die  obbenannte  Fuseliers  nicht  in  das  Weichen  kommen 
ap,  dass  alles  alsdann  tapfer  hat  heissen  können,  hierwegen  yerlohren 
wir  auch  nicht  wenig  braye  Eerls.  Lassen  wir  alldieses  auf  das  nach- 
folgende beruhen  und  sage  gantz  kurtz,  die  erstere  als  letztere  delo- 
girten  die  Feinde  mit  denen  Bajonetten,  kehrten  die  Stücke  um  und 
feuerten  mit  selbigen  tapfer  unter  die  Feinde.  Unsere  höchst  rühm- 
liche als  auch  würtembergische  und  bayrische  Grenadiers,  von  jeden 
eine  Gompagnie  besetzten  die  zwey  Schantzen  zusammen,  gleidi  sie 
es  auch  anselbsten  forcirten,  ohngeachtet  der  Feind  seine  nichts  aas- 
machende Minen  springen  liesse,  aber  viel  zu  spät  und  damahlen,  wo 
man  sie  ohne  unseren  grossen  Schaden  wohl  wüthen  sähe.  Darauf 
schritte  man  ohne  Yersäumniss  allda  zu  der  weiteren  Gommunication 
und  mit  det  im  yorigen  Schreiben  gesagten  Parallelen  und  an  jenen 
überstiegenen  Werken  zu  arbeiten  an,  auch  das  Feuer  liesae  mit 
seinen  Blitzen  und  Knastern  nicht  nach,  besonders  bey  dem  Bogen- 
dorffer  Thor  wurde  der  Thurm  völlig  zusammen  geschossen  und  die 
meisten  Werker  wollten  entkräftet  auch  keine  weitere  Dienste  thuu; 
die  Nadastische  Hize  nähme  auch  nicht  ab,  besonders  da  wir  an  der 
Stadt-Mauer  unsere  richtige  Breche  erzwungen,  da  musste  unverweilter 
die  hierzu  beordrete  Mannschaft  mit  Sturmleitern  laufPen.  Unter 
dieser  Zeit  schlüge  der  Feind  stets  Chamade,  allein  mein  rafinirter 
Bruder  wollte  sie  nicht  gleich  hören,  sondern  das  donnernde  Geschütz 
musste  seinem  Vorgeben  nach  die  vom  Feind  gemachten  traurigen 
Trommelschlag  nicht  hören  machen,  damit  er  seinen  Bogen  zur 
rechten  Höhe  spannen  könnte  yermög  der  Gapitulation,  zugleich  aber 


Zur  Gescliiclite  des  siebeigährigeii  Krieges.  425 

der  Feind  hierdurch  den  mehreren  Ernst  hieraus  ersehen  mogte.  Nach- 
deme  wäre  das  Ansuchen  eines  Stillstandes  accordiret  und  liesse  man 
endlich  die  erhitzte  Stficke  zu  ihrer  Kühle  kommen  und  wurde  an«- 
li^^nde  Gapitnlation^)  geschlossen,  wo  der  Nadasti  ToUkommen  heraus- 
siehet    Er  rangirte  unsere  Mannschaft  und  liesse  man  ihnen  noch 
die  letzte  Freud,   dass  sie  bis  yor  das  Thor  noch  den  Klang  ihres 
rührenden  Spiels  höhren  und  ihre  48  Fahnen  auf  eine  gar  geringe 
Zeit  fliehend  sehen  kunten,  damit  sie  ein  wie  dem  anderen  bey  so-^ 
thoner  Ablegung  das  letzte  Adieu  auf  ewig  sagen  kunten.  Der  Gom- 
mandant  mit  seinen  3  Generalen  machte  mit  ihnen  saure  Qefirisser 
über  ßie  nicht  anständige  Gapitulation,  allein  er  musste  es  geschehen 
lassen  imd  sie  bathen,  dass  man  ihnen  ihre  eingeschränkte  Winter- 
Qoartiere  assigniren,  auch  dass  sie  auf  ihren  Treu  und  Glauben  alleinig 
dahin  wandern  können.  Der  Nadasti  hält  die  Garnison  gegen  6000  M., 
die  erhaltene  Gassa  wird  sich  über  300,000  fl.  erstrecken,  der  Nadasti 
aber  setzet  zwar  die  Zahl  auf  355,576  fl.,  allein  man  übereilt  sich 
gern  etc.   Das  Magazin  lasset  sich  auch  mit  erstem  brauchen,  Gersten, 
Habern,  Mehl  und  derlej  befindet  sich  drinnen,  gleich  wir  es  anietzo 
erhielten,  128,158  Metzen  ohne  Heu  und  noch  andere  derley  Historien, 
164  Stück  Canons,  Kugeln  158,183,  alle  Hussaren-Pferde,  eine  nicht 
geringe  Anzahl  Kartätschen-Kugeln  und  sofort,  wie  es  die  Specification 
ohziehin  ausweiset,   gleich  das  weitere   nachzusezen  seyn  wird.    Der 
Miegazzi  solle   das  mehrere   darthuen.     üebrigens   sind  E.  F.   ohne 
Sorge,  und  fiel  mir  in  der  That  nicht  bey,  auf  andere  Arth  zu  schrei- 
ben, es  solle  ein  jedes  ausgef&hret  werden  und  sollte  auch  der  Schlaf 
mich  Ton  meinem  Eyfer  nicht  abzuhalten  vermögend  seyn,  obwohlen 
es  auch  bey  uns  in  balden  grosse  Arbeit  absetzen  wird. 

In  einer  Viertelstunde  habe  bey  dem  Ejiegs-Bath  zu  seyn;   es 

^het  schon  wieder  gut     Wohin  anietzo  mit  dem  Nadasti?     Einem 

machet  er  schon  zu  viel,  der  andere  hat  dies  beobachtet,   man  will 

ihn  hieher  haben,  man  will,   dass  er  auch  weit  weg  seye,  damit  er 

secundiren  könne  und  endlichen  die  Befehle,  die  man  anderer  Orten 

erhielte,  bringen  uns  noch  mehr  in  Schrecken  und  Verwirrung,  allein 

mein  darauf  folgendes  wird  alles  an  Tag  legen;  es  wird  was  brauchen, 

bis  wir  uns  i^iederum  verstehen  können«     Doch   machet  der  aller- 

grosate,  der  über  uns  alle  regieret,  denen  müssigen  Concepten  seinen 

Strich  hierein  und  lasset  die  wohlmeynende  und  verständige  Generals 

xiicht  irrig  werden,  zu  Nutze  unserer  theuren  Frauen,   die  er  segnen 

^tv-olle.    Mein  Schreiben  vom  1 1.  hat  nicht  Unrecht  gehabt,  so  glaube 


<)  Diese  Capitulation  liegt  aber  nicht  hei. 


426  Mayer. 

» 

ich  anietzo.  Die  Franzosen  haben  derbe  Schlage  bekommen^).  So 
gehet  es,  wenn  man  zu  ehrgeitzig,  und  die  Ehre  gedenket  allein  bey- 
^nbehalten ;  auch  der  Hildburghansen  höhlet  seine  Portion  ab.  Doch 
hat  die  kajserliche  Cavallerie  sich  wie  wahre  Helden  distinguiret  und 
das  ist  genug«  Zuvor  (war)  Berlin  mit  ihrer  Trauer  überzogen  und 
anietzo  machten  die  30  einreithende  Fostillons  ihr  wiederum  weisse 
Kleider  anlegen.  Der  Antiäng  wäre  in  Eil  und  der  bevorstehende 
Erieg8*Bath  machet  mir  ein  gleiches  Ende,  doch  bis  zu  meinem  Ende 
solle  meine  Hochachtung  gegen  Ihnen  nicht  erloschen,  sondern  also 
devotest  verharren  werde. 

2.  Annoch  Haupt-Quartier  Lissa,  künftig  nicht  also,  dd.  21.  No- 
vember 1757. 

Biss  anhero  hatte  mein  Kopf  eine  Kühle  genossen,  vor  dermalen 
will  er  schon  warm  empfinden,  obwohlen  er  sich  zu  einer  noch  weit 
grösseren  Hiz-Empfindung  anzuschicken  hat,  damit  aber  die  Dienste 
gegen  Hochdieselben  wegen  dem  nicht  in  Schlaf  oder  dergestalten 
geschrieben  werden,  als  ob  mir  geträumet  hätte,  so  habe  mich  wegen 
bey  Tag  vielen  Aufgetragenen  die  Nacht  zur  Ermunterung  vorbehalten 
und  hierzu  employret,  dass  das  Intentionirte  gegen  E.  H.  observiren 
möge.  Biss  14.  dieses  kante  iqh  mit  allem  deme  nicht  zur  Feder 
gelangen  und  ist  recht  beschehen,  weilen  biss  daher  diese  Zeite  ohne- 
dessen  keine  Admiration  verdienet,  zumalen  unserer  beeden  Armeen  ihre 
Thaten  nichtes  anderes  als  in  lauter  Bewegung  bestunden,  hingegen 
was  biss  daher  Schweidnitz  betroffen,  da  ist  ohnehin  nichtes  von 
mir  zurückgelassen  worden,  ohngeachtet,  dass  aber  von  13.  aus  w^n 
jener  Vestung  en  particulier  geschrieben,  so  weiss  gar  wohl,  dass  die 
vollkommene  Satisfaction,  wann  es  also  heissen  will,  eine  weiÜauffige 
Berührung  hievon  verlange.  Ich  werde  auch  gleich  hiemit  zu  Werke 
gehen  und  solle  ein  kleiner  Vorgeschmack  von  mir  gegeben  werden, 
was  uns  das  künfftige  gedenke  wegen  voUendter  Arbeit  des  Nadasti 
zuzuziehen. 

Der  Feind  vernähme  kaum,  dass  Schweidnitz  uns  zu  Theil  worden^ 
zugleich  abnehmend,  dass  von  uns  hierdurch  das  weitere  wird  poussiret 
werden,  wie  auch  jene  Beflexionen  bey  ihme  Bevern  im  nichten  ge- 
fehlet ist,  so  glaube  ichs  wenigstens,  worüber  unser  Gegner  noch  den 
12.  und  13.  in  der  Nacht  die  Trouppen  zusammeugezogen,  auch  den 
14.  biss  auf  wenige,  die  jenseits  der  Oder  gestanden,  an  sich  gebracht 
brauchten  auch  ihre  allzufrühe  Wachtbarkeit,  dasa  alles  beym  Gewehr 
zu  verbleiben  hätte.     In  jener  Stellung  verblieben   sie  den  15.  und 

I)  In  der  Schlacht  bei  Rossbach,  6.  November. 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  427 

16.;  den  17.  inarehirten  14  Bataillons  von  Nadasti  bey  uns^)  ein,  wo 
ingleichen  morgen  die  andere  Infanterie  nnd  Gayallerie  alda  (wie  sie 
den  17.  schon  bey  Marcksdorff  gestanden),  einzutreffen  hatten.  Drei 
Hnssaren  Begimenter  nebst  allen  Groaten  haben  ihre  Schritte  den '  18. 
bias  Schönborn  und  Loh  hiemit  erzwungen.  Der  Nadasdi  ist  gestern 
auch  nicht  weit  von  Elettendorf  mit  den  seinigen  angelanget,  welcher, 
wann  es  annoch  so  verbleibet,  sich  an  der  Lohe  zu  sezen  haL  Dieser 
Einmarsch  und  Oegenverfassung  machten  unserm  Gegner  alsogleich 
Arbeit  genug,  dann  die  Schanz  musten  noch  stärker  gemacht  werden. 
Die  Wolfsgruben  wurden  yermehret  und  man  brachte  jenseits  der 
Oder  die  Unterthanen  so  viel  möglich  zusammen  bey  1400  M.,  damit 
auch  die  an  sich  habenden  4  Dörfer  also  befestiget  werden..  Kurz, 
die  Arbeit  wurde  aufs  höchste  getrieben,  lasse  man  sie  in  der  Arbeit 
und  unsere  Comandirende  hingegen  auch  Generals  eine  Weile  in  ihrer 
Arbeit,  damit  man  hierdurch  den  Yortheil  auf  eine  Zeit  eingestehe, 
dass  von  jener  Festung,  welche  dermahlen  wieder  mit  dem  doppelten 
Adler  pranget,  das  schuldige  beybringe. 

Mein  letztes  wäre  hievon,  dass  man  vom  10.  darinn  meldete, 
dass  Nadasti  die  meisten  Werker  ruiniret  und  das  Bögendorfer  Thor 
hiemit  noch  stärker  durchlöcherte,  auch  sich  vor  ihm  an  der  Stadt- 
Mauer  eine  gewünschte  Breche  gezeiget,  so  liesse  er  von  21  Batterien 
ein  solches  Feuer  machen,  dass  man  aus  der  Stadt  fast  nicht  mehr 
schiessen  kunte.  Darauf  forderte  es  Nadasti  auf  durch  den  Obrist- 
Lieutenant  v.  Koch,  der  gut  zu  brauchen  wäre;  da  aber  des  Com- 
mandantens  Begehren  dem  Nadasti  nicht  gefiele,  wie  er  auch  hierauf 
spräche:  Der  Sehers')  muss  glauben,  ich  habe  keine  Augen  und  dass 
er  allein  in  die  Martis-Schule  gegangen,  wer  viel  begehrt,  erhält 
nichts,  dann  seine  Besolution  wäre  nichts  mit  der  Belagerung,  welche 
schon  weit  kommen,  einige  Tage  einzuhalten,  des  Bevem  Antwort 
erwarten,  wäre  freylich  zu  verwerfen ;  dahero  er  denen  Werkern  und 
Thor  aufs  stärkste  zuheitzte,  dass  auch  eine  erstaunliche  Confusion 
darinn  entstünde  und  die  4  Generals  darinn  machten  viele  Vorschläge, 
so  aber  zu  nichts  wurden.  Bey  dessen  Erfahrung  setzte  Nadasti  noch 
mehreres  an,  ohne  aber  biss  Abends  von  ihm  was  abzunehmen,  ganz 
Späth  eröfnete  er  es  Ahremberg  und  Stolberg,  sagte  ihnen  seine  Ge^ 
danken  völlig,  mithin  mussten  die  mit  Migazzy,  der  sichs  gefallen 
liesse,  das  fernere  veranstalten,  erstlich  die  hierzu  ernannte  Mann- 
schaft in  gp-össter  Stille  zusamfmenziehen,  dass  es  aber  weniger  zu 
vermerken,  musste  man  mit  dem   Ganoniren  fortfahren.     Seine  Er-* 


>)  Nämlich  in  das  Lager  bei  Breslau.        *)  General  von  Seen. 


428  Mayer. 

wehlimg  in  der  Mannscliaft  war  nachstehende,  daas  nehmlich  9  6re- 
nadier-Compagnien  die  Hanptattaque  führen,  doch  eine  yerhliebe  zu- 
rück, welche  die  13.  ausmachte,  dass  man  selbe  bey  ein  oder  anderer 
Schanze  anf&hren  könne;  diese  bestanden  als  eine  von  Harrach,  Dann, 
eine  von  Maqoire,  2  Luzan,  1  Glerici,  1  Leopold  Palfy,  2  Chor-Bay- 
rische, 1  Würtembergische  in  reserve  Forgacz  zu  unterstützen  hatten; 
die  8  Angriffe  Adam  Bathyanische,  Luzanische,  Leopold  Daun^sche, 
Leopold  Palfysche  und  Molckische  Bataillons,   Mercy  Hildbarghaasen 
zu  machen  hatten  und  letztlich  wurde  eine  BatajUon  Croaten  also 
gestellt,  dass  man  sie  recht  und  links  brauchen  kunte,  wann  es  nicht 
also  forciret    würde.     All  dieses  reussirte   ohne  Wahrnehmung  des 
Feinds,  obwohl  ungeschickter  Weiss  ein  früheres  Zeichen   gegeben 
wurde,  als  es  die  Ordre  des  Nadasdi  wäre,   wurde  aber  Tom  Feinde 
nicht  gemerket,  übrigens  gienge  sein  rühmliches  Verfahren  noch  wei- 
ters, dass  er  den  Obrist  Orsich,  den  Obrist  Wela  und  Obrist~Lieutenant 
Habianz  jeder  mit  seiner  Bataillon,  ersterer  bei  Groiswiz,  der  andere 
beym  Galgenberg  und  der  Obrist-Lieutenant  bey  Schreibendorf  des- 
halben dahin  Posto  fassen  liesse,  dass  jeder  durch  eine  falsche  Attaque 
dieses  Werk  poussiren  solte,  einige  Ck)mpagpiien  besonders,  die  an 
die  2  grosse  Stern-Schanze  commandiret  worden,  wolten  nicht  feste 
stehen  bleiben,   um  Willen  aber,   dass  sie  Ton  mir  aus  verschonter 
sind  und  dass  E.  H.  doch  distinguiren  können,  welche   Gompagnien 
sich  gut  gehalten,  sollen  die  Haubtleuthe  benennet  werden.    Da  nun 
den  11.  Nachts  um  10  Uhr  die  obbesagte  Schanz  zu  verfolgen  man 
fertig  wäre,  wurden  von  den  Batterien  stattUch  die  Canons  abgefeuert 
und  unter  diesem  Klang  geschähe  der  Marsch  dahin;   bevor  es  aber 
geschähe,  ermahnte  der  Nadasdi  sehr  lieb  seine  dahin  führende  Mann- 
schaft zur  Schuldigkeit  mit  den  Worten,  dass  er  mit  ihnen  sein  letztes 
darstrecken  wolle  und  derley  mehr.    Alles  war  willig  und  alle  zu- 
gleich wollten  die  Schantz  schon  occupirter  wissen,   obwohlen  einige 
von  ihnen  s.  v.  gelogen,   dahero   schritte  man  zum  Werk,   weil  die 
Zeit  mit  uns  keinen  Stillstand  accordirte  und  schon   12   Uhr  wäre. 
Solchergestalten  schritte  man  zum  Werk  und  wurde  der  Lunette  mit 
der  Sternschanze  des -rechten  Flügels  ein  gleiches  Compliment  gemacht; 
mittler  Weile  wiurde  aufin  linken  Flügel  ai\f  gleiche  Art  zugeaesei 
Es  gälte  der  Lunette  am  ersten,  so  will  das  Werk  mit  ihren  3  Theflen 
eine  nach  der  andern  E.  H.  vorsten :  der  Nadasdi  hatte  gern  muntere 
Köpfe,  derowegen  muste  der  Haubtmann  Bummel  zur  ersteren  Attaque 
haubtsächlich  taugen:  diesem  gäbe  er  Befehle  in  grösster  Stille,  ohne 
zu  schiessen,  sich  der  schon  gesagten  Lunette  zu  nahem  und   sehen, 
wie  möglich  also  dieselbe  zu  übersteigen.     Es  wurde  auch  von  ihme 


Zur  Geschichte  des  siebenjährigen  Krieges.  429 

befolget,  er  marchirte  in  solcher  Stille,  wie  man  verlanget  und  das 
gesdiahe  zwar  yon  den  andern  biss  zu  dessen  Angrif.  Derselbe  mar- 
chirte  also  im  Nalimen  Gottes  an  mit  den  3  Grenadier-Compagnien, 
als  mit  seiner  ^eigenen,  Leopold  PalfiSschen,  Heinrich  Daunischen, 
welche  der  Hauptmann  de  Vince  mit  gleicher  Herzhaftigkeit  seiner 
Gameraden  fest  sezen  machte  und  mit  einer  von  Würtemberg.  Es 
wäre  aber  eines  an  die  Lunette  zu  stossen  und  von  ersterem  Haubt« 
mann  mit  dem  Säbel  in  der  Faust  zu  übersteigen,  sein  Lieutenant 
folgte  ihm  mit  gleichem  Eifer  nach,  dieser  hingegen  fiele  und  kunte 
nicht  gleich  wiederum  in  die  H6he,  weil  der  zornige  Grenadier  ihm 
nicht  au&uhelfen  gedachte,  soifdern  wohin  ihn  seine  Pflicht  triebe, 
gleich  auch  der  Gewalt  es  ihm  nicht  gestattete  auf  die  Beine  zu 
lassen,  wasmassen  der  Pal%8che  Grenadier  Haubtmann  mit  gleicher 
Herzhaftigkeit  mit  seiner  Gompagnie  jene  Höhe  mit  den  nachdringen- 
den Württembergischen  erreichet,  jedoch  es  muss  gesagt  werden,  dass 
alda  der  geringste  Wiederstand  sich  fände,  warumen  ?  weil  der  Feind 
nicht  ehe  es  wahrnähme  als  damalen,  da  er  sich  schon  angegriffener 
sähe  und  wer  verursachte  diesen  gäben  Angrif?  Der  geschwinde 
Baron  Bummel;  dieser  erhielte  mit  nicht  gar  20  Grenadiers  den  auf 
der  Lunette  festen  Boden,  so  dass  er  laut  dem  Nadasdy  sein  Daseyn 
notificirte:  Ihre  Excellenz,  ich  bin  schon  hierP)  Doch  wären  diese 
Worte  bald  seine  letzten  gewesen,  da  ein  starker  Preuss  nach  ihm 
stiesse,  noch  stärker  aber  wäre  ein  Grenadier  von  unserer  Compagnie, 
parirte  ihme  die  Musquete  zur  Seite,  gab  ihm  einen  Hieb,  dass  er 
todt  zur  Erden  fiele,  er  wurde  aber  gleich  tapfer  vom  Haubtmann  de 
Yince  nahmhaft  secundiret.  Der  Feind  sähe  sich  um  den  Bücken 
um  so  mehr,  weil  man  sich  ihrer  8  Stück  bemeistert,  umgekehrt  und 
auf  sie  gefeuret  und  das  machte,  dass  der  Feind  nicht  mehr  halten 
wollte,  wir  würden  es  aber  härter  gehabt  haben,  wann  nicht  dieser 
brave  Haubtmann  mit  loblicher  Kühnheit  es  also  überstiegen  hätte: 
weshalben  mir  es  wehe  thut,  wann  mancher  General  einen  Officier 
sans  fafon  tractiret,  allein  viele  Generals,  darunter  mag  ich  selbsten 
seyn,  haben  sich  auch  nicht  genug  unterweissen  lassen,  dann  ein 
solcher  Ofißcier  kan  wichtige  Dienste  thun,  dass  viele  nicht  wissen 
können,  was  sie  tür  Männer  sind  und  zugleich  sehen  müssen,  wie 
einige  nner&hrne  grosse  Vorsprünge  in  der  Martis-Schule  gethan. 
Darum  sagte  ich  auch  einem  in  Anfang  der  Gampagne  diese  Worte: 
Meine  gute  Staabs-Offiders,  Hauptleuthe  und  Lieutenants,  o  ihr  arme 
Beutter,  Dragoner  und  Musquetirer,  ihr  thut,  was  den  General  un- 


*)  Vgl.  Hirtenfeld,  Oeacb.  des  Maria  Therenen-Ordens  I,  72. 


430  Mayer. 

sterblich  machet,  denn  dieser  wQrde  elend  seyn,  wenn  er  sich  nicht 
Eurer  Hände  zu  seinen  Thaten  bedienete.  Verzeihen  Sie,  dass  mehr- 
mahl ausser  Weg  gehe,  dahero  will  mich  zum  2.  Sturm  gerne  heissen 
lassen.  Die  ganze  Stern-Schanze  machte  dem  Nadasti  mehr  Arbeit 
unter  Anführung  des  Obristen  Amadey  von  Niclas  Esterhazy,  der  ein 
Bataillon  commandirte  anstatt  des  Majors  Schmid  vom  Braunischen 
Begiment,  auch  ein  ehrlicher  Mann,  der  gleich  bey  seiner  Annäherung 
stark  blessirt  und  der  Feind  schon  mehrers  aufgeweeket  wurde»  dut- 
geachtet  die  Attaque  zugleich  beschahe,  so  dass  er  zu  Boden  muste, 
darauf  benennter  Obrist  die  3  Grenadier-Compagnien  Luccani,  Maquire 
und  eine  Chur-Bayerisehe  anf&hren  muste  und  ^urde  von  der  Adam 
Batthianischen  Bataillon  hauptsächlich  unterstüzt,  wie  auch  von  Leo- 
pold Dann  mit  der  Leopold  Palffischen  und  den  vorigen  Compi^pien; 
ihre  Bücken  wurden  von  einer  Bataillon  Croaten  umgeben,  abermahl 
ein  Nadasdischer  Gedanken,  weil  ihm  wissend,  dass  es  in  der  Welt 
nicht  gleiche  Köpf  gibt,  einige  sind  hart,  andere  aber  nicht  und  so  w. 
Die  Attaque  geschähe  mit  gleicher  Bravour,  ausser  dass  sie  mehr  aaf 
sich  musten  brechen  lassen,  die  Grenadiers  thaten,  was  ihr  Anf&hrer 
verlangen  kunte,  allein  sie  wichen  3  Mahl,  darum  die  Bathianische 
Bataillon  helfen  muste,  weilen  sie  angeschlossen  waren  und  diese 
raufften  aufs  Beste,  wie  auch  ihr  Major  das  Anfrischen  nicht  sparte, 
sondern  erwiese  ihnen  mit  dem  schönen  Seiten-Gewehr  mit  aber- 
mahliger  üebersteigung  der  Schanze,  wie  sie  ihm  folgen  selten,  wel- 
ches mit  gleichem  Herz  geschähe;  nicht  weniger  bewarben  sich  seine 
2  Capitains  Wx)lff  und  Badoni  um  gleiche  Ehre  und  stritten  tapfer, 
ohngeachtet  man  ersten  Capitain  3  mahl  repoussirt,  er  aber  stets  mit 
seinen  Cameraden  einen  falschen  Angrif  machte,  ja  er  WolfP  thate 
einen  Fall,  dannoch  träte  er  gleich  wieder  in  seine  Stelle  und  weil 
der  Obristlieutenant  Zorn  mit  gleichem  Ernst  auch  seinen  Nahmen 
allda  empfinden  Hess,  dann  seine  Bataillon  mogte  etwa  das  starke 
Feuer  nicht  aushalten,  wie  er  verlangte,  blitzte  er  gewaltig  unter  sie 
herum. 

Anzüglich  sind  zu  machen  seine  unterhabende  Daun  und  Biers, 
die  fochten  mit  ihnen  in  gleicher  Tapferkeit;  dann  diese  2  Capitains 
wichen  keinen  Schritt  und  soutenirten  die  Grenadiers  mit  obigen 
Compagnien  als  ehrliche  Männer.  Wie  also  diese  Grenadiers  und 
Fuseliers-Compagnien  eben  ihnen  festen  Platz  hatten,  die  zurück- 
stehende commandirte  Stabs-Officiers  auch  hinzu  drangen  und  noch 
mehr  die  obpostirten  secundirten,  gäbe  es  dannoch  die  Arbeit,  weil 
die  Freussen  die  Schanz  so  leicht  nicht  verlassen  wolten;  mit  dem 
konnten  sie  wohl  sprechen,   dass  sie  ihre  Schuldigkeit  gethan,  aber 


Zur  Greschicbte  des  8iebei\jSJirigen  Krieges.  431 

dia  Defension  zu  keiuem  andern  Vortheil  gebracht,  als  dass  sie  um- 
rungen  waren  und  sich  zu  EriegsgeBängenen  durch  ihren  Eifer  ge- 
macht haben.   Der  Grenad.-Haubtmann  Doupleux  von  Maquire  dauerte 
mich;  dieser  hatte  schon  2  Blessuren,   deswegen  der  Obrist  Amadej 
und  Major  v.  Batthyani  ihn  zurückhiessen ,   er  aber  das  letzte  noch 
thun  wolte  und  geschähe  damals,  da  die  Feinde  das  Gewehr  streckten, 
thate  eine  preussische  Canaille  einen  Schuss,  so  ihn  zu  Boden  warf. 
Auf  solche  mühsame  Art  erhielten  wir  die  Schanz,   obwohlen  an  der 
3.  des  linken  Flügels  ein  härterer  Kampf  und  Verlust  war.     Dieser 
Angrif  mit  den  3  Grenadiers-Gompagnien  Luzani,    Glerici  und  die  2. 
Churbayrische  wurden  dem  Obrist-Lieutenant  Redey  von   Haller  an-* 
vertrauet  und  die  Liicanische  Bataillon  mit  dem  Obristen   und  Major 
secundirten  ihn;  sie  griffen  herzhaft  an,  jedoch  wäre  die  daraufgesezte 
Mannschaft  vor  alle  anderen  allerte,  griffen  die  unserigen  resolut  an 
und  wehrten  sich  wie  die  ünsrigen,  insonderheit  yerliessen  sie  sich 
auf  ihre  Minen,   wo  es  doch  nicht*  viel  zu   bedeuten.    Auf  jene  Art 
wäre  es  Anfangs  gut  anzusehen,  indem  unsere  Grenadiers  nicht  wichen 
und  bey  den  Feinden  schiene  es,   als  wann  sie  alle  resolviret  wären 
auf  der  Schanze  zusammen  ehe  zu  sterben,  als  sie  zu  verlassen.    Auf 
einmal  u.  z.  zu  ihrem  Unglück  machten  sie  eine  gäbe  Retirade  und 
unsere  waren  hinter  ihnen  drein;   da  fiengen  die  Mienen  ihre  Bache 
zn  thun  an,  durch  deren  Sprengung  fast  Niemand  .beschädigten  und 
wäre   der  Major  v.  Luzan  nicht  zu  hizig  gewesen,  so  würde  kein 
anderer  dessen  Stelle  vertreten  dorfen,  denn  ein  Splitter  Yon  der  Erde 
kahme  ihm  an  den  Kopf,   dass  er  Ton  seinem  Commando  beraubet 
wurde;   von  den   Minen   wurden  die   3  Compagnien    zwar  befreyet, 
weil  sie  hinter  ihnen  aufüatterten  und  sich  nahe  an  die   Preussen 
hielten,  mithin  hatten  sie  die  Schanze  in  so  weit  inne,  allein  der 
Feind  dränge  nicht  nur  aufs  Neue  in  sie,  sondern  man  half  ihnen  in 
der  Vestung  mit  gross  und  klein  Gewehr,   dass  sie  die  Vernunft  zu- 
rückrnffte;  begreiflich  würden  sie  sich  Feinde  niedurch  Plaz  gemacht 
haben,   wann  Nadaadi  nicht  gleich  mit  der  Lucanischen   Battaillon 
jenes  Werk  unterstüzet  hätte;  er  General  jagte  die  andere  Fuseliers 
auch  hinzu,  welche  zwar  wegen  des  Gartätachen  Feuers  keinen  Lust 
hatten,,  doch  hiess  es  die  Schuldigkeit  thun ;  die  eine  Bataillon  Groaten 
lieasen  keinen  Mann  weichen  und  stunden  mit  aufgepflanzten  Bajo- 
netten wie  die  Mauren;  indessen  thaten  die  Luzanischen  Fuseliers  ihr 
äußerstes,  obwohl  ihr  Obrister  todt  wäre.   Mit  all  diesem,  dass  unsere 
Greiiadiers  nicht  mehr  gewichen  und  Luzani  sich  als  tapfere  Soldaten 
clarstelten,  auch  ihr  Gegenfeuer  gut  angebracht,  wichen  die  Preussen 
doch  nicht  handbreit,   dann  sie  waren  erfahrne  Brandenburger  und 


432  Maydr. 

die  Leopold  Pal%scheii  ihneii  auch  nichts  nachgaben,  dannoch  bliebe 
der  Feind  fest,  so  ich  mein  Lebtag  beloben  werde  und  wäre  nach- 
folgendes nicht  geschehen,  so  würden  sich  diese  Trappen  miteinander 
aofgerieben  haben.  Weil  unsere  Grenadiers  auch  rechtschaffen  ranfften, 
lasse  man  diese  Helden  raufen  und  sehe  man,  wie  wir  uns  dieser 
Schanze  endlich  bemeistert  haben.  Ich  sagte  anfangs,  dass  mein  Na- 
dasdi  2  Obriste  und  einen  Obrist-Lieutenant  beorderte,  dass  aie  mit 
ihren  unterhabenden  bey  denen  angezeigten  Orten  den  fingirten  An- 
grif  unternehmen  sollten.  Diese  Leuthe  machten  ihre  Sache  rühm- 
lichst und  fährten  die  Mannschaft  dergestalt  an,  dass  sie  mit  dem 
kein  anderes  Lob  verdienen,  auch  ein  doppeltes  Herz  erfordert  wird 
das  Feuer  auszuhalten  und  dagegen  nichts  anders  als  ein  leeres  Fal?er 
zu  verschiessen.  Doch  muss  der  Ernst  überall  heraussehen,  insonder- 
heit der  Obrist  Orsich  die  im  Grimm  verwickelte  Leuthe  auseinanda 
und  versprengen  machte;  dann  er  grife  diese  Schanze  mit  seinen 
Oroaten  rückwerts  an,  weswegen  unsere  gleich  Erleichterung  hatten, 
dann  er  attaquirte  furios  und  mit  entsetzlichem  Feuer  an,  dass  die 
Feinde  in  die  grösste  Gonfusion  geriethen,  auch  sich  gleich  mit 
grossem  Verlust  zurückzog  ohne  umzusehen  und  uns  die  Schanze 
2  Uhr  des  Nachts  überlassen  haben.  Die  Croaten  kunte  der  Obriste 
mit  seh  wehrer  Mühe  zurückhalten,  indeme  sie  mit  Gewalt  weiters 
avanciren  wollten.  Diese  2  Schanz  machte  meinem  Bruder  Sorge 
und  wären  seine  geschärften  Worte  und  ausserordentlichee  Wohl- 
verhalten  einiger  Officiers  mit  haubtsächlichem  Beytrag  deren  Croaten 
nicht  gewesen,  so  würde  es  nicht  allein  mehr  Halsse  gegolten  haben 
und  wäre  es  bey  Tag  geschehen,  so  wlire  es  schwehr  gewesen.  Mir 
sagte  Nadasdy  selbsten,  wann  es  also  geschehen,  so  hätten  die  Croaten 
daran  müssen.  Man  liesse  alle  diese  Werker  von  den  Grenadieren 
besezen  und  Nadasdi  liesse  an  den  Communications^Giäben  arbeiten, 
will  sagen,  von  den  Schanzen  biss  zur  Parallele;  hierauf  fieng  er  mit 
24pf&ndigen  Canons  die  Ganonade  an,  welche  einen  Theil  der  Stadt- 
Mauren  niederlegten,  wie  auch  das  Bogendorfer  Thor  mit  dem  Thurm. 
Der  Feind  schlüge  hierauf  Ghamade:  Es  wurde  dem  Commandirenden 
hittterbracht,  hielte  aber  die  Antwort  zurück  und  commandirte  viel- 
mehr die  Mannschaft  mit  Sturm-Leitern  und  anderen  Nothwendig- 
keiten.  Der  Commandant  ruinirte(?)  eine  Weile  die  Tambours,  wie 
er  aber  sähe,  dass  man  es  nicht  regardiren  wollte,  schickte  er  Morgens 
7  ühr  einen  Hatubtmann  heraus  zu  Nadasdi,  welcher  gleich  düaof 
die  Canonade  endigte  und  entschuldigte  sich  mit  den  seinigen,  dass 
es  wegen  starkem  Feuer  nicht  gehöret  worden  und  aooepürte  d^ 
Waffen-Stillstand  und  ohne  weiters  schritte  man  zur  Capiiulation.  Die 


Zar  Geschichte  des  siebeigährigen  Krieges.  433 

4  Generals  scliüttelten  die  Köpfe  wegen  dem  Zwangs-Mittel,  welches 
den  Gommandanten  zur  Unterschrift  brachte;  den  14.  geschähe  also 
der  Aasmarsch  yermög  Accord  mit  Gewehr  und  fliegenden  Fahnen: 
Wir  standen  in  unserer  Ordnung  und  so  liesse  man  sie  auf  eine 
Distance  anmarschiren.  Der  Sehers  stunde  neben  Nadasdi  und  da 
seine  alte  Mannschaft  das  Gewehr  abgeleget,  sähe  er  von  manchen 
feurige  Blicke  und.  horte  ein  gewisses  Murmeln.  Einige  Hussaren 
schwangen  sich  leicht,  andere  aber  schwer  vom  Pferde  und  machten 
auch  saure  Gefriesser.  Auf  ihrem  Marsch  fällten  sie  viele  ürtheile 
sowohl  von  der  Belagerung  als  Üebergab.  Wahr  ist  es,  dass  er  ver- 
mög  seiner  Mannschaft  die  üebergab  beschwerlicher  machen  können, 
hätte  auch  dabey  nicht  mehr  verlohren,  doch  die  höchste  Schuldig- 
keit kunte  ihm  einen  Vorwurf  machen,  dass  er  das  äusserste  erwarten 
sollen,  die  Sturm-Leitern  anlegen  lassen  und  hernach  hätte  man  jene 
Gapitolation  eingehen  können,  denn  mehr  würde  man  ohnehin  nicht 
erpresset  haben,  ausser  dass  man  ihnen  die  Freude  also  auszumar- 
schiren  benommen  hätte.  Die  Churprinzen  thaten  vieles  und  ver- 
lachten alle  Gefahr,  besonders  der  Prinz  Xaver  vrird  zu  seiner  Zeit 
vernünftig  und  tapfer  geheissen  werden,  wann  man  das  Handwerk 
früh  treibt  und  alten  Generals  an  der  Seit  ist,  auch  ihrer  Schnur 
nachgehet,  ohne  sie  zu  übersteigen,  da  ist  was  zu  hoffen,  der  aber 
spat  hiezu  gelanget,  gleich  die  Haubt-Buder  ergreifet,  ist  ohnmöglich, 
dass  er  ein  Ganzes  mache.  Dann  hierzu,  weiss  Gott!  gehöret  viel. 
Wir  verlohren  1200  Todte  und  Blessirte,  in  allem  aber  kostete  es 
nicht  völlig  3000  M.,  worunter  die  unwissende  Kranke  sind,  wovor 
uns  die  Festung  verbliebe,  wie  hier  aus  anliegender  Specification  zu 
ersehen,  einfolglich  hiermit  der  Schluss  von  Schweidnitz  solle  von 
mir  gemacht  seyn. 

Der  Todtfall  der  so  grossen  Königin  von  Pohlen  ^)  hat  in  allen 
grosse  Betrübniss  erreget  und  ist  die  Standhafbigkeit  dieser  Frauen 
za  bewundem,  die  sich  in  der  Welt  verewiget  hat;  hingegen  wird 
der  König  in  Preussen  das  seinige  allzugewiss  einhohlen;  es  wäre 
ihm  nicht  genug,  dass  ^  er  dem  ganzen  Lande  Bedrangnussen  anthate, 
nein,  diese  Landes-Fürstin  muste  annoch  durch  seine  Passion  dem 
Lande  geraubet  werden,  allein  er  stund  im  irrigen  Wahn,  es  könte 
ihm  niemals  fehlen  und  bildet  sich  ein,  die  Mauren  müssen  sich  bey 
seinem  Anblick  eröfnen  und  umfallen,  wo  er  doch  vor  heuer  gar  offt 
das  Wiederspiel  sähe,  wie  auch  der  Marschall  in  seinem  Bericht  meldet, 
dass  er  nicht  wenigers  als  den  Sieg  verfolget  hätte,   sondern  gewiss 

')  Maria  Joeefa,  Tochter  E.  Josefii  L,  (Gemahlin  des  Eöniga  und  EuifÜnten 
August  III.    Sie  starb  am  17.  November. 

MittheUungen  Yll.  28 


434  Mayer. 

will  er  den  Numerom  seiner  Trappen  nicht  ansezen,  doch  den  U. 
Abends  traffe  er  mit  10  Escadron.8  zu  Torgau  ein  und  weitere  über 
die  Elbe  die  Manschaft  auf  die  nächste  Dörfer  einquartierte;  weiten 
meldete,  dass  die  Dresdner  Garnison  auf  ersten  Befehl  zu  maraehiren 
habe  und  sind  würUich  einige  Truppen  in  dem  Marsch  dahin  be- 
griffen. Was  er  hiermit  wolle ,  stehet  su  erwarten;  allein  wie  E.  F. 
bekannt,  wird  nichts  daraus  werden,  dann  seine  Drohungen  der  Beyange 
wegen  Berlin  werden  nicht  geachtet,  er  müste  nur  Mercurii  Flögel 
haben,  sonsten  wird  Marchall  und  Haddick  ihm  gewiss  mit  Gottes 
Hülf  eine  Suppe  einbrennen,  wie  auch  letzterer  mit  ihm  scharmutstriie 
und  hierauf,  wie  recht  beschehen,  sich  zurdck  zöge,  damit  er  hier* 
durch  seinen  Vorsprang  erhasche;  bedaure  nur  die  armen  Böhmen, 
die  es  abermal  trift,  sonst  heisst  es  die  Zöche  ohne  Wirth  machen. 
Jezo  aber  wollen  mich  jene  Blätter  noch  nicht  schliessen  lassen,  son- 
dern sie  suspendirten  denselben,  biss  dass  ich  das  völlige  ersest  habe. 
Sie  haben  recht  und  ermahnen  mich  meines  Eingangs,  dass  allda  ick 
gesagt,  dass  Kadasdi  mit  seinen  Truppen  angekommen  und  an  der 
Lohe  sich  zu  postiren  habe  und  das  geschähe;  gleichwie  aber  ein 
capabler  Kopf  immer  gebrauchet  wird,  so  wird  die  glücklich  geendete 
Arbeit  einen  gleich  wichtigen  nach  sich  ziehen,  welches  in  2  Tagen 
hervorschliefen  wird  und  hat  wieder  ürsach  die  Fortuna  zu  schmeichlen, 
wie  er  in  seinem  letztern  schriebe,  allein  er  ist  findig  und  kennet 
keine  Gefahr  und  ist  ziemlich  in  seinem  Leben  des  donnerenden  6e* 
schttzes  gewohnt,  die  Augen  f&rchteten  den  Bliz  des  Gesdiosses  nicht 
und  seine  Nasse  röche  den  Pulvers-Dampf  alkeit  gerne ;  kurz,  er  ist 
jener,  den  der  Himmel  zum  geschickten  General  gemacht  und  er 
solte  wegen  seinen  Progressen  fast  schon  müde  seyn.  Sobald  er  auf 
vorgeschriebene  Art  seine  Lage  nähme,  machte  der  Feind  nidit  minder 
eine  andere  Gegenverfassung,  dass  er  seinen  linken  Flügel  an  der  Loh 
weiters  hinausziehen  liesse,  damit  er  hiermit  dem  Nadasdi  eine  Front 
entgegensezte.  Wir  schlössen  auch  gestern  und  heute  den  Feind 
enger  ein,  darauf  er  gleich  eine  Präcaution  brauchte,  dass  er  isinige 
Truppen  in  Bresslau  warffe,  die  Mannschaft  ip  Gewehr  zu  schlaffen 
hatte,  die  meiste  Bagage  von  dannen  geschafft,  von  der  Gavallerie 
wurde  aus  2  Treffen  eines  formirt  und  ins  erstere  einzurücken,  be- 
orderte auch  die  Schanz  sowohl  bey  der  alten  Oder  ala  vor  dem 
Nicolai  Thor  mit  der  Arbeit  ohnauf  hörlich  fortzusezen,  von  den  Vor- 
städten der  Best  der  Dächer  abgetragen,  die  Grenadiers-Batailloiti 
näher  an  den  Verhak  bey  der  Oder  placiret  und  noch  mehr  deriey 
Behutsamkeiten  geschahen.  Dies  sind  Vorkehrungen,  die  einem  den 
Kopf  erwärmen  können,  der  den  Angrif  zu  oommandiren  hat»    Heat 


Zur  Geschicbte  des  mebeigäliTigen  Krieges.  435 

I 

ist  noch  Kriegarath  gehalten  worden;   viele  wolten,   dass  man  sich 

rerschneien  lasse,  andere  glaubten,  man  könne  keinen  andern  als  den 

schon  concertirten  Schluss  fassen.     Der  Commandirende  war  ruhig 

hierbey,  sagte  nichts,  wohl  aber  bey  Endigung  dessen  käme  er  in  des 

Dauns  Quartier  und  spräche :  Wir  sind  einig  und  wollen  wir  3  beym 

rechten  Flügel  eines  machen,  dem  Keil  aber  den  linken  anvertrauen. 

Es  machte  ihn  noch  weiters   sprechen,  bey  Ligniz  wäre  es  leichter 

gewesen.    Da  werden  E.  H.  wohl  mit  ihm  eine  Yerstandniss  haben. 

Hierauf  wurden  gleich  des  FM.   bissherige  Unternehmungen  gut  ge- 

heissen,  wie  er  zwar  ohnehin  alles  gut  gemacht,   mithin  wird  hierzu 

die  göttliche  Hand  haubtsächlich  erfordert,  dann  dies  jezige  wird  viele 

Seelen  kosten,  weil  der  Feind  überall  mit  Yortheil  umgeben  und  diese 

sind  wichtig,  so  dass  sich  mancher  nicht  auf  jene  Art  vorstellen  wird. 

Sie  sprechen,  dass  ist  ein  leeres,  dass  man  glaubet,  er  habe  sich  mit 

Redoaten  versehen  bei  seinen  Dörfern;  es  ist  auch  also,  und  werden 

es  diese  mit  Nachdruck  empfinden,  zumalen  ich  schon  lange  bedeutet, 

dass   yiele  die  Köpfe  bey  Bresslau  zerstossen  werden.    Jezo  ist  es 

halb  6  Uhr  und  Wollen  die  Gedanken  wegen  dermahligen  Auftrag 

mich  der  Feder  berauben,  die  ich  vielleicht  das  lezte  Mahl  zu  Dero 

Dienst  angestrenget;  das  kan  man  auch  beym  Soldaten  nicht  wissen, 

wann  er  doeh  gemrnet  ist  seine  Schuldigkeit  zu  thun.    Geschieht  es, 

so  bin  ich  mit  obigem  Schluss  einig,  wann  nur  meine  grosse  Frau 

sieget  und  K  F.  haben  eine  Freude  über  diesen  Sieg,  ja  lieber  treffe 

mich  das  Verhängnuss  mit  vielen  Euglen,  als  dass  diese  Mutter  der 

Soldaten  dem  ehrgeizigen  König  unterliegen  solle,  wasmassen  mein 

wahres  Ziel  daKin  gehet,  dass  Hochdieselben  sprechen  können,  er 

hielte  seine  Treue,  seinen  geschwomen  Eyd  und  hatte  seinen  lezten 

Athem,  seine  Dienste,  noch  sein  Blut  nicht  gesucht  zu  erspahren  und 

dieses  wird  mir  sodann  genug  seyn,  wann  Sie  dem  obigen  noch  dieses 

zusezexi  wollen,  er  wäre  meiner  Freundschaft  werth,  kein  mehreres 

sachte  ich  ohnehin  nicht  von  der  Welt.    Meine  weitere  Ehrlichkeit 

ist  ohnedessen  Niemand  besser  bekannt  als  fiochdenenselben  und  da 

mich  auch  ein  tödtliches  Blei  zu  Boden  wirft,  so  ist  er  dannoch  nicht 

l^estorben,  weil  in  Dero  Person  ich  jeder  Zeit  nach  Dero  eigenen  Yer- 

heissnngen  zu  leben  habe,  kommen  nur  Sie  in  ein  hochgraues  Alter, 

so  ist    alles  gut    Das  Lager  vrird  allerte  und  man  verlanget  mich, 

dahero   will  dem  Dienste  Folge  leisten;  wegen  Ihnen  erstirbet  der 

bekannte  ,  .  .  . 


28' 


'Unedirte   Diplome   fll. 

Der  leidige  Baummangel  hat  die  FortaetsEung  der  «ünedirten 
Diplome*  (vgl.  Mittheilungen  2,  441;  5,  378)  nochmals  so  lange  ver- 
zögert. Die  hier  gebotene  Nachlese  ist  eine  ziemlich  bunte:  Die  erste 
Urkunde  gehört  Langres  an ,  zwei  andere  (Nr.  2,  3)  St  Martin  in 
Tours,  die  letzte  Verdun;  die  meisten  Stücke  betreffen  Italien,  die 
Kirchen  von  Piacenza  (Nr.  4,  6,  16),  Belluno  (Nr.  7,  13),  Como  (Nr. 
14),  S.  Croce  di  Ghienti  (Nr.  10),  oder  sie  sind  an  PrivatpersoBen 
verliehen  (Nr.  8,  9,  11,  12,  15),  unter  diesen  eine  Urkunde  Dir 
den  bekannten  Bischof  Wibod  von  Parma  (Nr.  5).  Ihrem  Inhalt 
nach  sind  es  Bestätigungen  von  Immunitat  oder  Privilegien  (Nr.  1, 
4,  6)  mit  einem  diesbezüglichen  Mandat  (Nr.  3)  oder  Besitz  (7,  101 
Verleihung  von  Zollfreiheit  (Nr.  2),  in  der  Mehrzahl  Schenkungen  an 
Kirchen  (Nr.  13,  14,  16,  17)  und  Private  (Nr.  5,  8,  9,  11,  12,  15). 
Sie  stammen  aus  Frankreich  (Nr.  1  aus  Chaumont,  Nr.  2,  3  aas  Ab- 
schriften aus  der  BibL  nationale  in  Paris),  grösstentheils  aber  aus  ita- 
lienischen Archiven,  aus  Piacenza  (Nr.  4,  5,  6,  8,  9,  12,  14,  16), 
Belluno  (Nr.  7,  18),  Pavia  (Nr.  11),  Arezzo  (Nr.  15),  8.  Hpidio 
(Nr.  10),  das  letzte  Stück  aus  einer  Erwerbung  des  germanischen  Na- 
tionalmuseums in  Nürnberg.  Sie  sind  theilvreise  noch  dem  alten 
Apparat  der  Monumenta  Oermaniae  entnommen,  dessen  Benützung 
uns  die  Centraldirection  in  zuvorkommendster  Weise  gestattete,  wie 
^Y.  1  —  3  nach  Abschriften  von  W.  Arndt,  Nr.  10,  11  nach  Gopien 
Bethmanns,  theils  dem  neuen  Apparat  (Nr.  15,  Abschrift  von  S.  La- 
schitzer),  fast  die  Hälfte  vnirde  von  A.  v.  Jaksch  in  Piacenza  ab- 
geschrieben, zwei  Stücke  (Nr.  7,  13)  von  E.  v.  Ottenthal  in  Bellono, 
das  letzte  von  P.  Kehr. 

Die  Urkunden  sind  noch  ungedruckt.  Nr.  1  war  bisher  nur  in 
yerunechteter  Form  bekannt,  von  Nr.  6,  16  gab  Campi,  von  Nr.  T, 


J 


ünedirte  Diplome  III.  437 

13  Bresslau  Begesten.  Mit  Ausiiahme  der  mir  erst  später  bekannt 
gewordenen  Urkunde  Nr.  4  sind  die  Diplome  bis  Karl  III.  bereits  in 
meinen  Begesten  der  E^rolinger  verzeichnet. 

Die  Urkunden  wurden  von  A.  Fanta  druckfertig  gemacht    Die 
Namen  der  Abschreiber  sind  jedem  Stück  in  der  Note  beigef&gt. 

E.  Mühlbacher. 

1. 

Ijudwig  der  Uromme  bestätigt  der  Kirche  van  Lang  res  die  Im- 

munüät 

Aachen  814  September  9, 

Oopie  de$  10.  Jahrh,  im  DepariementalarcMv  zu  Chaumoni, 
Muklbaeher  Reg,  Kar.  530. 

(C.)  In  nomine  domini  dei  et  salvatoris  nostri  lesu  Christi. 
Hludonuicus  divina  ordinante  Providentia  imperator  augustus.  Si 
sacerdotibuB  in  quibuslibet  necessitatibus  aecclesiasticis  nostra  aucto- 
ritate  sublevandis  consulimus  et  ad  ministerium  snum  liberius  ex- 
aequendam  opem*  ferimus,  a  summo  pontifice  domino  nostro  lesu 
Chrisio  aetemae  remunerationis  largiri  nobis  praemia  non  ambigimus. 
Notnm  sit  igitur  omnibus  fidelibus  sanctae  dei  aecclesiae  et  nostris 
presentibus  videlicet  et  futuris,  quia  vir  venerabilis  Betto  Lingonensium 
urbis  episcopus  obtulit  nobis  anctoritates  anteoessorum  nostrorum 
r^um  in  quibus  insertum  repperimus,  qualiter  olim  propter  oocu- 
pationem  Sarracenorum  stmmenta  cartarum  vel  etiam  inmunitates 
regum,  quae  ibidem  erant,  perdita  vel  disrupta  fuissent  et  idem  reges 
svkafi)  auctoritate  miserandi  gratia  ad  praeoes  praedecaessorum  suorum 
aepiscoporum  eandem  raelevassent  iacturam,  ita  videlicet  ut  per  eorum 
aactoritatem  antecaessores  sui  aepiscopi  res  et  mandpia,  quae  in  eisdem 
stramentis  cartarum  incendio  exustis  eontinebantur  sive  eadem  quae 
postea  a  catholicis  viris  eidem  conlata  fiierunt  aecclesiae,  actenus 
securae  et  quiete  in  iure  et  potestate  praedictae  tenuissent  vel  posse- 
dissent  aecclesiae,  sed  et  ipsam  sanctam  sedem  antecessores  nostri 
reges  cum  cellulis  sibi  subiectis  vel  omnibus  rebus  ad  se^)  iuste  aspi- 
cneniibus  sub  plenissima  semper  defensione  et  inmunitatis  tuitione 
liabuissent  Ob  firmitatem  tamen  rei  postulavit  nobis  praedictus^)  Betto 
episcopns,  ut  eorundem  regum  auctoritates  ob  amorem^)  dei  et  reveren- 
i^iam  sancti  Mammae  martiris  nostra  confirmaremus^)  auctoritate.  Guius 


1.  [Arndt.]     *)  Zuvor  ausradirtes  sua.    b)  e  corr.  aus  ae.   ^  von  späterer 
.Hand  aus  preditus  corr. 


438  ünedirte  Diplome  Ul. 

petitioni    libenter    actquievirnus    et    per  hoc  praecepkun  auctoritatis 
nostrae  circa  ipsum  sanctum  locum  fieri  decreTimos,  per  qtiod  iubemuB 
atque  praecipimus  ut  nemo  fidelinm  nostrorum   vel  quilibet  ex  iudi- 
tiaria  potestate  in  aecdaesias  aat  loca  Tel  agros  seu  raeliqoas  pos- 
sesiones,  sive  eas  ante  prefatam  occupationem  Sarracenorum  a  recto- 
ribus  ipsius  aecclesiae  per  prefata  stnimenta  cartaram  legaliterpossessas 
et  per  auctoritatem  confirmationis  antecessorum  nostrorum  regum  postea 
ad  partem  ipsius  ecclesiae  confirmatas,  sive  eas  quas  modemo  tempore 
in  quibuslibet  locis  vel  territoriis  infra  ditione  totius  imperii  nostri 
iuste  et  legaliter  memorata  tenet  vel  possidet  aecclesia^)  vel  easqnae 
deinceps  a^)  catholicis  yiris  eidem  conlatae  fuerint  aecdesiae  ad  caosas 
audiendas  aut  freda  vel  tributa  exigenda  aut  mansiones  vel  paratas 
faciendas  aut  fideiussores  tollendos  aut  homines  ipsius  aecclesiae  tarn 
ingenuos  quam  seryos  super  terram  ipsius  conmanentes  distringendos 
nullas  redibitiones  aut  inlicitas  occasiones  requirendas  nostris  et  futuris 
temporibus  ingredy  audeat  vel  ea  que  supra  memorata  sunt  nxigere 
penitus  presumat,  sed  liceat  memorato  presuli  suisque  sucoessoribos 
res  predicte  aecclesiae  cum  cellulis  sibi  subiectis  sub  inmunitatis  nostrae 
defensione  ^)  quieto  ordine  possidere  et  nobis  fideliter  deserrirae  atque 
pro  stabilitate  nostra  vel  totius  imperii  a  deo  nobis  conlati  Tel  oon- 
serTandi  unacum  dero  et  populo  sibi  subiecto  libere  dei  misericordiam 
ezorare ;  et  quicquid  exinde  fiscus  noster  exigere  debet')  ad  ini^rum 
praediotae  ecclesiae  concedimus  ut  perpetuie  temporibus  ibidem   pro- 
fitiat  in  augmentum.   Quod  si  forte  super  eisdem  rebus  ante  praefiatam 
occupationem  Sarracenorum  per  strumenta  cartarum  a^)  praelatia  pne- 
dictae  aecclesiae  iure  possessis  quaestio  orta  fiierit,  ut  pro  eis  legaliter 
disceptari  necesse  sit,   ita  per  hanc  nostram  auctoritatem  eaadem  res 
et  mancipia  defendantur  sicuti  per   eadem  strumenta,  si  perdita  Tel 
disrupta  non  fuissent,  legibus  defendi  poterant    St  hanc  auctoritatem 
ut  firmior  in  dei  nomine  habeatur  et  a  fidelibus  sanctae  dei  aeoolesiae 
et  nostris  diligentius  conserretur,  manu  propria  subter  firmaTimosei 
anuli  nostri  inpressione  signari  iussimus. 

Signum  (M.)  Hludouuici  serenissimi  imperatoris. 

(G.)  Helisachar  recognoTi  et  (SB.). 

Data  y  idus  septembns  anno  primo  Christo  propitio  inqieni 
nostri,  indictione  YIII;  actum  Aquisgrani  palatio  regio;  in  dei  nomine 
felidter  amen. 


^)  aecclesiae.        «)  corr.  aus  ad.        f)  defentione.         %)  fehlt;  ergftiut 
aus  dem  Spurium  in  Gallia  chrisi  ed.  II,  4b,  129.         ^)  fehlt. 


Unedirte  Diplome  III.  439 

2. 
Lmdwig  der  Uromme  bestätigt  dem  Kloster  St.  Martin  in  Tours 
die  van  seinen  Vorgängern  verlidiene  AbgabenfreiheU  für  zwölf  Schiffe 
auf  allen  Flüssen  des  Reiche. 

Aaehm  816  Augu$i  30. 
Zwei  Cnpim  in  Bahute  Armairßs  76  /.  333  und  334  auf  der  NationalbibKoth$k 
Mu  JPbru  (A)^);  vmrgUchM  mit  einer  Copie  in  Bouhier  06  /.  71  ebenda  (B). 
Mühlhaeker  Reg.  Kctr.  612. 

(G.)^)   In  nomine   domini  dei  et   salvatoris  nostri  lesu  Christi« 

Hludowicus  diyina  ordinante  Providentia  imperator  augastos.    Si  pe- 

titionibus  servorum   dei  divini  cultas  amore  aurem   libenter  acoom- 

modamus,  id  nobis  profntarum  ad  animae  salutem  consequendam  non 

ambigimueu     Idcirco  notum  sit  omnibus  episcopis,  abbatibos,  ducibos, 

comitibus,  vicariis,  centenarüs,  teloneariis,  actionarüs  et  missis  nostris 

discurrentibus  vel  omnibus  rem  publicam  administrantibus  seu  oaeteris 

fidelibns  sanctae  dei  ecdesiae  nostrisqae  tarn   praeaentibos  quam  et 

futuris,   quia  vir  venerabilis  Fred^isus,  abba  ex  monasterio  patroni 

nostri   praeclarissimi  confessoria   Christi   Martini,    ubi    ipse   corpore 

requiescit,    obtulit  obtutibus    nostris    praeoepia    regalia  decessorum 

nosirorum   regum    Francorum    necnon    avi  nostri  Pippini  quondam 

regia   seu  etiam   domni  et  genitoris  nostri  bonae   memoriae  Earoli 

püssimi  augusti  in  quibus  continebatur,  quod  ob  amorem  dei  et  vene- 

rationem  sancti  Martini  duodecim  naves  immunes  ab   omni  teloneo, 

quae  per  alyeum  Ligeris,  Helarium,  Garum^),  Vincennam,  Medanam, 

Sartam  et  Ledum  vel  per  caetera  diversa  flumina  ob  necessitates  ipsius 

monasterii  fnlciendas  discurrebant,  eidem  concessissent  monasterio,  ut 

sdlicet  teloneum,  quod  annnis  recursibus  liscus  ex  ipsis  na?ibus  iure 

exigere  poterat,  in  usibus  clericorum  beati  Martini  fovenda  augmenti 

esseL     Fostulavit  itaque  nobis,   ut  decessorum  nostrorum  morem  se- 

quentes  paternae   auctoritati  nostram  firmitatis   gratia  iungeremus^) 

auctoritatem.    Cuius  precibus  ob  amorem  dei  et  yenerationem  sancti 

Martini  nobis  annuere  et  hoc   preceptum   munificentiae  nostrae  fieri 

libuit  per  quod  iubemus  atque  decernimus,  ut  absque  uUius  iudiciariae 

potestatis  inquietudine   aut  telonariorum  detentione  liceat  hominibus 

eiusdem  abbatis  suorumque  successorum  ob  necessitates  praedicti  mo- 


')  Zu  der  ersten  Ahtehrift  bemerkt  Baluee:  Je  tay  eorrigie  iur  f  original,  R  y 
en  a  trois  originaux ;  M*tr  eweiten :  Je  Fay  eonferie  awee  V original.  In  den  Armoire» 
76  f.  30  befindet  tieh  eine  dritte  Abeehrift  aui  der  Ihnearta  alia ;  hier  bew%erkt  Bahue, 
daee  sieh  die  Urkunde  auch  in  der  Pcmearta  nigra  f.  4,  20  und  23  Ande.  In  dieter 
Absehrifi  eereiekt  Bahuse  die  Werte  usibus  clericorum  aus  und  sehreibt  darüber 
luminaria  basilicae. 

2*  [Arndt.]     »)  B,  fehlt  in  A.         ^)  Carim  6.         c)  largiremus  B. 


440  Unedirte  Diplome  IIL 

nasterii  et  clericorum  ibidem  deo  deservientium  faiciendas  com  eisdem 
duodecim  navibos  libere  ire  et  redire  sive  per  Ligerim^),  Helarium, 
Garum^),  Vincennaiii,  Medanam,  Sartäm,  Ledum,  sive  etiam  per  caetera 
flumina  imperii  nostri ;  et  quaromlibet  ciYitatam,  oppidoram,  portomn 
horis  appulerint,  nuUas  ab  eis  aut  ab  hominibus  qoi  eis  praesont 
teloneum  aut  quod  yalgari  sermone  dicitar  ripaticum,  portatienm  aui 
salutaticum  aut  cespitaticum  aut  cenaticum  aut  pastionem  aut  lauda- 
ticum  aut  trabaticum  aut  ullum  occursum  aut  ullum  oensum  Yel  uUam 
redibitionem  vel  caeteras  huiuscemodi  publicae  functiones,  quae  diversis 
uominibus  yulgariter  nominantur,  quisquam  aut  acdpere  aut  exigere 
penitus  audeat,  sed  potius,  ut  praemissum  est  et  quemadmodum  ante- 
cessores  reges  Francorum  concesserunt®),  licitum  sit  illis  remota  coius 
libet  inlidta  contrarietate  Tel  detentioue  per  haue  nostram  auctoritatem 
libere  ire  et  redire  et  necessitates  ipsius  monasterii  absque  aUcniofl 
fidelium  nostrorum  obstaculo  procurare;  quod  si  mercandi  aut  yenun- 
dandi  gratia  quolibet  loco  moras.eis  facere  expedierit,  id  nibilominus 
absque  alicuius  impedimento  faciant  et  nihil  ab  eis  prorsus  de  hi^ 
quae  superius  compraehensa  sunt  a  quoquam  exigi  praesumatur.  Et 
ut  haec  auctoritas  inyiolabilem  obtineat  effectum  et  a  fidelibus  sanctae 
dei  ecclesiae  et  nostris  yerius  credatur  ac  diligentius  conseryetur,  manu 
propria  subter  firmayimus  et  anuli  nostri  impressione  signari  iussimus. 

Signum  (M.)^)  Hludowici  serenissimi  imperatoris. 

Durandus   diaconus  adyicem  Helisacbar  recognoyi  et   subscripsl 

(SR  NT.)^) 

Data  III  kalendas  septembris  anno  Christo  propitio  tertio  imperii 
domni  Hludowici  piissimi  augusti,  indictione  decima;  actum  Aquisgrani 
palatio  regio;  in  dei  nomine  felidter  amen. 

3. 

Ludwig  der  Fromme  beßehU  allen  örafen  und  Misn  darat/  r« 
eelien,  dose  die  dem  Kloster  St  Martin  in  Toura  verUekene  Im- 
munität beobachtet  werde. 


Copie  am  der  Panearta  aüa  in  Bakute  Ärmoirsi  76  /.  ZA  auf  der  Iktäemol- 
btbUoihek  Mu  Puris  (X,)  —  Copu  m  Luiewr  Mr.  197  tbenda  (B). 
Mühlbacher  Reg.  Kar.  610  nmn  Jahr«  816. 

In  nomine  domini  dei  et  salyatoris  nostri  lesu  ChristL  Hludouicus*) 
diyina  ordinante  proyidentia  imperator  augustus.  Vobis  fidelibus  nostrU 


^)  B,  Ligerem  A.         «)  fehlt  in  AB.         f)  in  B  nach  Hludoyici^         c)  in 
B  genau  nachgeseichnet. 

8.   [Arndt.]         »)  Ludoyicus  AB. 


Unedirte  Diplome  III.  441 

comitibas  tarn  praesentibos  quam  et  faturis  hecnon  iunioribns  vestris 
seu  etiam   missis   nostris   per  univemmn  imperium  nostrom   discor- 
rentibas  notam  sit,  qoia  Fredegisos  abbas  ex  monasierio  sancti  Mar- 
tini detulit  nobis  litteras  auctoritatis  domni  et  genitoris  nostri  Earoli 
Serenissimi  .imperatoris  in  quibna  continebatur  insertom,  quod  idem 
domnus  genitor  noster  per  easdem  litteras  iussisset  ut,  ubioamque  in 
ministerüs  vestris  res  sancti  Martini  esse  noscebantur,  diligenti  ob- 
Berratione  immanitatem  domm  ei  genitoris  noetri  Karoli,  quam  ipee  eidem 
renerabilimonasterio  fecerat,  in  omnibus  obserTaretur  et  deprecatos  est, 
nt  nos  denuo  morem  patemum  seqnentes  nostrae  auctoritatis  litteras 
habere  meretor,  quod  ita  fecisse  omniom  yestrorum  cognoscat  industria. 
Praecipientes  ergo  iubemus,  ut  ubicumque  in  ministerüs  vestris  res 
sancti  Martini  et  Fridegisi  venerabilis  abbatis  esse  noscuntur,  diligenti 
obserratione  immunitatem  nostram,  quam  eidem  venerabili  monasterio 
Sedmus,  in  omnibus  ita  conservetis  et  oonserrari  percenseatis,  quomodo 
a  domno  et  genitore  nostro   bonae  memoriae  Earolo  et  a  nobis  de- 
cretom  et  constitutum  est;   et  quicumque   secus  quam  in  eadem  im- 
munitate  continetur  contra  ipsam  casam  dei  agere  temptarerit  aut  in 
aliquo  praecepti  auctoritatis  nostrae  transgressor  repertus  fuerit,  ita 
iustitiae  censura  coram  yobis  iudicetur   et  poena  multetur  sicut  in 
eadem  immunitate  nostra  continetur.  Si  vero  coram  vobis  causa  pro- 
lata  minime  deffiniri  potuerit  sicut  in  praecepto  domni  et  genitoris 
nostri  continetur,  postposita  qualibet  dif&cultatis  oppositione,  eosdem 
bomines  per  fideiussores  positos  in  nostram  praesentiam  ad  placitum^) 
condictum  Tenire  faciatis.     Sed   et  de  rebus  unde  ipsa  casa  dei  in 
vestris  ministerüs  legibus  vestita  esse  dinoscitur,  quemadmodum  domnus 
et  genitor  noster  constituit,   nullius  hominis    viribus   eam  expoliari 
sinatis,  sed  rem  nostro  examini  iustoque  libramini  dirimendam  relin- 
quatis.     Ita  igitur  hanc  iussionem  adimplere   curate,  si  gratiam  no- 
stram vultis  habere.    Haec  vero  auctoritas   ut  firmior  habeatur  et  a 
vobis  verius  credatur  et  diligentius  conservetur,  de  anulo  nostro  subter 
eam  sigillari  iussimus. 

4. 
Ludwig  der  Fromme  bestätifft  der  Kirche  von  Piacenza  alle 
Urkunden  und  Rechte. 

Aaehm  819  April  3Pt, 
Noiariattiraingiwmpt  dei  13.  Jahrh.  im  Gapiishrehiv  von  S.  AnUmin  su  PSacensa. 

In  nomine  domini  dei  et  salvatoris  nostri  lesu  GhristL   Hludoui- 
cus  divina  ordinante  Providentia  imperator  augustus.     Cum  peticionibus 


b)  palatiam  AB. 


442  Unedirte  Diplome  IIL 

sacerdotum  ac  servorum  dei,  quas  nostris  auriboB  inBinuayeruiLt  liben- 
ter  annuimus  et  eas  cum  dei  auailio  ad  efFectom  perducimus,  non 
solum  imperialem  consuetndinem  exeroemos,  sed  etiam  hoc  nobis  tarn 
ad  presentis  vite  prosperitatem  quam  ad  fature  beatitadinem  addipis- 
cendam  non  minimum  momenti  afferre  confidimos.  Iddrco  nofaim 
sit  Omnibus  fidelibus  sancte  dei^)  eoclesie  et  nostris  tam  presentibos 
quam  fiituris,  quia  vir  reverentissimns  Fodo  sancte  Flacentine  urbb 
eccle^ie  episcopus,  que  est  constructa  in  honore  sanctorum  Antoninii 
Victoris  et  lustine,  nostram  addiens  serenitatem  obtulit  nobis  precepta 
pie  recordationis  domni  et  genitoris  nostri  Garoli  serenissimi  impera- 
toris,  que  ad  petitionem^)  pontificum  predicte  sedis  fecerat,  in  quibos 
oontinebatur  insertnm,  eo  quod  olim  in  eadem,  acoedente  caao,  non 
solum  ipsa  civitas  cum  domibus  et  ceteri^  hedi£ßtiis  in  ea  oonstructiB 
igne  cremata  sit,  verum  etiam  et  omnia  instrumenta  cartarum,  que 
liberalitate  bonorum  hominum  predicte  ecclesie  concesse  sunt  in  eodem 
incendio  periise.  Oontinebatur  enim  ibidem  quod  precepta  et  con- 
firmationes  anteriorum  regum  quidam  Julianus  ipsius  sedis  episoopus 
pre  manibus  haberet^)  adserens,  qualiter  ipse^)  res  suis  et  temporibns 
antecessorum  suorum,  episcoporum  videlicet  predicte  urbis,  quiete  atque 
secure  possesse  fuissent;  etiam  si  libere  femine  arimane  cum  serris 
ipsius  ecclesie  oopulate  fuerunt^^)  aut  sunt  vel  fuerint,  sicut  antiquitos 
ad  ipsam  ecclesiam  ooncessum  est,  cum  filiis  ac  filiabus,  ita  ex  eios') 
indulgentia  inibi  permanerents^).  Hostendit  etiam  quoddam  preoeptom, 
qualiter  idem  domnus  et  genitor  ob  amorem  dei  et  reverentiam  beaü 
Antonini  martiris  simulque  Victoris  confessoris  Christi  quoddam  mer- 
catum,  quod  annuatim  tercio  decimo  die  mensis  novembris  in  ipso 
loco  fieret,  videlicet  omne  toloneum,  quidquid  exinde  exigerit,  ad  pre- 
dictam  ecclesiam  cum  omni  integiitate  concessisset^) ,  nee  non  et 
cartam  inmunitatis^)  seu  et  confirmationis  de  omnibus  rebus,  que  legsr 
liter  ad  predictam  sedem  collate  sunt,*  quas  idem  domnus  genitor 
noster  eidem  ecclesie  suo  munere  confirmavit,  etiam  et  precepta  regum 
Longobardonmi  Liudprandi^)  videlicet  et  Batgis  atque  Desiderii.  Qui 
cum,  ut  diximus,  hed)  nobis  hostendisset,  suggessit  nobis  ut  predictas 
auctoritates  atque  precepta  sive  inmunitatem  nostre  auctoritatis  oraculo 
confirmare  deberemus.  Cuius  petitioni,  quia  iusta"^)  et  rationabilis 
nobis  visa  est,  recipiendam  atque  implendam  iudicamus.  Iddroo  de- 
cemimus  atque  per  hos  imperiales  apices  nostros  iubemus,  ut  quicquid 
domnus  et  genitor  noster  vel  reges  Longobardorum°)  sive  ceteri  deum 

4«  [y.  Jak 8 eh.]  »)  fehlt.  ^)  quas  ad  petionem.  <>)  habent.  4)ip0a& 
e)  fuerint.  ')  ei.  t)  pennaneret.  ^)  cumceBsiaBe.  i)  inmunitationiB.  ^)  Lind- 
rindi.        >)  barum.       »j  iuxta.       u)  Longimbardorum. 


Unedirte  Diplome  m.  443 

timentes  ei  boni  homines  memorate  sancte  Placentine  eoclesie  per 
precepta  et  testamenta  seu  donaciones  oontulerint  tarn  liberas  femiuag, 
qoas  arimanas  dicimt  que  servis  ipsios  ecclesie  copulantar,  quam  mer- 
catos  yel  portas  et  molendina®)  siye  pensiones  vel  ceteias  res,  que  ad 
pablieum  ezigebantur,  et  idem  domnus  et  genitor  noster  Garolus  im- 
perator  ad  eandem  eccleeiam  suis  auctoritatibas  eonfirmayit  vel  eins 
tempore  prediota  possedit  ecclesia,  stabile  atqae  inoonnüsrnn  nostris 
fatarisque  temporibus  in  ipsius  potestate  perpetim  permaneant  et 
nuUos  iudex  publicus  tarn  monasteria  quam  sinodochia  seu  et  eccle- 
sias  baptismales  vel  reliquas  possessiones,  quas  modemo  tempore  in 
qnibuslibet  pagis  et  territoriis  infra  dicionem  imperii  nostri  iuste  et 
legaliter  memorata  tenet  vel  possidst  eoclesia  vel  ea  que  deinoeps  in 
iure  ipsius  ecdesie  voluerit  divina  pietas  augeri  ad  causas  iudiciario 
more  audiendas  vel  fredaP)  exigenda  aut  mansiones  vel  parat^  facien- 
das  aut  fideiussorea  tollendos  aut  homines  eiusdem  ecclesie  tarn  sacer- 
dotes,  sicut  in  precepto  domni  et  genitoris  nostri  oontinetur,  quam 
ingenuoB  videlicet  et  servos  distringendos  nee  ullas  redibitiones  aut 
ülicitas  occasiones  requirendas  nostris  et  futuris  temporibus  ingredi  audeat 
vel  ea^)  que  supra  memorata  sunt  penitus  exigere  presumat,  sed  liceat 
memorato  presuli  suisque  successoribus  res  predicte  ecclesie  cum  mo- 
nasterüs  et  cellis  vel  baptismalibus  et  rebus  vel  hominibus  ad  se 
legaliter  aspicientibus  vel  pertinentibus  sub  cautionis  atque  inmuni- 
tatis  nostre  defenssione,  remota  tocius  iudiciarie  potestatis  inquietudine, 
quieto  ordine  possidere  et  nostro  fideliter  parere  imperio.  Quod  si 
forte  super  eisdem  rebus  ante  predictam  exustionem  a  prelatis  ipsius 
ecclesie  iure  possessis  questio  orta  fuerit,  aut  pro  eis  legaliter  in  foro 
disceptari')  necesse  sit,  ita  per  banc  nostram  auctoritatem  easdem  res  et 
mandpia  ipsius  ecclesie  legaliter  defendantür  sicut  per  eadem  instru- 
menta, si  igni  absorta  non  fuissent,  legibus  defendi  poteranb  De 
pontifice  vero  per  auctoritatem  domni  et  genitoris  nostri  in  eadem 
ecclesia,  si  talis  inventus  ibi  fuisset  qui  eandem  ecclesiam  secundum 
doctrinam")  evangelicam  vel  statuta  canonum  plenissime  regere  valeret 
et  regibusFrancorum  fidelis  existeret,  Ucentiam  inter  se  eligendi  habent, 
ita  nos  Ucentiam  pontificem  eligendi  adtribuimus  sicut  autoritas 
sanctorum  canonum  sancit  et  sicut  omnibus  eodesiis  in  imperio  deo 
propitio  nostro  constitutis  concessum  habemus,  videlicet,  ut  per  electio- 
nem  deri  et  populi,  remota  personarum  et  munerum  acceptione,  ob 
iuris  meritum  et   sapientie  donum  eligantur^),   ut  exemplo  et  verbo 


o)  portibus  et  molendinis.       p)  feuda.       4)  ingredi  aut  etiam  vel.     ')  dis- 
centari.       •)  doctrixianaiii«       ^)  eliguntur. 


444  ünedirie  Diplome  m. 

sibi  subiectos  prodesse  valeant^j,  quatenus  clerus  et  populus  predicte 
sedifl  pro  inoolumitate  nostra,  coniagis  ac  prolis  seu  etiam  totiofi  im- 
perii  a  deo  nobis  concessi  eiusque  clementissima  miseratione  per 
iumensum  conservandi  iugiter  domini  misericordiam  exorent.  Et  ut 
hec  auctoritas  pleniorem  in  dei  nomine  obtineat  firmitatem  et  a  fide- 
liboB  Bancte  dei  eccleeie  nostrisque  Terius^)  credator  et  diligentiiu*) 
oonservetur,  ea  manu  propria  subtus  firmavirnus  et  annuli  nostiiim- 
pressione  signari  iussimus. 

Signum  (M.)  Hlu^ooici^)  serenisimi  imperatoris. 

Data  quintoy)  kal.  maii,  anno  sexto  Christo  propricio  imperii 
domni  Hludouici^)  serenissimi  augasti,  indictione  duodecima;  actum 
Aquiflgrani  palatio  regio;  in  dei  nomine  feliciter  amen'). 

5. 

Karl  IIL  schenkt  dem  Bischof  Wibod  (von  Parma)  drä 
Morgen  Land  zu   Viffonzone. 

Olonna  881  April  14. 
OrigiruUdiplom  im  Kathsdralarchiv  mu  Pitumuuu 
Mählbaeher  Bsg.  Kar,  1574. 

(G.)  j  In  nomine^)  sanctae  et  individuae  trinitatis.  Earolus  di- 
Tina  favente  dementia  imperator  augustus.  Si  peütionibos  fidelitim 
nostrorum  aures  nostrae  pietatis  accomodamus,  devotiores  eos  in  noatro 
obsequio  reddimus,  insuper  ab  aeterno  |  remoneratore  proemia  sine 
fine  mansura  percipere  credimns.  Quapropter  omnium  fideliom  aanctae 
dei  ecclesiae  nostroromque  praesentium  scilicet  ac  fdturorom  com- 
periat  indostria,  eo  quod  Liutbuardus  ezimius  praesul  et  summus  oon- 
ailiarius  noster  nostram  a  deo  protegendam  adiens  serenitatem  im- 
ploravit,  qoatinus  üuibodo^)  venerabillimo  antistiti  et  kariasimo  fideli 
noatro  concedere  dignaremur  mansa  tria  actenus  pertinentia  de  oorte 
nostra  Olonna  et  consistentia  in  comitatu  Laudenai  in  loco  qui  dicitar 
üico  Gogozoni  cum  omnibua  eorum  adiacentiia.  Hunc  deniqae  pro  eo 
quod  iuate  petiit  dignia  eiua  petitionibua  aurea  noatraa  accomodaTimos 


«)  yalent.  ▼)  ▼eriuaqne.  ^)  diligenier.  »)  Hludoud.  r)  dat» 
quinta.  *)  Am  Schlüsse  der  Copie  findet  sicli  folgende  Bemerkung:  Dominus 
ObertuB  Lauandacius  et  dominus  Janonus  de  Arcellis  et  dominus  Ouliermns  Oft* 
putportii  consules  Piacentini  parabola  et  voluntate  aliorum  socionim  eoTum 
quamyis  absentium  preceperunt  michi  Alberto  de  Stephane  notario  quatenus  ex 
uno  privilegio  autentico  sigillato  cereo  sigillo  domini  Heludouci  imperatoris  au- 
gusti  —  in  quo  sigillo  erat  forma  hominis  a  pectore  in  sursum  inpressa  —  alind 
sumere  exemplum  autenticum  quod  in  Omnibus  yim  autenti[ci]  retineret  et  aumpto 
illud  autenticarem  publicarem  et  in  publicis  actis  redigdrem. 

h.  [y.  Jak 8 eh.]       »)  corr.  aus  nomie.       ^)  zweites  a  corr.  aus  um. 


ünedirte  Diplome  m.  445 

et  iusaiinas  hoc  nostrum  imperiale  praeceptam  fieri,  per  qaod  tria 
mansa  saperius  nominata  praefato  Uoibodo  iUaatri  epincopo  perpe- 
toaliter  possidenda  contulimiu  cnm  onmibus  finibuB  et  apendiciis 
eonun,  terris  scilicet  campis  pratis  paseuis  silvis  yineia  cultis  et  in-* 
coltis  diyisis  et  indivisis  aqnis  aquarumqüe  decuredbtui  fiunilüs  utriusqne 
sexns;  omnia  prorsus  in  int^prum  qoaecumqae  ad  ea  mansa  pertinere 
noBcnntor  in  inre  potestateque  ipaias  persistant,  quatenus  ea  deinde 
potestative  teneat,  possideat,  donet  et  quocmnqae  modo  Yolaerit  man- 
dpet  sicut  alias  proprias  res  ex  nostra  plenissima  sibi  largietate  oon- 
cessa.  Precidentes^)  ergo  iubemns,  ut  nallns  dux,  comes  ant  quisUbet 
publicus  exactor  neque  aliqua  persona  parva  Tel  magna  et^)  praedictb 
mansis  vel  eoram  pertinentiis  aliquam  invasionem  aut  diminorationem 
faciat,  sed  liceat  eidem  praesuli  üuibodo  vel  cuicmnqae  ipse  concedere 
▼olaerit  eadem  mansa,  prout  statoimas,  quietissimo  ordine  possidere. 
Si  qois  igitor  hoc  nostrae  concessionis  imperialem®)  praeoeptmn  in 
aliqao  Tiolaverit,  sdat  se  compositurum  auri  obtimi  libras  XXX,  me- 
dietatem  palatio  nostro  et  medietatem  eidem  üuibodo  yel  cuicumque 
ea  reliquerit  possidenda.  Dt  autem  verius  credator  diligentinsque  ob- 
seryetnr,  manu  propria  confirmatum  anuli  inpressione  subter  iussimus 
insignirl 

*  Signum  (M.)  domni  Earoli  Serenissimi  imperatoris  augusti.  * 

*  Amalbertus  notarius  adncem  Liutuardi  arohicancellarii  recog- 
no¥i  et  *  (SB.)  (SI.D.) 

Data  XVIIII.^  kal.  mai  indictione  XIIII,  anno  inearnationis  do- 
mini  DCCCLXXXI,  anno  vero  piissimi  imperatoris  Earoli  I;  actum 
Holonnae;  in  dei  nomine  feliciter  amen. 

6. 

Karl  IIL  verleiht  den  Kanonikern  von  S.  Antonin  zu  Piacenza 
Schutz^  Immunität  und  das  InquintionerechL 

Pkivia  881  Mai  11. 

CopiU  dei  12.  Jahrh,  im  OapiUlarchiv  von  <S.  Antonin  tu  PSaeensa  (Ä), 
Qxmpi  1,  225  Regest,     Mühlbaeker  Reg.  Kar.  1578. 

In  nomine  sanct^  et  individue  trinitatis.  Karolus  divina  favente 
dementia  imperator  augustus.  Noverit  igitur  omnium  fidelium  nostro- 
ram  presentium  scilicet  et  futurorum  industria,  qualiter  Liutuuardos 


c)  statt  precipientes.  ^)  statt  ex.  ^)  statt  imperiale.  0  Die  Zahl  er- 
klärt sich  dadurch,  dass  hier  irrthümlich  wie  in  den  Sltägigen  Monaten  gerech- 
net wird,  deren  erster  Kaiendentag  mit  XIX  bezeichnet  wird. 


446  Unedirte  Diplome  III. 

venerabilis  episcopus  et  düectas  archioancellariiui  noster  deprecatns 
est  Gelsitudinem  nostram,  nt  ob  meroedis  nostr^  augmentoia  firatres 
consistentes  in  ^cdesia  beati  Antonini  atque  Victoria  martyiis  et  oon- 
fessoris*)  Christi^)  sab  nostr^  inmonitatis  toitione  ac  defensionis 
corroboratione  suscepissemos«  Guius  petitionibas  ob  amorem  domini 
nostri  Jesu  Christi  libenti  animo  asaensum  prebentes  deereviiniis  ita 
fieri  et  iassimns  eis  hocf^)  nostr^  auctoritatis  preoeptom  fieri  per  quod 
deoemimns  atque  iubemus,  ut  nuUiia  iudex  publicua  vel  quialibet  ex 
ioditiaria  potestate  nee  missus  discurrens  sed  nee  cuiualibet  potestatia 
persona  ex  rebus,  unde  nunc  yestiturani  habent  aut  in  aiitea  deo 
auxiliante  in  eadem  ^lesia  ad  ipsis  saoerdotibus  legali  ordine  pro 
quooumque  ingenio  ibidem  conlata  fnerint  aut  data  per  diversa  kx» 
regni  nostri  seu  quas  diyina  pietas  ibi  augeri  yoluerit  aliquam  ingerere 
preaumat  inquietudinem  yel  diminorationen^,  sed  nee  in  ^cclesias  do- 
mos  vel  agros  seu  reliquas  possessiones  memorate  ^oclesiq  vel  in  eonim 
sacerdotibus  in  quibuslibet  locis  aut  territoriis  infra  ditionem  r^ni 
nostri  ad^)  causas  iudiciario  more  audiendas  vel  freda  toloneam 
mansionaticos  aut  fideiiussores  tollendos  seu  homines  ipsis  supradicüs 
saoerdotibus  tarn  ingenuos  quamque  servos  diatringendos  aut  qnaslibet 
inlicitas  occasiones  aut  redibitiones  ullas  ingredi  audeat,  sed  lioeat  e06 
cum  Omnibus  rebus  ac  familüs  eorum  sub  nostra  manere  tuitioiie 
atque  inmunitatis  defensione«  Precipimus  quoque  de  siipaMeripta 
rebus  inquisitiones,  ubi  eorum  contentio  orta  foerii,  per  veraoes  ho- 
mines circamanentes  ipsius  loci  fieri  ad®)  rei  veritatem  inveniendam.  Si 
quis  antem  ausu  temerario  hoc  infringere  conatus  fuerit,  volumus  ut 
XXX  libraa  auri  optimi  eorum  persolvat^).  üt  haec  auctoritas  largi- 
tionis  nostr^  firmier  habeatur  et  per  futura  tempora  a  fidelibus  nostris 
verius  credatur  et  diligentius  observetur,  manu  propria  nostra  subter 
eam  firmavimus  et  anuli  nostri  inpressione  adsignari  iussimus. 

Signum  (M.)  domni  Earoli  serenissimi  imperatoris. 

üualdo^)  notarius  advicem  Liutuuardi  archicancellarii  reeognovi 

Data  Y.  id.  mai.  anno  incamationis  domini  DCGCLXXXI,  indictione 
XIIII,  anno  vero  piissimi  imperatoris  Earoli  primo ;  actum  Papia;  iu 
dei  nomine  feliciter  amen. 


6.  [v.  Jak 8 eh.]  ^)  martyrem  et  confessorem  A.  b)  folgt  QberfiQaaig^ 
ut.  c)  hac  A.  ^)  aut  A.  «)  de  suprascriptas  res  —  ipsiua  locis  inquisitione  fadendum  A: 
emendirt  nach  dem  D.  Hugo^s  von  981,  Forschungen  10,  298  nr.  14.  0  Da  die 
Stelle  auch  in  dem  im  Original  erhaltenen  D.  Hugo's  ebenso  lautet,  bo  ist  der 
Ausfiül  von  medietatem  kamerae  nostrae  et  medietatem  pari!  (vgL  Fonchnngen 
10,  299)  nach  optimi  nicht  Tom  Copisten  versohuldet.       f^)  Ego  Uualdo  A. 


ünedirte  Diplome  m.  447 

7. 

Karl  HL  bestätigt  der  Kirche  van  Belluno  die  Schenkung  eines 
gewiesen  Aldo, 

—  882  f^bntar  14. 

CopU  ds$  18.  Jahrh,  t»  der  Sammiimg  dei  Lueiua  DogUoni  p.  11  im  CäpiUl- 
amhw  von  Belbmo  (A) ;  dm-  hiar  befimdüehmt  Urtumds  timd  einige  Leearien  ame  dem 
Monueoript  wm  IKlunmuM  Hiskuria  BeUiunmsie  heigeeetzt  (B), 

Nmtee  Arekh  3,  83  eii,    Mükibaeher  Reg.  Kar.  1636. 

In  nomine  sancte  et  indi?idae  trinitatis.  Earolus  divina  favente  graiia 
imperator  augostus.  Comperiat  omnium  fidelium  nostrorom  presentium  et 
futurornm  solertia,  qualiter  venerabilis  epiacopus  noster  Liutukardus^)  et 
Berengarius  dilectus  comes  et  marcliio  noster  innotueront  celsitadini  nos- 
tre,  qaod  quidam  reverendissimos  episoopus  noster  nomine  Haymo  sancte 
Belliinensis  ecclesie  eis  ostendisset  quasdam  Chartas  in  quibos  con- 
tinebatur,  qualiter  qaidam  homo  nomine  Aldo  quasdam  res  sue  pro- 
prietatis  consistentes  in  yalle  Bellunense,  id  est  ecclesiam  in  honore 
sancti  Oeorgii  constructam^)  simulque  corticellas  daas  que  vocantur 
Trovatos^^)  et  Blussio  cum  Omnibus  massariis  ad  prefatas  curtes^)  per- 
tinentibus  tam  liberis  quam  serris  iuxta  uniuscuiusque  oonditionem 
ad  prefatam  sanctam  ecclesiam  in  perpetuum  concessisset,  sed  propter 
incuriam  et  negligentiam  inde  postea  alienate  fiiissent.  Nos  vero 
hoc  Teraciter  perscrutantes  invenimus  ita  verum  esse  sicut  nobis 
retul^runt  et  idcirco  pro  dei  amore  atque  illius  petitione  iussimus  hoc 
nostre  auctoritatis  preceptum  fieri  per  quod  decernimus  atque  iube- 
mus,  ut  prescripte  res  quas  Aldo  in  prescriptas  locis  tradidit  ad  pre- 
scriptam  ecclesiam  sanctam  Bellunensem  cum  Omnibus  ibidem  adia- 
centiis  vel  pertinentibus  et  mancipiis  utriusque  sexus  cum^)  vineis^) 
pratis  pascuis  silvis  aquis  aquarumve  decursibus  exitibus  et  regres- 
sibiis  mobilibus  et  immobilibus  perpetualiter  in  usus  fratrum  ibidem 
domino  famulantium  permaneant  sive  que  deinceps  ibi  religiosi  yiri 
concesserint  absque  uUa  contradicione,  ut  nuUa  potestas  eis  quidquam 
minorare  presumat  et  quotidie  unam  missam  pro  nostra  salute  de- 
votissime  celebrent.  Et  hoc  statuimus  ut  nuUus  unquam  pontificum^), 
qoi  in  ipsa  sede  reperti  fuerint  ipsis  sacerdotibus  seu  diaconibus  vel 
uniuscuiusque^)  gradus  ordinibus  canonice  viventibus  atque  ibi  deo 
seryientibus  aliquam  diminutionem  yel  subtractionem  facere  presumat 
Si  quis  unquam  haue  elymosinam  ex  successoribus  nostris,  quam  nos 


7.  [▼.  Ottenthai.]  •)  Liutungardus  B.  b)  B,  constitutam  A.  «)  Tro- 
yazoa  B.  ^)  B,  cortas  A.  e)  in  a.  0  B,  yeniis  A.  b)  B,  potissimuxn  A. 
h)  ttnintqne  A. 


448  ünedirte  Diplome  III. 

pro  remedio  anime  nostre  in  ipso  sancto  loco.contalimus  vel  ibidem 
deo  famulantibus  abstrahere  Toluerit  ante  tribunal  etemi  iudicis  nobis- 
cum  habeat  rationem.  Si  qnis  vero  huno^)  auctoritatis  nostre  preoeptam 
irrumpere  tentayerit  et  ea  que  superius  leguntur  minime  observare 
Yoluerit,  sciat  se  triginta  libras  auri  optimi  compoaitarum,  medietatem 
pallacio  nostro  et  medietatem  ecclesie  eidem.  Et  nt  hec  nostra  aacto- 
rltas  per  futura  tempora  inviolabilis  permaneat,  boc  idem  preo^tom 
manu  propria  sabtus  confirmavirnas^)  et  annali  noatri  impressione 
Bubter  sigillari  iossimus. 

Signom  domni  (M.)  Earoli  imperatoris. 

Valdo  notarius  adyicem  Liutuuardi  archicancellarii  recpgnovietfeci. 

Data^)  XYI  kal.  martias  anno  incamationis  domini  DGCCLXXXII, 
indictione  XV°>),  anno  yero  piissimi  imperatoris  Earoli  secundo;  actum 
.  .  .  .°);  in  dei  nomine  feliciter  amen* 

8. 
Lambert  schenkt  dem  Oetretien  Amalffisue  vier  Land»tüdce  in 
der  Qrafecha/t  Piacenza. 

Vi  CO  —  895  JoßKuatr. 
Oriffinaldialom  im  KathsdralaroMv  mu  Piaeenza  (A), 

(C.)  *  In  yirtute  et  misericordia  omnipotentis  deL  Lanbertiu 
Caesar  imperator  augustus.  Si  qua  fidelibus  nostris  ad  illorom  de- 
precationem  $  condecenti  ac  benigna  imperiali  largitate  concedimos, 
illos  procol  dabio  exinde  nobis  posterisque  nostris  fideliores  existeie 
non  dubitamns.  Quocirca  omnium  dei  nostrorumque  tam  presentiom 
qüamque  futurorum  fidelium  comperiat  soUertia,  qualiter  posito  cd- 
mine  augustalis  magnificentiae  nostrae  Papiae  in  sacro  palatio,  solio 
yidelicet  divae  memoriae  nostri  serenissimi  genitoris  atque  püssimi 
senioris  domni  Vuidonis  cum  reverentia  in  saecnlis  nominandi,  adiit 
genua  caesareae  sublimitatis  nostrae  Euurardus  comes  inlustrissimns 
nosterque  per  cuncta  fidelis  dilectissimus  humilibns  nostram  mansue- 
tudinem  exposcens  postalatibus,  quatinus  cuidam  fideli  nostro  Amal- 
giso  nomine  quasdam  res  iuris  nostri  publici  conoederemus  in  ia& 
proprium  et  hereditatem  perhennem,  hoc  est  massarida  quattuor  in 
comitatu  et  pago  Plaoentino  de  eodem  pertinentes  comitatu«  Coius 
bumilem  ac  deyotam  postulationem  pie  ac  benigne  suscipientes  cum 
consensu  ac  consilio  Sigefridi  comitis  nostri  fidelissimi,  qui  tunc  ipsum 
comitatum  regere  yidebatur,  concessimus  iam  prefata  quattuor  mas- 
sarida ipsi  predicto  Amalgiso,   quorum  unum  est  in  loco   qui  dicitor 

^)  A  hanc  B.  ^)  affirmaYixiiufi  A.  i)  datum  A.  »)  B,  ind.  XV  fehlt  io 
A.       n)  Die  Copie  Ifiast  den  AuafiaJl  des  AusstellnngsorteB  nicht  erkeuien. 


Unedirte  Diplome  ITT.  449 

Torcular  et  Oibidi^),  alterum  in  Luiniauo,  tertium  in  villa  quae  dicitur 
Pftdua,  qaartum  in  yillae^)  dicta  Ünglina  et  in  villa  Solerola<^)  nun- 
capata  et  Luaulasco^).  Haec  omnia  amore  et  deprecatione  iam  dicti 
fidelis  nostri  Eaurardi  concedimus  cessumque  in  pelrpetuum  esse  to- 
lamas  cum  Omnibus  adiacentiis  et  pertinentiis  universis  com  casis  et 
massarüs  cum  servis  et  ancillis  cum  terris  cultis  et  incultis  cum  vineis^) 
pasc^is  silVis  aquis  aquarumque  decursibus  cum  pratis  et  farinariis 
atque  cum  omnibus  quaesitis  et  inquirendis  rebus,  omnia  et  ex  Omni- 
bus mobilibus  et  immobilibuä  absque  ulla  detractione  aut  in  aliquo 
sui  deminoratione.  Hoc  quoque  ei  imperialis  auctoritatis  nostrae  prae- 
ceptum  iustae^)  et  legaliter  fieri  iussimus,  per  quod  dei  nostraque  fretus 
auctoritate  largam  babeat  licentiam  habendi,  tenendi  et  possidendi 
dandi  et  commutandi,  vendendi  atque  fruendi,  vel  quicquit  exinde  idem 
Amalgisus  Tel  eius  heredes  facere  voluerint,  liberam  et  firmissimam 
in  omnibus  babeat  potestatem  faciendi.  Hoc  quoque  augustali  demen- 
tia indulgentiaque  largimus^)  d[ecemen]tes  iubendo  et  precipientes 
monendo,  ut  nuUus  comes  aut  yicecomes  nee  aliquis  exactor  [rei 
pubjlicae  nostrae  sed  neque  ulla  magna  aüt  parva  persona  iam  dictum 
Amalgisum  cum  suis  omnibus  heredibus  in  nullo  inquietare  audeat, 
nee  invasor  aut  diminutor  ex[sistere]  presumat.  Si  quis  autem  violator 
huius  nostrae  augustalis  auctoritatis  {^reper]tus  fuerit,  nihil  evindicans 
auri  optimi  cogatur  componere  libras  quadraginta,  [medij  etatem  camerae 
nostrae  et  alteram  ipsi  Amalgiso  eiusque  heredibus.  [Ne  quis  vero] 
suprascriptis  quattuor  massariciis  aliquam  temptaverit  inferre  calump- 
niam,  [hoc  nostr]ae  auctoritatis  caesarea  preceptum  finetenus  firmis- 
simnm  et  invio[la]bile  decernimus  permanere.  Quodque  ut  ab  omni- 
bus verius  credatur  diligentiusque  cu[siod]iatur  et  conservetur,  manu 
propria  subter  firmavimus  et  anuli  nostri  impressione  corroborando 
sigillari  diligentissimae^)  iussimus. 

I  Signum  domni  Lanberti  (M.)  serenissimi  caesaris  et  impera- 
toris  augusti.  * 

I  Ego  Heimeric  notarius  advicem  Helbungi  archicancellarii  re- 
cognoscens  |  (NT./)  (SI.  D.)  (SR) 

Datum  mense  ianuario,  indictione  XIII,  imperante  vero  domno 
et  serenissimo  Lamberto  imperatore  in  Italia  anno  quarfco ;  actum  Uico 
mercati  publicae^)  feliciterque ;  in  dei  nomine  amen  amen  amen^). 

8.  [y.  Jaks  eh.]  &)  et  Gebidi  von  derselben  Hand  über  der  Zeile  nach- 
getragen. ^)  A.  c)  corr.  aus  Sorerolo.  ^)  et  Luuulaaio  am  Ende  der  achten 
Zeile,  die  mit  noncu  abbricht,  von  derselben  Hand  nachgetragen.  ^}  auf  Ra- 
sur, f)  scripi  ac  subscripi  in  Tironischen  Noten.  s)  Das  zweite  amen  in 
Tironiflchen  Noten.  Hier,  am  £nde  der  Urkunde,  hat  der  Schreiber  den  oben 
nachgetragenen  Ortsnamen  Gibidi  am  Rande  vermerkt. 

Uitiheaungen  TU.  29 


450  Unedirte  Diplome  III. 

9. 
Lambert  schenkt  dem  Getreuen  Ottheriue  eeche  Landstüeke  in 
der  Grafschaft  Piacenjga. 

—  895  - 
Originaidipl&m  im  Kathedralarehw  mu  Pi<»eMxa  (Ä). 

(C.)  I  In  nomine  sancte  et  individae  trinitaiis.  Lambertns  diTina 
favente  dementia  imperator  augustus.  Siquidam^)  fidelium  |  nostro- 
rum  presencium  scilicet  ac  futurorum  comperiat  industria,  quoniam 
Joahannes^)  Ticinensis  episeopus  nostram  adhiens  exelentiam  enixias 
postulavit,  quatinus  cuidam  fideli  nostro  nomine  Ottherio  vasso  Sige- 
fridi  comes^)  eoncederemus  mansaricias  sex  pertinentes  de  comiiatu 
Placentino  coniacentes  per  diversas^)  loca:  ad  casale  Grisponi  sortem 
unam,  ad  Carebalo  sortem  unam,  ad  Kunco  Johanni  sorte^)  unam,  ad 
Septem  Fonti  sortem  unam,  ad  Alli  sortem  unam  cum  silva,  ad 
üseli  sortem  unam  cum  silva  qui^)  nuncupatur  Uualda  cum  omnibus 
adiacentiis  et  pertinentiis  ad  easdem  cortes  sex  iuste  et  legaliter  per- 
tinentibus  iure  proprietario  per  preceptum  nostre  auctoritatis  eon- 
cederemus. Cuius  precibus  assensum  prebentes  hoc  serenitati^)  nostre 
preceptum  fieri  decrevimus,  per  q[uod  pjredictus  fidelis  noster  Otherius 
onlnia  superius  comprehensa  perpetualiter  tenead  et  possideat;  iiberam 
quoque  et  fiimissimam  in^')  omnibus  habeat  potestatem  donandi,  ordi- 
nandi,  commutandi,  vendendi  seu  quovis  titulo  inscripcionis  alienandi 
heredibusque  suis  libere  relinquendi.  Si  quis  autem  hoc  contradicere 
Yoluerit,  sciat  se  compositurum  auri  optimi  libras  X,  medietatem 
camere  nostre  et  medietatem  prefato  Otherio  suisque  heredibus.  Et 
ut  verius  credatur,  manu  propria  firmavimus  et  anuli  nostri^)  assignari 
iussimus. 

£  Signum  domni  Lamberti  (M.)  serenissimi  imperatoris  augustis^)-  ; 

(SI.  D.) 

Anno  incarnationis  domini  nostri  Jesu  Christi  DCCCXGV,  domni 
Lamberti  imperatoris  anno  quarto,  indictione  XIII  ma. 

Ego  Andreas  notarius  advicem  Ainglini  cancellarii  recognoTiO* 

10. 

Lambert  bestätigt  dem  Kloster  S.  Croce  am  Chienti  deti  BtslL 

und  fügt  eine  neue  Schenkung  hinzu. 

-^  897  - 

Summarium  priviUgiorttm  S,  Cruei»  de  CUnti  von  1413  im  Stadiarehir  vom 
S.  Elpidio  a  mar$. 

Lambertus  confirmat  omnia  donata  ab  imperatoribus  Earolo  sei* 


9.  |v.  Jaksch.l  »)  statt  siquidem  *>)  A.  c)  corr.  aus  im.  ^)  nach 
nostri  fehlt  impressione.  **)  Für  die  Datirungszeile  und  Kanzleiunterschrift  Ut 
die  gewöhnliche  diplomatische  Minuskel  verwendet  worden. 


Unediite  Diplome  UT.  45'1 

licet  ac  patre  ac  genitoife  ipsius  Lamberti,  videlicet  gaaldam  qui  di- 
citur  Orream  et  res  de  Sala  nee  non  et  medietatem  de  portu  Clenti, 
quem  iidem  imperatorea  per  preceptum  in  eodem  monasterio  con- 
firmaverunt  seu  etiam  et  eas  qoas  ip^e  episcopua  pro  se  suisque  con- 
tolit  ibidem  et  ipsaa  res  qaas  Albericas  comes  in  ipso  monasterio 
obtulit  sive  et  cortem  de  Bosario  quam  Heribertns  ibi  donavit  et 
etiam  cortem  de  Celli  quam  ibi  Transericus  pro  redemptione  anime 
sue  reUquit  atque  ecclesiam  beati  Fetri  apostoli  que  fundata  est  in 
Corte  de  Salliano  quam  Guinigisus  ibi  concessit,  ins  aper  res  de  Penne 
qoas  Hisegnerius  ipsi  monasterio  donavit  et  omnium  aliorum  bonorum 
instrumenta  donationum  a  preterito  tempore  in  futurum  acquisita  et 
acquirenda  et  easdem  res  de  Miciliano  quas  ibi  ipse  Lambertus  im- 
peratqr  dona?it  et  nonnulla  alia  concessit  ut  in  ipso  privilegio  con- 
tinetur. 

DCCCXCVII  indictione  XII»). 


Lambert  bestätigt  S,  Croee  am  Chienti  den  Besitz, 

—  897  — 
Summarium   privüegiorum    8,  OruüU   ds   CUnti  von   1413   im  Siadiarehiv   von 
S,  Kipidio  a  mar4, 

Lambertus  imperator  ad  instantiam  Alberti  marchionis  dilect 
consiliarii  confirmat  omnia  donata  monaster  io  a  predecessoribus  suis 
(Quod  de  yerbo  ad  yerbum  ut  in  precedenti). 

DCCCXCVII  indictione  XII»)/ 


Lambert  schenkt  dem  Kloster  S.  Croce  am  Chienti  ein  Stück 
Land  in  der  Grafschaft  Fermo. 

Summarium  priviUgiorum  S,  Orucii  von  1413  im  Stadtarchiv  von  S.  Elpidio 
a  nuxre, 

Lambertus  imperator  donat  monasterio  pro  remedio  anime  pie 
memorie  domini  et  gloriosi  genitoris  sui  Ouidonis  imperatoris  cum 
consensu  Alberici  illustris  comitis  dilecti  sui  aliquantulum  de  terra 
in  Firmano  comitatu  in  fundo  Miccliano  inter  terram  et  silvam  ad 
modia  CX  pertinentem  de  ministerio  Castello  dictum  ad  stipendia 
iratrum  inibi  secundum  Benedicti  instuta  famulantium  cum  pacto, 
quod  singulis  annis  IUI  kal.  iunias  celebrent  officium  cum  vigiliis 
psalteriis  atque  missis. 


10k  [Bethmann.1       •)  entstanden  aufl  XV. 

29* 


452  ünedirte  Diplome  III. 

11. 
Berengar  L  schenkt  dem  Getreuen  Fo  leoin  einen  Hbf  zu  Ortf- 
peUo  Lomeüino  und  verleiht  ihm  die  Immunität 

Pavia  889  Juni  7. 
Origmaldipl&m  im  Stadtarchiv  van  Pavia, 

In  nomine  domini  nostri  Jesu  Christi  dei  aeternl  Berengarios 
divina  favente  dementia  rex.  Si  nostrorum  fidelium  obsequia  regali 
pietate  consolamur,  et  apud  dominum  adipisci  veniam  et  ad  nostnun 
fidelitatem  ceteros  roborari  non  ambigimus.  Idcirco  omnium  fidelinm 
sanetae  dei  eeclesiae  nostrorum  scilicet  ac  futurorum  nosse  cupimua 
universitatem  eo  quod  Berctila  dilecta  coniux  nostra  nostram  ex- 
postula7it  clementiam,  quatinus  pro  apto  et  salubri  servitio  con- 
cederemus  Folcoino  qui  et  üuasingoni  fideli  nostro  quandam  cortem 
fundatam  in  loco  Graupello  pertinentem  ex  nostra  regali  poteatate  et 
nostrae  largitionis  preceptum  in  eo  coufirmari  dignaremur.  Nos  autem 
eins  dignum  et  salubre  servitium  perspicientes,  huiusmodi  petitionibus 
libenter  adquievimus  et  in  iam  dictum  Folcoinum  qui  et  Uuasingonem 
suosque  heredes  prefatam  cortem  cum  omni  integritate  sicut  hacteno« 
nostrae  regali  pertinuit  potestati  in  eum  confirmamus  atque  in  eius 
potestatem  et  proprietatem  modis  Omnibus  transfundimus  et  de  nostro 
iure  et  dominio  ad  suum  ius  et  dominium  perdonamus  unacum  Om- 
nibus perünentiis  atque  adiacentiis  suis,  familiis  videlicet  casis  ac  terris 
orüs  vineis  pratis  pascuis  silvis  tilletis  campis  aquis  coltis  et  incoltiä 
divisis  et  indivisis  arboribus  pomiferis  et  inpomiferis  montibus  vallibus 
planitiebus  ripis  rupinis  molendinis  aquis  piscationibas  aqnaromque 
decursibus  et  omnia  utriusque  sexus  quae  diei  vel  nominari  possunt 
in  integrum.  Et  volumus  ut  hec  omnia  «uperius  nominata  predicius 
Fulcoinus  suique  heredes  habeant,  teneant  atque  possideant  faciantque 
exinde  quicquid  eorum  decreverit  aaimus  vel  voluntas.  Insuper  habeant 
potestatem  ea  donandi,  veudendi,  commutandi  seu  pro  anima  iudicandi, 
remota  totius  rei  puplice  vel  alicuius  potestatis  inquietudine.  Statuentes 
itaque  iubemus,  ut  nullus  comes  nee  vicecomes  neque  sculdassio  aut 
aliqua  potestas  in  ipso  castro  potestative  ingrediatur  neque  placita  celebret 
nee  tholoneum  aut  aliquod  pignus  inibi  potestative  accipiat  nee  mansio- 
naticum  aut  aliquam  functiouem  inibi  exigatur,  sed  liceat  predictum 
Fulcoinum  qui  et  uuasingonem  nostrum  fidelem  eandem  cortem  atque 
pretaxatum  castrum  in  loco  Graupello  fundatam  sine  molestatione  et 
diminoratioue  atque  invasione  alicuius  teuere.  Precipientes  itaque 
iubemus  ut  quicunque  contra  hanc^)  nostrae  douationis  preceptum  aliquo 

11.  [Bethmann.l  &)  Wohl  eher  hunc,  indem  preceptum  häufig  als  Mas* 
culinum  behandelt  wird  (vgl.  oben  8.  445  Anm.  e,  448  Anm.  i  und  weiterhin 
S.  457  Anm.  c).  ^ 


ünediite  Diplowe  IIL  453 

ingenib  insargere  temptaverii,  sciat  se  compositiiram  auri  optirni  libras 
centum,  medietatem  camerae  palatii  nostri  et  medietatem  prefaio 
Fulcoino  qni  et  üuasingoni  suisque  heredibas.  Qaod  ut  verius  credatur 
et  diligentias  observetur,  manu  propria  roborautes  anuli  nostri  im- 
pressione  subter  adnotari  iussimus. 

Signum  domni  (M.)  Berengarii  gloriosissimi  regia. 

Beatus  notarius  advicem  Liutuuardi  episcopi  et  archicancellarii 
recognovi  et  (SR)  (SL  D). 

Data  VII  id.  ion.  anno  incarnationis  domini  DCGCXCI,  anno 
[veroj  domni  Berengarii  piisedmi  regia  II,  indictione  IUI ;  actum  Papi^ 
civitate  palacio  regio;  in  dei  nomine  amen. 

12. 
Berengar   L  schenkt  seinem  Oetreuen    Vulferius    drei  Stücke 
Land  in  der  Grafschaft  Piacenza, 

liupaiina  898  Janucur  6» 
Originaldiplom  im  KcUhedralarehiv  zu  Ptaeenza  (A). 

(C.)  %  In  nomine  domini  nostri  Jesu  Christi  dei  aeterni.  Beren- 

gariua   rex.     Si  iustis  nostrorum  fidelium  postulationibus   maiestatia 

nostrae  aurem  incinamus^)  eorumque  cauaam  ad  effectum  usque  per- 

duci[mu8 ,  praesentes  fideles  noatrjoa  et  qui  venturi  aunt  \  ad  noatra 

obsequia  promptiorea  fore  non  dubitamua  atque   apud   omnipotentem 

dominum   undique   remunerari   omnino    confidimua.     Quapropter  uni- 

versorum  aanctae  dei  eccleaiae  fid[elium  noatrorumque  praeaentium  et 

fu]turorum  comperiat  soUicitudo,   quia   Sigefredua  illuatria  comea  et 

fidelissimua   consiliarius    noater   per   Fetrum   yenerabilem    episcopum 

strennuum  archicancellarium  noatrum  aerenitatis  nostrae  expetiit  ma- 

iestatem,  [quatenus   cuidam   fideli  nostro   nomine    üulferio]  ex   terra 

r^ia   tres  sortes   hactenus   pertinentea   de   comitatu   Placentino  cum 

Omnibus  rebus  ad  easdem  iuste   pertinentibus   in   iua  proprietarium 

concedere  dignaremur.     Cuiua  precibua   libenter,   prout  dignum  f[uit, 

adqoieacentea  prefato]  fideli  noatro  [Üulferio  auiaque  heredibua  aupe]- 

lius  acriptas  trea  aortea  concedimua  cum  univeraia  pertinentüa  et  ad- 

iacentiis  earum;   quarum   una  coniaoet  in  loco   qui  dicitur  Grunaria 

antiquitus  laborata  quondam  per   Martinum  et  Pra ^)  [qu]ae 

regator  per  Johannem ^)  [at]que  conaortea;  altera  quoque  aora 

est  de  loco  que^)  dicitur  Petrabodolaaca  ex  antiquo  recta  per  quon- 
dain<^)  Fetrum  liberum  hqminem  et  nunc  laboratur  per  alium  hominem 
nomine  Simu ^)  [cum  con]80rtibua  auia;  tertia  autem  aora  eat 


19»  [▼.  Jak  seh.]     •)  A.       b)  Lücke  Mr  etwa  90  Buchstaben.       «)  durch 
überschriebeiies  n  und  a  corr.  aus  quod.       ^)  Lücke  für  etwa  10  Buchstaben. 


454  Unediite  Diplome  III, 

[de  loco  qui  dicitur]  .  .  uo^),  quae  ab  antiquo  recta  est  per  Eliaeum 
et  Johannem  et  modo  excolitur  ab  heredibus  eorum.  Ipse  aatem 
prenominatae  tres  «ortes  extant  cum  suis  vocabulis  vel  tennmacioni- 
bus  infra  [termiu]08  prefati  comitatas  Placeiitin[i,  videlicet  montjem 
Centenarium  et  montem  de  Oropenno  seu  monasterium  quae*)  dicitur 
Bocolo  et  montem  Oropallum.  ünde  iussimus  hoc  nostrae  mansue- 
tudinis  preceptum  conscribi,  [per  quod  prenominatas  tre]8  sortes  iam 
diclo  üulferio  iure  pro[prietario  per]henniter  possidendas  dona¥imu8 
cum  Omnibus  iustis  pertinentiis  et  adiacentiis  earum,  terris  videlicet 
campis  yineis  praüs  silyis  pascuis  aquis  aquarumq[ue  decursibus  aerris 
an]cillis  libellarüs  montibus  Tallib[us  cultis  et  in]culti8,  omnia  in 
integrum.  Fotestatem  a  nobis  sibi  conessam  b[abeat  pro  se]  sinsqae 
heredibus  easdem  sortes,  sicut  a  publico  exactore  usque  modo  possi- 
deba[ntur,  nunc  ipse  pojssidere,  heredibus  dimittere,  vendere,  donare 
et  modo  quolibet  Toluerit  mancipare  absque  alicuius  molestia  vel  di- 
minoratione,  nullo  eum  aut  suos  heredes  duce  comite  aut  publica^) 
procuratore  pro  bis  sor[tibus  imp]ediente  aut  molestante,  liceat^)  ei 
suisque  haeredibus  et  quibus  easdem  largierint,  sicut  statuimus,  quieie 
et  pacifice  perpetuis  temporibus  possidere.  Quicumque  igitur  teme- 
rarius  hoc  mansuetudinis  uostrae  praeceptum  in  aliquo  violaverit,  sciat 
se  composituram  triginta  libras  auri^)  optimi,  medietatem  palatio  nostro 
et  medietatem  sepe  nomiuato  Üulferio  suisque  heredibus.  Ut  autem 
ab  Omnibus  verius  credatur  diligentius[que  obser]vetur,  [man]u  propris 
subter  confirmavimus  [et  a]nuli  nostri  impressione  insigniri  iussimus. 
I  Signum  (M.)  domni  Berengarii  gloriosissimi  regis.  * 
I  Bestaldus  notarius  advicem  Fetri  episcopi  et  archicanoellarii 
rocognovi   et  J  (SR.)  (SI.  D.) 

Data  VIII  id.  ian.  anno  iucarnationis  domini  DCCCXCVIII,  anso 
vero  regni  domni  Berengarii  gloriosissimi  regis  XI,  indictione  II; 
actum  Lupatina;  [in  dei  nomin]e  feliciter  amen. 

13. 
Btrengar  L  schenkt  der  Kirche  von  Belluno  das  Köniffslandzu 
Longoves  in  der  Grafschaft  von  Ceneda, 

Päma  898  November  10. 
Qfpie  de$  18,  Jcdirh.  m  einem  vtm  Luekn  Doglioni  angeUgtem  Codem  im  Oa^pdei- 
arehiv  von  Belluno, 

Neues  Archiv  3,  83  eil. 

Berengarius  divina  favente   dementia  rez.     Begalis  celsitudini« 

c)  Da  die  ganze  Lücke  Raum  für  nur  14  Buchstaben  bietet,  so  können,  da 
obige  Ergänzung  wohl  sicher  ist,  nur  zwei  bis  drei  Buohstaben  des  OrtsBamene 
fehlen.       ^  vor  liceat  erg.  sod.       ß)  zuvor  verwischteB  1, 


ünedirte  Diplome  III.  455 

mos  est  procerum  suorum  precibos'^)  aures  libenter  accomodare,  qua- 
tenas  in  eins  fidelitaüs  obseqaiis  devotiores  eos  undique  reddai^).  Qua- 
propter  eunctoram  fidelium  sancte  dei  ecclesie  nostrorumqae  presen- 
tiam  scüicet  et  futuronim  noverit  indastria,  quod  Aymo  revereudis- 
simos  sancte  Bellunensis  ecclesie  presul  nosterque  fidelissimus  suppli- 
citer  nostram  deprecatus  est  clementiam  quatenus  ecclesie  Bellonensi^^) 
qae  est  constructa  in  honore  sancti  Martini  Christi  confessoris  per 
paginam  nostri  precepti  regias  terras  pertineutes  de  comitatu  Ceni- 
tensi  in  loco  dicto  fundo  Longoves  cum  omnibus  pertinentiis  con- 
cederemus.  Caius  nos  dignas  et  salubres  petitiones  prospicientes  pro 
dei  amore  et  remedio  anime  nostre  iam  dictas  terras  regias  sitas  in 
comitatu  Cenitense  in  loco  dicto  fando  Longoves  cum  omnibus  per- 
tinentibus  et  adiacentibus  earum,  que  nunc  invente  sunt  et  in  posterum 
quoqno  modo  exinde  poterint  reperiri,  de  iure  et  dominio  regni  nostri 
per  hoc  nostre  firmitatis  documentum  in  ius  et  proprietatem  prelibate 
ecclesie  Bellunensis  cum  omnibus  rebus  mobilium  et  immobilium  rerom, 
que  dici  yel  nominari  possunt,  casis  scUicet  terris  yineis  pratis^)  pascuis 
silvis  salectis  sationibus  rivis  ac  paludibus  aquis  aquarumque  de* 
cursibus  piscationibus  molendinis  exitibus  ingressibus^)  montibus  pla- 
niciebus  divisis  ac  indivisisex  integre  transferimus,  dedimus  atque 
donamus  eidem  ecclesie  proprietario  iure  habeudas,  possidendas  absque 
allius  contradicentis  obstaculo  vel  minoratione.  Contra  quod  nostre 
concessionis  et  donationis  statutum  si  quis  exsurgere  temptaverit^ 
sciat  se  compositurum  auri  obrizi  libras  viginti,  medietatem  palatio 
nostre  et  medietatem  iam  dicte  ecclesie.  Et  ut  rerius  credatur  dili- 
gentiueque  ab  omnibus  obseryetur,  manu  propria  confirmavimus  et 
anulo  nostro  subter  iussimus  insigniri. 

Signum  domni^)  Berengarii  dei  gratia  gloriosissimi  regis. 

Data^)  IV  idus  novembris  anno  incarnationis  domini  nostri  Jesu 
Christi  DCCCLXXXXVIII,  anno  domni  Berengarii  gloriosissimi  regis 
undeeimo,  indictione  secunda;  actum  Papie;  in  dei  nomine  feliciter  amen. 

14.. 
Ijudwig  IlL  schenkt  der  Kirche  von  Como  eine    Wiese  aii/  der 
grösseren  Insel  zwischen  Po  und  TicinOj  ein  Landstück  hei  Pavia  und 
einen  Garten  am  Bache  Cadrona. 

Bma  902  Aprii  13. 
Originaldiplom  im  KeUhedntlarehiv  von  PSaemua, 

(C.)  I  In  nomine   sanctae   et  individuae   trinitatis.      Hludouicus 

18.  [y.  Ottenthai.]  »)  fehlt.  ^)  reddet.  c)  Bellunensis.  d)  predüs. 
9)  congresabiM.  ')  Folgt  freier  Baum,  der  f&r  £inz6ichnung  des  Monogrammes 
bestimmt  war.       s)  datum. 


456  Unedirte  Diplome  III. 

divinafavente  dementia  imperator  augustas.  Si  necesaitatibus  atque 
utilitatibus  fideliam  nostroram  diTini  coltus  amore  &Yentes  sobTeniie 
curamoB,  procul  dubio  fnictum  diTini  moneris  a  domino  conseqni  non 
dubitamus,  imitantes  |  restigia  predecessorum  nostroruniY  regum  adUoet 
et  imperatorum.  Quocirca  omnium  'fideliam  sanctae  dei  eoclesiae 
nostrommqae  presentium  et  fiiturorum  univerBitati  notum  fore  cupi- 
mns,  quoniam  Albericas  inclytas  comes  et  Amalfas  cancellarias  noster 
dilectissimi  nostri  fideles  nostram  adeantes  excellentiam  enixius  postu- 
laverunt,  quatinus  pro  mercede  et  remedio  animae  nostrae  parentumqae 
nostroram  ac  etiam  pro  statu  imperii  nostri  quasdam  res  iuris  nosbri 
hactenus  pertinentes  de  palaüo  nostro,  videlicet  quicquid  in  insula 
maiore,  quod  est  inter  Padum  et  Ticinum,  de  prato  nostro  imperiali 
yidetur  habere  totum  et  ad  integrum  beato  Abundio  confessore^)  Christi 
ac  etiam  Liutuardo  sanctae  Comensis  ecclesiae  yenerabili  episoopo  et 
archycancellario  nostro  suisque  successoribus  per  preceptum^)  nostrae 
aactoritatis  iure  proprietario  concederemus.  Deprecati  sunt  etiam,  ut 
braidam  unam,  quae  est  in  campania  prope  Papiam,  pertinentem  de 
palatio  nostro  et  terminantem  de  uno  latere  rivolum  Uernabali  et  de 
alterö  latere  monte  Bononis,  de  una  fronte  rirolum  Bearariae  et  de 
alia  fronte  via  publica,  similiter  beato  Abundio  confessore  Christi  et 
Liutuardo  yenerabili  episcopo  suisque  successoribus  iure  proprietario 
concederemus.  Insuper  etiam  deprecati  sunt,  ut  hortum,  quod  est 
prope  ripam  Caderonensis ,  pertinentem  de  palatio  nostro  et  ter- 
minantem de  una  parte  terra  sancti  Bomuli  de  altera  parte  Hare- 
cassio  de  tertia  parte  yia  publica  et  de  quarta  parte  fluyiolum 
Caderona  similiter  beato  Abundio  confessore  Christi  et  Liutuardo 
yenerabili  sanctae  Comensis  ecclesiae  episcopo  suisque  successoribus 
per  hoc  nostrae  auctoritatis  preceptum  iure  proprietario  concederemus, 
cum  Omnibus*^)  adiacentiis  ac  pertinentiis  iuste  et  legaliter  ad  easdem 
res  superius  comprehensas  pertinentibus.  Quorum  predbus  assensum 
prebentes  hoc  serenitatis  nostrae  preceptimi  fieri  decreyimus,  per  quod 
beatus  Abundius  confessor  Christi  et  Liutuardus  yenerabilis  episcopui 
suique  successores  easdem  res  superius  comprehensas  cum  omnibiis 
pertinentiis  ad  easdem  iuste  et  legaliter  pertinentibus,  yidelicet  quic- 
quid in  insula  maiore,  quod  est  inter  Padum  et  Ticinum,  de  prato 
nostro  imperiali  yidetur  habere  et  braidam  unam  superius  iam  com- 
prehensam  ac  etiam  hortum  desuper  iam  determinatum  futuris  tem- 
poribus  absque  uUius  contradictione  perpetualiter  possideant.  Liberam 
quoque  et  firmissimam  in  omnibus  habeant  potestatem  faciendi  sicut 

H*  [y.  Jaks  eh.]     *)  A.     i>)  suisque  —  preceptum  auf  Basar.       c)  omibus 
ohne  Abkürzungszeichen« 


Unedirte  Diplome  III.  457 

4 

de  aliis  rebus  ad  eoclesiam  sancti  Abondii  confessoria  Christi  pertinen« 
tibuB  remota  totius  pablicae  potestatis  inquietudine.  Si  quis  autem 
contra  hoc  nostrae  institutionis  preceptum  in  aliquo  violare  aut  in- 
nimpere  temptayerii,  sciat  se  compositunun  auri  optimi  libras  centum^), 
medietatem  palatio  nostro  et  medietatem  partibos  ecclesiae  sancti 
Abundii  et  Lintuardo  sanctae  Gomensis  ecclesiae  episcopo  suisque 
sucessoribos.  Et  nt  verius  credatar  ac  diligentius  ab  omnibus  ob- 
seryetur,  manu  propria  subter  roborantes  anuli  nostri  impressione 
insigniri  iussimus. 

*  Signum  (M.)  domni  Hludouici  Serenissimi  imperatoris  augusti*  $ 
(C.)  I  Amulfns    notarius    advicem  Liutuardi    episcopi  et  archi- 
cancellarii  recognovi  et  |  (SR)  (SL  D.) 

Data  id.  apriL  anno  incarnationis  domini  DCCCCII,  indictione  V, 
anno  imperii  domni  Hludouici  gloriosi  imperatoris  secundo;  actum 
Papiae;  in  dei  nomine  feliciter  amen. 

15. 
Hugo  und  Loihar  schenken  dem  Oefreuen  Bernard  namentlich 
angeführte  Besitzungen  und  verleihen  ihm  ihren  Schutz. 

Pavia  943  Oetober  21, 
Origüialdiphm  im  Capit^hrehAV  mu  Arezgo  (A), 

(C.)  *  In  nomine  domini  dei  aeterni.  Hygo^)  et  Lotharius  divina 
proTidente  dementia  reges.  Begalem  decet  exellentiam  iustis  fidelium 
petitionibus  assensum  prebere.  |  Quocirca  omnium  fidelium  sanct^ 
dei  ecclesi^  nostrorumque  presentium  ac  futurorum  devotio  noverit, 
qualiter  interventu  ac  petitione  Ilderici^)  comitis  dilectique  fidelis  nostri 
prout  iuste  et  legaliter  possumus  per  hoc  nostre  confirmationis  pre- 
cepta^)  confirmamus  ac  corroboramus  Bemardo  nostro  fideli  omnes 
res  proprietatis  su^  iuste  et  legaliter  adquisitas  et  adquirendas  sive 
familias  emptionis  commutationis  vel  quolibet  titulo  legalis  scriptionis 
sibi  pertinentes.  Insuper  concedimus  ei  per  hunc^)  nostrum  regale 
preceptum  ecclesiam  sancti  Salvatoris  cum  terris  et  silvis  finis  Arole 
et  Ariele  et  finis  Alpis  locis  simul  cum  rebus  illis  qui')  sunt  in  Carda, 
in  Prata  et  in  Casalae  et  res  illa  in  Blatiano  simul  cum  rebus  illis 
in  Manditiano  et  eius  pertinentia,  quibus  nobis  per  cartula  obvenit 
da  quondam  üuinigeldo,  res  ille  in  Gampriano,  Blatiano,  Fabriciano  et 
Cerreta  qui^')  fuerint  de  corte  nostra  Caput  Leonis  vel  per  singula  loca 
et  Tocabula  regni  nostri  de  ipsis  rebus  adiacentibus,  recipientes  eundem 
Bernardum  et  filios  suos  sub  nostre  tuitionis  mundburdum   una  cum 


«)  Yon  anderer  Hand  in  nrsprflnglich  freigelaasenen  Raum  nachgetragen. 
15.  [Läse hitzer.]       ^)  y  und   ^)  ci  Über  der  Zeile  nachgetragen.     ^)  A. 


458  ünedirte  Diplome  III. 

Omnibus  rebus  mobilibus  et  immobilibns  sibi  iuste  et  legaliter  perti- 
nentibus  servis  et  aucillis.  Precipientes  itaque  iubemus,  ut  nullus  duz, 
marchio,  comes,  vicecomes  seu  quqlibet  regni  nostri  magna  parYaque 
persona  predictum  Bernardum  molestare  Tel  de  suis  rebus  desvestire^) 
audeat  absque  legali  iadicio.  Si  quis  igitur  huins  nostri  precepti  con- 
firmationem  seu  mundburdi  tuitionem  aliquando  infringere  oonaias 
fuerit,  sciat  se  compositurum  auri  optimi  libras  quinquaginta,  me- 
dietatem  camer^  nostr^  et  medietatem  prefato  Bernardo  suisque  here- 
dibus.  Quod  ut  yerius  credatur  diligentiusque  ab  omnibus  obserretarf 
manibus  propriis  roborantes  anulo  nostro  insigniri  iussimus. 

$  Signa  serenissimoruth  (M.)  (M.)  Hugonis  et  Lotharii  regurn.  % 

$  Giseprandus  eancellarius  advicem  Bosonis  episcopi  et  archi- 
cancellarii  recognovi  et  *  (SR)  (SI.  D.) 

Data  XII  kal.  novembris  anno  dominic^  incarnationis  DCCCCXLIII, 
regni  vero  domni  Hugonis  XVIII,  Lotharii  XIII,  indictione  secunda: 
actum  Fapi^;  felieiter. 

16. 
Muffo  und  Lothar  schenken  axtf  Bitte    Bischofs   Boso  von  Pin- 
cenza  den  Kanonikern  daselbst  ein  Stück  Land  im  Ort  Äncarano. 

Fiacema  946  Februar  22. 
Originaldiplom  im  Cäpiularehw  van  SL  Äntanin  zu  Piacenza  (A). 
Campi  i,  48S  Regeit^  darnach  Böfim&r  Reg,  Kaur,  1421. 

(C.)  *  In  nomine  sanctae  et  individuae  trinitatis.  Hugo  et  Loiha- 
rius  divina  miserante  dementia  reges.  Si  nostrorum  fidelium  pe- 
ticionibus  consensum  prebemus,  devo  j^  tiores  eos  esse  in  nostro  serritio 
non  vacillamus.  Quapropter  omnium  sanctae  dei  eclesiae  nostronimque 
fidelium  noverit  presentia,  qualifcer  Boso  sanctae  Placentin^  eclesiae 
presul  supplez  adiit  nostram  deprecans  clementiam,  ut  dei  pro  amore 
suaque  dilectione  donaremus  canonicis  de  eclesia  beati  Antonini  man- 
sum  unum  in  loco  qui  dicitur  Ancariano  laboratum  per  Andream 
massarium.  Domini  igitur  amorem  suamque  considerantes  dilectionem 
atque  peticionem  tradimus,  donamus  atque  concedimus  illis  preno- 
minatam  terram  in  Ancariano  que  quondam*^)  fuit  Berteriti  cuiusdam*) 
nostri  servi  et  de  nostro  iure  et  dominio  in  eorum  ius  et  dominium 
transfunndimus^)  ac  delegamus,  ut  habeant,  teneant  firmiterque  pos- 
sideant.  Habeant  etiam  potestatem  tenendi  commutandi  fruendi  sicut 
de  cetera  terra,  qu^  in  eorum  iure  pertinere  videtur,  habent.  Con- 
cedimus illis  ita  prefatum   mansum  cum   omni    integritate  cum  ca&i> 


)ft»  [▼.  Jak  ach.]    »)  v  über  der  Zeilo  aachgetragen.       b)  A, 


Unedirte  Diplome  IIL  459 

yidelioet  süyis  pratis  aquis  aquaromque  decursibus  et  omuibus  rebus 
quQ  ibi  pertinere  videtur^)  in  integrum.  Si  quis  igitur  huius  pre[cep]ti 
Yiolat[or  ex8tit]erit,  sciat  se  compositurum  auri  optimi  libras  C,  me- 
dietat^u  nostrae  kamer^  et  medietatem  prefatis  canonicis.  Quod  ut 
Terius  credatur  diligentiusque  ab  omnibua  obaervetur,  manibus  proprüs 
r[obo]rantes  in  calce  anulo  nostro  iussimus  insignirL 

«  Signa  serenissimorum  (M.  M.)  Hugonis  et  Lotbarii  regum.  * 
*  Petrus  in  dei  nomine   episcopus   regio  ^iussu  recognovi  et  $ 
(SB.)  (SI.) 

Data  VIIL  kaL  mar.  anno  dominice<^)  incarnatiouis  DCCGGXLIIII 
regni  autem  et  domni  Hugonis  invictissimi  regis  XX  et  Lotbarii  item 
regis  XV,  indictione  III;  actum  Flacentiae;  feliciter. 

17. 
K.  Heinrich  IV.  schenkt  der  biecköflichen  Kirche  von   Verdun 
den  Hof  IHura  im  Burgau. 

Kai8er9werth  1057  April  26. 
Origmaldiplom  im  germcmisehen  Natianalmuieum  eu  Nürnberg  (A), 

(C.)  *  In  nomine  sanctae  et  individue  trinitatis.   Heinricus  divina 

favente  dementia  rex.  %    Si  loca  divinis  cultibus  mancipata  more  ante- 

cessorum  nostrorum  regum  et  imperatorum  ditare  et  sublimare  studeamusi 

divinam  retributionem  nobis  inde  semper  praesentem  speramus.   Quo- 

circa  omnium  Christi  nostrique   fidelium   tam   futororum  quam  prae- 

sentium  noverit  industria,   qualiter  Theodericus  Virdunensis  episcopus 

suQ  proYectum  desiderans  ^cclesiae  nostram  pro  quodam  praedio  inter- 

pellavit  maiestatem.     Cuius  laudandae  petitioni  libenti  animo  acquies- 

centes  ob  amorem  dei  sanctaeque  suae  genitricis  et  pro  remedio  patris 

nostri  Heinrici  beat^  memoria  imperatoris  augusti   et  ob  interventum 

dilectae  matris  nostrae  Agnetis  imperatricis  augustae,  memores  etiam 

fidelis  et  frequentis  sui  servicii  in  quo  patri  nostro  bene   complacuit, 

eandem  quam  desideravit  curtim  nomine  Divram^)   in  pago  Bvrgovye 

in  comitatu  Gerhardi  qui  dicitur  Stegrla  ad  usum  Qcclesiae  praenomi- 

natQ  in  proprium  tradidimus  et  condonayimus,  uno  manso  ezcepto  et 

duobus  seryientibus  et  bis   bonis  quQ   antecessores   nostri   Aquisgrani 

tradiderunt  ad  Qcclesiam  ad  usum  fratrum,   id   est  ^cclesia  quQ  est  in 

eadem    villa  Divra  cum   omni   utilitate   quQ  ad   eam  Qcclesiastico  iure 

pertinet^   et   nona  omnium   renmi  parte  quq  ad  /lominicalem  aream 

pertinent;  cetera  autem  omnia  cum  Omnibus  pertinentiis,  id  est  cum 

mancipiis  utriusque  sexus  areis  ^ificiis   terris  cultis    et  incultis  agris 

«)  dorn. 

17.  [Kehr.]       *)  Divta  Or. 


U>0 


Unedirt«  Diplome  IlL 


pmüsi  pascuis  campis  sUtIs  aquis  aquaromque  decursibus  molis  moleu- 
itiiiis  piscationibas  exitibus  et  reditibus   Yiis  et  inyiis  quesitis  d  in- 
quirendis   et  cum  omni  iure  ac  utilitate  qu^  ullo  modo  potent  inde 
proyenire  ad  usum  praedict^  Virdunensis   ^cdesiae  in  proprimn  con* 
cessimus  et  eonfirmavimus,  ea  videlicet  ratione  ut  praedictas  episcopta 
succesBoresque  illius  de  supradicto  praedio  liberam  deinceps  potestatem 
habeant  tenendi   dandi  commutandi   vel  quicquid   illis  placuerit  inde 
faciendi    Et  ut  b^  nostra  regalis  traditio  stabilis  et  inoonvulsa  omni 
permaneat  qyo  banc  cartam  inde  conscriptam  manu   propria  ut  vakk 
yidetur  corroborantes  sigilli  nostri  impressione  iussimus  insigniri. 

I  Signum  domni  Heinrici  (M.)  quarti  regia.   | 

t  Vuinitberius  cancellarius  yice  Liutbaldi  arcbicancellarii  et  archi- 
episcopi  recognovi.  5  (SI.  D.) 

Data  VI.  kaL  maL  anno  dominic^  incamationis  MLYII,  indictioii« 
X,  anno  autem  domni  Heinrici  quarti  regia  ordinationis  terdo,  regni 
^rimo;  actum  Werede;  in  dei  nomine  feliciter  amen. 


Kleine  MittheiluDgen. 

Bb  linier  Bit  ta  loiOgnun  I.  MwnA  lY^  unter  den  mann^facben 
Schätzen  des  Museums  Ferdinandeum  zu  Innsbruck,  welcbe  erst 
durch  die  jüngst  erfolgte  Erweiterung  der  Baulichkeiten  und  nene 
fachmännische  Aufstellung  zu  gebührender  Geltung  kamen,  befindet 
sich  auch  ein  Marmor  mit  dem  Handzeichen  des  genannten  Kaisers. 
Die  Steinplatte  ist  quadratisch,  misst  49  cm.  bei  einer  Dicke  von 
ungefähr  9  cm.,  entstammt  nach  gütiger  Mittheilung  des  Herrn  Prof. 
Adolf  Y.  Pichler  dem  der  Fundstelle  nahegelegenen  Tauferer  Marmor- 
bruch;   die  Erhaltung  ist  eine  sehr  gute. 

Das  Monogramm  selbst  ist  38  cm.   hoch,  40  cm.   breii    Dem 
Steinmetz  lag  ohne  Zweifel  ein  gutes  echtes  Muster  yor.    Die  Grund- 
form und  die  Proportionen   des  Handzeichens,  die  Zahl  und  die  Ver- 
theilung  der  Buchstaben  stimmt  mit  den  in  der  Kanzlei  Heinrich  III., 
IV.,  y.  angewendeten  Monogrammen,  besonders  mit  dem  unter  Hein- 
rich IV.  in  den  ersten  Jahren  nach  der  Kaiserkrönung  gebrauchten,  wie 
es  sich  z.  B.  in  den  ,  Kaiserurkunden  in  Abbildungen '  Lief*  IL  Taf.  27 
(vom  J.  1091)  reproducirt  findet.     Die  Abweichungen  von  dem  letzt- 
genannten  sind  unbedeutende.     Die   eine  Differenz  liegt  darin,  dass 
der   Steinmetz  die  an  den   Enden   der    drei    Verticalen   angesetzten 
Querbalken  von  E  und  T  zu  Halbkreisen  umstilisirt  hat,  deren  Oeff- 
nung    gegen   die  Bänder  des  Steines  gehen.     Weitere   Verschieden- 
heiten bestehen  im  Maugel  einer  Fortsetzung  des  Vollziehungsstriches 
über  die  —  vom  Beschauer  aus  —  rechtseitige  Verticallinie   hinaus 
( —  Mittelbalken  von  E)  und  in  der  Vertauschung  der  Buchstaben  Q 
und  S   am  selben  Theil  des  Monogramms,  so  dass  also  auf  dem  Stein 
das  S  oben  und  das  Q  unten  stehi     Die  erstere  Abweichung  möchte 
wohl  auf  bloses  Versehen  des  Steinmetzen  zurückzuführen   sein,   die 
Anordnung  der  Buchstaben  8  und   Q  wechselt  aber  auch  sonst:  in 
Kaiserurk.  in  Abb.  Lief.  IV.  Taf,  20  und  21   von  1098,  1102  steht  S 
oben,   O  unten;   dann  ist  in  der  Kanzlei  Heinrich  V.  diese  Stellung 
von  S  and  Q  gebräuchlich,  s.  die  Monogramme  1.  c.  Lief.  IV.  Taf.  28 
bis  30,  ^eelche  sich  von  dem  unseres  Steines  überhaupt  nur  dadurch  unter- 


462  Kleine  Mittheilungen. 

scheiden,  dass  sie  in  der  untern  Oeffiiung  der  beiden  Schrägbalken 
den  Querbalken  von  A  eingefügt  haben.  Da  aber  derselbe  bereits  in 
der  späteren  Zeit  Heinrich  IV.  aufgekommen,  dann  unter  Heinrich  Y. 
durchaus  verwendet,  muss  unser  Monogramm  dem  ersteren  Kaiser 
zugeschrieben  werden. 

Ueber  die  Provenienz  des  Fundes  gibt  ein  auf  der  Rückseite  der 
Platte  aufgeklebter  Zettel  folgenden  Aufschluss:  ^  Dieser  Stein  mit 
dem  Handzeichen  Kaiser  Heinrich  IV.  wurde  in  de^  ersten  Jahren 
des  19.  Jahrh.  ober  den  zwischen  Dietenheim  und  Aufhofen  liegenden 
Aeckern  nahe  an  dem  kleinen  vom  Dietenheimer  Bei^e  hersbfliessen- 
den  Wasser,  das  Lerchenbachl  genannt,  gefunden  oder  vielmehr  ent- 
decki  Bruneck,  den  12.  Jan.  1835.  —  Job.  v.  VinÜer."  Der  Ge- 
nannte, ein  glücklicher  und  geschmackvoller  Sammler  von  Kunst- 
werken und  Alterthümern,  sendete  eine  Zeichnung  desselben  an  isa 
bekannten  Archäologen,  Graf  Benedict  Oiovanelli  nach  Trient,  der 
die  Darstellung  auch  richtig  bestimmte  (Brief  vom  25.  Oct  1824, 
wenn  nicht  Lapsus  fiir  1834);  im  J.  1835  kam  dann  der  Stein  durch 
H.  V.  Vintler  an  das  Museum  (Museumsacten  1835). 

Welchen  Zweck,  welche*  Bedeutung  hatte  dieser  Stein?  Ich  will 
gleich  offen  gestehen,  dass  ich  eine  sichere  Auskunft  auf  diese  Frage 
nicht  zu  geben  weiss,  sie  vielmehr  den  Lesern  der  Zeitschrift  zai 
Beantwortung  vorlegen  möchte.  Sie  ist  namentlich  dadurch  erschwert 
dass  mir  wenigstens  ein  Vergleichsobject  mit  dem  Innabrudcer  Monu- 
ment nicht  bekannt  ist.  Auch  die  Direddon  des  Germanischen  Na- 
tionalmuseums, die  in  solchen  Dingen  gewiss  competent  ist,  ertheilte 
mir  auf  eine  bezügliche  Anfrage  freundlichst  die  Antwort,  dass  die 
Sammlungen  ihres  Museums  kein  ähnliches  Monument  enthalten,  dass 
K  ihres  Wissens  in  Stein  gemeisselte  Monogramme  deutscher  Kaiser 
und  Könige  oder  deutscher  Fürsten  des  Mittelalters  überhaupt  nidii 
existiren.*  Das  Innsbrucker  Monument  scheint  also  ein 
ünicum  zu  sein. 

Die  äussere  Beschaffenheit  des  Steines  ergibt  nur  soviel,  dass  er 
nach  dem  Grad  der  Erhaltung  nicht  Jahrhunderte  nngvselitttrt  im 
Freien  gestanden  haben  dürfte;  seine  Gestalt  ftihrt,  da  alle  archi- 
tectonischen  Zierglieder  fehlen ,  zur  Annahme,  dass  er  irgendwo  ein- 
gemauert gewesen  sein  wird.  Festzuhalten  wird  dann  auch  daran 
sein,  dass  die  Verfertigung  und  Setzung  des  Steines  durch  ein  Er* 
eigniss  veranlasst  wurde,  das  mit  Heinrich  IV.  in  Zusammenhang 
steht,  wohl  auch  unter  dessen  Begierung  fallt. 

Die  Fundstelle  bietet  darüber  auch  keinen  rechten  Aa&chla^> 
Sie  befindet  sich  etwa  20  Minuten   nordlich   von  Bnineck  am  Han^ 


Ein  Marmor  mit  dem  Monogramm  E.  Heinrich  lY.  463 

der  Ebene.     Das  in  der   Fandnotiz  erwälmte    „  Lerchenbachl  *   muss 
ausser  Spiel  bleiben,  es  ist  zu  klein,  um  den  Stein  vom  Berg  herab 
geft&hrt  zu  haben,   was   auch  sehon  die  Erhaltung  des  Steines  ver- 
bietet.   Der  ursprüngliche  Standort  des  Steines  i^t  also  in  der  Ebene 
zu  suchen.    Da  kommt  in  erster  Linie  das  benachbarte  Dorf  Auf- 
hofen  in  Betracht     Die   Villa  Üfhoven  ist   schon  in  den  Brixener 
Traditionen  des  10.   Jahrh.   erwähnt  (ich   verweise   auf  die  Ausgabe 
Bedlieh's  in  ^dem  eben   erschienenen    I.  Band  der  Acta  Tirolensia). 
Der  Besitz  der  Kirche  daselbst   ward  ein  so   bedeutender,   dass  die 
Villa   zum   Mittelpunkt    der    bischöflichen   Gutsverwaltung    f&r  jene 
Oegeud  auserkoren  wurde :  hier  hatte  bis  zur  Erbauung  von  Bruneck 
(in  der  Mitte  des  13.  Jahrh.)  der   bischöfliche  Amtmann  seinen  Sitz 
(Sinnacher,   Beytr.  zur  Gesch.  der  Kirche  von  Sähen  und  Brixen  2, 
33 ;  3,  345),  daselbst  befand  sich  auch  eine  bischöfliche  Pfalz,  welche 
die  Bischöfe  zeitweilig  bewohnten,  gerade  der  von  Heinrich  IV.  viel- 
begünstigte Bischof  Altwin  (1049  — 1097)   urkundet  wiederholt   dort 
(Sinnacher  1.  c  2,  495),  an  den  Bischof  Hartmann  erinnert  noch  der 
Dorfbrunnen  (1.  c.  3,  336).     So  viel  wir  aber  wissen,  stammt  all  der 
Besitz  Brixens  zu  Aufhofen  von   Privaten  her,    insbesondere  betrifft 
keine  Schenkungsurkunde  Heinrich  IV.  diesen  Ort.     Doch  liesse  sich 
recht  wohl  denken,  dass  Bischof  Altwin,  der  ja  ein  erklärter  Partei- 
gänger  Heinrich  IV.   in  dessen   Kämpfen  mit  der   römischen   Curie 
war  (vgl.  Redlich,  Zur  Gesch.  der  Bischöfe  von  Brixen  von  907  bis 
1125  in  Zeitschr.   des  Ferdinandeums ,   III.   Folge  28,   33  ffl),  einen 
von  ihm  aufgeführten  Neubau   mit  dem  Symbol   seines  kaiserlichen 
Herrn  und  Gönners  schmückte,  etwa  die  Front  der  Kirche  (wir  wissen 
nur,  dass  1360  die  alte  umgebaut  wurde,  Sinnacher  1.  c.  5,  488)  oder 
die  Halle  meiner  Pfalz.    Bezüglich  der  Anbringung  des  Monogramms 
in  letzterer  will  ich  noch   darauf  hinweisen,    dass  Heinrich  IV.  dem 
Bischof  Altwin  am  2.  Sept.  1091  (St  2913)  den  Comitat  im  Puster- 
thal verlieh  und  zwar  gerade  in  der  Gegend  von  Aufhofen  (vgl.  Red- 
lich, Zur  Gesch.  d.  B.  v.  Brixen  37  Anm.  1).     Ich  vermag  nicht  zu 
conatatiren,  ob  Aufhofen  Malstätte   des   Grafengerichtes   war,  jeden- 
falls lag  es  aber  nun  nahe,  an  dem  Orte,  an  welchem   der  Gerichts- 
berr   und  seine  Beamten  den  Sitz   hatten,   Gerichtsacte  vorzunehmen 
lind  2war  in  der  bischöflichen  Pfalz,  da  das  Gericht  unter  Dach  ab- 
gehalten werden  sollte  (Waitz,  Verfassungsgeschichte  4,  376). 

Also  als  Symbol  der  Gerichtsherrlichkeit  könnte  dieser  Stein 
in  der  Halle  oder  Laube  (nach  italienischem  Muster)  der  bischöflichen 
Pfalz  angebracht  gewesen  sein.  Allerdings  sollte  man  dann  erwarten, 
dass  das  Monogramm  dem  des  betrefifendeu  Privilegs  nachgebildet  sei« 


464  Kleine  Mittheilungen. 

Das  ist  aber  nicht  der  Fall,  das  kaiserliehe  Handzeichen  in  St  2913 
(Or.  Brixen,  Hofiftrchiy)  hat  in  der  untern  Oeffhong  der  beiden  Sehni- 
gen den  Querbalken  des  A,  die  mittlere  Verticale  zeigt  unter  dem 
0  noch  einen  Querbalken  (von  T)  durchgelegt,  an  den  rechtsseitigen 
Yerticalen  ist  Q  oben,  S  unten  angebracht  Freilich  kann  auch  keines 
der  andern  Originale  Heinrich  lY.  f&r  den  gleichen  Destinatar: 
St  2531,  2630,  2671,  2804,  2810,  3067  (von  Heinrich  V.)  in  den 
Archiven  zu  München,  Laibach,  Wien,  Brixen,  Innsbruck,  deren  Mono- 
gramme ich  theils  selbst  einsah,  theils  der  Güte  der  Herren  Prof. 
Grauert,  Schumi,  Archivar  Paukert  verdanke,  die  Vorlage  für  den  Stein- 
metzen gebildet  haben.  Also  nicht  einmal  über  diesen  Funkt  kann  idi 
Gewissheit  schaffen. 

Auch  Graf  Ben.  Giovanelli  hat  sich  in  seinem  obenerwähnten 
Brief  an  H.  v.  Vintler  in  Vermuthungen  über  die  Bedeutung  dieses 
Monumentes  ergangen.  Er  wollte  es  als  Zeichen  kaiserlichen  Eigen- 
thums  an  einem  Gebäude  oder  als  Grenzstein  betrachtet  wisaen. 
Gegen  letzteres  scheint  die  Gestalt  des  Steines  und  auch  die  gegen 
den  Wald  hin  gerichtete  Fundstätte  des  Steines  zu  sprechen;  die 
erstere  Vermuthung  trifft  in  dem  einen  Punkte  mit  meiner  Yer- 
muthung  zusammen,  nämlich  dass  der  Stein  an  einem  Gebäude  an- 
gebracht war,  ich  kann  mir  aber  nicht  denken,  dass  in  Aufhofen 
damals  ein  grösseres  gemauertes  Gebäude  gestanden  hätte,  das  in 
directem  Eigenthum  des  Fiscus  gestanden  hätte,  da  wir  von  Beiehs- 
gut  daselbst,  wie  schon  erwähnt,  keine  Eenntniss  haben. 

Wie  dem  auch  sei,  in  jedem  Fall  zeigt  der  Innsbrucker  Marmor, 
dass  sich  die  Verwendung  des  kaiserlichen  Monogrammes  nicht  aos- 
schliesslich  auf  die  Eaiserurkunden  und  Münzen^)  beschrankte. 

Innsbruck.  E.  v.   Ottenthai. 

CkrODOgraphisehe  BemerkUDgen.  L  üeber  den  byzantinischen 
Stil  der  Jahreszählung  vom  1.  September.  Grotefend  (Handb. 
der  histor.  Chrouol.  29)  bemerkt,  dass  dieser  Stil  zugleich  mit  der 
griechischen  Indiction  in  Italien  Eingang  fand,  ,wo  er,  besonders  in 
Süditalien,  in  einigen  Annalen  erscheint  ** ;  doch  nicht  allein  in  den 
Annalen,  sondern  auch  in  Urkunden  von  Neapel,  Amalfi,  Gaeta  und  eines 
grossen  Theiles  von  Apulien  und  Calabrien  findet  er  sich  (vgl  M.  Bussi 
Paleografia  e  diplomatica  delle  province  napolitane,  Napoli  1883,  p.  öo  . 

^)  Hier  aber  im  11.  Jahrb.  nur  mehr  selten,  vgl.  Dannenberg,  Die  dentscbtv 
Münzen  der  sächsischen  und  fränkischen  Eaiserzeit  25.  Ein  Monogramm  Hein- 
rich IV.  fand  ich  in  den  Tafeln  gar  nicht,  es  ist  also  auch  b Ochst  imwahr- 
Bcheinlich,  dass  der  Steinmetz  eine  Münze  als  Vorlage  ftir  den  Innsbmckt^ 
Stein  hatte. 


CIironogpn^[>Jii0che  Bemerktmgett.  465 

In  diesem  Stil  ist  bekanntlicli  der  Jahresan&ng  im  Vergleich 
mit  dem  des  gemeinen  Jahres  um  vier  Monate  früher. 

Hievon  gibt  es   nun  ein  Beispiel,  hergenommen  aus  einer  Ur- 
kunde des  Archivs  in  Florenz  (1508  Dec.  20  prov.  BibL  nation.). 

Es  ist  ein  YoUmachtsmandat,  ausgesteUt  in  Bari  in  Apulien  fQr 
Luca  ügolini  in^  Florenz  und   aufgesetzt  vom  Notar  Petras  de  Fal- 
conibus  in  Bari;  es  hat  folgendes  Datum :   «Yirgineo  carnem  sumpsit 
qui  ex  utero  puram^)  anno  eiusdem  millesimo  quingentesimo  octavo 
secundum   cursum   civitatis    Bari,    ubi    anni  domini  semper  a 
primo  die  mensis  septembris  una  cum  inditione  mutan- 
tur  .  .  .,  mense  decembris,  vicesimo  eiusdem,  undecime  inditionis.' 
Bas  Jahr  1507  st.  comun.  hat  Indiction  10,  und  indem  es  am  1.  Sep- 
tember umsetzt,  nimmt  es  in  den  letzten  4  Monaten  Indiction  11  an, 
so  dass  die  Berechnung  der  Indiction  allein  uns  anzeigt,   dass  das 
angegebene  Jahr  1508  nach  gewöhnlichem  Stil  als  das  Jahr   1507 
verstanden  werden  muss.    Dies  wird  bestätigt  durch  eine  Bemerkung 
auf  der  Bückseite  der  Urkunde,   aus  der  wir  erfahren,   dass  jenes  in 
Bari  im  December    1508  ausgefertigte   YoUmachtsmandat  in  Florenz 
im  Juli  1508  in  Kraft  trat:    «Frocchura   per  Dionigi  da   Dungnano 
in  Lucha  di  Taddeo  ügholini  per  saldare  effinire  con  Giuliano  Da- 
vanzati.    La  quäle  fine  essaldo  si  f$,    come  per  chontratto  roghato 
ser  Fagholo  d' Antonio  Mei  sotto  di  iiij  di  luglio  1508.* 

n.  üeber  die  Indiction.  Es  ist  wohl  bekannt,  dass  in  Florenz 
die  Epoche  der  Indiction  der  24.  September  war  (wohl  aber  blieb  der 
nmnerus  anni  fest),  und  blos   als  historische  Merkwürdigkeit  führe 
ich  ein  ausdrückliches  Zeugniss  eines  Notars  der  Comune  von  Florenz 
an:  »In  Mill^  CGCYIII  indictione  septima,  naminditio  hicmuta- 
tnr,  die  zxüij  intrante  mense  septembris  (B.  Archiv.  Fior.  Gonsulte 
del  1308,  c  27).    Das  Jahr  1808  hatte  die  römische  Indictionszahl  6. 
in.  Ueber  Datirung  nach  Jahren  des  Imperiums  in 
Notariatsinstrumenten.  E.  Mühlbacher  .Zur  Geschichte  K  Bern- 
hards von  Italien",  MittheiL  des  Insi  2,  296—302,  hat  die  Wichtigkeit 
hervorgehoben,  welche  die  Datirangen  der  italienischen  Notariatsinstru- 
mente  für  die   Geschichte  und  Chronologie  der  Könige  haben.     Die 
Annahmen  und   die  Berechnung  der  Epochen  ihrer  Begierungen  in 
jenen  Urkunden  hängen  von  politischen  Einflüssen  ab,  deren  Beobachtung 
für  den  Historiker  nicht  minder  wichtig  ist,  als  für  den  Chronographen. 

*}  Ton  einer  solchen  rhetoriBchen  Erweiterang  der  Formel:  »anno  incar- 
nationis  domini^  bietet  ein  anderes  Beispiel  eine  Urkunde  von  Molfetta,  heraus- 
gegeben von  Ficker  in  Mittheil,  des  InstitafB  2,  465:  Unigenitus  dei  ex  quo 
Yir^inis  factus  est  filius,  anno  millesimo  centesimo  octogesimo  quarto. 

MittiioUiuiien  YIL  80 


466  kleine  Mittheiltingeii. 

Andere  Beispiele  verschiedener  Epochen  bestätigen  diese  Be- 
obachtung. Cale£Bo  Vecchio  von  Siena  a.  c.  32  und  32^  Promissioni 
del  potesta  di  Orvieto  al  Comune  di  Siena: 

,  Anno  Domini  Mill^  CGsecundo,  tempore  imperii  vacante  certo 
imperatore  anno  Y  pontificatus  domini  pape  Innocentii  tertii,  in- 
dictione  quinta,  die  martis,  mense  augasti  XIII.  kal.  septembris.' 
.Anno  domini  millo  CG  tertio  tempore  imperii  vacante  certo  im- 
peratore anno  VI  pontificatus  domini  pape  Innocentii  inditione  VI, 
XV^  die  intrante  mense  ianuariL* 

Es  machten  sich  in  dieser  Zeit  Philipp  von  Schwaben  und  Otto 
von  Braunschweig,  beide  als  gewählte  deutsche  Könige,  das  Recht  der 
Eaiserwürde  streitig. 

B.  Arch.  Fior.  Perg.  Binuccini  1245  Oct  6.  Ehecontract  in  Valiaüa 
(Valle  Tiberina):  In  nomine  lesu  Christi  amen.  Anno  nativitatis 
domini  millesimo  ducentesimo  quadragesimo  quinto,  indictione  tertia, 
Fiderigo  imperatore  in  discordia  cum  ecclesia  dies  vj 
mensis  octubris. 

B.  Arch.  di  Siena.  Perg.  del  Patrimonio  ecclesiastico.  Notariats- 
instrument  vom  8.  Juli  1403.  In  nomine  domini  amen«  Anno  ab 
eins  incamatione  millesimo  IUI  ^^  ind.  XI  tempore  pontificatus  sanc- 
tissimi  in  Christo  patris  et  domini  Bonifatii  divina  Providentia  pape 
noni,  in  Bomano  imperio  imperatore  vacante  ut  dicitur,  die 
VIII  mensis  iulii. 

Nach  Wenzels  Absetzung  (20.  August  1400)  r^erte  in  Deutsdi- 
land  Buprecht  von  Witteisbach,  Pfalzgraf  von  Bhein,  mit  dem  Titel 
eines  Königs  der  Bömer,  der  auch  in  die  Lombardtii  mit  Unter- 
stützung der  Florentiner  gegen  Johann  Oaleazzo  Visconti  zog.  Aber 
den  Sienesen,  damals  Johann  Galeazzos  IJnterthanen,  konnte  ein?OA 
ihren  ewigen  Gegnern  unterstützter  König  nicht  geeetzmässig  er- 
scheinen. Uebrigens  war  das  Kaiserthum  vom  Standpunkte  der 
italienischen  Bechtsanschauung  ledig  und  blieb  es  bis  Sigmunds  Krö- 
nung in  Born  am  31.  Mai  1433.  Eine  andere  sienesischa  Urkunde 
(Perg.  Piccioli)  vom  26.  September  1409  ist  in  derselben  Weise  datirt: 
.Bomanorum,  ut  Senis  dicitur,  Cesarea  sede  imperatore  vacante.* 

IV.  Ueber  die  Zählung  der  Monatstage  nach  Kalendae^ 
Nonae  und  Idus.  In  dem  21.  Bande  des  «Medic  av.  iL  Frinc* 
(B.  Arch.  Fior.)  ist  ein  Blättchen,  gezeichnet  Nr.  159,  geschrieben 
von  der  Hand  eines  florentinischen  Humanisten  des  15.  Jahrh.,  wel- 
ches die  folgenden  Verse  in  Hexametern  enthält,  die  sich  auf  die  Z&hluBg 
der  Tage  und  Monate  nach  römischem  Kalender  beaiehen. 


ChronographiBclie  Bemerkungen.  467 

Sex  nonas  malus,  apriUs,  ioliua  et  mars 
Quattuor  at  reliqui    tenet  idos  quilibet  octo. 

Junius  aprilis  septemque  novemque  tricenos 
Unum  adde  reliqnis.    viginti  februns  octo. 

Janas  et  augastus  denas  nonasque  december 
JuUus  october  mars  malus  epta  decemque. 

JunluB  aprllls  September  et  Ipse  november 

Ter  senas  retlneui    februusque  bis  octo  kalendas. 

Einige  Bemerkungen  hlezu  dürften  nicht  überflüssig  sein: 

In  §  1  (yv.  1 — 2)  werden  die  beiden  ersten  Abschnitte  des  Mo- 
nats, die  Nonae  und  Idus,  bestimmt;  in  8  Monaten  fallen  sie  auf 
den  4  Tag,  in  4  Monaten  aber  ^uf  den  6.  Nur  ist  in  der  Namen- 
reihe, die  hier  überliefert  wird,  ein  Irrthum,  indem  zu  den  Monaten, 
die  .sex  nonas*  haben,  statt  des  April  der  Monat  October  gehört 
Der  Abstand  von  den  Nonen  bis  zu  den  Iden  beträgt  in  jedem  Monat 
8  Tage  (tenet  Idus  quilibet  octo). 

Im  §  2  (yy.  3 — 4)  wird  die  Zahl  der  Tage,  die  jeder  Monat  nach 
fortlaufender  Zählung  hat  angegeben. 

Im  §  3  (yy.  5 — 8)  wird  die  Berechnung  des  dritten  Abschnittes 
jedes  Monats,  nämlich  dessen,  der  die  den  Kaienden  des  folgenden 
Monats  yorausgehenden  Tage  enthält,  angegeben.  Die  Zählung  be- 
zeichnet die  Tage  dieses  dritten  Abschnittes  «Ealendas*,  wie  sie  die 
der  beiden  früheren  Abschnitte  , Nonas*  und  «Idus*  nennt 

Mit  sehr  genauer  Bechnung  wird  nun  gesagt,  dass  die  Monate 
Januar,  August  und  December  deren  19  haben  (denas  nonasque), 
(das  bezieht  sich  also  auf  die  Kaiendentage  des  folgenden  Monats), 
dann  März,  Mai,  Juli,  October  17  (epta  decemque),  April,  Juni,  Sep- 
tember, Noyember  18  (ter  senos)  und  Februar  16  (bis  octo). 

Wir  können  hinzufügen,  dass  einige  Verse  dieses  Bhy thmus  auch  in 
einigen  Summae  notariae  des  13.  Jahrhunderts  citlrt  oder  angegeben  sind. 

Als  Beleg  für  diese  Zählung  nach  Kaienden,  Nonen  und  Iden 
führe  loh  eine  plsanlsche  Urkunde  yom  21.  Juni  1417  (StlL  pls. 
«=  1416  St  com.)  (B.  Arch.  Flor.  Documentl  cartacel  proy.  Bifor- 
magloni)  an,  in  der  die  Datirung  yom  ausfertigenden  Notar  herrührt; 
sie  hat  den  Monatstag  nach  römischen  Kaienden  neben  dem  nach  neuem 
Stil:  .Fatet  per  cartam  rogatam  a  me  Antonio  notario  quondam  Jacobl 
de  Sancto  Gassiano  ciye  Plsano  domlnlce  Incamationis  A.  M.  CCCCXYII 
indlctione  nona,  undeclmo  Kalendas  Julil,  que  ftdt  die  ylgesimo  primo 
Junll  seeundum  cursimi  et  morem  notarlorum  Flsane  dyltatis,  qualiter  *  etc. 

Florenz,  C.  Paoli. 

80" 


468  Kleine  Mitiheilungen. 

Zur  fimUehtfldirabaiig  desllosterslenbnrg  im  Sinn.  Mein  hochverehrter 

Lehrer,  Herr  Prof.  Dr.  Scheffer-Boichorst,  macht  mich  auf  zwei  weitere 
Punkte  aufmerksam,  welche  den  von  n^r  in  dem  Aufsatz:  «DieelBas- 
sische  Annalistik  in  staufischer  Zeit*  (s.  diese  Ztschfii.  Bd.  Y,  513 — 538) 
versuchten  Nachweis,  dass  die  Urkunden  des  Klosters  Neuburg  und 
die  Annales  Marbacenses  eine  Verwandtschaft  zeigen,  aufs  Neue  be- 
stätigen. Damit  verknüpfe  ich  auch  ein  paar  Ergänzungen  und  Cor- 
recturen,  vor  allem  zum  Leben  des  Abtes  Peter  von  Neuburg,  dem 
ich  einen  Antheil  an  der  Entstehung  des  werthvoUsten  Theiles  der 
, Annales  Marbacenses'  zuerkennen  musste. 

Li  der  Oede  der  ftin&iger  und  sechziger  Jahre  des  zwölften 
Jahrhunderts,  wie  sie  sich  in  den  Annales  Marbacenses  finden,  fiUt 
der  eingehende  Bericht  über  die  Belagerung  von  Horburg  und  die 
sich  daran  knüpfenden  Folgen  auf  (1162).  Damit  stellt  sich  in  Ver- 
gleich die  noticia  über  den  Erwerb  der  Kirche  zu  Dauendorf,  welche 
im  Kloster  Neuburg  erst  viele  Jahre  später,  nicht  vor  dem  Jahre 
1182,  angefertigt  wurde  (Würdtwein  Nova  subsidia  IX,  381).  Zur 
Datirung  der  für  das  Kloster  sehr  wichtigen  Erwerbung  schreibt  die 
noticia:  ,, tempore  venerabilis  Burchardi  Argentinensis  episcopi,  scilicet 
quum  comes  Hugo  castrum  Horburch  obsederat  auxiliante  sibi  Stephano 
Metensi  episcopo  et  duce  de  Geringen*  sei  es  geschehen.  Eine  solche 
Datirung  ist  auch  in  einer  «notitia*  auffallend  genug,  sie  erklärt 
sich  am  passendsten,  wenn  wir  voraussetzen,  dass  dem  Verfasser  der- 
selben die  historische  Aufzeichnung,  welche  in  den  Annales  Marba- 
censes uns  überliefert  ist,  vorgelegen  hat. 

Eine  weitere  Parallelität  zwischen  einer  Neuburger  Noticia  und 
in  den  Annales  Marbacenses  findet  sich  in  der  Charakteristik  Fried- 
richs I.^).  Die  noticia,  welche  in  einem  eigenthümlichen  Yerhaltnisae 
zu  der  von  mir  S.  532  Anm.  2  erwähnten  Urkunde  steht'),  schreibt: 
Sed  imperator  cum  esset  prudens  et  potens  atque  diversa  predia 


<)  S.  •582  Z.  28  ist  der  sinnstörende  Druckfehler :  leichtsinnig  statt  leidit- 
gl&ubig  von  mir  übersehen.  <)  Die  erwShnte  Urkunde  Friedrichs  L  vom 
12.  Juli  1187  ist  in  der  Form  höchst  aufbllend,  ihr  Wortlaut  deckt  sich  sam 
Theil  mit  dem  der  genannten  noticia  (Würdtwein  Nova  subs.  dipL  X,  60),  aber 
doch  ist  die  noticia  wohl  nicht  die  Vorurkunde;  denn  die  Einleitongsworte  der 
noticia  sind  so  scharf  gegen  Friedrich  I.  gerichtet,  dass  man  sie  schwerlich  der 
kaiserlichen  Kanzlei  übergeben  konnte.  Wenn  es  dann  femer  heisst:  »ae  nos 
grangiam  modicam  ibidem,  ubi  nunc  sita  est,  .  .  .  constnudssemus*,  so  liegt 
auch  darin  der  Beweis,  dass  die  noticia  jünger  ist,  als  die  Handlung.  Aber  auch 
die  Urkunde  Friedrichs  ist  erst  18  Jahre  nach  der  Handlung  ausgestellt.  Ohne 
Einsicht  des  Originales  (in  Darmstadt,  nicht  in  Stuttgart)  wage  ich  nicht  su 
entscheiden. 


Zur  Geschichtschreibung  des  Klosters  Neuburg  im  ElsasB.  469 

propter  inclitam  eius  prolem  in  unam  aggregaret, . . .  .* 
Derselbe  Gedanke  und  z.  Th.  auch  derselbe  Ausdruck  kehrt  in  dem 
Bericht  der  Annales  Marbacenses  zu  1208  zurück,  wo  es  von  Otto  lY* 
heisst:  ,ubi  etiam  uniyersa  predia,  castra,  ciyitates  et  oppida,  que 
longo  tempore  divi  imperatores  Fridericus  et  Heinricus  in  unum 
Tnaximifl  sumptibus  et  infinita  peeunia  coaceryayerant*. 

Eine  dritte  Bestätigung  finde  ich  im  5.  Band  von  Trouillat 
Monuments  de  Thistoire  de  l'ancien  evech^  de  Bäle  unter  den  Nach- 
trägen zu  den  älteren  Bänden  S.  139  Aum.  1.  Trouillat  entnahm 
den  Notizen,  welche  ein  Mönch  von  Lützel  1788  in  Neuburg 
machte,  folgende  Angabe:  ^Anno  1158  consecratur  ecclesia  ab  Hen- 
rico  Trecensi  episcopo,  cui  adfuerunt  Amulphus  Maguntinus  archi- 
episcopus,  Cunradus  Wormatiensis  episcopus,  Burchardus  Argentinensis 
episcopus,  Ortliebus  Basileensis  episcopus,  Mathaeus  dux  Lotharingiae, 
Henricus  dux  Sueviae,  Henricus  dux  Saxoniae,  Hugo  comes  de  Dags- 
burg  et  plurimi  alii  ....'.  Der  Lützeler  Mönch  Moreau  hat  sie 
wohl  auch  dem  Manuscript  des  13.  Jahrhunderts  entnommen,  dem  er 
die  im  Text  bei  Trouillat  abgedruckte  Urkunde  verdankte.  Damit 
stimmt  die  Angabe  der  Annales  Marbacenses  überein,  wo  es  heisst: 
A.  d.  1158  monasterium  in  Novo  Castro  consecratur  .  .  .  quarto  nonas 
maji  a  reyerendis  episcopis  Burchardo  Argentinensi  et  Heinrico  Tre- 
censifl  ecclesie  .  .  .  . '  Vergleicht  man  die  Angabe  der  Anwesenheit  der 
in  dem  Trouillat^schen  Bericht  genannten  Personen  mit  den  Begesten 
(bez.  Itinerarien)  der  genannten  Persönlichkeiten,  so  ergibt  sich,  dass 
die  Anwesenheit  in  Neuburg  bei  allen  möglich  ist,  wenn  man  statt 
, Henricus  dux  Sueviae'  ^Fridericus'  liest. 

Der  wichtigste  Theil  der  Annales  Marbacenses  ist  nach  meiner 
Ansicht  vom  Abt  Peter  von  Neuburg  wenn  nicht  verfasst,  so  doch 
beeinflusst.  Als  ich  die  Lebensnachrichten  über  ihn  zusammenstellte, 
bUeb  ich,  da  mir  die  niederrheinische  Literatur  nur  mangelhaft  zur 
Hand  war,  in  der  Untersuchung  stecken.  Es  handelte  sich  um  eine 
Stelle  der  Gesta  sanctorum  Yillariensium  (Mon.  Qerm.  SS.  XXV,  222), 
in  der  Abt  Peter  genannt  wird  und  deren  Werth  oder  ünwerth  zu 
prüfen  war.  Jetzt,  nachdem  ich  Cäsars  von  Heisterbach  dialogus 
miraculorum  zur  Hand  habe,  sehe  ich,  dass  ich  falsch  der  Autorität 
des  Herausgebers  in  den  Monumenten  folgte  und  die  Stelle  anstatt 
auf  Heisterbach,  auf  Hemmenrode  bezog,  und  dass  sich  nun  die  Glaub- 
würdigkeit des  ganzen  Berichtes  ergibt.  Es  heisst:  «Tenues  itaque 
fuerant  (nicht  Hemmenrodenses ,  sondern  die  von  Hemmenrode  nach 
Stromberg,   Heisterbach  übersiedelnden  Mönche)  in  agustia  pauper- 


470  Kleine  Mittheilungen. 

tatis,  sed  latissimi  in  amplitadine  caritatis.   Unde  fuit,  quod  viri  magni 
et  nobiles,  relictis  omnibus,  quibus  abundabant  in  seculo,  eomm  pau- 
pertati  aggregati  sunt:  maior  decanus  Goloniensis  Odo  cum  canonieis 
suis,  prepositus  sancti  Gereonis,  decani  Bonnenses:  dominus  Christia- 
nus, vir  magne  auctoritatis,  et  quidam  alius  cum  canonieis,  Petrus 
decanus  Treverensis  et  imperialis  aule  prothonotarius,  Henricus  decanus 
Monasteriensis,  abbas  Prumensis  Cesarius  et  Petrus  abbas  Confluentie, 
comes  Wendensis   et  alii  quam  plures  Traiectensis,  Treverensis,  Go- 
loniensis et  Leodiensis  diocesis.     Ex  quibus  Petrus  assumptus  est  in 
NoYO-castro,  Gerardus  in  ipsa  Valle   sancti  Petri,   Daniel  in  Scoq- 
hawia,  Henricus  in  Yalle  sancti  Petri;  Hermannus  in  Hemmerode  . .  .'0 
Ich  bezweifelte  früher   die  Bichtigkeit  der   Angabe   der   ehemaligen 
Würden  der  Mönche;  allein  in  ihren  alten  Aemtern  begegnen  die 
meisten  der  genannten  bei  Cäsarius :  Christian  Dechant  von  St.  Cassius 
in  Bonn,  «vir  bonae  vitae  et  yalde  literatus*   erscheint  I,  343  (vgl 
II,   314).     Der    Henricus   decanus    Monasteriensis   ist  Dechant  you 
Münster-Mayfeld  (I,  255),  Cäsar  Abt  Ton  Prüm  begegnet  uns  mehr- 
fach (I,  64.  276.  315.381.  II,  351);  der  comes  Wendensis  ist  Dietrich 
Graf  von  Wied  (II,  204.  253.   318).     Unter  den   als  zur  Abtswürde 
gelangten  Personen  ist   statt   .Gerardus*  .Geyardus'    zu  lesen,  der 
als  Abt  von  Heisterbach   bei   Cäsarius   sehr   oft  begegnet;   beinahe 
ebenso  oft  findet  sich   Daniel  Abt  von   Schonau  (z.  B.  I,    82  «tone 
prior  noster*);  der  spätere  Abt  Heinrich  von  Heisterbach  war  früher 
Canonicus  in  Bonn  gewesen  (I,  19. 1,  25);  Hermann  Abt  von  Hemmen- 
rode wird  I,   344   erwähnt.     Wenn  sonach  von  all  den  genannten 
Persönlichkeiten  der  Villers'schen  Quelle  nur  vier:  der  Kölner  Dom- 
probst Otto,  der  Probst  von  St.  Gereon  und  die  beiden  Petrus  bei 
Cäsar  nicht  sich  wiederfinden,  sonst  alle  Angaben  stimmen,  so  ist  an 
der  Zuverlässigkeit  der  Yillers^schen  Angaben  nicht  zu  zweifeln.  Am 
bedenklichsten   ist  die  Angabe  über  den  Petrus  abbas  Confluentiae; 
da  es  in   Coblenz  keine  Abtei  gab.    Da  aber  gerade  hier  der  Text 
verderbt  ist,  so  kann  ich  kein  Gewicht  darauf  legen.  Ein  aus  Coblenx 
stammender  Petrus  wird  von  Cäsar  als  Mönch  in  Hemmenrode   be- 
zeichnet (I,  92),   im  folgenden   sagt   aber   Cäsarius,    der   selbst  nie 
Mönch  in  Hemmenrode  war:   „Huius  rei  testis  sum  ego,   qui  iuxts 
illum  ad  psalmodiam  stabam  aliquanto  tempore';  es  muss  also  wohl 
Petrus  später  mit  nach   Heisterbach   übergesiedelt  sein.     Ist  dieser 
Petrus  des  Cäsarius  mit  dem  Petrus  de  Confluentia  in  der  Yillers» 
sehen  Quelle  identisch,  so  muss,  da  dieser  nach  Cäsar  zu  seiner  Zeit 


*)  Heine  Interpunktion  weicht  mehr&ch  von  der  der  Mon.  Genn.  ab. 


Aus  den  letzten  Tagen  Kaiser  tViedrich  III.  471 

noch  in  Lieyland  lebte  (11,  98),  der  andere  Petrus,  der  Dechant  von 
Trier  und  ehemaliger  kaiserlicher  Protonotar  gewesen  war,  mit  dem 
Abt  Peter  von  Neuburg  identisch  sein.  Das  ist  ftir  den  Werth  der 
Neubnrger  Geschichtsquelle  von  ganz  hervorragender  Bedeutung. 

Aber  noch  immer  bleibt  ein  Dunkel  über  der  Persönlichkeit 
Peters  ausgebreitet,  da  er  soitst  weder  als  Protonotar  noch  als  Dechant 
genannt  wird«  Bei  der  vagen  Ausdrucksweise  der  Villers'schen  Hei- 
ligengeschichte kann  Petrus  ebensowohl  Dechant  am  Dom,  als  an 
einer  der  andern  zahlreichen  Trierer  Stiftskirchen  gewesen  sein.  Viel- 
leicht wird  noch  ein  günstiger  Zufall  mehr  Licht  über  die  Persön- 
lichkeit des  Abtes  Peter  verbreiten. 

Karlsruhe.  Dr^  Aloys  Schulte. 


In  dei  l0btM  TageH  liittr  ¥tif4xUk  VL  An  Quellen  für  die  Geschichte 
E.  Friedrich  IIL  ist  im  Ganzen  kein  Mangel  Wohl  aber  entbehrt 
man  oft  genug  einer  bestimmten  Gattung  von  Meldungen:  jener  ver- 
traulichen persönlichen  Correspondenzen  des  Kaisers,  jener  eingehenden 
Berichte  einheimischer  und  fremder  Agenten  und  Bathe,  die  uns  mit 
den  Thatsaclien  und  Entschliessungen  Friedrichs  zugleich  deren  Genesis 
und  Endzweck  offenbaren.  So  sind  auch  aus  der  letzten  Zeit  des 
Kaisers  die  Meldung  von  diplomatischen  Geschäftsträgern,  welch0, 
för  bestimmte  politische  Geschäfte  von  dem  röndsehen  Könige  Max 
bei  seinem  Vater  beglaubigt,  zugleich  überhaupt  das  Amt  des  Be- 
richterstatters vom  Linzer  Hofe  an  Max  besorgen,  zum  grössten  Theil 
verloren.  Dass  ihr  Verlust  sehr  zu  beklagen  ist,  dürfte  der  Inhalt 
der  nach  dem  Tode  des  Kaisers  erstatteten  Belation  darthun,  die  ich 
im  Nachfolgenden  aus  dem  Münchener  allgem.  Beichsarchive  mittheile. 

Diese  Berichte,  die  letzten^)  über  die  bezüglichen  Verhandlungs- 
gegenstände, sind  glücklicherweise  eingehend  genug,  um  einen  Ein- 
blick in  das  Wesen  und  die  Erledigung  der  einzelnen  Funkte  zu 
gewähren.  Der  Geschäftsträger  hatte  im  Auftrage  des  r/)mischen 
Königs  zu  fragen:  1.  ob  derselbe  die  bei  Lebzeiten  seines  Vaters  in 
Oesterreich  eingeführten  indirecten  Abgaben  («die  newn  aufschleg') 
abschaffen  oder  beibehalten  solle ;  2.  wie  es  mit  dem  occupirten  salz- 
burgischen und  passauischen  Kirchengute  zu  halten  sei;  3.  ob  und 
welche  besonderen  Kostbarkeiten  und  Schätze  der  Kaiser  etwa  ins- 
geheim noch  besitze;  4.  welche  Aufträge  der  greise  Herrscher  über- 
haupt ferner  vor  seinem  Hingange  an   seinen  einzigen  Sohn   hätte. 


0  »Ist  ewer  kon.  maiestat  wissen,  was  ich  antwurd*,  sagt  der  Bote  yon 
einer  früheren  Meldung.  Ebenso  weiter  unten:  »Item  von  den  stucken,  als  ewr 
]cun.  m.  dazumaln  mit  mir  red,  hat  ewr  kun.  m.  etc.  vndenichtang.* 


472  Kleine  Mittheilungen. 

Der  Bericlit  umfasst  aber  ausserdem  noch  die  Antworten  und  An- 
ordnungen des  Kaisers  auf  frühere  Anfragen  unseres  Diplomaten  hin: 
wie  es  im  Lande  Gestenreich  zu  halten  sei,  wenn  jemand  sein  Erbe 
verloren  habe,  wie  Becht  und  Gericht  zu  handhaben,  wie  die  Jaden  tn 
behandeln  seien;  er  bringt  des  Kaisers  Wunsch  zum  Ausdrucke,  daas 
sich  Max  des  Vaters  Kapellane  und  Diener  möge  befohlen  sein  lassen; 
endlich  aber  offenbar  auch  persönliche  Wünsche  und  Rathschlage  des 
Unterhändlers.  Dazu  gehört,  König  Maximilian  solle,  statt  eine 
Summe  Geldes  f&r  die  Bückgabe  der  salzburgischen  und  passauer 
Kirchengüter  zu  fordern,  «ettliche  Jahrestage  mit  herrlicher  Solen- 
nität'  seinen  Vorfahren  und  Nachkommen  zur  Gedächnissfeier  yer- 
langen,  wobei  der  Gesandte  andeutet,  dass  damit  auch  wieder  des 
yerstorbenen  Kaisers  Willen  erftiUt  werde;  dann  die  Behauptung, 
Kaiser  Friedrich  wünsche  die  Wiederaufhebung  des  Wiener  Bisthums 
nach  dem  Tode  des  jetzigen  Bischofs,  da  der  Passauer  Kirche  noch 
nicht  der  versprochene  Ersatz  geleistet  sei  Im  übrigen  verweise  ich 
auf  die  beigefügten  Anmerkungen  und  bemerke  nur  noch,  dass  der 
Berichterstatter  sich  zwar  unzweifelhaft  als  Geistlicher,  höchst  wahr- 
scheinlich Passauer  Diöcesan,  verräth,  dass  er  nicht  minder  als  dem 
Kaiser  wie  dem  römischen  Könige  nahestehend  erscheint,  dass  mir 
aber  trotzdem  jeder  sichere  Anhaltspunkt  abgeht,  um  ihn  aus  der 
geistHchen  Umgebung  K.  Maximilians  herauszufinden. 

1493,  August,  September. 

(Cop.  im  kgl.  Allg.  Reichsaroh.  zu  München,  »Oesterreich«,  Lit.  &b.  I,  fol.  81-SS.) 
AUerdurchlewchtigister  etc.  Als  ewr  kuniglich  maiestat  mich 
hat^)  im  leben  ewrs  liebsten  vatters  vnd  unser  genedigsten  herren 
loblicher  gedachtiiuss  fleis  zu  haben  mit  seiner  kajs.  m.,  dan  was 
seiner  m.  gescheft  vnd  willen  wen*  vnd  zw  seiner  seil  haill  dienet, 
wollt  ewr  k.  m.  meren  vnd  nit  mjndern,  mit  anndern  vil  wortten, 
die  da  erzaigten  die  gross  lieb  vnd  trew,  die  ewr  k.  m.  zw  ewrin 
lieben  vatern  hett,  ist  ewr  k.  m.  wissen  selbs,  was  ich  antwiird,  vnd 
liess  ewr  k.  m.  ein  zedel  sehen,  derselben  ich  ein  abgeschrift  behiellt, 
die  ich  hiemit  ewr  k.  m.  auch  gib.  So  ich  aber  yetz  von  ewr  k.  m, 
erkenn,  dass  dieselb  trew  vnd  lieb  nit  gemyndert  durch  den  tod, 
sonnder  gemerd  ist,  so  mich  ewr  k.  m.  selbs  ervordert  vnd  der  bemelten 
maynung  yn  hohen  yertrawn  beschehen  mit  mir  beredt,  gib  ich  ewr 
k.  m.  dise  vnnderrichtung,  die  warl[ich]  also  ist.  Vnd  hat  sein  k.  m. 
mir  zugesagt,  ob  in  der  almechtig  got  sein  leben  lenngert,  diesä 
gentzlich  yervolgen;   doch   sollt  ich  im  zill  geben,  biss  der  bot  gen 


0  Fehlt  ein  »beauftragt«. 


Aus  den  letzten  Tagen  Kaiser  Friedrich  IIL  473 

Borne  gesenndt  widerkomb,  wollt  sein  kays.  m.  sich  gar  mit  ayner 
schonen  Ordnung  in  den  handel  schickhen;  ob  aber  ir  kays.  m.  in 
mitÜ[er]  zeit  yerschiedt,  sollt  ich  ewr  kun.  m.  ynderrichten,  dass  diese 
seiner  gnaden  letzter  will  wer;  doch  so  wollt  sein  kays.  m.  selbs 
doYon  mit  ewrn^k.  m.  red  hallten  auf  mein  begemn. 

Item,  das  ewr  k.  m.  gantzUch  erkantnuss  mag  haben,  will  ich 
die  artdgkel  in  der  bemelten  zedel  begriffen  mellden,  vnd  ist  der  erst, 
das  sein  kays.  m.  die  newn  aufschleg,  die  bey  seiner  gnaden  zeiten 
erstanden  sein,  abschieff  etc.^). 

Item  (=  ist)  die  maynung:  seyn  kays«  m.  vermaint,  das  er  nit  hab 
mugen  seyn  kays.  standt  zw  eren  der  cristenhaitausshallten,  auch  seinen 
yeindten  ausser  vnd  ynndW  seiner  lannd  der  widerstand  ynd  gegen- 
werd  thun,  so  er  solh  aufschleg  nit  biet  gehabt ;  auch  hab  sein  kays.  m. 
darumb  babstlich  erlaubnuss.  Aber  doch  so  wollt  sein  kays.  m.  mit 
im  loblichen  raten  den  artikel  yor  sich  nemen,  ynd  so  erfunden 
wurd  auss  sein  kamer  ynd  grundbüchem,  das  er  mit  seynem  althen- 
herkomenden  zynsen  ynd  proyentten  mocht  seynen  kayserlichen  ynd 
fürstlichen  stannd  geburlich  aushalten  etc.,  wollt  sein  kays.  m.  die- 
selben yon  stund  abschaffen. 

Der  annder,  das  ir  kays.  gnad  die  gueter  der  kirchen  Salzburg 
und  Passaw  etc.  gewessen  sein  selbs  mit  seiner  Ordnung  wider  lies 
gefallen,  ynd  sein  gnad  das  yerdienn  yor  got  und  dy  eer  yor  den 
menschen  biet'). 

1)  Ueber  diese  Abgaben,  die  dem  Lande  zur  schweren  Last  gediehen 
und,  weil  auch  yon  den  fremden  im  Fürstenthume  begüterten  Prälaten  er- 
hoben^ eine  der  Ursachen  des  Krieges  E.  Friedrichs  mit  H.  Ludwig  yon 
Baiem  waren  (1460— 146S),  bringen  EbendorÜBr,  das  »Gopeybuch  der  g.  8t. 
Wienn*  usw.  zahlreiche  Meldungen.  Vgl.  meine  deutsche  Reichsgeschichte 
unter  £.  Friedrich  III.  und  Max  L,  Band  I  (Leipzig  1884),  S.  28  ff. 
*)  Aeltere  Streitigkeiten  mit  Salzburg,  die,  hervorgegangen  seit  1156  aus 
staatsrechtlichen,  ebenso  oft  aber  auch  aus  persönlichen  und  priyatrechÜichen 
Anlässen,  so  manches  Blatt  der  Österreichischen  Landesgeschichte  erf&llen,  gab 
es  seit  1458  (Ausgleichung  w^en  der  Schlösser  und  Herrschaften  ASmfels,  Neu- 
markt, Löschenthal  und  Layamundt;  vgl.  Hansiz,  Germ.  Sac.  II,  507)  wenigstens 
nicht  offenkundig.  Jetzt  handelte  es  sich  um  die  Restitution  der  seitens  der 
Österreichischen  Fürsten  aus  ungarischer  Hand  1490,  1491  occupirten  Güter, 
deren  Bückgabe  der  Kaiser  dem  Erzbischof  Friedrich  (von  Schaumburg)  in  ge- 
radezu verletzender  Form  verweigert  hatte.  Vgl.  darüber  a.  A.  J.  Th.  Zauner, 
Chronik  von  Salzburg,  IV.  (Salzburg  1798),  224-225.  Da  übrigens  die  Rückgabe 
dieser  Güter  gegen  bestimmte  Entschädigung  schon  im  Ungarfrieden  des  röm. 
KOnigfl  (7.  Nov.  1491)  ausgesprochen  war,  so  Hess  sich  Max  am  29.  Jan.  1494  zu 
einem  Vertrage  mit  dem  Erzbischofe  herbei ,  der  wenigstens  die  Ausfolgung  der 
Hauptmasse  der  streitigen  Güter  gegen  die  Zahlung  von  18,600  Gulden  an 
das  Erzstift  bestimmte.    Vgl.  Zauner  L  c.  227-228. 


474  Kleine  Mittbeilnngen. 

Ist  die  maynung,  es  hat  nyeman  bass  gewist  und  erkennt  den 
Trsprung  des  ynwillens  vnd  zwitracht,  als  sejne  kays.  m.  selbe,  wie 
vnd  wanunb  er  sich  erhebt  hat  zwischen  seiner  m.  ynd  der  kirchen. 
Danunb  sein  kays.  m.  ayn  gewissen  gehabt  rnd  nye  im  willen,  die 
gueter  zu  behalten,  sunder  ymb  ayne  sum  g^Utz,  die  sein  kays.  m. 
ye  gros  ye  klain  hat  bestimbt,  widergeben;  ynd  oft  gen  Born  ge- 
schickt vmb  erlaubnoss  und  absolucion,  darumb  vnnser  heiliger  vater 
der  babst  Innocenzius  der  Acht  mir  entphalh,  seiner  kays.  m.  ynder- 
richtung  zu  thun,  das  zu  melden  alhie  yil  Schreibens  nemb. 

Item  ob  sein  kays.  m.  auf  dem  willen  werr  beliben,  aine  som 
geltz  zu  nemen,  so  wer  doch  yilleicht  das  gellt  aussgeben  zw  klainem 
nutz  Tnd  loblicher  gedechtnuss,  vnd  doch  sein  kays.  m.  ain  vogt  was 
der  cristenlichen  kirchen.  Darumb  hat  sein  kays.  m.  zw  hertzen  ge- 
nomen  in  seiner  busswertigkait  den  lob  gottes  vnd  seiner  liben  mater 
vnd  aller  heiligen  etc.,  vnd  allen  ynwillen  vnd  räch  geopfifert  seiner 
gotlichen  barmhertzigkait,  vnd  die  gueter  in  den  yetz  kri^^slewfien 
von  den  kirchen  enpfrembt  lautter  durch  gottes  willen  seiner  seil 
haill  und  loblicher  gedechtnuss  wider  geben  helffen  vnd  raten  die 
von  anndem  auch  widergeben  wurden  mit  solher  Ordnung  hienoch 
begriffen;  doch  die  ho£Ehung  vermaynd  im  seyn  gnad  zubehalten  mit 
froglichait  der  kirchen  oder  prelaten  als  seyn  kays.  m.  all  sein  tag 
ain  liebhaber  goÜichsdienst  ist  gewesen,  ain  gnetiger,  milder,  genadiger 
vnd  barmhertziger  kayser,  das  diess  auch  on  seinem  endt  erseheyniien 
mocht  vnd  nit  yn  vergessen  kam  mit  dem  thon  der  glocken,  sonnder 
in  ewig  gedachtnuss  mocht  komen  zu  besserung  vnd  gutten  exempel 
dem  gantzen  reich  nnd  cristenhait,  auch  zw  hoher  eren  seinem  aller- 
liebsten sun,  der  kun.  m.  etc.  Was  gen  Salzburg  gehord,  wollt  er 
dem  8ti£ft  zw  Salzburg  widergeben,  vnd  was  gein  Passaw,  dem  stüt 
zw  Passaw  etc.,  also  das  man  seiner  kays.  m.  jarlich  ewigUich  etiidi 
jartag  mit  herrlicher  solemnitet  seiner  m.  vorfam  vnd  nachkomen 
gedachtnuss  solt  hallten  zw  Salzburg  vnd  Passaw. 

Item  als  sein  kays.  m.  vnnserem  heiligen  vater  dem  babst  Biolo 
zusagt,  das  er  wollt  dem  stift  Passaw  ain  Widerlegung  thun,  so  ain 
bistumb  zw  Wienn  wurd,  so  nun  kain  Widerlegung  ist  beschehen\\ 
kan  mit  guter  gewissen  das  bistumb  zw  Wienn  hard>)  beleiben  oder 


*)  Von  dieser  Entfich&digungt  von  der  sonst  nichts  verlautet,  weiss  nameat- 
lieh  auch  die  Bestätigungsbulle  P.  Paul  II.  (zuletzt  bei  Weiss,  Gfreschicbtsquelles 
der  Stadt  Wien  II.  (Wien  1870),  108  ff.)  nichts;  sie  könnte  aber  auf  mOndückc 
Abmachung  zwischen  Kaiser  und  Papst  zurückgehen.  Uebrigene  war  nach  eia^r 
Meldung  des  Berichtes  ein  Bote  nach  Born,  vielleicht  auch  in  dieaer  Angelegen- 
heit, unterwegs.        »)  hard  =  hart,  gleich  »kaum*,  »schwerlich«. 


Aus  den  letzten  Tagen  Kaiser  Friedrich  III.  475 

sejD,  hat  sein  kays.  m.  also  wellen,  das  der  yetz  bischofP,  probst  ynd 
dechannt  yr  zyns  vnd  guUt,  als  sie  yetz  haben,  ir  lebtagen  bebiellten 
vnd  die  herlikait  vnd  geistlichkait  bischofflichs  rechten  wider  gen 
Psssaw  vnd  ewr  kun.  m.  die  lehennsrecht  wie  vor  zügehord.  Vnd 
der  entgegen  solt  der  von  Passaw  officiall  jarlich  an  dem  tag  seiner  ' 
jarzeit  seine  briesterschaft  berueffen,  so  will^)  in  ain  sinodum  ge- 
wonlich  komen  sollen  vnd  mugen,  vnd  zwen  tag  mit  Tigilüs  selambt, 
ampter  vnd  messen  hochzeitlieh  sein  jartag  mit  den  geynpfifelten  pre- 
laten  ewigklich  begeen,  die  vnnder  ym  sein.  Vnd  das  die  kon.  m. 
die  korherm  zw  sannd  Steffan  bey  ir  herkomenden  zynsen,  proyenten, 
wie  vor  alter  sy  begabt  sein  von  den  fdrsten  von  Osterreich,  ynd 
priuilegi  handhabt;  dessgleichen  die  coUegiaten  vnd  hoheschul  hye 
zw  Wienn,  ab  seyn  kun.  m.  auss  seinem  gutenn  willen  es  nit  wolt 
besseren. 

Der  dritt,  ,  das  ewr  gnad  ynnserm  genedigisten  herm  dem  kunig 
zwischen  ewnü  vnd  seynem  alleya  als  ewrm  ainigen  sim  ewr  gehaym. 
Tnd  was  ewr  gnad  biet,  o£Pennbartt,  das  sein  gnad  das  gewiss  weer 
vnd  nit  not  heet  wider  zu  fragen  *  >) : 

Ist  die  maynung,  es  soll  sich  ayn  yetweder  peichtvatter  in  der 
peicht  besserlich  hallten  vnd  meyden  frag,  die  sein  peichtkind  mochten 
argem.  Die  weil  aber  die  kays.  m.  hoher  ynd  grosser  weishait  ist 
gewesenn,  bald-  ynd  hochyerstandig  ynd  merckig,  hab  ich  müssen 
ausserhalb  der  peicht  mit  dem  artikel  in  solher  gestallt  an  seyn  kays. 
gnad  komen,  das  seyn  kays.  m.  nit  in  ybel  merckt.  Vnd  [damit]  ewr 
k.  m.  ain  war  wissen  het,  auch  das  die  obbemelten  stuck  und  nach- 
komenden  dester  bass  yerricht  vnd  aussgericht  wurden,  so  sye  mit 
ewr  kun.  m.  wissen  vnd  willen  wurden  beschehen,  hat  sein  kays.  m. 
geantwurt:  er  hab  nicht  gross  oder  verborgener  schätz,  das  mag 
ich  aus  dem  ersten  artigkel  mercken,  aber  das,  das  er  hab,  woU  er 
also  Orden,  das  es  ewm  gnaden  nit  verborgen  sol  bleiben,  ynd  wol 
mit  ewr  k.  m.  selbs  douon  reden. 

Der  vierd:  «vnd  so  ewr  gnad  die  bemelten  stuckh  mit  aynem 
ordenlichen  gescheft  hat  aussgericht,  wirt  ewr  gnad  yn  gotlichen 
segen  ewr  Sachen  beschliessen'^):  Hat  geantwurd  sein  kays.  m.,  er  sey 
nit  genaigt  zu  schaffen;  dan  so  er  wenig  schieff,  mocht  yemantz 
dauon  sich  ergem ;  schieff  er  dann  vill,  mocht  ewr  kun.  m.  vieleichter 
nit  ain  gantz  gefallen  haben.  Aber  das  begert  sein  kays.  m»  vnd 
wer  sein  will,  das  ewr  kun.  m.  die  priesterschaft,  die  geistlichen 
klosterleid   bey  iren  stifften,  alten  herkomen,  fi^ihaitten,  gotzgaben 


0  Viele.        *)  Ist  die  directe  Frage  des  Beichtvaters  an  den  Kaiser. 


476  Kleine  Mittbeilungen. 

Tnd  almüsen,  als  sie  die  haben  von  den  forsten  von  .Österreich  in 
im  stifften,  lassen  beleiben  vnd  hanthallten  vnd  der  gotzdienst  durch 
solchs  nit  gemyndert  werd,  vnd  sprach  dabey  sein  kays.  m«:  «so 
vnnser  sonn  das  also  hallt,  hoff  wir,  das  wir  ain  gross  gescheft  Üuui 
haben,  vnd  es  wirt  die  geistlichait  got  trulich  für  vns  bitten  etc' 

Item  von  den  stachen,  als  ewr  kun.  m.  daznmalln  mit  mir  red, 
hat  ewr  kun.  m.  auss  den  vorgeschriben  ynderrichtnng  in  etiidien. 

Item  von  dem  stuckh,  ob  yemands  von  seinen  väterlichen  erb 
wer  komen  etc.,  sprach  sein  kays.  m.,  das  das  sein  wUl  werr,  man 
sollt  dem,  den  ich  ewrn  gnaden  genent  hab,  sein  yaterlichs  erb  geben, 
vnd  ob  seyn  kays.  m.  ye  ynderricht  wer,  dadurch  yemands,  es  wer 
geistlich  oder  werdlich,  ymbillich  von  dem  seinen  wer  komen,  vnd 
begert,  das  ewr  kun.  m.  denselben  furderlich  lies  recht  gen,  domit 
zw  dem  irenn  mochten  komen;  vnd  ob  im  got  lenger  das  [leben] 
lies  vnd  gesund  geh,  wolt  sein  kays.  gnad  das  recht  forderlich  offen 
eynem  yeden  vnd  ayn  Ordnung  machen,  damit  arm  vnd  reich  mit  dem 
rechten  gefudert  wurd.  Vnd  dabey  sagt  sein  kays.  m.  schone  ynder- 
richtung,  die  ewrn  kun.  m.  gut  wemn  zu  wissen. 

Item  von  wegen  der  Juden  antword  sein  kays.  m.,  er  wer  dee 
heiligen  reichs  haubt  vnd  solt  die  haben.  Aber  dem  grossen  &lsch, 
dem  wer  sein  gnad  alzeit  veind,  wer  mit  dem  vmbgieng,  es  wer  cristen 
oder  Juden.  Vnd  also  wie  sein  kays.  m.  in  rat  wurd  binden,  domit 
man  in  wenden  mocht  vnd  straffen  in  Juden  ynd  cristen,  wolt  sein 
kays.  m.  trulich  thun^). 

Item  das  ewr  kun.  m.  euch  seine  dienner  ynd  capellan  liessen 
beyolhenn  sein. 

Item  als  dan  ewr  kun.  m.  mit  hoher  erkanntnuss  ynd  vil  hoher 
gotlicher  genaden  begabt  ist,  hat  seyn  kays.  gnad  seine  yaterliche 
trew  ewr  kun.  m.  zuerkennen  beyolhen  ynd  sein  liebe  seel,  ynd  was 
ewr  kun.  m.  in  den  obbemelten  stucken  meer  wollt  thun,  das  stand 
zw  ewrn  kun.  m*«". 

Allergenadigister  kunig !  Also  hab  ich  aynfalltigklich  aus  grossem 
yertrawn  ewr  kun.  m.  zuerkennen  geben,  so  yil  mir  die  kays.  m., 
ewer  kun.  m.  yatter  ynd  allergenadigister  herr,  seines  willens  ynd 
gescheft  hat  gesagt,  in  hofihung,   ewr  kun.  m.  mir  das  in  genaden 


*)  Diesem  Grundsatz  schöner  Duldung,  dem  der  Kaiser  zeitlebens  trea  Uieb 
(Man  Tgl.  Ebendorfer,  Chron.  Austriac.  898  ff.  gegen  Chmel,  Material,  zur  Getcb. 
K.  Friedrich  IV.,  184-185,  198  ff.,  und  Copeybuch  177-182,  188,  192  usw.),  hat 
bekannüich  Max  L  nicht  gehuldigt.  Vgl.  z.  B.  den  »Brieff  yon  ausstreibung  der 
Jüdischhait  auss  Steyer«  1496,  was  deren  Vertreibung  auch  aus  dem  Sah- 
burgrischen  einleitete. 


Das  päpetliche  Atohir  unter  Calixt  ItL  477 

aufhemb,  angeBehen,  das  ich  vor  got  ynd  vor  den  menschen  schuldig 
bin,  seiner  kays.  m.  haill  helfiPen  ynd  ratten  zu  suchen  vnd  durch 
ewr  kun.  m.  durch  die  obbemelten  [stuckh]  an  ewm  erblichen  guetem 
kain  schad  beschiechtvvns  (sie!),  was  gotUch  ynd  billich  ist,  beschiecht,  der 
kays.  m.  grosslich  in  jener  wellt  geholffen  ynd  getrost,  got  geert  ynd 
gelobt,  derselben  kays.  m.  ynd  ewr  kun.  m.  hier  in  diser  weit  zw 
ewigen  zeitten  gedacht  ynd  gelobt  ynd  geert  werden  ynd  yedem  das 
sein  gebeiL 

Item  so  ewr  kun.  m.  das  also  yeryolgt,  hat  kain  kayser  oder 
kunig  in  yillen  jam  doch  yon  kaiser  Hainrichs  zeitten  ym  solh  ge- 
scheit ynd  gedachtnuss  gemacht  oü  schaden  seiner  erbgüter  ynd  mit 
80  grossem  yerdienn  gegen  dem  almechtigen  got,  als  ewr  kun.  m. 
ewm  gnaden  selbs  ynd  ewrm  liebsten  yater  machet.  Vnd  darumb 
ob  ymands  ewrn  Inin.  gnaden  annders  wollt  ratten,  yerstet  ewr  kun.  m. 
selber  woll,  das  diess  der  besser  ynd  scheinst  weg  ist  zw  der  seein 
hayll  ynnsers  gnedigisten  herrn,  ynd  ewr  kun.  m.  lob  ym  grossen 
daiion  erspringi 

Item  als  sein  kays.  m.  an  seinen  letzten  zeitten  nach  mir  ge- 
schieht heet,  ynd  mir  der  bot  spat  kom  ynd  der  peichtyater,  der  zw 
seiner  kays.  m.  beruft  ward,  seyn  gnad  fraget,  wie  es  seyn  kays. 
gnad  mit  den  kirchen  guettem  wolt  hallten,  antwurt  sein  kays.  m. 
in  lateyn:  Conmisimus  totum  episcopo,  nostro  confessori,  et  quicquid 
filius  noster  et  ipse  fecerit,  illa  est  nostra  ultima  yoluntas^). 

1)  Collationata  et  auscultata  est  presens  copia  per  me  Jo- 
hannem  Murawr  publicum  notarium  et  concordat  per  omnia  cum 
suo  originali;  in  cuius  rei  testimonium  hie  me  manu  propria 
subscripsi  Ita  est  Johannes 

Murawr,  publicus  notarius. 
Prag.  Adolf  Bachmann. 

Bm  ^pstliehe  IrehiT  unter  Cllixt  DI.  In  Folge  der  liberalen  Eröffnung 
der  päpstlichen  Archiye  durch  den  gegenwärtigen  Papst  Leo  XIII. 
neerden  in  Kürze  die  Nachrichten  der  neueren  Forscher  über  das 
papstliche  Archiy,  welche  erst  aus  zweiter  Hand  schöpften,  durch  die 
neuesten  Berichte  und  Untersuchungen  der  an  Ort  und  Stelle  arbei- 
tenden Forscher  überholt  und  antiquirt  sein,  nicht  so  aber  die  An- 
gaben älterer  Berichterstatter,  weil  das  päpstliche  Archiy  durch  yer- 
schiedene  Eingriffe  bis  in  unser  Jahrhundert;]hinein  mancherlei  Schick- 
sale und  Einbussen  erlitten  hat  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
betrachtet,  dürfte  das  folgende  Schreiben  Oiacomo  Lombardi's,  del 
consejo  de  Sa  Magestad  cesarea  in  Rom,  einiges  Interesse  umsomehr 


478  Kotigen. 

erwecken,  als  der  Verfasser  desselben,  nach  der  richtigen  Eintheilimg 
des  päpstlichen  Schriftwesens,  der  zutreffenden  Schilderung  der  Schrift 
und  der  Einthjdilung  der  päpstlichen  Register  zu  schliessen,  gut  unter- 
richtet und  gkubwürdig  erscheint  Das  Schreiben  ist  an  Johann 
Adolf  Grafen  zu  Schwarzenberg  gerichtet  und  betrifft  den  Prooess, 
den  dieses  Geschlecht  mit  den  illegitimen  Freiherren  gleichen  Namens 
führte.  Die  fragliche  Bulle  Calixt's  III.  ist  bisher  nicht  bekannt  ge- 
worden, es  wäre  denn,  dass  sie  mit  der  BuUe  Innocenz^  VIIL  Tom 
20.  Februar  1486  verwechselt  würde. 

Eccellentissimo  signore. 

Gon  molte  diligenze  fatte  non  si  troYO  sin'ora  in  questi  arduTÜ 
alcuna  scrittura  concernente  le  differenze  gia  qui  agitate  si  fra  signori 
conti  e  baroni  di  Schuuarzemberg,  sendosi  particolarmente  ricercato 
secondo  la  nota  da  Y^  Eccellenza  mandatami  negl'  atti  del  pontiffcato 
di  Calisto  terzo.  EgPe  ben  perö  Tero,  che  non  tutte  le  scritture  di 
questi  tempi  sono  esposte  al  publico,  perciöche  molte  di  esse  si  con- 
servano  in  castel  Sant  Angelo,  dove  sotto  Clemente  settimo  trana- 
portate  farono,  n^  qui  yi  facilmente  si  lasciano  yedere;  mä  qoando 
anco  per  gracia  speciale  ciö  s'  ottenga,  bisogna  per  rinTenir*  una  materis 
uoltra  quaranta  libri  del  registro  publico  di  quatrocento  fogli  Tuno, 
che  sono  senza  rubricella  et  di  carattere  scabroso,  oltre  a  di?er8i 
altri  libri  di  spedizioni  secrete,  staute  ch'in  piü  modi  suole  Santa  Sede 
Apostolica  in  casi  simili  spedire  le  grazie.  Onde  perch^  sarebbe 
necessario  teuer  qualche  tempo  impiegati  alcuni  huomim  pratüci 
delle  littere  e  caratteri  antichi  con  spesa  di  vinticinque  o  trenta  scati 
e  senza  certezza  di  troyar  finalmente  quello,  che  Y^  Eccellenza  de- 
sidera.  Stimai  bene  di  sentirne  prima  la  Sua  yolonta  e  desideroso 
d^haver  sempre,  in  che  ubidirla,  resto 

di  y^  Eccellenza 

umilissimo  et  obligatissimo  seryitore 
Giacomo  Lombardi  m/p. 

Borna,  20  Giugno  1665. 

Franz  MareS. 

lotJMB«  Eingehende  Beachtung  verdient  die  Abhandlung  von 
C.  Bodenberg  über  die  Begister  Honorius  IIL,  Gregor  IX. 
und  Innocenz  IV.  (Neues  Archiv  10,  509 — 578),  in  welcher  der 
Verfasser  .jene  Fragen,  welche  den  Historiker,  der  die  Begesten  ak 
Geschicbtsquellen  benutzt,  besonders  interessiren  müssen*,  erörtert 
B.  operirt  allerdings  mit  einem  trotz  der  Beschränkung  des  Themas  aol^ 
die  historische  Glaubwürdigkeit  der  Eintragungen  fbr  manche  Funkte 


Notizen.  47d 

• 

ganz  unzulänglichen  Material,  da  er  nur  den  in  Paris  befindlichen  Band 
der  Begister  Innocenz  IV.  aus  Autopsie  kennt,   im  übrigen   sich  auf 
die  PuUication  der  Begister  Innocenz  IV.  durch  Berger  und  auf  die 
vom  Verfuser  selbst  in  der  Sammlung  der  Mon.  Germ.,  jedoch  nach 
den  Yor  mehr  als  60  Jahren  gefertigten  Abschriften  Pertzens  aus  den 
papstlichen  Begistern  herausgegebenen   Papstbriefe   und   auf  Ealten- 
brunners  B5mische  Studien  I.  (Mitth.  Band  V)   stützt.    Das  betrifiR; 
gerade  auch  die  Frage  der  Begistrirung  nach  Original   oder  Concept. 
Als  gewöhnlichste  Quelle  der  Eintragungen  in  das  Begister  betrachtet 
B,,  wie  er  schon  in  der  Einleitung  zum  ersten  Band  der  ^Epistolae 
pont'  kürzer  ausgeführt  hatte,  die  Concepte.     Die  dafür  geltend  ge- 
machten Oründe  sind  Ton  sehr  ungleicher  Beweiskraft,  yerschiedene 
aus  dieser  Sachlage  gefolgerte  Erscheinungen  lassen  mindestens  ebenso 
gut  eine  andere  Erklärung  zu,  manche  aber  scheinen,  so  wie  sie  yor- 
getragen  sind,  allerdings  ausschlaggebend  für  die  Ansicht  des  Ver- 
fiissers  zu  sprechen,  so  namentlich  der  Nachweis,  dass  öfters  die  Oe- 
staltung  des  Textes,  die  Anführung   unpassender  Adressen  nur  aus 
Vorlage  des  Gonceptes  entstanden  sein  kann.    Doch  ist  die  materielle 
Bichtigkeit  vieler  angeführter  Momente  durch  den  Aufsatz  Denifle^s, 
Die  päpstL  Begisterbände  des   13.  Jahrh.  (in  dessen  Archiv  2,   51. 
64  ff.  68)  so  sehr  erschüttert  worden,  dass  diese  Beweisführung  noth- 
wendig  revidirt  werden  muss.  Um  so  mehr,  als  D.  gewichtige  Gründe 
für  die  Existenz  ursprünglicherer  vollständiger  Begister  angibt   Doch 
schliesst  B.  Begistrirung  nach  dem  Original  nicht  ganz  aus,  betrachtet 
sie  f&r  gewisse  ürkundenarten,   wie   Insertionen,  als  von  jeher  ge- 
brauchlich,  glaubt,  dass  sie   seit  Innocenz  IV.  auch  sonst  häufiger 
werde.  Sollte  aber  wirklich  ursprünglich  Begistrirung  nach  dem  Goneept 
Begel  gewesen  sein,  so  ist  es  eine  im  allgemeinen  gewiss  acceptable 
Vermuthung,   dass  der  Gebrauch  nach  dem  Or.  zu  registriren,  Hand 
in  Hand  gegangea  sei  mit  der  wachsenden  Bedeutung  des  Begisters 
auch  f&r  die  Parteien,  d.  h.  mit  der  Zunahme  der  Privilegien  und  der 
damit  in  Verbindung  stehenden  Actenstücke,    welche  ja  auch  eine 
andre  Entstehungsgeschichte  haben,  als  die  eigentlichen  Geschäfts- 
briefe der  Curie.    B.  nimmt  an,   dass   unter  Innocenz  IV.  verordnet 
worden  sei,   die  die  Curie  nicht  interessirenden  Privilegien  nur  mehr 
gegen  Taxe  und  unter  Vorlage  des  Originals  ins  Begister  einzutragen. 
In  der  Praxis  der  späteren  Zeit  findet  letztere  Annahme  allerdings 
keine  Bestätigung.    Es  ist  nicht  richtig,  wenn  im  N.  Archiv  11,  212 
mit  Beziehung  auf  meine  ,  Bullenregister  Martin  V.  und  Eugen  IV.* 
auch  für  das  15.  Jahrh.  der  Gesichtspunkt  hingestellt  wird,  die  verschieden- 
artige Begistrirung  sei  von  Taxzahlung  oder  Eintragung  im  Interesse 


48Ö  l^otizeti. 

der  Curie  abhängig  gewesen.  Vielmehr  kam  es  da,  soweit  nickt  aus« 
nahmsweise  ganz  besondere  Verhältnisse  hineinspielten,  nur  auf  den 
Gang  und  die  Art  der  Expedition  an:  für  Litterae  de  curia,  welche 
sub  plumbo  und  offen  erlassen  wurden,  galt  als  (in  der  Begel  auch 
beobachtete)  Vorschrift  Registrirung  nach  dem  Original,  f&r  Breven 
und  überhaupt  für  Litterae  clausae  beliebte  man  Registrirung 
nach  dem  Goncepi  Dass  neben  den  Goncepten  oft  auch  noch  die 
Gonsistorialprotocolle  direct  f&r  die  Registrirung  namentlich  der  Adresse 
und  Datirung  verwendet  worden  seien,  wie  R.  zu  erweisen  sucht, 
scheint  doch  sehr  zweifelhaft;  betont  K  sicher  mit  Recht,  dass  es 
sich  bei  der  Registrirung  in  erster  Linie  um  Fixirung  des  Inhalten 
gehandelt  habe,  so  ist  nicht  einzusehen,  warum  man  Dinge  hatte 
au&ehmen  sollen,  die  nicht  schon  für  den  Ingrossator,  wenn  auch 
flüchtig  und  abgekürzt,  auf  dem  Goncept  yermerkt  waren.  Werth?oll 
sind  die  Ausführungen  über  die  Bedeutung  des  Datums,  das  meist 
auf  den  Zeitpunkt  der  Genehmigung  des  Gonc^tes,  resp.  bei  den 
Litt,  communes  ^uf  den  Beurkundungsbefehl ,  vereinzelt  auch  auf 
späteren  Zeitpunkt  zu  beziehen  ist;  Briefe  mit  dem  Verweise  , Datum 
ut  supra',  «In  eundem  modum*  brauchen  nicht  genau  dasselbe  Datum 
zu  tragen,  wie  das  Stück,  auf  welches  sich  bezogen  ist  Ebenso 
wichtig  ist  der  Nachweis,  dass  vielfach  Mandate  erlassen  and  an  den 
päpstlichen  Agenten  oder  an  den  Petenten  ausgehändigt  wurden, 
welche  nur  eventuell  dem  Adressaten  zu  übergeben  waren,  ohne  daaa 
aber  dieser  Sachlage  auch  nur  mit  einer  Silbe  im  Briefe  gedacht  wäre. 
R.  erkennt  den  Registern  eine  sehr  hohe  Glaubwürdigkeit  zu  sowohl 
hinsichtlich  der  Quelle  der  Eintragung  als  der  Genauigkeit  und  Zu- 
verlässigkeit der  Copien.  E.  v.  0. 

Im  Archivio  storico  per  le  province  Napoletane  X,  761 — 790, 
berichtet  B.  Gapasso,  Director  des  Staatsarchivs  zu  Neapel,  über  vier 
neue  Bände  angiovinischer  Register,  die  vor  Kurzem  aus 
Quatemionen  und  einzelnen  Blättern  zusammengestellt  wurden.  Diese 
losen  Registerfragmente,  welche  sich  in  drei  umfiEuigreichen,  bisher 
nicht  beachteten  Actenfascikeln  befanden,  sind,  wie  Gapasso  nach  ein- 
gehender Untersuchung  zeigt,  Ueberreste  der  bei  dem  Aufstande  von 
1701  verbrannten  Registerbände.  Diese  Fragmente,  sowie  auch  einzelne 
Blätter,  die  später  aus  den  erhaltenen  Bänden  herausfielen  und  nicht 
mehr  eingelegt  worden  sind,  wurden  lange  Zeit  wie  Einzelurkunden 
und  Acte  behandelt  und  erst  zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  in 
12  Bänden  vereinigt,  die  in  die  alte  Registerserie  eingereiht  wurden: 
blos  jene  drei  Fascikel  blieben  noch  übrig  und  aus  diesen  wurden 
nun  vier  neue  Bände  gebildet    Der  Index,  den  Gapasao  nach  dem 


Notizen«  481 

Muster  des  bereits  vollendeten  Inventars  der  bisherigen  377  Bande 
anlegen  liess  und  von  dem  ein  Theil  als  Beilage  abgedruckt  ist,  enir 
spricht  ganz  der  natürlichen  Anlage  der  Begister  und  zeichnet  sich 
auch  durch  eingehende  Berücksiclitigung  der  f&r  die  Begistrirung  oder  f&r 
die  Geschichte  der  Begister  widitigen  Noten  und  Vermerke  aus.       F. 

Das  Germanische  Museum  zu  Nürnberg  erwarb  nach  den. 
Berichten  des  .Anzeigers*  iin  Jahre   1884  wieder  eine  beträcht- 
liche Anzahl  von  Urkunden,  daninter    auch  ältere  Ejdserurkunden 
(1884  no  6.  7  S.  98):  von  Otto   I.  für  Essen  von  978  (unbekannt, 
wenn  nicht  Otto  IL  Stumpf  n»  597),    von  Otto  III.  von  991   für 
S.    Clement    in    Metz    (St.  n«  943),    von    Heinrich    IV.   für  Theo- 
dorich    von    Verdun    von    1057    (uned.  ?) ,    von    Friedrich    L    für 
Kloster  Offenbach   ohne  Jahr  (St.  4530  oder  unedirt?),  von  Hein- 
rich VL  für  S.  Arnulf  in  Metz  von  1193  (Si  4808),  von  Eonig  Hein- 
rich (Vn.)  für  EL  Eönigsbrück  (Böhmer -Ficker  n»  4075),  von  Bu- 
dolf  I.  für  Eloster  Offenbach  von    1273    (fehlt  bei  Böhmer),   von 
Albrecht  I.  für  Bisch.  Gerhard  von  Metz  von   1299   (Böhmer  Beg. 
Albr.  no  137),  von  Heinrich  VII.  für  EL  Eönigsbrück  von  1309  (Böhmer 
Beg.  H.  VII.  no53  oder  54?)  —  ferner  Fapsturkunden  (n«  11.  12  S.  151) 
von  Benedict  IX.  für  EL  Brondoli   von  1044  (fehlt  bei  Jaffe),  von 
Clemens  lü.  für  den  Bischof  von  Worms  von  1189  (fehlt  bei  Jaffe)», 
von  Coelestin  IIL  für  Probst  Sigfried  von  S.  Martin  zu  Worms  von 
1192  (Jaffe  ed.  I.  n^  10,387),  von  Honorius  III.  für  das  EL  Bamosa 
von  1227  (Potthast  n^  7678),  von  Gregor  IX.  Privilegienbestatigung 
für  Eloster  Brondolo  und  Intimirung  derselben   an  den  Patr.  von 
Grado  von  1230  (fehlt  bei  Potthast),  von  Martin  IV.  für  das  Eloster 
Dalen   von   1281   (fehlt  gleichfalls  bei  Potthast).    —   Einige  Erläu- 
terungen über  diese  Papstnrkunden,   namentlich  die  älteste,  von  der 
auch  ein  Facsimile  des.  Schlusses  beigegeben  wurde,  gab  Wattenbach 
in  den  , Mittheilungen  des  Germ.  Museums'  1885,  S.  146  ff.;  ferner 
nebst  Abdruck  der   B.   Benedict  IX. ,   der  Schu^briefe  Friedrich  I. 
und  Heinrich  VI.  für  das  gleiche  Eloster  (im  Verzeichnis  nicht  er- 
iw^ähnt)  und  anderer  Urkunden  im  Neuen  Archiv  11, 389 — 399.  —  Nr.  20 
des   Anzeigers  von   1885  kann  schon  wieder  über  Erwerbung  von 
76    Pergamenturkunden  von   1360 — 1738,  darunter  Eaiserurkunden 
y^an  Friedrich  III.,  päpstliche  von  Eugen  IV.,  berichten.     Leider  ist 
die  Identität  dieser  Urkunden  nach  den  Angaben  des  , Anzeigers'  oft 
sebwer  festzustellen.    Wir  ersuchen  die  Bedaction  desselben  im  Namen 
aller  Geschichtsforscher  dringend,   bei  alteren  und  wichtigeren   ür<* 
Icixuden  auch  den  Tag  und,  soweit  Begesten  existiren,  auch  die  be- 
treffende  Nummer   derselben   anzuführen,    ebenso,    dass   bestimmter 

MitÜkeUanfen  VIL  81 


482  Notizen. 

gesagt  \«arde,  ob  die  Neuerwerbungen  aus  Originalen  oder  Copien 
bestellen;  aus  der  Angabe  des  Schreibstoffes  allein  ist  meist  nocb 
kei^  Sehluss  zu  ziehen.  —  Im  Oansen  umfassen  nach  einer  S.  132 
gegebenen  Zusammenstellung  die  Sammlungen  des  Germ.  Huseums 
circa  8000  Pergament-,  2500  Papierurkunden,  160  Gopialbücher,  Re- 
gister und  ähnL,  2000  Fascikel  Acten,  ohne  die  daselbst  deponirten 
oder  auch  Yon  der  Anstalt  kauflich  erworbenen  zusammengehörigen 
Archivbestande  von  Nürnberger  Familien^  yon  der  Stadt  Windsheim, 
Schloss  Bodeneck  in  Tirol  usw.,  welche  ebenfalls  die  Summe  der 
früher  au%ezählten  Bestände  erreichen  dürften.  Fürwahr  ein  glän- 
zender Beweis  f&r  die  Umsicht  und  Einsicht,  mit  welcher  dieses 
Nationalinstitut  geleitet  wird,  das  schon  so  viele  werth volle  Monn- 
mente  dem  Verderben  entrissen  und  wissenschaftlicher  Yerwerthong 
zugänglich  gemacht  hat.  K  v.  0. 

In   den   Annalen   des   historischen   Vereines  für  den 
Niederrhein,  insbesondere  für  die  alte  ErzdiScese  Köln 
1884,  Heft  41   (Heft  40  soll  erst  1885  erscheinen!)  publidrt  S.  72 
bis  108  L.  Eorth  als  Muster  der  von  der  Gesellschaft  f&r  Bheinische 
Geschichtskunde  aufgestellten  Grundsätze  für  ürkundenedition  (vergL 
MittheiL  5,  457)  eine  Beihe  von  Papst-,  Eaiser-,  Bischofs-  und  anderen 
Privaturkunden  aus  dem  12.  bis  15.  Jahrh.   unter  den  Papstorkunden 
findet  sich  kein  Ineditum,  insofeme  die  ausgewählten  Bullen  Alexan- 
der III.,  Goelestin  UL,  Innocenz  III.,  IV.,  Alexander  IV.  alle  schon 
im  3.  Heft  der  Mittheil,  des  Kölner  Stadtarchives  verzeichnet  sind, 
dagegen  finden  sich  ungedmckte  Briefe  Albrechts  I.   an  I>ortmand 
(1292  Dec  2),   Ludwigs   des  Baiem  ftir  den  Grafen   Gottfried  von 
Arnsberg  (1846  Dec.  12,  die  nackte  Notiz  «Auf  der  Innenseite  rechts 
Signatur  des  Kanzlers  *  reizt  den  Diplomatiker,  ohne  ihn  nur  im  ge- 
ringsten zu  befriedigen);   interessant  ist  die  Einladung,   welche  die 
Stadt  Köln  am  8.  Febr.  1480  an  Aerzte  ergehen  lässt,  der  Obdudion 
eines  hinzurichtenden  Verbrechers  beizuwohnen.   —  Im  selben  Hefte 
folgt  ein  für  Galturgeschichte  anziehender  Aufeatz  von  H.  Cardauns 
«Ein  Kölner  Bürgerhaus  aus  dem  16.  Jahrh.*,  auf  Grund- 
lage eines  1519  anlässlich  Todesfalles  angenommenen  Inventars  einer 
wohlhabenden  Bflrger&milie.   —  Das  42.   Heft  enthält  die  Ausgabe 
des  »Botulus  der  Stadt  Andernach  von  1173  — 125«"  von 
Hoeniger,  einer  4,4  Meter  langen,  auf  beiden  Seiten  beschriebenen 
Pergamentrolle,   auf  welcher  die  von  den  Bürgern  in  ihren  privaten 
Bechtsgeschäften  aufgerichteten  Urkunden  eingeiragen  sind.     Ausser 
Köln  reicht  nur  dieser  Andemacher  Botulus  bis  ins  12.  Jahrh.  aurQok. 
was  ihm  natürlich  besondern  Werth  verleiht  E.  v.  0. 


Notizen.  483 

0.  Lehmanii,  Das  tironische  Psalterium  der  Wo'lfen- 
büttler  Bibliothek,  Leipzig  1885,  8»,  IV,  208  S.  Text';  122  S, 
tironische  Tafeln.  Der  Herausgeber  handelt  in  der  Einleitung  über 
die  Handschriften  des  tironischen  Fsalteriums,  dann  speciell  über  die 
Oraphik  und  Bedeutung  des  Wol|enbüttler  Codex,  gibt  ein  Verzeich- 
niss  der  besprochenen  Koten;  die  Wiedergabe  der  Noten  geschah 
wegen  des  Kostenpunktes  auf  autographischem  Wege.  Das  Werk 
bildet  eine  Bereicherung  der  tironischen  Literatur. 


In  der  Miscellanea  di  paleografia  e  diplomatica  XI  (Arch.  stör. 
ital  16,  284)  erörtert  Gesare  Paoli  den  phonetischen  Werth  der 
Cursivrerbindung  von  ti  in,  Documenten^  des  8.  bis  12.  Jahrh«  und 
weist  nach,  dass  dieselbe  auch  mit  z  gleichwerthig  gebraucht  wird. 


Die  neuen  Erörterungen  über  ältere  fränkische  For- 
melsammlungen von  K.  Zeumer  (Neues  Archiv  11,  313 — 358) 
besprechen  die  namentlich  von  Erusch  und  Ad.  Tardif  erhobenen  Ein- 
wände gegen  die  Zeitbestimmung  einzelner  Formelsammlungen  in  der 
Ausgabe  der  Mon.  Germ.    Einzelne  Punkte  der  Untersuchung  liefern 
dadurch  kritischen  Gewinn  auch  für  die  Geschichte   der  Merovinger. 
Z.  zeigt,  dass  die  Beziehung  der  chronologischen  Daten  der  Formulae 
Andecavenses,  auf  welche  die  Zeitbestimmung  sich  zu  stützen  hat,  auf 
Childebert  II.  durchaus  unwahrscheinlich  ist  und  auch   schon  Childe- 
bert  L  über  Angers  geherrscht,  betont  aber  selbst  die  Bedenken,  die 
sich  der  früheren  Datirung  zu  514 — 515   entgegen  stellen,   und  ver- 
weist noch  auf  die  Möglichkeit,    dass  die  Jahresangabe  auf  Inter- 
polation eines  Abschreibers  oder   üeberarbeiters  zurückzuführen    sei* 
Gegenüber  Tardif,  der  die  bisherige  Ansicht  vertritt,  dass  der  in  der 
Widmung  Marculfs  genannte  Bischof  Landerich  nur  der  um  die  Mitte 
des  7.  Jahrh.  lebende  Bischof  von  Paris  gewesen  sein  könne,  hält  Z. 
mit  Becht  die  ünwahrscheinlichkeit  dieser  Ansicht  und  die  grössere 
Wahrscheinlichkeit  seiner  Annahme,  dass  jener  Landerich  der  Bischof 
von  Meaux  gewesen,  die  Sammlung  also  jünger  sei,  aufrecht. 


Im  Jahrbuch  für  Schweizergeschichte  (X,  251 — 363, 
ZQrich  1885)  handelt  G.  v.  Wyss  in  erschöpfender  Weise  über  die 
Antiquitates  monasterii  Einsidlensis  und  denLiber  He- 
remi des  Aegidius  Tschudi.  Das  Besultat  eingehender  Unter- 
suchung der  im  Kloster  Einsiedeln  aufbewahrten  Originalhandschriften 
beider  Werke  und  der  Yergleichung  mit  den  übrigen  Quellen  ist  kurz 
folgendes.    Der  sogenannte  Liber  Heremi,  Papierhs.  von  31  BL,  zer- 

81* 


484  Notizen. 

fallt  in  2  Abtheilaugen,  die  ersten  7  Bl^  denen  allein  Tschudi  diesen 
Titel  vorgesetzt  hat,  enthalten  Materialien  f&r  Aasarbeitong  einer 
Qeschiclite  des  Elosters:  Yerzeichniss  der  Einsiedlischen  Güter,  Notizen 
über  die  Eaiserorkanden  mit  Monogrammen  und  Becognitionszeichen, 
Yollstandige  Abschrift  der  älteren  Elosterannalen  (wahrscheinlich  dem 
.  Liber  vitae  aus  dem  An&ng  des  14.  JahrL  entnommen)  und  des 
Necrologs,  das  viele  Angaben  über  Donationen  enthalt  Der  zweite 
Theü  der  Handschrift  enthält  dann  eine  erste  Verarbeitung  dieses 
Sto£fes  durch  Tschudi:  die  Donationes  Einsidlenses  sind  systematisch 
zusammengestellt,  ebenso  die  Annales,  welche  durch  Zusätze  ans  den 
übrigen  Tschudi  zugänglichen  Quellen  für  Beichsgeschichte,  für 
Schwaben  und  für  das  Bisthum  Gonstanz»  bereichert  werden;  auch  die 
auf  Einsiedeln  bezüglichen  ürkundenauszüge  sind  umfänglicher  als  in 
der  ersten  Abtheilung.  Es  ist  ein  besonderes  Verdienst  von  Wyss, 
diesen  Zuwachs  von  Nachrichten  nicht  nur  constatirt,  sondern  auch 
die  Quellen  derselben  nachgewiesen  und  damit  die  eignen  Zuthaten 
Tschudi^s  klargelegt  zu  haben.  Das  zweite  Werk  Tschudis,  die  GoUectio 
Antiquitatum,  ist  .eine  berichtigte,  durch  Aufnahme  der  wichtigsten 
Documente  des  Klosters  vervollständigte  Neubearbeitung  des  Annalen- 
Werkes',  wie  es  in  den  Ann.  Heremi  vorliegt;  daran  schUesst  sich 
als  Fortsetzung  eine  knapp  ge&sste  Geschichte  des  Klosters  in  der 
späteren  Zeit  an;  der  erste  Theil  hat  also  nur  insofern  selbständigen 
Werth,  als  der  Text  die  endgiltige  Meinung  Tschudis  oder  ihm  naek- 
träglich  bekannt  gewordene  Correcturen  seiner  früheren  Arbeit  ent- 
hält Als  Anhang  publicirt  Wyss  die  im  eigentlichen  Liber  Hereini 
(den  G.  Morell  im  Geschichtsfreund  der  fünf  Orte,  Bd.  1,  nicht  zum 
Abdruck  brachte)  enthaltenen  Annalen  und  das  Necrolog.  —  Der 
gleiche  Jahrgang  des  Jahrbuchs  enthält  ausserdem  eine  Abhandlung 
von  P.  Schweizer,  »Die  Freiheit  der  Schwyzer*  (S.  1 — 32), 
in  welchem  namentlich  die  Handfeste  Friedrich  II.  für  Schwyz  be- 
sprochen und  darauf  hingewiesen  wird,  dass  dieses  Privileg  nicht  die 
einer  Littera  protectionis  entsprechenden  feierlichen  Formen  enthalte, 
daher  nur  als  eine  gegen  Graf  Budolf  den  Schweigsamen  gerichtete 
Drohung  zu  betrachten  sei,  welche  der  Kaiser,  nachdem  sie  ihren 
Zweck  erfüllt,  jeden  Augenblick  rückgängig  machen  konnte.  —  S.  33 
bis  131  gibt  der  Bibliothekar  von  Einsiedeln,  P.  Gabriel  Meier, 
eine  .Geschichte  der  Schule  von  St  Gallen  im  Mittel- 
alter', erzählt  die  äussere  Geschichte  der  Schule,  erörtert  den  Um- 
fang und  die  Methode  des  Unterrichts.  Der  Verfasser  bezeichnet  diesen 
Aufsatz  als  Ausschnitt  seiner  Geschichte  des  deutschen  Unterrichts- 
wesens bis  zur  Mitte  des  13.  Jahrh.,   welcher  bei  der  von   der   hibt. 


Notizen.  485 

Commission  der  bair.  Akademie  der  Wissenschaften  ausgeschriebenen 
Concurrenz  das  Accessit  zuerkannt  worden  war.  E.  y.  0, 


Im  13.  Heft  der  Schriften  des  Vereines  für  Geschichte 
des  Bodensees  und  seiner  Umgebungen  (Lindau  1884)  han- 
delt F.  Vetter  über  das  St.  Georgenkloster  zu  Stein  am 
Bhein,  gibt  dabei  einzelne  Beiträge  zur  inhaltlichen  Kritik  der 
Fälschung  Stumpf  n^  1412 ,  bietet  in  bunter  Aufeinanderfolge  man- 
cherlei f&r  die  Geschichte  des  Klosters  werÜivolle  Notizen  aus  archi- 
valischen  Quellen.  Beigegeben  sind  .urkundliche  Belege'  (darunter 
auch  einzelne  Stellen  aus  Scriptores),  welche  nebst  anderen  auch 
Stumpf  no  1462,  1485,  Ficker-Böhmer  Beg.  n»  1954,  1955,  4230  (als 
angebL  Urkunde  Heinrich  III.  von  103^  Apr.  17 !),  dann  Jaffe  10167 
und  einige  spätere  Bullen  (Honorius  III. — Alexander  IV.)  enthalten. 
Wo  möglich  sind  die  Originale  zu  Grunde  gelegt  Der  Editor  hält 
sich  sklavisch  an  dieselben,  druckt  .buchstaben-  und  zeichengetreu', 
.da  eine  Begelung  der  Schreibung  bei  so  kleinen  Denkmälern  weder 
thunlich  noch  zweckdienlich  erschien.'  Dass  man  sich  über  gewisse 
Grundsätze  der  Edition  im  allgemeinen  geeint,  z.  B.  über  Anwendung 
der  Majuskeln  und  Aenderung  der  Interpunktion,  weiss  Herausgeber 
offenbar  nicht,  wie  er  ja  auch  für  Friedrich  IL  Böhmers  Begesten 
von  911 — 1313  citirt,  ganz  gewöhnliche  Beducirung  von  Tagesdaten 
aus  römischer  in  moderne  Bechnung  ausdrücklich  erklären  zu  müssen 
glaubt  und  die  Ortsform  Sibidatum  (Cividale  in  Friaul)  für  einen 
.offenbaren  Scherz  des  Verfertigers  der  Urkunde'  hält     E.  v.  0. 


In  dem  Aufisatz  Zur  Investiturfrage  nach  ungedruckten 
Schriften  Gerhoch's  von  Beichersberg  (Zeitschr.  für  kath. 
Theologie  9,  536 — 553)  publicirt  H.  Grisar  Bruchstücke  aus  Ger- 
hochs Denkschrift  an  Hadrian  IV.  und  ein  paar  Notizen  aus  dessen 
angedruckter  Schrift  De  ordine  donorum  spiritus  sancti  nach  den 
Abschriften  Scheibelbergers.  Gegen  die  beigegebenen  Ausführungen 
Orisars  replicirt  W.  Bibbeck  in  den  Forschungen  25,  556 — 561. 


Der  Gatalogus  omnium  canonicorum  reg.  Beichers-» 
borg,  a  prima  fundatione  usque  ad  annum  jubil.  1884  e  documentis 
fide  dignis  conscriptus  a  Gonrado  Meindl  decano  gibt  auf  Grund- 
li^e  der  gedruckten  und  ungedruckten  Quellen,  unter  diesen  nameüt- 
lieh  auch  handschriftlicher  Nekrologe  und  Botularien  anderer  Klöster, 


486  Notizen. 

ein  sorgfältig  zusammengestelltes  Nammensyerzeicliniss  mit  den  bio- 
graphischen Daten  aller  Stiftsmitglieder  während  des  800jährigen  Be- 
standes und  in  einem  Anhang  die  wenigen  Notizen  über  das  Yon 
Propst  Gerhoch  gegründete  Nonnenkloster. 


H.  V.  Sauerland  bespricht  im  Histor.  Jahrbuch  7,  59 — 66  die 
Handschriften  des  wichtigsten  Werkes  des  Dietrich  yon  Nieheim 
De  schismate.  Jene  auf  der  Bibl.  Barbarina  und  in  Stuttgart  sind 
nur  werthlose  neuere  Copien,  nur  der  Codex  Gothanus  geht  in  den 
Beginn  des  15.  Jahrh.  zurück.  Die  YorbemerkuDg  verzeichnet  die 
Literatur  des  letzten  Jahrzehnts  über  Dietrich  yon  Nieheim. 


Einen  werthvoUen  Beitrag  zur  Geschichte  der  deutschen  Stadte- 
yerfassung  und  Verwaltung  in  Siebenbürgen  bietet  die  Schrift  des 
Archivars  Franz  Zimmermann:  Die  Nachbarschaften  in 
Hermannstadt  (Hermannstadt  1885;  8^,  158  S.,  Sep.-Abdr.  aus 
dem  Archiv  des  Ver.  f.  siebenbürg.  Landeskunde  N.  F.  20.  Bd.).  Das 
Nachbarschaftswesen  ist  deutschen  Ursprungs:  neben  der  Eintheilung 
in  Viertel  und  Zehentschaften,  wie  sie  auch  in  Hermannstadt  auftritt 
bestand  die  Eintheilung  in  Nachbarschafben,  zunächst  genossenschaft- 
liche Vereinigungen  zur  Ausnützung  der  Feldmark ,  dann  zur  Aas- 
Übung  der  Sitten-,  Sicherheits-  und  Feuerpolizei,  welche  in  der  Folge 
zu  selbstthätigen  Körperschaften  innerhalb  der  Stadtgemeinde  mit 
bestimmten  Befugnissen  und  Rechten  erwuchsen.  Auf  Grundlage  um- 
fassenden handschriftlichen  Materials  legt  Z.  die  Eintheilung  der  Stadt 
in  Nachbarschaften,  ihre  Organisation  und  Thätigkeit  (Geldleistungen, 
'  Wachdienst,  Brunnen-  und  Feuerlöschwesen,  Stadtreinigung,  Pflasterung, 
Beleuchtung  usw.)  vom  16.  Jahrh.  bis  in  die  neueste  Zeit  eingehend 
dar«  Der  urkundliche  Anhang  enthält  53  NachbarschaftBordnongen, 
Beschlüsse .  derselben  und  Actenstücke  für  die  Zeit  von   1563 — 1861- 


Zwei  kleine  Beiträge  zur  Geschichte  der  Kalenderreform  gibt 
Baupiann  in  der  Zeitschrift  des  Vereines  für  Geschichte 
4er  Bar,  5.  Hefb,  S.  144,  146  (Donaueschingen  1885),  indem  er 
das  Mandat  des  Grafen  Heinrich  v.  Fürstenberg,  Landgrafen  in  Bar, 
vom  14.  Nov.  1582  auf  den  25.  überzugehen,  und  die  Aufi&eichnung 
einer  Nonne  von  Villingen  veröffentlicht,  wonach  das  Kloster  den 
neuen  Kalender  durch  üeberspringung  der  10  letzten  Tage  des  Oc- 
tobers  1583  in  practischen  Gebrauch  setzte. 


Literatur. 

W.  Ohnesorge,  Der  Anonymus  Valesii  de  Gonstan- 
tino.  Inaugoral- Dissertation  zur  Erlangung  der  philosophisclien 
DoctorwQrde  an  der  Universität  zu  EieL  —  Kiel,  1885,  bei  Lipsius 
and  Fischer,  112  S. 

Sine  methodiscdi  durohgef&hrte  Untersaehong,  welcher  das  Verdienst 
gebührt,  das  in  Betraoht  kommende  Material  spruohreif  vorzulegen,  Hit 
den  Besoltaten  der  Arbeit  wird  man  sich  vielfach  nicht  einverstanden  er- 
klaren können. 

In  berechtigter  Weise  werden  die  beiden  historischen  Fragmente, 
welohe  seit  H.  Yalois  den  Ausgaben  des  Ammianus  Maroellinas  angefügt 
zu  werden  pflegen,  als  nicht  zusammengehörig  hingestellt  uud  mit  Bezug 
auf  Stil  und  Haltung  der  Darstellung  als  von  einander  unabhängig  noch- 
mals erwiesen,  indem  für  das  erste  StfiLck  die  Bezeichnung  »Anonymus  de 
Constantino*  vorgeschlagen  wird.  Der  Yer&sser  handelt  sodann  über  die 
Originalitilt  und  hervorragende  Bedeutung  der  Nachrichten  des  Anonymus, 
der,  wie  schon  Mommsen  erkannte,  von  Polemius  Silvius  und  von  Orosius 
beantst  wurde,  wie  gegen  Zangemeister  überzeugend  ausgeführt  erscheint 

Hierauf  wird  über  den  Autor,  die  Zeit,  in  welcher  er  schrieb,  seine 
Persönlichkeit,  den  Standpunkt  desselben  gehandelt,  wofür  es  bisher  eine 
bestimmt  fonnnlirte  Ansicht  nicht  gab.  Als  die  Zeit  der  Abfassung  des 
Schriftstückes,  wie  es  vorliegt,  werden  (gegen  Mommsen)  die  Jahre  >  zwi- 
schen 868  und  417^  aqgenommen,  weil  Julianus  Apostata  in  einer  Weise 
genannt  wird,  die  annehmen  Hesse,  dass  man  schon  geraume  Zeit  wieder 
unter  christlichen  Kaisern  lebe,  obwohl  sonst  die  Gleichzeitigkeit  des  Be- 
richterstatters mit  den  Feldzügen  des  Constantin  gegen  seine  Mitkaiser  be- 
tont und  die  Bemerkungen  chrisüich-confessioneller  Art  für  Interpola- 
tionen der  originalen  Au&eichnung  erkUbrt  sind.  Da  aber  schon  Polemius 
Silvius,  der  um  885  schrieb,  den  Anonymus  benutzt  hat,  wie  Verf.  selbst 
aasfahrt,  so  ist  der  terminus  ad  quem,  iür  den  die  Benutzung  durch 
Orosius  massgebend  war,  sicherlich  nicht  mit  Becht  gewühlt. 

Wie  aus  anderen  Gründen  hervorgeht,  auch  nicht  der  »terminus 
a  quo«* 

Als  Ort  der  Entstehung  wird  Bom,  als  Autor  ein  dort  lebender  Se- 
nator zu  erweisen  gesucht.   Beides  mit  Gründen,  die  nicht  stichhftltig  sind. 

Den  Autor  in  Bom  zu  suchen,  weil  bei  der*Erzfthlung  der  Maxentius- 
schlacht,  sowie  der  unmittelbar  vorbeigehenden  Ereignisse  (Krieg  des 
Ctoars  Severus  und  des  Augustus  Galerius  gegen  Maxentius  und  Maximian) 


488  Literatur. 

sich  über  die  Oertlichkeiten  bei  Born  und.  überhaupt  in  l4ilien  besonders 
gut  unterri6htet  zeigt,  scheint  deswegen  verfehlt,  weil  mit  nicht  minderer 
Genauigkeit  z.  B.  die  Oertlichkeiten  Illjricums  erwähnt  werden.  Ja,  wenn 
der  Anonymus  von  Constantin  sagt:  »natus  in  oppido  Naiso  atqae  eductos, 
quod  oppidum  postea  magnifioe  omayit*,  so  erscheint  mir  diese  Notiz  för 
den  Standpunkt  des  Yerf.  viel  bezeichnender.  Auch  tritt  Dacia  nova  mit 
seiner  Hauptstadt  Serdica  sehr  hervor;  in  letzterer  ist  Galerius  gestorben, 
sein  Mitaugustus  licinius  ist  >ex  nova  Dacia  vilioris  originis^,  er  flieht 
später  im  Kampfe  mit  Constantin  von  Sirmium  dahin:  sublata  inde  uzore 
ao  filio  et  thessauris  tetendit  ad  Daciam.  (Vgl.  zur  citirten  Stelle  ArchXoL 
epigr.  Mitth.  aus  Oesterr.  IX,  S.  21.)  Von  diesem  Feldzuge  des  Con- 
stantin gegen  licinius,  über  welchen  der  Anonymus  die  besten  Nachrichten 
erhalten  hat,  bemerkt  der  Verf.  mit  Grund,  dass  die  Sehilderong  eines 
Augenzeugen  vorzuliegen  scheine.  —  Sehr  richtig  ist  auch  hervorgehoben, 
»dass  der  gröbste  Theil  des  Werkchens  in  lUyricum  und  Thracien  sich  ab- 
spielt^ (S.  97).  Das  spricht  doch  nicht  für  einen  stadtrömischen  Autor. 
Einen  Illyriker  zu  erschliessen,  wäre  gleichfalls  voreilig:  Illyrioam  war 
damals  das  Centrum  des  Beiohes,  weswegen  die  Historie  vom  Standpunkte 
der  Beichsregierung  aus  auf  die  dortigen  Vorflllle  besonders  Bedacht  in 
nehmen  Ursache  hatte. 

Wenn  der  Verl  den  Anonymus  in  den  Beihen  der  römischen  Senatoren 
sucht,  so  übersieht  er,  dass  selbe  der  praotischen  Politik  damals  bereits 
völlig  entrückt  waren.  Dies  zeigt  nichts  deutlicher  wie  die  Beden  und 
der  Briefwechsel  des  Symmachus,  die  an  Leere  ihres  Gleichen  suchen. 

Die  geschäftskundigen  Geschichtschreiber  des  vierten  Jahrhunderts 
gehen  vielmehr  aus  anderen  Kreisen  hervor;  z.  B.  aus  den  in  der  Um- 
gebung des  Kaisers  und  der  höchsten  Beamten  eine  Bolle  spielenden  »pro- 
tectores*,  denen  bei  Yacanzen  des  Thrones  Augusti  und  CäsareB,  wie 
Diocletian,  Constantius,  Maximinus  Daza,  Jovian,  Yalentinian  entnommen 
wurden.  In  dieselbe  Categorie  gehört  der  bedeutendste  Historiker  des 
vierten  Jahrhunderts,  Ammianus  Maroellinus,  der  seine  Carriöre  als  >pn>- 
tector*  begann.  In  diesen  Kreisen  hatte  man  demnach  einen  Ueberblick 
über  den  Gang  der  Beichsangelegenheiten,  übersah  man  das  ganze  Bdch; 
was  in  Born  seit  dem  Ausgange  des  drittel  Jahrhunderts  nicht  mehr  der 
Eall  war. 

Wenn  ich  daher  auf  den  Stand  des  »Anonymus*  rathen  müsat^  würde 
ich  ihn  eher  in  der  nächsten  Umgebung  Constantins  unter  den  um  eine 
Generation  älteren  Berufsgenossen  des  Ammianus  Marcellinus  suchen.  Da- 
mit würde  sich  zugleich  die  Zurückhaltung  des  Autors  erklären,  mit  der 
er  über  gewisse  die  Dynastie  betreffende  >arcana  imperii*,  wie  z.  B.  über 
den  Tod  des  Crispus,  hinweggeht,  während  er  alle  offidellen  Abmachungen, 
so  über  die  Thronfolge  nach  Constantin,  präcis  'wiedergibt.  Der  Yerf. 
behauptet  zwar,  dass  der  Anonymus  kein  Beamter  gewesen  sein  könne,  da 
er  die  technischen  termini  nicht  zu  handhaben  verstünde;  ich  finde  d« 
Gegentheil.  So  heisst  es  von  Constantius:  »protector  primum,  eiin  tribunns, 
postea  praeses  Dalmatiarum  fiiit*,  eine  Angabe,  die  eine  genaue  Kenntnis 
der  damaligen  Carriöreverhältnisse  zeigt.  Man  vergl.  über  die  ersten  in- 
schriftlich vorkommenden  »praesides«  von  Dalmatien  (Corp.  IH,  1805  aas 
dem  J.  280,  wo  neben  dem  »praeses*  als  vir  perfeotissimus  ein  ducenarina 


Literatar«  489 

ex  protectoribus  lateris  divini  genannt  wird;  of.  E^hem.  ep.  II  a.  525) 
H.  Gons,  )a  province  Bomaine  de  Dalmatie  (Paria  1882)  p.  289  f.;  über 
die  »proteotoVes  Aagosti^  Hommsen  in  Ephem.  epigrap^  V  p.  121^  wo 
p.  130  ancb  auf  die  citirte  Stelle  des  Anon.  Yales.  Bflokiricht  genommen  ist. 

Die  letztere  wiohtige  Abbaadliing» .  die  im  J&iner  1884  ersobien  und 
nnsere  Kenntnis  der  einsoblfigigen  Verbütnisse  gleicbsam  neu  fondirte, 
batte  dem  Verf.  nicbt  unbekannt  bleiben  aollen«  Wie  es  denn  auch  Wander 
nimmt,  dass  wobl  Gardthanaeos  Ao&ats  fiber  ȟndcinns  nnd  die  Inacbrift 
von  Dojan*  in  Hermes  XTII  (1882),  251  ff.  verwerthet  ist,  bingegen 
Mommsens  den  Gardtbansen  wesentlicb  rectifioirende  Bemerkungen  in  dem* 
selben  Bande  des  Hermes  8.  528  ff.  ignorirt  weiden. 

Noeb  öfter  sobiesst  die  Dissertation  in  byperkritisobem  Eifer  über  das 
Ziel  binaos;  so  wenn  sieb  unter  den  »Thesen*  auob  folgende  findet:  >Die 
termini  Oriens,  Moesia  und  Pannonia  sind  von  dem  Anonymus  de  Const. 
nicht  im  Sinne  der  Yeroneaer  Liste  gebranoht*;  was  g^n  Mbmmsen  ge« 
richtet  sein  soll.  Dieser  bat  aber  doch  nur  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dass  die  provindale  Oiganisation,  welche  der  Anonymus  erwftbnt,  nAher  an 
die  der  Liste  von  297  beranreicibe,  als  an  die  durch  die  Provincial-Yer^ 
zeicbnisse  aus  der  zweiten  Hftlfte  des  vierten  Jahrhunderts  bekannte;  wie 
es  eben  den  Verhftltnissen  der  Gonstantinisohen  Zeit  entspricht. 

Schliesslich  werden  die  Eigenthümlicfakeiten  in  der  Gomposition  des 
An<»iymus  auseinandergesetzt:  »es  scheint,  als  ob  der  Verf.  sein  Werk 
nicht  in  einem  Gusse,  sondern  in  versohiedenen  Abschnitten  niedersohrieb.* 
Der  erste  reiche  von  %  l-«8,  d.  i.  bis  zum  Tode  des  Galerins;  der  zweite 
§  9 — 18  beginne  mit  einer  Becapitulation  der  früheren  Nachrichten.  In 
der  That  ist  hier  wieder  vom  lebenden  Galerins  die  Bede,  obwohl  sein  Tod 
schon  vermeldet  wurde.  Die  Stelle  ist  für  die  Beurtbeilung  der  Com- 
posiüon  des  Anonymus  wichtig.  Ob  es  mit  der  vom  Yerf.  gegebenen  Er- 
klärung seine  Biditigkeit  bat,  bleibtr  dahingestellt,  da  es  auch  andere  Mög- 
lichkeiten gibt. 

Jedenfalls  ist  die  Arbeit  geeignet^  weiterer  Discussion  zur  Grundlage 
zu  dienen. 

Prag.  J.  Jung« 


Henri  Delpech,  La  tactique  au  XIII°^»  siäcle.  Avec  onze 
cartes  ou  plans.  T.  I :  Types  de  la  tactique  du  XUI™®  s.  —  Tact  de 
rin£uiterie.  —  Tact  de  laCavalerie.  XX,  468.  T.  II:  Grande  Taci 
au  XIII>"e  s.  —  Origine  de  la  Tact.  du  XIII«  s.  387.  Paris  1886, 
Kcard,  gr.  8.     12  Fr. 

Die  Aufgabe,  die  D.  sich  stellt,  ist  nicht  leicht.  Der  Bearbeiter  muss 
kriegerische  Ereignisse  innerhalb  eines  längeren  Zeitramns  und  nicht  zu 
enger  Örtlicher  Grenzen  verfolgen,  um  Ergebnisse  von  Belang  zu  erzielen 
und  darf  es  nicht  mschen,  wie  Lindt  in  der  Bd.  lY,  292  besprochenen 
Dissertation.  In  der  That  gebietet  D.  über  ein*  sehr  um&ngreicbes  Ma- 
terial: etwa  100  Schlachten  der  Zeit  zwischen  1000  und  1400,  in  der 
Mehrzahl  von  Franzosen  und  Engländern,  doch  auch  von  Spaniem,  Deutschen, 


490  Literatur, 

Italienern  gelieferte  kommen  zur  Darstellong.  Nach  den  besten  Qaellen, 
glaubt  £ef.  sagen  zu  dürfen,  denn  wenn  er  auch  nicht  überall  ans  Speml« 
werken  oontroUiren  konnte,  so  tritt  dooh  z.  .B.  in  der  Behandlung  der 
Schlacht  von  Bouvines  1214  (I,  1  — 175)  grösate  Gewissenhaftigkeit  und 
gesunde  Kritik  bei  Benutzung  der  Ueberlieferung  hervor.  Mit  Bedit  hält 
sich  D.  zumal  für  die  Bestimmung  der  französiachen  Schlachtordnung  aa 
FhiUpp  August's  Biographen  Cruilelmus  Brito,  dessen  Angaben  D.*s  müh- 
same Ortsforschungen  zur  Bestätigung  dienen.  Auch  in  der  Schätzung  der 
Berichte  über  die  Niederlage  der .  Albigenser  bei  Muret  1213  möchten  wir 
D.  (I,  177 — 258)  zuatinunen  gegenüber  Q.  Köhler,  der  D.'s  früherer  Arbeit 
(La  bataille  de  Muret,  Montpellier  1878)  Unterschätzung  der  canso  de  la 
crozada  vorwirft  (Gott  gel  Anz.  1883,  408).  Dass  Montfort  dort  eine  so 
gewaltige  Uebermacht  schlägt,  war  und  ist  fast  wunderbar  und  fordert  m 
erklärenden  Vermuthungen  heraus.  Wenn  jenes  im  übrigen  mehr&ch  den 
Thatbestand  entstellende  Gedicht  angibt,  man  sei,  ohne  Wachen  aussa- 
stellen,  gerade  zum  Mahle  gegangen,  als  jener  heranstürmte,  so  muss  man 
dergleichen,  gerade  weil  die  Yermuthung  so  nahe  liegt,  bezweifeln,  wofern 
die  zuverlässigsten  Berichte  davon  schweigen. 

Unter  den  Berichten  über  den  ersten  Ereuzzug  und  die  diesem  fol- 
genden Kämpfe  der  Franken  sähen  wir  das  Werk  des  reichlich  50  Jahre 
jüngeren  Wilhelm  von  Tjrus  lieber  nicht  so  bevorzugt:  W.'s  Neigung,  die 
Unebenheiten  der  Originalberichte  zu  beseitigen  und  gleichen  Stil  herm- 
stellen  (Sybel,  Gesch.  des  I.  Kreuzz.,  182)  muss  misstrauisoh  gegen  ihn 
machen,  zumal  wenn  man  wie  D.  scheiden  will,  was  für  Kriegskunst  die 
Abendländer  mitbraditen  und  was  sie  im  Orient  hinzxQemten. 

Denn,  um  eine  fernere  Schwierigkeit  der  von  D.  in  Angriff  ge- 
nommenen Aufgabe  hervorzuheben,  Wilhelms  und  vieler  anderer  Stil  ist 
gerade  auf  dem  Gebiete  des  Kriegswesens  mit  Vorliebe  an  dassische  Muster 
angelehnt  und  macht  peinlichste  Yorsiobt  in  der  Auslegung  erforderlich, 
wie  im  allgemeinen  bekannt  und  z.  B.  für  Brito  von  Pannenboig  im 
Auriöher  Programm  1880,  S.  18,  gerade  betrefiis  der  Schlacht  v<m  Bouvines 
nachgewiesen  ist.  Ausdrücke  wie  legio,  acies,  cohors,  turma,  cuneua  werden 
auch  von  gut  unterrichteten  oft  blos  nach  stilistischen  Bücksichten  ver- 
wendet und  nicht  jedesmal  ist  dabei  an  die  genau  entsprechende  Sache 
gedacht.  Auch  wenn  z.  B.  König  Budolf  dem  Dogen  schreibt:  cuneos 
acierum  nostrarum  adiunzimus  stationi  hostium  (Forsch,  z.  d.  Gesch.  HI, 
322),  so  ist  nicht  zu  entscheiden,  ob  die  cunei  als  Theile  der  ades  oder 
diese  als  Theile  der  cunei  bezeichnet  sind  oder  ob  am  Ende  blosse  Wort- 
fülle vorli^;  wie  viel  schlimmer  steht  es  bei  ein&ohen  Chroniston  (vgl 
Bd.  II  506  A.  1).  Da  also  das  Wenige,  was  überhaupt  über  die  mili- 
tärische Technik  berichtet  wird,  bestimmter  Auslegung  grosaentheila  sdi 
entzieht,  so  muss  fast  zwischen  den  Zeilen  lesen,  wer  nicht  nur 
Quellen  umschreiben,  sondern  die  Dinge  sich  und  andern  zur  AnTOhauung 
bringen  will.  Dass  D.  manches  statt  aus  den  Quellen  heraus  in  sie  hinein- 
liest,  dessen  ist  er  sieh  bei  der  Lebhaftigkeit,  mit  der  er  den  Oeganstsad 
erfasst,  wohl  nicht  stets  bewusst  geblieben,  so  wenig  wie  sein  OleioheB  ei^ 
strebender  Beurtheiler,  der  bei  mancher  von  D.*6  Annahmen,  z.  B*  üb^ 
den  Lagerplatz  der  Albigenser  vor  der  Schlacht  bei  Muret  Begründung  soi 
den   Quellen   mit   Recht  vermisst  (a.  a.  0.  408),    selbst  aber  z.  B.  der 


Literatur.  491 

Sohlacbtordnusg  Friedrich  I.  auf  dem  Marsche  gegen  Mailand  1158  eine 
aus  den  Quellen  gar  nicht  zu  erweisende  Deutong  gibt  (zur  Schlacht  von 
Tagliaoozzo,  Breslau  1884,  S.  42). 

Dass   in  -den  liriegerfullten  Zeiten  des  Mittelalters  man  Bc^ln  der 
Taktik  hatte  und  befolgte,  müssten  wir  vorausetzen,  auch  wenn  die  Ueber- 
lieferung  noch  karger  w&re,   als   sie  ist  (vgl.  Jtthns  Handbuoh  zur  Qesch. 
des  Kriegswesens,  579).    Dass  man  über  die  Kriegf&hrung  so  zu  sagen 
sjstematiseh  reflectierte,  lehren  nicht  bloss  die  von  D.  verwertheten  spani« 
sehen  Gresetze,  sondern  auch  das  Werk,  das  der  Cardinal  Aegidius  Golonna 
dem  dereinstigen  König  Philipp  lY.   widmete  und  dessen  Benutzung   D. 
nicht  hätte  versäumen  sollen.     Ereilich  entlehnt  Aeg.  vieles  dem  Yegetius, 
dessen  Einfluss  auf  die  mittelalterliche  Kriegführung  von  Jahns  a.  a.  0. 
606,  auch  von  G.  Köhler  (Einfluss  der  Feuerwaffen  auf  die  Taotik,  Berlin 
1873,  S.  8)  bemerkt  und  von   D.  II,    127—147,   vielleicht  etwas  über- 
schätzt ist,  geht  aber  über  ihn  hinaus,   wenn  er  z.  B.  in  des  Feldherrn 
Hand  Landkarten  sehen  will   (III  c  2).     Dass  des  Aegidius  tactische  Be- 
griffe auch  andern  nicht  ungeläufig  waren,  scheint  hervorzugehen  aus  der 
Art,  wie  der  Ursperger  Chronist  (M.  G.  SS.  XXIII,  877)  die  Aufstellung 
der  Franzosen  bei  Bouvines  beschreibt,  entsprechend   näml'oh   der  figura 
forficularis  bei  Aegidius  III  c.   12.     Tactische  Traditionen  der  In&nterie 
weist  D.  nach,  indem  er  u.  A.  zeigt,   dass  auf  verschiedenen  Schauplätzen 
f&r  entsprechende  Zwecke  entsprechende  Formationen  angewandt  wurden, 
80  far  die  Defensive   an  Ort  und  Stelle  der  Kreis,   auf  dem  Marsch  das 
Viereck,  für  die  Offensive  der  Keil,  ferner,  dass  man  planmässig  Schützen 
ins  IL,  Pikenträger  ins  L  Glied  stellte,  dass  in  mancher  Schlacht  die  In- 
fanterie schwierige  Bewegungen  in  einer  Weise  ausführte,  die  sich  nur  aus 
vorheriger  Schulung  erklären  lässt   Wie  man  solche  erreichte,  wird  nirgends 
berichtet;    für   die   Bitterschaft  boten  zur   tactischen  üebung   Gelegenheit 
wohl  die  Turniere,  auf  die  D.  leider  gar  nicht  eingegangen  ist,   vermuth* 
lieh  weil  ihm  Hilfsmittel  nicht  zugänglich  waren,   wie  wir  sie  in  Schultz* 
Höfisches  Leben,  und  Niedner,  Das  deutsche  Turnier  im  12.  und  18.  Jahr- 
hundert,  Berlin    1881,   besitzen.     Sollten   sich  von  den  durch  D.  nach- 
gewiesenen Cavalleriemanövern,  der  Attake  in  dichtgeschlossener  Linie,  der 
von  den  Spaniern  sogenannten  volta,  d.  i.  »un  faux  mouvement  de  retraite 
suivi  d*un  retour  offensif  aussitdt  qu*on  avait  entraln^  Tennemi  ä  ouvrir 
ses  langs*,  der  »Charge  ä  revers*  in  den  Tumierschilderungen  der  Dichter 
oder   anderer  Berichterstatter  keinerlei   Spuren  finden?     Der  von  Köhler 
(Gott  gel.  Anz.  1884,   482)  so  sehr  betonte  »spiz«,  d.  h.  Keil,  ist  von  D. 
mit  Becht  unter  die  Formationen  der  Cavallerie  nicht  aufgenommen.   Denn 
der  »spitz*,  den  die  steihsche  Beimohronik  auf  dem  Mai^ohfeld  von  Budolf 
gebildet  werden  lässt,  ist  nicht  ohne  weiteres  mit  dem  des  15.  Jahrb.  zu 
identificireUi   den   Jahns  a.  a.  0.  915   schildert,    dessen  Wirksamkeit  Bef. 
aber  bekennt,   sich  nicht   recht  vorstellen  zu   können.     Mag  mit  »spitz* 
(Deutsche  Städtechr.  IX,  827)  eine  keilförmige  Schlachtordnung  des  schweizer 
Fussvolks  gemeint  sein,  was  nicht  so   sicher  ist,   so  ist  doch   z.  B.  bei 
Closener  ebd.  VIII,  82  und  bei  Bothe  o.  398  »spitz*  bezw.  »spitze*  blosse 
Uebersetzung  von  aoies,   wie  aus  dem  lateinischen  Original   hier  wie  dort 
erhellt,  und  wenn  die  Ungarn  » zu  vöderist  an  die  spicz  *  geschickt  werden 
(M.  G.  D.  Chr.  IE,  859),  so  sollten  sie  wohl  das  L  Treffen,  aber  nicht  die 


492  Literatur. 

Spitze  eines  Keils  bilden.  Die  zwei  Hauptformen  der  HeeresaaÜBtelliing, 
»ordre  porallöle*  (Centrum  mit  zwei  Flügeln)  und  »ordre  perpendioulaire* 
(mehrere  Treffen  hintereinander),  sowie  Combinationen  der  beiden  und  be- 
sonders auch  dag  Cooperieren  von  In&nterie  und  Cavallerie  —  Yerfikaser 
nennt  das  Qrande  tactique  —  werden  an  zahlreichen  Beispielen  geschildert 
In  der  Schlacht  bei  Bouvines  .findet  D.  nur  die  ei«terw&hnte  Form 
angewandt,  ich  möchte  eher  mit  Köhler  (Gtött.  gel.  Anz.  1885,  459)  an 
eine  Combination  beider  Typen  denken,  mindestens  sind  Philippis  XI,  475 
post  Campanenses  (d.  k.  doch  hinter  ihnen)  acie  glomerantor  in  mu 
und  y.  496  efficiunt  scalam  unam  vgl.  465  schwer  begreiflich,  wenn 
nicht  Treffen  vorhanden  waren.  Die  neunfache  Einteilung  des  Heeres  aber, 
die  Köhler  anninmit,  scheint  mir  wiederum  aus  den  Quellen  nicht  erweis- 
bar.  Auch  D.  weiss  nicht  zu  sagen,  in  welcher  Frontbreite  und  wie  tief 
man  die  Beiter  gewöhnlich  aufstellte;  es  hängt  diese  Frage  zusammen  But 
der  weitem,  ob  und  inwieweit  damals  Bitter,  Edelknechte  und  nichtritter- 
liche Leute  taotische  Einheiten  bildeten.  Dass  D.  auf  jeden  Bitter,  den  die 
^  Quell^i  angeben,  einen  Edelknecht  und  einen  »sergent*  ohne  weiteres  als 
Combattanten  hinzurechnet^  hat  Köhler  mit  Becht  beanstandet;  wie  der 
Bitter,  der  »totam  terram  desiderio  istius  pugnae  pro  solo  equo  pignori 
obligavit*  (M.  Q.  Scr.XXY,  294),  wird  noch  mancher  ohne  Gefolge  auagezogen 
sein.  Die  Ausdrücke  für  das  Personal  der  Heere  milites,  servientes,  clientes, 
armigeri  famuli  garciones  scutiferi,  knehte,  knappen,  kinde,  sariande  usw. 
werden  von  G^chichtschreibem  und  Urkunden  so  durcheinander  geworfen, 
dass  man  überall  erst  aus  dem  Zusammenhang  feststellen  kann,  was  ge- 
meint ist,  sehr  oft  mit  einem  non  liquet  sich  bescheiden,  vor  allem  aber 
vor  solchen  Verallgemeinerungen  sich  hüten  muss,  wie  sie  D.  I  306  und 
Köhler,  Gott.  gel.  Anz.  1888,  410  und  857,  vornimmt  Erst  aus  um- 
fassender Kenntnis  urkundlichen  Materials  wird  auf  diesem  Gebiet  grössere 
Klarheit  zu  erzielen  und  dann  auch  zu  zuverlSssigeren  Besultaten  über 
Störke  und  Eintheilung  der  Heere  zu  gelangen  sein. 

Bei  dem  reichen  Inhalt  des  Werkes,  dem  wir  auf  dem  uns  zu- 
gemessenen Baum  nicht  wohl  gerecht  werden  können,  w&re  ein  Begister 
erwünscht;  tableau  chronologique  und  oondusions  genenJes  sind  ein  nur 
dürftiger  Ersatz.  Die  Ausstattung  ist  gut,  der  Druck  könnte  oorrecter  sein. 
Wir  schliessen  mit  dem  Ausdruck  des  Dankes  an  den  Yerf.,  dessen  Scharf 
^  sinn  und  Gelehrsam^it  die  lange  yemachlfissigte  Aufgabe  in  vielen  Punkten 
gelöst,  in  andern  Anregungen  gegeben  hat,  die  nicht  ohneFrucht  bleiben  werden. 

Nachtrag.  Inzwischen  hat  G.  Köhler  das  vorstehend  angezeigte  Buch 
Gött.  gel.  Anz.  1886,  513 — 34  scharf  kritisirt  und  selbst  den  I.  Band  eines 
dreibändigen  Buches  »Die  Entwickelung  des  Kriegswesens  und  der  Krieg- 
führung in  der  Bitterzeit'  bei  Köbner  in  Breslau  erscheinen  lassen. 

Danzig.  M.  Baltzer. 

Dr.  Gerhard  Seeliger,  Das  deutsche  Hofmeisteramt 
im  späteren  Mittelalter.  Eine  verwaltungsgeschiclitliche  Unter- 
suchung.   Innsbruck,  Wagner  1885,  138  S. 

In  erfreulicher  Weise  wendet  sich  ein  immer  steigendes  Interesse  der 
deutschen  Yerwaltungsgeschichte  zu.  Besitzen  wir  nunmehr  das  eingehende 
und  trefifliche  Werk  von  Adler   über  die  Schöpfung  der  deutschen  und 


Literatazi  493 

österreicbischen  Central verwaltaog  durch  Maximilian  L,  so  gebührt  der 
vorliegenden  Schrift  von  S.  das  Yerdiensti  für  die  vorangehenden  auch  in 
dieser  Hinsicht  noch  sehr  dürftig  durchforschten  Zeiten  des  späteren  Mittel« 
alters  wenigstens  ein  Glied  der  Reichs-  und  Territorial-Yerwaltang  deut- 
lich herausgehoben  und  ein  Bild  seines  Wesens  und  seiner  Bedeutung  ge- 
geben zu  haben,  das  Hofmeisteramt.  Der  Hofineister  ist  eine  oharakteristisohe 
Gestalt  für  das  deutsche  Verwaltungswesen:  gerade  als  er  in  den  letzten 
Deoennien  des  14^  in  den  ersten  des  15.  Jahrhunderts  den  Gipfel  seiner 
Bedeutung  erreicht  hatte,  war  seine  Wirksamkeit  dadurch  gekennzeichnet, 
dass  sie  keine  ganz  bestinunte  Umgrenzung  besass,  dass  der  Hofmeister  in 
allen  möglichen  Begierungsgesoh&ften  und  politischen  Acüonen  eingreifen 
konnte,  sofern  nur  eine  angesehene  Persönlichkeit  die  Würde  seines  Amtes 
unterstützte.  Diese  bedeutsame  Stellung  näher  zu  untersuchen,  Umfang 
und  Inhalt  ihrer  Wirksamkeit  zu  erkennen,  war  eine  interessante  und  ver- 
dienstliche Aufgabe;  auch  die  politische  G^eschichte  kann  hur  Dank  wissen, 
wenn  ihr  nunmehr  ein  Urtheil  darüber  ermöglicht  ist,  auf  welcher 
Grundlage,  auf  welchem  amtlichen  Machtkreis  die  hervorragende  Wirksam- 
keit so  mancher  Hofineister  beruht. 

Naturgemftss  Ifisst  der  Terf.  die  Geschichte  des  Hofmeisteramtes  voran- 
gehen.    Er  nimmt  den  Ausgang  von   den  Hofmeistern,   den  Wirthschafks- 
beamten  der  Benedictiner  und  Cistercienserklöster,   weist  einen  Zusammen- 
hang dieser  mit  den  Majordomen  und  Ticedomen   zurück,   Ifisst  aber  die 
klö^rlichen  Hofmeister  die  > unmittelbaren  Vorfahren*  der  in  der  zweiten 
Hälfte  des  13.  Jahrb.  an  den  Fürstenhöfen  auftauchenden  Hofmeister  sein. 
Dies  letztere   sucht  eine  kurze  theoretische  Erörterung  auf  S.  11  zu  be- 
gründen, die  mich  jedoch,  ich  bekenne  es,   durchaus  nicht  überzeugt  hat. 
Ich  glaube,  die  klösterlichen  Hofineister  können  wohl  als  Analogen,   nicht 
aber  als  Ausgang  der  Entwicklung  dienen,   denn  das  Amt  eines  magister 
curie  in  seiner  Wesenheit  als  Verwalter  der  Haushaltung  muss  an  Fürsten- 
höfen   schon   früher  bestanden  haben,   bevor  es  erst  um  die  Mitte   des 
13.  Jahrhunderts  unter  diesem  Namen  auftritt    Wie  mir  scheint,  hat  der 
Verf.  hier  sich  mehi;  an  den  Namen,  als  an  die  Sache  gehalten.    Festeren 
Boden  und  Sicherheit  gewinnen  wir  mit  der  Betrachtung  der  fürstlichen 
HofmeiBter  in  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  und  können  dem 
Verf.  zum  Uebergang  des  Amtes  auf  den  Königshof  unter  Albrecht  I.  folgen, 
zum  Aufschwung  des  Amtes   unter  Karl  IV.,   zur  Entwicklung  des   Hof- 
meisteramtes  zu  einem  böhmischen  limdesamt  unter  Wenzel,  zur  Theilung 
desselben  in  das  eines  Haus-  und  Begierungshofmeisters  unter  Ruprecht 
und  können  die  grosse  Bedeutung  des  letzteren  unter  Sigmund,  Albrecht  IL 
und  Friedrich  III.  verfolgen,   sowie  die  daawischen   eingeschobene  Unter- 
suchung über  die  fürstlichen  Hofmeister  des   14.  und    15.   Jahrhunderts, 
die  Begierungs-,  Frauen-  und  Erziehungshofmeister  und  die  Trennung  in 
Land  und  Haushofineister. 

Zu  einzelnem  sei  bemerkt,  dass  vor  Jacob  von  Franenfeld  (vergl. 
S.  15)  bereits  ein  königlicher  Hofmeister  unter  Albrecht  ersdieint,  den  der 
Verf.  übersehen  hat,  nämlich  Nicolaus  von  Wartenfels  ii:  einer  von  ihm 
selbst  als  Bevollmächtigtem  des  Königs  mitauagestellten  Urkunde  von  1300 
Febr.  26,  Böhmer  Reg.  1246—1313,  Beichssachen  n.  245,  jetzt  bei  Winkel- 
mann  Acta  inedita  2,  755.  —  Auf  S.  22  und  dementsprechend 'S.  125  hätte 


494        ^  Literatur. 

Herzog  Lndwig  von  Teck  auch  nicht  einmal  mit  einem  Fragezeichen  in 
die  Beihe  der  Hoimeister  E.  Ludwigs  d.  B.  aufgenommen  werden  sollen, 
da  der  Verf.  ja  selbst  in  der  Anmerkung  mit  vollem  Becht  auseinander- 
setzt, dass  an  der  betreffenden  Stelle  der  Beg.  Boica  statt  Hofmeister  Hof- 
richter zu  lesen  ist.  —  In  Tirol  »musste*  sich  doch  nicht  das  »rein 
dynastische  Amt,  weil  es  den  Bottenburgem  erblich  zustand,  in  eine  Erb- 
land es  würde  verwandeln*  (S.  87  ff.).  Die  Bezeichnung  »Hoüneister  auf 
Tirol*  kann  nicht  als  Beweis  dafür  angesehen  werden,  denn  sie  knüpft 
sich,  etwa  wie  »Burggraf  auf  Tirol*,  lediglich  an  das  Schloss,  also  an  den 
Grafen  von  Tirol,  während  z.  B.  der  Stellvertreter  des  Grafen  als  Landes- 
heiTn  der  »Hauptmann  an  der  Etsch  und  im  Innthal*  oder  der  »Graf* 
Schaft  Tirol*  genannt  wurde.  Auöh  die  bloss  theoretisch  gezogene  Folgerung, 
dass  die  neben  den  Erbbeamten  bestehenden  Hofmeister  in  Tirol  sick 
» ungehindert  nach  derselben  Bichtung  hin  entwickeln  kennten,  welche  die 
Hofmeister  der  andern  und  aller  deutschen  Territorien  au&uchten*,  ent- 
spricht nicht  der  geschichtlichen  Wirklichkeit.  Die  Bedeutung,  weldw 
einzelne  Trftger  dieser  Würde,  wie  etwa  mehrere  Yögte  von  Matsdi  be- 
sassen,  entsprang  nicht  ihrem  Hofmeisteramt,  sondern  ihrer  Macht  als  einem 
der  ersten  Adelsgeschlechter  des  Landes. 

Der  zweite  Theil  behandelt  das  amtliche  Schaffen  des  Hofineist^s  am 
Eönigshofe.  Ausgehend  von  den  allgemeinen  Sold-  und  Dienstverhältnissen 
am  königlichen  Hofe  wird  dann  das  Wirken  des  Hofmeisters  als  OfBcial 
des  Hofes,  im  königlichen  Bathe  und  in  seinen  richterlichen  Functionen 
geschildert.  Für  diese  dritte  Seite  seiner  Wirksamkeit  ist  der  Nachweis 
wichtig,  dass  ihm  die  Leitung  des  Eammergerichts  oblag,  das,  wie  S.  mit 
Grund  ausführt,  schon  zu  Beginn  des  16.  Jahrhunderts  als  unmittelbarer 
Ausdrack  der  unversiegbaren,  vom  Kaiser  selbst  ausgehenden  Gerichtsbar- 
keit im  Gegensatz  zum  Beichshofgericht  bestand  und  unter  Sigmund  zn- 
erät  auch  mit  diesem  Namen  erscheint.  Die  Eammergerichtsbarkeit  des 
Hofmeisters  begründete  auch  seine  Präsidentschaft  im  königlichen  BaUi, 
wie  er  sich  mit  dem  15.  Jahrhundert  immer  fester  als  oberstes  Begierungs- 
coUegium  gestaltete.  Und  die  Untersuchung  dieser  Seite  des  Hofmeisier- 
amtes  hat  den  Verf.  zu  Studien  über  den  Geschäftsgang  am  SOnigahofe 
geführt,  über  die  Erledigung  der  einlaufenden  Petitionei^  die  Ausfertigung 
der  Urkunden,  Studien,  welche  für  die  Diplomatik  von  Werth  ^sind.  Das 
reiche  Urkundenmaterial,  die  noch  erhaltenen  Beichsregistraturbücher  ge- 
statten hier  Einblick  in  die  ganze  Entstehungsgeschichte  einer  Uiiomde. 
S.  hat  für  seine  Zwecke  hauptsächlich  die  Bedeutung  und  Thätigkeit  der 
Belatoren  hervorgehoben,  um  dadurch  die  Betheiligung  des  Ho&neisters  ao 
den  tfiglidien  Begierungsgeschäften  zu  beleuchten,  allein  seine  Ausführungen 
scheinen  mir  klar  zu  beweisen,  wie  eine  Erforschung  gerade  dieser  spät- 
mittelalterlichen Diplomatik  für  die  Erkenntnis  des  königlichen  und  fürst- 
lichen Urkundenwesens  überhaupt  von  Werth  ist,  sie  fordern  zu  einer  vom 
diplomatiscben  Gesichtspunkt  ausgehenden  Untersuchung  jener  Beidis* 
registraturbücher  oder  auch  der  aus  fürstlichen  Kanzleien,  so  vqn  den 
tirolischen  Landesfürsten  erhaltenen  Begistraturbücher  auf.  Ich  glaube, 
dass  sich  mit  genügender  Vorsicht  aus  diesen  bpäteren  Verhältnissen  inter* 
essante  und  aufhellende  Bückachlüsse  auch  auf  viel  frühere  zieben 
lassen. 


Literatari  495 

Zum  Sohlnsse  gestatte  uns  der  Verf.,  ihm  noch  einen  Wonach  ans 
Herz  za  legen:  wir  wünschten  nämlich  im  Interesse  der  Lesbarkeit,  der 
Klarheit  und  Yerstftndlichkeit,  dass  er  sich  von  der  etwas  übermSssigen, 
ja  oft  gesuchten  Anwendung  von  Fremdwörtern  losmache  und  überhaupt 
eine  etwas  ein&ohere  und  schilrfer  gefiuste  Ausdrooksweise  ansiarebe. 

Innsbruck.  Oswald  Bedlich. 

M.  Bustier,  Das  sogenannte  Ghronicon  üniyersitatis 
Pragensis.  Mit  einem  Vorworte  von  A.  Bachmann,  Professor  an 
der  deutschen  üniTcrsitat  zu  Prag.    Leipzig  1886,  8<>,  44  S. 

Als  Chron.  ünivers.  Prag,  wird  nach   dem  Vorgänge  Millauers  (nicht 
Palack;f  s,  wie  in  der  zu  besprechenden  Abhandlung  gesagt  wird)  eine  Ck)m- 
pilation  bezeichnet,   von   der   wir  nur  eine  Handschrift   (in   der  Wiener 
Hofbibliothek)   und   eine  Ausgabe   (Höfler,   Geschichtschreiber  der   huss. 
Bewegung  I,  18 — 47)  besitzen.     Dass  wir  es  hier  mit  einer  Compilation 
zu  thun  haben,  hat  schon  Palack^  in  seiner  Würdigung  (1880)   bemerkt. 
Bezold.  (K.  Sigmund  und  die  Beichskriege  ly.  4)  unterscheidet  das  sogen. 
Chronicon  (1848 -- 1413)  und   die   sich  anschliessende   Compilation.     Dass 
aber  auch  jener  erste  Theil  eine  Compilation  ist,  hat  Palack^   (Die  Qesch. 
des  Hussitenthums  und  Prof.  C.  Höfler  S.  18)  hervorgehoben  und  zugleich, 
was  weiter  zu  thun  wäre,  mit  den  Worten  ausgesprochen:  »Es  ist  nun  die 
Frage,  wann  und  von   wem   die   Compilation   zu  Stande  gebracht  wurde, 
nnd  von  wem  ihre   einzelnen   Bestandtheile  herrühren?*     Diese   Aufgabe 
wird  in  der  vorliegenden   Abhandlung  meiner  Meinung  nach  im  Ganzen 
richtig  gelöst.     Der  erste  Theil  der  Compilation  (1848 — 1413)   Ifisst  sich 
folgende  Bestandtheile  auflösen:     1)  die  eigentliche  TJniversitftt'Hshronik  seit 
1348;    2)  tagebuchartige   Aufzeichnungen    1403 — 1413   über  die  gleich- 
zeitigen Händel  an  der  Universität,  namentlich  den  wicleffltischen  Bücher- 
streit, wesentlich  gleichzeitig,  nicht  nach  1418  abgeschlossen,   der  werth- 
vollste  Bestandtheil ;    3)  fast  gleichzeitige  Au&eichnungen  allgemein  histo- 
rischen Charakters,  namentlich  fär  1394,  dann  für  1400— 1408;  4)  XJni- 
versitätsacten    u.    dgl.    1410 — 1413,    wörtlich   oder   im   Auszuge.     Der 
Urheber  des.  letzten  Bestandtheiles  ist  ein  gemässigt  er  Katholik,   aus  den 
tagehuchartigen   Au&eichnungen  spricht   aber  ein    enschiedener   Wicleffit, 
vielleicht  niemand  anderer    als  Laurentius  von  Bfteov&.     Er  ist  vielleicht 
nicht  nur  der  Verfasser  desselben,  sondern  auch  des  8.  Bestandtheiles  und 
der  Compilation  des  Ganzen,  natürlich  mit  Ausschliessung  des  letzten  Be- 
standtheiles derselben.     Doch   soll   diese  recht  ansprechende  Vermuthung 
eben  nur  als  Vermuthung  gelten. 

Mit  dieser  Analyse  ist  der  schwierigere  Theil  der  Arbeit  beendets 
Dass  das  sogen.  Chron.  Univers,  schliesslich  (1420)  in  eine  Abschrift  des 
Laurenz  von  Bf  ezovd  übergeht,  hat  bereits  Denis  in  einer  Randbemerkung 
zur  Hs.  constatirt.  Der  Uebergang  1418  — 1420  wird  durch  eine  Um- 
arbeitung des  Werkes  Bfezov&s  vermittelt,  die  von  einem  KathoUken  her- 
rührt, vielleicht  demselben,  welcher  die  Universitätsacten  (1410 — 1418) 
in  die  anderen  Aufzeichnungen  eingefügt*  hat.  Für  die  J.  1418 — 1420 
hat  ev  neben  Bfezov4  auch  aus  anderen  Vorlagen  geschöpft,  bis  er  schliess- 
lich ermüdet  Sich  auf  blosses  Abschreiben   verlegte.     So   wäre  möglicher- 


496  Liteiatur. 

weise  das  Ganze  in  der  Mitte  des  16.  Jahrh.  zu  Stande  gekommen.  Aber 
auch  der  letzte  Theil  ist  nieht  ohne  Werth,  da  demselben  eine  uns  nicht 
mehr  bekannte  Ha.  des  L.  von  Bfezovä  zu  Grunde  liegt,  die  sein  Werk 
in  einer  ursprünglicheren  Fassung  enthielt  und  deren  Lesarten  oft  als  die 
besseren  und  oft  einzig  möglichen  gelten  müssen.  Wenn  wir  da  selbst 
grössere  Partien  finden,  die  in  anderen  Hs.  des  Bfezov4  fehlen,  so  sind 
dieselben  nicht  als  spätere  Interpolationen  —  das  war  die  Meinung  Pa- 
laok^s  —  sondern  als  ursprüngüche  Bestandtheile  des  Werkes  anzuseheB. 
Als  Anhang  folgen  S.  40—44  Verbesserungen  aus  der  Hs.  zu  der  Aus- 
gabe des  Chronicon.  Palack^  Corrigenda  wurden  (z.  B.  zu  S.  22  nach 
Documenta  mag.  J.  Hus.  S.  400  und  zu  S.  25,  29  nach  Gesch.  d« 
Hussit  u.  a.)  nicht  aufgenommen. 

Es  sei  noch  erlaubt   einige  Worte  über  das  VerbÄltnis   zu  sagen,  in 
dem  die  besprochene  Abhandlung  zu  einem  Aufeatz  steht,    den  ich  bereits 
1884  m  böhmischer  Sprache  unter  dem  Titel  »Das   sog.  Chron.  UniTcrs. 
und  sein  Verhältnis  zu  L.  von  Bfezov4«  (Sitzungsber.  der  böhm.  Gesellsch. 
der  Wiss.  1884,  S.  19—82)  gehalten  und  seither  veröffentlicht  habe.    In 
demselben  unterscheide  ich  in  dem   ersten  Theile  der  Compilation  (1348 
bis  1413)  folgende  Bestandtheile:    1)  Die  eigentliche  Univ.-Chronik  1348 
bis  1409  (1412);  2)  Annalen  Wenzels  IV.  1378—1408;   es  sei  möglich, 
dass  beide  Bestandthi ile  von  demselben  Ver&sser  herrühren;  8)  eine  Dar- 
stellung des  wiclefBtischen  Streites,    verfasst  1412;   die   Acten   und    Ans- 
zi^e  aus  denselben  (1410—1418)  mit  kurzen  Einleitungen  könnten  viel- 
leicht noch  von  dem  Verfasser  des  8.  Bestandtheiles  hinzugefugt  sein,  der 
Schluss  (1418)  rühre  jedenfalls  von  jemand  anderem  her,   vielleicht  dem 
Gompilator,   der  nach  1419  jene   8   Bestandtheile  zu  einem   Ganzen   ve^ 
einigte  und  wohl- auch   durch  den  Schluss    1410 — 1418   vermehrte;   die 
Compilation   eines  Katholiken   (1418 — 1420),   hauptsfiohlich   ans   Bfezovi 
schöpfend,  verbinde  den  ersten  Theil  mit  der  Abschrift  von  Bfezovas  ChroniL 
B.*s  Abhandlung  ist'  unabhängig  von  meinem  Au&atz  entstanden.   Berück- 
sichtigt wurde  derselbe   nur  in  den  Anmerkungen  und  dabei   wird  S.  3 
A.  2  gesagt,  ich  hätte  »bei   mancher  richtigen  und  irrigen   Vermuthung 
die  Untersuchung  nach  keiner  Seite  zu  gründlichem  Abschluss  gebracht' 
Durch  die  Darlegung  der  Hauptpunkte  meines   Aufsatzes   wollte   ich  .den 
Leser  aber  in  Stand  setzen,   sich  ein  Urtheil   zu  bilden.     Ich  selbst  halte 
einen  solchen  Tadel  nur  dann  für  gerechtfertigt,  wenn  es  gilt,  einer  reebt 
schlechten  Arbeit  die  gebührende  Abfertigung  zu  Theil  werden  zu  lassen. 

Und  wenn  auch  B.  in  allen  Differenzpunkten  Becht  haben  sollte,  so 
hätte  er  doch  wenigstens  das  eine  hervorheben  sollen,  dass  ich  mich  über 
den  letzten  Theil  der  sog.  Univer3.-Ghronik  und  ihr  Verhältnis  zu  Bfezova 
ganz  in  derselben  Weise  ausgesprochen  habe  wie  er.  Der  Leser  erftliri 
jedoch  über  den  Inhalt  meines  Aufsatzes,  ausser  noch  einigen  tadelnden 
Bemerkungen,  überhaupt  sehr  wenig.  Unrichtig  ist  es,  wenn  gesagt  wird, 
ich  hätte  mich  über  den  Theil  der  Compilation  1410 — 1418  »überhaupt 
nicht  ausgesprochen.*  Es  ist,  wenn  auch  in  abweichender  Form,  geschehen 
(Sepaiatabdruck  S.  7 — 8).  B.,  dessen  ErsÜingsarbeit  ich  gern  als  recht 
tüditig  anerkenne,  hätte  doch  in  seinem  Urtheil  etwas  vorsichtiger  sein 
sollen. 

Prag.  Jaroslav  Gell. 


Literakt.  4d? 

Becueil  des  Instructions  donnees  äux  ambassa- 
deurs  et  ministres  de  France  depuis  les  traites  de 
Westphalie  jusqu^a  la  revolution  franfaise.  Publik 
•  8008  les  auspices  de  la  commission  des  archives  diplomatiques  au  mi- 
nistere  des  aflGEÜres  ätrang^res.  Autriche.  Ayec  une  introduction 
et  des  notes  par  Albert  SoreL    Paris  1884.    8^  XY,  552  p. 

Wftre  es  überhaupt  gestattet ,   aus   einer  einzelnen  Erscheinung  all- 
gemeine Schlüsse  zu  ziehen,   so  würde   ein  ein&cher  Vergleich  der  histo- 
rischen Arbeiten  des  heutigen  Frankreichs  mit  denen  der   ersten   Hälfte 
dieses  Jahrhunderts  hinreichen,  die  Behauptung  aufzustellen,  dass  die  Fran- 
zosen im  Laufe  der  letzten  Jahre  wirklich  jenen  grossen  Umwandlungs- 
process  durchgemacht  haben,  von  dem  aus  Frankreich  heimkehrende  Deutsche 
so  viel  zu  berichten  wissen,  jenen  Process,   der  aus  einem  heiteren,  yon 
den  Eingebungen  des  Augenblicks  beherrschten,  nach  »gloire*  strebenden 
Volke  ein  nüchternes,  ernstes^  praotisches  gemacht  hat   Denn  darin  dürften 
alle,  die  sieh  mit  den  Erscheinungen  der  neueren  französischen  Qesohiohts- 
literator  yertraut  gemacht  haben,  übereinstimmen,   dass  dieselben  in  ihrer 
Mehrzahl  auf  ongleioh  soliderer  Basis  ausbaut   und  ungleich  nüchterner 
und  ernster  gehalten  sind,  als  die  früherer  Zeiten. 

unter  dem  Gesichtspunkte  nüchterner,  ernster  Forschung  musa  man 
auch  das  grosse  Unternehmen  betrachten,  das  von  Seite  der  französischen 
Regierung  vor  einigen  Jahren  geplant  wurde  und  dessen  erste  Erscheinung 
uns  in  dem  oben  erwähnten  Werke  vorliegt. 

Es  ist  Ton  Interesse,  die  Anschauungen  kennen  zu  lernen,  von  denen 
die  Leitung  der  französischen  Ardxivsverwaltung  bei  der  Beschlussfassung 
über  die  bei  der  Verwerthung  der  in  ihrem  Archive  aufbewahrten  Schätze 
einzofloUagenden  Wege  sich  leiten  Hess. 

In  dem  Momente,   da  die  französische   Begierung  nach   dem  Muster 
Anderer  Staaten  —  nicht  in  letzter  Linie  Oesterreichs  —  in  eine  freiere 
Benütsung  ihrer  Actensammlungen  willigte,   beschloss   dieselbe   selbst   in 
erstor  Linie  die  Verwerthung  dieses  ungeheuren  Schatzes   in  die  Hand  zu 
nehmen.  Ein  »Inventaire  analytique  de  la  Gorrespondance  politique*^)  und 
ein   »Becueil  des  Instructions*  waren  die  beiden  grossen  Publicationen,  zu 
deren  Inangriffnahme  die  massgebenden  Persönlichkeiten  sich  entschlossen. 
iTClr  das  letztere  unternehmen,   das  uns  hier  allein  zu  beschäftigen   hat, 
^mnxrde  nach  einem  Berichte  des  Herausgebers  des  uns  vorliegenden  Bandes, 
^erm  Albert  Sorel,   prindpiell  festgesetzt,   die  Publication   auf  jene   In- 
stimctionen  zu  beschränken,   welche  die  Könige  von  Frankreich  ihren  Ge- 
sandten in  der  Zeit  vom  westphftlischen  Frieden  bis  zum  Ausbruche  der 
firAnzösischen  Bevolution  gegeben  haben.    Auf  den  hohen  Werth  eines  der- 
artigen Unternehmens  glauben  wir  hier  nicht  besonders  hinweisen  zu  müssen. 
iOan  kann  denselben  nicht  besser  bezeichnen,  als  das  die  Commission,  der 
:lio  Leitung  dieses  ganzen  Unternehmens  übergeben  worden  war,  in  ihrem 


>)  Wir  denken  uns  demnächst  Über  den  ersten  Band  dieser  Fablioation 
t  s3  flznsprechen. 

Minbeflaiifen  YIL  82 


498  titerakt. 

Bericht  an  den  Minister  des  Aeusseren  tbat.  »Aucon  ensemble  de  doca- 
ments*,  heisst  es  hier  unter  anderem,  >ne  neos  paralt  mieux  röpondre  au 
bat  dlevö  et  patriotiqae  qne  noas  noos  ätions  assign^  . «  .  Ces  instmctions, 
reliöes  Tone  k  Tauüre  par  le  fil  invisible,  mait  totijours  pr^nt,  de^  Tint^ret 
d*£tat  et  de  la  tradition  nationale,  forment  aajourd'hni  nn  ensemble  teile- 
ment  pirtoieux  qn'on  pent.dire  qa*il  n*en  existe  peui^dtre  aaenn  de  plus 
complet,  de  plus  interessant,  de  plus  autoris^  et  qtd  pniase  mieux  serrir 
&  l'ötude  des  questions  diplomatiques.  Notre  recueil  aura  le  m^rite  de 
servir  d'explication  et  de  oommentaire  k  la  conduite  politiqae  qui  donna 
k  la  Frante  une  si  giaade  place  dans  la  politique  europtame.* 

Eine  Beihe  von  Gelehrten,  unter  ihnen  Namen  vom  besten  Klange, 
wie  neben  Albert  Sorel,  Oirard  de  Bialle,  Lavisse,  Hannotaox,  Basefaet, 
Oeofiroy,  erklfirten  sich  bereit,  die  Herausgabe  der  eiBzelnea  Binde  zu 
übernehmen. 

Man  wird  den  Principien,  die  für  die  Bearbeituag  im  allgemeinen 
aufgestellt  worden  sind,  im  Grossen  und  Ganaen  beipflichten  dürfen.  Ein- 
mal darin,  dass  nur  die  Instmetionen  der  dauernden  Gtosandtsdhaften,  nicht 
aber  solcher,  die  nur  einen  bestimmten,  speoiellen  Zweck  verfolgten,  auf- 
zunehmen und  auch  darin,  dass  diese  Instructionen  trota  einzelner  Wieder- 
holungen (man  vergleiche  die  Instructionen  von  Choiseul,  Chatelet  und  Dur- 
fort aus  den  Jahren  1759,  1761,  1766)  und  Öfterer  Weitschweifigkeit  in 
ihrer  Gllnze  wiederzugeben  seien.  Dagegen  hätten  wir  gewünscht,  dass  in 
den  Einleitungen,  die  jeder  einzelnen  Instruction  vorausgehen,  eben  mit 
Rücksicht  auf  den  practisehen  Zweck  des  Werkes  in  aller  Kürze  auch  die 
wichtigsten  Daten  aus  dem  Leben  der  betreffenden  Gesandten  einen  Platz 
gefunden  hätten,  und  überdies  der  ungefähre  Umfang  der  gesandtschaft- 
lichen Gorrespondeaz  angegeben  worden  wäre;  letzteres  eine  sehr  geringe 
Mtlhe  fßr  den  Herausgeber  und  doch  von  grossem  Yortheil  für  den,  der 
sieh  über  den  Umfang  der  in  Paris  befindlidien  Documente  zu  orientiren 
wünscht. 

Was  nun  den  uns  vorliegenden  Band  betrifft,  der  die  Inatraotionen 
der  am  Wiener  Hofe  aocreditirten  Gesandten  Frankreichs  in  der  erwähnten 
Periode  von  1648 — 1789  umfasst,  so  hat  der  Herausgeber  desselben  die 
prinoipiell  festgesetzten  Yorschriften  für  seinen  speciellen  Aufkrag  auf  das 
genaueste  befolgt.  Die  kurzen  Einleitungen,  welche  den  einzelnen  In- 
structionen vorangeschickt  sind,  entsprechen  vollständig  dem  Zwecke,  wel- 
chem sie  dienen,  wenn  wir  auch  hier  zu  unserem  Bedauern  die  deutsche 
Literatur  gänzlidi  vernachlässigt  finden  und  die  längere  Auseinandersetzung, 
welche  Sorel  als  Einleitung  des  ganzen  Werkes  diesem  voranstellt^  gibt  in 
präciser  und  unparteiischer  Weise  ein  gutes  Bild  der  Beziehungen,  welche 
in  den  150  Jahren,  von  der  Mitte  des  17.  bis  zum  Ende  des  18.  Jahr- 
hundertes,  zwischen  den  beiden  Staaten  herrschten. 

Was  Herr  Sorel  aus  den  Berichten  der  Gesandten  an  Gharacteristiken 
österreichischer  Staatsmänner  gibt,  ergänzt  in  dankenswerther  Weise  unsere 
Kenntniss  der  betreffenden  Persönlichkeiten  und  scheint  uns  insbesondere 
in  vielen  Fällen  als  Ck>rreciiv  der  allzu  günstigen  Urtheile  der  Veuietianer 
von  grossem  Werthe. 

Im  Laufe  der  150  Jahre  vom  westphälischen  Frieden  bis  zum  Aus- 
bruche der  französischen  Kevolution   hat  Oesterreich   27  Vertreter   Frank- 


tateratuT.  499 

reichs  an  seinem  Hofe  gesehen,  darunter  Männer,  wie  den  Präsidenten 
Golberi,  den  jüngeren  Brdder  des  berühmten  Finanzministers  Ludwig  XIY., 
der  selbst  smt  1679  als  Uarqais  de  Croissy  an  der  Leitung  des  franzö- 
sischen Staates  {heünahm,  Mttnner,  wie  den  Marquis  de  Villars,  Herzog 
von  Bichelieii,  Marquis  d'Eströes,,  Graf  Stainville,  der  später  als  Herzog 
von  Choiseul  einen  leitenden  Einflusd  gewann,  und  dessen  Yetter,  den 
späteren  Herzog  von  Choiseul-Praslin^)  u.  a.  m. 

I>Bn  Zweck  jeder  einzelnen  dieser  Gesandtschaften  auseinanderzusetzen 
oder  die  einzelnen  Instructionen,  die  uns  mitgetheilt  werden,  eingehend 
za  beleuchten,  würde  uns  viel  zu  weit  führen.  Aber  yielleieht  wird  es 
gestattet  sein,  an  der  Hand  der  Instructionen  das  chatacteristische  in  den 
Beziehungen  der  beiden  Staaten  zu  einander  hervortreten  zu  lassen,  un- 
schwer lassen  sich  innerhalb  der  150  Jahre  von  1648 — 1789  drei  Phasen 
der  f^anzösisch-üsterreichischen  Beziehungen  unterscheiden.  Die  erste,  bis 
zum  Ende  des  spanischen  Successionskrieges  reichend,  ist  die  Zeit  der  Bi- 
valität  uud  der  zumeist  offenen  Feindschaft  zwischen  beiden  Staaten.  Kein 
Wunder,  dass  daher  die  diplomatischen  Beziehungen  öfters  unterbrochen 
waren.  Die  einzige  längere  Gesandtschaft  eines  Franzosen  am  Wiener  Hofe 
in  dieser  Zeit  ist  die  Gremonville's.  Alle  übrigen  Missionen  sind  von 
kurzer  Dauer.  Aber  gerade  einige  dieser  kürzeren  Gesandtschaften  nehmen 
unsere  Aufmerksamkeit  Tollauf  in  Anspruch  und  die  den  Gesandten  mit- 
gegebenen Instructionen  gehören  zu  den  bedeutendsten  der  ganzen  Samm- 
lung und  sind  wahre  Schätze  ftkr  die  richtige  Erkenntnis  der  am  franzö- 
sischen Hofe  herrschenden  Stimmung.  So  gleich  die  erste  der  in  dem  uns 
vorliegenden  Werke  nritgetheilien  Instructionen,  für  den  Präsidenten  Colbert 
bestimmt.  Es  scbeint  uns  sehr  zutreffend,  wenn  der  Herausgeber  der- 
selben sie  >le  document  de  plus  concret  et  le  plus  nourri  dea  ^ites^  dieser 
ganzen  Sammlung  nennt.  In  der  That  ein  Muster  einer  Instruction.  Alles 
was  den  Gesandten  interessiren,  ftir  ihn  und  seinen  Staat  von  Nutzen 
sein  kann,  ist  kier  vorausgesehen  und  beleuchtet  und  dazu  kommt  eine 
klare,  präeise,  keine  Zweideutigkeit,  keinen  Zweifel  zulassende  Sprache. 
Air  das  stempelt  diese  Instruction  zu  einer  hervorragenden  Quelle  für  die 
Kenninise  der  Zeit  und  des  Mannes,  der  sie  abge&sst  Es  ist  auch  kein 
geringerer  als  Mazarin,  der  in  diesem  Schriftstücke  die  Stellung  zu  kenn- 


*)  Es  dürfte  vielleicht  manchem  der  Leser  erwünscht  sein,  die  Kamen  der 
in  Wien  accreditirten  französischen  Gesandten  und  die  Dauer  ihrer  Gesandtschaft 
kennen  au  lernen.  Den  Reigen  eröfinet  Colbert  1660  Februar— April,  dann  folgen 
Jacques  Brethel  de  Gr^monville  Ende  1664—1672,  M>«  de  Vitry  Ende  1679  bis 
Mai  1680,  M^  de  Sebeyille  Ende  1680  (dass  am  Beginne  und  su  Ende  der  In- 
struction pag.  80  und  901681  steht,  dfiifte  auf  einen  Druckfehler  zurückzuführen 
sein)  bis  Anlmg  1684,  O  de  Chevemj  Anftnff  1684  bis  Juni  1685,  C^  de  la 
VaugQjon  Ende  1685  bis  1687,  C^  de  Lnsignan  Ende  1687  bis  Ende  1688,  M^»  de 
Yillars  1698,  O  de  Luc  1715  bis  1717  (dann  führt  die  Geschäfte  der  Secretair 
M.  du  Bourg),  Duc  de  Bichelieu  1725  bis  Mai  1728,  M^*  de  Mirepoiz  1787  Dec. 
bis  1740  Dec.  (Mirepoix  Hess  bei  seiner  Abreise  einen  charg6  d'affaires  zurück, 
M.  Vincent,  der  bis  1744  in  Wien  verblieb),  Blondel  1749  bis  Oci  1750,  W^  d'Haute- 
fort  1750  bis  1752,  M>»  d'Aubeterre  1758  bis  1756,  O  d'Estrto  Ende  1756  bis 
März  1757,  O  de  Stainville  1757—1758,  O  de  Choiaenl  1759  bis  Mai  1761, 
O  du  Chatelet  1761  bis  Aug.  1766,  W»  de  Durfort  1766  bis  Mai  1770,  M.  Durand 
1770  bis  Jänner  1772,  Prince  de  Bohan  1772  bis  Juli  1774,  M^>  de  Breteuil  An- 
tmg  1775  bis  Oct.  1776   und  April  1777  bis  April  1788,  W*  de  Noailles    178S. 

82* 


gOO  Literatim 

xeichiieii  sacht,  die  Frankreich  nicht  nur  in  der  Frage,  derentwegen  Colberi 
abgesandt  wurde  —  Frankreich  drohte,  ialla  Gestenreich  den  Frieden  im 
Norden  Europa*8  nicht  begünstige,  seine  Truppen  bis  zu  einem  bestimmten 
Termine  aus  Pommern  nicht  abberufen  würde,  Schweden  mit  einer  erheb- 
lichen Truppenanzahl  zu  unterstützen  —  Oesterreich  gegenüber  einnahm, 
sondern  auch  in  allen  übrigen  Fragen,  die  damals  das  Interesse  der  beiden 
Staaten  berührten,  einzunehmen  Willens  war. 

Golbert  blieb  nur  einige  Wochen  in  Wien  und  seine  Mission  hatte 
wenigstens  nicht  direct  den  erwünschten  Erfolg.  Desto  l&nger  und  be- 
deutungsvoller war  die  Gesandtschaft  des  Bitters  Jacques  Brethel  de  Gr6- 
monville,  der  vier  Jahre  nach  Golbert  im  Jahre  1664,  nachdem  durch  die 
Theilniihme  Frankreichs  am  Türkenkriege  ein  freundschaftlicheres  Terhfilt- 
niss  zwischen  den  beiden  Staaten  hergestellt  worden  war,  nach  Wien  kam 
und  8  Jahre  hier  verweilte.  Die  Geschichte  dieser  Gesandtschaft  ist  durch 
die  classische  Darstellung  bei  Mignet  zur  Genüge  bekannt  und  stets  wer- 
den die  Yerlrftge  von  1668  und  1671  als  Triumphe  der  französischen 
Politik  und  ihrer  Beprftsentanten  gelten  können. 

Aber  bald  genug  nach  dem  Abgange  Gr6monville*s  erkannte  der 
Kaiser  den  Fehler,  den  er  begangen,  oder,  wie  man  richtiger  sagen  sollte, 
den  er  hatte  begehen  lassen,  und  drei  vie]|jährige  Kriege,  die  im  Laufe 
der  nächsten  40  Jahre  folgten,  gaben  wenig  Gelegenheit  zu  diplomatischem 
Verkehre. 

Wenn  ein  solcher  doch  von  Zeit  zu  Zeit  stattfimd,  so  war  was  Frank- 
reich dabei  zu  erreichen  strebte,  theils  Aufschiebung  eines  dem  Ausbruche 
nahen  Conflictes,  theils  wirkliche  Aimftherung  an  Oesterreich,  ein  Bestreben, 
das  aber  nur  durch  die  Lage  des  Momentes  herbeigeführt,  keine  dauernde 
Einigung  erhofifen  liess. 

Wie  wenig  sich  übrigens  Frankreichs  leitende  Minister  über  die  Ge- 
sinnung des  Wiener  Hofes  täuschten,  das  zeigt  z.  B.  die  auch  von  Sorel 
hervorgehobene  Stelle  in  der  Instruction  des  Miirquis  de  Yitry,  der  im 
Jahre  1679  nach  dem  Abschlüsse  des  Nymweger  Friedens  nach  Wien  ge- 
sendet wurde.  »Q  y  trouvera  Topposition  si  naturelle  et  comme  hirödi- 
taire  de  la  maison  d*Autriche  pour  la  France,  augment^  vraisemblablement 
par  le  döplaisir  que  Ton  y  a  eu  de  la  paiz*  (p.  71).  und  in  demselben 
Geiste  sind  auch  die  Listructionen  der  folgenden  Gesandten,  des  M^*  de 
Sebeville  1680  und  des  C^  de  Chevemy  1684,  abge&sst,  wenngleich  der 
König  eben  mit  Bücksicht  auf  das  gespannte  Verhältnis,  in  welches  er 
durch  die  Verfügungen  der  Kestitutionskammem  zu  Oesterreich  gerathen 
war,  seinen  Vertretern  am  Wiener  Hofe  ausdrücklich  befiehl,  seine  Friedens- 
liebe und  günstige  Stimmung  für  den  Kaiser  und  das  Beich  bei  jeder 
Gelegenheit  zu  betonen.  Wie  richtig  übrigens  Ludwig  und  seine  Minister 
den  Punkt  erkannten,  an  welchem  man  ansetzen  müsse,  um  Oesterreich 
im  Zaume  zu  halten,  zeigt  folgende  überaus  bezeichnende  Stelle  aus  der 
Instruction  des  M^"  de  Sebeville  (p.  88):  »Les  affaires  de  Hongrie»  heisst 
es,  sont  beaucoup  plus  k  coeur  k  TEmpereur  qu^aucunes  autres,  non  seu- 
lement  p^  le  voisinage  du  Türe,  mais  encore  par  le  parti  qui  y  subsisfe 
des  m^ntents,  et  rien  n'est  plus  capable  de  &ire  souhaiter  h  la  oour  de 
Vienne  une  bonne  correspondance  avec  Sa  Majestä  que  Tappr^hension  qu*elle 
«^  de  toutes  les  pertes  et  dommages,   qu*elle  pourroit  recevoir  de  oe  cöt^ 


Literatur.  501 

l&y  si  la  Franoe  donnoit  aus  m^contents  Tassisfanoe  näcessaire  pour  faire 
de  plus  grands  progr^s  qu*ils  n^ont  &it8  jiisqa'&  pr^eni  Ainsi  11  n*y  a 
pas  lien  de  douter  que  le  s^jonr  d*an  ministre  de  Sa  Majestä  anprte  du 
prinoe  de  Transylvanie^)  ne  donne  beauconp  dMnquiätudes  anx  ministres 
impöriatix.  S*ils  la  tömoignent  audit  sieur  marquis  de  Sebeville,  il  poura 
les  assrurer  que  tant  que  TEmpereur  entretiendra  une  bonne  intelligence 
avec  sa  Majest^,  il  ne  doit  appr^hender  aucun  pr^judice  de  la  n^ociation 
d*an  ministre  franfais  auprte  dudit  prince  de  Transjlvanie,  mais  il  leur 
fera  entendre  aussi,  que  quand  on  voudra  contrevenir  auz  traitäs  de  paiz 
et  roxnpre  toutes  mesures  avec  Sa  Majeet^  eile  pourra  bien  aussi  se  servir 
des  moyens  qu'elle  a  en  mains  pour  fidre  repentir  ceux  qui  auront  susoitä 
ane  uouvelle  guerre.^ 

Klarer  und  deutlicher  b&tte  Ludwig  auch  einem  Duodezfürsten  gegen- 
über nicht  reden  können.  Und  er  erreichte,  was  er  mit  diesen  Beden 
bezweckte.  Oesterreich  liess  es  geschehen,  dass  Ludwig  sich  widerrecht- 
lieh  in  den  Besitz  Strassburgs,  Luxenburgs  und  anderer  Gebiete  setzte  und 
erkannte  nach  einigen  vergeblichen  Widerstandsversuchen  durch  den  zwanzig« 
jithrjgen  Waffenstillstand  den  Besitz  Frankreichs  an. 

Ludwig  XIY.  hat  dann  einen  Augenblick  ernstlich  daran  gedacht, 
sich  mit  dem  Kaiser  zu  verständigen.  Die  Instmetion,  welche  er  am  Ende 
des  Jahres  1685  dem  G^  de  la  Yauguyon  gab,  enthält  mehrere  Stellen, 
welche  zu  einem  derartigen  Schlüsse  Berechtigung  geben*).  Aber  diese 
friedliebende  Stimmung  war,  wie  bereits  erwähnt,  nur  eine  Folge  der 
augenblicklichen  Lage,  in  der  sich  Ludwig  be&nd,  als  er  durch  die  Auf- 
hebung des  Edictes  von  Nantes  und  das  Hervorkehren  seiner  streng  katho- 
lischen Gesinnung  sich  in  directen  Gegensatz  zu  den  protestantischen 
Fürsten  Deutschlands  gesetzt  hatte.  Kaum  waren  daher  einige  Jahre  ver- 
strichen und  kaum  hatte  Oesterreich  durch  seine  grossen  Erfolge  im  Osten 
seine  Macht  in  einer  Frankreich  gefllhrlichen  Weise  vergrössert,  so  brach 
der  alte  Hass  und  die  Eroberungslust  Ludwigs  von  neuem  hervor  und  hatte 
den  zweiten  vieljährigen  Krieg  zur  Folge,  der  gegen  die  von  Frankreich 
angemasste  ßuperiorität  geföhrt  wurde.  Aber  auch  dieser  Krieg  brachte 
die  Entscheidung  nicht  und  diese  konnte  auch  solange  nicht  fallen,  bis 
die  grosse  Frage  erledigt  war,  wem  das  Erbe  des  siechen  Königs  auf 
Spaniens  Thron  zufallen  werde,  eine  Frage,  welche,  wie  sehr  sich  Eng- 
land und  Holland  und,  wie  die  Mission  Villara  bezeugt,  in  gewissem  Sinne 
anch^Frankreich,  um  eine  friedliche  LOsung  bemühten,  doch  nur  durch 
das  Schwert  entschieden  werden  konnte. 

Sobald  aber  nun  diese  Entscheidung  ge&llen  war,  war  die  Mög- 
lichkeit einer  Einigung  zwischen  Oesterreich  und  Frankreich  gegeben.  Und 
damit  beginnt  die  zweite  Phase  der  französisch-österreichischen  Beziehungen, 
eine  Zeit  der  Yermitfelungen,  wechselnder  Freundschaft  und  Feindschaft. 
Es  isty  als  ob  die  beiden  Mächte  noch  nicht  einig  geworden  wären  über 
die  Stellung,  die  sie  zu  einander  einnehmen  soUen.  Den  Jahren  der 
Begentschaft^   in  welchen  zwischen  Frankreich  und  Oesterreich   ein  gutes 


<)  Akakia  befand  sich  damals  beim  Fürsten  von  Siebenbürgen  als  Vertreter 
Frankreichs.       *)  So  insbesondere  p.  108. 


502  literaiur. 

Einvernehmen  bestand  —  fochten  ja  dodi  beide  Mfichte  gemeinsam  gegen 
Spanien  —  folgten  die  Zeiten  des  Wiener  Bandes  und  des  Hannovar^tchsiL 
Gegenbundes;  der  Yeratftndigang,  die  durch  den  ersteig  Wiener  Frieden 
angebahnt  wurde,  der  Xampf  um  die  Suocefision  in  Polen,  und  noch  ein 
drittes  Mal  sehen  wir  ein  analoges  Schauspiel  sich  abspielen,  ids  nadi  don 
Jahren,  da  Karl  TL  im  Einyorstfindnisse  mit  Frankreieh  seine  Hasaregehi 
tum  Schatze  und  zur  Erhaltung  seiner  Lfinder  zu  treffen  schien,  die  Tochter 
des  Kaisers  im  8jährigen  Kampfe  ihre  Bechte  g^en  eben  dieses  Frank- 
reich und  dessen  Verbündete  yertheidigen  musste. 

Es  ist  begreiflich,  dass  die  Instructionen,  welche  den  firansOmehen 
Gesandten  für  ihre  Mission  am  Wiener  Hofe  n^tg^eben  wurden,  die  ver- 
schiedenen Stimmungen  widerspiegeln,  welche  nach  .der  jeweiligen  Lage 
der  Dinge  den  französischen  Hof  beherrschten.  Aber  das  bezeichnende  an 
diesen  Instructionen  ist,  dass  in  allen,  selbstyerstftndlich  bald  deutlicher, 
bald  versteckter,  der  Gedanke  zum  Ausdrucke  kommt,  dass  keine  unüber- 
setzbare Kluft  die  beiden  Mächte  trenne,  dass  die  Rivalität  derselben 
anderen  Staaten  zu  Gute  komme  und  von  diesen  genährt  werde  und  dass 
daher  eine  Einigung  im  Interesse  beider  eigentlich  sehr  erwünscht  sei 
Gleich  die  erste  Instruction  dieser  Zeit,  welche  dem  Grafen  de  Luc  för 
seine  Mission  an  den  Wiener  Hof  kurz  nach  dem  Abschlösse  des  Friedens 
mitgegeben  wurde,  drückt  diese  Gedanken  deutlich  genug  aus.  »Ainsi 
jamais  il  ne  s^est  trouv^  de  oonjönckire,  heisai  es  hier,  oti  les  desBeins  du 
Boi  et  les  inürdts  de  TEmpereur  aient  iU  aussi  conformes  qu'ils  le  sont 
aujourd^hui  (p.  159),.  und  weiter:  Uexp^ence  a  plusieur  foia  appria  ä 
TEmpereur  quel  ötoit  le  vMtable  motif  du  zöle  que  ses  alli^  t§moignoieni 
pour  ses  int^röts.  Jalouz  de  la  grandeur  de  la  malson  de  Fmaoe  et  de 
Celle  d*Autriche  et  trop  foibles  pour  Tattaquer  Tune  sans  le  secours  de 
Tantre,  ils  entretenoient  entre  elles  une  division  favorable  pour  eux,  couvrant 
leurs  yäritables  desseins  des  noms  et  des  pr^teztes  spöcieux  de  oonserrer 
röquilibre  et  de  maintenir  la  balanoe  ntossaire  ^  la  tranquillitö  publique^« 

Und  je  mehr  Frankreich  die  Politik   dieser  »guten  Freunde*  durch- 
schaute, je  gefährlicher  ftlr  dasselbe  das  rasche  Emporkommen  des  Sayojeis 


0  Sehr  bezeichnend  ist  auch  die  Instruction  Mirepoix*  aus  dem  Jahn^ 
1787.  AIb  eines  der  Hauptmomente,  die  den  KOni£[  nnd  die  Minister 
Frankreichs  zu  der  Ansohanuag  f&hrfcen,  daas  es  fEbr  sie  y<m  YoTÜieil  sei, 
sich  mit  Oesterreich  su  eini^n,  dürfte  ansusehen  sein,  daaa  sie  —  hierin  viel 
klarer  sehend  als  Oesterreiohs  Herrscher  und  seine  meisten  Rathgeber  — 
in  der  von  Oesterreich  durch  den  Rastätter  Frieden  gemacht^d  Gebiet»* 
erweiterong  eher  eine  Kräfte- Ab-  als  Zunahme  erblickten.  8o  findet  auch  in  der 
Instruction  des  Herzogs  von  Richelieu  1725  folgende  bezeichnende'  Stelle  (p.  SOS): 
A  quelque  degr^  da  puissance  ^ue  TEmpereur  seit  parvenu  par  les  grandes 
acquisitions  qu'ü  a  feites,  Ton  n'ignore  pas  que,  non  obstant  les  seoeura  quil  a 
eus  de  plusieurs  princes  du  de  dans  et  du  denors  de  TEmpire,  les  ddpenaes  de  Ift 
guerre  ont  mis  un  grand  ddrangement  dans  ses  finauces,  et  oue  d'ailleun  erax 
qu^il  retire  des  Paye-Bas,  de  la  Hongrie,  du  royaume  de  Naples  et  de  Sidle  et 
du  Mila^ois  sufGsent  k  peine  ä  Tentretien  des  places  et  des  troupes  n^oessaii« 
pour  la  garde  de  chacun  de  ces  pays ;  en  sorte  que,  inddpendamment  de  ce  qud 
chaque  partie  de  ses  nouveQes  acquisitions  lui  est  m6me  k  charge  pendant  U 
pelz,  il  ne  seroit  pas  en  ^tat  de  soutenir  les  d^penses  de  la  guerre,  «orto<at 
lorsqu'il  ne  ^ouveroit  pas  les  mßmes  ressources  que  TAngleterre,  la  Hollande  et 
plusieurs  princes  de  l*Empire  lui  ont  fbumies  pendant  le  cours  de  la  dendeit. 


literatar.  508 

und  Hohenzollers  wurde,  desto  deatlicher  spricht  sich  in  den  Instxnctionen 
der  francOsischen  Gesandten  der  Wanseh  der  französischen  Begiorang  nach 
einer  Einigang  mit  Oesterreioh  ans.  Wenigstens  eine  der  vielen  Stellen, 
in  denen  dies  geschieht,  sei  es  gestattet,  hierher  zu  setzen.  In  der  In- 
stmotion  des  M^"  d'Aubeterre  vom  Jahre  1758  heisst  es  (p.  830):  »Blies 
(die  vermittelnden  Mftohte)  cherchent  &  voiler  leur  ambition  sons  le  pr6- 
texte  sp^ieni:  da  maintien  de  T^quilibre  de  TEurope.  Ce  Systeme  ponvoit 
avoir  qnelqne  apparenoe  de  r^alit^  dans  oes  temps  oh  la  rivalitö  des  mai- 
sons  de  France  et  d'Antriche  &isoit  l'objet  des  attentions  et  des  inqoiötades 
de  toates  les  autres  puissanoes;  mais  il  n'est  plns  queetion  anjonrdlini  de 
ces  -fiunenx  dömölfe  de  Fran9ois  P^  et  de  Charles-Qaint;  les  circonstances 
ont  bien  changä ;  le  roi  ne  songe  qa*4  vivre  dans  la  meilleore  intelligence 
avec  rimp^trioe-Beine;  il  ne  reste  aucnne  trace  de  ces  griefs  sorann^ 
dans  le  coeor  de  Sa  M^estÄ  .  .  .  .^ 

Indem  aber  Frankreich  diese  Einigang  mit  Oestcrreich  sachte,  wech- 
selte 68  darchaas  nicht,  wie  es  dem  flüchtigen  Beobachter  scheinen  könnte, 
sein  politische^  Frincip,  es  war  vielmehr  eine  CJonseqaenz  desselben,  wenn 
es  gegen  das  immer  mächtiger  werdende  Preassen  sich  aaf  die  nicht  mehr 
za  fürchtende  Macht  Oesterreichs  stützen  woUte.    Darch  die  Yereinigang 
mit  Oesterreich,  wie  sie  darch  die  Verträge  von  Versailles  von  1756  and 
1757  bezeichnet  wird,   and  die   die  dritte  Phase   der  österreichisch*&an« 
zösisehen  Beziehangen  einleitet,   hatte  Ladwig  XV.   zwar   das   politische 
System  Earopas,   aber  nicht   das  Frankreichs  geändert.     In  vortrefflicher 
Weise  ist  das  Streben  and  das  Ziel  der  französischen  Politik  in   der  In- 
straction  zam  Ausdruck  gebracht,   die  nach   dem   Abschlüsse   des   zweiten 
Versailler  Vertrages  dem  Grafen  von  Stainville,  dem  nachmaligen  Herzoge 
von  Choiseol  mitgegeben  wordeA.     »L*objet  politiqae  de  cette  coaronne 
(sc.  Franc),   heisst  es  hier,   a  ätö  et  sera  toajoars  de  joaer  en  Europe  le 
röle  sap^riear  qai  convient  &  son  anciennet^,   ä  sa  dignitä   et  ä  sa  gran- 
deur;  d*abaisser  toute  paissance,   qai  tenteroit  de  s'ölever  aa-dessas  de  la 
sienne,   seit  en  voalant  asarper  ses  possessions,   seit  en  s^arrogeant  une 
injoste  pre^minence,    soit  enfin    en  cherchant  ä  lai  enlever  son  inflaence 
et  son  credit  dans  les  afi^res  gen^rales^  (p.  856).  Und  diesem  Ziele  haben 
Frankreichs  Könige  and  Minister  wirklich  wie  vorher  so  aach  jetzt  nach- 
gestrebt,  allerdings  mit  angleich  geringerem  Erfolge.     Man  braucht,   um 
sich  von  den  veränderten  Verhältnissen  eine  Vorstellung  zu  machen,   nur 
das  Vorgehen  Frankreichs  in  der  orientalischen  Frage  und  sein  Verhalten 
in  der  polnischen  Theilungsangelegenheit  zu  betrachten,  jene  Fragen,  in 
denen  das  französische  und  österreichische  Inieresse,   das  in   dem  grossen 
Kampfe  gegen  die  engUsch-preussische  Macht  ein   gleiches  gewesen,  aus- 
einandergiengen.     Frankreich,  im  17.  Jahrhunderte  immer  aggressiv,  nach 
Erweiterungen  des  Besitzes  strebend,  ist  jetzt  das  zurückhaltende  Element, 
nur  bedacht,  den  Länderbesfand  in  dem  XJm&nge  zu  erhalten,  den  es  er- 
langt, und  bestrebt,  Oesterreich  von  einem  energischen  Eingreifen  in  die 
Verhältnisto  de^  Ostens  abzuhalten.    Dieses  aber,  insbesondere  seitdem  der 
feurige,  nach  Erfolgen  strebenden  Joseph  an  der  Regierung  theil  nimmt» 
sucht  nach  Erweiterung  seines  Besitzes  und   VergrOsserung   seiner  Macht. 
Aus  diesem  Widerstreit  der  Bestrebungen  and  Interessen  entsprangen  denn 
auch  die  grossen  Differenzen,  welche  die  Allianz  der  beiden  Mächte  trübten« 


504  Literatur. 

Aber  das  Frdnkreich  Ludwig  XYI.  war  nicht  das  Frankreich  Ludwig  XIV., 
und  die  Drohungen,  die  seine  gesandten  in  Wien  ansstiessen,  machten  den 
Eindruck  nicht  mehr,  wie  ehemals.  Was  immer  auch  die  Gesandten  Frank- 
reichs sagen  und  thun  mochten,  sie  hinderten  nicht  den  Anschluss  Josephs 
an  die  mit  der  Theilung  Polens  beschäftigten  MBchte  und  ebensowenig 
das  enge  Bündniss,  das  der  Hemssher  Oesterreichs  mit  Busslands  Kaiserin 
schloss.  Die  Unzufriedenheit,  welche  Frankreich  darüber  empfimd  und  der 
tiefe  Biss,  der  dadurch  in  die  Allianz  kam,  sind  in  der  Instruction  des 
M^B  de  Noailles  rem  Jahre  1788  —  zugleich  der  leisten,  die  uns  mit- 
getheilt  wird  —  klar  ausgeprSgt 

»Les  sieur  marquis  de  Noailles  jugera  per  ces  d^taüs  que  rien  n^est 
plus  vacilknt  que  Talliance  actuellement  subsistante  entre  le  deuz  coors 
de  Versailles  et  de  Yienne.  .  .  .  L*allianoe  subsistante  entre  la  Franoe  et 
la  maison  d^Autricke  est  menacde  d*une  r67olution  plus  ou  moins  pro- 
chfdne*  (p.  534).  Bevor  aber  diese  Bevolation,  welche  das  sowie  so  schon 
gelockerte  Band,  das  die  beiden  Staaten  zusammenhielt,  gftnzlich  zu  xer- 
reissen  drohte,  ihre  Wirkungen  ftnssem  konnte,  war  eine  ganz  andere  Be- 
volution  in  Frankreich  zum  Ausbruche  gekommen,  in  deren  Verlaufe  sich 
die  Beziehungen  zu  den  fremden  Mftchten  Europas  immer  ungünstiger  ge- 
stalteten, bis  endlich  der  offene  Krieg  jeden  dipomatischen  Verkehr  unmög- 
lich machte. 

Wir  sind  damit  auch  an  das  Ende  des  im  vorliegenden  Werke  be- 
handelten Zeitraumes  angelangt  und  könnten  diese  Anzeige,  welche  nichts 
bezwecken  wollte,  als  auf  den  Werth  dieser  Puhlication  au&ierksam  zu 
machen,  füglich  schliessen.  Allein  es  will  uns  scheinen,  als  sei  dies  die 
richtige  Gelegenheit  und  der  richtige  Ort,  dem  peinlichen  Gefühle  Aus- 
druck zu  geben,  das  uns  bei  der  Lecture  dieses  Werkes  beherrscht  hat. 
Wöhrend  England  in  seinem  Galendar  of  State-Papers  ein  monumentales 
Werk  besitzt  und  Preussen  in  seinen  »Publicationen  aus  den  preussischen 
Staatsarchiven*  jahraus,  jahrein  eine  Beihe  trefflicher  Werke  in  die  Welt 
sendet,  wahrend  Frankreich  sich  durch  das  eben  besprochene  Untemelunen 
würdig  diesen  beiden  Nationen  anreiht,  während  in  Bussland  und  Italien  durch 
vereinte  Bemühungen  des  Staates  und  vornehmer  Familien  die  Sch&tze  der  öffent- 
lichen und  P^ivatarchive  dem  Publicum  vermittelt  werden,  ist  in  Oester- 
reich,  dessen  Archive  an  Bedeutung  allen  anderen  mindestens  gleich- 
stehen, allein  so  gut  wie  nichts  für  die  Veröffentlichung  der  die  Greschichte 
der  letzten .  Jahrhunderte  betreffenden  Materialien  geschehen  ^).  Wem  aber 
eigentlich  diese  Aufgabe  zufallt,  kann  nicht  deutlicher  und  prftciser  aus- 
gedrückt werden,  als  dies  in  den  einleitenden  Worten  des  Berichtes  der 
Commission  der  französischen  Archiwerwaltung  an  den  damaligen  Minister 
des  Auswärtigen  M  Duderc  geschehen  ist.  >Au  moment,  heisst  es  hier, 
oh.  les  mesures  si  liberales  prises  rendaient  accessibles  aux  travailleurs  les 


^)  Und  doch  zeigt  das  wenige,  was  in  Oesterreich  an  Actenpublicataonen 
über  nenere  Geschichte  vorliegt  —  wir  erinnern  nur  an  den  Briefwechsel  Maria 
Theresias,  den  Ameth  herausgegeben,  oder  an  die  »Acten  zur  Geschichte  der 
Politik  Oesterreichs  von  1790—1800«,  deren  Herausgabe  von  Zeisaberf;  besorgt 
wird  — ,  welche  Erweiterunff  unserer  Eenntniese  wir  von  einer  richtigen  Ver- 
werthung  der  in  unseren  Aräiven  ruhenden  Schätze  zu  erwarten  haben. 


Literatar«  505 

ftrohiTes  des  affaires  MrangdieSy  la  oommiaBion  a  pens^  qa*il  6toit  da  de- 
Yoir  da  d^partemeüt  de  ne  pas  laisser  4  d^aatres  le  soin  de  tirer  de  oea 
archiyes  qaelqaes^anes  de  ees  pablioations  qai»  per  leors  dimeiiaioiiB  im*- 
portantes  et  par  le  bat  4i»v6  qa'ellea  se  proposent»  aemblent  appartenir 
en  partioalieri  &  Tinitiative  da  goavemement.* 

A.   Pribranu 

Amtliche  Sammlang  der  Acten  aas  der  Zeit  der  hei« 
vetiachen  Bepablik  1798  — 1803,  hg.  aaf  Anordnang  der 
Bondesbehorden,  bearbeitet  von  J.  Strickler,  Bd.  L  Oet  1787  bis 
Mai  1798.    Bern  1886,  4^  XVI,  1238  S. 

Hilty  in  seinen  Torlesangen  über  die  Hehetik  (Bern  1878)  bemerkt 
einleitangsweise  a.  a.:  »Es  ezistirt  nirgends  eine  genügende  Darstellang 
der  helyetisehen  Zeit,  das  sehr  reichhaltige  Material  über  diese  Periode  liegt 
noch  sehr  zerstreut  in  cantonalea  and  privaten  Archiven,  zam  Theil  wohl 
in  Paris,  grossentheils  in  einem  eigenen,  in  tiefem  Schweigen  verschlossenen 
€rew(flbe  im  Bandesrathshaase  za  Bern,  von  niemand  bisher  in  des  Oegen- 
standea  würdiger  Weise  gesichtet  and  bdeachtet*  Dieser  bis  vor  karzem 
nur  za  sehr  begründeten  Klage  wird  nan  endlich  darch  die  vorliegende 
Actensammlang  ein  Ziel  gesetzt,  die  grosse  Lücke,  welche  die  eidgenössi- 
achen  Abschiede  enthalten  and  ihrer  Katar  nach  enthalten  massten,  aas- 
g^ftUt  unter  diesem  doppelten  Gesichtspankt  wird  man  in  historischen 
Kreisen  das  Erscheinen  dieses  Werkes  nar  mit  grosser  Freade  begrüssen. 

Wie  aas  der  Vorrede  erhellt,  ist  der  Plan  za  demselben  ziemlich  so 
alt  wie  die  Abschiede,  die  es  ergänzen  solL  Allein  der  im  Jahre  .1853 
vom  eidgenössischen  Eanzler  Schiess  herrührende  erste  Entwarf  einer  »ar- 
kandliohen  Zosammenstellang  der  Verfassongsbestrebangen  der  Schweiz  seit 
1798*  hat  manche  Stadien  darchlaafen  müssen,  ehe  er  zweckmftssig  er- 
weitert and  abgegrenzt  mit  dem  Jahre  1877  ins  Leben  treten  konnte. 
Welcher  Art  diese  Schwierigkeiten  vraren,  lassen  die  früher  citirten  Worte 
Hiltys,  der  jetzt  selbst  mit  dem  Bandesarchivar  Dr.  Kaiser  and  dem  Ober- 
bibliothekar in  Bern,  Dr.  BlOsch,  die  permanente  Bedaotionscommission 
bildet,  za  (Genüge  erkennen  and  es  wftre  höchstens  hier  noch  beizafOgen, 
dass  das  in  jenem  verschlossenen  Oewölbe  aafgespeicherte  Material  in  der 
iÜr  eine  entsprechende  Bearbeitang  ziemlich  anangenehmen  Zahl  von  4000 
Poliobftnden  vereinigt  ist. 

Die  eigentlich  redactionelle  Arbeit  liegt  in  den  Hftnden  des  be- 
wfthrten  Heraasgebers  der  Acten  aar  schweizerischen  BeformatJonggesohichte 
Dr.  Strickler,  der  aoch  mit  diesem  vorliegenden  Band  ein  Haster  tüchtiger 
and  gewissenhafter  Arbeit  gegeben  hai 

Mit  den  von  diesen  M&nnem  aofgestellten  Editionsgrandsfttzen  wird 
man  sich  im  Allgemeinen  nar  einverstanden  erklftren  können.  Bei  der  heat- 
zatage  in  solchen  Dingen  herrschenden  Neaemngssacht  berührt  es  an- 
genehm, dass  man  sich  an  das  in  den  Abschieden  gegebene  naheliegende 
Master  gehalten  hat  Nar  betreffs .  zweier  Punkte  möchte  ich  eine  ab- 
weichende Ansicht  befarworten  and  zwar  erstens  betreffend  der  Aaqpabe 


506  Literatur» 

der  Begister  und  sweitasB  der  Anfiiahme  gleickkotenderr  in  veraehiedeiiea 
Spsachen  abgeftsster  Texte.  Was  den  ersten  Punkt  anbelangt,  so  kann 
man,  ohne  Beaorgnia  widerlegt  zu  werden,  auf  aämmtUolke  in  neuerer  Zeit 
erMkeinende  PabUoatiQnon  darstellender  and  sammelnder  Art  binweiseii, 
bei  welchen  man  immer  mehr  von  einem  znsammeniassenden  Begiater  ab* 
geht  i]jd4  mgitter  ftr  die  einzelnen  Theile  einführt  Vollends  ein  Volnmen 
wie  das  vorliegende  ist  ohne  Begister  einem  Menschen  ohne  Füsse  ver- 
gleichbar. Dazu  kommt,  dass  man  bei  der  grösseren  Zeitdauer,  welche  die 
Vollendung  derartiger  Sammlungen  erfordert,  dieser  nothwendige  Hancöiabe 
einer  leichteren  Benützung  auf  lange  hinaus  -  entbehren  moss.  Zagleidi  sei 
mit  Bezug  auf  die  spätere  Anlage  des  Begisters  der  Wunsch  «o^ge^roeben, 
dass  man  von  einer  materienw^isen  Tbeilung  (lesselb^i,  wie  dies  aaeh  in 
den  Abschieden  beliebt  wurde  (Personen-Ortsregister)  absehe.  Uebersicht- 
lieber  und  bequemer  bleiben  immer  die  schlechthin  nach  der  Buchstaben- 
folge angelegten  Begister,  an  welchen  man  dabei:  auch  von  Anfiing  an  bei 
den  Mon.  Oerm.  festgehalten  hat. 

Was  den  zweiten  Punkt  betrlfit|  so  ist  zu  bemerken,  dass  bei  einer 
solchen  üeberfulle  des  Stoffes,  wie  es  hier  der  Fall  ist,  die  grOsste  Spar- 
samkeit bei  der  Au&ahme  sich  nicht  bloss  aus  Okonolnischen  GründeUf 
sondern  noch  viel  mehr  aus  Bücksicht  auf  die  Leser  und  Benutzer  empfiehlt 
So  z.  B.  w&re  meines  Dafürhaltens  beim.  Abdruck  der  ersten  helvetiseheiL 
Verfassung  (p.  567  ff.)  andera  vorzugehen  gewesen.  Da  nfimüch  der  <Ieutscbei 
^nzösische  und  italienische  Text  inhaltlich  sich  durchaus  nicht  unter- 
scheiden, die  Abfassung  in  den  drei  Sprachen  lediglich  den  Zweck  hatt«, 
eine  möglichst  rasche  Verbreitung  in  allen  von  diesen  Verschiedenen  Idiomen 
beherrschten  Thülen  der  Schweiz  zu  sichern  (vergl.  Eidgen.  Abech.  Bd.  8, 
S.  299,  2.  Abs.  ob.),  da  femer  der  ftanzOsisohe  Text  schon  in  den  Ab- 
schieden (Bd.  8,  S.  299 — 804)  gut  und  ohne  erhebliche  Vananfen  ab- 
gedruckt ist,  so  bitte  es  wohl  genügt,  nur  einen  Text  und  zwar  den 
deutschen  zu  geben  und  alle  im  Vorschlag  und  dem  Oehs^schen  Entwurf 
enthaltenen  Varianten  und  Zus&tze  in  Noten  zu  den  betr.  Parngiaphen 
unterzubringen.  Dagegeii  hlltte  es  sich  sehr  wohl  empfohlen,  die  &  566 
unten  erwähnten  Abänderungsvorschläge  Vogels  aufzunehmen.  Damit  wäre 
das  wesentliche  Material  vereinigt  gewesen. 

Aehnliches  gilt  nun  auch  von  denjenigen  Acten,  bei  welchen  sich  die 
Originalsprache  nicht  mehr  ermitteln  lässt,  wie  »bei  den  eigentlichen  Ge- 
setzen und  Decreten  der  Bäta  und  des  Directoriums  * ,  deren  Text  daher 
»nebeneinander  in  Oolonnen  deutsch  und  französisch  gegeben  werden* 
(Vorrede  &  1).  *  Auch  hier  wird  man  allen  billigen  Anfoiderongen  ent- 
sprechen, wenn  man  nur  einen  Text  abdruckt  and  zwar  dürfte  es  aidi 
empfehlen,  in  nothgedrungener  Alierkennung  der  Vorherrschaft  der  ünmzG* 
sischen  Sprache  zu  damaliger  Zeit,  den  Text  aussehfiesslieh  französisch  zu 
geben  und  die  etwaigen  deutschen  Varianten  in  die  Noten  zu  verweisent 
sobald  dieselben  eine  dem  Sinne  nach  abweichende  Lesung  bieten. 

'  Doch  das  sind  Fragen  von  nebensächlicher  Bedeutang.  Das  Werk 
selbst  verdient  voUq  Anevlehnung,  Eine  gehaltvolle  Vorrede  macht  uns 
mit  detr  (^eaäbiehte  4es  Unternehmens,  von  der  das  Nöthige  schon  mit^ 
getheUi  wurde^  bekannt  und  ebenso  mit  dem  Plan,  nach]  dem  es  jetzt  an* 


Idteatur,  507 

gelegt  wird.  Demzufolge  wird  das  gaUze  Werk  in  iwei  Haaptabtbeiltuigea 
zer&llen,  yon  welchen  die  e^Bte  alle  AclMsitüeke  politischen  nnd'diplo* 
matischen  Inhalts,  die  zweite  alle  in  cultorhiatonscber  Hinacdit  wichtigen 
MUtheilungen  vereinigen  wird.  Nnr  nebenbei  sei  hier  eingesohalteti  did» 
()ie  Beseiohnnag  Bd.  I.  die  ai^enehme  A:iiMioht  auf  eine  durchgehende; 
Zählung  der  zu  erwartenden  Bftnde  erOflbei^  womit  man  der  ninstibuUichen 
Citirnngaart,  wie  si^  &  B.  die  Abschiede  mitunter  nothWoadig  maehNi, 
überhoben  ist 

Es  folgt  dann  eine  erzählende  Einleitung»  welche  in  Kürze  den  Ver- 
lauf der  Begebenheiten  vom  Ausbruch  der  französischen  Bevolution  bis 
zum  Frieden  von  Campo  Formio  schildert,  insoweit  dieselben  speciell  die 
schweizerischen  Interessen  berühren,  wie  das  Verhältnis  der  schweizerischen 
Begimenter  zur  neuen  französischen  Begierung,  Umtriebe  des.  Schweizerclubs 
in  Paris,  die  Verhältnisse  in  der  Waadt,  Genf  und  Bisthum  Basel,  Thätig- 
keit  Laharpes  und  Ochs*,  Vorgehen  Napoleons  gegen  die  italienischen 
Vpgteien,  seine  Heise  durdh  die  Westschweiz  nach  Bastadt  —  dieser  kurze 
geschichtliche  Abriss,  der  vielleicht  in  etwas  zu  gewissenhafter  Weise  mit 
einigen  directen  Zeugnissen  aus  der  Correspondenz  des  Ministers  Clavi^re, 
des  General  Montesquieu,  aus  der  Geschichte  Basels  von  Ochs  u.  A.  ver- 
sehen ist,  dient  in  recht  zweckmässiger  Weise  als  Üeberleitung  zur  Acten- 
sammlung,  die  selbst  wieder  in  zwei  Theile  sich  gliedert.  Von  S.  29  bis 
S.  553  wird  in  zwanzig  Abschnitten  dasjenige  Material  gebracht,  welches 
auf  die  Geschichte  der  Periode  vom  Frieden  von  Campo  Formio  bi&  zur 
Einführung  der  ersten  helvetischen  Verüässung  28.  März  1798  Bezug  hat 
Bei  diesem  so  fiberreichen  Stoff,  der  überdies  zum  Theil  zeitlich  zusammen- 
fallende Ereignisse  behandelt,  von  der  rein  chronologischen  Ordnung  ab-* 
zuweichen,  war  unerlässlich  geworden,  die  Art  aber,  wie  die  hieraus  ent- 
stehende Schwierigkeit  durch  die  Zerlegung  des  Materials  in  kleinere  Gruppen 
umgangen  wurde,  verdient  vollen  Beifall.  Innerhalb  einer  Gruppe  sind 
dann  sUmmtliche  auf  einen  Gegenstand  bezügliche  Acten  ihrer  Zeitfolge 
nach  aneinandergereiht,  so  dass  derselbe  gleich  durch  alle  Phasen  seiner 
Entwicklung  bis  zum  endlichen  Abschluss  verfolgt  werden  kann.  Einzig 
mit  der  Anbringung  der  Jahreszahlen  ist  man  etwas  allzu  sparsam  gewesen. 
Statt  die  den  Inhalt  einer  Gruppe  abgrenzenden  Daten  in  das  Inhalts- 
verzeichnis zu  verweisen,  wäre  es  wohl  viel  besser  gewesen,  sie  den  ein- 
zelnen TJeberschrifben  selbst  anzureihen  oder  man  hätte  wenigstens  jede 
erate  Nummer  einer  Gruppe  mit  der  entsprechenden  Jahreszahl  versehen 
sollen.  Im  üebrigen  wird,  wo  es  Noth  thut,  durch  Verweise  bei  einzelnen 
Nummern  die  Benützung  des  Materials  im  einzelnen  Falle'  erleichtert,  wie 
auch  durch  die  geschickt  gewählten  und  den  Stoff  erschöpfenden  üeber- 
schriften  der  Gruppen,  welche  bis  zu  einem  gewissen  Grad  ebenfalls  chro- 
nologisch geordnet  sind,  die  Uebersichtlichkeit  im  Allgemeinen  gewahrt  ist. 
Ueberdie$  ist  durch  ein  Inhaltsverzeichnis  auf  S.  555,  welches  vielleicht 
zweckmässiger  Voranzustellen  gewesen  wäre,  dafür  gesorgt,  dass  die  ein- 
zelnen Abschnitte  rasch  gefunden  werden. 

Von  S.  559  bis  S.  :1288  folgt  dann  der  zwüte  Th^il  oder  die  eigent- 
liche Actensammlung,  über  die  hier  nicht  viel  mehr  zu  sagen  ist  Sie  be- 
ginnt mit  der  Erklärung  des  framösifph^n  B^emngBcommiaeftrB,  betreffend 


508  LYteratuT. 

die   Giltigkeit   and   Darchfähnmg   des    helvetischen   Yerfiusungsentwiirfes 
Httra  1798  and  reicht  mit  184  Nammem  bis  Anfang  Joni  1798. 

Die  fiosseie  Anlage  ist  der  der  Abschiede  analog.  Wichtige  Acten- 
stüi^e  werden  ganz  oder  zam  grosseren  Theil  ihrem  Wortlaate  nach  ab» 
gedrookt — also  YerfiEkSsangsentwürfe,  wichtige  Briefe,  DecretCi ErlAsse  etc.— , 
bei  den  andern  wird  der  Inhalt  nar  korz  nach  Art  der  Urkondenregestoi 
wiedeigegeben,  jedoch  sehr  ofk  ein  oder  mehrere  entscheidende  Eäia/d  w5rt< 
lieh  noch  beigefügt  Frühere  Dracke  resp.  der  Fandort  des  Originals  sind 
genaa  angegeben.  Jeder  Act  ist  mit  einer  Nommer  bezeichnet;  die  Nmn- 
merirang  ist  für  jeden  der  beiden  Theile  getrennt  dorchlaofend.  Die  ein- 
schlägige historische  Literatar,  besonders  die  in  kleineren  Abhandlangen 
niedergelegte,  soweit  es  nöthig  schien,  verwerthet  Die  zar  Zeit  der  Hel- 
yetik  selbst  erschienenen  Broschüren  werden  sftmmtlich  verzeichnet 

Schliesslich  soll  nicht  anerwähnt  bleiben,  dass  die  Aasstattang  dem 
inneren  Werthe  des  Werkes  entspricht;  ohne  prankhaft  za  sein,  ist  sie 
geftUig  'and  solid,  festes  and  vor  allem  sehr  weisses  Papier,  gater  and 
sorgfältiger  Drack.  Und  so  kann  man  dem  Unternehmen,  an  dem  nicht 
bloss  eine  Beihe  geschalter  Arbeiter,  sondern  aach  die  r^ierenden  Bandes- 
behOrden,  welche  ihm  von  Anfang  an  förderlichst  entgegengekommen  and, 
theil  haben  und  das  wieder  ein  schönes  Zeichen  wahrer  und  einträchtig 
sich  bethätigender  vaterländischer  Grcsinnang  ist,  nar  den  besten  Fortgang 
aaf  der  eingeschlagenen  Bahn  wünschen. 

BaseL  B.  Thommen. 

Bericht  der  Central-Direction  der  Monamenta 
Oermaniae. 

Berlin,  im  April  1886  (verspätet).  Die  Plenarversammlong  der 
Central-Direction  der  Monamenta  Germaniae  ward  in  diesem  Jahr  in  den 
Tagen  vom  18.  bis  15.  April  in  gewohnter  Weise  abgehalten.  Leider 
waren  von  den  aaswärtigen  Mitgliedern  zwei,  Geh.  Bath  Prof.  v.  Qiese- 
brecht  in  München  darch  Unwohlsein,  Hoirath  Bitter  v.  Sickel  in 
Wien  darch  einen  längeren  Aafenthalt  in  Bom  von  der  Theilnahme  ab- 
gehalten. Da  die  Central-Direction  im  Laafe  des  Jahres  ihr  Mitglied,  den 
Jastizrath  Ealer  in  Frankfiirt  a.  M.,  der  schon  der  früheren  Leitang  der 
Monamenta  angehört  hatte,  durch  den  Tod  verloren,  nahmen  von  auswärts 
nur  Prof.  Dümmler  in  Halle,  Prof.  Hegel  in  Erlangen,  Hofrath  Prof 
Maassen  in  Wien  theil.  Dagegen  waren  die  hiesigen  Miiglieder  voll- 
zählig  anwesend.  Von  der  Wahl  eines  neuen  ICtgliedes  ward  für  jetxt 
Abttand  genommen. 

Auch  in  diesem  Jahre  hat  es  nicht  an  manchen  Störungen  gefehlt, 
wie  sie  bei  der  grossen  Zahl  betheiligfcer  Arbeiter  kaum  zu  vermeiden  nnd. 
Doch  darf  sowohl  nach  den  vollendeten  Werken  wie  nach  den  Berichten, 
welche  die  Leiter  der  einzelnen  Abtheilungen  erstatteten,  der  Stand  der 
Arbeiten  als  ein  allgemein  befriedigender  bezeichnet  werden. 

Vollendet  wurden  im  Laufe  des  Jahres  1885/86 
in  der  Abtheilung  Auetores  antiquissimi: 

1.  Tom»  lY,  2  Yenanti  Honori  Glementiani  Fortunati  opera  pedestria. 
Beoensuit  et  emendavit  Bruno  Krusoh.     4.; 


Literatur.  509 

2.  Tom.  VII  Magni  FeliciB  Ennodi  Opera»    Becensait  Fr.  YogeL    4.; 

in  der  Abtheilung  Sariptoree: 

3.  Seriptoree  reriim  Merovingiooram  tom.  I  (Gr^gorii  Turonentts  opera)» 
pars  2:  Miraoala  et  opera  minora  (ed.  Brano  Erasch).     4.; 

4.  Geata  abbatom  Fontanelleiuiam.     Beoensait  S,  LOweafeld.     8.; 

in  der  Abtheilang  Legea: 

5.  Seetio  Y  Formolae  Merowingioi  et  Earolini  aevL  Aoeedont  ordinee 
jadidomm  Dei,  ed.  K.  Zeumer.    Fan  2.     4.; 

von  dem  Neuen  Archiv  der  Ctoeellsohaft  fttr  ftltere  Deatsohe  Ge- 
achicbtaknnde: 

6.  Band  XI. 

Der  Leiter  der  Abtheilung  Auctoree  aniiquissimi,  Prot  Hommsen, 
hat  auf  der  im  Yorigen  Jahr  begonnenen,  in  diesem  beachloesenen  Beise 
die  Bibliotheken  Italiens,  der  Schweiz,  Fruikreiöhs  und  Englands  fGbr  die 
kleinen  Chroniken  aus  der  SSeit  des  TJeberganges  aus  dem  Alterthnm  in 
das  Mittelalter  vollständig  ausgebeutet  und  jetzt  an  die  Ausgabe  selbst 
Hand  gelegt.  Yon  den  noch  ausstehenden  Editionen  des  Sidonius,  mit  An- 
hang der  Briefe  des  Buricius  und  Faustus,  und  des  Claudianus,  ist  jene 
der  Yollendung,  diese  dem  Drucke  nahe.  Dagegen  sind  die  auf  die  Be- 
arbeitung des  Gassiodoms  gesetzten  Hoffnungen  auch  in  diesem  Jahr  nieht 
in  ErfEUlung  gegangen. 

Die  umfassende  Abtheilung  der  Soriptoree    hat    weniger  im   Druck 
vollendet,  mehr  aber  theils  weitergeführt,  theils  begonnen  als  in  manchem 
früheren  Jahr.    Lebhaft  gefi^rdert  ward  der  16*  Band  der  Folioausgabe, 
der  bestimmt  ist,  die  zahlreichen  Supplemente  zu  den  Yitae  und  kleineren 
Historiae  der  E^olingischen,  SBchsiiMshen  und  Frftnkischen  Zeit  zu  geben: 
sie  haben  solchen  Umfang  erhalten,  dasa  jetzt  mit  dem  Ende  des  10.  Jahrh. 
schon  700  Seiten  überschritten  sind»   Der  Druck  steht  in  der  Ausgabe  der 
interessanten  Yita  quinque  fratrum  des  Bruno,  die  Dr.  Kade  aufgefunden 
und  für  uns  bearbeitet  hat.     Den  grösseren  Theil  des  Bandes  lieferte  Dr. 
Holder-Egger,  einzelnes  Dr.  v.  Heinemann,  dessen  Thfttigkeit  leider 
durch   Iftngeres  Kranksein  unterbrochen  ward.     Die   in  den  Monumenta 
bisher   fehlende   Ausgabe   der   Gesta   Heinrioi   metrioe  (Oarmen    de   hello 
Saxonioo),  über  deren  Yer&sser  neuerdings  wieder  lebhaft  verhandelt  ist, 
wird  Oberlehrer  Dr.  Pannenborg  in  Göttingen  liefern.  —  Der  28.  Band 
der  Scriptores  enthält  auf  den  80  Bogen,  die  gesetzt  sind,  die  ausführ- 
lichen Nachrichten  des  Bogerus  de  Wendover  und  Matheus  Fttrisiensis  zur 
Geschichte  der  Staufisohen  Zeit,    die  Dr.  Liebermann  bearbeitet  hat 
Und  noeh  immer  steht  ein  bedeutender  Theil  aus.     Dann  folgen  die  Dft- 
nisdhen  Autoren,  die  ebenfalls  für  die  Staufische  Periode,  insonderheit  die 
Zeit  Friedrich  I.  und  Heinrich  des  Löwen  die  wichtigsten  Nachrichten  ent- 
halten.    Der  Leiter  der  Abtheilung,   Geh.  Beg.-Bath  Waitz,  von  früher 
her  mit  diesen  Autoren  nfther   bekannt,    benutzte    einen  Aufenthalt   in 
Kopenhagen,   um   die   Handschriften    der    königlichen    und    Universitäts- 
Bibliothek  zu  untersuchen,  von  denen  mehrere  später,  ebenso  wie  wichtige 
Codices  der  Üniversitäts-Bibliothek  zu  üpsala,   zu  näherer  Benutzung  ge- 
fklligsi  hierher  gesandt  worden  sind.    Untersuchungen  zur  Kritik  dänischer 
GesohichtsqueUen  werden  demnächst  die  Ausgabe  selbst  vorbereiten.  Da  es 
sich  aber  als  nothwendig  herausgestellt  hat,  auch  die   isländisch  geschrie- 


510  IiHttttttir. 

benen  Berichte   benttizaKieheil,    Wftrd   Herr    Dr.   Finnnr-Jönsson  in 
Kopenhagen  gewonnen,  die  einsohlagenden  Stücke  der  Knytling»-Saga  und 
«inigSBr  anderer  nordiscber  DafBiellnagen  za  hearbcften.  •—  Aaoh  toh  dem 
29.  Bande,  d^  zu  Anlhng  ÜtaohMge  Ilterer  italieniseher  Werke,  Hiiacda 
Coliunbam,  Yita  Petri  UrscfftH  duds  Venetiei,   die  ungedmekte  Yita'  eines 
Abts  Gregorius,  die  auBfubrliche  metrisehe  Bearbeitung  der  YÜa  Anaelfni 
n.  k,  bringen  wird,  sind  schon  einzelne  Bogen  gedrackt.  FQr  die  spKteren 
Historiae  der  Staofisefaen  Zeit  Dr.  JEolder-Egger  auf  einer  zweiten  Beiie 
nach  Itafiea  in  Boni,  Florens,  Lueca,  Asti,  Mailand  gearbeitet;  einiges  andere 
Dr.  Simons feld  in  München  übernommen.  —  Am  wMiigsten  Fortschritte 
haben  in  diesem  Jahre  die  neaen  Ausgaben  der  Gesta  pontifiemii  Bomaoo- 
rttm  msA  dw  Streitsohtiflen  aus  der  Zeü  Gregor  VII.   and  sein^  Nadi- 
fblger  gemacht,   nachdem  di^  handschriftlichen   Vorarbeiten    grossenüieils 
abgesißhlossen  sind.  -^   Dagegen  ist  nach  Vollendung  des  ersten   Bandes 
der  Soriptüres  remm  Meroringicarüm  der  Druck  des  zweiten  regelmtaig 
gefördert;  die  umft^sende  Compilation  des  sogenannten  F^edegar   grossen- 
theils  vollendet.  Es  schliessen  sich  an  der  Liber  historiae  Frano(»ram  (Gesia 
regum  Franoorum)  und  die  Bücher  über  einiselne  KSnige   oder  Mitglieder 
der  königliohen  Familie»  alles  bearbeitet  von  Dr.  Krtisoh,  der  inzwischen 
eine  intetessanto  Untersuchung  über  die  Gesta  Dagoberti  in  den  FotMhungcn 
zur  Deutschen  Geschichte   veröfifentlicht  hat.  —   Der  Zeit  nach   reiht  sish 
hier  die  neue  Bearbeitung  der  Geste  abbatom  FontaneU^isiuin  an,  welche 
Dtl  Löwenfeld  fikr  die  Satnmlung  der  Ootavau^ben  geliefert*  kinit  aaf 
Grund  einer  alten  Handschrift  in  Havre,   die  Pertz  unbekannt  geblieben 
war  und  die  erheblich  vom.  dem  früher  gedruckten  Text  abweiebl   Du  dss 
iWerk  für  die  Kritik  der  Karolingisehen  Annalen  des  9.  Jahrh.  eme  nicht 
geringe  Bedeutung  hat,  wivd  der  zuverlBssige  Text  vielen  erwftnecht  sem. 
V-    Mit  besonderer  Freude  ist  endlich  zu  melden,  dass  der  Druck  der 
deutschen  Chroniken,  wieder  hat  angenommen  werden  können.     An   die 
ausführliche  Einleitung  ^on  Dr.  K  Schröder  schliesst  sich  der  mit  Be- 
nutzung alles  handschriftlichen  Materials  bearbeitete  Text  der  Kaiaen^mmak, 
den  wir  sicher  erwarten  dürfen   im  Laufe   des  Jahres  vollendet  an  sehen. 
Auch  macht  Prof  Stranoh  in  Tübingen  Ho&ung,  dass  dann  idslMdd  did 
noch  umfangreichere  Werk  des  Enenkel  folgen  kann,  das  den  ersten  Band 
der  Deutsehen  Chroniken  absdiliesst  —   Wenn  die  Arbeiten   dieae^  Ab- 
theilung vielleicht  am  meisten  durch  Zueeadking   von   Ekmdaehriften  ans 
den  Bibliotheken  des  In-  und  Auslandes  gefördert  worden  sind,  so  hnben 
ausserdem  zahlreiche  Gelehrte   durch  Collationen   oder  Abechriften   bemf- 
wiUigst  ihre  Unterstützung  gewährt:   zu  nennen  sind  A»  Moliaier  in 
Paris,  Ouverleaux  in  Brüssel,  Thompson  und  Dr.  Biess  in  London, 
Rogers  in  Cambridge,  C.  Cipolla  in  Turin,  Flemmin^  in  Stockholm, 
Erslev  in  Kopenhagen,  Herzberg-Fr&nkel  in  Wien,  W,  Meyer  und 
Simonsfeld  in  München,  Wyas  in  Darmstadt,  Wächter  in  l)üsseldorl 
In   der   Abtheilung   Leges   hat   Dr.   Lehmann,    der  die   neue  Be- 
arbeitung der   Lex   Alamannorum   übernommen,    die  wiohtigeren   tttaicn 
Handschriften  aus  Paris,  Sangallen,  München,  Wien,   Gotha^  Wolftnb&itel, 
Hamburg,  die  sämmtlioh  ge&Uigst  hierher  gesandt  wurden^  neu*  verj^ttabea 
und  hofft  im  Laufe  des  Jahres  die  Bearbeitung  des  Textes  vollendm   n 
können.  —  Der  zweite  Band  der  Capitularien  ist  durch  amidiehe  GenhliU 


.liierafaalr.  511 

und  Engeres  Qiiwalilsein  des  Prof.  Boret  las  zurüdcgehalten  worden.  — 
Dagegen  gelangte  die  Ausgabe  der  Fonneln  von  Dr.  Zenmer  und  damit 
-räM  sehr  wichtige  PubUcation  zum  Abschlnss;  &it  nooh  in  letzter  Stunde 
-konnte  eine  in  Elagenfurt  aufgefundene  Handadhrift  doroh  gütige«  Mit- 
theihing  der  nöthigen  Abaehriften.  yon  Eitter  v.  Jak  seh  verwerthet  .werden. 
Die  Sammlimg  der  Formehi  von  Qottesartbeilen,  die  den  SbUius  bildet, 
iet  ungleidi  viel  reicher  als  irgend  eine  frübere  und  bringt  eine  jiicht 
geringe  Zahl  nngedmckter  Stöcke.  Genaue  Begiater  und  OonooAlanzen 
werden  den  Gebraaeh  des  Bandes  erleiohtern.  —  An  der  Hemüsgabe  der 
frftnkischen  Coneilien,  fär  welche  die  hiesige  ans  der  Hamilton^schen  £amili?- 
liing  erworbene  Handschrift  verglichen  ward,  wird  sich  demnäjohsti  nnter 
Leitang  des  Hofraths  Prof.  Maassen  in  Wien  Dr.  Lippert  betheiligen. 
—  Prof.  Weiland  in  GOttingen  ist  bei  der  Arbeit  f[lr  die  neue  Ausgabe 
der  Beichsgesetze  und  Acta  publica  (Leges  II)  besonders  durch  Mitiheilungen 
aus  dem  Yaticanischen  Archiv  von  Hofrath  v.  Sickel  unterstützt  worden. 
Dr.  Kehr,  der  hierbei  schon  Hilfe  geleistet  hat,  wird  noch  einige  Monate 
far  diese  Zwecke  in  Born  verweilen. 

Dagegen  kehrt  Hoirath  v.  Sickel,  der  Leiter  der  Abtheilung  Diplo- 
mata,  der  den  Winter  über  durch  die  Direction  der  Oesterreichischen  Station 
für  urkundliche  Geschichtsforschung  in  den  Bömischen  Archiven  in  An- 
spruch genommen  war,  jetzt  nach  Wien  zurück  und  wird  die  Arbeiten  für 
die  Ausgabe  der  Urkunden,  zunfichst  Otto  U.,  die  inzwischen  die  Drr. 
Uhlirz  und  Panta,  dieser  leider  gestört  durch  ungünstige  Gesundheits- 
verhsltnisse ,  fortgeführt  haben,  zum  Abschlnss  bringen.  Eine  längere 
kritische  Abhandlung  über  Aechtheit,  Ausfertigung,  Datierung  und  Ueber- 
lieferung  der  einzelnen  Urkunden  erscheint  in  den  Ergänzungshefben  zu 
den  Mittheilungen  des  Instituts  für  Oesterreichische  Geschichtsforschung. 

Die  Abtheilung  Epistolae  unter  Leitung  des  Prof.  Wattenbach  be- 
reitet durch  den  zuletzt  eingetretenen  Hilfsarbeiter  Dr.  Gundlach  jetzt 
eine  Edition  aller  älteren,  besonders  für  die  Fränkische  Geschichte  wichtigen 
Briefe  vor.  Zu  dem  Ende  ist  ein  Yerzeichniss  der  Ausgaben  und  Hand- 
scbriflen  aufgestellt,  das  demnächst  im  Neuen  Archiv  veröffentlicht  werden 
soll  und  dem  die  Bearbeitung  der  Texte  nach  den  grossentheils  schon  ver- 
glichenen Handschriften  folgen  wird.  —  Von  Dr.  Bodenberg,  der  sich 
inzwischen  auch  als  Privatdocent  an  der  hiesigen  Universität  habilitiert 
hat,  ward  der  Druck  der  Briefe  Innocenz  lY.  weitergeföhrt  und  der  Ab- 
schlnss eines  Bandes  für  das  nächste  Jabr  in  Aussicht  gestellt:  manche 
wichtige  Ergänzungen  zu  den  Abschriften  von  Pertz,  welche  fortwährend 
die  Grundlage  bilden,  lieferte  aus  dem  Yaticanischen  Archiv  Dr.  v.  Falke. 

In  der  Abtheilung  Antiquitates ,  welche  Prof.  Dümmler  in  Halle 
leitet,  wird  Dr.  Traube  in  München  die  erste  Hälfte  des  8.  Bandes  der 
Poetae  aevi  Karolini  demnächst  zum  Abschlnss  bringen.  Die  Fortsetzung 
hat  Dr.  Harster  in  Speier  übernommen.  —  Yon  den  Necrologia  Ger- 
maniae  gelangt  eine  Hälfte  des  vom  Archivar  Baumann  in  Donaueschingen 
bearbeiteten  Bandes,  die  Alamannischen  Diöcesen  mit  Ausschluss  Strass- 
burgs,  besonders  zur  Ausgabe ;  woran  sich  später  die  Sammlung  der  Oester- 
reichischen von  Dr.  Herzberg-Fränkel  in  Wien  anschliessen  wird: 
auch  einzelne  Yerbrüderungsbücher,  wie  das  besonders  wichtige  von  Salz- 
barg, finden  hier  BerücksichiiguDg. 


512 


Literatidr. 


Der  11.  Band  des  Neuen  Archivs  unter  Pio£  Wattenbaoh's  Re- 
daction  enthält  ausser  kritischen  Untersuchungen  yerschiedener  Art  —  über 
den  Gatalogus  Felioianus  der  Papstgeschichte  von  0.  Waitz,  den  Fomiel'- 
sammlungen  von  K.  Zeumer,  zur  Au^fabe  der  Lex  Bibnaria  von  K.  Leh- 
mann, über  Tironische  Noten  von  W.  Schmitz  -^  auch  eine  Beihe 
bisher  ungedruckter  Stücke,  mitgetheilt  von  Bishop,  Dftmmler,  Han- 
sen, Löwenfeld,  Schepps  u.  A.  Dr.  Holder-Egger  berichtet  über 
seine  Italienische  Reise.  —  Schon  ein  Blick  auf  diese  Bände  zeigt,  wie 
viel  auf  dem  Gebiete  der  Deutschen  Geschichtsforschung  gearbeitet  wird» 
aber  auch  wie  viel  zu  thun,  wie  in  mancher  Beziehung  unerschöpflich  der 
Beichthum  unserer  Geschichtsquellen  ist 


Studien 

zur  ältesten  und  älteren  Gescliichte  der  Habsburger  und 
ihrer  Besitzungen,  vor  allem  im  Elsass. 


Von 

Aloys  Sehulte. 


II.  Die  Verwaltung  der  Habsburgischen  Besitzungen 

im  Elsass  im  Jabre  1*303. 

So  allgemein  die  bobe  Bedeutung  des  Habsburgiseben  Urbar- 
bucbes  von  1303  bis  1311^)  aucb  anerkannt,  so  fleissig  die  speciell 
schweizerischen  Stücke  auch  für  die  Geschichte  der  Steuerverfassung 
benutzt   sind  und  zu    den    vortrefFlicben  Arbeiten    von   Wyss  und 


1)  Die  Ausgabe  yon  Pfeiffer  (Bibliothek  des  literarischen  Vereins,  Band  19), 
deren  Lob  noch  heute  yielfEich  gesungen  wird ,  ist  in  den  meisten  Beziehungen 
ungenügend.  Pfeiffer  hat  die  Schreibweifle  des  Originals  vollständig  verändert; 
er  hat  das  ürbarbuch  so  veröffentlicht,  wie  nach  seinem  Urtheile  Meister  Burk- 
hard bez.  dessen  Schreiber  h&tte  schreiben  müssen.  Burkhard  schreibt  z.  B.  in 
Ortsnamen  Zimmerholtz,  Pfeiffer  corrigirt  ihm  das  in  Zimberholz,  er  schreibt 
Sant  Plesin,  Pfeiffer  verbessert  ruhig  St  Blftsien,  ebenso  Chünrat  in  Cnonrät, 
Bugkinen  in  Buggtnim,  Burkhard  erlaubt  sich  »und*  auch  vor  Consonant  im 
Anlaut  zu  schreiben,  Pfeiffer  corrigirt  ihm  das  in»unde*.  Kurz,  Pfeiffer  hat  dem 
armen  Burkhard  das  Concept  so  corrigirt,  dass  auch  nicht  fünf  Worte  im  Ab- 
druck mit  der  Handschrift  stimmen.  Diese  Correcturen  sind  um  so  schlimmer, 
da  Burkhard  in  seinen  Fehlem  viel  mehr  Consequenz  bewies,  als  sein  Corrector 
in  seinen  Correcturen.  Pfeiffer  setzt  bald  Dehnungszeichen  ein,  bald  nicht.  Am 
bedenklichsten  sind  natürlich  die  zahllosen  Fehler  in  den  Ortsnamen.  Einen 
Vergleich  bietet  das  Stück,  welches  im  Fürstenbergischen  Urkundenbuch  Band  V 
Nr.  836  möglichst  genau  im  Anschluss  an  das  ausserordentlich  sauber  und  oon- 
sequent  geschriebene  Original  gegeben  ist,  nur  sind  Überall  Ziffam  statt  der 
Zahlen  eingesetzt.  Für  Germanisten  mag  es  lehrreich  sein,  zu  wissen,  wie  Burk- 
hard hätte  schreiben  müssen,  wenn  er  bei  Pfeiffsr  Orthographie  gelernt  hätte, 
wir  Historiker  wollen  aber  wissen,  wie  Burkhard  wirklich  schriebe  Ebensowenig 
sind  die  in  den  Anmerkungen  gegebenen  Ortsbestimmungen  ohne  Fehler.  Da 
inzwischen  ausser  dem  von  Pfeiffer  benutzten  handschriftlichen  Materiale  anderes 
sehr  wichtig^  bekannt  geworden  ist,  so  ist  eine  neue  Ausgabe  sehr  zu  wünschen. 
Eine  Beigabe  von  statistischen  Tabellen,  die  jetzt  ganz  fehlen,  eine  Ausbeutung 
des  urkundlichen  Materials  für  die  Anmerkungen  wäre  nothwendig;  nicht  minder 
aber  auch  eine  histoiische  Karte,   welche  am  Schlagendsten  die  enorme  Macht- 

4 

Mitlliaaaiisen  YIL  S8 


514  Schulte. 

Schweizer  Anlasa  and  Material  gaben  ^),  so  hat  doch  der  innerlich 
am  Yorzüglichsten  ausgearbeitete  Theil,  der  eine  Beihe  von  Unter- 
suchungen möglich  macht,  die  für  die  schweizerischen  Partien  nicht 
durchzuführen  sind,  bislang  nicht  die  Beachtung  gefunden,  welche 
ihm  als  dem  ältesten  Staatsbudget  mittelalterlterlicher  Form,  das  uns 
auf  deutschem  Boden  erhalten  ist,  gebührt.  Als  im  Jahre  1308  im 
Auftrage  König  Albrechts  dessen  Frotonotar  Meister  Burkhard  Ton 
Frikke^)  im  Oberelsass  mit  der  Bearbeitung  des  Ürbarbuches  den  An- 
fang machte,  da  hat  er  wohl  zunächst  «inen  viel  weiter  gehenden 
Plan,  als  er  und  seine  Nachfolger  ihn  später  bei  den  Schweizer  und 
Oberschwäbischen  Theilen  durchführen  konnten ;  denn,  während  diese 
jüngeren  Partien  uns  ein  Begister  der  an  die  einzelnen  Habsbuigi- 
schen  Aemter  zu  entrichtenden  Steuern  bieten,  ohne  dass  die  auf 
diesen  ruhenden  Lasten  angegeben  wären,  so  uns  kein  richtiges  Büd 
der  wirklichen  Einkünfte  der  Habsburger  gegeben  wird,  hat  in  den 
ältesten,  das  Elsass  berührenden  Theilen  Burkhard  auch  ein  genaues 
Verzeichnis  dieser  Lasten  gegeben,  und  indem  zugleich  soigfaltig  ge- 
schieden ist,  was  davon  als  Burglehen  Entgelt  für  militärische  Leistung, 
was  als  Verpfändet  Deckung  einer  Schuld  war,  so  ist  uns   hier  ein. 


Stellung  der  Habsburger  am  Oberrhein  zeigen  würde.  Die  Eoeten,  welöhe  eme 
solche  Karte,  die  wegen  der  Masse  OrtsnlEimen  in  einem  grossen  Msantabe  ge- 
halten sein  mflaste,  yemraachen  wQrde,  werden  freilich  yorlftofig  einen  Verleger 
abschrecken.  Für  unsere  Zwecke  ist  von  den  neu  bekannt  gewordenen  hate- 
burgisohen  Urbarstflcken  der  das  Elsass  betreffende  Rodel  im  BesdrksazcliiT  la 
Colmar'(nach  dem  Inventar  des  BezirksarchivB  G.  45),  dessen  PabHcation  hei 
Tronillat,  Mon.  de  Thist.  de  T^vSch^  de  B&le  (Band  m,  48-78)  sich  aoch  ohae 
Vergleichung  mit  der  Vorlage  als  sehr  schlecht  erweist,  der  wichtigste,  fir  ent- 
hält am  Schlnss  wichtige  Angaben,  die  bei  Pfeiffer  fehlen.  FQr  die  in  derSchweii 
inzwischen  bekannt  gewordenen  Theile  vergleiche  den  untenerwähnten  Anteb 
von  Paul  Schweizer.  Bei  Pfeiffer  fehlt  auch  eine  genane  Altersbestimmaqg'  der 
im  Anhang  gegebenen  RodeL 

1)  Friedrich  von  Wyss  »Die  freien  Leute«  in  der  Zeitschrift  Gtr  schweii. 
Recht,  Band  XYIII.  Schweizer  »Geschichte  der  habeburgischen  Vogtsteuem«  im 
Jahrbach  für  schweizerische  Geschichte,  Band  YIII,  1688,  S.  185—171.  Auch  dk 
Untersuchnngen  von  Zeumer  »Die  deutschen  Stftdtesteuem,  insbesondere  die 
städtischen  Reichssteuem  im  12.  und  18.  Jahrhundert*  in  SchmoUer's  Staate 
und  sodalwissensohaftlichen  Forschungen,  Band  I,  sowie  Küster  »Das  Bächagüi 
in  den  Jahren  1278—1818  nebst  einer  Ausgabe  und  Kritik  des  Nfimbexger  Saal- 
büchleins*, Leipzig  18S8,  fussen  mit  auf  dem  Urbarbnch.  *j  Idi  madie  bei- 
läufig darauf  aufmerksam,  dass  Burkhards  Titel  »Meister*  zeigt,  dasa  er  Uni- 
versitätsstudien gemacht  hat.  Nach  der  in  Pfeiffers  Einleitung  zur  Aufgabe 
S.  IX.  angeführten  Urkunde  war  er  Cleriker.  £s  ist  für  die  DarsteUnng  der 
rechtlichen  Verhältnisse  wohl  zu  beachten,  dass  sie  niedergeschrieben  sind  r» 
einem,  der  mindestens  das  Kirchenrecht  genau  kannte. 


Habsburger  Studien  11.  515 

voller  Einblick  in  die  wahre  Finanzlage  der  Habsburger  gestattet  In  der 
engen  Beschränkung  dieser  Quelle  auf  das  Elsass  aber  liegt  die  Gefahr, 
durch  vorschnelle  Verallgemeinerung  die  specifisch  elsassischen  Verhalir- 
nisse  als  allgemein  Habsburgische  anzusehen.  Zu  diesen  Vorzügen  des 
elsassischen  Theiles  des  Urbarbuches  kommen  noch  zwei  andere.  Zu- 
nächst ist  in  der  Angabe  der  Pfandschaften  und  LeheHyerhältnisse 
das  Alter  des  bestehenden  Zustandes  angegeben,  so  dass  sich  daraus 
chronologisch  zugleich  die  Verschuldung  und  die  Einrichtung  des 
militarifrchen  Schutzes  des  habsburgischen  Gebietes  nachweisen  lässt; 
dann  ist  f&r  die  nach  äusseren  umständen  schwankenden,  nicht  fixirten 
Steuern,  wo  in  den  übrigen  Theilen  nur  der  Maximal-  und  Minimal- 
ertrag angegeben  ist,  hier  zugleich  auch  für  die  meisten  Ortschaften 
der  wirkliche  Ertrag  des  Jahres  1303  angegeben.  Eins  fehlt  aller- 
dings auch  in  den  elsassischen  Theilen  des  ürbarbuchs :  ein  Verzeich- 
nis der  von  den  Habsburgem  ausgegebenen  Lehen.  Ein  solches  Ver- 
zeichnis würde  rückwärts  für  die  älteren  Zeiten  eine  sehr  wichtige  Quelle 
sein,  wir  würden  ersehen  können,  welche  elsassischen  Familien  ursprüng- 
lich Ministerialen  der  Habsburger  waren,  was  durch  Dahingehen  zu 
Lehen  langsam  ihnen  verloren  gieng;  für  die  Machtstellung  des  Hauses 
im  Jahre  1303  kommen  aber  die  einfachen  Lehen  nicht  mehr  in  Be- 
tracht, da  im  Ausgang  des  dreizehnten  Jahrhunderts  das  alte  Treu- 
und  Dienstverhältnis  des  Lehnsmannes  zu  seinem  Herrn  nicht  mehr 
von  ausreichender  Ejraft  war.  Die  vielfachen  politischen  Beziehungen 
zu  der  Beichsgeschichte  des  ausgehenden  dreizehnten  Jahrhunderts 
liegen  auf  der  Hand.  Bei  der  Stellung,  welche  die  habsburgischen 
Könige  Budolf  und  und  Albrecht  gegenüber  der  Reorganisation  des 
Beichssteuerwesens  einnehmen,  ergibt  sich  zugleich  die  enge  Beziehung 
ihrer  Beichssteuerpolitik  zu  der  Steuerpolitik  in  den  eigenen  Landen« 
Die  Wende  des  13.  Jahrhunderts  zeigt  nicht  allein  die  Habs- 
burger in  dem  Bestreben  durch  Godification  ihrer  Einkünfte  den  Be- 
stand derselben  zu  sichern  i).    uns  erscheint  eine  solche  schriftliche 


1)  Das  älteste  landesberrlicbe  Urbarbucb  ist  das  wittelBbacbische,  welcbes 
zwiflcben  1222  und  1228  yerfasst  wurde  (Mou.  Boica  XXXVI  a,  1—1^8).  Zwischen 
ihm  und  dem  Zweitältesten  von  etwa  1280  (a.  a.  0.  185  ff.)  liegt  auch  in  Boiem, 
wie  im  gleichen  Zeitraum  beim  Reichsgut,  eine  Verwaltungsreorganisation,  schon 
1228  war  das  Land  inAemter  getheilt,  1280  waren  zwischen  dieAemterund  die 
Centralverwaltung  als  Mittelstufe  die  4  Vitzthum&mter  eingeführt.  Das  filteste 
OBterreichische  Urbarbuch  ist  das  von  Chmel  im  Notizenblat  1855  abgedruckte, 
welches  unter  Ottokar  zwischen  1247  und  1252  angelegt  wurde.  Zur  Zeit  Rudolfs 
wurde  dann  das  bei  Rauch  publicirte  geschrieben.  (Vgl.  hierüber  Lorenz,  Deutsche 
Geschichte  I,  S65  ff.  und  Riezler,  Geschichte  Bayerns  11,  178.)  Das  älteste  bai- 
rische  und  österreichische  sind  aber,  so  grosse  Vorzüge  sie  auch  sonst  besitzen, 

88' 


516  Schulte. 

Fixirung  als  so  selbstyerstandlich,  dass  wir  nur  allzuleichfc  geneigt 
sind,  hier  das  Vorhandensein  älterer,  nun  verlorener  Schriften  anzu- 
nehmen. Aber  wie  die  Form  des  habsburgisch-ösierreichischen  von  1303, 
wie  die  des  Strassburger  unter  Bischof  Berthold  von  Bucheck  an- 
gelegten Urbarbuchs  beweisen,  ist  für  die  habsburgischen  Lande  keine 
umfassende  Godification  vor  der  von  1303,  f&r  das  Bisthum  Strass- 
burg  nur  eine  einzige  altere,  durch  Bischof  Johann  von  Dürbheim 
(1306 — 28)  veranstaltete  gefertigt  worden;  Rodel  kleineren  ümfanges 
werden  überall  vorhanden  gewesen  sein.  Das  älteste  uns  erhaltene, 
übrigens  sehr  unvollkonmiene  ürbarbuch  des  Bisthums  Constanz  wurde 
durch  Bischof  Heinrich  (1293 — 1306}  angelegt^.  Das  Bertholdinische 
Strassburger  ürbarbuch  beruft  sich  in  den  meisten  Fällen  auf  das 
Johanneische,  in  vielen  anderen  sind  die  betre£Fenden  Notizen  von 
den  Lehensträgern  eingeliefert  worden,  so  dass  hier  nicht  die  durch 
Meister  Bui;khard  geleitete  sorgfältige  Aufnahme  von  Ort  zu  Ort 
Nachahmung  gefunden  zu  haben  scheint.  Das  Johanneische  Ürbar- 
buch gewinnt  fQr  uns  ein  doppeltes  Interesse,  wenn  man  bedenkt, 
dass  der  Bischof  Johannes  von  Dürbheim  früher  der  Kanzler  Eonig 
Albrechts  gewesen  war  und  an  dessen  Hof  bis  zum  Jahre  1805  weilte, 
also  sicher  an  den  Plänen  zur  Bearbeitung  des  Codex  Antheü  nahm. 
Leider  ist  die  auf  dem  Bertholdinischen  Codex  beruhende  Arbeit  von 
Fritz  noch  nicht  veröffentlicht,  so  dass  ich  mich  da  nur  auf  mein 
Gedächtnis  und  die  von  mir  kurz  nach  Auffindung  des  Codex  an- 
gefertigten  Excerpte,  welche  aber  vorwiegend  die  Strassburger  Familien 
und  die  Militärverfassung  betreffen,  verlassen  muss;  den  Wortlaut 
einiger  besonders  wichtiger  Stellen  verdanke  ich  Herrn  Dr.  Wolfram 
in  Strassburg ').  Das  Strassburger  ürbarbuch  macht  es  im  Verein 
mit  dem   Habsburger   möglich,    die  Entwicklung  der   Yerwaltungs- 


üut  nur  Zinsregister;  also  mit  dem  habsburgisch-österreichischen  von  ISOS  gar 
nicht  zu  vergleichen. 

1)  Ein  Stück  aus  diesem  leider  noch  immer  unpublicirten  Urbarbucbe  im 
Fürstenbergischen  Urknndenbuch  Band  V  Nr.  264  S.  227.  Das  älteste  biactoflich 
speirische  ist  die  Signatura  Gerhard!  episcopi  von  1841,  veröffentlicht  von  Reimer 
in  Zeitschrift  f.  Gesch.  des  Oberrheins  26,  101—117.  Aus  dem  gleichen  Jahre 
stammt  das  Urbar  des  Baseler  Bisthums  (z.  T.  auch  Domeapitels)  in  deraelben 
Ztschft.  14,  7—24.  Jedoch  scheint  dieses  Urbarbuch  durchaus  nicht  voUstftndig 
die  Einktbifte  des  Bisthums  zu  geben,  gerade  die  für  die  Landeshoheit  naw. 
wichtigsten  Theile  treten  sehr  zurück.  ')  VergL  die  kurze  Beadireibang 
von  Wiegand  in  Strassburger  Studien,  Band  I,  800.  Inzwischen  ist  die  Ar- 
beit von  Fritz  erschienen,  vergleiche  meine  Besprechung  in  dieser  Ztschft^  VU, 
178—188. 


Habsburger  Studien  IL  517 

Organisatioii    der    beiden   wichtigsten    elsässischen  Territorien    mit- 
einander zu  vergleichen. 


L 
Die  Verwaltungsbeamten. 

Tensch  hat  in  seinem  Buche:  »Die  Beichslandyogteien  in  Schwaben 
und  im  Elsass  zu  Ausgang  des  dreizehnten  Jahrhunderts'  die  Ent- 
stehung der  Reichslandyogteien  untersucht'  Schon  zu  Friedrichs  11. 
Zeiten  wurde  in  dem  Beichslandvogt  ein  neuer  Beamter  fQr  die  Ver- 
waltung der  Steuern,  des  Militärwesens ,  überhaupt  der  dem  Beiche 
zustehenden  Gerechtsame  und  Oüter  geschaffen.  Unter  ihm  standen 
die  Verwalter  der  einzelnen  königlichen  Oüter,  die  Schultheissen  der 
Städte  und  die  Vögte.  Es  waren  also  zum  Theil  gräfliche,  zum  Theil 
pfalzgräfliche  Bechte  alter  Zeit,  welche  jetzt  in  einem  neuen  Amte 
vereinigt  wurden^).  Pfalzgraf  wie  Graf  waren  inzwischen  durch  die 
Umwandlung  in  Landesherrn  unfähig  geworden,  an  der  Verwaltung 
des  Beichsgutes  und  der  Beichssteuem  Theil  zu  nehmen.  Eine  Ueber- 
tragung  an  sie  würde  einem  Verluste  fiLr  das  Beich  gleichbedeutend 
gewesen  sein.  Der  Landvogt  war  nun  aber  wieder  der  erste  Beamte, 
der  nicht  nach  Lehnsrecht  angestellt  war,  sein  Amt  ^ar  nicht  nur 
nicht  erblich,  sondern  er  jederzeit  absetzbar  >).    Es  war  also  der  erste 


0  TeuBcb  findet  mit  Recbt  in  dem  »DegenharduB  de  Hellinstein*  dem  »pro- 
curator  per  omnia  regalia  praedia  Sueyiae*  des  cbronicon  Ürspergenae  (M.  G. 
SS.  XXUI,  S71)  den  Vorläufer  der  Reichalandyögte  zur  Zeit  Friedrich  I.  Ausser- 
halb Schwabens  findet  sich  aber  keine  Spur  von  gleichen  procuratores.  Die  Ein- 
theilung  des  Reiches  in  Landyogteien  ist  jedenfalls  erst  ans  der  Zeit  Friedrich  11. 
Ihre  enge  Beziehung  zur  Verwaltung  des  Reichsgutes  zeigt  sich  auch  darin,  dass 
sie  nur  dort  eingesetzt  wurden,  wo  sich  bedeutende  Trümmer  des  Reichsgutes 
und  Staufisches  Eigengut  be&nden.  *)  Die  Absetzbarkeit  des  Reichslandvogtes 
—  das  wichtigste  Moment  des  Amtes,  das  aber  Teusch  gar  nicht  hervorhebt  ^ 
steht  zwar  nicht  in  der  Bestallungsurkunde  des  Otto  von  Ochsenstein  vom  17.  De- 
cember  1280,  folgt  aber  aus  der  Geschichte  des  bekannten  Wölflin,  dessen  aus- 
gedehnte Wirksamkeit  am  besten  beweist,  wie  hier  Friedrich  IL  mit  grossem 
Geschick  einen  Keil  zwischen  die  sich  ausbildenden  Territorialm&chte  schob. 
Leider  ist  Teusch  auf  die  spätere  Zeit  der  Landyogtei  im  Elsass  gar  nicht  ein- 
gegangen. Die  Entwicklung  des  alten  Reichsgebietes  zur  elsSssischen  Dekapolis, 
welche  schon  durch  das  Interregnum  yorbereitet  wird,  das  gleichmflssige  Zurück- 
weichen der  Landyogtei  und  der  Landgraischaft  yon  ihrer  alten  rechtlichen 
Stellung  und  Macht  bleibt  für  den  Rechtshistoriker  eine  lohnende  Aufgabe,  zu- 
mal wenn  rückblickend  ein  Theil  der  yon  Teusch  untersuchten  Fragen  neu  yor- 
genommen  würde.  Wie  kommt  es,  dass  der  Reichslandyogt  auch  ganz  im  staufi- 
Bchen  Hausgut  so  schaltet  wie  im  Reichsgut  ?  Eine  Untersuchung  über  staufisches 
Haasgut  und  Reichsgut  im  Elsass  ist  ein  primum  desiderium  für  die  elsässische 


518  Schulte. 

wirkliche  Beamte,  der  in  die  deutsche  BeichsyerfiEtösang  wieder  einge- 
führt wurde.  Man  yergesse  nicht,  dass  Friedrich  11.  in  Sicilien  in  einem 
Staatswesen  gross  geworden  war,   welches  dieses  nicht  lehnsbare  Be- 
amtenthum  damals  von  allen  abendländischen  Staatswesen  allein  be- 
sass.  Diese  Üebertragung  des  sicilianischen  Beamtenthums  nach  Deutsch- 
land geht  gleichzeitig  mit  einer  ähnlichen   Umbildung  der   bischof- 
lichen Verwaltung.     Ich  habe  in  der  Einleitung  zum  dritten  Bande 
des  Strassburger   ürkundenbuches^)   gezeigt,   wie   die   folgenschwere 
Schaffung  der  Officialate  seitens  der  Bischöfe  mit  dadurch   yeranlasst 
war,  um  gegenüber  den  von  ihnen  ganz  unabhängigen  Dignitären 
der  Domcapitel  und  diesem  selbst  gegenüber  wiederum  einen  Beamten 
zu  schaffen^  der  nur  jd^s  Bischofs  Interessen  diente ;  und  das  war  der 
durch  die  Ausbildung  des  Kirchenrechts  nothwendig  gewordene,  jeder 
Zeit  amovibile   Of&cial.    Absetzbarkeit    des   Beamten   ist  das 
Charakteristikum,  das  durch  die  ganze  Verwaltungsreorganisation  des 
dreizehnten  Jahrhunderts  sich  hinzieht.     In  vollständiger  Parallelität 
mit  der  geschilderten  Beichslandvogteiverfassung  war  die  Verwaltung 
der  habsburgischen  Besitzungen  im  £lsaäs  organisirt;   die  Gleichheit 
erstreckt  sich  nicht  allein  auf  den  Namen,  sondern  auf  alle  wesent- 
lichen Funkte  ihrer  Befugnisse. 

An  der  Spitze  der  habsburgischen  Verwaltung  im  Elsass,  der 
auch  die  kleinen  Besitzungen  im  Eisgau  untergeben  waren,  stand  der 
Vogt  zu  Ensisheim');  im  Jahre  1803  war  das  Aiht  in  den  Händen 
eines  gewissen  Buodolf^),  während  damals  Beichslandyogt  Johannes 
von  Lichtenberg  war^).  Wie  der  Beichslandvogt  die  Vertheflung  und 
Beitreibung  der  Steuern  aus  dem  Beichsgebiet  zu  seiner  Hauptaufgabe 
hatte,  so  sagt  auch  Burkard  von  Frikke  ausdrücklich,  dass  der  Vogt 
Budolf  1303  «in  allem  sinem  ampte,  niht  m^r  ze  stiure  legen  konnte*, 
als  er  näher  angibt '^).  In  der  Hand  des  Vogtes  Ton  Ensisheim  lag 
die  Verrechnung  aller  aus  den  elsässischen  Besitzungen  einkommenden 
Gelder  und  Naturalien^).     Aber  damit  ist  der  Kreis  der  Befugnisse 


GeBchichte.  Besser  als  Teuscli  hat  Küster  a.  a.  0.  S.  78—85  die  Befugnisse  der 
LandvOgte  und  ihre  Bedeutung  für  die  Verwaltung  der  Beichsgutes  dargestellt 
<)  Urkundenbuch  der  Stadt  Strassburg,  8.  Band,  S.  XVIII  ff.  »)  Das  Amt 
Dattenried  (Delle)  gehörte  zum  Eisgau.  Da  es  unmittelbar  an  die  elsfisBiKrhen 
Besitzungen  der  Habsburger  anstösst,  die  Einkünfte  bei  den  Summirungen  im  Ur 
barbuch  stets  mit  eingerechnet  sind,  so  begreift  die  nachfolgende  Untersuchung 
auch  dieses  nicht  zum  eigentlichen  Elsass  gehörige  Gebiet.  *)  Vgl.  Urbarhucb 
8.  88  Zeile  84.  Rudolf  war  nach  Eindler  von  Knobloch:  Der  alte  Adel  im  Ober- 
elsass  S.  77  aus  dem  Geschlechte  der  von  Ruochsheim,  die  sich  nach  einem  hah^ 
burgischen  Ort  (jetzt  Küstenhart)  benannten.  *)  Nach  Teusch  a.  a.  0.  S.  42 
von  1298  bis  1807.      ')  Urbarbuch  S.  89  oben.      ')  Vgl.  Urbarbuch  S.  SSobcsL 


Habsburger  Studien  n.  519 

des  Yogis  nicht  erschöpft,  ganz  ohne  Zweifel  war  auch  der  wichtigere 
Theil  der  Gerichtsbarkeit  dem  Vogte  zugewiesen.  Ihm  unterstellt 
waren  das  Amt  (of&tium)  in  Ensisheim,  das,  wie  es  scheint,  Yon  ihm 
selbst  direet  verwaltet  wurde,  das  Amt  Landsbnrg  (offitium  Lantz- 
burg),  das  Amt  im  Albrechtsthal  und  zu  Scherweiller  (offitium  in 
Albrehtztal) ,  das  zu  Landser  (offitium  in  Landser),  das  Amt  zu 
Dattenried-Delle  (offitium  Dattenriet),  zu  dem  in  mehr  selbstständiger 
Stellung  die  Höfe  zu  Hirsungen  (liute  unde  guot  des  hoves  ze 
Hirsungen),  die  freien  Leute  zu  Dammerkirch  (die  vi  igen  leute  ze 
Domarkilche)  und  das  Meierthum  zu  Sept  (das  meijertuom  ze  Septe) 
kommen.  Ausserhalb  des  Gebietes  der  alten  Landgrafschaft  Sundgau 
(Oberelsass),  die  habsburgisch  war,  lagen  nur  das  Amt  zu  Albrechts- 
thal, das  zur  Landgrafschaft  Niederelsass  gehörte,  und  das  elsgauische 
Amt  Dattenried.  Nur  zwei  der  Aemter:  Ensisheim  und  Landser,  die 
den  Kern  der  habsburgischen  Lande  enthalten,  bilden  zusammen  ein 
geschlossenes  Ganze,  das  sich  um  den  Hartwald  gruppirt.  Alle  andern 
sind  zersprengt :  das  Albrechtsthal  (jetzt  Weilerthal)  ging  bis  an  den 
Yogesenkamm  bis  an  die  heutige  französische  Grenze  und  umfasst 
eine  Seihe  romanische  Dialecte  redender  Orte;  das  Amt  Landsburg 
enthält  wichtige  Weinorte  am  Ostabhang  der  Yogesen«  Dem  Gebiet 
des  Juras  gehören  das  Amt  Dattenried  und  die  andern  kleineren  Be- 
sitzungen an.  Obschon  so  das  Gebiet  arg  zersplittert,  war  doch  schon 
im  Jahre  1303  das  habsburgische  Haus  das  mächtigst«  im  Oberelsass, 
bis  es  durch  die  Erbschaft  der  Grafen  ron  Pfirt  geradezu  beherrschend 
wurde,  da  diese  fast  den  ganzen  elsässischen  Jura  hinzubrachte.  Yer- 
grössert  wurde  noch  die  Machtstellung  der  Habsburger  dadurch,  dass 
sie  Eastvögte  des  reichsten  Stiftes,  nämlich  Murbach,  und  ebepso 
Yögte  einer  Beihe  yon  kleineren  Stiften  und  Klöstern  waren.  Neben 
diesen  dreien  kamen  nur  noch,  yon  den  Beichsstädten  abgesehen,  die 
Bischöfe  yon  Strassburg  als  Herren  der  Mundat  yon  Büfach  und  die 
Herren  yon  Bapoltstein  in  Betracht. 

Das  Alter  der  eben  skizzirten  Yerwaltungsorganisation  zu  be- 
stimmen, ist  nicht  so  leicht,  da  nur  beiläufige  Erwähnungen  eines 
Beamten  irgend  einen  Anhaltspunkt  gewähren  und  f&r  die  Zeit  König 
Budolfs  es  sehr  schwer  ist,  die  habsburgischen  Yögte  yon  den  Beichs- 
landyögten  zu  untei  scheiden.  Möglicherweise  ist  der  dominus  de  Hohen- 
stein,  welcher  als  adyocatus  Alsatie  in  den  Annales  Colmarienses 
majores^)  zu  1282  und  1284  yorkommt,  nicht  ein  ünteryogt  des  Otto 
yon  Ochsenstein,  der  Beichslandyogt  f&r  das  ganze  Elsass  und  den 


«)  Mon.  Germ,  SS.  XVU,  210  und  211. 


520  Schulte. 

Breisgau  war,  sondern  der  habsburgische  LandvogL  Sicher  ist  aber  der 
bekannte,  Konig  Bndolf  sehr  nahestehende  Bitter  Hartmann  Ton  Baldegg 
ein  habsborgischer  Vogt    Die  Stelle  im  Ghronicon  Colmariense  zum 
Jahre  1287  laatet :  « Biia  completis  dixit  rex  domino  de  Baldeck,  sno 
fidelissimo  procoratori,  quatinus  assumptis  civibus  Columbariensibos 
et  Eeisirsperg  et  aliis  yicinarom  ciyitatum  civibus  Bapoltzstein  fideUter 
obsideret'^).     Da  Hartmann  nicht  in  die  Beihe  der  Beichslandyogte 
einzufügen  ist,  so  liegt  die  Annahme  nahe,  dass  er  der  Verwalter  des 
habsburgischen  Hausgutes  war  und  bis  1289  blieb.    In  diesem  Jahre 
wurde  er  durch  König  Budolfs  Sohn  Budolf  entsetzt  <).     Die   Ab- 
grenzung  des  Amtsgebietes  Hartmanns  ist  um   so  schwerer  festzu- 
stellen, da  dieser  eine  ganze  Beihe  habsburgischer  Beamtungeu  zu- 
gleich Tersah*).     Später  übernahm  Otto   von   Ochsenstein,   der   seit 
1280  BeichslandTOgt  im  Elsass  gewesen  war  und   es  auch  bis  1294 
unter  Adolf  blieb,  die  Verwaltung   des   gesammten   Besitzes   in  den 
habsburgischen  Vorlanden.     Sein  Amt,  in  dem  er  sich  von  1293  bis 
97  nachweisen  lässt,  griff  weit  über  das  Elsass  hinaus,  bis  tief  in  die 
Schweiz  ist  seine  Thätigkeit  nachzuweisen.    Die  Centralleitung  der 
elässischen  Güter,  wie  sie  das  ürbarbuch  kennt,  ist  somit  unter  Budolf 
und  Adolf  mannigfachem  Wechsel  unterworfen  gewesen;   im   Jahre 
1303  war  die  Selbständigmachung  der  habsburgischen  Vorlande  im 
Elsass  Yon  den  übrigen  Besitzungen  eine  vollendete  Thatsache.    Eine 
diese  Einigung  als  vollendet  hinstellende  Nachricht,  welche  die  Annales 
Golmarienses  zum  Jahre   1303   über  den  damaligen  österreichischen 
Landvogt  bringen,  ist  man  versucht,  direct  mit  der  Au&eichnung  des 
Urbarbuches  .in  Verbindung  zu  bringen.    Es  heisst:     .Solennis  pro- 
curator  regis  Bomanorum  domini  Alberti,   qui  a  Binvelden  usque  in 
Slecistatt  inclusive  dominabatur,   in  turrim  in  Ensisheim  claudebatur 
et  rationem  de  sibi  creditis  reddere  cogebatur*^);  sollte  wirklich  Burk- 
hard so  scharfe  Mittel   angewendet  haben,   um   die  Verwaltung   des 
Vogtes  Budolf  zu  prüfen?     Der  älteste  habsburgische  Vogt,  der  sich 
im  Elsass  nachweisen  lässt,  fallt  schon  vor  1256;  er  heisst  in  diesem 
Jahre:  «Ulricus  miles  quondam  advocatus  de  Ensichshein",  bei  Herr- 
gott, QeneaL  II,  327.    Der  Zweitälteste  Vogt  in  Ensisheim,    der   in 
Urkunden  vorkommt,  ist  Burkhard  von  Stammheim,  der  1275  und  77 


*)  MoxL  Germ.  88.  XYII,  256.  *)  Ami.  Golm.  a.  a.  0.  8.  216:  »Dominus 
de  Baldecke  de  procuratione  a  rege  sibi  oommissa  a  regis  filio  remorotor.* 
")  VgL  Kopp,  Gesch.  d.  eidg.  Bünde,  8.  Buch,  II,  2.  1.  S.  41S  f.  Die  Besehnngea 
HartmaimB  zum  ElBass  folgen  auch  daraus,  dass  seine  Söhne,  »hem  Haitmannä 
adligen  kinde  von  Baldegge*  seit  1287  Burglehnsleute  zu  Ensisheim  wara&«  Ür- 
barbuch S.  82.       «)  a.  a.  0.  XVn,  229. 


Habsburger  Studien  II.  521 

erwälint  wird.  Da  in  der  Urkunde  Yon  1275  er  seine  Zustimmung 
zum  Verkaufe  eines  1303  im  Amt  Landser  belegenen  Gutes  gibt,  so 
ist  entweder  die  Amtseintheilung  jünger  oder  Burkhard  Obervogt  für 
die  gesammten  elsässischen  Besitzungen  i). 

Die  Sohne  eines  andern,  vielleicht  des  schon  oben  erwähnten 
Vogtes  von  Ensisheim,  Ulrich  mit  Namen,  nennt  eine  Urkunde  von 
1295;  leider  ist  der  Geschlechtsname  nicht  angegeben  >).  In  Orten- 
berg  —  also  im  Albrechtsthal  —  erscheint  der  erste  Vogt,  Ludwig 
von  Amoltem,  im  Jahre  1282  <^);  da  aber  das  Albrechtsthal  erst  durch 
Budolfs  Vermählung  mit  der  Hohenbergerin  an  die  Habsburger  kam, 
so  ist  das  Alter  des  Amtes  klar.  Auf  der  Burg  Landsburg  kann  ich 
vor  1326  Hetzel  von  Zässingen*)  keinen  Vogt  mit  Namen  nachweisen; 
aber  das  Urbarbuch  beweist  ja  die  Existenz  des  Amtes  um  1303. 
War  Hochlandsburg  von  vornherein  Sitz  des  Amtes,  so  kann  es  nicht 
über  1279  zurückgehen,  da  erst  in  diesem  Jahre  der  Bau  der  Burg 
durch  den  Schultheissen  Siegfried  von  Colmar  begonnen  wurde  ^). 
Dasselbe  gut  in  Betreff  Landsers,  das  erst  1269  von  den  Herrn  von 
Budenheim  an  die  Kirche  von  Basel  gegeben  wurde,  später  dann  aber 
an  die  Habsburger  kam^).  Alles  in  allem  genommen  liegt  kein  Grund 
vor,  die  Verwaltungsorganisation  über  die  Zeit  des  späteren  Königs 
Budolfs  zurückzudatiren.  Aus  dem  Verwaltungsapparat,  wie  er  durch 
Budolf  und  Albrecht  geschaffen  wurde,  ist  dann  allmählich  durch  Hin- 
zuf&gung  von  gelehrten  Bichtem  und  Umwandlung  in  ein  CoUegium 
das  ,  Regiment  **  von  Ensisheim  geworden,  dessen  Ursprung  man  bis- 


<)  Vgl.  Trouülat  a.  a.  0.  II  S.  264  von  1275  November  »B.  diotos  Stam- 
beim  advocatus  de  Ensishain«.  Auf  dieselbe  Urkunde  besieht  dcb  wohl  auch 
das  Citat  bei  Eindler  von  Enoblocb,  Der  alte  Adel  im  Oberelsass  S.  88.  1277  be- 
nutzt  Ulrich  yon  Rapoltsteinf  welcher  an  Stelle  des  Landgrafen  von  Elsasa  zu 
Gerichte  sitzt,  in  dieser  seiner  Eigenschaft  das  Siegel  Burkhards  des  Vogtes  zu 
Ensisheim.  In  ^der  uns  erhaltenen  jüngeren  Uebersetzung  der  Urkunde  (Solo- 
thnmer  Wochenblatt  1824  S.  898—96)  heisst  es:  »besiegelt  mit  dem  Siegel,  das 
wir  brauchen  als  Statthalter  des  Landgrafen,  n&mlich  mit  dem  Siegel  Burkards 
des  Yogfcs  zu  Ensisheim*.  Ulrich  war  also  Vertreter  des  Königs  Rudolf  im  Land- 
gericht Elsass,  er  war  also  »Landrichter*.  1277  hatte  Rudolf  somit  8  Stellver- 
treter im  Oberelsass:  den  Reichslandvogt,  den  Landrichter  imd  den  habsburgi- 
schen  Vogt.  Aus  derselben  Familie  (von  Stammheim)  stammte  der  1285  von 
Rudolf  eingesetzte  Schultheiss  von  Colmar.  Chronicon  Colmariense  a.  a.  0.  S.  254. 
>)  Trouülat  a.  a.  0.  11,  580:   »Vlricus,  Rytliebus  et  Marquardus  fratres  laici,  filii 

quondam  Vlrid  aduocati  de  Ensichzhein*.  Der  Name  Ruodlieb  findet  sich  in 
der  Familie  Nordgasse.  *)  Citat  bei  Kindler  a.  a.  0.  S.  7.  ^)  Kindler  a.  a.  0. 
S.  112.  »)  Ann.  Colm.  min.  M.  G.  SS.  XVII,  192.  •)  Vgl.  die  Urkunden  bei 
Trouülat,  a.  a.  0.  11,  188  ff.  und  die  Angaben  von  Matthias  von  Neuenburg 
(Böhmer,  Fontes  IV,  158). 


522  'Schulte. 

lang  in  das  15.  Jahrhundert  verlegte.  Die  Zosammenfassoug  der 
hababurgischen  Lande  im  Elsass  und  im  Eisgau  zu  einem  central 
regierten  Gebiete,  zu  dem  später  noch  der  Breisgau  kam,  gab  dem 
österreichischen  Besitz  in  den  Vorlanden  eine  feste  Kraft,  die  bis  an 
das  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  dem  Hause  Habsburg  wenigstens 
einen  Theil  dieser  entlegenen  Besitzungen  erhalten  hat^). 


iL 
Die  Steuerverfassung  und  das  Eigengut. 

In  dem  vortrefflichen  Zeumer'schen  Buche:  «Die  deutschen  Stadte- 
steuem,  insbesondere  die  stadtischen  Beichssteuern  im  12.  und  18.  Jahr- 
hundert' ist  in  schlagender  Weise  die  Parallelität  der  Entwicklung  der 
ländlichen  und  der  städtischen  Steuern  und  die  Entstehung  des  Be- 
steuerungsrechtes nachgewiesen.  Nur  in  einem  wesentlichen  Punkte 
der  f&r  die  Oeschichte  der  Habsbui^^  im  Elsass  von  grosser  Bedeu- 
tung ist,  kann  ich  mit  Zeumer  nicht  übereinstimmen«  In  seiner  Dar- 
stellung der  ländlichen  Steuern  nimmt  er  als  die  alteren  ursprüng- 
licheren Steuern  die  von  den  Grafen  erhobenen  an.  vAuch  wo  sich 
freie  Herren  im  Genuss  von  solchen  Steuern  finden,  haben  wir  wohl, 
soweit  nicht  vogteiliche  Verhältnisse  in  Frage  kommen,  üebertngung 
gräflicher  Bechte  auf  sie  anzunehmen'*).  In  Norddentschland  mag 
der  Graf  auch  ausserhalb  seines  Territorialgebietes,  das  ihm  gnind- 
herrlich  zustand,  also  auf  dem  gesummten  Grafschaftsgebiete  Steuern 
erhoben  haben,  für  Schwaben  ist  mir  kein  Beispiel  bekannt,  daas  die 
Steuerrechte  des  Grafen  über  sein  Eigen-  oder  GrafiBchaftsgut  oder 
über  die  Freien  der  Grafschaft  hinausgiengen.  Damit  ergibt  sich 
von  selbst,  dass  die  Entwicklung  in  Schwaben  eine  ganz  andere  war, 
als  sie  Zeumer  auf  Grund  norddeutscher  Verhältnisse  annimmt.  In 
Schwaben  war  die  Grundherrlichkeit,  die  niedere  Gerichtsbarkeit  über 
9  dieb  unde  frevel ' ,  die  Grundlage  für  das  Becht  der  regelmässigen 
Steuererhebung,  soweit  es  sich  nicht  um  Vogteiverhältnisae  oder  um 
Beste  von  Freien  handelt*).    Das  Becht  der  Steuererhebung  ist  eines 


<)  Ueber  das  Alter  der  VerwaltangaorganiBation  in  der  zum  Bisthum  Strvs- 
barg  gehörigen  Mandat  Ruikcli  haben  wir  ein  directes  Zeugnis  in  den  Annak^ 
Golmarienfies  maj.  1278  a.  a.  0.  208:  »Item  domino  episoopo  Axgentinensi  solvit 
dominium  suum  anno  Domini  1200  a  Wetüsheim  Bursom  osque  in  Sülze  iuclunTv 
50  libras  tantum,  de  quibus  terdam  partem  dedit  landtgravio  Aisatie;  et  nee 
scultetum  nee  adyocatum  ibidem  habuit*.  *)a.a.0.8. 11.  *)  »Diubc 
und  frevel*  ist  im  österreichiflchen  Urbarbach  die  nieder^  Gerichtsbarkeit«  nicht 
wie  Pfeiffer  S.  S49  erklärt,  die  hohe.    Danach  ist  die  bezügliche  DarsteUang  bei 


Habsburger  Stadien  11.  528 

der  wichtigsten  Momente  zur  Begründung  der  Landeshoheit  in  den 
Gebieten,  deren  Herren  nicht  die  Grafenrechte  zustanden.  Dass  dies 
der  Gang  der  Ausbildung  war,  beweist  ganz  klar  das  habsbnrgi- 
sche  urbar,  das,  wiewohl  es  durchweg  die  rechtliche  Grundlage 
der  betreffenden  Steuer  untersucht  hat  und  angibt,  doch  nicht,  yon 
Vogteiverhältnissen  und  Freien  abgesehen,  einen  einzigen  Fall  yon 
Steuern  im  Elsass  au£Rihrt,  wo  das  Becht  der  Steuererhebung  nicht 
mit  dem  Bechte  der  niederen  Gerichtsbarkeit  Terbunden  war,  und 
ebenso  wenig  einen  Fall,  in  den  zum  Niederelsass  gehörigen  Theilen, 
wo  die  Habsburger  nicht  die  Grafenrechte  besassen,  dass  dort  die 
Habsburger  wohl  die  niedere  Gerichtsbarheit,  nicht  aber  das  Steuer- 
erhebungsrecht besassen.  Wiewohl  die  Habsburger  die  Grafenrechte 
im  ganzen  Oberelsass  ziemlich  ungeschmälert  besassen  und  auch  im 
14.  Jahrhundert  usw.  noch  ausübten^),  so  waren  sie  doch  nicht  im 
Stande,  ihre  Landeshoheit  über  dieses  ganze  Gebiet  auszudehnen,  was 
später  zu  dem  im  ürbarbuch  au%ezeichneten  Gut  hinzukam,  fiel  den 
Habsburgem  zu  durch  Erbgang  oder  Kauf.  Da  sonst  kein  SSeugnis 
aus  Schwaben  beigebracht  ist,  so  glaube  ich  für  Schwaben  die  Existenz 
Tou  eigentlichen  Grafensteuem  leugnen  zu  müssen.  Die  einzigen  Ein- 
nahmequellen,  die  der  Graf  als  Graf  hatte,  bestanden,  to]^  den  Ge- 
richtseinkünften abgesehen,  in  den  Steuern  der  Freien  und  in  dem 
Nutzen  des  Grafengutes.  Was  auf  diese  Weise  die  Habsburger  im 
Oberelsass  besassen,  gibt  deutlich  und  klar  das  Urbarbuch  zu  er- 
kennen. 

Ich  weiss  sehr  wohl,  dass  diese  Sätze,  dass  in  Schwaben  keine 
Grafensteuem  nachzuweisen  sind,  dass  dort  der  Besitz  der  niedem 
Gerichtsbarkeit  und  der  damit  yerbundene  Steuerbesitz  die  Grundlage 
zur  Entwicklung  der  Territorialhoheit  bilden  —  sich  gegen  die  all- 
gemein recipirte,  fast  un^vidersprochene  Theorie  über  die  Ausbildung 
der  Landeshoheit  kehren^.  Um  nicht  missverstanden  zu  werden, 
muBs  ich  vorher  noch  bemerken,  dass  meine  Untersuchungen  sich 
eigentlich   nur  auf  das  obere   Elsass   und   das   südliche  Baden  aus- 


Küster  8.  54  zu  bericbtigeB,  wo  auch  die  Erklftmng  yon  >twing  und  bann* 
falsch  ist. 

0  Vgl.  darüber  Franck,  Die  Landgra&cbaften  des  heiligen  römischen  Reiches 
8.  128  ff.  *)  Noch  jüngst  von  Richter:  »Untersuchungen  zur  bist.  Geographie 
des  ehem.  Hochstifl»  Salzburg«  in  dieser  Ztschft.  £.  B.  I,  698:  »Der  Erwerb  der 
höchsten  Gerichtsbarkeit  über  geschlossene  Gerichtsbezirke,  Grafschaften  bildet 
die  Grundlage  der  Landeshoheit.*  Dass  ich  diesen  Satz  nur  für  Schwaben  be- 
streite (für  Franken  ziehe  ich  ihn  in  Zweifel),  erklftrte  ich  schon  früher  (dieselbe 
Ztschfl.  Vn,  181). 


524  Schulte. 

dehnten,  mangels  eines  anderen  Ausdrucks  muss  ich  für  dieses  Ge- 
biet den  Begriff  schwäbisch  verwenden;  aber  auch  über  diese  Grenzen 
hinaus  ist  mir  innerhalb  Schwabens  nichts  bekannt,  was  diesen  Sätzen 
widerstritte.  Nur  möchte  ich  nicht  in  den  Fehler  des  Generalisirens 
verfallen,  den  vor  allem  unsere  Handbücher  der  allgemeinen  deutschen 
Bechtsgeschichte  oft  genug  nicht  vermieden. 

Zuerst  ist  gegen  die  Giltigkeit  der  Theorie  der  Landeshoheits- 
bildung für  Schwaben  Widerspruch  erhoben  von  Franck  in  seinen 
«Landgrafschaften*,  das  neben  manchen  Unrichtigkeiten  doch  viel 
Wahres  enthält.  Ganz  richtig  verwirft  er  die  bisherige  Definition  des 
Titels  Landgrafen,  als  sei  der  Landgraf  ein  Herr  eines  aus  mehreren 
erblich  gewordenen  Gomitaten  gebildeten  Territoriums  und  hebt  in 
aller  Schärfe  hervor,  dass  die  Landgrafen  nicht  einmal  im  Stande 
waren,  den  Besitz  der  hohen  Gerichtsbarkeit  zur  Territorialhoheit  in 
ihrer  einzigen  Grafschaft  auszubilden.  Wenn  er  dann  sagt:  .Der 
Landgraf  als  solcher  war  kein  durch  seine  Macht  (und  deshalb  durch 
seinen  Titel)  vor  Andern  ausgezeichneter,  sondern  im  Gegentheil 
ein  g^en  Andere,  welchen  es  gelungen  war,  aus  ihrem  Grafenbezirk 
ein  Territorium  zu  machen ,  zurückgesetzter ,  benachtheiligter 
Graf,  so  ist  das  juristisch  construirt  ganz  richtig,  aber  es  wäre  doch 
hervorzuheben  gewesen,  dass  wenigstens  die  ältesten  Landgrafen- 
geschlechter in  der  That  sehr  mächtige  Familien  waren,  welche 
die  grosse  Masse  der  Grafen  an  Macht  bedeutend  übertrafen  (Thüringen, 
Unterelsass-Metz,  Linzgau-Heiligenberg,  Habsburg-Oberelsass,  Leuchten- 
berg usw.).  Es  ist  doch  etwas  Wahres  an  jener  älteren,  sonst  fidschen 
Definition  von  «Landgrafen*,  dass  dieser  Titel  in  der  That  eine  Aus- 
zeichnung enthielt^).  Franck  hebt  mit  Becht  hervor,  dass  der  Titel 
«comes  provincialis '  besonders  mit  dem  Zusatz  .per  .  .  .*  deutlich 
die  Absicht  der  Verwahrung  gegen  Verkürzung  der  Grafenrechte  (hohe 
Gerichtsbarkeit)*)  seitens  der  innerhalb  der  Grafschaft  beg^üterten,  zur 
Territorialhoheit   vorgedrungenen   Herren   enthält,   aber    zugleich  ist 


1)  VgL  auch  Waitz,  VerfaBsungsgescliichte  VII,  61  Anm.  4.  *)  Ein  aehi 
interesBantes  Weisthum  aus  einer  Londgrafiicliafb  iat  das  Aber  die  Bechie  der 
Grafschaft  im  Linzgau  (Heiligenberg),  (zuerst  bei  Franck  S.  67,  jetet  viel  besser 
F&rBtenbergisches  Urkundenbuch  V,  856)  vom  Jahre  1822.  Die  Identitfit  der 
Rechtsverhältnisse  in  den  Landgrafichaffcen  und  den  flbrigen  sohwäbiiBchen  Grai- 
schalten,  von  der  sogleich  die  Bede  ist,  beweist  auch  der  Umstand,  daas  sowohl 
der  Landrichter  als  eine  Reihe  von  Schöffen,  welche  bei  dem  Landtag  das  Recht 
wiesen,  nicht  der  Landgrafschaft;,  sondern  andern  Grafschaften  angehören,  ao  dt>T 
Landrichter  Eonrad  Fürst  von  Konzenberg  dem  Scherragau,  andere  Bind  Bürger 
von  Ravensburg,  Konstanz  und  Pfullendor£ 


Habsbutget  Studien  IL  525 

doch  wohl  möglichst  scharf  der  Gegensatz  ausgedrückt  g^en  die  sich 
Grafen  nennenden  Geschlechter,  welche  keine  Grafschaftsrechte  be- 
sassen.  um  sich  von  diesen  zu  unterscheiden,  um  ihren  Amtscharakter 
klar  zu  stellen,  nannten  sich  die  Inhaber  wirklicher  Grafschaftsrechte 
Landgrafen.  Gerade  in  den  grossen  unzertrümmerten  Grafschaften  des 
südwestlichen  Schwabens  war  es  früh,  schon  zu  Anfang  des  12.  Jahr- 
hunderts aufgekommen,  dass  sich  mächtige,  angesehene  Familien  den 
Titel  «Graf*  anmassten,  ohne  das  Amt  zu  besitzen;  bei  einigen  dieser 
Familien  ist  es  nachzuweisen,  bei  andern  zu  vermuthen,  dass  ein  Glied 
derselben  einmal  eine  Grafschaft  verwaltet  hatte.  Wenn  die  Herren 
Yon  Nimburg  im  Breisgau,  Ton  Ffirt  im  Oberelsass,  von  Lützelstein 
im  ünterelsass  sich  Grafen  nannten,  so  waren  sie  doch  nicht  im  Be- 
sitz von  Grafschaftsrechten ;  um  Tor  ihnen  sich  auszuzeichnen,  legten 
die  Besitzer  der  ,Grafschaftsrechte  sich  den  Titel  , Landgrafen*  zu. 
Nach  der  Franck'schen  Darlegung  könnte  man  vermuthen,  dass  nur 
diejenigen  Grafen,  welchen  es  nicht  gelang,  in  ihrer  ganzen  Graf- 
schaft die  Territorialhoheit  auszubilden,  sich  Landgrafen  nannten.  Das 
ist  aber  durchaus  unrichtig.  Nicht  anders  wie  in  der  Landgrafschaft 
Breisgau  z.  B.  lagen  die  Verhältnisse  in  der  Ortenau,  in  der  Graf- 
schaft Sulz,  im  Eraichgau,  in  der  Grafschaft  Yeringen  und  den  andern 
Grafschaften  an  der  Donau.  Es  mag  sein,  dass  dort  der  Gegensatz 
zu  anderen  Titulargrafen  fehlte,  als  dass  der  Name  Landgraf  auf- 
gekommen wäre. 

Weit  wichtiger  aber  als  die  Frage  nach  dem  Auf  konmien  des 
Titels  Landgrafen,  ist  die  Untersuchung,  welches  die  Gründe  waren, 
dass  in  Schwaben  nicht  die  Ausbildung  der  Grafschaftsrechte  zur 
Territorialhoheit  gelang.  Ich  suche  den  Grund  dafür  vor  allem  in 
der  engen  Verbindung  der  freien  schwäbischen  Geschlechter  mit  dem 
Hause  der  Staufer.  Diese  Familie  war  ja  selbst,  als  sie  das  Herzog- 
thum  Schwaben  erhielt,  nicht  im  Besitze  einer  Grafschaft^  Eng  yer- 
schw^^rt  und  Terwachsen  mit  den  zahlreichen  schwäbischen  Freien- 
geschlechtem,  waren  die  Staufer  in  den  Besitz  des  Herzogthums,  des 
Beiches  gelangt  und  diese  Familien  standen,  trotz  mancher  Kämpfe, 
doch  bis  in  die  letzten  Tage  des  Eönigsgeschlechtes  ihnen  viel  naher 
als  andere  fränkische,  bayrische  oder  gar  sächsische  Geschlechter.  In 
dieser  engen  Berührung  mit  dem  königlichen  Hofe  gelang  es  den 
Freien  gegenüber  den  Grafen,  ihre  Bechte  festzuhalten  und  auszu- 
bilden. Schwerlich  wurden  ja  die  freien  schwäbischen  Geschlechter 
am  Hofe  der  Staufer  deshalb  geringer  gehalten,  weil  sie  nicht  im 
Besitz  einer  Grafschaft  waren. 

Bei  der  Wichtigkeit  der  Frage  mag  es  gestattet  sein,  den  Gang 


526  &  0  h  u  1 1  e. 

der  Auflbildang  der  Landeshoheit  noch  an  ein  paar  Beispielen  zu  Ter* 
folgen. 

Ein  klassisches  Beispiel  ist  die  Geschichte  der  zahringischen  Ecb- 
scha£L    Als  mit  Berihold  V.  1218  der   herzogliche  Stamm  der  Zäh- 
ringer erlosch,  fiel  den  (trafen  von  Urach  als  Erben  ein  ausserordent- 
lich grosses  Eigengot  und  Lehengat  zxl    Wiewohl  dieser  BaaUa  sidi 
über  ftnf  Gaue  erstreckte:  Breisgau,  Ortenau,  Kinzigthal  (Gra&diaft 
Sola),  nördliche  Baar  und  südliche  Baar^),   so  war,  nach  allem  za 
schliessen,  doch  nur  eine  Grafisohaft  im  Besitze  der  Zähringer  ge- 
wesen«   Wäre  jener  Satz  richtig,  dass  der  Besitz  der  Grafschaft  die 
Grundlage  der  Territorialhoheit  ist,  so  hätte  nach  der  Spaltung  der 
Grafen  von  Urach  der  Freiburg^r   Zweig   überhaupt  nicht   Landes- 
hoheit erwerben  können  >)  —  der  Fürstenbergische  nur  in  dem  süd- 
lichen   Theil  der  Baar    (Albunnesbar)    ein  Territorium  sich    bilden 
können;  die  Grafischaft  im  nördlichen  Theile  erhielten  sie  erst  128S'). 
und    wie    war    die    thatsäehliche    Entwicklung?      Der    Freibuiger 
Zweig,   der  seinen  Grafentitel  nur  von  dem  üraoh^schen  Qrafenfcitel 
herleitete,  galt  als  der  reichere,  ihm  gehörte  Freiburg,  betrachtliche 
Theile  des  Breisgaus  und  vom  Kinzigthale  -^  alles  das  müsste  in  Con- 
sequenz  jener  Theorie  den  Markgrafen  von  Baden-Hachberg  als  Be- 
sitzern der  Grafschaft  zuge&Uen  sein.    Der  ärmere   Fürstenbergiscbe 
Stamm  dehnte  sich  über  die  Grenzen  seiner  Grafschaft  aus,  in  dieser 
selbst  aber  erlangte  er  lange  nicht  überall  die  Territorialhoheit,  mitten 
in  dieser  lagen  Besitzungen  der  Freien  und  der  Elöster  versiffengt* 

Man  wird  einwenden,  dass  in  diesem  Falle  die  Machtstellung  der 
Zähringer  schon  längst  zur  Exemtion  ihres  Gebietes  Yon  den  Graf- 
schafi»gebieten  geführt  haben  mag  —  es  ist  das  ja  denkbar,  mög- 
lich, aber  gewiss  ist  es  nicht;  ja  yon  der  nördlichen  Baar  wiaaan  wir 
sogar  das  Gegentheil^). 

Wenn  nun  aber  auch  selbst  solch'  machtigen  GeschleGhtem  gegen- 
über eine  Auslösung  ihres  Gebietes  aus  dem  Grafschaftsverbande  statt- 
fand, bei  den  kleineren  Besitzungen  des  Adels  war  das  nicht  der  Fall. 
Hier  ist  der  Beweis  leicht  zu  führen. 

Für  das  würtembergische  Schwaben  liegt  in  dem  trefflichen  Buche 
Baumanns:  Die  Gaugrafschaften  im  würtembergischen  Schwaben  der 
Zustand  vor  der  Ausbildung  der  Territorialhoheit  zu  Tage.  Wären 
die  Gaugrafschaften   die  Grundlage  unserer  moderneren  Territorien 


>)  VgL  Biezler:  Geschichte  des  fürstlichen  Hauses  FQrstenbeTg  I,  41  ff. 
>)  Ueber  ^e  Gra&chaft  im  Breisgau  vgl.  Riezler  a.  a.  0.  8.  104.  *)  Biesler 
a.  a.  0.  8.  210  flf.         *)  S.  Riezler  8.  210. 


flabsburger  Studien  It.  527 

gewesen,  so  mUssten  noch  im  vorigen  Jahrhundert  diese  Gebiete  als 
Territorialeinheiten  bestanden  haben;  aber  ein  flüchtiger  Vergleich 
der  bunten  Sparte  Schwabens  im  vorigen  Jahrhundert  mit  der  Bau- 
mann^schen  genügt,  nm  es  evident  zu  stellen,  dass  diese  Annahme 
fiilsdi  ist  Und  doch  war  gegen  das  14.  Jahrhundert  darch  das  Er- 
löschen oder  Verarmen  schwäbischer  iPreiengeschlechter,  durch  Arron- 
dirung  und  Erbschaften  die  Zahl  der  verschiedenen  Herren  ungemein 
vttringert.  Leider  geht  die  Baumann^sche  Karte  nur  noch  stückweise 
auf  badisohes  Gebiet  hinüber,  sonst  würde  der  Vergleich  mit  der 
Ffirstenbergbchen  Territorialkarte  ^),  welche  durch  ihre  Erläuterungen 
Wachsthum  und  Abnahme  der  einzelnen  Bechte,  der  hohen  und  niederen 
Gerichtsbarkeit  fiBür  jedes  Dorf  feststellt,  noch  schlagender  sein,  als  er 
jetzt  schon  in  den  Gauen  Linzgau,  Batoldesbuch,  Scherra,  Burichinga, 
Sulz  usw.  für  die  jetzt  würtembergrischen,  ehemals  fQrstenbergischen 
Besitzungen  ist.  Auf  der  Karte  selbst  sind  wenigstens  von  3  bez.  4 
Landgra&chaften  die  Grenzen  miteingetragen:  Linzgau,  Stühlingen, 
Baar  (nördlicher  und  südlicher  Theil),  so  dass  auch  für  das  badische 
Hanpigebiet  der  Vergleich  sich  ergibt. 

Ich  wiederhole:  dasElsass,  das  doch  nur  zwei  Grafschaften  kannte, 
zerfiel  in  dreissig  oder  mehr  Territorien,  der  Breisgau,  die  Ortenau, 
Baar,  Linzgau  usw.,  alle  diese  waren  nicht  die  Grundlage,  auf  der 
eine  Territorialmacht  emporwuchs,  sie  wurden  von  unten  heraus, 
von  den  Besitzern  der  niedem  Gerichtsbarkeit  zersprengt  und  auf- 
gelost. So  entstand  in  Schwaben  die  bunteste  Länderkarte,  welche 
das  buntscheckige  deutsche  Reich  aufweisen  konnte.  Weit  nach  Franken 
hinein  lagen  die  Verhältnisse  nicht  anders,  im  Herzogthume  Bayern, 
in  Oesterreich  scheint  —  darin  stimme  ich  gern  Bichter  zu  —  das 
entgegengesetzte  der  Fall  gewesen  zu  sein.  Indem  dort  die  Grafschaft 
siegte,  ballten  sich  die  mächtigen  Territorien  zusammen,  gegen  die  der 
Besitz  des  kleinen  schwäbischen  Freien  winzig  genug  sich  ausnimmt  Es 
hat  eben  auch  hier  die  Entwicklung  des  deutschen  Bechts  nicht  überall 
gleichen  Lauf  genommen.  Auch  hier  zeig^  sich  wieder  recht  klar, 
dAsa  nur  die  vorurtheilsfreie  Einzeluntersuchung  zu  einem  gesunden 
Aufbau  der  deutschen  Bechtsgeschichte  führen  kann;  voreiliges  Ge- 
neralisiren,  vorschnelles  Nivelliren  die  grösste  Elippe  ist,  an  der  bis- 
her unsere  rechtshistorische  Forschung  nur  allzu  oft  Schiffbruch  ge- 
litten. 

Ehe  ich  zur  Darstellung  der  habsburgischen  Steuern  übergehe, 
habe  ich  noch  die  Trümmer  —  denn  nur  das  sind  es  noch  —  des 


<)  Riezler:  Oeschichte  des  FürBtenbergischen  Hauses  L 


528  Schulte. 

alten  Eigengates,  des  privatrechtlicheii  Eigenthamfl  der  Habsburger 
darzolegeiL  Das  Ürbarbuch  onterscheidet  ganz  scharf  diese  Einkünfte, 
welche  ,ze  zinse'  und  ,yon  zehenden'  einkommen,  Ton  d«n,  vis 
aze  stiore*  gegeben  wurde;  nnd  berechnet  bei  den  einzelnen  Aemtmi 
diese  Einnahmen  getrennt  Aber  in  dem  Bilde,  das  uns  so  gegeben 
wird,  fehlt  ein  wichtiges  Moment  Wohl  ist  auch  bei  dem  Eigengat 
angegeben,  was  Ton  ihm  rerpfandet  oder  zu  Burglehen  g^reben  war, 
aber  es  fehlt  das  Begister  über  die  eigentlichen  Lehen.  Was  yon  dem 
Eigengnt  bis  zum  Jahre  1303  nach  und  nach  zu  Lehen  gegeben  und 
so  f&r  den  directen  Nutzen  entfremdet  war,  entzieht  sich  unseren 
Blicken.  Hatten  wir  ein  solches  Verzeichnis,  so  würden  wir  noch 
schärfer  als  jetzt  das  alte  Allod  der  Habsburger  nachweisen  können. 

Yon  den  im  Bereich  der  habsburgischen  Qra£schaft  Obereisaas 
belegenen  Yerwaltun^bezirke  umschloss  1303  der  Landsburger  kein 
Eigengut,  im  Bezirk  Landser  hatte  die  Herrschaft  nur  Einkünfte  am 
der  Stadt  Landser  und  dem  hart  an  den  Ensisheimer  Bezirk  stossen- 
den  Dorfe  Didenheim^).  Das  meiste  Eigengut  war  yorhanden  im  Amt 
Ensisheim.  Zwar  waren  unter  diesem  einige  Einkünfte,  welche  vom 
Klostergut  als  Entschädigung  für  die  Yogtei  eingiengen  (Hof  des 
Klosters  Pairis  zu  Deigenheim),  es  gab  hier  aber  eine  Beihe  von  grossen 
Mühlen  zu  Ensisheim,  Blodelsheim,  Machdoltzheim,  welche  zu  beden- 
tenden  Naturalleistungen  verpflichtet  waren,  und  daneben  noch  grosse 
Dinghofe  und  Höfe  zu  Ensisheioi,  Begisheim,  Sundhofen,  Egisheini, 
Bülisheim,  Kilcheim  und  Biederthal*).  Zu  ihnen  kommen  noch  kleinere 
Einkünfte  von  Zöllen,  Allmenden  usw.  Schon  dieser  beträchtliche  Best 
von  Allodialgut  würde  —  wenn  auch  sonst  vom  Urbarbuch  abgesehen 
keine  andere  Quelle  vorhanden  wäre  —  beweisen,  dass  das  Amt  Ensis- 
heim der  Ausgangspunkt  der  habsburgischen  Macht  im  Elsass  ist 

Im  südwestlichen  Theil  des  Oberelsass  hatten  die  Habsborger  im 
Hof  von  Hirsingen  und  im  Meierthum  von  Sept  beträchtliche  Ein- 
künfte. Das  Urbarbuch  bezeichnet  diese  Theile  aber  ausdrücklieh  als 
zum  Landgericht  gehörig.  Wir  haben  hier  also  das  Gut  vor  uns,  das 
den  Habsburgern  als  Grafen  im  Oberelsass  zugefallen  war*). 

Im  unterelsässischen  Theile,  im  Albrechtsthal,  war  eben&Us  noch 
ein  bedeutender  Best  von  Einkünften  aus  Allodialgut  erhalten;  die- 
selben bestanden,  dem  gebiigigen  Charakter  der  Gegend  entsprechend. 


>)  Urb.  Dudenheim  S.  21.  *)  Bladoltzhein ,  MaK^hdoltzheim  abgegangen. 
Regensheim,  Sunthoven,  Kilcheim  abgegangener  Ort,  Biedertan  hart  an  der 
schweizer  Grenze.  *)  ürbarb.  8.  ^4:  >daz  !n  ouch  geechriben  eint  Hute  tmd« 
guot  des  hoves  ze  Hirsungen,  des  amptes  ze  Domarkilchen  unde  des  meüertoou» 
ze  Septe,  die  von  alter  pflichtig  wären  unde  noch  sint  des  lantsgerihtes  in  Elsäae.* 


Habeburger  Stadien  IT.  529 

vormegeud  in  Prodacteu  der  Viehzucht  und  in  dem  auch  dort  noch 
leicht  zu  bauenden  Haber.  Diese  Besitzungen  kamen  aber  erst,  wie 
wir  später  sehen  werden,  durch  die  Gemahlin  König  Budol&  an  die 
Habsburger. 

Die  beträchtlichen  Einkünfte  aus  den  Oütern  im  Eisgau  hatten 
die  Habsburger  nach  mancherlei  Verkäufen  und  Verpfandungen  als 
Vögte  Ton  der  Abtei  Murbach  erhalten,  wie  wir  später  nachweisen 
werden.  Einen  üeberblick  über  die  Vertheilung  der  Einkünfte  auf 
die  Verwaltungsbezirke  gibt  die  Tabelle  auf  der  nächsten  Seite. 

Vt^ie  irrig  es  ist,  in  der  zweiten  Hälfte   des  Mittelalters   nichts 
anderes  als  eine  Degeneration  der  Zustände,  deren  Höhepunkt  die  karo- 
lingische  Monarchie  bildet,   zu  sehen,   beweist  am  schlagendsten  die 
Geschichte  der  Steuern.    Hier  hat  das  spätere  Mittelalter  selbst  sich 
Bechtszustände  gescha£Fen,  welche  im  scl^ärfsten  Gegensatz  zur  karo- 
lingischen  Monarchie  den  ersten  Keim  unserer  modernen  Staatsbegriffe 
enthalten.     Oder  ist  es  denn  nicht  ein  eminenter  Fortschritt  von  der 
Zeit,  die  das  ganze  Finanzwesen  des  Staates  auf  privatrechtlicher  Grund- 
lage aufbaut,   als   wäre  der  Staat  nur   ein  grosser  Hof,   bis  zu  dem 
Steuerrechte   des  dreizehnten  Jahrhunderts,   das  für  die  Bedürfnisse 
des  Staates  die  Kräfte  der  Einzelnen  in  Anspruch  nimmt?    Man  hat 
sich  leider  allzusehr  daran  gewöhnt',  das  ausgehende  Mittelalter  vom 
Standpunkte  der  vorhergehenden  Jahrhunderte  aus  zu  beleuchten  und 
doch  wird  ein  einsichtiger  Beurtheiler  nicht  verkennen,  dassMelleicht 
keine  Zeit  schöpferischer  war,  als  die  Zeit  von  1250  bis  1350.    Trug 
das  Karolingerreich  durchaus  das  Gepräge  eines  einzelnen  Gedankens, 
der    in  einem  klaren  Kopfe  entsprungen,   von   einem  festen  Willen 
durchgesetzt  war,   so  war  die  gesetzgebende  und  verwaltungsorgani- 
satorische Thätigkeit  nun  den  vielen  neu   aufstrebenden  Mächten  in 
die  Hand  gegeben,  den  Fürsten,  Städten  und  Gemeinden ;  es  war  jetzt 
das  Volk,   das  schuf  und  wirkte.     Die  Wirksamkeit  des  Einzelnen 
war  aof  ein  enges  Gebiet  beschränkt;  wenn  aber  dann  gleichwohl  die 
Zielpunkte  aller  schöpferischen  Thätigkeit  dieser  Zeit  in  der  Ausbildung 
der  Territorialhoheit,  Städtewesen,  Gerichtswesen  usw.  für  ganz  Deutsch- 
land   nicht   noch   verschiedener   waren,   man   überall  ähnliche  Wege 
einschlug,  so  liegt  es  zu  Tage\   dass  die  öffentliche  Meinung  damals 
in  einer  Zeit,  die  auch  nicht  einmal  die  Anfänge  einer  in  Laienkreisen 
gelesenen  politischen  Literatur  kannte,  eine  ungeahnte  Macht  besass. 
So  verschieden  auch  die  Verhältnisse  in  den  einzelnen  Gebieten  lagen, 
so  zeigt  auch  die  Entwicklung   des  Steuerwesens  für  ganz  Deutsch- 
land ganz  überraschend  gleiche  Momente,  wenn  auch  eine  so  gleich- 
artig«  Ausbildung,  wie  sie  Zeumer  annimmt,  nicht  stattgefunden  hat. 

MlitbeUoDgen  VU.  84 


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Habsburger  Studien  II.  531 

Vielleicht  nicht  ein  Gebiet  zeigt  eine  solche  Mannigfaltigkeit  an 
verschiedenen  Arten  von  Steuern  als  die  habsburgischen  Besitzungen 
im  Oberelsass,  so  dass  man  zunächst  daran  verzweifeln  möchte,  einen 
Ueberblick  über  dieselben  zu  gewinnen.  Man  sieht  deutlich  überall 
die  Trümmer  älterer  Zustände  in  die  neue  Verwaltungsorganisation, 
die  mehr  Einheit  und  Gleichheit  in  die  Verhältnisse  zu  bringen  be- 
strebt ist,  hineinragen;  man  sieht  deutlich,  wie  das  Steuerrecht,  die 
Art  der  Aufbringung  auf  einem  Corapromiss  der  Herrschaft  mit  der 
Steuergemeinde  beruht,  wie  lei;ztere  bald  mehr,  bald  weniger  der 
Herrschaft  in  die  Hand  gegeben  war.  Ganz  besonders  interessirt  in 
diesem  reichen  Bilde  die  Herbergsteuer,  welche  bald  neben  der  ge* 
wohnlichen  Steuer,  bald  allein  vorkommend,  ein  Unicum  des  elsässi- 
sehen  Verfassungslebens  zu  sein  scheint. 

Die  gewöhnliche  Steuer,  die  stiure  des  ürbarbuches,  war,  wie 
Zeamer  nachgewiesen  hat,  hervorgegangen  aus  dem  Rechte  der  Herr- 
schaft bei  einer  jeden  Nothlage  (necessitas)  von  den  Unterthanen  eine 
Unterstützung  zu  verlangen.  Schon  seit  dem  Anfang  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  wurde  sie  jährlich  gezahlt,  also  war  sie  bereits  eine 
ordentliche  Einnahme  geworden.  Doch  in  dem  einen  Punkte  zeigte 
sich  noch  immer,  dass  es  ursprünglich  eine  ausserordentliche  Ein- 
nahme war,  nämlich  darin,  dass  ihr  Betrag  nicht  fixirt,  sondern  Jahr 
für  Jahr  neu  bestimmt  wurde.  Anderswo,  auch  im  Elsass^),  waren 
die  unterthanen  bestrebt,  die  variabele  Steuer  zu  fixiren,  um  ein 
Hinauftreiben  der  Steuersumme  unmöglich  zu  machen.  In  den  habs- 
burgischen Besitzungen  im  Elsass  war  nirgends  die  Steuer  fixirt,  es 
hatte  der  Vogt  die  aufzubringende  Summe  festzusetzen,  wobei  dann 
doch  derselbe  auch  die  Interessen  und  Anschauungen  seiner  Unter- 
thanen zu  berücksichtigen  hatte.  Dass  aber  die  habsburgischen  Vögte 
ihre  Steuern  nach  der  Steuerkraft  der  Bewohner,  dem  Ernteertrag  usw. 
bemassen,  dass  sie  in  milder,  verständiger  Weise  die  Kräfte  der  Steuer- 
zahler schonten  Y  darüber  kann  bei  den  zahlreichen  Mahnungen  des 
UrlNurbnches,  dass  die  Bewohner  nicht  überlastet  werden  sollten,  kein 
Z^weifel  sein.  Bekanntlich  hat  das  Crbarbuch  in  der  Geschichte  der 
,  Befreiung  der  Schweiz **  eine  grosse  Bolle  gespielt,  man  glaubte  die 
böse  habsburgische  Regierung  habe  mit  der  Anlegung  desselben  nicht 
eine  Fixirung,  sondern  eine  Erhöhung  der  Steuern  angestrebt.  Schon 
verschiedentlich  hatte  man  auf  einzelne  Stellen  des  Urbarbuches  hin- 


')  Vgl.  Ann.  Colmar.  SS.  XVII,  208:  »Cives  Rubiacenses  cum  ceteris  homi- 
nihus  Argentinensis  episeopi  deliberaverunt,  quocl  ei  amplius  non  servient  nisi 
s\x\>  certa  pecuniae  quantitate.  * 

84* 


532  S  c  h  n  1 1  e. 

gewiesen,  in  denen  dem  Interesse  der  Besteaerten  das  Wort  geredet 
wird,  seit  der  Untersuchung  Schweizers  steht  bezüglich  der  von  den 
schweizerischen  Freien  zu  zahlenden  Vogtsteuem  fest,  dass  unter 
Albrecht  eine  Erhöhung  derselben  nicht  stattgefunden  hat.  Eben- 
sowenig ist  den  unfreien  ünterthanen  gegenüber  eine  Vermehrung 
der  Lasten  erfolgt  Das  ürbarbuch  enthält  auf  S.  39  der  Pfeiffer- 
schen Ausgabe  ein  wohl  nicht  vollständiges  Verzeichnis  der  Steuer- 
erträgnisse des  Jahres  1303  im  Elsass,  deren  niedrigen  Stand  Burk- 
hard von  Frikke  damit  motivirt:  «want  die  liute  verdürbet  sint*. 
Vergleicht  man  diese  Steuererträgnisse  mit  den  Maximal-  und  llini- 
malanschlägen  derselben,  so  ergibt  sich,  dass  nur  in  einem  Fallet)  der 
Maximalanschlag  überschritten  wurde,  in  sehr  wenigen  Fällen  die 
Maximalziffer  überhaupt  erreicht  wurde  —  es  sind  das  feist  alles  Ort- 
schaften im  Amt  Landser,  die  nur  Herbergsteuer,  die  sehr  niedrig 
veranschlagt  zu  sein  scheint,  zu  entrichten  hatten.  Mindereinnahmen 
unter  der  Minimalziffer  sind  hingegen  sehr  häufig;  vereinzelt  kommen 
sie  in  den  Aemtem  Ensisheim  und  Landsburg  vor,  bedeutend  scheint 
aber  die  Steuerkraft  des  viel  heimgesuchten  Albrechtsthaies  gelitten 
zu  haben;  in  einer  grossen  Zahl  von  Ortschaften  wurde  nur  der  Mi- 
nimalertrag erreicht  Oute  Ergebnisse  lieferten  nur  die  elsgauiachen 
Dörfer  und  Höfe,  aber  auch  hier,  wo  die  Differenzen  ganz  enorm  sind, 
liegt  der  Ertrag  noch  immer  näher  beim  Minimum  als  beim  MuTininin 
Nach  einer  oberflächlichen  Schätzung  liegt  der  Steuerertrag  etwa  10% 
über  dem  Minimalanschlag.  Angesichts  dessen  kann  von  einer  Be- 
drückung der^  Ünterthanen  keine  Bede  sein.  Aber  nicht  allein  im 
Jahre  1303  ist  der  Steueranschlag  der  Habsburger  ein  milder  zu 
nennen;  dieselbe  milde  Praxis  lässt  sich  auch  aus  der  Zeit  Konig 
Budolfs  nachweisen. 

Für  die  inneren  Verhältnisse  des  Elsasses  ist  die  lehrreichste 
Quelle  jenes  hochinteressante  Tagebuch  des  Colmarer  Dominikaner- 
mönches, das  eine  schematisirende  Wissenschaft  mit  dem  falschen  Titel 
Annales  Gohnarienses  den  gewöhnlichen  Jahrbüchern  an  die  Seite 
stellt,  von  denen  es  doch  tolo  coelo  verschieden  ist').    Der  Colmarer 

')  Eschenzweiler  im  Amte  Landaer,  wo  statt  der  veranschlagten  Steuern  im 
Maximum  2,  im  Minimum  1  Pfund  Baseler  Pfenninge  in  Wirklichkeit  5  Pfand 
gezahlt  wurden.  *)  In  Beireff  dieses  Geschichtswerkes  bin  ich  ganz  anderer 
Meinung,  als  man  sie  bislang  hegte.  Ich  hoffe  demnächst  meine  Ansiehten  Qber 
Einheit,  Composition  und  den  muthmasslichen  Verfasser  der  Colmarer  Geecbichtj»- 
quellen  in  einem  besonderen  Aufsatz  darlegen  zu  können.  Schon  an  dieser  Stelle 
spreche  ich  dem  Herrn  Prof.  Bussod  in  Innsbruck,  wie  meinen  verehrten  Lebzer 
Herrn  Pro£  Scheffer-Boichorst  in  Strassburg  für  die  UeberlaoBung  ihrer  hö^wt 
werthvollen  Vorarbeiten  meinen  Dank  aus. 


Habsburger  Studien  IL  533 

Mönch,  derir/Tag  für  Tag  das  aufschreibt,  was  seinen  lebhaften  Oeist 
interessirt,  hat  uns  auch  eine  Reihe  von  Notizen   über  das  Steuer- 
wesen überliefert,  wie  sie  sonst  kein  anderes  Geschichtswerk  enthält. 
Er  hebt  da  vor  allem  diejenigen  Stellen  hervor,  wo  eine  übermässige 
Belastung  stattfand.    Solches  berichtet  der  Golmarer  Mönch  aber  nur 
Yon  den  auf  Colmar  gelegten  Reichssteuern  und  von  dem  bischöflich 
Strassburgischen   Gebiet  im  Oberelsass^).     Hätte   Rudolf  in  gleicher 
Weise  seine  Stammlande,  die  ja  bis  vor  die  Thore  von  Colmar  reichten, 
mit  Steuern  bedrückt,  so  stände  gewiss  davon   in  den  Annalen  Gol- 
marienses  eine  Nachricht,  denn  von  einem  Verschweigen  aus  Fartei- 
rücksichten  kann  bei  dem  naiven  Verfasser  nicht  die  Bede  sein.    Ich 
glaube  hier  einmal  ein  argumentum  ex  silentio  vorführen  zu  dürfen. 
In  älterer  Zeit  waren  die  meisten  Steuerbeiträge  in  Naturalien 
an  die  Herrschaft  entrichtet,  später  waren  mit  dem  üebergang  zur  Geld- 
wirthschaft  an  Stelle  der  Naturalsteuern  meist  Geldsteuern  getreten. 
In  den  elsässischen  Gebieten  war  1303  noch  ein  sehr  bedeutender  Theil 
der  Steuern  in  natura  zu  entrichten ;  wenn  auch  in  einzelnen  Aemtem, 
nämlich  Landser,   Hirsungen-Dammerkirch-Sept  und  Dattenried,  be- 
reits nur  mehr  Geldsteuern  vorkommen.  Der  Bezirk  Landsburg,  dessen 
Orte  sämmtlich  den  Weinbau  pflegen,  zahlte  neben  Geld-  auch  Steuern 
in  Wein ;  vereinzelt  kommen  Weinsteuern  auch  in  den  Aemtern  Ensis- 
heim  und  Albrechtsthal  vor.    Entsprechend  dem  Schwanken  des  Er- 
trags der  Weinlese,  differiren  die  Minimal-  und  Maximalanschläge  ganz 
enorm,  dasselbe  ist  aber  auch  der  Fall  bei  den  von  Weinorten   be- 
zogenen Geldsteuem.    Der  Bezirk  Ensisheim,  also   das  habsburgische 
Eemland,   hat  noch  im  grössten  umfange  die  alten  Getreidesteuem 
erhalten,  wobei  der  Roggenertrag  den  Haberertrag  bedeutend  übertrifft. 
Am  mannigfaltigsten  sind  die  Steuererträge  im  AlbrechtsthaL  Hier  kommt 
neben  Geld-,   Roggen  und   Haber-,   einer  kleinen  Weinsteuer  auch 
noch,  wie  das  dem  Charakter  des  Hochthals  entspricht,  eine  Eäse- 
steuer  vor.    Im  Einzelnen  sind  die  Verhältnisse  so  mannigfach,  dass 
nur  eine  genaue  Tabelle  der  Erträgnisse   der  einzelnen   Ortschaften 
auf  Grund  des  ürbarbuches  die   Einzel  Verhältnisse  darlegen  könnte; 
einen   üeberblick   über   die   Erträge   der   Aemter    gibt    die    auf  der 

>)  Die  sog.  Annales  Basiliensee  (Mon.  Genn.  SS.  XVII,  196)  berichten  zu 
1274  von  Ueberbürdung  der  Unterthanen  durch  Biflchof  Conrad  von  Strassburg. 
Die  Folge  war:  »Ex  ditione  episcopi  Argentineneis  plurimi  ad  alios  dominos  se 
transtulerunt« ;  dann  wieder  zu  1277  (a.  a.  0.  202),  1282  (Ann.  Colmar.  a.  a.  0. 
208):  »Cives  Rubiacenses  cum  ceteris  hominibus  ArgentinensiB  episcopi  delibe- 
raverunt,  qnod  ei  amplias  non  servirent  nisi  sub  certa  pecuniae  quantitate*,  1299 
(Ann.  Colm.  a.  a.  0.  226).  Die  Angaben  über  die  Reichssteuern  von  Colmar  noch 
zahlreicher.    Vgl.  dazu  Zeumer  a.  a.  0. 


534  Schulte. 

nächsten  Seite  stehende  Tabelle,  die  auch  die  sofort  zu  erwähnende 
Herbergsteuer  mit  enthält. 

Es  ist  bislang  wenig  beachtet,  dass  das  habsburgische  ürbarbuch 
deutlich  und  scharf  Ton  der  ,,  stiure  '^  die  „  herbergstiure  *  unterscheidet, 
die  nicht  allein  durch  den  Namen,  sondern  auch  durch  das  Steuer- 
object  sofort  von  der  gewöhnlichen  Steuer  sich  abhebt;  denn,  wäh- 
rend die  Steuer  in  Geld ,  Roggen ,  Haber  und  Wein  bestand ,  ist  die 
Herbergsteuer  eine  Abgabe  an  Haber,  nur  in  einem  Falle  an  Weiti. 
Sie  ist,  ebenso  wie  die  Steuer,  eine  ordentliche  Last,  ganz  wie  bei 
ihr  enthält  das  Urbarbuch  in  vielen  Fällen  einen  Maximal-  und  Mini- 
malanschlag, in  den  meisten  heisst  es  allerdings:  ,,herberge  nach 
genäden**.  In  fast  allen  Orten  des  Amtes  Ensisheim  läuft  die  Her- 
bergsteuer neben  der  Steuer,  im  grossen  Theil  des  Amtes  Landser 
erscheint  die  Herbergsteuer  neben  dem  Hühnerzins  als  die  einzige 
Steuerlast,  welche  der  Ort  zu  tragen  hatte.  In  diesen  beiden  Aemtern 
sind  nur  ein  paar  Orte  von  der  Herbergsteuer  befreit,  alle  anderen 
Aemter  kennen  die  Herbergsteuer  überhaupt  nicht 

Wie  der  Name  und  das  Steuerobject  beweist,  haben  wir  es  mit 
einem  Analogon  zu  dem  vom  Reich  in  Italien  erhobenen  Fodrum, 
mit  einer  zum  Zweck  der  Beherbergung  aufgelegten  Futterleistung, 
zu  thun*).  Aber  weder  ist  die  Herbergsteuer  eine  auf  irgend  eine 
Weise  in  den  Besitz  der  Habsburger  gelangte  Reichsteuer,  noch  aus 
dem  Grafenamt  hervorgegangen.  Wäre  sie  ersteres,  so  müsste  sie 
auch  ausserhalb  des  Gebietes  nachzuweisen  sein,  wäre  sie  letzteres, 
so  ist  es  unbegreiflich,  weshalb  sie  nicht  in  allen  Theilen  der  Graf- 
schaft, vor  allem  nicht  in  dem  Grafschaftsgut  selber,  dem  Amt  Hir- 
suDgen-Dattenried-Sept,  erhoben  wurde.  Sie  kann  deshalb  nur  den- 
selben Ursprung  haben,  wie  die  Steuer,  sie  ist  ebenso  wie  diese  aus 
der  Territorialhoheit  hervorgegangen.  Sie  war  wohl  nichts  anders, 
als  eine  Ablösung  der  alten  willkürlichen  Herbergsnutzung,  welche 
in  den  Aemtern  Landser  und  Ensisheim,  die  die  Strasse  Basel-Strass- 
burg  durchschneidet,  am  fühlbarsten  sein  musste.  Die  Entstehung  der 
mannigfaltigen  Eiuzelverhältnisse  wird,  da  alle  andern  Quellen  fehlen, 
dunkel  bleiben*). 

*)  Vgl.  darüber  PoHt,  Ucbor  das  Fodnim,  Strassburg,  Trübner  1880.  Ueber 
daH  Herbergsrecht  im  Bisthum  Straseburgf  wo  ea  als  Steuer  nur  in  Achem 
(Ortenau)  vorkommt,  siebe  Fritz  a.  a.  0.  S.  HS.  <)  Vgl.  die  Ansichten  von 
Küster  S.  46.  47.  Dass  vorwiegend  von  Orten,  die  von  Vogtleuten  bewohnt 
werden,  die  üerbergsteuer  fehlt,  würde  dafür  sprechen,  dass  die  Herbergsteuer 
eine  Fixirung  der  von  den  Grundholden  ihrem  Herrn  und  dessen  Gerichtsbeamten 
zu  gewährenden  Herberge  ist.  Dann  ist  es  aber  wunderbar,  dass  im  Amte  Land- 
ser viele  Orto  nur  Herbergsteuer  zahlen. 


Habsburger  Studien  II. 


535 


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536  Schulte, 

Im  habsburgischen  Einnahme-Etat  sind  Steuer  and  Uerbergsteuer 
die  wichtigsten  Factoren.  Fast  gar  nicht  kommmi  daneben  die  Ueinoi 
Hühnerzinse  in  Betracht,  welche  meist  zu  Fastnacht,  Herbst  oder  vn 
beiden  Terminen  zu  entrichten  waren.  Burkhard  hat  bei  der  Auf- 
reehnung  der  einzelnen  Aemter  den  Ertrag  dieser  Hühnerzehnten,  die 
andernfalls  die  beste  Grundlage  f&r  eine  Einwohnerstatistik  bilden 
würden,  überhaupt  nicht  in  Anschlag  gebracht  In  seiner  Yerrechnung, 
die  die  drei  Kategorien  Steuer,  Herbergsteuer  und  Zins  und  Zehnten 
scharf  trennt,  sind  auch  unter  den  Steuern  die  Vogtsteaer  und  das 
Yogtrecht  mit  einbegriffen,  die  noch  einer  gesonderten  Betrachtang 
bedürfen. 

Nach  den  sorgfältigen  Untersuchungen,  welche  Schweizer  über 
die  habsburgischen  Yogtsteuern  in  der  Schweiz  anstellte,  ist  das  Yogi- 
recht  eine  feste,  gesetzte  jährliche  Abgabe,  welche  von  den  Freien 
an  den  Landgrafen,  von  den  Eigenen  an  die  Herrschaft  und  Ton 
Gotteshausleuten  an  den  Inhaber  der  Yogtei  gezahlt  wurde;  die  Yogi- 
Steuer  hingegen  ist  eine  nicht  fixirte  Geldleistung,  welche  yon  den 
Freien  an  den  Landgrafen,  von  den  Eigenen  an  die  Herrschaft  and 
Yon  den  Gotteshausleuten  an  den  Eastvogt  gezahlt  wurde.  Man  sieht, 
dass  die  Yogtsteuer  das  Gegenstück  der  Grundsteuer  isi  In  den  habs- 
burgischen Theilen  des  Elsasses  treffen  die  Besultate  Schweizers  nicht 
in  dem  Steuerobject,  ohne  Zweifel  aber  in  dem  gleichen  Ursprung  zn. 
Yogtrecht  wurde  zunächst  von  den  freien  Leuten  zu  Dammerkirdi 
bezahlt;  aber  hier  ist  die  in  klingender  Münze  gezahlte  Steuer  nicht 
fixirt,  sondern  lieferte  im  Maximum  einen  Ertrag  von  35,  im  Mini- 
mum von  20  Pfund  Baseler  Pfenningen.  Wenn  es  bei  den  Dorfern 
Fessenheim  und  Blodelsheim  im  Amt  Landser  dann  heisst,  diese  Orte 
gäben  .von  vogtrehte  ze  stiure*,  so  ist  das  Wort:  .vogtreht*  hier 
wohl  in  dem  Sinne  aufzufassen,  dass  die  Dörfer  nicht  den  Haba- 
burgem  als  Eigengat  gehörten,  sondern  als  Yögten;  denn  die  an- 
gegebene ffStiure'  ist  die  gewöhnliche  Steuer.  Die  «stiure  Yon  vogi- 
liuten'  wird  in  einer  grösseren  Zahl  von  Orten  des  Amtes  Ensisheim 
entrichtet,  aber  auch  zwischen  diesen  Orten  und  den  übrigen  habs- 
burgischen Orten  ist  kein  durchgreifender  Unterschied.  Einzelne  Dörfer 
mit  Yogtleuten  zahlen  ebenso  Herbergsteuer,  in  den  meisten  ist  die 
Abgabe  keine  Geld-,  sondern  eine  Naturalabgabe.  Den  Ertrag  der 
Yogtsteuern  und  des  Yogtrechtes,  getrennt  von  dem  der  gewöhnlichen 
Steuern  in  der  Tabelle  II  anzugeben,  ist  aus  diesen  Gründen  anmög- 
lich.  Da  nun  das  habsburgische  ürbarbuch  stets  die  freien  Leute 
besonders  hervorhebt,  so  dürfen  wir  wohl  annehmen,  dass  sämmt- 
liche  Yogtleute  nicht  mehr  vollfrei  waren.    Wenn  nun  andererseits 


Habsburger  Studien  EL  537 

sämmtliche  YoUfireien  mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  selbst  zur 
Landeshoheit  gelangt  waren,  von  den  Grafen  zur  Besteuerung  heran- 
gezogen waren,  so  erhalten  wir  das  wichtige  Ergebnis,  dass  im  Ober- 
Elsass  zu  An£ftng  des  vierzehnten  Jahrhunderts  Vollfreie  sich  nur  in 
und  bei  Dammerkirch  erhalten  hatten.  Aus  dem  Einleitungssatze  des 
Urbarbuches  zum  Ofßtium  Dattenried  ersehen  wir,  dass  die  Höfe  zu 
Hirsungen,  das  Meierthum  zu  Sept  und  das  eben  aus  den  Freien  be- 
stehende Amt  Dammerkirch  zum  Landgerichte  Oberelsass  gehörte^). 
Es  war  also  dieses  das  Gut,  welches  die  Habsburger  durch  die  Ueber- 
tragung  der  Landgrafschaft  erhielten.  Wir  werden  später  sehen,  dass 
erst  König  Budolf  durch  seine  Gemahlin  das  Albrechtsthal  mit  Aus- 
nahme vielleicht  von  Scherweiler  den  Habsburgem  gewann,  dass  das 
Amt  Dattenried  sie  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des   13.  Jahrhunderts 
als  Vögte  von  Murbach  von  den  Grafen  von  Mümpelgard  erwarben; 
es  bleiben  somit  die  drei  Aemter  Landsburg,  Ensisheim  und  Landser 
und   vielleicht   Scherweiler   als   der    Grundstock   des   habsburgischen 
Eigengutes  übrig.    Freilich  sind  auch  unter  diesen  grosse  Stücke  als 
Lehen,  so  Ensisheim,   anderes  als  Vogtgut  in  den   Besitz  der  Habs- 
burger gekommen,  anderes,   wie  Landser  selbst,  ist  erkauft,  einiges 
mag  auch  ursprünglich  Seichsgut  gewesen  sein*),  es  bleibt  aber  immer 
ein  bedeutender  Besitz  in  diesen  drei  Aemtem   als  Eigengut   übrig. 
Dieses  Ergebnis  stimmt  nun  aber  mit  den  Resultaten, 
die   wir  aus   dem   Schenkungsgui  von   Ottmarsheim  im 
ersten   Abschnitt  gewonnen.     Es    bleibt    kein    Zweifel, 
dass  die  Gegend  um  den  Hartwald  seit  dem  ersten  Auf- 
treten  der   Habsburger  in  ihrem  Eigenbesitz   bis  1648 
verblieb.     Erst    der    westfälische    Friede    beraubte    die 
Habsburger  ihrer  alten  Heimath.   Das  allmählige  Wachsthum 
des  alten  Gebietes  von  den  ältesten  Zeiten  bis  1303,  die  Politik  der 


^)  8.  oben  8. 528  Anm.  8.  >)  Von  den  1 808  habsburgiBcben  Orten  erscbeini 
Baigau  in  einer  Urkunde  Rudolfe  von  1288  Sept.  1.  (Böhmer  Acta  imperii  S.  360) 
ab  Reicbadorf  und  wird  an  Johann  von  Laubgassen  für  ein  Scblachtross '  zu 
Pfand  gegeben.  Das  Urbarbuch  rechnet  Baigau  als  habsburgisch,  zählt  aber  die 
Pfondschait  des  Dorfes  unter  die  Burglehen,  welche  zu  Ensisheim  abzudienen 
flind.  KOnig  Heinrich  VII.  liess  dann  1811  untersuchen,  was  im  Elsass  Reichs- 
gut,  was  habsburgisch  sei ;  er  verspricht,  die  Habsburger  im  ungestörten  Besitze 
dessen  zu  lassen:  »in  quornm  possessione  paoifica  clare  memorie  quondam  rex 
Rudolfus,  cum  adhuc  comes  ezisteret,  et  Albertus  rex  Romanorum,  existens  dux 
Austrie,  ratione  comitatus  et  hereditatis  ftierint  et  que  iidem  reges  et  duces 
Austrie,  qui  nunc  sunt,  iusto  emptionis  titulo  possederunt. «  Vgl.  Urkde  vom 
15.  Juni  1811  bei  Kopp,  Urkunden  (m  Archiv  £  Kunde  öeterr.  Qeschichtsquellen 
Bd.  VI,  186. 


538  Schulte. 

Habsburger  im  Elsass  in  dieser  Zeit  wird  der  Gegenstand  des  driiieu 
Abschnittes  dieser  Studien  sein. 


IIL 
Die   Militärverfassung. 

Zum  Schlüsse  bleibt  noch  die  militärische  Organisation  der  habä- 
burgischen  Lande  im  Elsass  zur  Besprechung  übrig.  Die  Entwicklung 
lässt  sich  dort  mit  einer  Klarheit  verfolgen,  wie  sonst  wohl  nirgends», 
und  zeigt  durchaus  ein  einheitliches,  planvolles  Handeln,  wie  man  es 
nur  allzu  gern  mittelalterlichen  Herrschern  abspricht;  es  ist  auch  hier 
wieder  das  Verwaltungstalent  Budolfs  und  Albrechts,  welches  sich  in 
einem  glänzenden  Lichte  zeigt  Die  Beichsburgen-Ver&ssung  hat  den 
Habsburgern  das  Vorbild  gegeben,  wie  die  Organisation  in  den  elsas- 
sischen Landen  der  Habsburger  wiederum  von  den  benachbarten  Herren 
nachgeahmt  wurde. 

Wie  im  Elsass  die  verfassungsrechtliche  Entwicklung  auf  dem 
Gebiete  des  Gerichtswesens  wohl  die  fortgeschrittenste  war  in  allen 
deutschen  Gebieten,  so  zeigt  sich  auch  seit  dem  Beginne  des  drei- 
zehnten Jahrhunderts  hier  ein  Verfall  der  Ministerialität  und  der  auf 
ihr  und  auf  dem  Lehenswesen  beruhenden  Heeresorganisation,  die  in 
den  östlichen  Gebieten  noch  bis  an  das  Ende  des  Jahrhunderts  die 
alte  Kraft  sich  bewahrte.  Die  rechtlichen  Unterschiede  zwischen  Mi- 
nisterialen und  Lehnsleuten  und  dem  heranwachsenden  Stadtadel  Ter- 
wischen  sich  immer  mehr;  alle  drei  Stände  gehen  immer  mehr  in 
eins  über.  Hatten  die  Ministerialen  ursprünglich  nur  ihrem  Herren 
Dienste  geleistet,  so  wurde  die  Stellung  vieler  derselben  schon  da- 
durch freier,  dass  bei  den  zahlreichen  Erbschaftsstreitigkeiten  die 
Ministerialen  am  Ende  diejenigen  waren ,  welche  die  Entscheidung  in 
der  Hand  hatten^). 

Durch  die  immer  zahlreicher  werdenden  Vergabungen  von  Lehen 
an  Ministerialen  kamen  diese  immer  mehr  den  freien  Lehnsleuten 
näher.  Diese  Freien  trugen  nun  aber  häufig  genug  Lehen  von  Ter- 
schiedenen  Herren,  damit  war  von  selbst  die  Lockerung  der  Dienst- 
verhältnisse gegeben^).     Wie   wenig   in  der  Ministerialität  der   alte 


')  Ich  erinnere  an  den  grossen  Streit  um  die  Dagsburgiscbe  Erbecball,  die 
Auflösung  der  staufischeu  Ministerialität  usw.  ')  Ein  drastisches  Bild  der  Vet- 
rottung  der  Lehenverhältnisse  in  etwas  späterer  Zeit  gibt  das  Lehnsbuch  Biacbot 
Bertholds  (bez.  Johannes)  von  ötrassburg.  Unt«r  den  Lehen  der  Habsburger  fehlt 
daa  wirkliche  Lehen  Ensishoim,  dafiir  figurirt  aber  Kyburg,  Wintertur,  F^V*n 
kurz  allen  das,  was  Graf  Hartmann  von  Kyburg   der  ältere  am   25.  April  124| 


Habsburger  Studien  II.  539 

Geist  straffer  Disciplin  noch  geltend  war,  sehen  wir  aus  dem  Verlauf 
des  grossen  Kampfes  zwischen  der  Stadt  Strassburg  und  dem  Bischof 
Walther  von  Geroldseck  von  1262  ff.,  wo  zum  ersten  Male  in  einer 
Fehde  die  Machtmittel  beider  Kämpfer  sich  genau  übersehen  lassen^). 
Zwar  versagte  auch  damals  noch  nicht  die  grosse  Masse  der  Ministe- 
rialität  ihre  Dienste,  ein  Theil  derselben  brach  aber  in  offener  Felonie 
sein  Verhältnis  zum  Bischof.     Die  wesentlichste  Umänderung   in  der 
rechtlichen  Stellung  der  milites  liegt  aber  in  dem  Aufkommen  der 
Soldritter.   Es  scheint  mir,  als  seien  die  städtischen  Geschlechter  hier 
voraufgegangen.    Schon  zu  Friedrich  IL  Zeiten  haben  Strassburgische 
Geschlechtsgenossen  für  ihre   Kriegsdienste   grosse  Belohnngen  em- 
pfangen; wir  dürfen  annehmen,   dass  sie  gerade   so  wie  ihre  Nach- 
kommen es  so  häufig  thaten,  Sold  vertrage  geschlossen  hatten^).    Die 
Ministerialität  war  so  gegenüber  den  Soldrittem  und  den  Lehnsleuten 
arg  geschädigt  —  diese  hatten  den   Genuss  von  grossen  Lehen  — 
und  nahmen  doch  nur  —  wie  das  sich  erweisen  lässt  —  sehr  selten 
am   Kampfe   Theil.     Der   Soldritter   verkaufte    sich  und   seine   Kraft 
gegen  einen  festen  Sold  mit  der  Aussicht  auf  nachträgliche  Belohnung. 
Der  Ministeriale  hatte  sein  karges  Gut  und  musste  dazu  den  grössten 
Theil  der  Kriegslasten   selbst   tragen.     Wollte   der   Herr  seinen   Mi- 
nisterialenstand sich  aufs  Neue  zu  unwandelbarer  Treue  verbinden,  so 
musste  ein  neues  Band  geschaffen   werden,   das  alte  genügte  nicht 
mehr. 


(am  besten  Archiv  f.  Schweiz.  Geschichte  V,  296)  der  Kirche  von  Strassburg  ge- 
schenkt hatte.  Rudolf  von  Habsburg  war  aber  doch  in  den  unbestrittenen  Be- 
sitz all  der  Güter  gekommen^  ohne  die  Ansprüche  des  Strassburger  Bisthums 
anzuerkennen  (cf.  Wiegand  Bellum  Waltherianum  S.  47.  62.  65.  78).  Dass  Rudolf 
oder  einer  seiner  Erben  je  sich  habe  belehnen  lassen,  ist  natürlich  nicht  anzu- 
nehmen. Ein  Verzeichnis  all  der  Lehnsmänner  aber,  welche  gegen  das  Bisthum 
kämpften,  ohne  die  Lehen  zu  verlieren,  würde  wohl  am  besten  zeigen,  was  die 
militärische  Bedeutung  des  Lehnswesens  noch  auf  sich  hatte. 

')  Vgl  Wilhelm  Wiegand:  Bellum  Waltherianum.  Die  Namen  der  ein- 
zelnen Ritter  auf  des  Bischöfe  Seite  folgen  aus  den  Urfehdeurkunden  im  Strass- 
burger Urkundenbuch  Band  I;  vgl.  im  Uebrigen  das  Bellum  Waltherianum  M. 
G.  SS.  XVII.  Nach  der  Schlacht  bei  Hausbergen  am  10.  November  1268  schliessen 
dann  8  Ministerialen  und  die  Stadt  gegen  die  Geroldsecker  ein  directes  Bünd- 
nis. Strassb.  Üb.  I.  408.  *)  Strassburger  Urkundenbuch  I,  280  Urkde.  König 
Heinrich  (Raspe)  für  Sigelin  Bilde  und  Gosselin  (SchaubV)  von  1246  August  18. 
Vgl.  daselbst  S.  281  für  Heinrich  Marsilius  1246  November  1  usw.  Die  Zahl  der 
SoldvertrSge  nimmt  dann  rapid  zu.  In  welchem  Umfang  das  Söldnerritterthum 
einriss,  zeigt  die  höchst  interessante  Soldquittung  von  78  strassburgischen  und 
elsässischen  Rittern  und  Edelknechten,  die  der  Stadt  Metz  gedient  hatten. 
Straaab.  Urkdenbuch  111,  354  von  1827  September  24. 


540  Schulte. 

Wie  war  aber  andererseits  das  Land  durch  die  alte  Ministerialitat 
geschützt?  Es  gibt  kaum  eine  für  die  Art  der  Eriegf&hnmg  lehr- 
reichere Darstellung  als  das  Bellum  Waltherianum,  das  den  oben  be- 
rührten ünabhängigkeitskampf  Strassburgs  aufs  Anschaulichste  dar- 
stellt. Die  alte  Organisation  war  nach  einem  ersten  Schlage  zur 
Offensive  und  Defensive  gleich  unfähig.  Bischof  Walther,  ein  Bitters- 
mann Yon  alter  Erafb,  konnte  nicht  ohne  Aussicht  auf  Sieg  den 
Städtern  im  offenen  Kampfe  entgegentreten.  Die  eine  Niederlage 
bei  Hausbergen  genügte  aber  völlig,  um  seine  ganze  Macht  zu  knicken^). 
Die  Ministerialität,  auf  ihren  Burgen  vertheilt,  hätte  an  die  Städter, 
die  hinter  den  Mauern  ihrer  Stadt  immer  eine  sichere  Zufludit  hatten, 
eine  Burg  nach  der  andern  verloren.  In  dem  Aufkommen  der  klei- 
neren Städte  liegt  hier  der  Wendepunkt.  Hinter  die  Mauern  dieser 
Grossburgen,  wie  man  sie  nennen  könnte,  flüchtete  sich  der  Land- 
mann, wie  der  Bitter.  Gelang  es  einem  Herrn,  seine  Stadt  zu  be- 
haupten, so  war  es  ihm  ein  Leichtes,  den  verlorenen  Landbenrk 
wieder  zu  gewinnen.  Seit  den  Tagen  Friedrichs  IL,  wo  dessen  genialer 
Landvogt  Wölflin  in  der  Gründung  von  Städten  das  beste  Mittel  zur 
Erhaltung  der  kaiserlichen  Macht  gesehen  hatte,  treten  die  kleinen 
und  mittleren  Städte  als  Factoren  in  die  Kriegsgeschichte  ein.  So 
eifrig  Wölflin  in  der  Städtegründung  gewesen  war,  so  besassen  die 
Habsburger  im  Elsass,  von  den  kleinen  Wattweiler  und  Landser  und 
dem  entlegenen  Dattenried  (Delle)  abgesehen'),  nur  eine  einzige  Stadt: 
Ensisheim.  Sie  wurde  durch  Budolf  in  den  militärischen  Mittelpunkt 
des  Gebietes  umgeschaffen,  als  er  durch  Einführung  der  Burglehen 
eine  Begenerirung  der  Ministerialität  vollzog. 

Das  Burglehen  (feodum  castrense)')  verpflichtete  den  Inhaber  in 

')  Der  Mittelpunkt,  von  dem  aus  alle  Operationen  gegen  die  Stadt  geleitet 
wurden,  war  das  am  Fuse  der  Vogesen  liegende  Dachstein,  das  sp&ter  in  der 
Burglehensorganisation  wieder  hervortritt.  Dachstein  war  vortrefflich  gewfthlt 
Seine  Lage  am  Austritt  der  Breusch  aus  den  Vogesen  beherrscht  nicht  allein 
den  Eingang  dieses  Thaies  und  damit  eine  wichtige  Strasse  Aber  die  Vogesen, 
sondern  auch  die  Passage  über  die  Breusch  zwischen  Strassburg  und  dem  Ge> 
birge.  Diese  Bedeutung  lässt  den  Namen  des  DOrfleins  Dachstein  bis  in  die 
modernste  Zeit  (1870)  bei  allen  Kämpfen  im  Elsass  wieder  hervortreten«  F5t  dea 
Strassburger  Bischof  war  Dachstein  doppelt  wichtig,  da  sich  dorthin  am  lekh> 
testen,  als  dem  Mittelpunkte,  die  gesammten  Erfifte  der  bischöflichen  BeeitKimgea. 
deren  wichtigste  Bestandtheile  hier  sich  am  meisten  einander  nfihem,  zosammeB 
ziehen  Hessen.  ')  Habsb.  Urbarb.  S.  9:  »Diu  stat  ze  Watwtlr*.  Es  salilie  an 
Herbergsteuer  nur  8  Fuder  Wein.  Landser  S.  19.  Delle  (Dattenriet)  im  Elsgac 
S.  27.  In  Oberschwaben  ist  die  Stfidtegründung  zum  Zweck  der  militftii«chea 
Sicherung  des  Gebietes  fast  in  jedem  Falle  nachzuweisen.  ')  Die  gewöhnliche 
Bezeichnung  ist  Burglehen,  »feodum  castrense*,  mit  dem  Zosatce,   wo  dasselbe 


Habsburger  Studien  II.  541 

Eriegszeiten,  vielleicht  auch  in  Friedenszeiten,  sich  in  der  Stadt  oder 
Burg  au£suhalten,  auf  die  sein  Lehen  ging.  Sein  Lehen  hestand  nun 
aber  nicht  in  der  üeberweisung  von  Gut,  das  dann  in  die  Verwaltung 
des  Lehnsmannes  gekommen  wäre,  sondern  in  der  üeherweisung  eines 
flir  fiEist  alle  Fälle  gleichen  Antheils  an  der  Steuer.  War  auch  eine 
Steuer  yon  einem  genau  angegebenen  Dorfe  oder  Stadt  als  pfand- 
pflichtig angegeben,  so  erfolgte  gleichwohl  die  Auszahlung  durch  den 
herrschaftlichen  Vogt  War  der  Soldritter  nur  f&r  die  einzelne  Fehde 
in  Miethe  genommen,  so  wurde  dieses  Verhältnis  auf  die  Friedenszeit 
ausgedehnt;  war  jener  f&r  den  Offensivkampf  eben  so  brauchbar,  wie 
f&r  die  Defensive,  so  war  das  planmässig  eingeführte  Institut  der 
Burglehen  eine  Defensivmassr^el.  In  manchen  Fällen  mag  aber  doch 
gleichwohl  der  Burglehensmann  seinem  Herrn  zu  einem  Kampfe 
ausserhalb  des  Gebietes  gefolgt  sein^). 

Die  Errichtung  der  Burglehen  ist  keineswegs  ein  origineller  Ge- 
danke fiudolfs  gewesen,   er  griff  vielmehr  damit  auf  eine  der  wich- 
tigsten Organisationen  der  Staufer  zurück.   Die  älteren  Staufer  schufen 
die  Kette  der  Beichsburgen,   die  meist  in  der  Nähe   eines  wichtigen 
Marktes  gelegen,  über  das  lange  Bheinthal  in  dichter  Stationenfolge 
und  weniger  zahlreich  über  das  übrige  Beich  sich  vertheilten.   Beichs- 
burgen und  Beichsministerialen  waren  bis  auf  Philipp  die  beste  Waffe, 
welche  das  Beich  seinen  Königen  gab,  seitdem  beginnt  ein  langsamer 
aber  sicherer  Verfall,  bis  unter  Bichard  die  Stellung  der  Beichsburgen 
und  der  zu  ihnen  gehörigen  Städte  bereits  eine  so  freie  geworden 
war,   dass  sie   von  da  ab  mehrfach  den  Mittelpunkt  der  Opposition 
gegen  die  Beichsregierung  bilden.     Es  ist  nicht  meine  Aufgabe,   hier 
den  Entwicklungsgang  der  Beichsburgenverfassung  zu  zeichnen.    Der 
geniale  Blick,  der  Nitzsch  eigen  war,  zeigte  ihm  zuerst  die  hohe  Be- 
den tong  dieser  Organisationen  und  wie  schon  in  « Ministerialität  und 
Bür^^erthum'^,  so  ist  in  seiner  .Geschichte  des  deutschen  Volkes'  die 
Bahn  für  die  Forschung  gewiesen,  wenn  auch  einzelne  Aufstellungen 


abzudienen,  z.  ß.  »deserviendum  in  cimiterio  ville  Kestenboltz*,  Strasab.  LehnB- 
bnch ;  daneben  kommt  der  Ausdruck :  seczlehen,  feodum  manBionis  in  demselben 
LebnBbiicb  vor,  der  wohl  dasselbe  bedeutet;  es  bildet  den  Gegensatz  zu  »reit- 
lehen  *,  das  auch  in  Straasburger  Urkunden  vorkommt. 

<)  Kflster,  Das  Reichsgut  in  den  Jahren  127S— ISIS  S.  89  bezieht  die  Burg- 
lehnsvenctr&ge  unter  die  Pfandschallen  ein,  wodurch  der  Charakter  des  bistitnts 
ganx  und  gar  schief  dargestellt  ist.  Nach  seiner  Berechnung  sind  von  allen 
pfoudschaftsverträgen  IS  pCt.  Burglehensyerträge ,  davon  waren  72  pCt.  auf 
Reicb0g:üter,  22  pCt.  auf  Juden  und  6  pCt.  auf  Städtesteuem  angewiesen.  Bei 
den  PfiEuidverträgen  insgesammt  waren  aufe  Reichsgut  angewiesen  57  pCt 


542  Schulte. 

Nitzsch's  nicht  stichhaltig  sind.  Auch  nach  Frey's  dankenswerther 
Zosammenstellung^)  der  Angaben  bleibt  es  eine  lohnende  Aufgabe, 
die  Organisation  der  Beichsburgen  und  der  mit  ihnen  zunimmen- 
hängenden  Städte  zu  untersuchen;  wenn  auf  dem  ganzen  Gebiete  der 
Städtegeschichte  eine  generalisirende  Arbeit  am  Platze  ist,  so  ist  es 
die  Yerfassungsgeschichte  dieser  Beichsburgstädte^). 

Während  aber  in  der  älteren  Zeit  die  Reichsburgen  die  Zu- 
sammenfassung der  Keichsministerialen  einer  Gegend  darstellen,  so 
war  das  bei  der  Schöpfung  Kudolfs  nicht  mehr  der  Fall.  Leider  sind 
wir  nicht  mehr  in  der  Lage,  die  althabsburgischen  Ministerialen- 
geschlechter von  den  übrigen  Familien  abtrennen  zu  können;  wir  wissen 
aber  mit  Sicherheit,  dass  die  meisten  der  habsburgischen  Borgmanuen 
nicht  habsburgische  Ministerialen  waren  ^).  Budolf  wollte  nicht  allein 
seine  Ministerialen  aufs  Neue  an  sich  fesseln,  er  wollte  zugleich  den 
übrigen  kleinen  Adel  seinem  Hause  gewinnen.  Fussten  die  alten 
Beichsburgen  auf  dem  Boden  der  Beichsministerialität,  so  sollte  die 
Organisation  Budolfs  die  absterbende  Ministerialität  ersetzen. 

Von  jenen  alten  Beichsburgstädten  waren  nur  wenige  im  Ehass 
gelegen;  die  ausgebildetste  und   wichtigste,  Hagenau,   hatte  seit  den 
Tagen  Bichards  nahezu  Selbständigkeit  erlangt     Ehenheim   war  nur 
ein  unbedeutender  Ort  und  Eaisersberg,  das  einst  für  40  milites  un- 
gerichtet war,   spielt  jetzt  keine  Bolle  mehr^).     Ob  die  andern  Tom 
Schultheiss  WölfBin  ummauerten  Orte  den   Beichsburgstädten   beizu- 
zählen sind,  muds  sich  aus  ihrer  Verfasaungsgeschichte  ergeben.  Aach 
hier  versuchte  Budolf  eine  Begenerirung:   wenigstens   ist   uns   eine 
Beichsburglehns Vergabung  urkundlich  bekannt;  sie  betrifft  Ehenheim H 
Die  Zahl  dieser  Vergabungen  wird  aber  bedeutend  grösser  gewesen  sein^ 
da  die  Aufbewahrung   dieser   Art  Urkunden  eine  sehr  sorglose  war, 
nur  wenige  solcher  Lehensverträge  uns  erhalten  sind.   Ob  aber  Badolfs 
Versuch  eiu  glücklicher  war,   seheint  mir   sehr  fraglich.     Bald   kam 
dann  die  Zeit,   wo   die  Beichsburglehen   dahingegeben  wurden,   nicht 
um  der  Beichsburg  einen  tapferen  Streiter  zu  verschaffen,  sondern  um 


*)  Frey,  Die  Schicksale  des  königlichen  Gutes  in  Deutschland  unter  den 
letzten  Staufern  8.  285—295.  ,  Reichsburgen  luid  Burggrafen.  *  ')  Wie  drini^eDd 
eine  solche  Untersuchung  nothwendig  ist,  ersieht  man  daraus,  dass  selbai  Zeumer 
a.  a.  O.  die  Burglehnsverträge  falsch  auffasst.  ^)  Daa  folgt  aus  dein  Lehns- 
männer Verzeichnis  im  ürbarbuch.  *)  Nach  Urkunde  Heinrich  VIL  von  lüT 
Mai  1,  Scböpflin  Als.  dipl.  I,  S54.  »)  Urkde.  13.  Mär»  1280  bei  Schöpflüa  AU, 
dipl.  ir,  19.  Wie  viele  Reichsburglehen  in  der  Zeit  von  1 27 S— ISIS  tmaerer 
Kenntnis  nach  noch  ausgegeben  wurden,  ersieht  man  aus  der  Tabelle  bei  K&ster 
a.  a.  0.  S.  24  ff. 


Habsburger  Studien  II.  543 

Jemanden  für  geleistete  Dienste  za  belohnen  oder  gar  um  einen  Geg- 
ner zu  gewinnen;  und  damit  war  das  Ende  der  gläuzenden  staufi- 
schen  Schöpfung  begründet. 

Schauen  wir  nun,  wie  Budolf  in  seinen  Stammlanden  die  Burg- 
lehnsverfassung  gestaltete! 

Der  Abschnitt   „diu  ander  rehtunge   ze  Ensichsheim'   des  habs- 
burgischen  ürbarbuches  gibt  einen  vortrefflichen  Einblick  in  das  In- 
stitut  der   Burglehen*).      Zunächst   enthält   es    ein   Verzeichnis    der 
«bargman,  die  ze  Einsichshein  horent*,  es  sind  16  einzelne  Personen 
und  6  Familien    (die   von  Hadstat,   die  von   Rotoltzstorf  usw.).     Zur 
Landsburg  gehorten  7  Burgmänner  und    „hern  Buostnnges  süne  von 
Morswilr*;   zu   Ortenberg  und   Bilstein   war  je   ein  Burgmann.     An 
dieses  Verzeichnis  schliesst  sich  ein  Becrister  der:  «guot,  diu  den  vor- 
gnanten  burgmannen  gegeben  unde  versetzet  sint  zuo  ir  burglehen", 
welches  aber  auch  die  verpfändeten  Güter  und   Steuern   enthält.     Da 
nun   dieses  Verzeichnis   zu  jedem  Posten   das  Alter   des   bestehenden 
Verhältnisses  angibt  (z.   B.   „es  sint  wol   üffen  12   iär  gestanden  ze 
burglehen  .  .  .),  so  ist  es  möglich,  eine  chronologische  Tabelle   über 
die  Burglehen  aufzustellen,  welche  auf  das  allerklarste  zeigt,  dass  die 
Errichtung  der  Burglehen  die  Absicht  hatte,   den   Ministerialenstand 
wieder  enger  mit  dem  Hause  Habsburg  zu  verbinden ;  denn  die  Ueber- 
tragung  von  Burglehen  erfolgte  jedes  Mal  in  einem   Augenblick,  wo 
Konig  Budolf  oder  Herzog  Albrecht  die   Kräfte   ihrer  Dienstmannen 
aufs  dringendste   bedurften.      Die   ältesten   Burglehen  wurden   sofort 
nach  der  Wahl  Budolfs   zum  König  von   diesem   eingeführt   (es  sind 
2  zu  Ensisheim),  1285  zur  Zeit  des  Kampfes  gegen  Colmar  und  den 
Städtebund,  der  den  falschen  Friedrich  vorgeschoben  hatte,  kam  ein 
weiteres  hinzu  (zu  Ensisheim);  1287,  wo  Bapoltstein  belagert  wurde, 
wurden  in  Ensisheim  drei  weitere  eingerichtet,  jetzt  auch   das  erste 
für  Landsburg  ausgegeben^).   Die  umfassendste  Austheilung  von  Burg- 
lehen erfolgte  aber  1291,  wohl  schon  nach  Budolfs  Tod  durch  Albrecht, 
wo  zu  Ensisheim  5,  zu  Landsburg  ebenso  viele  Burglehen  eingerichtet 
wurden;   1293  folgten  dann  noch  2  für  Ensisheim.     Die  Zeit  der  Er- 
richtung von  4  Ensisheimer,  von  denen  1  früher  Pfand  gewesen  war, 
dem  Ortenberger  und  dem  Bilsteiner  Burglehen  ist  nicht  angegeben. 
2  Burgmänner   zu   Landsburg   hatten   von   der  Herrschaft   50   Mark 


0  Habsb.  Urbarb.  S.  30— S9.  «)  Als  in  diesem  Jahre  Rudolf  die  Rapolt- 
ateiner  nicht  unmittelbar  bezwingen  konnte,  lies»  er  im  benachbarten  Gemar  ein 
»castrum  ligneum*  »ad  obsidendum  castrum  Kapolczstein*  bauen.  £&  ist  das 
lür  die  Kriegsführung  der  Zeit  recht  charakteristisch. 


544  S  c  h  n  1 1  e. 

Silber  emp&iigeii,  sie  sollten  daf&r  you  ihrem  Eigeugat  der  Hor- 
schaft  einen  entsprechenden  Theil  aufgeben,  aber  es  war  bis  ISOS 
das  noch  nicht  geschehen^). 

Das  Hauptgewicht  legten  die  Habsburger  also  auf  die  YerChei- 
digung  ihres  aBegierongssitses'  Ensisheim,  der  einzigen  bedeutenden 
Stadt  ihres  Gebietes.  Die  Feste  Hochlandsbuig  war  wegen  der  Nahe 
Ton  Colmar  besonders  wichtig');  wenig  Werth  scheint  man  auf  Orten- 
berg  und  Bilstein  gelegt  zu  haben. 

In  älterer  Zeit  war  das  zu  Burglehen  gegebene  Gut  Yon  Ter- 
schiedenem  Werthe,  die  Ablösungssumme  schwankt  zwischen  100  und 
30  Mark  Silber,  die  järlichen  Einkaufte  flössen  ebensowohl  aus  herr- 
schaftlichem Gute,  aus  unfizirten  Gelde  und  Naturabteuem,  die  1291 
und  1293  ausgegebenen  Burglehen  sind  aber  an  Werth  ganz  gleidi, 
die  Ablösungssumme  ist  50  Mark  Silber,  der  Ertrag  ist  ein  fester, 
besteht  nur  ein  einziges  Mal  in  einem  festen  Geldsteuerbezug,  sonst 
stets  —  ohne  jede  Ausnahme  —  in  einem  festen  Antheil  an  der 
Steuer,  nämlich  25  Viertel  Boggen  «und  25  Viertel  Haber.  Die  An- 
gab^  der  Ablösungssumme,  welche,  wie  der  Vergleich  mit  dem  Pfiuid- 
gut  lehrt,  dem  Capital  des  jeweiligen  Burglehensvertrags  entspricht, 
zeigt  eine  gewisse  Aehnlichkeit  des  Instituts  des  Burglehens  mit  der 
PfandschafL  Aber  während  bei  der  Pfandsohaft  f&r  wirklich  dar- 
geliehenes Geld  die  Ablösungssumme  gezahlt  wird,  entspricht  hier  die 
Ablösungssumme  dem  Capital  der  f&r  die  jährliche  DiensÜeistung  ge- 
gebenen Beute.  Die  Ablösungssumme  ftir  die  einzelnen  Boiglehen 
betrug,  ein  paar  unwichtige  Posten,  wo  die  Ablösungssumme  nicht 
angegeben  ist,  abgerechnet,  ftir:  Ensisheim  930  Marie  Silber,  Lands- 
burg 410  Mark  SUber,  Ortenberg  30  Mark  Silber,  Bilstein  30  Mark 
Silber,  im  Ganzen  also  1400  Mark  Silber.  Es  war  dann  weiter  ge- 
schenkt zur  Schwertsteuer ^)  eine.Bente,  ablösbar  mit  10  Mark  Silber, 


^)  S.  86.  Es  handelt  sich  um  Ruofitunges  Söhne  von  Morswtlr  und  Walther 
von  Keisersperg.  Nun  ist  aber  ein  Burglehnsbrief  des  Sohnes  Königs  Rudolf», 
des  Herzog  Rudolf,  vom  26.  Sept.  1289  erhalten,  worin  dieser  an  Walther  und 
seinen  Bruder  Eonrad  als  Burglehen  zu  Landsburg  die  Güter  in  »Obemhering* 
heim«  f&r  90  Mark  Silber  ablösbar,  gibt  (Schöpflin  Als.  dipl.  II,  42).  In  Ober- 
hergheim  verzeichnet  aber  das  Urbarbuch  von  1308  (S.  11)  nur  Steaem,  in 
Pfand-  und  Burglehensregister  begegnet  der  Name  auch  nicht.  £b  bleibt  also 
eine  Lücke.  *)  Die  Untersuchung  der  erhaltenen  Ruinen  bei  Kraus,  Kunst  usJ 
Alterthum  in  Elsass-Lothringen  II,  S.  167  geht  leider  von  ganz  falschen  Voranc- 
Setzungen  aus.  Es  ist  der  ursprüngliche  Bau,  auf  dem  später  Lasama  tob 
Schwendi  sass,  noch  erhalten.  ')  Urb.  S.  86:  »In  (den  von  R&tolfitorf)  UU 
ouch  der  künig  gegeben  ze  awertstiure  10  vierteil  roggen  an  der  aelbe  etiare 
für  10  marc  silbers.« 


}      4 


Habsburger  Studien  11.  g4{> 

80  dass  das  f&r  militärische    Zwecke    in  Schuld    gegebene    Capital 
1410  Mark  Sflber  betrug. 

Interessant  ist  ein  Vergleich  mit  dem  zu  P&nd  gegebenen  Gute,, 
dessen  Ablösungssumme  804  Mark. Silber  betrug.  Als  Lehen  waren 
weiter  Einkünfte  Teageben,  die  ablösbar  mit  120  Mark  Silber  waren, 
so  dass  sich  die  gesammte  Verschuldung  der  habsburgischen  Steuern 
und  Güter  im  Elsass  auf  2334  Mark  Silber  belauft. 

Ganz  ähnlich,  wie  in  den  habsburgischen  Landen,  war  im  be- 
nachbarten Bisthum  Strassburg  zur  Zeit  des  Bischofs  Johann  von 
Dirbheim  (1306 — 1328)  die  Burglehensverfassung  eingeführt,  nur  war 
hier  die  Vertheidigung  nicht  auf  wenige  Städte  beschränkt,  son- 
dern vielmehr  eine  Reihe  von  Burgen  und  Dörfern,  ja  befestigte 
Friedhöfe  waren  hier  die  Festungen^).  Die  Angaben  im  Lehnsbuch 
Bischof  Bertholds  stimmen  nicht  so  überein,  wie  im  habsburgischen 
ürbarbueh.  Das  Verzeichnis  der  homines  castrenses  und  der  feoda 
castrensia  auf  fol.  184  hat  die  meisten  Namen  unter  dem  Dorfe  Dach- 
stein (Dabichenstein),  wo  20  Burgmänner  sich  aufzuhalten  hatten. 
Dachstein  war  schon  im  Bellum  Waltherianum  Mittelpunkt  der  bischöf- 
lichen Macht  gewesen.  Nächst  ihm  kommt  ZeUenberg  mit  8  Burg- 
männem,  wo  die  Einrichtung  erst  durch  Bischof  Berthold  von  Bucheck 
getroffen  zu  sein  scheint*).  Das  wichtige  Breuschthal  beherrschten 
die  Burgen  Girbaden  mit  ^  7  und  Singelstein  mit  3  Burgmannen. 
Girbfiden  war  erst  seit  1226  an  das  Bisthum  gekommen*),  aber  schon 
1240  ist  hier  ein  Burglehen  nachzuweisen^);  im  Städtchen  Markols- 
hdm  nö.  Yon  Golmar  hatte  die  Strassburger  Kirche  einen  Burgmann. 
Zählt  man  aber  die  in  dem  Lehnsverzeichnisse  angegebenen  Burg- 
lehen zusammen^  so  ergibt  sich,  dass  noch  eine  grosse  Zahl  anderer 
Ortschaften  in  dieser  Weise  zur  Vertheidigung  eingerichtet  waren. 
Im  Oberelsass  kommt  hinzu  die  Stadt  Bufftch,  im  südlichen  Nieder- 
elsass  der  befestigte  Friedhof  von  Eestenholz  (2),  die  Städte  Bheinau  (1) 
und  Benfeld  (3),  die  Burg  Bernstein  (1),  im  nördlichen  Theüe  die  Burg 
Bare  bei  Zabem  (1),  das  Dorf  Hittenheim  (1),  jenseits  des  Rheines 
das  Städtchen  Seuchen  (2),  die  Burgen  Ulemburg  (4)  und  Hohen- 
roden  (1).    Auch  die  Herren  von  Bapoltstein,   wie  die  Bischöfe  von 


')  Auflserdem  ummauerte  Johann  noch  eine  Reihe  von  anderen  Ortschaften, 
die  nicht  zu  Burglehensorten  eingerichtet  wurden.  Vgl.  Notae  hist,  Argenti- 
nensiB  Böhmer  Fontes  III,  118  und  Eönigshofen,  Städtechroniken  IX,  667.  *)  Vgl. 
SchlSpflin,  Als.  ill.  II,  115.  *)  Vgl.  die  Urkunde  Böhmer:  Acta  imperiinr.  819. 
Auch  Bingelstem  stammte  aus  der  Dachshurgischen  Erbschaft.  ^)  Vgl.  die 
Urkunde  Ab.  dipL  I  nr.  489.  Es  ist  ein  »sezlehen*,  »in  Castro  nostro  de  Gyr- 
baden  tenentur  personaliter  residere.« 

MittiMUoiifeii  YU.  85    ^ 


546  Schulte. 

Basel,  hatten  in  gleicher  Weise  ihre  Ministerialen  an  sich  gefesselt^). 
Ganz  genaue  Angaben  besitzen  wir  über  die  BurglehnsTerfiswsnng  im 
Territorium  des  Bisthums  Speier*). 


IV. 

Der  finanzielle  Ertrag  und  die  Lasten  der 

Besitzungen. 

Nach  diesem  ümblick  auf  die  Militarorganisation  einiger  den 
Habsburgem  benachbarter  Staatswesen  kehre  ich  zu  den  habsburgi- 
sehen  Besitzungen  zurück.  Es  wurde  oben  gezeigt,  dass  bei  Con* 
stituirung  der  Burglehen  von  der  Herrschaft  am  liebsten  Natural- 
steuern hingegeben  wurden,  man  die  Geldsteuem  zu  sdionen  suchte. 
Bei  den  Ffandschaftsyerträgen  ist  nicht  die  gleiche  Beobachtung  zu 
machen.  Aus  den  chronologischen  Angaben  des  P&nd-  und  Burg* 
lehensregisters  im  ürbarbuch  folgt,  dass  die  älteste  1803  noch  be- 
stehende PfiAndschaft  in  das  Jahr  1243  zurückgeht  Alle  datirten 
PfandschaftsTertrage  vertheilen  sich  dann  fast  gleichmässig  auf  die 
folgenden  Jahrzehnte  bis  1301,  niemals  ist  in  einem  Jahre  eine 
übergrosse  Verpfandung  erfolgt  Aber  bei  diesen  Pfandschaflen  wurde 
in  yiel  st&rkerem  Masse  der  Domänenbesitz  in  Anspruch  genommen, 
als  bei  den  Burglehen. 

Schon  Burkhard  hat  sich  bemüht,  den  Beinertrag  der  habs- 
burgischen  Besitzungen  im  Elsass  zu  berechnen.  Er  stellt  im  ürbar^ 
genau  die  wirkliche  Einnahme  aus  den  Zinsen  und  Zehnten  (den 
priYatrechtlichen  Bodenabgaben),  das  davon  Verpfändete  und  zu  Burg- 
lehen Gegebene  zusammen  und  vergleicht  schliesslich  Einnahme  und 
Ausgabe  mit  einander,  um  so  das  zur  freien  Disposition  der  Herren 
4stehende  Erträgnis  zu  erhalten.  Die  auf  der  nächsten  Seite  stehende 
Tabelle  III  gibt  diese  Berechnung  wieder,  an  zwei  Stellen,  wo  die 
Burkhard*8che  Rechnung  nicht  stimmt,  ist  in  eckigen  Klammem  die 
richtig  berechnete  Summe  eingesetzt 

Die  Tabelle  lehrt,  dass  im  zum  Bisthum  Basel  gehörigen  Theile 
(Oberelsass)  eine  bedeutende  üeberschuldung  der  Geldzins  zahlenden 
Güter  eingetreten  war.  Ebenso  reichten  die  Einkünfte  an  Boggen 
nicht  entfernt,  um  die  schuldigen  Leistungen  entrichten  zu  können. 
Hier  musste  also  auf  der  Landvogtei  aus  dem  durch  die  Steuer  ein- 


')  Vgl.  den  Baseler  Burglehnsvertrag  von  1S07  bei  Kopp  im  Archiv  für 
Kunde  Österr.  Geflchichtsquellen  VI,  176,  wo  die  rechtliche  Natur  des  Vertrags 
genau  angegeben  ist.        *)  Vgl.  oben  S.  516  Anm.  1.         *)  S.  87. 


Habsburger  Stadien  II. 


547 


Tafel  in. 

Vergleioli  swlaoheoa  Brlrag  an  Ziu  und  Zelmten  nnd  dem  davon 

Veipf&ndeten  nnd  m  liehen  Oegebenen« 


m 

Ertrag  an 

Zins  und 

Zehent 

Verpfändet 

oder 

SU  Lehen 

gegebeoa 

Bleibt  Ertrag 

zu  Gunsten 

zu  Lasten   tt 

der  Heiivohaft           || 

Silber :    Baseler .... 

M.  ff  ß  /1& 
12  53   14  — 

ff  ß  ^ 

12-  80  10  — 

ff      ß 

ff         ß 

26          16 

Strassburger 
Steininger  .  . 

—  21   18     8 

—  56  14  — 

Viert  Sester 

-  12    6    8 

Viert  Best. 

9       7 
56     14 

V. 

V.  s. 

Korn:     Roggen    .  .  . 
Mühlkom  .  . 

607       « 

278     — 

985       4 
20     — 

258 

481  2  [428-2] 

Weizen    .  .  . 

52     — 

—     —. 

62 

Gerste  .... 

222     — 

216       8 

sy. 

Haber   .... 

509       4 

471       4 

88 

Dinkel  .... 

125     — 
Fuder  Saum 

40     — 
Fuder  Ohm 

80  [85] 
Fuder    Ohm 

Wein:     Fuder    .... 
Sonstige  Naturalien: 
Schweine    .  . 

11    y. 

4 

8       8% 

8  wenig.  2 

4 

L&mmer  .  .  . 

81 

8 

28 

Hühner    .  .  . 

•  190 

21 

169 

Gans 

1 

— 

1 

PfeflFer  ff  .  .  . 

17% 

12«/, 

5 

Wachs  S   .  . 

2 

2 

— 

KAse 

86 

86 

— 

In  den  eckigen  S 

lammem  ist 

hinter  der  & 

'                          II 
Lsch  berechneten  Zahl  die  1 

richtige  angegeben;  de' 

r  Ursprung  der  Fehler  bleibt  ungewiss,                          1 

kommenden  Roggen  das  Fehlende  ergänzt  werden.  Es  ist  dadurch 
erwiesen,  dass  die  Centralverwaltong  in  Ensisheim  die  jährlichen  Ein- 
nahmen und  Ausgaben  regeln  musste,  dass  da  also  nicht  eine  so  rohe 
Verwaltungsmethode,  wie  sie  Zeumer  bei  der  Beichsfinansverwaltung 
annimmt,  bestanden  haben  kann.  Fast  ganz  nnyerpfandet  und  un- 
belehnt  waren  die  im  Rlsgau  belegenen  Güter.  Im  Qrossen  und 
Ganzen  war  aber  das  Zinsgut  sehr  hoch  verschuldet 

Noch  lehrreicher  ist  der  schon  yon  Burkhard  yon  Fricke  an- 
gestellte Vergleich  der  Erträgnisse  der  Steuer  nnd  der  Herbergsteuer 

«6* 


548  Schulte.. 

und  des  davon  Verpfändeten  und  zu  Lehen  Gegebenen.  Da  die  Steuern 
nicht  fixirt  waren,  so  ist  ein  Vergleich  der  Maximal-  und  Mininud- 
ertragnisse  nöfhig.  Auch  hier  zeigt  sich,  dass  die  Ertragnisse  aoB 
den  elsgauischen  Bestandtheilen  ganz  unbelastet  waren;  am  inten- 
sivsten war  die  Verschuldung  bei  den  Oeldsteuem  des  Albrechtsthaies 
(wo  nach  Strassburger  Gewicht  gerechnet  wurde).  Im  Allgemeinen 
ist  aber  die  Verschuldung  der  Steuerträgnisse  viel  geringer,  als  bei 
den  Zinserträgnissen,  wie  die  nebenstehende  Tabelle  zeigt 

Da  der  Steuerertrag  Jahr  f&r  Jahr  varürte,  so  ist  es  nicht  mög- 
lich, mit  Sicherheit  den  Reinertrag  der  Einkünfte  aus  Steuer  und 
Zinsen,  also  die  Gesammtsumme  der  Einkünfte  der  Habsburger  im 
Elsiass  zu  berechnen.  Legt  man  den  Minimalertrag  der  Steuern  zu 
Grunde,  so  ergibt  sich  als  Beinertrag: 

Geld;    U  Baseler  Pfenning    296—19  [344—19]. 
.    Strassburger  ,  154 — 7. 

,    Stefninger     ,  171—14. 

Getreide:  Boggen    Viertel:  432—4  [495.4]. 
Haber  .  878  Va  [9287,]. 

Mühlkom     ,  258. 

Weizen         .  52. 

Gerste  ,  5y^. 

Dinkel  .  80  [85]. 

Wein:     Fuder   31  weniger  2  Olun. 
And.  Naturalien:  Schweine       4. 

Lämmer  28. 
Hühner  169. 
Gans  1. 

a:  Pfeffer  5. 
Käse         248. 

Es  ist  ein  Bild,  das  deutlich  zeigt,  wie  tief  die  Verwaltung  noch 
in  der  Naturalwirthschaft  stack. 

Eine  interessante  Vergleichung  der  Einkünfte  der  wichtigsten 
deutschen  Länder  bietet  der  für  das  Finanzwesen  überhaupt  sehr 
interessirte  Colmarer  Annalist  in  seiner  descriptio  Theutoniae.  Die 
Einkünfte  von  Trier  schlägt  er  auf  8000,  Mainz  7000,  K5hi  50,000 
Mark  an ;  die  Herzoge  von  Bayern  taxirt  er  auf  20,000  Mark,  Bran* 
denburg  auf  50,000,  Böhmen  endlich  auf  100^000  Maik^).    Bs  wäre 


*)  M.  6.  88.  XVII,  288;  ausserdem  berechnet  er  die  Einkünfte  des  Henogs 
von  Sachsen  auf  200  Mark,  Riga  1000,  Magdeburg  4000,  Bremen  &000  und  Sali- 


Habpburger  Studien  II. 


549 


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550  S  c  li  n  1 1  e. 

nun  sehr  interessant,  danach  die  habsbargiscben  Hacktmittel  zu  be- 
rechnen. Allein  eine  solche  Umrechnung  yon  Einkünften  aus  Natu- 
ralien und  verschiedenen  Geldsorten  hat  ihre  Schwierigkeiten. 

Da  es  ja  nicht  auf  absolute  Genauigkeit  ankommt,  so  kann  ich 
es  wagen,  auf  Grund  der  Studien  und  Berechnungen  Hanauers  ^)  den 
Ertrag  der  habsburgischen  Besitzungen  in  Mark  Silber  umzurechnen, 
um  den  Vergleich  mit  den  Angaben  des  Golmarer  Dominikaners  mög- 
lichst weit  zu  f&hren.  Ich  lege  den  ebenbereohneten  Gesammtertrag 
und  zwar  den  richtig  berechneten  in  Klammem  gegebenen,  der  sich 
zusammensetzt  aus  Minimalertrag  der  Steuern  und  dem  Ertrag  des 
Eigengates,  bei  dieser  Minimalberechnung  zu  Grunde,  unbeachtet 
blieben  die  Einnahmen  aus  lebendem  Vieh,  sowie  die  Einnahme  an 
FfefTer  und  Käse,  da  hier  eine  Schätzung  noch  mehr  der  Momente 
der  Ünwahrscheinliohkeit  enthalten  würde. 

Die  Getreidepreise  musste  ich  nach  Strassburger  Währung  um- 
rechnen, da  die  Tabellen  bei  Hanauer  ftlr  den  Strassburger  Markt  am 
weitesten  zurückreichen  >);  von  1311 — 1319  berechnet  sich  der  Durch- 
schnittspreis für  die  Yiemzahl  Roggen  auf  99,7  Strassburger  /^  Beim 
Hafer  fehlen  so  langdauemde  Perioden  in  alter  Zeit;  1315,  wo  der 
Boggen  zu  120  stend,  stand  der  Hafer  36,  wir  dürfen  also  rot  30  ^ 
die  Yiemzahl  ansetzen.  Weizen  und  Mühlkom  wurde  mit  Büeksicht 
auf  die  Verhältnisse  des  Baseler  Marktes  im  16.  Jahrhundert*)  dem 
^ggon  gleich,  also  etwas  zu  niedrig,  auf  100  gesetzt  Für  Gerste 
liess  sich  aus  Angaben  für  6  Jahre  1311  — 1319^)  der  Preis  auf 
50f6  /^  Strassburger  berechnen;  für  Dinkel  sind  wiederum  die  etwas 
zu  niedrigen  Boggenpreise  mit  100  /^  angesetzt  Beim  Wein,  dem 
schww  schätzbarsten  Object,  ist  das  Fuder  gewiss  nicht  zu  hoch  auf 
80  ß  angeschlagen^). 

unter  diesen  Voraussetzungen  berechnet  sich  der  Minimal-Ge- 
sammtertrag  nach  Abzug  des  Verpfändeten  wie  folgt: 

Baar:.    Baseler  tf  344,95. 

Strassburger  ,   154,3. 
Stefiainger      ,   171,70. 


buTg  endlich  20,000  Mark  Silber.  Die  Ziffern  sind  gewiss  nicht  genau ;  sie  geben 
uns  aber  ein  Bild  von  dem,  wie  man  in  gut  unterrichteten  Kreisen  die  Macht- 
mittel der  einzelnen  Fürsten  abschätzte. 

*)  A.  Hanauer:  Etudes  ^conomiques  sur  TAlsace  andeaine  et  moderne. 
I  und  II.  Paris  und  Strassburg  1876  und  1878.  >)  a.  a.  0.  II,  91.  •)  a»  *. 
0.  U,  82.    '    *)  a.  a.  0.  U,  9i.        *)  Vgl.  a.  a.  0.  U,  880. 


Hababuxger  Stadien  IL  551 

Boggen  Strassburger  Währimg  205,9. 

MüUkom  u.  Weizen    ,  ,  128,2. 

Gerste  ,  .  1,1. 

Hafer  ,  ,  116,0.  • 

Dinkel  .  ,  35,4. 

Wein  ,  .  124,0, 

oder  gesammt  in  Strassburger  Währung  766,2  flf, 
in  Baseler  und  Stefninger  Währung  516,6  , 

üeber  den  Werth  der  Stefninger  stehen  mir  keine  Angaben  zu 
Gebote,  ich  setze  sie  deshalb  den  benachbarten  geringwerthigen  Baseler 
Münzen  gleich,  för  die  Hanauer  2^/8  ff  anf  die  Mark  Silber  berech- 
net >);  in  Strassburg  gingen  1813  etwas  mehr  als  2  U  auf  die  Ifark 
Silber;  wenn  wir  diese  kleine  Differenz  unbeachtet  lassen,  so  er- 
halten wir 

Strassburger  Währung 383,1  Mark  Silber, 

Baseler  und  Stefiiinger  Währung     .     206,6      ,  , 

Im  Ganzen  also    .    589,7  Mark  Silber. 

Bei  einer  nach  den  gleichen,  gewiss  sehr  unsicheren  Voraus- 
setzungen angestellten  Berechnung  ergab  sich  als  Maximalertrag  der 
habsburgischen  Besitzungen  im  Elsass  1001,1  Mark  Silber.  Wir  dürfen 
80  wohl  als  gesichert  annehmen,  dass  der  Ertrag  der  habsburgischen 
Besitzungen  im  Elsass  zwischen  600  und  1000  Mark  Silber  jährlich 
schwankte.  Und  bei  dieser  Berechnung  sind  nicht  eingeschlossen  die 
Gerichtsgefalle  und  Bussen,  alle  unregelmässigen  Einnahmen  als  Fall, 
Ehrschatz,  Schutzgelder  usw.,  der  grösste  Theil  der  Einnahmen  aus 
den  KlosterTOgteien  usw.,  so  dass  der  wirkliche  Ertrag  jedenfiiUs  be- 
deutend über  dem  Minimalertrag  liegt 

Nun  war  aber  der  habsburgische  Besitz  im  Elsass  im  Vergleich 
zu  den  schweizerischen  Theilen  arm  an  den  wichtigsten  Steuerüftctoren, 
an  Städten,  noch  ärmer  an  eigentlichem  AUodialgute.  Eine  ober- 
flächliche Vergleichung  der  Erträgnisse  der  schweizerischen  und  ober- 
schwäbischen Aemter  mit  den  elsässischen  beweist,  wie  yiel  bedeu- 
tender die  Einkünfte  aus  diesen  Theilen  waren.  Alles  in  allem  ist 
kein  Zweifel,  dass  Graf  Rudolf  von  Habsburg  bereits  Yor  der  Eonigs- 
wahl  über  Steuerkräfte  und  Einkünfte  yerf&gte,  welche  die  vom  Gol- 
marer  Chronisten  für  Trier  angegebenen,  vielleicht  auch  die  des  Mainzer 
Erzbischofs  übertrafen.  Budolfwar  wohl  nach  den  sieben  Kurfürsten,  von 


>)  Für  1B08  a.  a.  0.  I,  895  £ 


552  Schulte. 

denen  Trier  und  Mainz  vielleicht  ärmer  waren,  und  nadi  dem  reichen 
Salzburg  der  reichste  Mann  in  den  deutschredenden  Theilen  des  deatechen 
Beiches. 

In  Schwaben  hind  Elsass,  die  seit  den  Tagen  der  Staufer  den 
Mittelpunkt  des  Beiches  bilden,  war  Budolf  zur  Zeit  seiner  Wahl  ohne 
Frage  der  reichste.  Wollte  man  das,  was  vom  Beichsgut  und  dem 
staufischen  Hausgut  übrig  geblieben  war,  dem  Beiche  retten  —  und 
darum  war  es  den  Wählern  zu  thun  ->,  so  bot  sich  von  selbst  ihnen 
Budolf  als  die  geeignetste  Person  dar ;  eine  Beconstruction  des  Beiches 
nach  dem  Interregnum  seitens  eines  andern  Königs  würde  jeden&Us 
in  Schwaben  zu  dem  Kampfe  geführt  haben,  der  auf  dem  Marchfelde, 
dann  im  fernen  Osten  geführt  wurde.  In  Schwaben  und  Elsass  lag 
sowohl  der  grösste  Theil  des  alten  Beichsgutes  als  auch  dessen,  was 
Yom  staufischen  Eigengut  allmählich  mit  diesem  verwachsen  war. 
Einen  anderen  König  würde  das  Streben,  dem  Beiche  das  Beich^^t 
zu  erhalten,  wohl  ziemlich  sicher  zu  einem  gleichen  Conflicte  mit  dem 
Grafen  Budolf  geführt  haben,  wie  ihn  König  Budolf  in  der  Ostmark 
des  Beiches  mit  König  Ottokar  zu  bestehen  hatte.  Es  ist  unter  allen 
umständen  falsch,  Budolf  als  einen  armen,  machtlosen  Grafen  darzustellen; 
das  war  in  der  That  Adolf,  der  Burgmann  des  Beiches  zuGalsmunt! 

Noch  in  einer  andern  Beziehung  ist  das  Ergebnis  der  Tabellen 
sehr  lehrreich.  Die  beiden  oben  erwähnten  XJrbarien  von  Bayern 
und  Oesterreich  zeigen  gleichmässig,  wie  dort  die  Macht  der  Herr- 
schaft auf  dem  Grundbesitz  beruht,  das  Steuersystem  in  höchst  un- 
vollkommener Weise  ausgebildet  ist ;  in  den  habsburgischen  Stammlanden 
ist  das  gerade  Gegentheil  der  Fall:  der  Ertrag  an  Zins  und  Zehnten 
ist  beträchtlich  niedriger,  als  der  aus  den  Steuern  gewonnene;  und 
wenn  es  nothwendig  war,  eine  Verpfandung  eintreten  zcr  lassen,  so 
suchte  man  die  Steuern  sich  zu  erhalten,  gab  lieber  Eigengut  sa 
Pfand;  Bayern  und  Oesterreich  waren  Staatswesen,  deren  Finanzen 
noch  zum  grossen  Theil  auf  demselben  Boden  standen,  wie  die  des 
deutschen  Beiches  in  der  ersten  Hälfte  des  Mittelalters.  Der  Staat 
glich  mehr  einer  colossalen  Domäne,  als  einem  Staatswesen  modemer 
Art.  Setzten  sich  die  Einkünfte  des  Karolingischen  Beiches  und  der 
Hei*zogthümer  Oesterreich  und  Bayern  auch  im  dreizehnten  Jahr- 
hundert noch  wesentlich  aus  Domänenerträgen  und  indirecten  Steuern 
zusammen,  so  hatte  die  habsburgische  Verwaltung  im  Elsass  nur  einige 
unbedeutende  Zölle  und  Märkte,  das  alte  Domanialgut  war  grössten- 
theils  zersplittert,  dafür  war  aber  um  so  energischer  die  directe  Steuer 
ausgebildet.  Wie  fast  auf  allen  Gebieten  eilt  auch  hier  der  Süd- 
westen Deutschlands  dem  Norden  und  Osten  weit,  voraul 


Habsburger  Stadien  11.  553 

Einer  Tergleichenden  Uebersicht  derFmänzorganisation  des  Herzog- 
thams  Oeaterreieh,  wo  wenigstens  die  Anfange  einer  ünteisuchang 
durch  Lorenz  gemacht  sind,  des  Herzogthnms  Bayern  und  der  habs- 
burgischen  Yorlande,  die  eine  d^er  dankbarsten  Au^ben,  welche  die 
historisch-nationalökonomische  Forschung  sich  stellen  könnte,  wäre, 
will  ich  nicht  Torgreifen;  nur  einmal  wieder  dringend  daran  mahnen, 
dass  mit  dem  Edir^i  von^  ürbarien  nur  der  allergeringste  Theil  der 
Arbeit  gemacht  ist;  dass  die  bisherige  Editionsmethode  der  Ürbarien 
ohne  Tabellen,  ohne  Karten  in  Zukunft  verlassen  werden  muss,  wenn 
anders  diese  Quellen,  wenn  sie  auch  gedruckt  vorliegen,  nicht  ihren 
Winterschlaf  fortsetzen  sollen,  wie  die  in  den  Monumenta  Boica  publi- 
cirten  bairischen  ürbarbücher  es  nun  schon  seit  84  Jahren  thun. 

Im  Grossen  und  Oanzen  bestätigt  auch  diese  Untersuchung  wieder, 
was  bereits  anderweit^  erwiesen  ist,  dass  Budolf  und  Albrecht  sehr 
sparsame  und  tüchtige  Hausverwalter  in  ihren  EigengQtem  waren» 
Wenn  das  verpfändete  Gut  im  Elsass  —  wie  wir  oben  sahen  —  für 
924  Mark  Silber  eingelöst  werden  konnte,  so  genügte  dazu  etwas 
mehr  als  der  ly, fache  Betrag  des Minimal-Beinertrags  der  Einnahmen; 
rechnen  wir  selbst  die  Burglehen  als  verpfändet  —  während  sie  in 
Wirklichkeit  militärischen  Zwecken  dienen  —  so  genügte  immerhin 
der  Minimalertrag  von  4  Jahren,  um  alle  Pfandschaften  der  Herr- 
schaft einzulösen.  Welcher  moderne  Staat  befände  sich  in  der  gleichen 
Lage?  Auch  wenn,  was  wahrscheinlich  ist,  noch  eine  grössere 
.schwebende  Schuld'  vorhanden  war,  so  war  die  Lage  der  Habs- 
burger jedenfalls  eine  gute  zu  nennen.  Ganz  anders  wurde  das,  als 
in  Folge  der  streitigen  Eönigswahl  von  1814  Friedrich  der  Schöne 
sich  gezwungen  sah,  eine  ganze  Beihe  von  wichtigen  Einkünften  zu 
verpfänden.  Allein  der  grosse  habsburgische  Banquier,  Heinrich  von 
Mülnheim  in  Strassburg,  erhielt  das  Albrechtsthal,  Scherweiler  mit 
den  zugehörigen  Burgen  und  &st  die  gesammten  Städtesteuem  im 
Aargau  und  Thurgau  gegen  die  Summe  von  4510  Mark  verpfändet^) 


*)  Vgl.  diese  P&ndverträge  im  Strassburger  Ürkundenbucb  Band  III  Nr.  779. 
787.  854  und  dazu  die  erläutemden  Urkunden  784.  788.  791.  795.  797.  1029. 
1082  und  1089.  Derselbe  streckte  1880  den  Habsbnrgem  400  Mark  Silber  vor 
(nr.  1260).  Dem  getreuesten  Bundesgenossen  der  Habsburger,  Otto  von  Ochsen- 
stem,  gab  er  1814  gegen  P&nd  400  Mark  Silber  (nr.  768)'.  Bei  einer  Abrechnung 
1827  schuldete  ihm  dieser  aber  ausserdem  noch  626*/^  Mark  Silber  (nr.  1155). 
Es  gab  al^  Heinrich  von  Mülnheim  den  Habsburgem  und  ihren  Bundesgenossen 
in  der  Zeit  von  1814  bis  1880  zum  allermindesten  5586y,  Mark  Silber.  Zugleich 
hatte  aber  auch  Heinrich  ftbr  einen  Gegner  der  Habsburger  Geld  (nr.  1825). 


554  ßohnlte. 

Die  Doppelwahl  von  1314  ist  für  die  Oesohiohte  SOddeatschlands, 
ja  des  ganzen  Beichea  Ton  tragischer  Bedeutong  gewesen.    Badolf 
und  Albredit  hatten  ihre  Besitzungen  in  Schwaben  durch  Ankauf  und 
Erbschaft  so  yergrössert,  dass  die  Besitzungen   der  Habsbuinger  im 
Jahre  1314  wohl  ebenso  bedeutend  waren,  9ia  nur  je  die  Besitenngen 
der  Staufer  in  Schwaben  gewesen.  Wäre  nach  1314  nicht  eine  üeber- 
schuldung  dieser  Gebiete   eingetreten,  bedeutende  Stücke  in  P£EUid- 
Schaft  geraÜien,  hätten  die  Habsburger,  dem  Zuge  der  Zeit  folgend, 
damals  ihre  Besitzungen  in  Schwaben  zu  einer  einheitlichen  Macht 
zusammengefasst,  wozu  ja  die  beiden  habsburgischen  Eonige  den  An* 
femg  gemacht  hatten,  so  würde  sehr  wahrscheinlich  der  Kampf  gegen 
die  Eidgenossen  anders  ausgeffdlen  sein,  vielleicht  würde  die  Geschichise 
den  BegrifiF  , Schweiz*  dann  überhaupt  nicht  kennen^). 


.')  Zur  Ergänzung  einiger  Anmerkungen  füge  ich  einiges,  mir  inzwischen 
eugegangencB  Material  hinzu: 

Eine  Abschrifb  de»  eis.  Theiles  des  Urbare  befindet  sich,  wie  aus  den  An- 
gaben bei  "M.  Merklen,  Histoire  de  la  yille  d'  Ensisheim  I  Enfiisbeim  jadis  yiUe 
libre-imp^riale ,  dessen  Titel  allein  schon  die  Kritiklosigkeit  des  Buches  koui- 
zeichnet,  S.  91  im  Stadtarchiv  zu  Ensisheim.  Aus  seinen  Auszügen,  Tor  allem 
8.  94/95,  erkennt  man  die  Identität  deutlich.  Eine  Abschrift  (oder  dieYorla^?) 
der  jetzt  badischen  Theile  —  die  Aemter  Säckingen,  Wehr,  'Waldshut,  8t  Blaaieti, 
Krenkingen,  Elfingen  und  Rain  (Aargau)  ^  S.  41—68  der  Pfeifferschen  Ausgabe 
ist  im  Grossh.  Qener.-Landes- Archiv  zu  Karlsruhe,  Section  Breisgan.  Eine  Reihe 
von  Abweichungen  habe  ich  bei  flüchtiger  Vergleichung  constatiren  können. 

Aus  dem  inzwischen  mir  gatigst  zur  Verfügung  gestellten  (>ollectaneea  des 
Herrn  Major  Kindler  von  Knobloch  kann  ich  einige  Nachträge  zu  der  S.  520/^^1 
gegebenen  Reihe  der  habsburgischen  Vögte  im  Elsass  geben.  Der  habsburgisc^e 
Vogt  Ulrich  von  Ensisheim  (8.  520  und  Anm.  2.)  gehört  wohl  eher  als  dem  Ge- 
schlechte von  Lobgaese  der  Familie  von  Nüfar  (Kiffer  südl.  von  Ottmarsheam)  an, 
bei  denen  der  Vorname  Ruodlicb  wie  Markward  sich  findet.  Ein  Zweig  dieser 
Familie  nahm  den  Namen  von  Ensisheim  an,  ein  Glied  nennt  sich  im  Text  einer 
Urkunde  von  Ensisheim,  im  Siegel  von  Nüfar;  der  älteste  nach  Ensisheim  sich 
benennende  Burkhard  starb  1290.  —  Das  Citat  betr.  den  Vogt  von  OTte&beT;g, 
Ludwig  von  Amoltem,  bezieht  sich  auf  eine  Urkunde  im  Strassb.  Bez.  A.  G  549  Ho. :!. 


Pömische   Studien. 

Von 

F.  Kaltenbmimer. 

(Fortsetzung  von  Heft  I.  S.  20—118). 


2.  Die  Sammlaxig  des  Berardus  als  historische  Quelle. 

Bei  dem  folgenden  Verzeichnisse  der  Briefe,  dessen  knappe 
Inhalteangaben  durch  Mangel  an  Baum  entschuldigt  werden  mögen, 
versuche  ich,  die  grosse  Briefreihe,  welche  meiner. Ansicht  nach  den 
Epistolae  Notabiles  eu  Grunde  liegt,  herzustellen.  Ich  gebe  den 
Briefen  diese  Ordnung,  einerseits,  wei}  ich  damit  manche  früher  auf- 
gestellte Behauptung  rechtfertigen  will,  andererseits,  weil  sich  mir  nur  so 
die  Mö^öhkeit  ergab,  im  Anschluss  an  die  Sammlung  selbst  die 
Briefe  i»ch  Pontificaten  zu  ordnen.  Dabei  gestehe  ich  g&me  ein, 
dass  an  manchen  Stellen  die  Briefe  auch  anders  aneinander  gereiht 
werden  könnten ;  derlei  Willkürlichkeiten  liessen  sieh  eben  der  Natur 
der  Sache  nach  nicht  umgehen.  Aber  ich  habe  mich  gehütet,  dort, 
wo  keinerlei  Grund  f&r  eine  bestimmte  Beihenfolge  vorlag  und  sich 
auch  die  Möglichkeit  entzog,  zwischen  mehreren  sich  darbietenden  zu 
wählen,  eine  solche  aufzustellen,  und  war  deshalb  genöthigt,  am 
Ende  eines  jeden  Pontificates  diejenigen  Briefe  in  gesonderter  Rubrik 
zu  geben,  welche  in  keinerlei  Zusammenhang  mit  der  Beihe  der 
Epistolae  Notabiles  gebracht  werden  können.  Das  sind  zunächst  die 
Bestände  der  Gruppen  A  IV.  VI.  X.  B  XIII  und  aller  Martin  IV. 
zufallenden  mit  Ausnahme  des  von  Gr.  A  XIV,  da  keiner  ihrer  Briefe 
sich  in  jenen  findet,  es  daher  mindestens  zweifelhaft  ist,  ob  sie  bei 
der  Bildung  der  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Beihe  mitgewirkt  haben. 
Dazu  kommen  desselben  Gesichtspunktes  halber  die  Briefe  von  A  VIII 
bis  Nicolaus  III,  und  endlich  eüiige  wenige  Briefe  von  SS,  während 
die  Hauptmasse  seines  Bestandes,  der,  wie  wir  sahen,  auf  die  Beihe 


556  Kaltenbranner. 

der  Epistolae  Noiabiles  zurückgeht,  im  ZoBammenhange  mit  deiuelben 
gebracht  werden  konnte. 

Bei  Briefen,  die  bei  Potthast  verzeichnet  sind,  glaubte  ich  unter 
Hinweis  auf  ihn  von  jeder  Angabe  des  Inhaltes  absehen  zu  könn^i; 
desgleichen  von  der  des  Datum,  sofern  dasselbe  bei  Potthast  und  in 
der  Sammlung  übereinstimmend  gegeben  ist  Kommt  aus  derselben 
zu  ersterem  dasselbe  neu  hinzu  oder  ergeben  sich  zwischen  ihnen 
Differenzen,  so  ist  dies  angegeben,  während  das  gemeinsame  Fehlen 
desselben  durch  die  Sigle  s.  d.  angedeutet  wird.  Fehlt  dasselbe  je- 
doch im  Gegensatz  zu  Potthast  nur  in  der  Sammlung,  wird  dies  dordi 
die  Sigle  d.  o.  zum  Ausdruck  gebracht  Die  letztere  deutet  aach  bei 
den  nicht  in  Potthast  stehenden  das  Fehlen  der  Datirung  an.  Vananirai, 
welche  sich  diesbezüglich  bei  den  einzelnen  Handschriften  ergeben, 
sind  nur  dann  berücksichtigt,  wenn  sie  die  Zeitangaben  selbst  be- 
rühren, nicht  aber,  wenn  sie  sich  nur  auf  das  Ausmaass  der  Formel 
beziehen.  Dasselbe  habe  ich  übrigens  darzustellen  versucht,  indem 
ich  die  Auslassung  einzelner  Bestandtheilcj  wenn  ihre  Reduction  leicht 
möglich  war,  durch  Setzung  derselben  in  Klammern,  sonst  durch 
Wiedergabe  des  von  der  Sammlung  selbst  gegebenen  Worüautes  scom 
Ausdruck  brachte.  Endlich  ist  es  durch  meine  Ausführungen  gerecht- 
fertigt, dass  ich  Datirungen,  welche  nur  mit  dem  Verweis  ,ut  sapra* 
gegeben  sind,  nicht  reducire,  sondern  so,  wie  sie  sich  darbieten, 
mittheile. 

Bei  den  in  Potthast  verzeichneten  Briefen  habe  ich  auch  die 
Provenienz  ihrer  Drucke  darzustellen  versucht  Diejenigen  Briefe, 
welche  nur  aus  unserer  Sammlung  geschöpft  und  auch  sonst  in  keiner 
anderen  Quelle  nachweisbar  sind,  werden  durch  einen  ihrer  Nummer 
beigesetzten  Stern  gekennzeichnet  Ihnen  stehen  solche  gegenüber, 
die  entweder  aus  dem  Begistrum  (B.)  oder  aus  andern  QueUen  ge- 
druckt sind;  bei  den  letzteren  unterscheide  ich  gelegentlich  späterer 
Ausführungen  10  Gruppen,  welche  durch  die  Zahlen  1  —  9  und  ? 
auseinandergehalten  werden.  Während  ich  mich  bei  der  Begister- 
Proyenienz  für  gewöhnlich  mit  ihrer  Markirong  selbst  begnüge,  deuten 
die  vollen  Gitate  desselben  an,  dass  kein  Druck  aus  demselben  Yor- 
liegt,  sondern  das  Vorkommen  der  betreffenden  Briefe  in  ihm  erst 
von  mir  constatirt  wurde,  sowie  ich  dies  auch  bei  den  ungedra<A[ten 
Stücken  der  Sammlung  durchgeführt  habe.  Jedoch  mögen  hiebei  die 
in  der  Einleitung  f&r  ürban  lY.  und  Clemens  IV«  ausgesprocheaen 
Beschränkungen  berücksichtigt  werden. 


ROnÜBche  Stndien  III.  557 

XTrban  IV. 

1.  Arcbiepiscopis  etc.    »Ezultet  angelica  turba«.    P.  18282.  d.  o. 

NP  1.     NV  1.     NO  274.  —  B  564.  —  DV  480.     DP  840.  ? 

2.  Decano  .  .  .  CioestrenBi.    »Laudabilia  et  longeve«.  zu  P.  18282.  d.  o. 

NP  2.  NV  2.  NO  276.  —  B  665.  —  DV  481.  DP  Bub  840. 
s.  £pi8Copo  AutüiodorenflL    »OonsidenmteB  ab  olim*.    d.  o. 

Seine  Ablehnung  des  Stuhles  von  Jerusalem  wird  angenommen. 
NP  8.  NV  8.  NO  276.  —  B  666. 

4.  Archiepiscopo  Bayennati.    »Horrendum  scelus*.    d.  o. 

Ueber  die  Ermordung  des  »Sacrista  Bonnoniensis*. 
NP  4.  NV  4.  NO  277.  -  B  567. 

5.  Wizardo de Castello canon.  Remensi  (NV Bonnoniensi).  »Tue laudabilis«.  d.O. 

Die  Resignation  einer  Pfründe  wird  zurflckgewiesen. 
NP  5.  NV  5.  NO  278.  —  B  568. 

6.  Begi  Francorum.    »Serenitatis  regie«.    P.  18196.  d.  o. 

NP  6.  NV  6.  NO  1.  8. 

7.  J.  comiti«    »De  sinu  pairis«.    d.  o. 

Abtnahanrtg  yom  Ehebruch  mit  der  Schwester  des  Königs  yon  Armenien. 
NP  7.  NV  7.  NO  279.  —  A  1.  B  1. 

8.  Begine  Cypri.    »Audi  filia«.  d.  o. 

Ermahnung  zu  keuscherem  Leben,  (publ.  DeliBle  p.  124  aus  NP.) 
NP  8.  NV.8.  NO  8.  —  A  2.  B  2. 

9.  Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Cesserunt  nobis«.    P.  18272.  d.  o. 

NP  9.  NV  9.  NO  9.  —  B  669.  —  DV  488.     DP  841.  R. 

10.  Johanni  ManseUo  thesauraiio  Eboraoensi.    »Inter  yirtutes«.    d.  o. 

Lob  seiner  Treue. 

NP  10.  NV  10.  NO  280.  —  A  5.  B  5. 

11.  Alfbnso  comiti  Pictayensi.    »Misse  nobis*.    d.  o. 

Dank  fDr  seinen  Glückwunsch  zur  Promotio. 
NP  11.  NV  11.  NO  281.  —  B  670. 

12.  Philippe  primogenito  regia  Frande.    »D.  f.  m.  Matheus*.    P.  19027.  s.  d. 

NP  12.  NV  12.  NO  282.  >-B  671.  (wiederholt  bei  P.  20601  unter  Clemens  IV.)  8. 
IS.  Dad  Burg^ndie.    »Magno  deyoüoms*.    d.  o. 

Dank  Ar  seinen  Glückwunsch  zur  Promotio. 
NP  18.  NV  18.  NO  288.  —  B  672. 

14.  N.  V^  Petro  de  Sabaudia.    »Missa  nobis«.    d.  o. 

Dank  wie  oben  und  Abmahnung  yon  Bedrängnng  der  Kirche  yon  Sitten. 
NP  14.  NV  14.  NO  284.  —  B  578. 

15.  Regi  Frande.    »Nuper  de  Viterbio«.    P.  18402.    s.  d. 

NP  16.  NO  5.  —  B  575.  8. 

16.  Magistro  D.  l^tie  Templi  Hierosolymitani  »Patemum«.    d.  o. 

Ordensangelegenheiten. 
NP  17.  NO  285. 

7.  Potestati Florentinorum  sp.  c.  s.   »Nuper  ex  multorum«.  d.  o. 

Ihre  Parteinahme  für  Pisa  gegen  Lucca  wird  gerügt 

NP  18.  NV  16.  NO  286.  —  A  8.  B  8.  —  DV  5.  DP  6.  DL  6. 

8.  Regi  Jhrancorum.    »Dum  commoda  pads*.    P.  19026.    s.  d. 

NP  19.  NV  17.  NO  6.  —  A  128.  B  198.  8. 


558  Ealtenbrnnner. 

19.  Archiepiscopo  Rothomagensi.    Exemplar  des  vorigen,    d.  o. 

NP  19.  I.  e.  m.  NO  287.  —  A  124.  B  199. 

20.  Capitulo  Gamoteiui.  ,Si  commoda  paciB*.  zu  P.  19026.    d.  o. 

NP  20.     NO  288.  —  A  125.  B  200. 

21.  Comiti  BlesensL    ,Si  commoda  pacis*.  zu  P.  19026.    d.  o.  -  -  • 

NP  21.  NO  289.  —  A  196.  B  201. 
22*.  Decano  Landunenai.    »Memoree  nberum«.    P.  18766.    b.  d. 

'     NP  22.  NO  290.  —  B  676. 
28.    Regi  Aragonum.     »Düectos  filius  frater«.    P.  18&8S.    d.<6.    •    - 

NP  28.  NV  18.  NO  7.  —  A  4.  B  4.  —  DV  6.  DP  6.    DL  6.  R. 

24«   Magistro  Alberto.    »Tnaa  nuper«.    P.  18440.    s«  d. 

NP  24.  NO  829.  —  A  6.  B  6.  —  DV  7.    DP  7.    DL  10..  ? 

25.  Episcopo  BelvacenBi.    »Presentata  nobis«.    d.  o. 

Ueber  eine  streitige  PfrOndenbesetzmig.      , 
NP  25.  NO  880.  —  B  815. 

26.  Potestati Pisanomm.    »Summi  et  pii  Platris^    4L  o. 

Abmahnung  vom  Kriege  gegen  Lucca. 

NP  27.  NV    19.  NO  832.  ^  A  127.  B  «03.  ^  DV  806.  DP  2«J* 

27*.  Potestati  ....  Senensium.    ,Non  sine  (per)tuilM4aoae*.'    P.  1(8764.    s.  d. 

NP  28.  NV  20.  NO  888.  —  A  128.  B  908.  -*  DV  907- DP  210. 

28.  Bavilo,  baropibufl  ....  regni  Cypri.    » Ineztimabilis  «iemä«.    d.  o. 

Ueber  das  zÜgeUose  Leben  auf  Cypem. 

NP  29.  NV  21.  NO  884.  —  B  816.  --  DV  485.- DP  84«. 

29.  Regi  Anglie.    »Patema  graviter«.    d.  o. 

Bedauern  und  Trost  über  die  Wirren  in  England« 
NP  80.  NV  22.  NO  8.  —  DV  486.  DP  844. 

80.  Archiepiscopo  Remensi  eiusque  suffiraganeis.    »Unigenitoa  Dei*.  d.  o. 

J.  e.  m.  archiepisc.  Senonensi.  —  Bitaricensi.  —  eorumqoa  sufraganeii. 
Ueber  die  Eintreibung  der  Centesima  ia  ihren  Provinzen. 
NP  81.  NV  28.  NO  885.  —  B  817.  —  DV  487.  DP  845. 

81.  Potestati Pisanorum.     »Quante  caritaüs*.    d.  o.     . 

Aufforderung  zum  Frieden  mit  der  Kirche. 

NP  82.  NV  24.  NO  886.  —  A  199.  B  304.  —  DV  208.  DP  211. 

82.  Regi  Francorum.    »Vocem  terroris*.    P.  18624.    d.  o. 

NPSS.  NV25.  NO  9.  ^  A  260.  B244.  —  DV  109.  DP  107 JDL  10$.    ILn.:. 
88.    Regi  Gastelle.    »Venerabilium  fratrum*.     12G^.  28.  VIL  Onieta 
Ueber  das  »negotium  imperii«. 
NP  34.  NV  26.  NO  10.  —  DV  488.     DP  846. 

84.  Richarde  in  Rom.  Regem  Electo.    »Qui  celum*.    P.  18684.    d.  o. 

NP  85.  NV  27.  NO  11.  —  A  40.     B  46.  —  DV  26.  DP  25.  DL   22.         R 

I 

85.  £idem.    »Qui  celum  terramque*.    P.  18635.    d.  o. 

NP  36.  NV  28.  N0  12.  —  A  41.  B47.  —  DV27.  DP  26.  DL2S.         Ku.t 

86.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Ordinate  nuper*.    P  18619.    d.  o. 

NP  37.  NO  13  u.  337.  —  A  42.  B  48.  —  DV  28.  DP27.  DL  24.  B. 

87.  Richarde  in  Rom.  Regem  Electo.    »Utäxuun  fiU*.    P.  186SS.    d.  o. 

NP  88.  NV  29.  NO   14.  .-  A  43.  B  49.  —  DV  29.  DP  23.  DL  Ä&,  R 

88*.  Potestati Lucanorum.    »Com  ait  malitia«.    F.  1675S.  t.  d. 

NP  89.  NV  80.  NO  888.  —  DV  439.     DP  847, 


ROmisclie  Siodien  m.  559 

39.  Prepoaito  Mantaano.    »DilectiB  filiü  potestati*.    d.  o. 

Befehl,  den  Torbergehenden  Brief  nach  Lucca  zu  bringen. 
NP  40.  NO  889. 

40.  Poteaiati  ....  Castri  S.  Severini.  —  »licet  hanc  habeat*.    d.  o. 

Abmahnung  yon  feindlichen  Schritten  gegen  die  Kirche. 
NP  41.  NV  81.  NO  840.  —  A  7.  B  7.  —  DV  8.  DP  8.  DL  7. 

41.  Epitocopo.    ,8i  qnando  eoclesiaram*.    d.  o. 

Formelhaft  gehaltener  Tadel. 

NP  42.  NV  82.  NO  841.  —  A  8.  B  8.  —  DV  2.  DP  2.  DL  2. 

42.  Regine  Francorom.     »Cum  Gornns*.    P  19021.    s.  d. 

NP  48.  NV  88.  NO  15.  —  A  180.  B  205.  8. 

4S.    Magistro  ...  0.    Militie  S.  Jacobi.     »Insignifi  Ordinis«.   d.  o. 
£rtheilung  von  Privilegien;  desgleichen  im  feigenden  Briefe. 
NP  44.  NV  34.  NO  842.  —  B  818.  —  DV  440.  DP  848. 

44.  Magistro  .  .  .  0.  .  Militie  S.  Jacobi.    »Sedes  apostolica  experta*.    d.  o. 

NP  46.  NV  85.  NO  843.  —  B  819.  —  DV  441.  DP  849. 

45.  Archiepiscopo  Ooloniensi.    »Ooloniensium  dvinm*.    P.  18818.    d.  o. 

NP  46.  NO  844.  R. 

46.  Episcopo  Leodiensi.     »Coloniensium  civium«.    P.  18819.  s.  d. 

NP  47.  NO  345.  R. 

47*.  Magistro  .  .  .  D.    Militie  Tempil  Hierosol.  »Habet«.     P.  18888.    s.  d. 
NP  48.  NV  86.  NO  846. 

48.  Patriarche  Hierosolymitano.    »Habet  universalis*,  zu  P.  18888.   d.  o. 

NP  49.  NV  87. 

49.  Eidem.    »Habet  universalis«.-  zu  P.  18888.    d.  o. 

NP  50.  NV  88. 
50*.  JudicibuB.   »Capituli  Remensis«.  P.  18442.    d.  o. 
NP  51.  NO  847.  —  B  820. 

51.  Universis  abbatissis  .  •  .0.  S.  CSare.  »Aspirante  Domino«,   d.  a 

Ertheilung  von  Privilegien. 

NP  52.  NV  a9-  NO  S48.  —  ß  821. 

52.  Universis  abbatissis  ....  0.    S.  Cläre.    »Beata  Clara«.    P.  18680.   d.  o. 

NP  53.  NV  40.  NO  849.  —  B  822.  —  DV  442.  DP  350.  1. 

58.    Potestati Interrampnensium.    »Cum  sit  amor«.  d.  o. 

Die  Gonuauno  wird  wieder  zu  Gnaden  ao%e(nommen. 
NP  54.  NV  41.  NO  850.  —  A  9.  —  DV  9.  DP  9.  DL  8. 

54.  Ad  futuram  rei  memoriam.     »Inter .  carismnios«.    P.  18981.    s.  d. 

NP  55.  NO  16.  —  A  44.  B  50.  —  DV  80.  DP  29.  DL  2«.  R. 

55.  Olaoni  regi  Tartarorum.    »Exnltavit  cor  nostmm«.   d.  o. 

Aufmunterung  zur  Annahme  des  Christenthums. 

NP  56.  NV  42.  NO  17.  -•  A  10.  -  DV  10.  DP  10.  DL  11. 

Ausserhalb  der  Reihe  der  Epistolae  Notabiles: 

56.  (aus  A IV):  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Metensis  ecclesia«.    P.  18656. 

A  190.  B  129.  6. 

57.  (aus  AVI):  Episcopo .Agathensi.    »Ex  serie  tue  oonsoltationis «.    d.  o. 

Gassirung  der  Wahl  des  Guillelmus  Hugonis  zum  Abt  von  Alet. 
A  225.  B  141. 


560  Kaltenbrnnner. 

58.  Oapitulo  S.  Martini  Toronenais.    »Proyiflionia  nosiare*.    d.  o. 

Verbot  für  die  Domherrn,  mehrere  PfrQnden  zu  besitien. 
A  20S  u.  226.     B  176  n.  142. 

59.  Epificopo  Cameraoensi.    »Petitio  tua<.    d.  o.  ... 

Entbindung  yon  der  durch  seinen  Yorgfinger  au%eh&uften  SchuldenlMt 
A  204  u.  227.  B  177  u.  148. 

60.  Lanuino  dicto  Pilat  canon.  S.  Amati  Duatensis.  »Inducunt  nos*.    d.  o. 

Bestätigung  einer  Pfründe. 
A  205  u.  228.  B  178  n.  144. 

61.  Judicibus.    »Dil.  fil.  Nicolaus  de  Montigniaoo«.  d.  o. 

Provision  einer  Domhermstelle  zu  Tours  für  denselben. 
A  229.  B  145. 

62.  Archiepiscopo  Compostellano.    »Abolensis  ecolesia*.    d.  o. 

Losung  von  dem  über  ihn  verhängten  Verbote,  Bischöfe  sa  conseciireiL 
A  280.  B  146. 
68.  (ausBXIIl)  .^ccardoS.  Angeli  diac.  card. , Romane ecdesie*.  1268. 24.IV.  Orrieto. 
Ueber  Lehenvergabungen  in  der  Campania  und  Maritima. 
B  500. 

Die  Cardinäle  in  der  Sedisvaoans  nach  XJrban  IV. 

4 

64*.  Potestati  ....  Senensium.     »Queritur  mater*.    P.  19088. 

NP  57.  NV  48.  NO  851.  —  A  181.  B  206.  —  DV  209.  DP  212. 

Clemens  IV. 

65.  Potestati  ....  Januensium.    »Magnis  onusta*.    d.  o. 

Aufforderung  znm  Friedensschluss  mit  Venedig. 

NF  58.  NO  852.  —  A  182.  B  207.  —  DV  210.   DP  2IS. 

66.  Carole  comiti  Provinde.    »Ad  ea  que  tni*.    d.  o.  • 

Empfehlung  der  Guelfen  Toscanae. 

NP  59.  NV  44.  NO  858.  —  A  11.  B  9.  —  DP  11.  NV  174. 

67.  Comiti  Pictavie.  »Infeste  persecutionis«.    d.  o. 

Gegen  K.  Manfred. 

NP  60.  NO  S54.  —  A  12.  B  10.  —  DV  11.  DP  12.  DL  9,  NV  175. 

68.  Regi  Francorum.  »Etsi  sui&oere  soleat*.    P.''  19022  (za  ürbaa  IV.).    s.  d. 

NP  61.  NO  18. 

69.  Regi  Francorum.     »Quam  viriliter«.  d.  o. 

De  Terra  Sancta;  sowie  die  drei  folgenden  Briefe. 

NP  62.  NV  45.   NO  19.  —  A  264.   B  248.  —  DV  118.   DP  111.   DL  105. 

70.  Archiepiscopo  l^rensi.     »Continuate  ab  olim*.    d.  o. 

NP  68.  NO  855.  —  A  265.  B  249.  —  DV  114.  DP  112.  DL  10«.  NV  2S2. 

71.  Magistro D.  Militie  Templi  Hierosol.  »Sicut  nimirum*.    d.  o. 

NP  64.  NO  856.  —  A  266.  B  250.  —  DV  115.  DP  118.  DL  107.  NV  2SS. 

72.  Qaufrido  de  Sarzenis.    »Ascendit  fumus«.    d.  o. 

NV  46.  —  A  267.  B  261.  -  DV  116.  DP  114.  DL  108. 
78.   Magistro  ...  0.  Praedic.  ap.  Montem-Pessnlanum.  »Splendor*.  P.  1910S.  d.  o. 

NV  47.  NO  867.  —  B  828.  —  DV  448.  DP  861.  l- 

74*.  Regi  Franoomm.    »Occummt  frequenter*.    P.  19168.    s.  d. 

NV  48.  NO  858.  —  A  18.  B  11.  —  DV  12.  DP  18.  DL  12. 


^Römische  Studien  in.  561 

75*.  Patxiardie  HieTOflolyiiiitajiO.    »Amara  est  potio*.    P.  19169.    b.  d. 
NV  49.  NO  20.  —  A  261.  B  245.  —  DV  110.  DP  108.  DL  104. 

76.  Regi  FrAncorum.    »Amara  potio  ert«.    d.  o. 

Gehört  sowie  der  folgende  Brief  zn  P.  19169. 

NV  50.  NO  21.  —  A  262.  B  246.  —  DV  111.  DP  109. 

77.  Arcbiepiscopo  l^rrenai.    »Amara  potio  est*,    d.  o. 

NV  51.  NO  22.  —  A  268.  B  247.  —  DV  112.  DP  110. 

7 8 .  (Anibaldo,  Biccardo,  Jolianni,  Ottobono,  Jacobo  Card.) ,  V.  fr.  Ayinionensia  * .  d.  o. 

Verbandlungen  mit  Karl.  Darüber  anch  die  zwei  folgenden. 
NP  65.  —  A  15.  B  18.  —  DV  14.  DP  15.  NV  177. 

79.  Comiti  Proyinde.     »V.  fr.  Avinionensis  episoopus*.    d.  o. 

NP  66.  —  A  14.  B  12.  —  DV  18.  DP  14.  DL  18.  NV  176. 

80.  (Anibaldo,  Riccardo,  Johanni,  Ottobono,  Jacobo  Card.)    »Cum  per«. '  d.  o. 

NP  67.  —  A  16.  B  14.  —  DV  15.  DP  16.  NV  177». 

81.  Regi  Francomm.    »Ad  serenitatiB*.    P.  19276.    d.  o. 

NP  68.  NV  62.  NO  28.  —  A  17.  B  15.  —  DV  16.  DP  17.  DL  14.  R. 

82.  Epiflcopo  Vercellenai.    »Ad  ea  que  nostris*.    d.  o. 

Aufforderung  zur  Unterstützung  Karls  yon  Ai^'ou. 

B  824. 
8S.    Archiepiscopo  Narbonensi  ejusque  sufiraganeis.  »Privilegium  amoris«.    d.  o. 

Mittheilung  yon  der  Erlassung  des  folgenden  Briefes. 

NP  69.  NV  58.  —  A  25.  B  23. 
84*.  Regi  Francorum.    »Privilegium  amoris*.    P.  19504.    s.  d. 

NP  70.  NV  54.  NO  24.  —  A  26.  B  24. 

85.  Archiepiscopo  Terraconensi.    »Visio  dura*.    P.  19156.    d.  o. 

NV  55.  NO  291.  —  DV  444.  DP  852.  R. 

86.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Parvus  fbns*.  P.  19185.    s.  a. 

NV  56.  NO  292.  —  B  825.  1. 

87.  Priori  Ö.  Praed.  et  ministro  Fr.  Min.  regni  Francie.  »Expansis*.  P.  19295.  d.  o. 

NV  57.  NO  298.  Marino  de  Eboli. 

88.  Marchioni  Brandenburgensi.    »Per  religiosum  fratfem  Oddonem*.    d.  o. 

AufJTorderung,  die  versprochene  Kreuzfahrt  anzutreten. 
NO  294. 

89.  Regi  Aragonum.    »Agit  nee  immerito«.    P.  19911.    s.  d. 

NV  58.  NO  156.  —  A  18.  B  16.  —  DV  (1  u.)  17.  DP  1.  DL  1.  f 

90*.  Archiepiscopo  Remensi  (al.  Bremensi).    »Die  doctor*.    P.  20205.    s.  d. 
NV  59.  NO  222.  —  B  826.  —  DL  Varia  ep.  8. 

91.  Filiis  quond.  Alezandri  militis  Viterbiensis.  »Si  finem*.   d.  o. 

Trostbrief  über  den  Tod  des  Vaters. 
NV  60.  NO  228.  —  DP  858. 

92.  Communi  Viterbiensi.    »Ad  hec  (boc)  precipue*.    d.  o, 

Ermunterung,  der  Kirche  treu  zu  bleiben. 

NV  61.  NO  224.  —  A   188.  B  208.   —  DV  211.  DP  214. 

98.    Regi  Sicilie.    »Ezacti  temporis«.    d.  o. 

Verwendung  für  die  Kirche  von  Ostia. 

NV  62.  NO  157.  —  DV  446.     DP  864. 
94.    Qaufrido  de  Sarzenis  et  baronibus . . .  r.  Hierosolymitani. » Anxie  petitionis*.  d.  o. 

De  Terra  Sancta. 

NV  63.  NO  225.  —  DV  446.  DP  855. 

]ClitheUiiiic«n  VU.  36 


i 


562  EaltenbrnnneT. 

95.  Abbat!  Ourinenai.    »Ni«i  forsan  omne*.    d.  o. 

Neuerlicke  Sentena  der  Absetzung  gegen  ihn. 

NV  64.  NO  226.  —  A  19.  B  17.  —  DV  18.  DP  18.  DL  15.  NV  178. 

96.  Regi  Francorum.    »Quanta  smoeritate*.    d.  o. 

Verwendung  für  verbaftet^  Leute  der  Pariserkirche. 

NO  158.  —  A27.  B  25.  —  DV  28.  DP  22.  DL  19.  NV  17». 

97.  Regi  Sidlie;    »Clamant  ad  apres*.    P.  19508.    s.  d. 

NV  65.  NO  15^.  —  A  28.  B  2ft,  -  DV  24.  DP  2«.  DL  20.  ? 

98.  Regi  Gastelle  et  Legionis.    »In  negotio  imperii*.    d.  o. 

Ueber  seine  Anerkennung  als  Romischer  KOnig. 

NV66.  NO  227.  —  A  45.  B  51.  —  DV  81.  DP  80.  DL  27. 

99.  Regi  Francorum.  »De  partibus  Orientis*.  Exemplar  von  P.  19659.M.  d.  o. 

(Im  Anschluss  aahlreiche  Exemplare,  eum  Theil  unter  In.  e.  m^  zum  Theil 

als  selbständige  Briefe  in  den  einzehien  Handschriften  eingetragen).      ? 

NV67,68.NOl60.-A268'270.B252-256.-DVll7-119.DPll5-ll9.DLl09-112. 

100.  Regi  Sicilie.    »Gisterciensi  Ordini«.    d.  o. 

Ueber  das  Zehntprivilegium  des  CÜstercienser-Ord^ns. 
NO  161.  —  A  29.  B  27.   -r  DV  25.  DP  24.  DL  21. 

101.  Abbati  et  generali  capitulo  Cisterdensi.    »lUe  summus*.    d.  o. 

Bitte  um  ihren  geistigen  Beistand. 
NV  69.  NO  228.  —  DV  878.  DP  888. 

102.  Electo  Messanensi.    »Conceperat  olim*.    d.  o. 

Tadel  wegen  selbstsüchtiger  Handlungen. 

NV  70.  NO  229.  —  A  20.  B  18,  -^  DV  8  u.  19.  DP  S,  DL, 8. 

103.  Marchioni  Montisferrati.     »Nova  et  inandita*.    d.  o. 

Vorwürfe  wegen  Bedrängung  der  Kirche  rpn  Wrea. 
NV  71.  NO  280.  —  A  21.  B  19.  —  DV  20.  DP  19.  DL  16. 
104*.  Electo  Remensi.    »Nobilis  et  yeneranda*.    P.  19741. 
NO  281, 

105.  Abbati  et  generali  capitulo  Gisterciensi.    »Immensitatem*.    d.  a 

Empfiehlt  sich  ihrer  IiHlrsprache  bei  Gott 

NV  72.  NO  282.  —  B  827.  —  DV  447,  DP  86(^. 

106.  Regi  Dade.    »Quam  bonus*.    P.  19910.  s.  d. 

NV  78.  I|0  25.  —  A  22.  B  20.  —  DV  21,  DP  20.  DL  17.  ? 

107.  Decano  ....  Rothomagensi.    »Litterarum  series«.     1267.  14.  IX.  Viterbo. 

Energische  Forderung  der  Zehatldstung. 
NV  74.  —  A271.  B257. 

108.  Regi  Sicilie.     »Nuper  nobis*.    F.  20028. 

NO  26.  —  A  48.  B  54.  —  DV  84.  DP  88.  DL  80.  ^        *     1. 

109.  Marchionibus  . .  .  per  Tusciam.     »Qualiter  hactenus«.    P.  20029.  d.  o. 

NO  23St  —  A  49.  B  55.  —  DV  85.  DP  84.  DL  81.  B.  u.  4. 

110*.  Regi  Sicilie.    »Frequenter  ante  tue*.    P.  20280.    s.  d. 

NV  76.  NO  27.  —  A  28.  B21.  —  DV  22.  DP  21.  DL  18. 

111.    Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Licet  nosS    P.  20002.    d.  o. 

NO  162.  —  A  46.  B  52.  —  DV  82.  DP  81.  DL  28.  R 

112.'  Regi  Castolle  ao  Legionis.    »Quanto  ex«.    »Dat  XV.  kL  Juaii«. 
Ueber  das  »negotium  imperii*. 
NO  28.  —  A  47.  B  5S.  —  DV  88.  DP  82.  DL  29. 


Römische  Studien  III.  563 

118*.  Regi  Boemie.    »Dileoti  filii  magistri*.    P.  20497. 

NO  29.  —  A  50.  B  56.  —  DV  36.  DP  85.  DL  82. 
114.    Decano  ....  Remensi.    »Inclite  Remensis*.     1267.  14.  IX.  Viterbo. 

Die  Bheinuer  Kirche  betreffend. 

NO  884. 
^15.    ArchiepiBcopo  ?    »Conceptam  de  te*.    d.  o. 

Aufifordevung,  in  seinen  Sprengel  zurück  zu  kehren. 

NV  76.  NO  235.  —  A  24.  B  22.  —  DV  4.  DP  4.  DL  4. 

116.  Arohiepieoopo  Remensi  et  episcopo  Autisiodorensi.    »Quasi  flumen*.  d.  o. 

Ueber  die  Beilegung  von  Streitigkeiten. 
NV  77.  NO  286. 

117.  Doctoribus,  . .  Montis^Pessulani.  »  Thesaurus  oi^jusque*.  1268. 10.  ViL  Viterbo. 

Ueber  das  Doctorat  des  Gu.  Sanier ;  sowie  der  fgde.  (pubLDelisle  p.  1 1 5  aus  B). 
NV  78.  NO  237.  —  B  828. 

118.  Doctoribus . .  iamBononie  quam  in  aliis  studiis  commorantibus.»  Thesaurus  *  .d.O. 

NO  288.  —  B  829. 

Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Notabiles. 

119.  (aus  A IV) :  Ad  futuram  rei  memoriam..,  Inter  d.  f.  m.  Petrum*.  > Dat.  Perusii *. 

Bestätigung  eines  Panser-Canonicats  för  den  M.  Petrus  dictus  RusseL 
A  191.  B  ISO. 

120.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.     »Farne  celebris*.    d.  o. 

Cassirung  der  Wahl  des  Johannes  Alfonsi  zum  Erzbischof  ▼.  Oompostella. 
A  192.  B  181. 

121.  (Ad  perpetuam  rei  memoriam.)  »Monasterio  Jotrensi*.    d.  o. 

Bestätigung  der  Wahl  Margarethens  zur  Aebtissin  genannten  Klosters. 
A  198.  B  182. 

122.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.  » Herbipolensis  ecclesia*.  d.  o. 

Ueber  die  streitige  Würzburger- Wahl ;  darüber  auch  der  folgende. 
A  194.  B  188. 

123.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Herbipolensis  ecclesia*.  d.  o. 

A  195.  B  184. 

124.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »A  yia  rectitudinis*.    P.  20191. 

A  196.  B  185.  R.  u.  6. 

125.  (aus  AVI):  Jud(icibus).    »Lecta  nobis«.  d.  o. 

Streit  des  Capitels  Ton  (Ilhartres  mit  dem  Grafen  Johannes  »de  Castellan<'. 
A  28L  B  147. 

126.  Abbati  monasterii  de  Passeiet.    »Deüderüs  yestxis*.    P.  19079.    d.  o. 

A  282.  B  148.  1. 

127.  Episcopo  Autisiodorensi.    »Insignis  Lugdunensis  ecclesia*,    d.  o«, 

Ernennung  desselben  zum  Erzbischof  Ton  Lyon, 
A  988.  B  149. 

128.  "Siimoni)  presb.  card.  A.  8.  L.    »Ex  parte  tua*.    d.  o. 

Erneuerung  seiner  Legationsbefugnisse. 
A  284.  B  150. 

129.  (Eidem).    »Temeraria  nimis*.    d.  o« 

Ueber  einen  Streit  des  Bischoft  von  Axras  mit  dem  Abte  t.  S.  Vast. 
A  285.  B  151. 

86* 


564  Kaltenbrnnner. 

ISO.    (Capitulo  ecclesiae  N.)  »Tranfimissa  nobis*.  ,Dat.  Yiterbii  Id.  Martiia.1*! 
£niennuDg  des  »Portionarius  A*  zum  Domherrn. 
A  286.  B  162. 

181.  Guillelmo  de  Rocheta  canon.    Athenienei.    »AthenienaiB  ecclena*.    d.  o. 

Ueber  Besetzung  des  Athener-Stuhles ;  sowie  d.  fgde..  (pubLüefiale  p.l4 1  aosB). 
A  258.  B  169. 

182.  Decano  et  capitulo  Athenienei.  >  Atheniensis  ecclesia  *.  d.  o.  (publ.  Delisle  a.  a.  0.) 

A  254.  B  170. 
ISS.    G(uidoni) S.Laurentü i. L. presb. card.  A.  8. L. » Negotium *. , Dat  Yiterbii a. IIL* 
Kirchliche  Angelegenheiten  Schwedens. 
A  255.  B  171. 

184.  Judicibus.    »Ex  parte  carissimi«.     1267.  81.  VII.  Yiterbo. 

Kirchliche  Angelegenheiten  Portugalls. 
A  256.  B  172. 

185.  (ansAYIII):  Patriarche Grecorum.  »Tnarum  nobis*.  P.  19 954- 

A  880.  B  849.  —  DV  807.  DP  271.  DL  197.  R. 

186.  Michaeli  Paleologo.  »Magnitudinis  tue*.    P.  19955. 

A  881.  B  850.  —  DV  308.  DP  272.  DL  198.  B. 

187.  (ausAX):  Ad  futuram  rei  memoriam.    »Constituti  ab  eo*.    P.  19484. 

A  402—404.     B  480—482.  (DV  888.  DP  445).  1. 

Die  Cardinäle  in  der  Sediavacans  nach  Clemens  IV. 

188.  189.  Begi  Sidlie.    »Attendentee  olim*.  —  »Misse  nuper*.    d.  o. 

Erstreckung  des  Termines  für  die  Zinszahlung. 
NO  80.  81. 

Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Kotabiles. 

140.  (aus  AVIII):  Episcopo  Albanensi  A.  S.  L.  »Inter  cetera*.    P.  20506. 

A  882.  B  851.  —  DV  809.  DP  27S.  DL  199.  Marino  de  Eboli 

141.  Regi  Francorum.    »Inter  cetera*.    P.  20505. 

A  888.  B  852.  —  DV  SlO.  DP  274.  DL  200.  Marino  de  Eboll 

Gregor  X. 

142.  Capitaneo Januensium.    ,Donum  pacis*.    d.  o. 

Aufibrdenmg  zum  Friedensschluss  mit  Venedig. 
NV  79.  NO  289.  —  DV  448.  DP  857. 
148.    Archiepiscopo  Ravezmati.  »Litterarum  series*.    d.  o. 
Abberufung  von  der  Legation. 
NV  80.  NO  240.  —  DV  449.  DP  858. 

144.  (Prelatis).  »Gloria  in  altisdmis*.  Exemplar  von  P.  20517  (Tom  29.  III.  12'^^ 

NP  72.  NV  82.  Nf)  170.  —  B  881.  —  SS  II  ep.  1.      R.  u.  M.  doEboU. 

145.  Regi  Francorum. ,  Gloria  in  altiss.  (NP  excelsis)  *.  Exempl.  v.P.205 1 7  m.  1 272. 4.III 

NP  78.  —  B  882.  —  SS  II  ep.  2.  R.  (mit  1272.  29.  lU^ 

146.  Archiepiscopo  Turonensi.  »Salvator  noster*.    Exemplar  y.  P.  20525. 

NP  74. NV  83. NO  17 1.  —  A  891. B  28.  —  DV  857.  DP  824.  —  SS  II ep.  4.R.U. - 

147.  Regi  Francorum.  »Salrator  noster*.  Exemplar  v.  P.  20527. 

NP  75.  NV  8Sa.  —  A  892,  B  29.  —  DV  858.  DP  825.  —  Sßllep.  5.      R- 


BOmiflclie  Stadien  III.  565 

148.    Potestati Placentinorum.  »Regis  padfid*.  P.  20519.  d.  o. 

NP  76-  NV  84.  NO  172.  —  DV  4g0.  DP  859.  B.  Fragm. 

149".  Regi  Francoram.    »Dil.  fil.  n.  v.  Johannes*.    P.  20654.  b.  d. 

NP  77.  NO  82.  -- A  272.  B  258.  —  DV  120.  DP  120.  DL  118. 

150.  Eidem.  »Devotos  regie  serenitatiB«.    d.  o. 

De  Terra  Sancta,  sowie  die  11  folgenden  Briefe. 

NP  78.  NV  85.  NO  88.  —  A  278.  B  259.  —  DV  121.  DP  121.  DL  114. 

151.  £idem.  >Ad  recipiendnm  pro  te*.    d.  o. 

NP  79.  NO  34.  —  A  274.  B  260.  —  DV   122.  DP  122.  NV  284. 

152.  Eidem.  »Ad  redpiendum  pro  te*.  d.  o. 

NP  80.  NO  84».  —  A  275.  B  261.  —  DV  122».  DP  128.  NV  284». 
158.    Eidem.  »Dilectum  filium  .  .  latorem«.    d.  o. 

NP  81.  NO  85.  —  A  276.  B  262.  —  DV  128.   DP  124.   DL  116.  NV2S5. 
154*.  Erardo  domino  Valeriad  etc.    »Carissimi*.    P.  20978.    s.  d. 

NP  82.  NO  36.  —  A  277.  B  268.  —  DV  124.  DP  126.  NV  286. 

155.  Regi  Sicilie.    »Oarissimus  in  Christo*,    d.  o. 

NP  88.  NO  87.  —  A  278.  B  264  u.  888.  ~  DV  125.  DP  126.  DL  116*  NV  287. 

156.  Eidem.    »Sicut  alie  nostre*.  d.  o. 

NP  84.  NO  88. —  A  279.  B.  265  u.  884.  —  DV  126.  DP  127.  NV  288.  ' 

157.  OUyero  de  Termulis.    ,Pie  derotionis*.  d.  o. 

NP85.  NO  178.  —  A  280.  B  266.  —  DV  127.  DP  128.DL  117.NV289. 

158.  Patriarche  Hierosoljmitano.    »Circa  commissum*.  d.  o. 

NP  86.  NO  174.  —  A  281.  B  267.  —  DV  128.  DP  129.  DL  118.  NV  240. 

159.  Eidem.    »Dil.  fil.  Oliyenis*.  d.  o. 

NP  87.  NO  175.  —  A  282.  B  268.  —  DV  129.  DP  180.  DL  119.  NV  241. 

160.  Duoi  et  communi  Venetorum.  »Ad  compassionem*.  (cf.  P.  20521.)    d.  o. 

NP  88.  NO  176.  -  A  288.  B  269.  —  DVlSO.  DP  ISl.  DL   120.  NV  242. 

161.  Regi  Sidlie.    »Ad  Terre  Sancte  pressuras*..  d.  o. 

NP  89.  —  A  284.  B  270.   -  DV  181.  DP  182.  NV  248. 

162*.  Regi  Francorum.    »Si  eximii  prophetarum*.    d.  o. 
Ermahnungen.  (Erster  Theil  von  P.  20694). 
NP  90.  NV  86.  NO  89.  —  B  885.  —  DV  451.  DP  360. 

168.    Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Dil.  fil.  frater  (aL  magister)«.    P  20604. 

NP  91.  NO  40.  —  A  51.  B  57.  —  DV  87.  DP  86.  DL  88.  R. 

164.  Regi  Sicilie.    »Ad  pacis  tranquillitatem*.  d.  o. 

Verhandlungen  mit  seinen  Schwägerinen. 

NP  92.  NV  87.  NO  41.  —  A  134.  B  209.  —  DV  219.  DP  215. 

165.  ArchiepisGopis  ....  per  regntim  Anglie.    »Attendite  fratres*.    d.  o. 

Qeldfbrderung  för  die  zur  Kreuzfahrt  rüstenden  Prinzen. 
NP  98.  NV  88.  NO  177.  —  DV  874.  DP  889. 

166*.  Electo  Lugdunensi.    »Conceptum  in  nobis*.    P.  20656.    s.  d. 
NP  94.  NV  89.  NO  178.  —  DV  452.  DP  861. 

167.  Archiepisoopo  Aquend  A.  S.  L.  »Quam  sit  nobis*.    d.  o. 

Friedenstiftung  in  der  Lombardei;  sowie  der  folgende. 

NP  95.  NV  90.  NO  179.  ~  A  186.  B  210.  —  DV  218.  DP  216. 

168.  Eidem.    »licet  per  datam  tibi*,    d.  o. 

NP  96.  NV  90».  NO  180.  —  A  186.  B  211.  —  DV  214.  DP  217. 


566  'Ealtenbranner. 


169.    Eideio.    »Deddecaniies  paci8^    d.  o. 

fViede  zwischen  Genua,  Bologna  und  Venedig  (c£  P.  206S7). 

NP  97.  NV  91.  NO  181.  —  A  1S7.  B  212.  —  DV  215.  DP  218. 
170*.  Capitaneo  ....  JannenBium.    »Quaata  ex*.    P.  20687.    s.  d. 

NP  98.  NV  91*.  NO  182.  —  A  188.  B  218.  —  DV  21«.  DP  219. 

171.  Magisiro  0.  Fr.  Praedicatomm.    »De  tue  derotionis*.  d.  o. 

Sendung  nach  Genua  (c£  P.  20687). 

NP  99.  NO   188.  —  A  189.  B  214.  —  DV  217.  DP  220. 

172.  Archiepisoopo  Aquenai  A.  8.  L.    »Super  graTaminibus*.    d.  o. 

Für  S.  Maria  de  Colomba  t.  Piacenza;  sowie  die  awet  folgenden. 
NP  iOO.  NO  184. 
178.  Potestati  ....  Placentinorum.    »Testatnr  eximiiui*.    d.  o. 
NP  101.  NV  92.  NO  185.  —  DV  458.  DP  362. 

174.  Eisdem.    »Caris  fifiis«.    d.  o. 

NP  102.  NV  98.  NO  186.  -  DV  454.  DP  868. 

175.  Patriarche  Hierosolymitano.    »Non  iatendimus*.    d.  o. 

De  Texra  Sancta;  daifiber  auch  die  rier  falgenden. 

NP  108.  NV  94.  NO  187.  —  A  286.  B  271.  —   DV  182.  DP  188.  DUil 

176.  Eidem.    »£k  parte  diL  filiL  n.  y.  Martucü*.    d.  o. 

NP  104.  NO  188. 

177.  Eidem.    »Ad  prdatonun  specialiter«. '  d«  o. 

NP  105.  NV  95.  NO  189.  —  DV  455.  DP  364. 

178.  Eidem.    »licet  ex  hüi*.    d.  o. 

NP  106.  NO   190.  —  A  286.  B  272.  —  DV  188.  DP  1S4. 

179.  Olirero  de  TermuJis.    »Nui>eT  tibi  per«,    d«  o. 

NP  107.  NO  191.  —  A  287.  B  273.  —  DV  134.  DP  1S5. 

180.  Duci  Veneionun.    »Nuper  intellecto*.    d.  o. 

Treuga  mit  dem  Palaeologen,  sowie  die  vier  folgenden. 
NP  108.  NO  192. 

181.  Eidem.    »Sicut  intelleximus*.    d.  o. 

NP  109.  NO  198. 

182.  Eidem.    Ad  maius  exprimende*.    d.  o. 

NP  110.  NO  194. 
188*.  Eidem.    »De  tua  fUi«.    P.  20655.    s.  d. 

NP  111.  NV  96.  NO  195.  —  B  336.  —  DV  456.  DP  865. 

184.  Petro  Teupoli  nato  duds  Venetonim.    »NosU  fili*.    d.  o. 

NP  112.  NO  195».  —  B  337. 

185.  Eadmundo  regia  Auglie  filio.    »De  habita  dudusn*.    d.  o, 

Ueber  die  ihm  Yom  Clerus  zu  leistende  Subvention. 
NP  118.  NV  97.  —  DV  457.  DP  366. 

186.  Balduino  de  Avesnes.    »Benigno  a£feotu<.    d.  o. 

Dank  fQr  Derotionsbezeugung;  sowie  der  folgende. 
NP  114.  NV  98.  NO  196.  —  DV  458.  DP  867. 

187.  Felidtati  uxori  Balduini  de  Avesnes.    »DevotioniB  tue*,    d.  o. 

NP  115.  NV  99.  NO  197.  —  DV  459.  DP  868. 

188.  Magistro  Hospitalis  Hieroeolymitani.    »Dilectamfilium  fratrem*.    d.  o. 

Empfehlimg  für  Bruder  Jacobus  desselben  Ordens. 
NP  116.  NV  lOQ.  -  DV  460»  DP  869. 


RAmisohe  Stadien  m.  567 

189.  Abbau  Gasinensi.     »Litteras  tiias*.    d.  o, 

Beecheid  naoh  CoiutaHtinopel-  (cf.  P.  20949) ;  gowie  der  folgende. 

NP  117.  NO  198.  —  A  288.  B  274.  —  DV  185.  DP  186.  NV  244.      . 

190.  Eidem.    »Circa  ea,  qne  mifise  nobia*.    d.  o. 

NP  118.  —  A  289.  B  276.  —  DV  186.  DP  187.  NV  245. 

191.  Episcopo  Cumano.    »Dilectis  filüs  .  .  .  Mediolanensibus«.    d.  o. 

Ordnung  der  Verhältnisse  in  Piacenza  und  Brescia. 

NP  119.  NO  199.  —  A  140.  B  215.  —  DV  218.  DP  221. 

192.  £idem.    »Sicut  intimante*.    d.  o. 

Beruhigung  Brescias ;  sowie  der  folgende.  / 

NP  120.  NO  200.  —  A  141.  B  216.  —  DV  219.  DP  222. 
198.    Archiepiscopo  Aquensi  A.  8.  L.    »Int^lecto  per  tuas*.'  d;  o. 
NP  121.  NO  201.  —  A  142.  B  217.  —  DV  220.  DP  228. 

194.  Archiepiscöpo  Corinthiensi.    »Cum  sicut  nobis*.    d.  o. 

Erlaubniss  zur  Au&ahme  einer  Anleihe. 
NP  122.  NO  202.  —  B  888. 

195.  Rajmundo  de  Nogerüs  et  Petro  de  Aussona.    »In  desiderüs«.    d.  o. 

Englische  Kreuzzugsgelder  cf  P.  20610;  darOber  aneh  die  zwei  folgenden. 
NP  128.  NO  208. 

196.  Eisdem.    »Ad  audientiam  no«tram^    d.  o.  .... 

NP  124. 

197.  Priori  proyinciali  0.  Fr.  Praed.  in  AngUa.    »Dilectis  filüs«.    d.  o. 

NP  125.  (I.  e.  m.  Ministro  Fxatmm  Minorum)^ 

198.  Episcopo  Herfordensi.    »Dlazu  nobis*.    d.  o. 

RQge  wegen  ungebührlicher  Piöründenbesetzungen. 

NP  126.  NV  101.  NO  204.  —  DV  461.  DP  870, 
L99.    Vicario Yporiensium,    »Dilectum  filium  Emonem*.    d.  o« 

Verwendung  ftr  den  eingekerkerten  Emo ;  darüber  auch  der  folgende. 

NP  127.  NV  102.  NO  205.  —  DV  462.  DP  871. 
iOO,    £lecto  Yporiensi.    »Dilectum  filium  Emonem«.    d.  c 

NP  128. 
'Ol,    Hngoni  de  Penna  thesaurario  regine  Anglie.    »Tenorem*.    d.  o. 

Uebersendung  einer  Abeehrift  aus  demjäegistrum  Lmocens  (lU;  oder  ly.  ?>• 

NP  129. 
02.    Regi  Sidlie.    »Desiderantes  inter  te«.    »Dat.  II.  Id.  NoTembr.« 

Vergleich  mit  seinen  Schwägerinen ;  darüber  auch  die  vier  folgenden. 

NF  130.  NO  42.  —  A  148.  B  218.  u,  889.  —  DV  221.  DP  224. 
OZ.    Regine  Anglie.    »Vigere  prout  deoet«.    d«  o. 

NV  108. 

04.  B0egme  Francie.    »Sicut  nosse  te  credimos*.    d.  o. 

NP  181.  NV  104.  NO  48.  —  A  144.  B  219.  —  DV  222.  DP  225w 

05.  Re^ne  Anglie.    »Sicut  nosse  te  eredimus*.    d.  a 

NP  132.  NV  104».  NO  44.  —  A  146.  B  220.  ^  DV  223.  DP  226. 
36*.  Epiflcopo  Silyanectensi  et  abb.  8.  J)yonisii.    »Quantum^.    P.  20657.    s.  d. 

NP  138.  NV  105,  NO  206.  —  A  146.  B  221.  —  DV  224.  DP  227. 
)7*.  Re^  Ungarie.    »Habes  fili  canssime*.    P.  20618.    sl  d. 

NP  184.  NV  106.  NO  45.  —  A  147.  B  222.  —  DV  225.  DP  22l|. 
)8*.  ArchiepiBcopis  .  .  .  .per  Ungariam  oonsütutis.  »Sacerdotiiun*.  P.  20614. 8.d. 

NP  185.  NV  107.  NO  207.  —  A  148.  B  222»    -   DV  226.  DP  229. 


568  Kaltenbrunner. 

209*.  Uegi  Boemie.    »Paternam  ad  tue*. .  P.  20612.  8.  d. 

NP  186.  NV  108.  NO  46.  —  A  149.  B  228.  —  DV  227.  DP  280. 

210.  Edtiardo  principi.    »Felid  ad  nos*.  P.  2064S.  d.  o. 

NP  187.  NV  109.  NO  47  u.  295.  —  DV  468.  DP  872.  2. 

211.  Nicoiao  cantori  Toronensi.    »Ad  suplicationem*.  d.  o. 

Verleihung  einer  Pfründe. 
NP  188.  NO  296. 

212.  Regi  Sidlie.     »De  cenau  ottomilium«.  1272.  8.  VI.  (0)  10.  VIT.  (P).  9.  1. 

Quittung  über  den  Sidlischen  Zins. 
NP  189.  NO  48. 

218.    Potestati  ....  Perusinorum.    »Ezcommunicationis  et*,    d.  o. 

Aulhebimg  d.  wegen  Schädigung  d.  Mercators  Andreozi  verhängten  Interdicta. 
NP  140.  NO  297. 

214.  Eisdem.    »Pro  dilecto  filio  Andzeozio«.    d.  o. 

Befehl,  denselben  schadlos  zu  halten ;  sowie  der.  folgende. 
NP  141.  NO  298. 

215.  Eisdem.    »Pro  dilecto  filio  Andreozio*.    d.  o. 

NP  142.  NO  299. 

216.  Potestati  ....  Florentinorum.    »Sperantes  in  yobia*.    d.*o. 

Verwendung  für  die  Grafen  Novelli;  sowie  die  zwei  folgenden. 
NP  14S.  NO  800.  —  A  150.  B  224.  —  DV  228.  DP  281. 

217.  Jacobo  de  Bussofi  (al.  Burson).    »Si  ea  que«.    d.  o. 

NP  144.  NV  110.  NO  801.  —  A  151.  B  225.  —  DV  229.  DP  282. 

218.  Regi  Sicilie.    »Recolis  ut  credimus*.    d.  o. 

NO  49.  —  A  152.  B  226.  —  DV  280.  DP  288. 

219.  Duci  Venetomm.    »Super  dispensatione*.    d.  o. 

Bewilligung  der  Ehescheidung  seines  Neffion. 
NO  802. 

220.  •  Archiepiscopo  Rothomagensi.    »Von.  fhitrem  n.  Narbonensem*.    d^  o. 

Bitte,  den  Cardinallegaten  und  den  Erzbisch,  v.  Narbonne  zu  unterstützen. 

NO  808. 
221*.  Regi  Anglie.    »Decet  fili  carissime*.    P.  20668. 

NV  111.  NO  50.  —  DP  878. 
222.    Regine  Anglie.    »Sicut  alie  nostre*.    P.  20664.    d.  o. 

NO  61.  2. 

228.    Regi  Sicilie.    »Regie  serenitatifl*.    d.  o. 

lieber  eine  Anleihe  für  denEreuzzng;  sowie  der  folgende. 

NO  52. 

224.  Regi  Francorum.    »Venerabilem  fratrem  nostmm*.    d.  o. 

NO  58. 

225.  Regi  Sicilie.    »Serenitati  regie«.    d.  o. 

Ueber  seinen  Ausgleich  mit  Genua. 

NO  54.  —  A  168.  B  227.  —  DV  281.  DP  284. 

226.  Eidem.    »Sicut  intellezimuB*.    d.  o. 

Verhältnisse  in  den  Marken  betreffend. 
NO  55. 

227.  Eidem.    »Düectus  filius  noster  Martinus«.    P.  20776*.   s.  d. 

NO  56.  7 


Bömische  Studien  III.  569 

228.  Regi  Sidlie.    »In  vestitu  desanrato*.    d.  o. 

FQt  den  CSsterdenser-Orden.    cf.  P.  21020. 
NO  57. 

229.  Gomiti  Gampanie.    »Ad  ofBdam  regentis*.    d.  o. 

Ueber  Taxübersclireftungen  des  Leonardus  de  Pipemo,  Notars  v.  Anagni. 
NO  804. 

280.  CiTibus  Lugdunendbos.    »Paterne  sollidtudinis*.    P.  20714.    b.  a. 

NV  112.  NO  805.  —  A154.  B  228.  —  DV282.  DP  285.  5. 

281.  Gualtero  Oaraznlo  Domicello  Neapolitano.    »D.  f.  mag.  Berardus*.    d.  o. 

De  Terra  Sancta;  sowie  die  folgenden  sechs  Briefe. 

NO  806. 
2S2.    Erardo  de  Valeriaoo.    »Feryentem  pie  devotionis^.    d.  o. 

A  290.  B  276.  —  DV  187.  DP  188.  DL  122.  NV  246. 
288.    Eidem.    »Circa  negotium*,    d.  o. 

NO  807. 

284.  Imberto  domino  Belüoci.    »Circa  negotium*,    d.  o. 

NO  808.  —  A  291.  B  277.  —  DV  188.  DP  189. 

285.  Guillelmo  de  Matiscone.    »A  rege  Tunidi*.    d.  o. 

NO  809.  —  A  292.  B  278.  —  DV  189.  DP  140.  DL  128.  NV  247. 

286.  Uniyerms  Christi  fidelibns.     »Ad  cariasimum  in  Christo«,    d.  o. 

NO  310. 
237.    UniTerais  archiepiscopis  etc.    »Cum  dil.  fil.  Guillelmum*.    »dat.  Florentie*. 

NO  811. 
2 SS.    Potestati  ....  Mediolanensium.     »Si  adeaset  yobis*.    d.  o. 

Aufforderung,  Gesandte  wegen  ihres  Stadtfiriedens  zu  senden. 

NO  812.  —  A  156.  B  229.  -  DV  288.  DP  286. 
2S9.    Episcopo  Urbevetano.    »Habet  aasertio*.    d.  o. 

Ermächtigung,  gewisse  Ghibellinen  vom  Banne  zu  lösen. 

NO  818.  —  A  156.  B  280.  —  DV  284.  DP  2S7. 

240.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Bonum  pads*.    P.  20750. 

A  157.  B  281.  —  DV  235.  DP  288.  DL  174.  R, 

241.  Fratri  Anaelmo  Ord.  Cisterc.     »Presentium  auctoritate*.     d.  o. 

Friedenstiftung  in  Tuscien. 
NO  814. 

242.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.     »Pacem  nuper*.    d.  o. 

Ueber  den  Florentiner  Stadtfrieden. 

NO  815.  —  A  158.  B  282.  —  DV  286.  DP  289.  DL  175. 

24  S.     Regi  Francorum.     ȟbi  primum*.    d.  o. 
De  Terra  Sancta. 
NO  58.  —  A  295.  B  281.  —  DV   142.  DP  148,  DL  126.  NV  250. 

244.  Regi  Sicilie.    »Nosti  fili*.    d.  o. 

Ueber  den  Florentiner  Stadtfrieden;  sowie  der  folgende. 
NO  59.  —  A  159.  B  288.  —  DV  287.  DP  240.  DL  176. 

245.  Imperatori  Constantinopolitano.     »Cariasimo  in  Christo*,    d.  o. 

A   160.  B  284.  —  DV  288.  DP  241.  DL  177. 

246.  Patriarche  Hierosolymitano.-    »Propter  infirmitatem*.    d.  o. 

Weigerung,  den  Templer-Meister  zurfick  zu  senden;  auch  im  folgenden. 
NO  816.   —  A  298.  B  279.  —  DV  140.  DP  141.  DL  124.  NV  248. 

Mittbeiluifen  TEL  86* 


570  Kaltenbrunner. 

247.  Begi  HieroBolymitano.    »Varias  ad  tua<.    d.  o. 

NO  60.  —  A  294.  B  280.  —  DV  141.  DP  142.  DL  125.  NV  249. 

248.  Episcopo  Cnmano.    »Cum  aicut  canonum*.    d.  o. 

lieber  den  drohenden  Ein^Eill  fremden  Kiiegsrolkes  in  Oberitalien. 
NO  817.  —  A  161.  B  285.  -    DV  289.  DP  242.  DL  178. 

249.  Uniyerais  Christi  fidelibus.    »Cum  in  Christo  filius*.    d.  o. 

Ueberweisung  des  Castilischen  Zehnten  an  K.  Alphons. 
NO  818. 

250.  Electo  Virdunensi.    »Conferrendi  decimam*.     1275.  24.  XI.  Piaoenza. 

Zehntsammlung  in  Deutschland. 
NO  819. 

251.  Regine  Anglie.    »Singularitas  caritatis*.    d.  o. 

Ermahnung  zu  liebevollen  Benehmen  gegen  ihre  Söhne. 

A  162.  B  286.  —   DV  240.  DP  248.  DL  179.  B.  IL  C  26. 

252.  Guastoni  de  Beamo.     »Si  consulte*.    d.  o. 

Friedensermahnung  mit  Rücksicht  auf  das  Concil. 
A  168.  B  287.  —  DV  241.  DP  244.  DL  180. 
258.    Regi  Sicilie.    »Celsitudinem  regiam*.    d.  o.  • 

Ueber  den  Vergleich  mit  seinen  Schwftgerinen. 
A   164..  B  288.  —  DV  242.  DP  245.  DL  181. 

254.  Fratri  Petro  Alchana.     »Etsi  ad  omnium*.  d.  o. 

Aussöhnung  zwischen  Na^arra  und  Castilien  wird  ihm  flbertragen. 
A  165.  B  289.  —  DV  248.  DP  246.  DL  182. 

255.  Rudolfe  Regi  Romanorum.    »Sicut  intelleximus«.    d.  o. 

Treuga  zwischen  Rudolf  und  Savoyen ;  sowie  der  folgende* 
A  166.  B  240.  —  DV  244.  DP  247. 

256.  Comiti  Sabaudie.    »Intelleximus*.    d.  o. 

A  167.  B  240».  —  DV  245.  DP  248. 

257.  Regi  Francorum.    »Nuper  dum  per  Valentiam*.    d.  o. 

Verwendung  für  den  N.  V.  Ademarus  de  Pictayia.  (publ.  Delifile  p.  1 47  aus  B). 
A  168.  B  241.  —  DV  246.  DP  249.  DL  188. 

258.  Capitulo  Romanensi.    »Fidedignorum  relatione*.    d.  o. 

Locale  Streitigkeiten ;  darüber  auch  der  folgende,  (publ.  Delisle  p.  146  ans  6). 
A  169.  B  242.  —  DV  247.  DP  250. 

259.  Archiepiscopo  Viennensi. » Fidedignorum*.  (1274)  12.  X. Lvon.  (p.  Delisle a.a  0.) 

A  170.  B  248.  —  DV  248.  DP  251. 

260.  Archiepiscopo  Rothomagensi.    »D.  f.  mag.  Quillelmus*,    d.  o. 

De  Terra  Sancta;  sowie  die  folgenden  14  Briefe. 

A  296.  B  282.  -  DV  148.  DP  144.  NV251. 1.  e.  m.  Baiooensi.  Ebroic  et  Lingon.  ep. 

261.  Regi  Fi-ancorum.    »Exacti  temporis«.    (1278.  4)  10.  XIL  Lyon. 

A  297.  B  ä88.  —  DV  144.  DP  146.  DL  127.  NV  252. 

262.  Regi  Anglie.    »Princeps  inclite«.    P.  20767.    d,  o. 

A  298.  B  284.  —  DV  145.  DP  146.  NV  258.  R.  n.  -- 

26S.    Eidem.    »Celsitudini  regie«.    P.  20769.    d.  o. 

A  299.  B  285,  —  DV  146,  DP  147.  NV  254.  R  a.  2- 

264.   Eidem.    »(Juanto  procul  dubio*,    d.  o. 

A  800.  B  286.  —  DV  147.  DP  148.  DL  128.  NV  265. 


BOmiBche  Stadien  m.  571 

265.  Regine  Anglie.    »De  cariBsixiii  in  Christo*,    d.'o. 

Forderung  Yon  Berichten  über  die  Lage  in  England. 
A  801.  B  287.  —  DV  148.  DP  149.  DL  129.  NV  256. 

266.  Eidem.    »Cum  propriis  occulis*.    d.  o. 

Rüstungen  zum  Kreuzzuge;  sowie  die  acht  iblgenden. 
A  302.  B  288.  —  DV  149.  DP  150.  DL  ISO.  NV  267. 

267.  Antonio  dicto  Beth.    »Quantum  et  qualiter«.    d.  o. 

A  808.  B  289.  —  DV  160.  DP  151.  DL  181.  NV  268. 

268.  Regi  Anglie.    »Circa  negotium  Terre*.    d.  o. 

A  804.  B  290.  —  DV  151.  DP  162.  DL  182.  NV  269. 

269.  Regi  Sidlie.    »Ad  Terre  Sancte  suhsidium*.    d.  o. 

A  805.  B  291.  —  DV  152.  DP  168.  DL  ISS.  NV  260. 

270.  Regi  Anglie.    »Grata  nobiB^    d.  o. 

A  806.  B  292.  -^  DV  158.  DP  154.  DL  184. 

271.  Regi  Aragonnm.    »Serenitatis  tue  receptis*.    d.  o. 

A  807.  B  298.  —  DV  154.  DP  155. 

272.  Nunioni  Gundisalvi.    »Laudabilem  quem*,    d.  o. 

A  808.  B  294.  —  DV  156.  DP  156.  NV  261. 
278.    Johanni  Nuni.    »Laudabilem  quem*,    d.  o. 

A  809.  B  295.  —  DV  166.  DP  167.  DL  185.  NV  262. 

274.    Erardo  de  Valeriaco.    »Novit  tua«.  (1274)  81.  VII.  Lyon. 
A  810.  B  296.  --  DV  157.  DP  158. 

275. »In  litteris*.    P.  20716  ein  Exemplar,    d.  o. 

NO   122.  —  A  894.  B  81.  —  DV  860.  DP  827.  —  SS  11  ep.  6.      (R.u.8). 

276.    Regi  Castelle  ac  Legionis.    »In  litteris*.    Exemplar  y.  P.  20717.    d.  o. 

NO  7S.  —  A  895.  B  82.  —  DV  361.  DP  828.  —  SS  II  ep.  7.       (R.u.8). 

277—279. »Cum  ea  que  in*,    d.  o. 

Drei  verschiedene  Fassungen  einer  Aufifordemng  an  ErzbischOfe  resp.  Bi- 
schöfe, vor  ErOffiiung  des  Condls  zu  Berathungen  an  die  Curie  zu  kommen. 
A  896-S98.  B  88—85,  —  DV  862—864.  DP  829—881. 

280.  281. »licet  generaüter*.    d.  o. 

Conoilsladung  für  2  Kategorien  von  Aebten.    cf.  P.  20774. 

NO  128.  124.  —  A  a99.  400.  B  86.  87.  —  DV  865.  366.  DP  882.  883. 

282.    Üniversis  (]lhristi  fidelibus.    »Cum  venerabiles  fratres*.    d.  o. 
Geleitbrief  für  die  zum  Concil  reisenden  Prälaten. 
A  401.  B  88.  —  DV  867.     DP  884. 

28S.   Magistro  Fredulo.    »Ad  pacaficum  statum*.    d.  o. 
Verhandlungen  mit  K.  Alphons. 
NO  125. 

284*.  Rudolfe  in  R.  Regem  electo.    »Dilectus  filius*.    P.  20857.    s.  d. 
A  62.  B  58.  —  DV88.  DP  87.  DL  84. 

285*.  Eidem.    »Grata  nee  immerito*.    P.  20809.    s.  a. 
A  58.  B  59.  —  DV  89.  DP  88.  DL  85.  NV  180. 

286*.  Regi  Boemie.    »(}uam  necessaria*.    P.  20888.    s.  d. 
A  64.  B  60.  —  DV  40.  DP  89.  DL  86.  NV  181. 

287*.  Regi  erstelle  ac  Legionis.    »Inducit*.    P.  20846.    s.  d. 

NV  118.  NO  78».  —  A66.  B  61.  —  DV  41.  DP  40.  DL  87. 


i 


572  Ealtenbrunner. 

288.  Magistro  Ferrando.    ,(Srca  negotium«.     1274.  11.  VI.  Lyon. 

Empfehlung  doB  Magifiter  FreduluB. 

A  57.  B  68.  —  DV  48.  DP  42.  DL  89.  NV  188. 

289.  Magistro  Fredulo.    »Presentium  tibi«,    d.  o. 

Verhandlungen  mit  E.  Alphons. 

NO   126.  —  A  58.  B  64.  --  DV  44.  DP  43.  DL  40.  NV   184. 
290*.  £idem.     ,Ad  prosequendum«.    P.  20846.    (y.  20974). 

NO  127.  —  A  66.  B  62.  —  DV  42.  DP  41.  DL  38.  NV  182. 

291.  Eidem.    »Cruoedgnati«.    d.  o. 

lieber  die  Exemtion  der  Kreuz&hrer  vom  Zehnt. 
NO  128. 

292.  Regi  Francorum.    »Quam  sit  ezpediens*.    P.  20875.    s.  L 

NO  74.  —  A  311.  B  297.  —  DV  158.  DP  159.  R 

298*.  Regi  Sicilie.     »Ne  animi  tui«.    P.  20976.    b.  d.    (▼.  20858). 

NO  75.  —  A  59.  B  65.  —  DV  45.  DP  44.  DL  41.  NV  185. 
294".  Eidem.     »Frequenter  constans«.    P.  20977.    s.  d. 

NO  76.   -   A  60.  B  66.  —  DV  46.  DP  45.  DL  42.  NV  186. 

295.  Prindpi  Salemitano.    »De  te  fili«.    d.  o. 

Erbaulichen  Inhaltes. 

NV  114.  —  DV  464.  DP  874. 

296.  Abbati  et  generali  capitulo  CiBterciena.     »Sacri  vestri*.    d.  o. 

Bitte  um  ihre  Fürbitte  bei  Gott. 
NV   115.  —  DV  465.  DP  875. 
297*.  Regi  Boemie.    »JoconditatiB  causam«.    P.  20906.    s.  d. 
NV  116.  NO  77.  —  A  318.  B  299.   -  DP  161. 

298.  Rudolfo  Regi  Romanorum.     »Solent  ardua«.    P.  20929. 

NV  117.  NO  78.  —  A  61.  B  67,   —  DV  47.  DP  46.  DL  48.  » 

299.  Archiepiscopo  Treverensi  etc.     »Carisaimo  in  Christo«.    P.  20981.    s.  a 

Zahlreiche,  zum  Theil  unter  L  e.  m.  eingetragene  Exemplare. 

A  62-65.  B  68-70.  —  DV  48-51.  DP  47-49.  DL  44-46.  NV  187-189.  9 

800*.  Regi  Boemie.    »Ad  occurrendum«.    P.  20980.    »Dat.  Lugduni  ut  sapra«. 

NO  80.  —  A  66.  B  71.  —  DV  62.  DP  60.  DL  47.  NV  190. 
801*.  Regi  Francorum.    »Pertulit«.    P.  20967  mit  1274.  1.  XII.  Lyon. 

NV  118.  NO  81.  -  A  67.  B  72.  —  DV  58.  DP  61.  DL  48.  NV  191. 
802.    Eidem.    »Super  expenais«.    »Dat.  ut  aupra«  =  1274.  81.  VIL  TOn  n*  29ä. 

Ueber  Geldbeschaffung  für  den  Ereuzzug. 

NO  82.  —  A  812.  B  298.  —  DV  169.  DP  160.  Ji.  UI.  c  16- 

808.    Rudolfo  Regi  Romanorum.    »Propter  multa«.    P.  20962. 

NO  83.  —  A  68.  B  72».   -  DV  54.  DP  52.  DL  49.  NV  192.  ^ 

804*.  Eidem.     »Serenitati  regio«.    P.  20966.    s.  d. 

NO  84.  —  A  69.  B  78.  —  DV  55.  DP  58.  DL  50.  NV  198. 
805*.  Guillelmo  ....  de  Laturre.    »Laudabilem«.    P.  20967.    s.  d. 

NO   129.  —  A  70.  B  74.  —  DV  56.  DP  64.  DL  51.  NV  194. 
806*.  Ueinrico  duci  Bavarie.    »Etsi  ut  litterarum«.    P.  20964.    b.  d. 

A  71.  B  75.  —  DV  57.  DP  65.  DL  52.  NV  195. 

807.  Patriarche  HieroBoljmitano.    »Quanto  extimamus«.    P.  20926.    d.  o. 

NV  119.  —  DV  466.  DP  876.  B- 

808.  Archiepiscopo  Remensi.    »Si  mentes  fidelium«.    P.  2092O  (JSxemplai).  d.  o- 

NV  120.  NO  181.  —  DV  467.  DP  877,  ^ 


BGmiBOlie  Stadien  IIL  573 

S09*.  Regi  Boemie.    »QuamiriB  devotiaiiem*.    P.  20963. 

NV  121.  NO  85.  --  A  72.  B  76.  -  DV  58.  DP  56.  DL  58.  NV  196. 
SlO.   Emanneli,  natö  regia  Caatelle.    »Habet  de  te*.    d.  o. 

Verbandlangen  mit  K.  Alphons;  sowie  die  nächsten  fOnf  Briefe. 

NV  122.  —  A  78.  B  77.  —  DV  59.  DP»  57.  DL  54.  NV  197. 
Sil.   Regi  Castelle  ac  Legionis.    >0  quam  bonns*.    P.  20969.    s.  a. 

NV  128.  NO  86.  —  A  74.  B  78.  —  DV  60.  DP  68.  DL  55.  9. 

S12.    Eidem.    ,DiL  fil.  Johannes  de  Porta«.  (1274)  81.  XII.  I^on. 

NV  124.  NO  87.  —  A  75.  B  79.  -  DV  61.  DP  59.  DL  66. 
SIS.    Eidem.     ,Dil.  fiL  mag.  Fxedulus*.    »Dat.  ut  supraS 

A  76.  B  80.  —  DV  62.  DP  60.  DL  57.  NV  198. 
814*.  Regine  Castelle.    »In  odore  drcumspectionis*.    P.  20975.    s.  d. 

NO  88.  —  A  77.  B  81.  —  DV  68.  DP  61.  DL  58.  NV  199. 

815.  Emanneli,  nato  regia  OMtelle.    »Litterarum  tuarum*.    d.  o. 
NV  125.  —  A  78.  B  82.  —  DV  64.  DP  62.  DL  59.  NV  200. 

816.  Vicario  regis  Sidlie,  potestati . .  Alezandrie,  Albe  etc.    »lUnd  nobis*.  d.  o. 
Ueber  den  drohenden  Einfall  fremden  Kriegsrolkes. 
NV  126.  —  B  582.  —  DV  870.  DP  835  u.  878. 

817.  Regi  Sicilie.    »Com  in  feste  b.  Apoatolorum«.     1271.  1.  XI.  Viterbo. 
Bestätigung  des  Sicilischen  Zinses. 
NO  241. 

S18.    Epiacopo  Valentinensi.    »Ut  conBultius«.    d.  o. 

Verhandlungen  mit  K.  Alphons;  sowie  die  zwei  folgenden. 

NO  242.  —  A  79.  B  88.  —  DV  65.  DP  68.  DL  60.  NV  201. 
819.    Regi  Aragonum.    »Per  vener.  fratr.  episc.  Valentinensem*,    d.  o. 

NO  89.   —  A  80.  B  84.  —  DV  66.  DP  64.  DL  61.  NV  202. 
S20.    Regi  Gastelle  ac  Legionis.    »Litteras  serenitatiB*.    d.  o. 

NO  90.  -  A  81.  B  85.  —  DV  67.  DP  66.  DL  62.  NV  203. 
821.    Magiatro  Raymundo  de  Nogeriis.    »Cläre  memorie  B.*    d.  o. 

Anleihe  fftr  d^  Kreuzzug. 

NO  248.  —  A  814.  B  800.  —  DV  160.  DP  162. 
o22.    Archiepiacopo  Lugdunensi.    »Etai  ratione  generalis*.    »Dat.  Id.  Januarii*. 

Ueber  die  Sammlung  des  Zehnten. 

NO  244. 

28.    Regi  Anglie.    »DiL  filii  Bemardus  Scottua*.    d.  o. 
Ueber  Zebntsammlung  in  England. 
NO  91. 

24.    Regi  Francorum.    »Peütionem  super  diapensationis*.    d.  o. 

Heirathaprqject  zwiachen  Frankreich  u.  Navarra;  aowie  die  fünf  folgenden. 
NO  92.  —  B  588. 

S25.     8(imoni)  preab.  card.  A.  S.  L.    »Dil.  fil.  Bonifacium'.    d.  o. 
NO  245.  —  B  584. 

G26.     Regi  Francorum  et  Blance  regine  Navarre.    »Vigore  iuris*,    d.  o. 
NV  128.  —  B  685.  —  DV  468.  DP  879. 

S27.     Regi  Francorum.    »Per  dil.  fiL  Boni&cium*.    (1274.  5)  23.  III.  Lyon. 
NO  98.  —  B  588. 

C28.     Eidem.    »Ut  negotium  diapenaationis*.    »Dat.  XI.  Kl.  Aprilia*. 
NO  94,  —  B  587, 


o 


r> 


574  Kaltenbranner. 

829.    Scimoni)  presb.  card.  A.  8.  L.  «Licet  negotium*.    »Dat.  at  supra*. 

NO  246.  —  B  588. 
880.    Regi  Francorum.    «Moiesta  nimirum '.  .  d.  o. 

Die  Pariser  Kirche  betreffend;  sowie  der  folgende. 

NV  127.  —  B  589^  —  DV  469.  DP  380. 
88).    S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Molesta  nimirtim*.    d.  o. 

NO  247.  —  B  690. 
SS 8.   Episcopo  YalentinensL    »Carissimo  in  Cbristo  filio*.    d.  o. 

Verhandlungen  mit  E.  Alphons. 

NO  248.  —  A  82.  B  86.  —  DV  68.  DP  66.  DL  68.  NV  204. 
888.    Begi  Anglie.    »Non  est  otiosa*.    d.  o. 

Heber  den  englischen  Zehnt. 

NV  129.  NO  95.  —  B  691.  -  DV  470.  DP  381. 
SS 4.    Johanni  comiti  Richmundie.    »Licet  matrimonüs*.    d.  o. 

Ehedispens. 

NO  249.  —  B  592. 

885.  Regi  Francorum.    »Dil.  fil.  n.  y.  Gnalcherius *.    d.  o. 

Verwendung  fQr  Gualcherius;  darüber  auch  der  folgende. 
NO  96.  —  B  598. 

886.  8(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Dil.  fil.  n.  y.  Gualcherius*.    d.  o. 

NO  260.  —  A  815.  B  801  u.  594.  —  DV  161.  DP  168.  NV  268. 
337*.  Regi  Boemie.    »Extenso  dudum*.    P.  210S0.    s.  d. 

NV  180.  NO  97.  —  A  96.  B  101  u.  595.  —  DV  82.  DP  81.  l>h  78. 
888.    Abbaübus  Leodiensis  diooesis.    »Sna  nobis*.    P.  21004.    d.  o. 

NO  251.  —  A  816.  B  802.  —  DV   162.  DP  164.  NV  264.  B- 

839*.  Regi  Sicilie.     »Patet  liquide*.    P.  21095.    s.  d. 

NO  98.  —  A  317.  B  808  u.  596.  —  DV  168.  DP  165.  DL  186.  NV  265. 

840.  Uniyersis  abbatibus  .  .  .  Gisterc.  Ord.    »In  vestitu*.    P.  21020.    d.  o. 

NV  181.  NO  262.  —  B  597.  —  DV  471.  DP  382.  B.  u.  1* 

841.  Universis  abbatibus  Gisterciensis  Ordinis.    »Nuper  in  concilio*.    d.  o. 

Ebenfedls  Zehntprivileg;  im  folgenden  Verständigung  hieyon. 

NO  258.  —  B  598. 
342.    Universis  collectoribus  decime.    »Nuper  te  ordinavimus*.    d.  o. 

NO  254.  —  B  599. 
848*.  Budolfo  Regi  Bomanorum.     »Sacerdotium*.    P.  20989. 

NV  182.  —  A  83.  B  87.  —  DV  69.  DP  67.  DL  64. 
844*.  Archiepisoopo  Treverensi  etc.    »Sacerdotium*.    P.  20990.    »Dat.  ut  supr«'. 

Zahlreiche  Exemplare,  theik  unter  L  e.  m.,  theils  selbständig  eingetragen. 

NO  79.  —  A  84-87*.  B  88-92.  —  DV  70-78*.  DP  68-72.  DL  05-69. 
845*.  Rudolfo  Regi  Romanorum.    »Nosti  fili*.    P.  20991. 

NO  99.  —  A  88.  B  98.  —  DV  74.  DP  73.  DL  70.  NV  205. 
846*.  Eidem.    »Ne  celsitudinem*.    P.  20992.  undatirt  trete  Theiner. 

NO  100.  —  A  89.  B  95.  —  DV  75.  DP  74.  DL  71.  NV  206. 
347*.  Eidem.    »Insignis  Mediolanensis*.    P.  20993.  undatirt  trotE  Üieiner. 

NO  101.  —  A  90.  B  94.  —  DV  76.  DP  76.  DL  72.  NV  207. 
848.   Eidem.    »Grata  nobis*.    P.  21085.  nur:  »Dat.  Aurasice*. 

NV  183.  NO  102.  —  A  91.  B  96.  —  DV  77.  DP  76.  DL  78.  9. 

849*.  Eidem.    »Cunctis  inopina*.    P.  21086. 

NV  134.  NO  103.  —  A  92.  B  97.  —  DV  78.  DP  77.  DL  74. 


L 


Römische  Stadien  TU.  575 

SSO. »Dudum  super  generalis*.    P.  20685  (Exemplar),    d.  o. 

NO  104.  —  A  898.  B  80.  —  DV  859.  DP  826.  R. 

S51.   Universis  Christi  fidelihus.    »Cum  c.  i.  Chr.  f.  n.  Rex  Castelle*.    d.  o. 

Geleitbrief  fflr  eine  Genuesische  Gesandtschaft  zu  K.  Alphons. 

NO  106. 
852*.  Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Serenitatis  tue«.    P.   21082*.  »Dat.  Lngduni«. 

NO  112.  —  A  08.  B  98.  —  DV  79.  DP  78.  DL  75.  NV  208. 
858.   Emanueli,  nato  regis  Castelle.   »Misse  nobis«.    d.  o. 

Zusammenkunft  mit  K.  Alphons ;  sowie  der  Torstehende  und  die  8  folgenden- 

Ä  94.  B  99.  —  DV  80.  DP  79.  DL  76.  NV  208«. 
854*.  Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Placeret  nobis«.    P.  21084. 

NO  jn.  —  A  95.  B  100.  —  DV  81.  DP  80.  DL  77.  NV  209. 
855*.  Archiepiscopo  Narbonensi.    »Carissimum  in  Christo«.    P.  21081.    s.  d. 

NO  255.  —  .A  97.  B  102.  — DV  88.  DP  82.  DL  79.  NV  210. 
856.   Senescalco  Bellicadri.    »Cum  intendamus«.    d.  o. 

NO  256.  —  A  98.  B  108.  —  DV  84.  DP  88.  DL  80.  NV  211. 
S57*.  Regi  Boemie.     »Per  dilectum  filium«.    P.  21088. 

NO  114.  —  A  99.  B   104.  —  DV  85.  DP  84.  DL  81.  NV  212. 
858*.  Potestati . .  Albe  etc. » Viget  in«.  P.  210S8  m.  »Dat.  Bellicadri  VI.  Id.  Maii  a.  IV». « 

NV  185.  NO  257.  —  A  100.  B  105.  —  DV  86.  DP  85.  DL  82. 
S59*.  Rudolfe  Regi  Romanorum.    »Ne  contingat«.    P.  21046. 

A  101.  B  IOC.  —  DV  87.  DP  86,  DL  88.  NV  218. 
260.    Eidem.    »fnstantiam  negotiorum«.    P.  21047. 

NO  180.  —  A  102.  B  107.  —  DV  88.  DP  87.  DL  84.  NV  214.  9. 

S61.    Reg^  Francorum.    »Tnstantiam  negotiorum«,    d.  o. 

Ueber  die  Ansprüche  E.  Alphons  auf  Navarra ;  sowie  der  folgende. 

A  108.  B  108.  —  DV  89.  DP  87.  L  e.  m.  DL  84.  F.  e.  m. 
SC2.    S(imoni)  predb.  card.  A.  8.  L.  »Quia  carissimus«.  (1275)  1.  VII.  Beancaire. 

A  104.  B  109.  —  DV  90.  DP  88.  DL  85.  NV  215. 
63*.  Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Credimus  ad  tuam«.    P.  21054.    s.  d. 

A  105.  B  110.  —  DV  91.  DP  89.  DL  86.  NV  216. 
64.    Regi  Boemie.    »Quid  ita«.    P.  21056.    »Dai  Bellicadri«. 

A  106.  B  111.  —  DV  92.  DP  90.  DL  87.  NV  217.  R. 

S65*.  Rudolfe  Regi  Romanorum.    »De  prosperis  tue«.    P.  21048.  s.  d. 

A  107.  B  112.  —  DV  98.  DP  91.  DL  88.  NV  218. 
C 66*.  UniTcrsis  archiepiscopis . . .  p.  Alemaniam  etSdavoniam. » Ad  statum  «.  P.2 1 07 1 . 

A  108.  B  118.  114.  —  DV  94.  DP  92.  DL  89.  NV  219. 
S67*.  ArchiepiscoxK)  Ebredunensi.    »Pridem  universo^«.    P.  21090. 

A  109.  B  115.  —  DV  95.  DP  98.  DL  90.  NV  220. 
368*.  Magistro  Fredulo.    »Venerabili  fratri«.    P.  21078.    s.  a. 

A  110.  B  116.  —  DV  96.  DP  94.  NV  221. 
C69.    Archiepiscopo  Hispalensi.    »Ob  dandum«.    P.  21072.    »Dat.  ut  supra«. 

A  111.  B  117.  —  DV  97.  DP  96.  DL  91.  NV  222.  R. 

S70.    Eidem.    »Intellecto  nuper«.    P.  21080.    s.  a. 

A  112.  B  118.  —  DV  98.  DP  96.  DL  92.  NV  228.  R. 

S71*.  liagistro  Rudolfe  cancellario  etc.    »Cednlam  quandam«.    P.  21098.    s.  a. 

A  113.  B  119.  —  DV  99.  DP  97.  DL  98.  NV  224. 
S72*.  Marchionibus  .  .  .  per  Lombardiam  etc.    »Desiderantes«.    P.  21092.    s.  a. 

A  114.  B  120.  —  DV  100.  DP  98.  DL  94.  NV  225. 


2' 


n 


576  Kaltenbru&ner. 

S78.    Regi  Romaaorum.    »Circa  Teno  Sancte«.    d.  o. 

Verbot  der  Turniere  in  Hinblick  auf  den  Ereuxzug. 

NO  144. 
S74.   Regi  Scotie.    »lUustris  asBensus«.    (1275)  14.  XL  Mailand« 

Ueber  den  Zehnt. 

NO  145. 
S75*.  Regi  Francornm.    »De  dilecto*.    P.  21064.    1275.  9.  V.  Beaucaire. 

NO  115.  —  A  818.  B  804.  —  DV  164.  DP  166.  DL  1S7.  NV  266. 
S76*.  Petro,  filio  regia  Aragonum.  »Venerabilem«.  P.  21068.  (1275)  9.  V.  Beaucaire. 

NO  116.  —  A  819.  B  805.  —  DV  165.  DP  167.  DL  1S8.  NV  267. 

877.  Regi  Francormn.    »DiBCuasis  ezacte*.    d.  o. 

Dispens  f&r  Philipp  von  Frankreich  und  Johanna  von  Navarra. 
NO  117.  —  NV  S41. 

878.  Regi  Sioilie.     ,£z  parte  tua«.    P.  21045.    d.  o« 

NO  118.  ^ 

879*.  Rudolfe  Regi  Romaaorum.    »Tuis  consulere*,    P.  21055.    s.  d. 

NO  119. 
880*.  Abbat!  GasinenBi.    »Prosperitäten!  tui<.    P.  20949.  (1275)  15.  V.  Beancaii«. 

NO  258.  —  A  867.  B  886  u.  600.  —  DV  882.  DP  298. 
381.    S(inioni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Solent  quos«.    (1725)  29.  VL  Beaucaire. 

De  Terra  Sancta;  sowie  die  7  folgenden  Briefe. 

NO  259.  —  A  820.  B  806  u.  601.  —  DV  166.  DP  168.  DL  189.  NV  268. 
882.    Erardo  de  Valeriaco.    »Diutume«.    P.  21079  mit  (1276)  27.  X.  Sitten. 

NO  820.  —  A  821.  B  807.  —  DV  167.  DP  169.  DL  140.  NV  269. 
888.    S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Prout  ex*.  (1275)  7.  VIL  Beaucaire. 

A  822  u.  826.  B  808  u.  812.  —  DV  168.  DP  170.  DL  141.  NV  270. 

884.  Regi  Oasteile  ac  Legionis.    »Dia  te*.    (1275)  26.  VII.  Beaucaire. 

A  828.  B  809.  —  DV  169.  DP  171.  DL  142.  NV  271. 

885.  M.  Raymundo  Marchi  camerario.  »Sicut  intelleximus*.  (1275)  28.  VIL  Beaucaire. 

A  824.  B  810.  —  DV  170.  DP  172.  DL  148.  NV  272. 

886.  Emanueli,  nato  regis  CSastelle.    »Dil.  fil.  Opizo«.  (1275)  17.  IX.  Valeace. 

A  825.  B  811.  —  DV  171.  DP  178.  DL  144.  NV  278. 
387.    S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.  »Per  d.  f.  Guillelmum*.  »Dat  V.  Id.  Ifariü*- 
A  827.  B  318.  —  DV  172.  DP  174.  NV  274. 

888.  Electo  Virdunensi.    »A  tua  non  credimus*.    »Dat.  ut  supra*. 

A  828.  B  814.  —  DV  178.  DP  175.  DL  145.  NV  275. 

889.  S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.     »Clarissimus  in  (Christo*,    d.  o. 

Ueber  die  Abänderung  der  Frankreich  und  Navarra  ertheüten  £hedi8pau> 
NO  260. 
390.    Episcopo  Sabinensi.    »Licet  omnium  ecclesiarum*.    (1275)  7.  VI.  Beaucaire. 
Uebertragung  der  Fürsorge  für  die  Titelkirche  S.  Marcello. 
NO  261. 

891.  Archiepiscopo  Lugdunensi.    »A  fidedignis  accepimus*.    d.  o. 

Ueber  dessen  Streit  mit  dem  »Gamerarius  Lugdunensis*. 
NO  262. 

892.  Regi  Aragonum.    »Utinam  fili*.    P.  21057.    s.  a. 

NV  186.  NO  120.  —  B  602.  —  DV  472.  DP  888.  R 

898.    Eidem.    »ScioLua  quod  amara«.     P.  21075.    s.  a. 

NV  187.  NO  121.  —  B  603.  —  DV  478.  DP  884.  R- 


Römische  Studien  III.  577 

S94.    Archiepiscopo  Tarraconensi.    »Clamante  &cti<.    P.  21076.  »Dat.  ut  Bupra*. 
NO  268.  R. 

095.  Archiepiscopo  Ebredunenfli.  »QuantoextimamuB*.  Exemplar  v.  P.  20925.  d.  o. 

NO  264.  —  B  604.  (R.) 

096.  Eidem.    »Negotium  dedme*.  (1275)  27.  X.  Sitten. 

Ueber  die  Zehntsammlung  in  Deutschland;  sowie  der  folgende. 
NO  265. 

597.  Eidem.    »Cum  te  pro  negotio*.     »Dat.  Seduni*. 

NO  266. 

598.  Electo  Yirdunensi.    »Magistro  Rogero*.     »Dat.  ut  supra«. 

Ueber  die  Zehntsammlung  in  England;  sowie  die  zwei  nächsten. 
NO  267. 
C99*.  Eidem.    »Cum  sicut  intellezimus«.    P.  21086.    s.  a. 
NO  268. 

400.  Eidem.    »Cum  te  ad  partes*.  (1275)  17.  XI.  Mailand. 

NO  269. 

401.  Archiepiscopo  Ebredunensi.  » Dissensionis  materia  *.  P.  2 1 085*.  » Dat.  Seduni  *. 

NO  821.  R. 

402*.  Regi  Sicilie.    »Ut  filialis«.    P.  21097  mit  »Dat  XV.  Kl.  Jan.  Florentie«. 
NV  188.  NO  109.  —  DV  474.  DP  885. 

Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Notabiles. 

408.    (aus  A IV) :  Henrico  Treverensi electo.  » Felicis *.  P.  20645.  (1272)  25.  X.  Oryieto. 
A  197.  B  186.  Marino  de  Eboli  u.  R.  I.  88. 

404.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.  »Nephandum  scelus*.  P.  207 12.  d.  o. 

A  199.  B  188.  —  DV  886.  887.  DP  444.  R.  u.  2. 

405.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.  »Meraores  uberum*.    P.  20956.  8.a. 

A  200.  B  189.  R.  u.  5. 

406.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.  »E  regnoPortugallie*.   1275.  4.  IX.  Beaucaire. 

Kirchliche  Verhilltnisse  Portugal  Is. 
A  201.  B  140. 

407.  (aus  AVI):  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Ecclesia  (]!ataulanensis<.    d.  o. 

Besetzung  des  Stuhles  von  CJhalons. 
A  287.  B  158. 

408.  Archiepiscopo  Cantuarienid.    »Ex  confessione  n.  y.  Rogen*,    d.  o. 

Ueber  die  Absolution  des  Rogerus  de  01iford(?). 

A  288.  B   154.  —  DV  174.  DP  176.  DL   146.  NV  276. 

409.  (Judicibus).    »Habet  dilectus  filius«.     1278.  18.  III.  (Oryieto). 

Gegen  kirchenräuberische  Bürger  u.  Cleriker  y.  Noryich ;  sowie  der  folgende. 
A.  2ti9. 

410.  Londoniensi  et  Eliensi  episcopis.    »Habet  dilectorum*.     P.  20688.    s.  1. 

A  240.  B  155.  —  DV   175.  DP  177.  DL  147.  ? 

411.  Abbati  mon.  de  Cantruparto  iuxta  Camuntum.    »Petitio  dilecti*.    d.  o. 

Ueber  eine  Pfründenyergabung. 
B  156. 

412.  Archiepiscopo  Narbonensi.    »litterarum  fei.  rec.  Clementis*.    d.  o. 

Ueber  d.  Consecration  des  Erwählten y.  Carcasaonne  (p.  Delislep.  143  aas  B). 
A  241.  B   157.  —  DV  176.  DP  178.  DL   148.  NV  277. 

MHtheiloDfen  TU.  87 


578  Kaltenbrunner. 

418.    (Rothom.  et  Senonend  arcbiep.  et  Bilvanectena  episc.) » RemensiB  <.  P.207 1 8.  d.O. 
A  242.  B  168.  —  DV  177.  DP  179.  DL  149.  NV  278.  B. 

414.  Ad  perpetaam  rei  memoriam.    »Sicnt  ituütia*.    d.  o. 

Aufhebung  des  Verbotes  der  canoniacben  Wahlen  in  der  Lombardei. 
A  248.  B  159.  —  DV  178.  DP  180.  DL  150.  NV  279. 

415.  (Fr.  Johanni  de  Viterbio).    »Occaaione  conctlü*.  P.  20784  (mit  X.  Kl.  Junii). 

A  244.  B  160.  —  DV  179.  DP  181.  DL  151.  NV  280.  R. 

416.  Eidem.    ȣz  parte  civitatiB*.    d.  o. 

Absolution  des  Clerus  von  Pisa. 

A  245.  B  161.  —  DV  180.  DP  182.  DL  152.  NV  281. 

417.  Ad  perpetnam  rei  memoriam.    »Sicut  magni  beneficii*.    P.  20748.    d.  o. 

A  246.  B  162.  —  DV  181.  DP  188.  DL  158.  NV  282.  R. 

418.  Imperatori  Constantinopolitano  et  Regi  Sicilie.     »In  conyentione*.    d.  o. 

lieber  die  Verlftngerung  ihrer  Treuga.    cf.  P.  20871. 
A  247.  B  168.   ->  DV  182.  DP  184.  DL  154.  NV  288. 

419.  Ju(dicibu8).    »Mirantes  audivimus«.    d.  o. 

lieber  eine  Ehescheidung;  darüber  auch  der 'folgende. 
A  248.  B   164.  —  DV  188.  DP  185.  DL  155.  NV  284. 

420.  Eidem.    »Licet  in  litteris*.    d.  o. 

A  249.  B  165.  —  DV  188».  DP  186.  DL  156.  NV  284». 

421.  ArchiepiscoxK)  Toletano.    »Felicis  recordationis*.    P.  20804. 

A  250.  B  166.  —  DV  184.  DP  187.  DL  157.  NV  285.  B.U.  1. 

422.  Londoniensi  episcopo.    »Sicut  intellezimus*.    d.  o. 

Kirchliche  VerhUtnisse  Englands;  auch  der  folgende. 

A  251.  B  167.  —  DV  185.  DP  188.  DL  158.  NV  286.  R.  L  24. 

428.    Eidem.    »Statu  regni  Anglie*.    d.  o. 

A  252.  B  168.  —  DV  186.  DP  189.  DL  159.  NV  287.  R.  L  64. 

—     (Gregors  Wahlakten.  A  257-259.  B  17S-175.  —  DV  505-507). 

424.  (aus  AVIII):  Michaeli  Paleologo.    »Qui  miseratione*.    P.  20680.    s.  a. 

A  384.  B  858.  ^  DV  811  (u.  294).  DP  275.  DL  201.  R.  u.  8. 

425.  Patriarche  Qrecorum.  »Multodcut«.  P.  20681.  (A:  X[I[.K1.B:VI[L  Kl.  Not.) 

A  885.  B  854.  —  DV  812  (u.  296).  DP  276.  DL  202.  R.  u.  8. 

426.  Jeronimo  de  Esculo.    »In  litteris  quas*.    P.  20688.    s.  a. 

A  886.  B  855.  —  DV  818  (u.  296).     DP  277.  R- 

427*.  Regi  Sicilie.    »Tractatum  de'reductione*.    P.  20811.    s.  d. 

A  887.  B  866.  —  DV  f.  14.  DP  278. 
428*.  Eidem.    Sicut  in  litteris«.    P.  20812.    s.  d. 

A  888.  B  857.  —  DV  815.  DP  279. 

429*.  Mag.  Simoni  de  Parisius.    »Quo  magis*.    P.  20778.    s.  d. 
A  SS9.  B  858.  —  DV  816.  DP  280. 

480.    Regi  Sicilie.    »Sicut  ad  tuam*.    P.  20689.    s.  a. 

A  840.  B  859.  —  DV  C17.  DP  281.  R. 

4SI.    Jeronimo  de  Esculo  etc.    »Cum  tos  ad«.    P.  20688.    s.  a. 

A  841.  B  860.  —  DV  818.  DP  282.  R. 

482.   Michaeli  Paleologo.    »litterarum  series«.    P.  20762.  (mit  X[.  Kl.  Dec). 

A  842.  B  861.  —  DV  819  (u.  297).  DP  288.  DL  208.  R  u.  8. 

488.    Regi  Sicilie.    »Tamquam  rem*.    P.  20760.    d.  o. 

A  848.  B  862.  —  DV  820.  DP  284.  K 


Bömiache  Stadien  m.  579 

484.  Imperatori  Constaiitinopolitaao.    »Tamquam*.    P.  20769.    cL  o. 

A  844.  B  868.  —  DV  821.  DP  285.  R. 

485.  ^rchiepiscopis  .  .  .  etc.    »Sub  spe  illius«.    P.  2076S.    d.  o. 

A  845.  B  364.  —  DP  286.  RII.c.16. 

486.  Abbat!  CasmenBi.    »Virum  magnificum«.    P.  20764.    d.  o. 

A  846.  B  865.  —  DV  822.  DP  287.  R.  II.  C.  14. 

437.    Fr.  Jeronimo  et  Bonagratie.    »Labores  vestros*.  P.  20766.    d.  o. 

A  847.  B  866.  —  DV  828.  DP  888.  R. 

488.  Epificopo  Panormitano.    »Cariflsimo  in  Christo*.  P.  20765.    s.  d. 

A  848.  B  867.  —  DV  824.  DP  289.  R.  IL  c.  16. 

—     (Einlauf  aus  dem  Orient.    A  849-857.    B  868-877.    V.  Delisle  p.  129.  ISO). 

489.  Michaeli  Paleologo.    »Ezultat  mater«.    P.  20869. 

A  358.  B  878.  —  DV  826.  DP  29a  NV  840.  R.  u.  8. 

440.  Andronico  prindpL     »Habes  fili«.    P.  20872.  (nur:  »Dat  V.  El.  Aogusti). 

A  859.  B  879.  —  DV  826.  DP  291.  R.  u.  8- 

441.  Prelatis  Grecorum.    »Oarissimi  in  Christo«.    P.  20873.    »Dat.  ut  supra*. 

A  360.  B  880.  —  DP  292.  R.  u.  8- 

442*.  Johanni  dicto  Balastro  0.  M.    »Cum  in  negotio«.    P.  20877.    s.  d. 

A  861.  B  381.  —  DV  887.  DP  898. 
443*.  Regi  Sicilie.    »Pzooessnm  habitom*.    P.  20878.    s.  d. 

A  362.  868.  B  882.  —  DV  828.  DP  894.  (mit  I.  e.  m.  =  Potthas^. 
444*.  Neapolioni  et  Francesco  de  Laturre.    »Retulit  ad«.    P.  20879.    s.  d. 

A  864.  B  888.  —  DV  829.  DP  296.  (mit  L  e.  m.  s=  Potthast). 

445.  Michaeli  Paleologo.  »Diiectumfilium«.  P.  20870.  »Dat.  utsapraV.Kl.  Aug.« 

A  365.  B  384.  —  DV  880.  DP  296.  R. 

446.  Abbati  CasinensL    »In  oonventionibus«.    P.  20871.    s.  d. 

A  866.  B  886.  —  DV  881.  DP  297.  R.  III.  c.  14. 

447*.  (In  SS) :  B(ertrando)  quond.  archiep.  Arelat. »  A  nostre «.  P.  2068 1 .  d.  o.  Qu.II.ep.8. 
448.    Uniyenis.  »Terra  Saocta«.  d.  o.  Aufforderung  zum  Kreuzzug.  Qu.  IL  ep.  10. 

InnooenB  Y. 

449*.  Potestati  .  .  .  Januensinm.  »Regia  pacifid«.  P.  21099.    1276.  26.  L  Arezzo. 

NV  139.  NO  828.  --  A  171.  B  411.  —  DV  249.  DP  262.  DL  184. 
460.    Episcopo  Onetensi.    »Saraoenis  de  partibus  Africanis«.    d.  o. 

Ueber  den  Ereuzzug  in  Spanien. 

NO  388. 
451*.  Archiepiscopo  Hispalensi.    »£zurgat  Dens«.  P.  2 1186.  1276.  9.  IV.  Lateran. 

NV  140.  NO  824.  —  B  627.  —  DV  476.  DP  886. 
458.    Budolfo  Regi  Romanorum.    »Novit  ezcellenüa«.    P.  21107.  s.  a. 

A  115.  B  121.  —  DV  101.  DP  99.  DL  95.  NV  226.  9. 

458*.  ArchiepisooxK)  Ebredunensi.    »Dilectum  filium«.   P.  21106.  »Dat  ut  supra«. 

A  116.  B  122.  —  DV  102.  DP  100.  DL  96.  NV  227. 
454*.  Rudolfo  Regi  Romaoorum.   »Si  attentione«.    P.  21108.  (v.  2 1180). 

A  117.  B  128.  —  DV  103.  DP  101.  DL  97.  NV  228. 
455.    Begi  Sidlie.    »Ne  in  posterum«.    P.  21104.    d.  o. 

A  406.  B  39.  40.  —  DV  389.  DP  446.  4. 

456*.  Ad  fhturam  rei  memoriam.    »De  fratrum  nostronun«.    P.  21108. 

A  407.  B  41.  —  DV  890.  DP  447. 

87* 


580  Kaltenbrunner. 

Ausserhalb  der  Reihe  der  Epistolae  Notabiles. 

457*.  (aus  A  VIII) :  Michaeli Paleologo.  »Dudumad'.P.  211S6.  1276.  2S.  V.  Lateran. 
A  S68.  B  887.  —  DV  388.  DP  299. 

458.  (In SS) :  Archiepisc.  Turon. , Fundamentum«.  £xpl.y.P.2 1 102.  Qu.II.ep.9.  (M.d.E.) 

Johannes  XXI. 

459.  Archiepiscopo  Turonensi.  ,Qui  eteme  legis*.    Exemplar  y.  P.  21160.    d.  o. 

NV  141.  K 

460.  Reg^  Francorum.    ,Qui  eteme  legis*.    P.  21159.    d.  o. 

NV  14 1».  —  B  628.  R.  u.  2. 

461.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Licet  felicis  recordationiB*.    P.  21151. 

NO  C25.  —  A  408.  B  42  ü.  680.  R.   158. 

462*.  Universis  Christi  fidelibus.    »Crescit  facile*.    P.  21152. 

NV  142.  NO  826.  —  A  409.  B  48.   -  DV  872.  DP  887. 
468.    Johanni  de  Graliaco.    »Dire  calamitatis*.    d.  o. 

Ueber  Ereuzzugsgelder.  R.  4. 

B  681. 
464*.  Regi  Franoorum.    »Habet  infausti«.    P.  21165. 

NV  148.  NO  HO.  —  A  172.  B  412.  —  DV  250.  DP  258.  DL  185. 
465.    Regi  Castelle  ac  Legionie.    »Habet  infausti*.    »Dat.  ut.  supra*. 

Dasselbe  wie  in  P.  21165  an  den  französischen  König. 

NV  148».  NO  111.  —  A  178.  B  418  u.  688.  —  DV  261.  DP  254. 
466*.  Joh.mag.  0.  Pr.  et  Hieron.  min.  Fr.  M.,Probata*.  P.21166. 1276. 15.X.  Viterbo- 

NO  327.  —  A  174.  B  414.  —  DV  252.  DP  255.  DL  186. 
467*.  Eisdem.    »(juanto  desideramus*.    P.  21167.  (1276)  19.  X.  Viterbo. 

NO  327».  —  A  175.  B  416.  —  DV  258.  DP  256.  DL  187. 

468.  Eisdem.    »Licet  nobis*.    »Dat.  XIII.  Kl.  Noyembr.* 

Ueber  Schlichtung  des  französ.-ca8tilischen  Streites ;  sowie  die  4  frfiheren. 
NO  S28.  —  A  176.  B  416.  —  DV  264.  DP  257. 

469.  Regi  Aragonnm.    »Inter  cetera  soUicitudinis*.    d.  o. 

Das  Bisthum  Jaen  betreffend. 

NV  144.  NO   111».  —  B  682.  —  DV  476.  DP  887. 

470.  Johanni  Bertrandi  (al.  Bertraldi).    »Dire  calamitatis*.    d.  o. 

Ueber  Rüstungen  zum  Kreuzzug. 

NV  145.  —  DV  477.  DP  888.  R.   11. 

471.  S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.   »Molestanimis«.  P.  21229  mit  »Dat  Viterbii*. 

NV  146.  —  A  177.  B  417.  —  DV  255.  DP  268.  DL  188.  R. 

472.  Episcopo  Parisiensi.    »Flnmen  aque*.   (1277)  28.  IV.  Viterbo. 

Ueber  falsche  Doctrinen  an  der  Pariser  Uniyersitftt. 
NV  147.  —  B  629.  —  DV  478.  DP  889. 
478*.  Regi  Portugallie.  »Joconditatis«.  P.  21249.  s.  d.  (wiederholt  in  P.  21272). 
NV  148.  NO  188.  —  DV  479.  DP  890. 

474.  J(ohanni)  S.  Nicolai  i.  C.  diac.  card.    »Inter  uniyersos*.    P.  21171. 

NO  208.  ? 

475.  Canonicis  Basilice  XII  Apostolorum.    »Inter  uniyersas*.    P.  21172.   d.  o. 

NO  209.  '  ? 

476*.  Rudolfe  Regi  Romanorum.    »Habet  filis    P.  21181. 

A  118.  B  124.  —  DV  104.  DP  102.  DL  98.  NV  229. 


RGmische  Stadien  III.  581 

477*.  Eidem.    »Quante  soUicitudinis*.    P.  21182.    »Dat.  ut  supra*. 

A  119.  B   125.  —  DV  105.  DP  108.  DL  99. 
478*.  Archiepiscopo  Maguntino.     »Felicia  recordationis*.    P.  21187.    b.  a. 

A  120.  B  126.  —  DV  106.  DP  104.  DL  100.  NV  280. 


Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Notabiles. 

479*.  (aus  A  VIII):  Michaeli  Paleologo.  »Pacis  emulus«.  P.  21187.  s.  d.  cf.p.  85* 

A  S69.  B  888.  —  DV  884.  DP  800. 
480*.  Eidem.    »Quanto  gaiidio*.    P.  21188.     »Dat  ut  supra*. 

A  870.  B  889.  —  DV  885.  DP  801. 
481*.  Patriarche  . .  .  Grecorum.     »Grandis  affectus*.    P.  21139.    »Dat.  ut  supra* 

A  871.  B  890.  —  DV  886.  DP  802. 
482*.  Andronico  prindpi.    »Lucis  creator*.    P.  21140.    »Dat.  ut  supra*. 

A  872.  B  891.  —  DV  887.  DP  808.  DL  204. 
483*.  Jacobo  Ferentinati  episoopo  etc.  » In  litteris  quas*.  P.  2 1 14 1 .  (l276.28.V.Lateran). 

A  878.  B  892.  —  DV  ff88.  DP  804. 
484.    Eisdem.     »Cum  vob  ad*,    publ.  Delisle  App.  IX. 

A  874.  B  898.  —  DV  389.  DP  805. 
485*.  Eisdem.    »Licet  ea  que*.    P.  21148.  (1276.  25.  V.  Lateran). 

A  875.  B  894.   —  DV  S40.  DP  808. 
486*.  Eiadem.    »In  commisei  vobis*.    P.  21142.    s.  d. 

A  876.  B  895.  —  DV  841.  DP  806. 
487*.  Eisdem.     »In  cetera  que*.    P.  21144.    s.  d. 

A  377.  B  896.  —  DV  842.  DP  807. 


Die  Cardinäle  in  der  Sedisvacans  nach  Johannes  XZI. 

488.    Begi  Sicilie.    »Secundum  conventiones*.    »Dat.  Viterbii  eccl.  Rom.  vac.* 

Ueber  den  Sicilischen  Zins. 

NO  189. 
489*.  Rudolfo  Regi  Romanorum.     »Quamquam  de*.    P.  21250.  cf.  P.  21221. 

NO  140.  —  A  121.  B  127.  —  DV  107.  DP  105.  DL  101.  NV  281. 
490*.  Duci . .  .  Venetorum.    »Insignis  Venetiarum*.     P.  21252.    s.  d. 

NV  149.  NO  211.  —  B  840.   —  DV  480.  DP  891. 

491.  H.  dicto  Rubeo.    »Habet  dilectus  filius*.     d.  o. 

Hier  und  im  folgenden  Mittheilung  vom  Erlass  des  vorhergehenden. 
NO  212.  —  B  841. 

4 92.  UoiversiB abbatibus per  Anchonitanam  Marcam.  » Habet*.  1277. 5.  VIU.  Viterbo. 

B  842. 
493*.  Johanni  mag.  0.  Pr.  et  Hieronymo  min.  Fr.  M.  »Ad  habitum*.  P.  21258.  B.d. 

NV  150.  —  B  348.  —  DV  481.  DP  892. 
494*.  Esculanis.    »Quis  furor*.    P.  21254.    s.  d. 

NV   151.  NO  218.  —  B  844.  —  DV  482.  DP  898. 
495*.  Namiensibus. » Vestri processus*. P.2 1355. s. d.(NO false: Parmensibus. P.21o56). 

NV   152.  NO  214.  —  B  845.  —  DV  483.  DP  894. 
496*.  RectoribuB  Romane  fratemitatis.    »Successor  apostolorum*.    P.  21251. 

NV   158.  NO  215.  —  B  846.  —  DV  484.  DP  895. 


582  Ealtenbrunner. 

Nioolaus  HL 

497*.  Regi  Sidlie.    »Incensus«.    P.  21258.     1277.  28.  (B  fiOfle  24.)  XL  Viierbo. 
NP  145.  NV  155.  NO  106.  —  B  848.  —  DV  486.  DP  397. 

498.  Regi  Francorum.    »Quanto  ex  potestate*.    P.  21259. 

NP  146.  NO  107.  '  B. 

499.  Regi  Oasteile  ac  LegioaiB.    »Quanto  ex*.    P«  21260.    »Dat.  ut  supra*. 

NP  147.  NO  108.  R 

500.  S(imoiii)  presb.  card.  A.  S.  L.    »YocaÜB  nobb*.    (1277)  1.  XII.  Viterbo. 

Verständigung  y.  Erlaea  der  beiden  vorhergehenden  u.  d.  nachfolgenden. 
NP  148.  R.  1.  L  c.  S. 

501.  Johanni  mag.  0.  Pr.  et  Hierony mo  min.  Fr.  M.  »  YocatiB  *.  P.  2 1 26 1 .  mit ,  Kl J)ec.  * 

NP  149.  R. 

502.  Rudolfo  Regi  Romanorum.    »Solet  nota*.    P.  poet  21261.  cf.  P.  21496. 

NP  150.  NV  156.  NO  182.  -  A  122.  B  128.  —  DV  108.  DP  106.  DL  102.     R 
508*.  Regi  Sicilie.    »Regalis  ezcellentie«.    P.  21782.    1277.  18.  XIL  Rom. 

NP  151.  NV  157.  NO  188.  —  B  605.  —  DV  487.  DP  898. 
504*.  Principi  Salemitano.    »De  tue  devotionis*. '  P.  21788.    »Dat.  at  sapia*. 

NP  152.  NV  158.  NO  184.  —  DV  488.  DP  899. 

505.  Archiepiscopo  Turonensi. » Immense  Deus*.  Expl.  v.  P.2 1264.  m.  »XIIILKLFebr.* 

NP  158.  NV  159.  NO  186  u.  217.  —  B  606.  (R) 

506.  Regi  Francorum.    »Immense  Deus*.    P.  21268.  nur:  »Dat  Rome  a.  S.  P.* 

NP  154.  NV  159a.  NO  186.  —  B  607.  —  DV  507.  B. 

507.  S(imoni)  presb.  card.A. S.L.  » Immense Deus*.  Exemplarv. P.2 1268.64.  d.O. 

NP  155.  NV  159»>.  —  B  608. 

508.  Abbati ....  mon. Cisterciensis.  » Immense Deus*.  Exempl.  y.  P.  21268.64.  d.O. 

NP  156. 

509.  Petro,  nato  L.  regis  Francie.    »Immense  Deus*.  ExempLv. P.2 1268.64.  d.a 

NP  157.  NV  159C.  —  B  609. 

510.  Archiepiscopis . . .  perPatriorchatumHierosoL » Lumense  *.£zpLy.P.2 1868.64.d4>. 

NP  158.  NV  159d.  —  B  610. 

511.  Magistro . . .  Hospitalis  8.  Johannis  HierosoL » Immense  *.  EzpL  y.  P.2 1 268.64.  d.O. 

NP  159. 
512*.  Archiepiscopo  Narbonensi.    »Per  nuntium  et*.    P.  21278.    s.  d. 

NP  160.  NV  160.  NO  218.  —  DV  489.  DP  400. 
518.    Regi  Anglie.    »Pro  censu  mille«.    P.  21271.    d.  o. 

NP  161.  NO  187.  ^ 

514.  M(athaeo)  S.  Marie  i.  P.  diac.  card.    »Inter  umyersaa  Orbis*.    d.  o. 

Ernennung  zum  Archipresbyter  von  SS.  Apostoli  zu  Rom. 
NP  162.  NV  161.  NO  219. 

515.  Eidem.    »Inter  universas  Orbis*.    d.  o. 

Definition  seiner  Befugnisse  als  solcher. 
NP  168.  NV  161.  L  e.  m. 

516.  Canonicis  Basilice  XII  Apostolorum.    »Inter  uniyersas  Orbis*.    d.  o. 

Notification  obiger  Ernennung  an  das  Oapitel. 
NP  164.  ÄV  161». 

517.  M(athaeo)  S.  Marie  i.  P.  diac.  card.    »Illam  nee  immerito*.   d.  o. 

Ernennung  zum  Rector  des  Hospitals  de  Sana  in  Rom. 
NP  165.  NV  162. 


Römische  Studien  III.  583 

518.  Preoeptori  .  .  .  HcMpitalis  S.  Spiritus  de  Urbe.  »Illam  nee  immerito*.  d.  o. 

Notification  obiger  Ernennung  an  das  Hospital. 
NP  166.  NV  162».  —  B  611. 

519.  Eidem.    ,Ad  universis  ministranti*.    d.  o. 

Andere  Ausfertigung  des  vorangehenden  Decretes. 
NO  220. 

520.  Adihturamreimemoriam.   »Dilectisfiliis«.  P.  2 1265  (66).  richtig  IUI.  Kl.  Febr. 

NP  167.  —  B  612.  R. 

52 1 .  (Roberto) quond.  archiepiscopo Oantuariensi.  » Snmmns  omnium  *.  1 27 8.4.iy.Rom. 

Promotio  zum  Gardinalbischof  von  Porto. 

NP  168.  NV  168.  NO  221.  —  B  618.  R.  1.  I.  c.  28. 

522.  Hieronymo,  quond.  min.  Fr.  M.  S.  R.  E.cardinali.  »Summus  omnium*.  d.  o. 

Promotio  zum  Cardinal;  Verfügungen  Ober  seine  Rflckkehr.    cf.P. 21809. 
NP  169. 
528.    Hieron.  S.  R.  E.  card.  et  Johanni  mag.  0.  Pr.  ,  Felicis*.  P.  21294.  »Dat.  ut supra«. 
NP  170.  R. 

524.  Eisdem.    »Inter  cetera  que*.    P.  21295.    »Dat.  ut  supra*. 

NP  171.  R. 

525.  Hieron jmo  S.  R.  E.  cardinali.     »Summus  omnium S    P.  21809. 

NP  172.  R. 

526.  Hieron.  S.  R.  E.  card.  et  Johanni  mag.  0.  Pr. ,  Littere  «.  P.  2 1 S 1 0.  »  Dat.  ut  supra * . 

NP  178.  R. 

527.  Hieronjmo  S.  R.  E.  cardinali.  »CXimoIimfelicis«.  P.  21811.  , Dat.  ut  supra*. 

NP  174.  R. 

528.  Univenis  archiepiscopis . . .  etc.  »Cum  olim  felids*.  »Dat.  Rome  ut  supra*. 

Qeleitbrief  für  die  zurflckberufenen  Legaten  Hieronymus  und  Johann. 
NP  175.  '  R.  1.  I.  c  26. 

529.  Ad  futuram  rei  memoriam.    »Dilectis  filüs  Earocino*.    P.  21828. 

NP  176.  R. 

5 SO.    Regi  Francorum.    »Jacta  per  inimicum*.    P.  21359.    s.  a. 

NP177.  NVie4.  NO  168.  —  A178.  B418.  —  DV  256.  DP  259.  DL  189.  R. 

531.  Regi  Castelle  ac  Legionis.    »Jacta  per  inimicum*.    »Dat.  ut  supra*. 

Ueber  den  franz.-ca8tiL  Conflict ;  sowie  die  ftnf  folgenden. 
NPl78.NVl64».NOl64.-Al79.B419.-DV267.DP260.DLl90.R.l.Lc.48. 

532.  Hieron.  S.  R.  £.  card.  et  Johanni  electo  Hieroaol.  »Jacta*.  1278. 15.  VH.  Viterbo. 

NPl79.NVl64b.NOl65u.270.-Al80.B420.-DV258.DP261.    R.l.Lc.44. 

588.    G(eTardo)  presb.  cardinali. » Superseminata  per  inimicum  *.  ( 1 2  7  8)5. VII  (.Viterbo. 

NP  180.  NO  166.  —  A  181.  B  421.  —  DV259.  DP  262.  DL  191.  R.  1.  Lc.  64. 

534.    G(eTardo)  presb.  card.  et Joh. electo  HierosoL  »Ad  tollendum*.  P.  21889.  s.  a. 
NP  181.  NO  271.  —  A  182.  B  422.  —  DV  260.  DP  268.  R.  , 

585.  Universis  archiepisc.  etc. ,  Superaeminata  per  inimicum  *.  ( 1 2  7  8)  8 .  VIII.  Viterbo. 

NP  182.  —  A  188.  B  428.  —  DV  261.  DP  264.  DL  192.  R.  l.I.  c55. 

586.  S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.  »Superseminata  per  inimicum*.  P.  21S81.  d.  o. 

NP  188.  —  A  184.  B  424.  —  DV  262.  DP  265.  R. 

587.  Regi  Anglie.    »Dilecti  filü  fVater*.    P.  21S74. 

NP  184.  NO  167.  R.  u.  2. 

588.  Eidem.    »Dilecti  filü  frater*.    P.  21375. 

NP  185.  NO  168.  R. 


584  Ealtenbrunner. 

589.    Londoniensi  et Herfordenai episc ac  mag. Arditioni.  »Naperiibi*. P. 21S92.  s.&. 

NP  186.  2  u.  R.  1.  L  108. 

540'.  Mag.  Stefano  decano  Laudunensi.  »In  nostra  proposuisti*.    P.  21S91.  g.  a 

NP  187.  NO  272. 

541.  Regi  Francorum.    »Preeentate  nobia«.    P.  21401. 

NP  189. NO  141. -  A 206. B  179. -DV  187. DP  190. DL  160. NV 288.  B.1.I.C78. 

542.  S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.   »Carissimus«.  (1278)  28.  VIII.  Viterbo. 

Hier  und  im  folgenden  Verständigung  Aber  die  zwei  vorhergehenden. 
NP190.  -  A207.B  180.  — DV188.DP191.DL161.NV289.  R.1.I.C79. 

543.  Eidem.  »licet  per  alias«.  (1278)  28.  VIII.  Viterbo. 

NP  191.  —  A  208.  B   181.  —  DV  189.  DP  192.  DL  162.  B.1.I.C80. 

544.  Eidem.    >Ita  nobis  est«.    »Dat.  ut  supra«. 

Verbot  der  Turniere. 

NP  192.  R.1.LC.S1. 

545.  Eidem.    »Super  amaritudine  carissimi«.    »Dat.  ut  supra«. 

Verständigung  von  dem  Erlass  des  folgenden  Briefes. 

NP192».  — A209.  Bl82.  — DV190.  DP19S.  DL168.  NV290.     R.l.Lc77. 

546.  Regi  Francorum.    »Amaritudinem  gravem«.    P.  21400.  s.  a. 

NP  19S.no  142. -A210.Bl88.-DV  191.DP  194.DL  164.NV889.      R.2.I.SI;. 

547.  Decano  . .  .  Autisiodorensi.    »Ex  yestrarum«.     1278.  17.  IX.  Viterbo. 

Ueber  die  Bischo&wahl  zu  Auxerre. 

NP  194.  NO   147.  —  A  211.  B   184.  —  DV  192.  DP  195.  DL  165. 
548*,  BartbolomeodeBpnonia.  »Adnegotium«.  P. 21454. (1278)  l.VIILVit(T.21l4S). 
NP   195.  NO  148.  —  A  878.  B  897.  —  DV  848.  DP  889. 

549.  J(obanni)  electo  Hierosoljmitauo.    »Litterarum  tuarum«.    P.  21462. 

NP196.N0149.  — A212.B185. -DV19S.DP196.DL166.NV84S.  R. 

550.  Johanni  de  Accon.    »Sincere  caritatis«.     1278.  5.  X.  Viterbo. 

Bitte  um  seine  Unterstützung  am  französischen  Hofe. 

NP197.  N0150.  — A218.B186.— DV194.  DP197.DL167.  RS.I.So. 

551.  Michaeli  Paleologo.    »Sicut  ex  litterarum«.    P.  21465. 

Handelt  mit  den  folgenden  zwOlf  Briefen  »de  unione  Grecorum«. 

NP  198.  NV  166.  NO  148.  —  A  878».  B  898.  —  DV  844.  DP  810.  R. 

552.  Eidem.    Ex  more  quemvis«.    P.  21466.    a.  a. 

NP  199.  NV  167.  NO  146.  —  A  879.  B  899.  —  DV  345. DP  8 II.  R. 

558.    Andronico.     »Age  fili«.    P.  21467.    s.  a. 

NP  200.  NV  168.  —  A  880.  B  400.  —  DV  846.  DP  812.  DL  205.  R- 

554.  Patriarche ...  Grecorum.    »Fratemitatis  tue«.    P.  21470.    s.  a. 

NP  201.   -  A  881.  B  401.  —  DV  347.  DP  Sl.S.  DL  206.  R- 

555.  B(artholomeo)  epiacopo  Grossetano  etc. » Desiderantes «.  P.2  H 7 1 . » Dat.Viterbii*. 

NP  202.  —  A  382.  B  402.   —  DV  848.  DP  814.  R 

556.  Eisdem.    »Licet  ea  que«.    »Dat.  Viterbii«. 

NP  208.  —  A  S8S.  B  408.  —  DV  849.  DP  315. 
557*.  Eisdem.    »Cum  vos  ad  partes«.    P.  21472.     »Dat.  Viterbii«. 

NP  204.  —  A  884.  B  404.  —  DV  850.  DP  316. 
558.    Eisdem.    »(Jum  vos  ad  partes«.    P.  21468.    »Dat.  Viterbii*.  R- 

NP  205.  —  A  885.  B  405.  —  DV  831.  DP  817. 
659.    üniversis  archiepisc.  etc.  » Cum  y.  fr.  Bartholomeum «.   P.  2 1 4 64.  mit » TIIL  Id. ' 

NP  206.  —  A  886.  B  406.  —  DV  852.  DP  818.  B. 


Ri»mi3cbe  Studien  III.  585 

560.  B(artholomfleo)  epiacopo  Groasetano.  »In  oommisai  vobis«.  P.  21478.    s.  d. 

A  887.  B  407,  —  DV  858.  DP  819.  820.  R. 

561.  EiBdem.    »Licet  in.  memoriali*.  .  P.  21474.    s.  d. 

A  888.  B  408.  —  DV  854.  DP  821.  R. 

562*.  Regi  SiciKe.  »Venerabilem  fratrem«.    P.  21475.    .Dat.  Viterbii«. 
A  889.  B  409.  —  DV  855.  DP  822. 

56S.    Eidem.    »Sicut  taam  nonmns**    P.  21478.    »Dat.  Viterbii*. 

NO  61.  —  A  890.  B  410.  —  DV  856.  DP  328.  R. 

564.  Eidem.     »Sicut  taam  noyimus*.    d.  o. 

Verbältnis  Karls  zu  Constantinopel,  sowie  die  2  froheren  u.  2  folgenden. 
NO  62.  R.  1.  I.  c.  154. 

565.  Eidem.    »Licet  a  te<.    P.  21479.    d.  o. 

NO  68.  R. 

566.  Eidem.  »Varüs  dndum«.  P.  21481.  mit  »Dat.  Rome  a.  S.  P.  XIIF.  Kl.  Sept« 

NO  64.  R. 

567.  M.  Ste&no  decano  Laudunensi.    »Exposita  nobis*.    d.  o. 

Zeitweilige  Dispens  von  der  Residenzpflicbt. 
NP  207.  —  B  577. 

568.  Episcopo  Firmano  A.  8.  L.    »Detulit  ad  nos«.    P.  21610  mit  »Id.  lulii*. 

NP  208.  —  B  578.  R. 

569.  Eidem.   »In  negotio  electionis*.  1279  Juni.  Juli  Rom.  (Codd:  XV.  Id.  Julii<). 

Modification  des  im  vorhergehenden  Briefe  ausgesprochenen  Befehles. 
NP  209.  —  B  579. 

570.  Waradiensi  episcopo.    »Ad  utilem  proyisionem*.    P.  21608.    d.  o. 

NO  151.  —  B  614.  R. 

571.  Suffraganeis  Strigoniensis  ecclesie.  »Ad  utilem provisionem*.  P.  21609.   d.  o. 

B  615-617.  (I.  e.  m.  Sätze).  R.  I.  e.  m. 

572.  Regi  Ungarie.     »Ad  utilem  provisionem*.    P.  21616.    d.  o. 

NO  152.  —  B  618.  R.  L  e.  m. 

578.    Episcopo  Firmano  A.  S.  L.    »Que  de  statu*.    P.  21666.    d.  o. 

NO  158.  —  B  619.  R. 

574.  Decano  Matisconensi.    »Sane  eam  que*.     1280.  2S.  L  Rom. 

Betrifft  sowie  der  folgende  die  Kirche  von  Macon. 
B  620. 

575.  Eidem.    »Coniurationem  et*.    1280.  28.  I.  Rom. 

NO  164.  -  B  621.  R.  1.  IIL  c.  2. 

576.  Archiepiscopo  Turonensi.    »Salutaria  et*.    P.  21684. 

B  622.  R. 

577.  Regi  Castelle  ac  Legionis.  »QuantoTerreSancte*.  P.  21688.  »Daiutsupra*. 

NO  155.  —  B  628.  R. 

578.  Eidem.    »£i«i  errantibus*.    P.  21490.    s.  a.    (NP:  »Uli.  EL  Dec.*) 

NP  210.  NO  65.  —  A  185.  B  425.  —  DV  268.  DP  266.  DL  198,  R. 

579.  Regi  I^rancorum.    »Quam  amare  quam*.    P.  21489.    s.  a. 

NP  211.  NV  169.  NO  66.  —  A  186.  B  426.  —  DV  264.  DP  267.  DL  194.  R. 

580.  6(erardo)  presb.  card.  et  Johanni  Hierosolymitano  electo.  »Vestras*.  P.  21488. 

NP  212.  —  A  187.  B  427.  —  DV  266.  DP  268.  R. 

581.  RegiFrancorum.»Querela gravis*. P.2 149 3.  (Potth.»Quanto ezquerimonia*).s.a. 

NP218.NVl70.NO67.— A214.B187.  — DV195.DP198.DL168.  R. 

MittheUangen  YIL  87* 


586  ITaltenbrunneT. 

582.  Eidem.   »Uli  carkdine  smgalaria*.   »Dat.  nt  supra*.  zu  P.  2149S.92. 

NP  214.  NO  68.  —  A  216.  B  188.  —  DV  196.  DP  199.  DL  169.       R.  1.  L  C  165. 

583.  Regine  Frande.    >Non  micamur*.    P.  21492.    8.  a. 

NP  215.  NV  171.  NO  69.  —  A  216.  B  189.  —  DV  197.DP  200.  DL  170.  R. 

584.  S(imoni)  presb.  catd.  A.  S.  L.    »Querelam  gmyem*.    (1278)  S.  XIL  Bom. 

Yerständigaiig  über  die  drei  vorhergehanden  Briefe. 

NP  216.  NO  70.  —  A  217.  B  190.  —  DY 198.  DP 201.DL  171.       B.  1.  L c.  16S. 

585.  (Johanni)  mag.  0.  Pr.  »Sincenis  ad  personam«.  1279.  18.  IL  Bom. 

Amiahme  der  (in  P.  2 1 462  verweigerten)  Befotatio  des  Stuhles  von  Jenualem. 
A  218.  B  191.  ^  DV  199.  DP  202.  DL  172. 

586.  Episcopo  Burgensi.    »Gonsulte  tunc*.    P.  21719.    s.  a. 

B  625.  K 

587.  M. Panulpho, deoanoruraliaSajnen.  >Si  yenerabilis«.  (1279.80)  IO.VILSotsl 

Ueber  die  Besidenzpflicht  des  Adressaten. 

B  626.  B.  1.  m.  5S. 

588.  S(imoni)  presb.  card.  A.  3.  L.  »litteraram  taarmn*.    P.  21567.    b.  a. 

A  219.  B  192.  —  DV  200.  DP  208.  DL  178.  R.  2. 

589.  Eidem.    »Quam  attente«.    »Dat.  V.  KL  Mail*.  (1279). 

Ueber  die  Absolution  des  französischen  Königs,    ef.  P.  21567. 
A  220.  B  198.  —  DV  201.  DP  204. 

590.  Eidem.    »Si  littere  quas«.    »Dat.  X.  Kl.  Mail*.  (1279). 

Auftrag,  den  in  P.  21400  besprochenen  Oanoniker  von  Laon  zu  schützen. 
A  221.  B  194.  —  DV  202.  DP  205. 

59  U   Johanni  Brab  antie . . .  duci  etc.   » Patemi  *.   P.  2 1 624.  mit ,  V.  Id.  lunii  Rome  <. 
NP217.NVl72.N0  71.  —  A222.B  195.  —  DV 208.  DP  206.         R.  2.  IL  22. 

592.    Eisdem.    »Patemi  nominis*.     »Dat.  ut  supra*. 

P.  21624  mit  dem  Formular  für  Ezcommunicirte.  R.  2.  11.  2S. 

A  223.  B   196.  —  DV  204.  DP  207. 

598.    S(imoni)  presb.  card.  A.  S.  L.  »Diligentie  studium*.  (1279)  9.  VL  Rom. 
UebermitÜung  der  beiden  vorhergehenden  Schreiben. 
NV  178.  NO  72.  —  A  224.  B  197.  —  DV  205.  DP  208.  R.  2.  IL  24. 

Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Notabiles. 

594.    (aus  A  X) :  Ad  perpetuam  rei  memoriam, » Fundamentum  militantis *.  P.  2 1  S6i. 
A  405.  B. 

Die  Cardinäle  in  der  Sedisvacans  nach  Nioolaus  IIL 

595*.  Universis  marchionibus . .  per  TuBciam.  »SedesS  P.  21735. 1280. 11.  IL  Viterbo. 

NP  218.  —  SS  I  ep.  1. 
596*.  Duci  .  .  .  V^netorum.    »Oonsiderata  predecessorum'i    P.  21784.    ■.  d. 

NP  219.  -.  SS  I  ep.  2. 

Martin  IV. 

697*.  Senatotibus ürbis.  »Regis  pacifid«.  P.  21787.  1281.  24.  II.  Vitctbo. 

NP  220.  —  A  188.  B  428.  —  DV  266.  DP  269.  DL  195.  ~  SS  I  ep.  S. 


BOmiflche  Stadien  IH.  587 

598.  Ii(atino) episc.  Ostieiim  ei  G(ottüMlo)  diao.  card.  , Regia*.  1281. 26. IL  Viterbo. 

zu  P.  21787.  (UeheitEagung  des  RegimentB  in  Bom). 
NP  221.  —  A  189.  B  429.  —  DP  270.  DL  190. 

599.  Ad  perpetnam  rei  memoriam.  »Solent  diaienflioneB*.  d.  o.  (yor  der  Krönung). 

BeBerratio  des  Stohlfie  von  Gompostella;  darüber  auch  der  folgende. 
NP  222.  —  B  680. 

600.  Ad  perpetaam  rei  memoxiam.  »Solent  diasenaionee*.  d.  o.  (yor  der  Krönung). 

NP  288.  —  B  581. 
601*.  Regi  Francorum.    »Etsi  habeat«.    P.  21786.    b.  d.  (yor  der  Krönung). 

NP  224.  —  SS  I  ep.  4. 
602.    Marie  regine  Francie.    »Quamquam  de*,    d.  o.  (yor  der  Krönung). 

Anzeige  yon  der  erfolgten  Wahl;  sowie  P.  217S6. 

NP  226. 
60S.    L(aiino)  episcopo  Ostiensi.  »Oum  fratribus  nostns*.  d.  o.  (yor  der  Krönung). 

Einladung  zur  Krönungafeier. 

NP  226. 

604.  ArohiepiBcopo  Turonensi.  »IncomprehensibiliaDei*.  ExempL  y.P.  21740.  d.  o. 

NP  227.  —  SS  I  ep.  5.  E. 

605.  Begi  Francorum.    »Incomprebensibilia  Dei*.    Exemplar  y.  P.  21789.    d.  o. 

NP  228.  (2.) 

606.  Patriarcbe  Hierosolymitano.  »IncomprehensibiliaDei<.£zempl.y.P.2I740.  d.o. 

NO  229.  (R.) 

607*.  B(emardo)qnond.  arehiepisoopo  Arelaten8i.»Moy8i  circa  regendam*.  P.2 1829.8.d. 
NP  280.  —  SS  I  ep.  6. 

608.    Gaufrido  S.  R.  £.  presb.  card.,  decano  Parisiensi.  »Moysi  circa  regendam«.  d.  o. 
L  e.  m.  Jobanni  S.  R.  E.  presb.  card.,  arcbidiaoono  Rothomagensi. 
Promotio  zu  Gardinälea.    V.  Potthast  E.  P.  pag.  1758. 
NP  281. 

609*.  Regi  Sidlie.    »Sincerum  ad  personam*.    P.  21880.    s.  d. 
NP  282.  —  SS  I  ep.  7. 

610.  Ad  futnram  rei  memoriam.    »Licet  tam  nonnuUis*.    d.  o. 

Verbot  der  Turniere. 
NP  283.  —  SS  I  ep.  9. 

611.  Ad  perpetuam  rei  memoriam.    »Pater  fnturi  seculi*.    P.  21744.    d.  o. 

NP  284.  —  A  474.  B  479.  —  SS  I  ep.  8.  1  u.  4. 

612.  Uniyergis  marchionibus  per  Tusciam. » Etsi  Romanum  imperium  *.  P.  2 1 7  5 7 .  s.  d. 

NP  286.  E. 

618.    Ad  perpetuam  rei  memoxiam.    »Pater  futuri  seculi«.    P.  21745.    d.  o. 

NP  286.  —  A  475.  B  480.  ^  4. 

614*.  Regi  Oastelle  ac  Legionis.    »Regie  serenitatU  afiatus«.    P.  21881.    s.  d. 
A  477.  B  482.  —  SS  I  ep.  10. 

615.    Arehiepisoopo  Senonensi.    »Translationem  Sanctorum*.    P.  21789. 

NP  287.  —  A  476.  B  481.  —  SS  I  ep.  11.  5. 

616*.  Episcopo  Parisiensi.     »DiL  fil.  mag.  Henrico*.    P.  21882.    s.  d. 
NP  288.  —  A  478.  B  488.  --  SS  I  ep.  12. 

617.    Mag.  et  proy.  Ord.  Praed.  »  Ad  fructns  uberes *.  P.  21 886.  » Dat.  IV.  Id.  Jan <. 

NP  289.  —  A  479.  B  484.  —  SS  I  ep.  18.  ? 


588  Kaltenbrunner. 

618.  Episcopo  Dol^isi.    »GariBsimus  i.  Chr.  filitis  Philippus*.    d.  o. 

Heirat  Philippus  von  Frankreich,  mit  Johanna  yon  Navarra. 
NF  240.  —  A  480.  B  485. 

619.  OfBc  Parisienfii. ,  Dil.  fil.  m.  Theobaldns *.  >  Dat ap.Urbem  veteremVIlLKLllan«. 

Ernennung  zum  Execntor  für  eine  dorn  Theobaid  verliehene  Pfrfinde. 
NP  241.  —  A  481.  B  486. 

620.  Regi  Francorum.    »Felicis  record.  GregoriuB*.     1282.  19.  VI.  Orvieto. 

Zehntsammlung  in  den  franz.  Kirchenprovinzen ;  sowie  der  folgende. 
NP  242.  —  A  482.  B  487  u.  624.. 

621.  Archiepisc.  Rothomagensi.  > Felicia  reoord.Gregorius«.  1282.8.yiLMoniefia800De. 

NP  248.  —  A  488.  B  488. 

622.  Arohiepiscopo  Arelatensi.    ,£x  parte*,    d.  o. 

Heirathdispens  für  Johann  von  Dauphin^  und  Bianca  yon  Sicüien. 
NP  244.  —  A  484.  B  489. 

628.    Mag.  Toriugo,  rectori  eccl.  8.  Christine  Pisane.   »Ezposita  coram*.    d.  o. 
Sein  medicinisches  Lehradit  ist  kein  Hindernis  für  Verwaltung  obiger  Kirche. 
NP  246.  —  A  486.  B  490. 

624.    Regi  Aragonum.    »Dilectus  filius  n.  y.  Quillelmus*,    d.  o. 

Sendung  des  Bischofii  yon  Grossetto  wegen  des  Maurenkrieges. 
NP  246.  —  A  486.  B  491. 

626.    Sancio,  filio  Begis  Castelle.    »Tui  processus*.    P.  21971.  d.  o. 

NP  247.  —  A  487.  B  492.  —  SS  I  ep.  15.  —  (NV  842).  .    R. 

626.  Didaco  Didaci.    »Tui  processus*.    d.  o. 

Ueber  die  castilischen  Wirren;  sowie  der  vorstehende  u.  die  4  folgenden. 

NP  248.  —  A  489.  B  494.  B.    1.  IL  C  S9. 

627.  Marie.    »Tui  processus*.    P.  21971.    I.  e.  m.    d.  o. 

NP  249.  —  A  488.  B  498.  R.  L  8.  m. 

628.  Tolande.    »Tui  processua*.    d.  o. 

NP  260.  —  A  490.  B  496. 

629.  üniversis  archiepiscopis  etc.    »Processus  n.  v.  Saadi*.    d.  o. 

NP  261.  —  A  491.  B  488. 

680*.  RegiCastelle.  »yolucri<.P.21981.(1282)NP:8.X;  A.B:  24.IX.Montefiascotte. 
NP  252.  —  A  492.  B  484.  —  SS  I  ep.  14. 

681.    Regi  üngarie.    »Patema  nos  monet*.    P.  21988.    s.  a. 

NP  258.  —  A  498.  B  485.  —  SS  I  ep.  16.  R 

682*.  Üniversis  archiepiscopis  etc.    »Insurgentis  fremitus*.    P.  21982.    b.  a. 
NP  254.  —  A  494.  B  486.  ~  SS  H  ep.  11. 

688.    Regi  pypri.    »Habet  dilectorum*.    d.  o. 

Ueber  Eingriffe  in  die  Rechte  der  Templer;  sowie  der  folgende. 
NP  266.  —  A  496.  B  487.  ~  SS  H  ep.   12. 

684.    EpiBCopi  Fathensi.    »Habet  dilectonun*.    d.  o. 
NP  266.  —  A  496.  B  488. 

636.    Priori  Predicatorum  de  Urbe.    »Exposita  coram*.    P.  21924.    d.  o. 

NP  267.  —  A  497.  B  489.  B. 

636,    Caarolo,  Sicilie  regis  filio.    »Die  domenioo«. .  P.  219S9.  s.  d. 

NP  268.  —  A  498.  B  440.  4, 


Römische  Stadien  in.  589 

6S7.    Magistro  Militie  Templi.     »Tue  devotionis*.    d.  o. 
Beantwortong  eines  Beschwerdebriefes. 
NP  2ö9.  —  A  499.  B  441. 

688.  Episcopo  Babinensi  A.  S.  L.    ,Exurgat  Dominus*.    P.  21972. 

NP  260.  —  A  600.  B  442.  —  SS  I  ep.  20.  R. 

689.  Episcopo  Gathalaunensi.    »Dudum  in  minori*.    d.  o. 

Ueber  die  Zehntirage;  sowie  der  folgende. 

NP  261.  —  A  501.  B  448.  R.  1.  n.  117. 

640.  Archiepisoopo  Remensi.  »Etsi  Terre  Sancte*.  (1288)  20.  I.  Oryieto. 

NP  262.  —  A  502.  B  444.  R.  1.  IL  118. 

641.  Philippe  de  Lavena,  regio  in  Urbe  yicario.    »Fidedigna«.    P.  21956.    s.  a. 

NP  263.  -^  A  508.  B  445.  4. 

642.  Archiepisoopo  Rothomagensi.    >£tsi  nos  per*,    d.  o. 

Ueber  die  Zehntfrage. 
NP  264.  -T  A  504.  B  446. 
648.    Abbati  monasterii  Cerasiniengis.    ,Ez  parte  tua*.    d.  o. 
Dispens  Ton  der  Bomreise. 
NP  265.  —  A  505.  B  447.  R.   1.  IL  66. 

«  • 

644.  Regi  Francorum.    »libenter  excellentie*.    d.  o. 

Empfehlung  der  Cluniacenser. 
NP  266.  —  A  506.  B  448. 

645.  Episcopo  CasteUano.    »Refert  temporis*.    P.  22081.  ^ 

NP  268.  —  A  507.  B  449.  R.  u.  4. 

646.  Potesiati  ....  Anconitano.  »In  apostolice  sedis*.  P.  22082.  (»Dat.  ut  supra*.) 

NP  269.  —  A  508.  B  450.  4. 

647.  J(ohanni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Non  est  nobis*.    d.  o. 

Ueber  Belästigungen  des  Erzbischofr  yon  Tours;  sowie  der  folgende. 
NP  270.  —  A  509.  B  461. 

648.  Regi  Francorum.    »Non  est  nobis«.    d.  o. 

NP  271.  —  A  510.  B  452. 

649.  Regi  Sicilie.    »Per  tuas  nobis«.    P.  22088.  mit  »lY.  KL  Julii*. 

A  511.  B  458.  4. 

650.  UniTerdtatibus  .  . .  regni  Neapolitani.  »Quante  compassionis*.    P.  22042. 

A  512.  B  454.  4  u.  R.  1.  m.  C  25. 

Ausserhalb  der  Beihe  der  Epistolae  Notabiles. 

651*.  (aus  A  VII):   Regi  Anglie.    »Magnum  ad  Terre  Sancte«.    P.  22198.    s.  d. 

A  829.  (p.  29  ftlschlich  Gregor  X.  zugewiesen).  SS  I  ep.  17. 
652.    (aus  A  XI):  (Firmano?)  episcopo  A.  S.  L.    »Exiit  olim  de«,    d.  o. 

Tadel  wegen  seines  Vorgehens  in  Ungarn. 

A  410.  B  44. 
658.    (aus  A  rV):  Ad  certitud.  present.  et  mem.  futur.   »De  insurgentis*.  P.  21998. 

A  202.  B  45.  —  DV  806.  R.  u.  8. 

654.  (A  XII):  J<ohanni)  presb.  card.  A.  S.  L.    »(Jui  regna  transfert«.    P,  22061. 

A  411.  B  455.  R.  u.  2. 

655.  Eidem.    »Qui  regna  transfert«.     1288.  29.  VIIL  Orvieto. 

Ueber  die  Sidlian.  Vesper;  sowie  der  vorstehende  und  die  4  folgenden. 

A  412.  B  456.  R.   1.  HL  C.  8. 


590  Kaltenbrunner. 

656.  PrelaÜB  Frande.    »Solebat  bactenus*.    d.  o. 

A  418.  B  457.  &  1.  HL  c.  9. 

657.  J(ohaimi)  presb.  card.  A.  S.  L.    »Solebai  hacteniu«.    P.  21968.    &  d. 

A  414.  B  458.  --  SS  I  ep.  22.  R.  1.  111.  c  10. 

658.  Eidem.    »Super  negotio*.    d.  o. 

A  415.  B  459. 

659.  Begi  Francorum.    »Dilecti  filii  Gerardus*.    d.  o. 

A  416.  B  460. 

660.  Regi  Anglie.    »Decet  excellentiam*.    P.  22005.    b.  a. 

A  417.  B  461.  R.  0.  2. 

661.  Regi  Francorum.    »Petitiones  per«.     1284.  9.  I.  Orvieto. 

Ueber  die  Verleihung  de«  Reiches  Aragon;  sowie  die  drei  folgenden. 
A  418.  B  462. 

662.  J(ohamii)  presb.  card.  A.  S.  L.    »In  litteiis  apostolids*.     P.  2209S. 

A  419.  B  468  u.  560.  .  1 

668.    Eidem.  »In  quibusdam  artioulis*.  P.  22092.   (A  u.  B  464:  »Dat.  ut  supn'.) 
A  420.  B  464  u.  561.  t, 

664.  Eidem.    »In  litteris  apostolicis«.    P.  22094.    (»Dat.  ut  supra*.) 

A  421.  B  465  u.  562.  2. 

665.  Eidem.    »Novit  tua  discretio*.    1284.  9«  I.  (Orvieto). 

Ueber  Verwendung  des  französ.  Zehnten  zum  Aragon.  Kriege ;  sowie  der  flgde. 
A  422.  B  466. 

.666.    Eidem.    »Per  quasdam  nostras*.     1284.  10.  I.  Orvieto, 
A  428.  B  467. 

667.  Eidem.    »Quamquam  drca*.    »Dat.  ut  supra*. 

Sendung  des  M.  Egidius  zum  französiBchen  König;  sowie  der  folgende. 
A  424.  B  468. 

668.  Eidem.    »Sicut  per  alias «.     1284.  11.  L  (Orvieto). 

A  425.  B  469. 

669.  Eidem.    »Super  tuarum*.    »Dat.  ut  supra*. 

Ueber  gegen  ihn  im  heil.  Collegium  erhobene  Beschwerden. 
A  426.  B  470. 

670.  Regi  Francorum.    »Dilecti  filii  magistri*.    d.  o. 

Empfehlung  des  ihm  zugesandten  M.  Egidius;  sowie  der  folgende. 
A  427.  B  471. 

671.  EideuL    »Quanto  peisonam  regiam«.    d.  o. 

A  428.  B  472. 

672.  (A  XIII):  Regi  Aragonum.    »Dudum  propter«.  (P.  »In  eleotione«).  P.  23ISI. 

A  429.  B  559.  B. 

.678.   Eidem.    »Dudum  propter  iniustitias«.    P.  22182.    a  d. 

A  480.  B  568.  2  u.  R.  1.  IV.  c  lt. 

674.    J(ohanni)  presb.  card.  A.  S.  L.     »In  nosti»  litteiis«.    1284.  18.  V.  Orvieta 

Stellung  der  Kirchen  Aragons  zu  den  neugeschaffianen  VerhAltnissen. 

A  481.  B  548.  R.  1.  IV.  c  t;. 

(^75.    Eidem.  »Snbit  assidue«.  P.  22180.  (P.  »Negotio  quod«).  (A:  »Ulf.  Kon.«). 

A  4S2.  B  516.  B> 


RGmiflche  Stadien  UL  591 

676.  üniTeraiB  archiepisoopis  etc.  »Snbit  assidue«.  »Dat.  ut  supra«.  (1284.  4.  Y.) 

Die  franzöflisclie  Zehntfrage;  darüber  auch  die  8  folgenden. 
A  488.  B  549. 

677.  Univergis  ...  per  Regnum  Prancie.    »Solebat  hactenus«.    »Dat  ut  supra*. 

A  484.  B  560.  R.  1.  IV.  c  14. 

678.  JCohanni)  presb.  card.  A,  S.  L.    »Solebat  hactenus«.    »Dat,  ut  supra*. 

A  485.  B  551.  R.  1.  IV.  c,  15. 

679.  Archiepiscopo  Bisuntino.    »Solebat  hactenus«.    »Dat.  ut  supra«. 

A  486.  B  552.  R.  1.  IV.  c.   16. 

680.  Arcbiepiacopis  Viennensi  et  Tarantasiensi. » Solebat  hactenus *. »  Dat.  ut  supra  *. 

A  487.  B  658. 

681.  J(ohanni)  preeb.  card.  A.  S.  L.    »Solebat  hactenus«.    d.  o. 

A  488.  B  554. 

682.  Eidem.    »Solebat  hactenus«.     1284.  10.  V.  Orvieto. 

A  489.  B  555.  R.  1.  IV.  C.  17. 

688.    Eidem.    »Cum  decimam  omnium«.     1284.  15.  V.  Orvieto. 
A  440.  B  517. 

684.  Regi  Prancie.    »Ut  eo  efficacius«.     1284.  26.  V.  Orvieto. 

A  441.  B  518. 

685.  J(ohanni)  presb.  card.  A.  S.  L.     »Cum  noe«.     1284.  26.  V.  (Orvieto). 

Spedelle  Befugnisse  und  Weisungen  ftlr  den  Cardinallegaten. 
A  442.  B  519. 

686.  Eidem.    »Cum  in  Francie«.    A  448.  B  520.    »Dai  ut  supra«. 

687.  Eidem.     »Cum  in  Francie«.    A  444.  B  521.     »Dat.  ut  supra«. 

688.  Eidem.    »Ut eo efGcacius«.  A445.  B522.  »Dai  utsupra«.  (A:  1284. 26.V.Orvieto). 

689.  Eidem.    »Volentes  tuam«.    A  446.  B  528.    »Dat.  ut  supra«. 

690.  8.  Dionjsii  et  Compendiensi  abbatibus. » Volentes «.  A447.  B524. » Dat.  ut  supra«. 

691.  J(ohanni)  presb.  card.  A.  S.  L.  » Co  m  in  Fraacie  «.  A448.  B525.  » Dat.  ut  supra «. 

692.  Eidem.    »Ut  commissum«.    A  449.  B  526.    »Dat  ut  gupra^«. 
69S.    £idem.    »Ut  negotium«.    A  450.  B  527.    »Dat.  ut  supra«.    . 

694.  Eidem.  »Ut  negotium*.    A  451.  B  528.    »Dat.  ut  supra«. 

695.  Eidem.  »Cum  in  subsidium«.    A  452.  B  529.    »Dat.  ut  supra«. 

696.  Eident.  »Ut  commissum  tibi«.    A  458.  B  580.     1284.  18.  V.. Orvieto. 

697.  Eidem.  »Cum  tibi  per«.    A  454.  B  581.    »Dat.  ut  supra«. 

698.  Eidem.  »Cum  nnper«.    A  455.  B  582.     »Dat  ut  supra«. 

699.  Eidem.  »Discretioni  tue«.    A  456.  B  588.    »Dat.  ut  supra«. 

700.  Eidem.  »Ut  eo  efficacius«.    A  457.  B  584.    »Dat.  ut  supra«. 

701.  Eidem.  »Discretioni  tue«.    A  458.  B  585.     »Dat.  ut  supra«. 

702.  Eidem.  »Ut  eo  efficacius«.    A  459.  B  586.    »Dat.  ut  supra*. 
70C.  Eidem.  »Cum  tibi  per«.    A  460.  B  587.     1284.  26.  V.  Orvieta 

704.  Eidem.    »üt  eo  efficacius«.    A  461.  B  588.    »Dat.  ut  saprar 

705.  Eidem.     »Cupientes  ut*.    A  462.  B  589.     »Dat.  ut  supra«. 
700.    Eidem.    »Prosperum  tue«.    A  468.  B  540.    »Dat  ut  supra«. 

707.  Eidem.  »(him  tibi  per«.    A  464.  B  541.    »Dat.  ut  supra«. 

708.  Eidem.  »Discretioni  tue«.  *  A  465.  B  542.     »Dat.  ut  supra«. 

709.  Eidem.  »Cum  tibi  legationis«.    A  466.  B  548.    »Dat.  ut  supra«. . 

710.  Eidem.  »Cum  tibi  per«.    A  467.  B  544.    »Dat  utsupra«. 

711.  Eidem.  »Discretioni  tue«.    A  468.  B  545.    »Dat  ut  supra«. 


Kaltenbrunner. 
n.       rv.    A469    B646    1884. 28.  V.  Orvieto.    (A:.D«t.«t»P« '' 

71«.   Eidem.  .Cum  üb»«.  A  469.  B646    i  ^^  ^^  ^^, 

7ia.    Kidem.  .üummi^«»'-/*'«-°"    ^84.  1.  VL  Orvieto. 

714.  KSdem.  .Cum  dedmam*.    ^  *7»-  "        *        gg^,  jj.  V.  Orvieto. 

715.  Kidem.  .Cum  tibi  quem«.    ^^  472.  B  557.    1^«  ^^.. 

71«.    Eidem.    .Discretioni  tue«.    -^  *"•  ^2^^erv.l8.XU282biB«.18.V.l^84. 
7n-7aa.  l*u8AXY)-.IHeProce«  gegen  den  A«*.me 

P.  21947.  aaOlS.  22026.  22077.  ««ISSJäUl^  ^  ni.c.  12.19.8*.IV.c4.8. 

A  518-518.  B47S-478.  »■       ,,„,    25.  Xll.  Orvieto. 

728.    (A  XVIV.  Begi  SieiBe- ,  .0«-  ^^aigJn  Z^. 

Entreckung  der  ZiOduBg  des  »»ttndigen  i.  ^  ^ 


B.  8.  IQ.  IW. 


A  698.  B  505.  «.rfidoB«.     1284.  21.  I.  Orvieto. 

724.    Kpi«opo  O»««U«0     .Ad  revoo^  ^  ^^      ^^^ 

Die  Siciliaiiiaehe  Venper  betcelft«l.  aawi 


A  524.  B  506.  .»«»«Joa«      d.  O. 

785.    ArchiepiBCopo  JaBoenri.    .Ad  revocM*»  P««»     •  r.  i.  10.  c  42. 

A  525.  B  507.  •     4«      p    22095 

726.    Arcbiepifloopo  Narboncnri.    .Qiu»  ««»*         *  '  Ä. 

A  526.  B  508. 

Legitimation  für  den  Inqniait«r  Angelo  de  Reate. 

A  527.  B  509.  ^     p    22^05.     d.  o. 

728.  Anibaldo  poteatati  Viterbiena.    M^«^  aiia  .      •  l. 

A  528.  B  510. 

729.  EpiBoopo  BalneoregienBi.    .Oüm  in*.    P-  22115.  II 

A   529.  B  511.  ,.,.  .      p    OOU9. 

7«0.     Episeopo  Legionenai.    .Ex  parte  .eneraUb.'.    P-  ^-^^  r. 

A  5S0.  B  512.  ^«.iiißcoBcedendarumprelatiBregni-ui«. 

^-»-     >FormaUttßrarumperD.regeiaPortagalbecoiicea 

1284.  15.  V.  Orvieto.  B.  1-  IV-  !-• 

A  531.  B  518.  ,  Conradu8M984.1.XILPeruöJ* 

^^^-     Ck>,uitantiei«ietEiirt«tteBBiepiBCopiB..W^ 

lieber  die  SaUbnrger  Wabl.  B.  I.  IV.  S^ 

A.  588.  B  515.  ^-  Qu.I.ep.l8.  ^"•-- 

'"!•     ^i«^  88):  EegiAngUe.  .Caritotiefecunde«.?^«!««'-«-    ^P  ^^ 

'"*■     Priucipi  &^t«»»-    ''*''"':  t^dplr  von  Aragon.    c£  P.  «»«'• 
7  8^  XJebL  da.  DueU  zwi«Mien  Kar   und  P^  ^  ^^   „. 

7 al"      S«8i  AngUe.  .Quanto-  et  quam «^  ^.^^ V  U.  ep.  U.  ^  - 

,;*•      ^ide«^    .Exultat  in  Domino«,    y^^^^.]"  p.  81895.  foL  28'. 
^^  pert>etuam  rei  memonam.    . Wg»    ^    ^     ^^^  ^^ 


L 

O 


787. 


A-a  perpetuam  rei  memonam.    .^g^"  ^^ 

H«8i  Sie.    .Intor  cetera  d^^^^schotüand;  «wie  der  folgende. 

JoOioibafl  (regni  Scotie).    .liraves  uu 

Bonorioa  IV. 
7*o-_,  p„t«rv  Aragon«.Con8tantiaa.U.IV.u.«.V.uM. 

^^*S-  (aAXV):  DieP«>«»«8-^*^;^Ud.«. 

l».    22418.  22414.  22449.  und  .Dudum  feUclB  ^^, 


—  ^'  ^  ^  %s  m       ammm  ^  ^ 

519_522.  B  601—504. 


Römische  Studien  III.  593 

744.  (ans  A  XVI):  Marie  pnncii>e88e  Salemitane.    »Concnrrit  ex*,    d.  o. 

Trost*  fiber  das  Missgeschick  ihres  Gatten. 
A  588.  B  514. 

745.  (B  XiU) :  Ad  perpetuaita  rei memoriam.  »Jnstitiaet  pax*.P.  22291.  ep.496.R.a.l. 

746.  Ad  perpetnam  rei  memoriam.  »AdtoUendninde^P.  22289.  ep.497.  4n.B.I.95. 

747.  Ad  perpetuam rei  memoriam.  , Dilectus  fiüus nobilis*.  P.  22290.  ep.  498.  R.  u.  1 . 

748.  G(erardo)  episcopo  Sabinensi  etc.  » Quam  gravis  *.  P.  22298 .  ep.  499.        R.  u.  4. 

Die  Briefe  des  Berardus. 

749.  Regi  Navarre.     »Regie  magxdtudinis*.    publ.  Delisle  p.  91  aus  NP. 

NP  16.  NV  16.  NO  4.  —  B  674.  -  DV  434.  DP  S42. 
760.    Magistro  Johanni  de  Castello.    »Si  iuxta  sapientis*. 
NP  26.  NO  881.  —  NY  888. 

751.  (Ghregorio  X.)    »Angelica  iunioris  Tbobie*.  publ.  Delisle  p.  101  aus  B. 

NP  71.  NV  81.  NO  169.  —  B  880.  —  SS  II  ep.  8. 

752.  Landnlfo  Caraczulo  nepoti  suo.    »Scio  amantissime*.    (P.  21781). 

NV  164.  :^0  216.  —  B  847.  —  DV  486.  DP  396. 
75S.    Prioribus  Domus  Gisterciensis.    »Si  mei  desiderii*. 
NP  188.  NV  166.  NO  278.  —  DV  871.  DP  836. 

754.  NobiU  viro  Riccardo.    »Desideramus  in*,    publ.  Delisle  p.  99  aus  NP. 

NP  267. 

755.  (Schiedsspruch).    »Orta  inter  discretos*.    publ.  Delisle  p.  117  aus  B. 

A  198.  B  187. 

756.  Regi  Anglie. » Urget  fidelitatis  debitum  *.  SS  I  ep.  2 1 .  (gedr.  MartöneA.C.lI.  1 299). 

757.  Principi  ezcellenti  (Carole  II.  regi  Sidlie).  »Joconditateplenos*.  SSfol.26. 

Uebersieht  der  Varia,  soweit  eie  in  der  Sammlung  selbst  fehlen« 

1)  Orientali a. 

a.  DV  2  6  7  —  298.  (cf.  p.  72)  Innocenz  III.  (267—277):  P.  2498.  —  2574.  — 
Episcopis  ap.  Gonsiant.  constitutis  >£vangelia  docente*.  —  P.  2468.  —  59^ 
60.  —  61.  —  62.  —  68.  —  65.  —  2518.  —  ?  (278—280):  Archiepisoopis  .  .  . 
per  Frandam  »Multipharie*.  —  Petro  S.  Marcelli  presb.  card.  »Potestati 
per*.  —  Archiepiscopo  Lugdunensi  »Quod  potestatem*.  ~  Alexander  III. 
(281):  Instructio  fidei  catholicae  ad  Soldanum  Iconii.  (auch  DL  Varia  1). 
—  Clemens  V.  (282):  Urosio  regi  Rascie  »Benedictus*.  —  ?  (283):  Archi- 
diacono  Gonstantinopolitano  »Sicut  organici*.  —  Innocenz  III.  (284—288): 
Episcopis  in  exercitu  orucesignatorum  »Legimus  in  Daniele*  (P.  2499?).  — 
P.  2673.  —  Apost.  Sed.  Legato  »Leviathan  coluber*.  —  Regi  Ungarie  »Satis 
acut*.  -*  Eidem  ,Non  tarnen*.  -«-?  (289—298):  Potesiati  et  communitati 
»Angelus  pads  in  Greciam*.  —  £isdem  »Sperantes  et  merito*.  —  Eisdem 
yAngelus  pacis*.  —  Archiepiscopis  etc.  »Dilatum  est*.  —  Episcopo  Tus- 
eulano  »Pateime  pietatk*. 
b.  NV  3  61  — 8 &6.  DL  2 --7:  Clemens  IV.?  Regi  et  populo  Tartarorum 
>Dei  patris*.  —  Eisdem  ,Cum  non  solum*.  —  Berke  (Berbe)  principi  Tar- 
taromm  »Etsi  extra  catholicam*.  Aus  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahr- 
hunderts :  Episcopo  Urbevetano  »Super  recondliatione*  (nur  NV).  —  Eidem 
yBenedictus  Dens*.  —  Imperatori  Grecorum  »Resplenduit*.  —  Prelatis  et 
dero  Grecomm  »Matutinum  lucescente*  (nur  DL). 

SfitthsOimfeii  Vn.  88 


594  Kaltenbrnnaer. 

2)  DP  401  —  440.    DV  891—429.    Aus  der  Zeit  Nicolaus  lY. 
PoteBtati  Januenai»  ApprobatederotioniB  *. — RegiAbunannie  »  Oeminumbonum'. 

—  Epifloopis  Portngallie  »8i  lex  Christi*.  —  Episcopo  BeWacenai  »Insolertk' 
(auch  NY  844).  — Regi  Fiancorum  »Ad  tuam  fili«.  —  P.  2S10S.  --P.28110. 

—  Archiepisoopo  Magnntino  »Nimk  moleste*.  —  Begi  Francorum  »Yenieai 
nuper «.  —  Abbau  maioris  monast.  Turonensis  »Ad  fructus*.  —  Qu.  Ord.  Piaed. 
Laudavend  electo  »BudumLaadaTensis*.  —  Preoeptoribus  IL  Templi  »OmeB- 
cere*.  —  Regi  iVaucorum  »In  noetra  constituti*.  —  Dud  Yenetomm  »kter 
cultores*.  —  Magistro  Dom.  S.  Marie  Theut.  in  Prusda  »Altas  et*.  —  E 
Dalphino  Yiennend  »Turbamur*.  —  Archiepiscopo  Bremend  »Quoniani  eo]o- 
gium*.  —  Begi  Francorum  »Meutern  regiam«.  —  Eidem  »Habet  assertio*.  — 

Eidem  »Yenerabilisfratris*.  —  Regi  Anglie  »Est  de  celdtudine* Oapituieb 

gentis  in  ultramarinis  partibus  »Gratam  devotioni*.  —  Regi  Fraacorum  »A  le- 
gali  memoria*  cf.  P.  22719.  —  P.  22719.  —  Prindpease  Salemita&e  »Cum 
detento*.  —  8.  Gedlie  presb.  card.  »Ad  repellendaa*.  —  Ardiiepiaoopo  Be- 
mend  »Ad  reprimendas*.  —  Regi  Francorum  »Manet  noatroS  —  J(ohAimi) 
8.  Gecilie  presb.  card.  A.  8.  L.  »Inter  ceteraa«.  —  Regi  Romanoram  »Actnt 
tuos*.  —  Regi  Francorum  »Nuper  celdtudini*.  —  Marchioni  Montiaientti 
»Etd  quaslibet«  cf.  P.  22786.  87.  —  P.  22869,  —  J(ohanni)  8.  Gedlie  presK 
card.  »Habet  in  nobia*.  —  Episcopo  Baiocend  »Pridem  tibi*,  —  Regi  Fnui* 
corum  »Dudum  per«,  —  Archidiacono  ,  ,  .  Yoglend  »Inatitatam  divinitoß* 

—  Abbat!  8.  YedaBti»Licet  circa*.  —  Regi  Francorum  »Infnaam  a  Deo*  c£ 
P,  22869,  —  P.  22881, 

3}  DY  498  —  502.  Wahlanzeigen  u.Wahlakten.  ausammengeatelltp.?!. 
im  Anschluss  an  die  in  A-B  stehenden  Akten  Qregor  X.  DY  50S— 505. 
dazu:  DL  Yaria  10:  Notarius  ad  papam  »Quantum  pater  sancte*. 

4)  DY  50  6  —  517.    Encyclicae.    zusammengestellt  p.  71. 

im  Anschluaa  an  die  in  N  atehende  Encyclica  Nicolaua  HI.  DY  507. 
dazu:  DL  Yaria  11— IS:  Encyclicae  Innocenz  Y,  Johann  XXI,  Alezander IV. 

5)  DY  S68.  869.  Auaachreiben  d.  Concila  y.  Yienne  d.  Clemens  V. 
Archiepiscopo  Neapolitano.    Regi  Francorum:  »Regnana  in  celo*. 

im  Anschluaa  an  die  Gruppe  »de  concilio  Lugdunend*  DY  857—867. 

6)  Proceaaakten.  ▼orgeatelltdeminAatehendenP.20712=rDP444.DYS86.l8;. 

a.  DY  875-882:  Akten  des  Templer-Proceaaea. 

b.  DP  441.442.  DY 888. 884:  InnocenzlY.?  »8ammi  proyidentia  undP.inU. 
c  DP 448.  DY885.  Clemena  lY :  »Nephandum et  horrendum*.  Y.  Raiynaldl267.S0. 

7)  DY  482.  CanoniaationsbuUe  Ludwig  IX.    P.  24561. 

im  Anachluaa  an  die  in  N  atehende  Canoniaation  Richarda  v.  Chicheatie  DY4S0.4S  I . 

8)  DY  804.  80  5.  Sicilien  betreffande  Briefe,  wahracheinlich  von  Innooenz  IV. 
Univerda  » In  maria  amplitudine  *.  —  Archiepiacopo  Lugdunend  »  Regnum  Sicilie  *• 

9)  DY  490  —  497.  Briefe,  Bolognabetreffend,  vonClemenaV.(od.VI?) 
A.  P.  R.  M.  »In  omnem  terram*.  —  Decano  . . .  Pictayiend  »AdveiBai  qocm- 
dam*.  —  »Populo  .  .  .  Bononiend  »Ab  olim  Romana*.  —  Azclhiepiaeopo . . . 
Bononiend  »Ab  olim*.  —  Populo  .  .  Bononiend  »Inter  popoloa*.  —  Aidü- 
epiacopo  Ravennati  etc.  »Zelus  fidei*.  —  Populo  •  .  .  Bononiend  »Sauoi?* 
—  Eisdem  »De  sacrario*. 

10)  NY  8  5  7  —  860  und  DL  Yaria  9.    Im  Anachluaa  an  Briefe  aemena  IT. 
iquimur  ex*.  —  Nato  R.  Regia  »Horrenda  hunuuiia*.  ^  Bagi 


Römische  Stadien  IIL  505 

»Qaod  corde*.  (Clemens  IV.)  —  Prioribus  Ord.  Praed.  »SiimmnB  Orbia«.  — 
DL:  ?  »ChriBti  sponsam*. 
11)  Briefe  ausAyignon,  meistpolit.  Inhalts.  2.  Hälfted.  14.  Jahrh. 

a.  NV  291—387:    Carolo  Imperatori  »Hec  fama*.  ~  Eidem  »Amara  nimis*. 

—  Eidem  »Quamquam  dilectus*.  —  Eidem  »Sicut  per  alias*.  —  Eidem 
»Tanta  fili*.  —  Johanni  regi  Francomm  »Attendentes«.  —  Eidem  »Per- 
starepit*.  —  Eidem  »Constitutis  in  yalle*.  —  Ludovico  regi  Sidlie  »Quid 
peperit«.  —  Eidem  »Licet  adversis*.  —  Eidem  »Anxiat  nos*.  —  Eidem 
»Littere  tue«.  —  Ludovico  regi  Ungarie  »Dudum  in  assumptione*.  —  Eidem 
»Licet  fili*.  —  Eidem  »Quanta  te  fili*.  —  Regi  Navarre » Quanta  sit  fili*. 

—  Regi  Castelle  ac  Legionis  »Si  diligenter*.  —  Hugoni  regi  Cypri  »Fre- 
quenter  apud*.  —  Johanni  Paleologo  »Yenerabilis  firater*.  —  Blanche  regine 
Cafltelle  »Super  angustüs*.  —  Ck)n8iliarii8  regis  Castelle  »Qnamquamuniendi«. 

—  Edwarde  regiAnglie  »Quamquam  fiii*.  —  Edwarde,  primogenito  regis 
Anglie»Quamquam  fili*.  —  Eidem  principi  »Yenerabilis  frater«.  —  Earolo, 
primogenito  regis  Francomm  »Audita  nnper*.  —  Tallayrando  episcopo 
Albanensi  »Tanta  nos*.  —  Eidem  »Testis  nobis  est*.  —  Eidem  »Inter 
angostias*.  —  Nuntiis  apostolicis  »Dolemus  utiqae*.  —  ?  »Quamquam  in 
republica.*  —  Egidio  episcopo  Sabinensi  »Multi&rie«.  —  Eidem  »Admonet 
nos*.  —  Constantin.  et  Aqoilegensi  ac  Gradensi  patriarchis  »Antiquorum 
seryayit*.  —  Consilio  .  . .  Urbis  »Semper  in  conspectu*.  —  Communi  civi- 
tatis Peru8ine»0ccurrit  frequenter*.  —  Consilio  . .  .  Spoletano»8i  yeiasunt*. 
A.  F.  K  M.  »Omnis  culpa*  und  »Solent  penrese  mentes*.  (epp.  S29~SS2 
MissiYae  aus  Avignon).  Tallayrando  episcopo  Albanensi  »Quamquam  ille*. 

—  GniUelmo  S.  Marie  in  Cosmedin  diac.  card.  »Licet  fili*.  —  Comiti . . . 
»Audiyimus  cum  displicentia*.  —  Rogerio  de  Pinibus  »Quantum  eipedit*. 

—  Roberto  imperatori  Constantinopolitano  »Multorum  de*.  —  Guillelmo 
8.  Marie  in  Cosmedin  diac.  card.  »Mare  mundi*. 

b.  NV  S45— 850:    (Imperatori)  »Inefi&bilis  nobis  est*.  —  ?  »Inter  ceteros  fili*. 

—  ?  »Si  Anna  discessum*.  —  (Communitati)  »Sicut  sedes*.  —  Potestati . . . 
Pisano  »Qui  corda  fidelium*.  —  Preposito  »Cum  dubitares*. 

c.  NV  S64— 866:  Regi  Aragonum  »Ut  erga  d.  f.  Jaoobum*.  —  Eidem  »Di- 
lectos  filius*.  —  Universi*  patriarchis  ....  per  Italiam  et  Ungariam  con- 
stitutis (nur  mehr  die  Adresse). 


Benützung  der  Sammlung. 

Frühzeitig  schon  hat  die  Sammlung  der  historischen  Forschung 
Dienste  geleistet.  Schon  Bajnald  benützt  sie,  aber  nur  in  NO,  Yon 
dem  er  ausdrücklich  sagt,  er  enthalte  zahlreiche  im  Vaticanischen 
Register  fehlende  Papsibriefe.  Die  Handschriften  des  Vaticans  hat  er 
Jedoch  nicht  ausgebeutet,  obwol  er  den  DY,  auf  den  er  in  NO  mit  zahl- 
reichen Bandnoten  verweist,  kannte.  Auch  Baynalds  Vorgänger,  Bzovius, 
welcher  in  seiner  Fortsetzung  der  Annales  Ecclesiastici  des  Baronius 
die  Begister  benützte,  hat  dieselben  und  desgleichen  den  NO  un- 
beachtet gelassen.  —  Wahrscheinlich  durch  die  vielen  Citate  Baynalds 
Aufmerksam  gemacht,   hat  dann  auch  der  Verfasser  des  .BuUarium 

88* 


596  Kaltenbrunner. 

Franciscanum',  Sbaralea,  den  NO  herangezogen.  Allerdingd  bedient 
er  sich  meist  bei  dessen  Briefen  der  Drucke  bei  Baynald,  wie  ans 
seinen  Citaten  des  Codex  mit  dem  Zusätze  «apud  Bajnaldum'  zu 
schliessen  ist;  in  zwei  Fällen  aber  geht  er  doch  auf  denselben  selbst 
zurück,  nämlich  bei  P.  21167,  den  Bajnald  nur  fragmentarisch  und 
er  erst  vollständig  druckt,  und  bei  P.  21253,  dessen  Vorhandensein 
im  Codex  Baynald  nur  vermerkt,  während  er  ihn  abdruckt^).  Der 
nächste,  bei  dem  wir  NO  begegnen,  ist  der  Yerfiasser  der  «Historia 
di  Fiacenza*,  Pietro  M.  Campi;  während  es  aber  feststeht,  dass  er 
die  Register  selbständig  benützt  hat,  macht  wol  der  Umstand,  dass 
sich  unter  den  zahlreichen  Briefen,  die  Campi  dem  NO  entnommen 
haben  will,  kein  einziger  findet,  der  nicht  auch  im  Baynald  steht, 
es  wahrscheinlich,  dass  er  sich  nur  dessen  Drucke  bedient  habe.  Sieher 
wieder  ist  die  Benützung  des  NO  von  Seite  Mabillon's,  der  i.  J.  1685 
eine  Anzahl  auf  französische  Geschichte  bezügliche  Abschriften  aus 
ihm  anfertigte,  die  nachher  gs^z  oder  zum  Theil  von  Martine  and 
Durand  gedruckt  worden  sind^).  —  In  neuerer  Zeit  hat  Ficker  ihm 
einige  Abschriften  entnommen,  die  zimi  Theil  in  seinen  Acta  imperü, 
zum  Theil  von  Busson  im  Anhang  zur  .Doppelwahl  des  Jahres  1257' 
abgedruckt  sind,  und  endlich  hat  Posse  in  den  „Analecta  Yaticana* 
eine  beträchtliche  Anzahl  seiner  Briefe  in  Auszügen  mitgetheilt 

Unter  den  Vaticanischen  Handschriften  ist  A  am  meisten  ausgebeutet 
worden,  wenn  es  auch  nur  zwei  Männer  sind,  bei  denen  wir  seine 
Benützung  mit  Sicherheit  nachweisen  können^).  Der  erste  von  ihnen 
ist  Palacky,  welcher  in  seiner  , Italienischen  Reise"   eine  bedeutende 


1)  Auch  Sbaralea  sind  die  Vaticanischen  Handschxiften  verborgen  geblieben, 
obwol  er  die  Register  selbständig  benutzen  konnte,  und  dasselbe  ist  der  FkÜ 
bei  seinen  Vorläufern  in  der  Herausgabe  der  Bullarien  der  Minderbrttder,  Wad- 
ding und  EipoU,  von  denen  wenigstens  der  erste  auch  direct  das  Registnim  aus- 
beutet Sie  benützen  auch  NO  nicht,  sondern  entlehnen  nur  desBen  Briefe  dem 
Raynald.  ')  Im  zi^eiten  Bande  der  Ampliamwin.  CoUeeüo.  In  welchem  Maasn* 
Mabillon  den  NO  ausgebeutet  hat,  vermag  ich  nicht  anzugeben:  im  Husaua 
Italicum,  wo  er  I.  66  ff.  über  den  Besuch,  der  ValliceUiana  berichtet,  führt  er  die 
Handschrift  nicht  an.  Martene  gibt  nur  P.  19741.  20657.  21400.  21401.  •)  Viel- 
leicht hat  schon  Garampi  den  A,  dem  er,  wie  wir  pag.  2S  sahen,  groMen  Werft 
beimass,  für  historische  Zwecke,  wenn  auch  ohne  Erfolg,  durchgesehen,  nfanli^ 
für  die  »Argumenta  litterarum  apostolicarum  in  Archiido  secieto  VatieaiioN 
welche  i.  J.  176S  an  Freiherm  v.  Oefele  überschickt  wurd^.  V,  Deutinger,  Bei- 
träge zur  Geschichte  .  .  .  von  München-Freising  U.  152.  Unter  allen  von  I>e&- 
tinger  aus  dieser  Arbeit  Garampis  gegebenen  Fapstbriefen  findet  sich  nur  P.  2105:> 
in  der  Berardussammlung,  aber  nicht  in  A,  sondern  nur  in  NO  vor;  er  sldkt  ate 
auch  im  Registrum  A.  IV.  ep.  cur.  14|  und  wird  als  ep.  74  desselben,  d.  i 
nach  der  die  Serien  überspringenden  Numerirung,  von  Dentinger-GanuBoiitt  dtirt' 


BömiscÜe  Studien  DI.  597 

Anzahl  Briefe  im  Auszuge  mittheilt  und  die  Handschrift  selbst  einei* 
Beschreibung  unterzieht  0*  Aus  den  von  ihm  erworbenen  Abschriften 
haben  sodann  Erben  und  Boczek  in  ihren  ürkundenwerken  die  in 
ihr  Gebiet  fallenden  Briefe  in  extenso  veröffentlicht.  In  grösserem 
Umfange  hat  dann  Theiner  den  A  benützt,  sowol  für  seinen  ,  Codex 
diplomaticus  dominii  temporalis  '^ '),  als  auch  für  die  „  Monumenta  historica 
Hungariae*'),  aus  welch'  letzteren  zahlreiche  A-Briefe  in  die  .Monu- 
menta Hungariae  historica*   der  kgl.  Akademie  übergegangen  sind^). 

Von  den  Handschriften  der  Vaticanischen  Bibliothek  hat  den  DV 
nur  Ficker^),  den  NY  nur  der  päpstliche  Archivar  Zaccagni  in  seiner 
1709  anonym  erschienenen  Schrift  .Dissertatio  historica  de  summo 
A.  S.  imperio  in  urbem  comitatumque  Comacli'  benutzt^). 

unter  den  französischen  Handschriften  haben  nur  NP,  DP  und 
SS  der  Forschung  bisher  Material  geliefert.  Die  Benützung  der  ersteren 
lässt  sich  mit  ziemlicher  Sicherheit  nachweisen  bei  Duchesne  ^  Histoire 


')  Palackj  bezeicimet  hiebei   den  A  als  OriginalhandAchrift  des  Berardus. 
')  Theiner  ist  der  einzige  curiale  Schriftsteller,   bei  dem  sich  mit  Sioherheit  die 
Benützung  des  A  nachweisen  lässt.    Möglich  wäre  sie  bei  Stefeno  Borgia,   der 
in  seiner  »Difesa  del   dominio  temporale  Borna   1791  <   P.   18440  »dal  archivio 
segreto  Vaticano*  abdruckt.    Ob  sich  der  Brief  im  Registrum  Urban  IV.  findet, 
und  wenn,  ob  Borgia  diesem  den  in  A  befindlichen  Brief  entnahm,  yermag  ich 
nicht  anzugeben ;  das  erstere  aber  ist  deshalb  nicht  wahrscheinlich,  weil  Raynald 
ihn  aus  NO  druckt,  und  gegen  das  letztere  scheint  zu  sprechen,    dass  Borgia 
gleich  darauf  bei  Briefen  Benedict  XI.  und  Johann  XXII.  das  Register  ausdrück- 
lich citirt.  Sicher  hat  Borgia  in  seinem  andern  Werke  »Breve  istoria  del  dominio 
temporale  Roma  1789*,  in  dem  sich  die  in  der  Sammlung  stehenden  P.  19217  und 
19434  abgedruckt  finden,   den  A  nicht  benützt.  —  Auch  von  keinem  anderen 
Italiener  lässt  sich  dies  nachweisen,  im  besonderen  nicht  yon  Campi  und  Ughelli, 
welche  die  Register  selbständig  ausbeuten  konnten.        *)  Dagegen  findet  sich  A 
in  den  drei  andern,  analog  angelegten  Urkundenwerken  Theiners  für  polnische, 
südslavische  und  schottische  Geschichte  nicht  benützt.    Die  wenigen  Berardus- 
briefe,  die  in  ihnen  stehen,  (P.  2166C«—  2l26ö.  —  20920.  20925),  finden  sich  auch 
im  Registrum  und  sind  diesem  bei  Theiner  entnommen.        ^)  Die  im  vorigen 
Jahrhundert  in  Rom  arbeitenden  Ungarn,  Peterffey,  Koller  und  Graf  Bathyany 
(freundliche  Mittheilung  Dr.  Eärolyi^s)  haben  die  Berardushandschriften  nicht  be- 
nützt. —  Dasselbe  gilt  yon  den  in  Betracht  kommenden  nordischen  Urkunden- 
sammlem,    nämlich  den  Herausgebern   des  Diplomatarium  Nonregicum:   Lange» 
Unger  imd  Huitfeldt  und  von  Munck,  der  A  auch  nicht  gesehen  zu  haben  scheint« 
sonst  hätte  er  wol   neben   der  Archiv-Handschrift  des  Marino  de  Eboli  (Munck- 
Löwenfeld  p.  52)   seiner  Erwähnung  gethan.   —  Auch  G.  H.  Pertz,  der  ihÄ  im 
Archive  sah,  hat  ihn  unausgebeutet  gelassen.        ^)  Für   die  Acta  imperii;  aus 
Fickers  Abschrift  hat  femer   Bussen  a.  a.  0.  zuerst  und   einzig  P.  21054  ver- 
öffentlicht. ^)  Zaccagni  hat  aus  NY  die  wichtigen  Briefe  P.  21092.  21098. 
21107.  21108.  21181.  21187  zuerst  publicirt.    Theiner  hat  sie  dann  aus  A,   der 
entachiedeji  bessere  Texte  hieiür  liefert,  wiederholt. 


598  Kaltenbrunner. 

g^neal.  de  la  Maison  des  Chasteigners*'  (1634)  und  bei  Marlot  .Me- 
tropolis Bemensis  Historia*'  (1666)^).    Die  beiden  letzteren  sind  ?oil 
den  Maurinern  ausgebeutet  worden :  zuerst  von  Mabillon^  der  aus  SS 
eine  beträchtliche  Anzahl  Briefe  abschrieb,   welche  dann   zusammen 
mit  jenen,  die  er  dem  NO  entlehnt  hat,   von   Martene  und  Durand 
im  2.  Bande  der  Amplissima  CoUectio  publicirt  wurden^).     Dieselben 
haben  dann  für  den  7.  Band  dieses  Werkes  DP  in  ausgiebiger  Weise 
benützt,  indem  sie  ihm  fast  die  ganze  Gruppe  «de  unione  Grecorum* 
entnahmen^).  —  Endlich  haben  wir  auch  einer  französischen  Hand- 
schrift zu  gedenken,  welche  auf  die  Berardussammlung  unzweifelhaft 
zurückgeht,  nämlich  des  Cod.  Colbert.    1545  Beg.  3896  der  Pariser 
Bibliothek,  den  Potthast  zuerst  in  der  Sedisvacanz   yor  Nicolaus  HL 
citirt.    Hiemach  enthält  er  auf  fol.  63'— 67'  folgende  Briefe:  fol.  63' 


')  Ducbesne  druckt  fragmentanBch   P.   20978  aus  »Eztrait  d'ua  Begisk« 
des  Epistres   du  Pape  Gregoire  X,   qui  est  en  la  Bibliotheqne  de  Monsiear  de 
Thou«,  und  Marlot  P.  18442.  18756.   21891  ,ex  yeteri  Ms.  Codice  Bibliothecae 
Thuanae*.    Delisle  weist  nun  von  NP  nach,  dass  er  sich   in  dieser  Bibliothek 
befunden  habe,  und  es  kommt  noch  hinzu,  dass  in  den  Drucken  bei  Marlot  die 
Behandlung  der  Datirung  bei  den  drei  Briefen  genau  dieselbe  ist,  wie  in  NF. 
Beim  Citate  Duchesne's  kann  an  einen  Auszug  des  jetzigen  Regiaterbandes  Gregor  X. 
nicht  gedacht  werden,  da  sich  der  betreffende  Brief  nicht  in  ihm  findet.      *)  Die 
Herausgeber  citiren  die  Handschrift  als  »Ms.  Colbert* ;  man  könnte  also  auch  sä 
NP  denken,  der  nach  Delisle  ebenfalls  in  der  Biblioth^ue  Colbert  gewesen  ist 
Aber  sie  bringen  nur  Briefe,  die  in  SS  stehen,  während  doch  NP  eine  bedentend 
reichere  Ausbeute  dargeboten  hätte,  und  überdies  solche,  die  in  NP  nidht  steheo. 
—  Mabillon  hat  den  SS  auch  ftir  Briefe  Friedrich  H.   und  des  Petms  de  Xiaäi 
verwerthet,  welche  Arbeit  in  demselben  Bande  der  Amplissima  CoUectio  nieder- 
gelegt ist.        >)  Der  meisten  Handschriften  geschieht  auch  in  Reisebericliten  £i- 
wfthnung:  Pertz  f^hrt  Ar  eh.  V.  448  das  Vorhandensein  von  A  und  DY  an,  \aX 
sie  aber  f&r  seine  Sammlung  nicht  ausgebeutet,   da  er  sie  ftlr  Auszüge  aus  dem 
Registrum  hielt  (vgl.  auch  p.  88).    Den  DV  führt  dann  wieder  Bethmann  Aitk 
XII.  242  an  und  gedenkt  ibid.  257  auch  des  NV  unter  der  Bezeichnung  »EpistoW 
Pontificum*.    Dagegen  ist  beiden  Forschem  der  NO  verborgen  geblieben;  iha 
unterzieht  aber  Dudick,  Iter  Romanum  I.  25  einer  auch  auf  den  Inhalt  eingebfiB- 
den  Beschreibung,  ohne  ihn  aber  als  Handschrift  des  Berardus  zu  erkennen,  ob- 
wol  er,  gestützt  auf  die  Randnoten  Raynalds,  auf  d^n  DV  verweist  —  Von  dai 
französischen  Handschriften  wird  NP  von  Pertz   Arcb.  VII.   48   und  8S  ibid.  Tv 
erwähnt,   wo  auch  des  Paris.  8581  gedacht  wird.    In  DP  vermuthe  ich  den  voa 
Pertz  Arch.  VHI.  296  unter  der  Signatur  8.  Germain  fran9aiB-Harlay  n*  S95  di£ 
gef^&hrten  Codex,  denn  derselbe  be&nd  sich  nach  Delisle  einst  im  Besittt  Harlzp 
und  der  Abtei  St.   Germain  des  Prds.    Unerwähnt   und  unbenutzt  blieben  ^ 
Delisle  nur  B  und  DL.  —  Der  Artikel  »Bemardus  de  Neapoli«  bei  Osterlej  Weg- 
weiser  1.  9  wirft  unsem  Berardus  mit  einem  Bemhardus  saec.  XH  znaammcfi. 
über  dessen  schriftstellerische  Thätigkeit  Wattenbach  Arch.  f.  K,  Ost  G,  XIV.  K 
und  Auz*»iger  f.  K.  d.  V.  XVI,  189  handelt. 


Römische  Studien  UI.  599 

P.  21272;  fol.  64  P.  21252.  53;  fol.  65  P.  21254.  55;  fol.  66  P. 21251. 
21731.1)  21258;  fol.  67  P.  21732.  33.  21273.«)  Da  ist  jedoch  eine 
Correctur  dahin  vorzanehmen,  dass  der  den  Beginn  machende  P.  21272 
Nieobius  III.  abgesprochen  und  mit  Johann  XXI.  P.  21249  zusammen- 
gelegt wird*);  dann  haben  wir  aber  in  geschlossener  Keihe  die  letzten 
11  Briefe  von  TL  U  der  Dictamina  (DP  390—400  DV  479—489) 
Yor  uns.  Da  ist  nun  an  den  Zusammenhang  des  Codex  mit  denselben 
umsowenlger  zu  zweifeln,  als  alle  Briefe  in  ihm  sowie  in  jenen  un- 
datirt  sind,  und  zwar  lässt  sich  aus  dem  umstände,  dass  Potthast 
weder  Yor-  noch  nachher  den  Codex  citirt,  schliessen,  dass  wir  es  mit 
einer  auf  die  fünf  Blätter  beschränkten  partiellen  Copie  einer  D-Hand- 
schrift zu  thun  haben. 

Sonstige    üeberlieferung  der  Briefe. 

Diese  der  Sammlung  zu  Theil  gewordene  Ausbeutung  tritt  in,  den 
Regesten  Potthast's  zu  Tage.  Es  befinden  sich  aber  unter  den  bei 
ihm  verzeichneten  Briefen  derselben  viele,  welche  auch  aus  andern 
Quellen  geflossen  sind  oder  in  solchen  nachweisbar  sind,  und  wir 
müssen  nun,  wollen  wir  die  Sammlung  als  historische  Quelle,  so  weit 
sie  bisher  der  Forschung  dienstbar  gewesen  ist,  richtig  würdigen, 
diese  Briefe  von  den  einzig  durch  Berardus  überlieferten  scheiden. 
Die  Zahl  der  letzteren  ist  120,  während  204  von  den  324  in  Potthast 
enthaltenen  Briefen  auch  andere  Provenienz  aufweisen.  Dieselbe  gliedert 
sich  in  zwei  grosse  Oruppen;  sie  geht  nämlich  entweder  direct  oder 
indirect  auf  das  Yaticanische  Begistrum  zurück,  oder  sie  beruht  auf 
Empfänger- Archiven ,  also  entweder  auf  üeberlieferung  in  urkund- 
licher Form,   oder  auf  Handschriften,  die  ihr  Material  aus  den  in  die 


*)  Dieser  Brief  ist  übrigenB  aus  Potthast  zu  streichen,  denn  er  gehört  nicht 
NicolauB  in.  an,  sondern  ist  ein  Privatbrief  des  Berardus  (n®  752),  der  seinen 
Neffan  Londulfus  Ckraccioli  über  den  Tod  seines  Vaters  tröstet.  Ein  Bruchstück 
yon  ihm  ist  (ans  NO)  abgedmckt  bei  Rajnald  1277.  19,  der  schon  erkannte, 
daas  der  Brief  von  keinem  Papste  geschrieben  sein  könne ;  nun  wird  durch  die 
Sammlung  die  Autorschaft  des  Berardus  sicher  gestellt,  zumal  da  sich  auch  sonst 
die  YerwandtschaA  desselben  mit  dem  Geschlechte  der  CaracdoU  nachweisen 
Iftflst  Abgefiisst  ist  er  wahrscheinlich  in  der  Sedisvacanz  nach  Johann  XXL,  auf 
dessen  jähes  Ende  die  von  Baynald  mitgetheilte  Stelle  hinweist  ')  Von  diesen 
Briefen  sind  P.  81782.  21788  ungedruckt  P.  21878  ist  aus  dem  vorliegenden 
CodeoL  von  Baluze  Conc  Galliae,  die  übrigen  sind  Ton  Rajnald  aus  NO  pubüdrt 
*)  Das  Regest^  welches  Potthast  unter  n®  81272  aus  dem  Codex  gibt,  pasrt  voll- 
ständig auf  den  bei  Raynald  1277.  12  gedruckten  Brief  Johann  XXL,  den  Pott- 
hast unter  Xk9  21249  verzeichnet  Dass  er  diesem  und  nicht  Nioolaus  IIL  an- 
gehört» beweist  seine  Stellung  in  NY»  in  welchem  unter  n^  149—158  erst  nadi 
ihm  die  Briefe  aus  der  Sedisvacanz  vor  Kioolaus   III.  folgen.  (Verz.  n^  478). 


600  Kaltenbrunner. 

Hände  der  Adressaten  gelangten  Ausfertigungen  geschöpft  haben  ^). 
In  die  erstere  &llen  153'  Briefe,  von  denen  130  direct  aus  dem  Be- 
gistrum  gedruckt  worden  sind*),  19  von  mir  selbst  in  demselboi  Yor- 
gefunden  wurden,  während  die  Provenienz  ihrer  Dmdce  entweder  auf 
Berardus  oder  auf  andere  Quellen  zurückgeht');  endlich  sind  4  Briefe 
aus  der  in  der  päpstlichen  Kanzlei  entstandenen  Formelsammhing  des 
Marino  de  Eboli  geschöpft  wurden^). 

Bedeutend  kleiner  ist  die  zweite  Gruppe,  deren  Briefe  auf  folgende 
Provenienzen  zurückgehen^): 

1.  In  Urkundenform.  12  (8)«). 


<)  Bei  der  folgenden  ZuBammenstellung  sehe  ich  n^tOrlich  von  allen  Werka 
ab,  die  nur  aus  Drucken  schöpfen,  und  berückaichtige  nur  solche,  die  direct  auf 
handschriftliche  Quellen  zurQckgehen.  *)  Die  in  Betracht  kommenden  Werke 
dnd  folgende.  Curiale:  BA)viu8,  Rainald,  Theiner  und  die  Turiner  Ausgabe  da 
Bullarium  Bomanum,  (zweifislhaft  bei  Borgia).  Italiener :  Gampi,  Ughelli,  (Swtiiia). 
Minderbrüder :  Wadding,  Sbaralea  (während  Ripoll  nur  aus  Wadding  abdrückt). 
Ungarn:  Koller  (dessen  Römische  Arbeiten  wol  F^Jer,  der  niemak  in  Rom  ge- 
wesen ist,  benützte),  Theiner  (aus  ihm  die  Monument a  Hungariae).  Slaven: 
Palacky  (aus  dessen  Abschriften  Erben  für  B(Mimen,  Booeek  für  Mähren),  üieiner. 
gordische  Schriftsteller:  Lange,  Unger  und  üuitfeldt,  Munck.  —  Als  Yorlfioier 
der  letzteren  ist  wahrscheinlich  Vastoviu»  anzusehen,  der  in  seinem  Werke  »Yitis 
aquilonia*  Cöln  1628  einzelne  Biiefe  in  einer  Form  abdruckt,  die  er  nur  dem 
Registrum  oder  einer  daraus  abgeleiteten  Quelle  entnommen  haben  kann;  «) 
wenn  er  nach  P.  20897  die  Notific^tion8E>chreiben  nur  mit  L  e.  m.  und  folgenden 
Verweis  auf  den  Hauptbrief  bringt  u.  s.  f.  —  Weder  von  fran206i«c|ie&,  nodi 
spanischen,  noch  englischen  Urkundensammlungen  lfia«t  sich  bei  den  in  Betracht 
kommenden  Briefen  Benützung  des  Registrumä  erkennen.  —  Auf  deutschem  Ge- 
biete geht  unter  den  vorliegenden  Drucken  nur  der  Deutingers  auf  Abschriften 
des  Registrums  zurück,  wie  schon  pag.  596  bemerkt  wurde.  —  Der  zweite  Band 
der  »Epistolae  Selectae*  in  den  M.  G.  wird  wol  die  Zahl  der  im  Register  nacb* 
weisbaren  Briefe  der  Sammlung  vermehren;  da  Pertz  aber  mit  Clemens  IV.  ab- 
Bchloss,  so  wird  dieser  Zuwachs  kaum  erheblich  sein.  ")  P.  20645.  2076S.  20764. 
20765.  20871.  21151.  21892.  21400.  21401.  21624.  21962.  2201S.  2202G.  B20I2. 
22077.  22128.  22182.  2214t.  22^89.  «)  P.  19295.  20505.  20506.  21102.  Mamo 
de  Eboli  enthalt  femer  die  einschlägigen  P.  20517.  20645.  21972,  die  aber  anch 
im  Registrum  überliefert  sind.  Raynald,  Gampi,  Wadding  und  Marttee  iMabilka) 
drucken  aus  rOmischen  Handschriften  dieser  bisher  nicht  näher  unteisadites 
colossalen  Formelsammlung.  ^j  Ich  halte  es  für  Übersichtlicher,  wenn  ich  im 
folgenden  auch  jene  Briefe  herbeiziehe,  die  daneben  anch  im  Registnun  Über- 
liefert sind ;  dieselben  sind  durch  ein  beigesetztes  (R)  gekennzeichnet.  Die  in 
Klammem  gesetzten  Zahlen  zeigen  jene  Briefe  an,  welche  ich  im  Regiatmm  nicht 
nachzuweisen  vermag.  ^j  Das  Yaticanische  Archiv  hat  hiebei  drei  Stücke  g^ 
liefert:  P.  21744  im  Original  bei  Theiner,  und  P  194 £4.  20028  in  dem  daaelbet 
befindlichen  amtlich  angelegten  über  privilegiorum  8.  R.'K  bei  Rvjrnald.  Ans 
den  zu  Montecasino  befindlichen  Öriginalausfertigungen  drudtt  Gattula  P;  t'it9^ 
(R)  und  22291  (E).    Die  Cistercienser-Frivilegien  P.  19185  und  «1020  (R)  oaA 


BOmische  Studien  HL  601 

2.  Drucke  bei  Kymer  ,  Foedera  et  Acta  *■  aus  engl  Archiven.  20  (6)  ^). 

3.  Ein  bei  Dudiesne  «Hist.  Franc.  SS."  citirter  Codex.  8  (6)>). 

4.  Ein  bei  Lazeri  »Miscellanea*  benutzter  AppMatas.  20  (10)^). 

5.  Tractate  südfranzösischer  Provenienz.  3  (2)*). 

6.  Trierer-Quellen.  2  (1)*). 


einerseits  ans  einem  Transampte  PiuB  II.,  andereneitB  aus  einer  Copie  a.  1292 
bekannt  geworden;  daran  sohlieBscn  sich  P.  18660.  19102.  2210.'>,  die  Ton  den 
lünderbrüdem  aus  Archiven  ihrer  Convente  veröffentlicht  wurden,  und  F.  19079., 
der  im  »Registrum  monasterii  de  PaBsdet*  gedruckt  vorliegt^  endlich  der  Kreuz- 
zugebrief  P.  20804  (R),  der  von  Marca  einem  zu  Narbonne  angefertigten  Notariats- 
Instrumen^te  entnommen  ist. 

<)  P.  186S6  (R).  20525  (R).  20648.  20664.  20712  (R).  80767  (R);  20769  (R). 
21159  (R).  21968  (R).  21971.  21&74  iR).  21892  (R).  81967  (R).  22005  (R).  92061  (R). 
22092.  2209S.  22094.  22182  (R).  88142  (R).  *)  Die  alte  Handschrift,  aus  welcher 
Ihichfisne  P.  18196.  18402.  18624  (R).  19021.  19082.  19026.  19027.21998  (R)  druckt^ 
scheint  eine  ZuBammenstellung  von  Urkunden  zu  sein,  welche  das  königliche  Hans 
von  Frankreich,  insbesondere  Ludwig  d.  H.  betreffan.  Sicher  ist  sie  unabhängig 
TOD  den  uns  bekannten  Berardushandsohriften,  denn  sie  enthält  auch  die  in  jenen 
fehlenden  P.  18155.  18156.  18190.  ')  Lazeri  »Misoellanea  ex  Mss.  Ubris  bibiio- 
thecae  collegii  Romani«  entnimmt  die  80  Papstbriefe  saec  XIII,  die  er  ii|  Tom.  II 
als  besondere  Gruppe  abdruckt,  »ex  apparatu  quodam  histonae  Siculae,  quem 
satis  amplum  habeinus  in  libris  Rogerii  Comiiis  a  Yentimiglia*.  Dieser  Apparatos 
läflst  sich  in  sofeme  in  keine  der  angestellten  Kategorien  bringen,  als  er  einer- 
seita  sicher  auf  Empfönger- Archive,  andererseits  auf  das  Registrum  oder  Berardus 
zurückgeht.  Unter  den  80  Briefen  finden  sich  folgende  der  Berardussamralung : 
P.  20029  (R).  21104.  21745  21989.  21956.  22018.  22026.  22081  (R).  22082.  ^2088. 
22042  (R).  22077  (R).  22128  (R).  22141  (R).  22289  (R).  22298  (R).  22418  (R). 
22414  (R),  und  die  vorher  im  Vaticanischen  Archive  nachgewiesenen  P.  20028  und 
21744.  Da  mit  ihnen  die  Zahl  der  im  Apparatus  stehenden  Briefe  nicht  erschöpft 
ist»  und  da,  wie  ans  obiger  Zusammenstellung  ersichtlich  ist,  eine  beträchtliche 
Anzahl  im  Registrum  fehlt,  so  kann  weder  Berardus  nodi  dieses  attsschliessliche 
Quelle  sein.  Dass  aber  entweder  der  eine  (wobei  dann  nur  an  A  oder  B  gedacht 
werden  könnte),  oder  das  andere  Theilquelle  sei,  macht  der  Umstand,  dass.P.  22042 
L  e.  m.-8ätze  aufweist,  sehr  wahrscheinlidi ;  da  aber  diese  bei  Lazeri  vollkommen 
gleich  lanten  sowol  mit  dam  Registrum ,  als  mit  A-B ,  so  können  sie  d^e  Frage, 
welche  der  beiden  Quellen  zu  Grunde  liegt,  nicht  entscheiden.  ^)  Das  sind 
P.  20714.'  20956  (R)  und  21789.  Die  beiden  ersteren  entnimmt  M^uestrier 
yHistoire  .  .  de  Lyon*  einem  »Tractatns  de  bellis  et  indadis,  que  fuerunt  inter 
canonicos  8.  Johannis  Lugduni  et  canonicos  8.  Justi  ex  una  et  dveg  Lugdunensee 
ex  altera  parte*.  Darauf,  oder  auf  M^estrier  gehen  dann  bei  P.  20956  wol  auch 
die  andern  Ljoner  Drucke  zurflck.  Der  letztere  ist  von  Launoins  Opp.  II.  289 
einem  Tractate  über  den  Begräbnisdplatz  der.  hl.  Maria  Magdalena  im  Kloster 
Vezelay  entnommen.  Ob  auf  diesen  auch  der  Druck  bei  Faillon  «Monuments 
in^iits  8ur  Tapostolat  de  8.  Marie^Madeleine  eh  Provence  (ed.  Migne  1865)  zu» 
rflckgeht,  oder  ob  denelbe,  sowie  Martine,  hiefbr  SS  benutzt  hat,  vermag  ich 
nidit  anzugeben,  da  Faillou's  Werk  mir  unzugänglich  war.  ^)  P.  18656  ist  von 
Martene  nach  einer  Abschrift.  Mabillon's  in  der  AmpL  CoU.  lY.  478  aus  Akten 


602  Kalten  brunner. 

7.  Scriptore».  1  (1)^). 

8.  Concilfl- Acten  bei  Mansi  und  seinen  Vorgangern«  9  ( — )>). 

9.  Formelbüeber  aus  der  Kanzlei  E.  Badol&.  7  (7)>). 

Endlich  muss  ich  bei  11  Briefen  das  Geständnis  machen,  dass 
ich  die  Provenienz  ihrer  Drucke  nicht  kenne^). 

Werth  der  Sammlung. 

Das  Verzeichnis  der  Briefe  ist  wol  geeignet,  die  Thätigkeit  des 
Berardus  als  äine  hervorragende  zu  kennzeichnen.  Nach  beächeidenen 


des  von  Urban  lY.  gegen  den  Erzbischof  Heinrich  von  Trier  eingeleiteten  Pro- 
ceases  gedruckt  ,ex  Mb.  Card.  Ottoboni«,  nnd  P.  20191  (R)  ist  ibid.  S07  denGesia 
Treviroram  entnommen.  Martine  druckt  letcteren  audi  im  zweiten  Bande  dei 
Thesaurus  novtis  aneodotoram  ohne  Proveniensinga^. 

>)  P.  21895  ist  in  der  Continuatio  des  Hermann  Ton  Altaicfa  ftberiiefaii 
s)  P.  206S0.  206ei.  20716.  20717.  20762.  20869.  20872.  2087S.  21947.  8ie  steteo 
alle  im  Registram.  *)  In  den  Codices  Epistolaares  von  Gerbert,  Bodmaan  (and 
Hergott),  femer  im  Baumgartenberger  Formelbuche  nnd  in  der  Somma  ouiiae 
regia  finden  sich  zerstreat  und  vereinzelnt,  so  dass  an  die  Benutzung  einer  Benrdos- 
handscbrift  nicht  gedacht  werden  könnte,  Tor:  P.  20929.  20981.  20962.  20969. 
21085.  21047.  21107.  8ie  fehlen  alle  im  Registrum  und  sind  alle  auch  aus  A 
und  NO  bereits  gedruckt  worden.  ^)  Ueber  das  Citat  »dal  ArohiTio  legreto 
Vaticano*  beim  Drucke  BoTgia*s  y.  P.  18440  wurde  schon  pag.  597  gesprodien 
Bei  allen  andern  Briefen  ist  die  Provenienz  aus  Berardus  entweder  ganz  ans* 
geschlossen  oder  doch  sehr  unwahrscheinlich.  Da«  erbtere  gilt  von  den  eng  zu- 
sammengehörigen P.  21171.  21172,  gedr.  im  Bulla rium  Yaticannm,  deshalb,  weil 
der  letztere  dort  datirt  ist,  während  er  in  NO,  wo  er  einzig  yorkommt,  ohne 
Datirung  gelassen  ist.  Im  Registrum  finden  sie  sich  aber  auch  nicht.  Das  letztere 
gut  yon  18282  und  19911,  deren  Drucke  einerseits  auf  NO  (resph  Raynald),  anderer- 
seits auf  Bzovins  zurückgehen,  der  sonst  nachweisbar  weder  NO,  noch  eine  andore 
Berardushandschiift  benfltzt  hat,  hier  aber  auch  das  Rc^tmm  nicht  citirt.  Ferner 
bei  P.  19659,  den  Mart^e  ohne  Provenienzangabe  in  Thesaurus  IL  887  dm^ 
denn  er  benutzt  in  diesem  Bande  mehrere  HandschrÜlen  mit  Urban-  iindClemeBt- 
briefen  französischer  Proyenienz.  welche  mir  auf  das  Registrum  znrfi^zugehea 
scheinen.  —  Bei  P.  21886  (den  er  in  der  Ampi.  ColL  IL  1291  ans  88  dmckt) 
citirt  Mart^e  im  Thesaurus  I.  1172  ein  »Ms  Fr.PraedicatorumBothomagensiom*, 
das  ich  nicht  n&her  zu  bestimmen  vermag ;  desgleichen  weiss  ich  nicht»  woher 
die  mir  unzugfinglichen  M^moires  et  documenta  de  Gen^ve  (XIV.  170)  diwnlbe 
Steck  nehmen,  doch  yermuthe  ich  urkundliche  Form,  da  hier  erat  eine  Datinmg 
gegeben  wird.  Sehr  unwahrscheinlich  ist  auch  die  Berardusproyeniens  bei  P.  19508 
(Muratori  und  spanische  Quellen),  19910  (nordisch),  20688  (engÜBch),  die  wol  an 
Empfanger- Archiyen  geschöpft  sein  werden,  und  bei  P.  20776,  dessen  fragmen- 
tarischen Druck  F^'er  dem  mir  unzugfinglichen  Werke:  Schier,  Bada  8aeia ent- 
nommen hat.  —  Endlich  ist  noch  anzufahren,  dass  P.  20712  und  20750  neben 
ihrer  Proyenienz  im  Registrum  (erateres  auch  bei  Rymer)  yon  Würdiwein  N.  &  D. 
aus  den  Godd.  Vatic.  7188  und  1272  abgedruckt  sein  wollen,  ohae  daas  sie  wik 
in  denselben,  wie  mir  Dr.  Skodlar  mittheüte,  finden. 


BGmiache  Stadien  m.  603 

Anfangen  unter  UrbanJV.  finden  wir  ihn  bereits  unter  •Clemens  IV« 
mit  der  Ab£E»sung  der  wichtignten  Urkunden  in  der  Sicilischen  An- 
gelegenheit betraut  Den  Höhepunkt  erreicht  sie  sodann  unter  Gregor  X. 
und  seinen  nächsten  Nachfolgern  ^) ;  die  Verhandlungen  mit  E.  Alpbons 
und  £.  Rudolf,  sowie  die  Facifieirung  Tusciens  und  der  Lombardei 
(einer  der  Hauptzielpunkte  der  Politik  Gregor  X)  sind  mit  gans  ge- 
ringen Ausnahmen  der  Feder  des  Berardus  auTertniut  gewesen,  und 
in  hervorragender  Weise  gilt  dies  auch  vom  Lyoner-Goncilf  dem  Kreuz- 
zug und  der  griechischen  Union.  Beleuchten  diese  Thatsachen  die 
um&ssende  Thätigkeit  des  Berardus,  so  macht  die  Erkenntnis,  dass 
die  vorhin  skizzirte  politische  Ciorrespondenz  fast  ausschliesslich  nur 
durch  seine  Sammlung  überliefert  ist,  dieselbe  fQr  die  Zeit  Gregor  X. 
bis  zur  Thronbesteigung  Nicolaus  IIL  zu  einer  Quelle  ersten  Banges : 
Ohne  ihr  hätten  wir  (die  Correspondenz  im  weitesten  Um&nge  auf- 
geÜEisst)  darüber  13  Briefe  der  Curie;  so  besitzen  wir  deren  58,  und 
berücksichtigen  wir  auch  diejenigen,  welche  noch  der  Fublication 
harren,  so  erhalten  wir  noch  eine  wesentliche  Bereicherung  des  Ma- 
terials, Yor  allem  für  die  Verhandlungen  über  die  Eronentsagung  E. 
Alphons  von  Castilien  und  för  die  Ordnung  der  italienischen  Ver- 
haltnisse. —  Wenn  das  mit  der  Beschaffenheit  des  päpstlichen  Be- 
gistrums  dieser  Zeit  zusammenhangt,  welches  eben  unter  Gregor  X.  und 
Johann  XXf.  die  politische  Correspondenz  völlig  ignorirt  und  für 
Innocenz  V.  überhaupt  nicht  existirt'),  so  wird  dies  anders  unter 
Nicolaus  IIL  unter  ihm  wurde  ein  zweiter  Begisterband  angelegt, 
der  geradezu  dem  «Liber  de  negotio  imperii'*  unter  Innocenz  IIL  an 
die  Seite  gestellt  werden  kann.  Da  dürften  wir  uns  also  nicht  wun- 
dem, wenn  die  Sammlung  des  Berardus  als  allein  dastehende  Quelle 
in  Bezug  auf  die  politische  Correspondenz  herabgedrückt  wür^e.  Aber 
wir  finden  in  seiner  Sammlung  überhaupt  mit  einer  einzigen  Aus- 
nahme') keine  Briefe  de  negotio  imperii  und  über  die  einschlägigen 
Verhältnisse  vor.    Das  fordert .  natürlich  eine  Erklärung  und  es  bietet 


*)  Schon  die  Thatsache,  dara  der  10.  Theil  der  bei  Pottbast  veraaichiieteii 
Brieib  Gregor  X.,  und  zwar  weitaas  der  wichtigste,  von  Berardus  herrührt, 
characterisirt  die  Arbeitsthätigkeit  desselben  unter  diesem  Papste.  Ich  möchte 
auch  darauf  hinweisen,  dass  das  Vorhandensein  des  griechischen  Einlaufs  in  A-B 
auf  eine  Art  Referat,  dfis  dem  Berardus  in  der  Unionsfrage  übertragen  war,  hin- 
zudeuten scheint.  *)  Es  sei  hier  auch  auf  die  beträchtliche  Anzahl  der  Briefe 
des  Oardinal-CoUegiums  während  der  Sedisvacanzen  hingewiesen,  die  uns  nur 
durch  Berardus  überliefert  sind.  ')  Das  ist  P.  21496,  der  sich  auch  (wieder  als 
einzige  Ausnahme)  im  ersten  Begisterbande  Nioolaus  HI.  findet.  Wie  ich  unten 
darthun  werde,  ist  er  nicht  1278,  sondern  schon  1277,  noch  vor  der  Krönung, 
abge&ast  und  somit  der  früheste  Brief  Nioolaus  III.  an  K.  Rudolf. 


604  Kaltenbrunner. 

^icli  eine  doppelte  dar.  Es  wäre  möglich,  dass  die  Goncepte  des 
Berardus,  welche  mit  zur  Anlegung  des  zweiten  fiegisterbandes  ver- 
wendet wurden,  nicht  in  die  Hände  der  Bedacteure  unserer  Hand- 
schriften gelangt  sind;  aber  an  sich  klingt  das  gekünstelt,  und  dami 
sind  manche  Anhaltspunkte  für  die  Annahme  vorhanden,  dass  die 
politische  Correspondenz  durch  die  Hände  des  Cardinal  Mathaeus 
Orsini  und  des  Benedict  ▼.  Anagni  (des  nachmaligen  Bonifaz  VIII.) 
gegangen  sei.  So  ist  es  also  wahrscheinlicher,  dass  Berardus  unter 
Nicolaus  III.  mit  den  Beichsverhältnissen  überhaupt  nichts  zu  than 
hatte  und  da  liegt  es  nahe,  den  Grund  hiefÜr  in  seiner  Persönlichkeit 
selbst  zu  suchen,  da  er  als  Neapolitaner  und  Verwandter  einer  dem 
neuen  Eönigshause  eng  befreundeten  Familie  mit  einer  Politik  in 
Widerstreit  stehen  mochte,  die  sofort  nach  der  Thronbesteigung  des 
Orsini  dem  selbstsüchtigen  Anjou  wirksam  entgegentrat^).    Damit  war 


<)  Berardus  war  mit  der  Familie  der  Caraccioli  von  Neapel  verwandt:  in 
n'  281  schreibt  Gregor  X.  an  den  Gaalterus  OEunodoli  in  der  KrenzzugBangel^gen- 
lieit  und  in  F.  21050  wird  von  ihm  dem  Matthaeus  Caraccioli  eine  Pfrfinde  in 
Verdun  yerliehen,  und  jeder  derselben  wird  in  der  Adresse  als  »nepos  magistri 
Berardi  de  Neapoli  aabdiaconi  et  notarii  nostri*  bezeichnet.  Ferner  findet  sich 
in  der  Sammlung  (n®  752)  der  Trostbrief  des  Berardus  an  seinen  Nefieo  Landulfits 
Caraccioli,  Qber  den  schon  vorher  pag.  599  gehandelt  wurde.  —  Dieser  LandnUuB 
wird  yon  Karl  I.  i.  J.  1269  zum  Jusütiarius  der  Universität  Neapel  ernannt  und 
bleibt  in  dieser  einflussreichen  und  einträglichen  Stellung  dessen  ganze  Regie- 
rungszeit  (Del  Giudice  p.  258.  268).  Dass  er  in  dem  Emennungsdecrete  »syn 
dicns  militum*  genannt  wird,  zeigt,  welch'  hervorragende  Stellung  die  Familie 
damals  in  Neapel  einnahm.  In  einer  anderen  Urkunde  (Del  Giudice  261)  wird 
Landulfus  genannt  »nepos  venerabilis  viri  magistri  Berardi  di  Neapoli  D.  Pape 
notarii,  dilecü  amici  et  consiliarii  nostri*.  Damit  steht  im  Zusammenbang,  wie 
sich  Berardus  Karl  IL  gegenflber  in  n^  757  auf  die  dem  Vater  geleisteten  Dienste 
berufen  und  ihn  geradezu  seines  Wohlwollens'  veraichem  kann.  —  Dieses  per- 
sönliche Verhältnis  zu  den  Anjous  mag  Berardus  angeknüpft  haben  anlSsslich 
der  letzten  Verhandlungen  Clemens  IV.  mit  Karl  über  dessen  Krönung,  zu  denen 
er  am  28.  XII.  1265  nach  P.  19492.93  delegirt  worden  war.  WahischeinHch 
hängt  es  auch  mit  diesen  zusammen,  dass  sich  der  Papst  zwei  Monate  früher  bei 
Hargaretha  von  Frankreich  und  Eleonore  von  England  entschuldigt,  dass  er  den 
Berardus  »cuius  presentia  est  nobis  multum  necessaria*  ihrem  Wunsche  gemSm 
nicht  gesandt  habe  (P.  19704),  und  wir  werden  nicht  irren,  wenn  wir  hiebet  an 
die  Streitigkeiten  denken,  welche  die  Königinen  mit  ihrem  Schwager  Karl  sn 
schlichten  hatten.  Wird  hier  unser  Notar  als  unentbehrlich  hingestellt,  so  lassen 
die  Worte  des  Papstes  in  P.  19492:  »mittimus  et  cum  eis  (cardinalibns,  die  am 
29.  XII.  designirt  wurden)  virum  consilii,  vimm  profimdi  pectoris,  probate  fidei  et 
gravitatis  ex  acte,  d.  f.  mag.  Öerardum  notarium  et  familiärem,  qni  tibi  ex  parte 
noetra  secreto  dicit  aliqua,  que  scripto  noluimus  commendare*,  die  hochangesehene 
Stellung,  welche  schon  damals  Berardus  an  der  Curie  einnahm,  in  hellem  lichte 
erscheinen.  —  Das  gibt  mir  Gelegenheit,  die  mir  bekannten  Daten  über  Beraidns 


Römische  Stadien  IIL  605 

aber  Berardus  mit  nichten  yoü  den  Oesohaften  überhaupt  entfernt; 
schon  die  Thatsachen,  dass  ihm  nach  wie  vor  die  griechische  Cor- 
reapondenz  anvertraut  ist  und  dass  die  fransSsisch-castilische  An* 
gelegenheit,  deren  Wichtigkeit  die  Absendung  drei  hoher  Kircheu- 
f&rsten  hinlänglich  charakterisirt,  unter  Nicolaus  IIL  ebenso  wie  unter 
dessen  Vorgänger  einzig  durch  ihn  besorgt  wird,  bürgen  uns  dafür, 


znsamlaeiiziiflftellen,  wobei  ich  die  Notizen,  welche  Delisle  p.  88  und  G^arampi  am 
Voxsteckblatte  des  A  geben,  benutz:    Zoent  finden  wir  ihn  unter  Innooenz  lY. 
frwfthnt,  wie  bereits  p.  70  angeführt  wurde;  er' igt  damals  »subdiacanns  et  capel* 
lanus  x)ape  et  juris  ciTÜis  professor*,  also  noch  nicht  Noti^.    In  letzterer  Eigen- 
schaft begegnet  er. uns  zum  ersten  Male  anter  ürban  IV.;  von  ihm  erhält  er 
nach  »Reg.  T.  IV.  p.  815<  eine  PfHinde  in  der  DiGcese  Wincliester  (0),   und  ist 
nach  »Reg.  II.  p.  64*  Ezecator  einer  anderen  Vergabung  (G);  femer  finden  wir 
ihn  bei  einer  Urban  IV.  vorgelegten  Streitfrage  mit  der  Untersuchung  derselben 
betraut  (Reg.  T..  LA.  IL  ep.  22).    Unter  den  Iblgendion  Kpsten  stossen  wir.  auf 
keinerlei  .dem  Berardus  zu  Theil  gewordene  Oonstbeseugong,  und  er  scheint' 
aueh  niemals  zu  hohen  kirchlichen  Würden  emporgestiegen  zu  sein,  denn  aooh 
unter  Gregor  X.  wird  er  Subdiaoonus  genannt  und  erst  unter  Martin  W^  ersclieint 
er  als  Prior  von  Bari  (Reg.  T.  I.  A.  II.  ep.  185),  welche  Würde  natürlich  nur  als 
Pfründe  anzusehen  ist,  da  wir  ihn  ja  durch  den  ganzen  .Pontificat  Martin  IV.  als 
Dictator  thfttig  wissen.  -— .  Sowie  unter  Urban  IV.  finden  wir  Berardus  auch^pftter 
in  mannigfieusher  Weise  auftreten:  so   ist  er  am  27.  V«  1267  Zeuge  in  einer  Ur- 
kunde Kiurl  I.  (D),  und  prüft  im  Auftrage  Clemens  IV.  einen  Candidaten  für  das 
Doctorat  von  Ifontpellier  (D).    Bei  Gregor  X.  interveniert  er  für  die  Heirathdispens 
neapolitanischer  Edler  (D)  und  für  die  Entbindung  des  Nicolaus^    Kantors  von 
Tours  von  der  Residenzpfiicht  (D).    Sowie  unter  Clemens  IV.  tritt  er  uns  auch 
jetzt  als  Jurist  entgegen,  wenn  er  einen  Pfründenstreit  an  der  Kathedrale  von 
Quimper  entscheidet  (D),  und  als  Examinator  des  sich  um  das  Notariat  bewerbenden 
FlprentinerbÜrgerB  Raynerius  dei  Tholomei  erscheint  (Reg.  A.I.  ep.  S5).    Als  her- 
vorragender Beamter  endlich  h&ngt  er  zusammen  mit  dem  Camerarius  sein  Siegel 
an  ein  Memoriale,  das  Grregor  X.  an.  den  Kreuzfiüirer  Oliverius  de  Termulis  sendet 
(V.  Mitth.  VI.  498),  und  unter  Nicolaus  III.  wird  ihm  die  Ehre  zu  Theil,  in  dem 
wichtigen  Acte,  den  1278  am  4.  Mai  der  Machtbote  K.  Rudolfs,  der  Minderbruder 
(}honrad,  im  Consistorium  ausstellt,  als  Zeuge  zu  fungiren.  —  Hiebei  haben  wir 
auch  der  in  der  Sammlung  eingestreuten  Privatcorrespondenz  des  Berardus  zu 
gedenken,  die  freilich  wenig  Au&chlüsse  gibt:  Im  engen  Verhältnisse  finden  wir 
ihn  zu  den  Cisterciensern  stehen  (nach  n*^  75S),.-  und  Einblick  in  seinen  Freundes- 
kreis an  der  Curie  gewährt  der  von  Delisle  p.  99  gedruckte  Brief  an  den  nobilis 
vir  Riccardus  (n®  754).  Diesem  Kreise  mag  auch  der  in  n®  750  als  Adressat  auf- 
tretende Magister  Johannes  de  Castello  abgehört  haben,  vielleicht  aber  nur  im 
Verhältnisse  eines  Famiüaren  des  Berardus,  in  welchem  er  nun  zum  Johannes 
de  Oapua  steht,   denn  Berardus  begljückwünscht  ihn,   dass  er  die  »Neapolitana 
riiditas'  mit  der  »CiSapuana  dulcedo*  vertauscht  habe.    Als  fiuniliaris  selbst  tritt 
Berardus  in  |i®  749  dem  König;  voi^  Navarra  g^^^enüber;  es  klingt  aber  das  Be- 
vrusstseiut  ednfi'ussreicher  M<mu  zu.  sein,  in  diesen  Dankschreiben  ebenso  entgegen, 
wie  ifk  den  .Briefen  an  den  König  von  England  und  an  Karl  von  Anjou  (nP  760., 


606  Kaltenbrnniier. 

dass  Berardus  auch  jetzt  eine  bedeutende  Stellung  an  der  Carie  ein- 
nahm. —  Unter  Martin  IV.  ruhen  die  Verhandlungen  mit  dem  Beiche; 
dessen  ganzes  Trachten  ist  auf  die  Beruhigung  der  eben  gewonneneu 
Bomagna,  und  nach  der  Sicilianischen  Vesper  auf  die  Vernichtung 
Peters  v.  Aragon  gerichtet  In  Bezug  auf  jene  hat  die  I^eder  des 
Berardus  keine  Dienste  geleistet;  es  ist  aber  auch  wahrscheinlich,  dass 
die  betreffende  Corre&pondenz  direct  durch  die  papstliche  Kammer 
Yermittelt  wurde  ^);  dagegen  finden  wir,  dass  der  grossteTheil  der  Briefe 
in  der  andern  Angelegenheit  von  Berardus  besoigt  wird,  und  nur  der 
Umstand,  dass  dieselben  in  beträchtlicher  Anzahl  auch  Aufiiahme  im 
Biegistrüm  gefunden  haben,  bewirkt,  dass  wir  die  Sammlung  auch 
unter  Martin  IV.  nicht  mehr  in  dem  Maasse  hochstellen  können,  wie 
firüher  unter  Gregor  X.>) 


767).  —  Endlich  kemien  wir  ancb  swei  Briefe  an  Berardus:  den  des  englisehea 
Theeaoran  (y.  pag.  115),  und  den  desHenrieoB  de  Isexiiia  (bei  Erben  IL  in),  auf 
den  College  Bneson  mich  anfinerkeam  machte.  8o  wenig  wie  der  eiste,  berührt 
auch  er  thateäohliche  VerhftltniBBe;  wird  in  jenem  hauptsAchlich  des  Benndnt 
fiinflufls  gertthmt,  ao  hier  die  edle  Abkunft,  die  Ffille  der  ihm  anverbraoteB  Ge- 
heimnisse und  die  Perlen  leiner  Sprache. 

*)  Vgl.  R.  St.  I.  870  u.  ff.  Die  daselbst  ausgesprochene  Vermnthung,  dass» 
Berardus  damals  Gunerarius  gewesen  sei,  lasse  ich  fidlen.  Die  BefiÜügung  hiesa 
wäre  ihm  nicht  absusprechen,  denn  schon  unter  Gregor  X.  und  im  erhOhtoi 
Maasse  unter  Martin  IV.  hat  Berardus  recht  verwickelte  und  heikle  Verfaaad. 
langen  in  Geldsachen  zu  besorgen.  *)  Es  würde  sn  weit  führen,  die  'niltig> 
keit  des  Berardus  und  die  Bereicherung,  welche  unser  Wissen  durch  seine  Ssmm- 
hmg  erführt,  im  einseinen  zu  beleuchten.  Dagegen  soll  hier  noch  einer  Reihe 
von  Beriditigungen  gedacht  werden,  welche  sich  aus  ihr  für  Potihasts  Bsgesfcs 
ergeben:  Soweit  dieselben  Datirangen  betreffen,  sind  sie  im  VerzeichniBBe  bereit  § 
kenntlich  gemacht;  hier  ist  diesbezüglich  nur  noch  anzuführen,  dass  P.  81496 
vom  18.  XII.  1878  weg  zum  gleichen  Tage  des  Jahres  1877  zu  rücken  ist;  denn 
sowie  in  A-B  und  den  Epistolae  Notabiles  hat  auch  der  Brief  im  Begister  (A.  L 
ep.  CUT.  7)  das  Datum  ,11.  Id«  Dec.  suscepti  a  nobis  ap.  of&cii  a.  L*,  ist  süso  sicher 
vor  der  Consecration  ausgestellt.  Potthast  hat  übersehen,  dass  audi  bei  Themer, 
der  aus  R.  druckt,  das  Datum  so  gegeben  ist.  (V.  608).  —  Es  ergibt  sich  ferner, 
dass  P.  80858.  80974.  81146.  81180.  81866.  81866*,  weil  identisch  mit  anderen 
Nummern,  zu  streichen  sind:  Ersteres  fällt  mit  n'  80976  zusammen  und  ist  da- 
durch entstanden ,  dass  Potthast  die  Identität  des  von  Palacky  unter  n^  SS6 
regestirten  ep.  A  59  mit  den  Drucken  von  NO  75.  DV  45  bei  Bajnald  und 
Böhmer  nicht  erkannte.  (V.  89S).  —  Umgekehrt  hat  er  das  Regest  von  ep.  A  «5 
bei  Palacky  n®  S49  fälschlich  auf  den  undatirten  bei  Rajnald  1874.  45  gedm^tea 
ep.  NO  78*  bezogt,  und  einerseits  ihn  dem  Datum  Pala  ckys  gemfiss  warn  61.  XII 
unter  n®  80974,  andererseits  in  der  richtigen  Erkenntnise,  dass  er  am  sdben 
Tage  ausgestellt  sein  mflsse  wie  n*  80646,  mit  Anführung  desselben  Citates  aas 
Raynald  zum  11.  Juni  als  n^  80846  eingereiht.  (V.  890).  --  Unter  n*  «1146 
(fnnocenz  V.)  stellt  Potthast  einen  bei  Martine   aus  DP  gedruckten  Brief  ein. 


ROmkoh«  Studien  m«  607 

Wir  müssen  aber  nun  fragen,  in  wie  weit  wir  die  Sammlung, 
die  uns  solches  Material  liefert,  als  historische  Quelle  benutzen  können, 
und  wie  weit  wir  die  Besultate,  die  auf  Ghrund  derselben  bereits  ron 
der  Forschung  gezogen  worden  sind,  als  sichere  hinnehmen  dürfen? 
Dass  wir  es  nicht  mit  Siilblüthen  und  nicht  mit  Musterbriefen  zu 
thun  haben,  d.  h.  mit  solchen,  welche  mit  dem  Zwecke,  es  zu  sein, 
abgefasst  wurden,  ist  wol  sicher.  DafQr  bürgt  das  durchaus  individuelle 
Gepräge  welches  den  Briefen  anhaftet,»  und  die  Art  der  Texte,  welche 
der  Yon  Concepten  ebenso  vollkommen  als  ausschliesslich  entspricht, 
femer  der  reale  Hintergrund,  welchen  ein  Drittel  der  Briefe  durch 
ihr  Vorkommen  in  andern  Quellen  besitzt;  dafür  endlich  bürgt  auch 
die  Persönlichkeit  des  Berardus,  der  als  vielbeschäftigter  Mann  kaum 
Müsse  gefunden  hätte,  derartige  litterarische  Erzeugnisse  auf  den 
Büchermarkt  zu  werfen  oder  seinen  Nachfolgern  im  Amte  zu  hinter- 
lassen^). Sichern  wir  also  hiemit  den  Briefen  ihren  realen  Oehalt, 
80  müssen  wir  doch  ihren  £Aktischen  Werth  einschränken,  wenn  wir 


der  bei  Nicolaus  m.  unter  ii9  21454  unter  nochmaliger  Citirung  Mart^nes  wieder- 
holt wird,  nun  mit  Beifügung  des  Druckes  bei  Sbaralea,  der  ihn  Nicolans  IIL 
zuweist.  Wie  seine  Stellung  in  den  Handschriften  lehrt,  gehOrt  der  Brief  sicher 
Nicolaus  III.  SU,  und  in  A-B  trftgt  er  denn  auch  das  auf  diessn,  nicht  aber  auf 
Innocenz  Y.  passende  Datum  »Viterbii  Kai.  Augusti*.  Demgemäss  ist  n'^  21145 
2EU  streichen  und  der  bisher  als  undatirt  angesehene  21454  zum  1.  YIII.  1278 
binaufzurücken.  (V.  548).  —  Femer  entf&Ut  P.  21180  aus  folgendem  Grande: 
indem  Potthast  den  bei  Zaccagni  aus  NV  228  gedruckten  undatirten  Brief  mit 
dem  Regeste  Ton  A  118  bei  Palacky  n^  878  identifidrte,  bildete  sich  n^  21180 
Jobann  XXI.  y.  16.  XI.  1276.  Aber  A  118,  und  somit  auch  das  Regest  bei  Palacky, 
fällt  mit  n°  21181  zusammen,  und  der  Brief  bei  Zaccagni  thut  dies  mit  A  117, 
welcher  von  Palacky  unter  n®  872  regestirt,  sodann  von  Theiner  gedrackt  und 
bei  Pv'tthast  unter  n®  21108  zu  Innocenz  V.  eingestellt  wurde.  (Y.  454).  ~  In 
P.  21256  wird  vom  Cardinal-Collegium  der  Stadt  Parma  der  gleiche  Befehl  ge- 
geben wie  in  P.  21255  Nami;  da  beide  Stftdte  doch  nicht  gleichzeitig  den  Honte 
8.  Angelo  als  Eigenthum  requirirt  haben  werden,  so  ist  jeden&lls  einer  der  Briefe 
zu  streichen»  und  zwar  der  ganzen  Sachlage  nach  der  an  Parma.  Entstanden  ist 
der  Fehler  bei  Potthast  einfach  dadurch,  dass  NO,  dem  Rainald  den  Druck  ent- 
nimmt, Parma  f&lschlich  für  Narni  setzt,  welch'  letzteres  vom  Cod.  Colbert.  von 
D  und  Ton  NY  gebracht  wiid.  (Y.  495).  —  Endlich  istP.  21266*  zu  tilgen,  d.  i. 
der  Auszug  eines  Briefes  bei  Bzovius,  den  derselbe  Reg.  T.  I.  A.  I.  ep.  24  ent- 
nimmt. Derselbe  ist  dort,  und  Übereinstimmend  damit  auch  in  NP  und  B,  vom 
29.  I.  1278  datirt.  Indem  nun  Theiner  denselben  in  den  Mon.  Slavor.  drackt 
und  hiebei  irrig  den  27.  I.  als  Datum  gibt,  wurde  Pottbast  verleitet,  Auszug  und 
Abdruck  von  einander  zu  trennen  und  sie  den  2  Nummern  21265.  66  zuzuweisen. 
(Y.  520).  —  Dass  P.  21272,  weil  identisch  mit  21249  (Y.  478),  und  P.  21781  als 
Berardusbrief  (Y.  752)  zu  streichen  sind,  wurde  schon  pag.  599  angefthrt. 
>)  YgL  was  darüber  Delisle  p.  lao  schreibt 


608  Ealtenbrantfer.* 

uns  der  in  A  befindlichen  Bandno^en  erinnern.  Zwei  derselben  be- 
sagen  durch  ihr  «non  processit*,  dass  die  mit  ihnen  versehenen  Briefe 
ni<iht  angelaufen  seien.  Der  eine  derselben  (P.  21038)  ist  gedruckt 
und.  von  seinem  Herausgeber,  Bussen,  auch  als  historische  Quelle  ver- 
werthet  worden;  Es  geschah  dies  mit  YoUer  Berechtigung,  denn  die 
Handschrift  NO,  welcher  er  ihn  entnahm,  lässt  das  .non  prooessit' 
weg»  so  wie  sie  überhaupt,  und  mit.  ihr  die  änderen  Vertreter  der 
Epistolae  Notabiles  und  desgleichen  die  Dictamina,  keinerlei  Setenngen 
von  solchen  Noten  aufweist  Das  führt  uns  zunächst  darauf,  daas 
wir  alle  jene  Briefe,  welche  einzig  in  diesen  zwei  Ejitegorien  der 
Handschriften  überliefert  sind,  mit  dem  Beservate  gebrauchen  müssen, 
dass  etwa  auf  ihrer  Vorlage  derartige  tilgende  Noten  gestanden  haben 
könnten.  Wir  sind  aber  auch  genöthigt,  dasselbe  auf  die  you  B 
überlieferten  Briefe  auszudehnen,  denn  die  tilgenden  Noten  Yon  A  100 
und  410  lasst  auch  er  bei  den  correspondirenden  Briefen  aus,  trotz- 
dem wir  in  ihm  sonst  eine  Reihe  Yon  Noten  coustatirt  haben.  Finden 
sich  dieselben  zum  Grosstheil  übereinstimmend  in  A  Yor,  so  fehlen 
dort  doch  die  von  B  137  und  382.  Da  wir  nun  die  Noten  von  A 
und  B  dahin  gedeutet  haben,  dass  sie  Yon  deren  Redacteuren  Auf- 
zeichnungen entnommen  vforden  seien,  die  Berardus  selbst  auf  seinen 
Concepten,  ihrer  gemeinsamen  Vorlage,  angebracht  habe,  so  ergibt 
sich  aus  obiger  Thatsache,  dass  auch  A  nicht  erschöpfend  dieselben 
wiedergeben  könne,  was  wir  übrigens  schon  frQher  pag.  36  bei  der 
Umwandlung  der  Legatiousbriefe  Innoeenz  V.  in  die  Johann  XXL 
constatirt  haben.  Also  auch  den  in  A  überlieferten  Briefen  muss, 
wenn  auch  im  verringerten  Maasse,  dasselbe  Misstrauen  entgegen- 
gebracht werden,  wie  allen  andern. 

Aber  —  so  fragen  wir  weiter  —  sind  deshalb  die  Briefe,  welche 
in  k  getilgt  sind,  absolut  zu  verwerfen,  und  sind  alle  andern,  die, 
weil  in  der  Sammlung  allein  überliefert,  hiebei  in  Betrübt  kommen, 
mit  dem  Verdachte  zu  bebaften,  dass  sie  gänzlich  werthlos  sein  könnten? 
Ich  glaube  das  \erneinen  zu  müssen.  Sowie  ein  getilgter  Brief  im 
Registrum  von  einer  Entscheidung  der  Curie  Kunde  gibt  und  damit 
eine  historische  I'hatsache  verbürgt,  so  ist  es  auch  hier  der  Fall 
Alle  Briefe  der  Berardussammlung  sind  Ausflüsse  von  Entschliessungen 
und  Ansichten,  die  an  der  Curie  herrschten,  und  dadurch  sind  sie 
für  uns  von*  Werth.  Eingeschränkt  aber  wird  derselbe  dadurch,  dass 
wir  nicht  wissen  können,  ob  sie  auch  wirklich  erlassen  worden  seien, 
ob  sie  die  von  ihnen  erwartete  Wirkung  innerhalb  der  Verhältnisse, 
welche  sie.  berühren,  hifMlurch  vrirklich  geübt  oder  zu  üben  versoeht 
haben,  oder  ob  sie  nicht  etwa  durch.  Einwiskungen  dar  eiaen*  oder 


Römische  Stadien  IlL  609 

andern  Art  Modificationen  erfahren  haben  oder  Entwürfe  geblieben 
sind«  Bei  manchen  Briefen  wird  das  erstere  nachweisbar  sein,  bei 
anderen  wird  sich  die  Wahrscheinlichkeit  f&r  das  letztere  ergeben; 
das  aber  yon  Fall  zn  Fall  durchzufahren,  wird  die  Ati%abe  sein, 
welche  sich  der  Forscher,  welcher  die  Sammlung  benützt,  stellen  muss, 
ehe  er  an  die  Verwerthung  ihres  Materials  selbst  herantritt 

Die   Concepte   des  Berardus. 

Wenn  die  in  einzelnen  Handschriften  auftretenden  Titel,  die  in 
ihnen  zerstreut  vorkommenden  Privatbriefe,  und  die  in  A-B  aus  den 
Vorlagen  herübergenommenen  Noten  —  und  ich  kann  noch  hinzu- 
ftSgeu  —  die  Einheit  des  Stils  ^)  den  Berardus  als  Autor  der  gesammten 
Sammlung  erscheinen  lassen,  so  setzt  uns  der  Umstand,  dass  wir  mit 
Ausnahme  der  Dictamina  bei  den  Handschriften  engen  Anschluss  an 
die  gemeinsame  Vorlage  constatiren  konnten,  in  die  Lage,  die  Art, 
wie  Berardus  seine  Concepte  anlegte,  des  näheren  zu  beleuchten. 

Da  finden  wir  nun  die  Briefe  yielfi^h  in  einer  Form  auftreten, 
in  welcher  sie  nicht  an  ihre  Adressaten  ausgefertigt  sein  konnten ; 
und  zwar  ist  diese  ihre  Unfertigkeit  begründet  einerseits  darin,  dass 
sie  sich  eben  im  Stadium  des  Conceptes  befinden,  andererseits  in  der 
Manier  des  Berardus,  der  als  hochgestellter  und  vielbeschäftigter  Be- 
amter häufig  nur  den  Kern  der  Sache  im  Auge  hatte  und  es  andern 
überliess,  demselben  die  gebührende  Hülle  zu  geben.   Das  erstere  gilt 
namentlich  von  der  Datirung:  Wir  können  mit  Bestimmtheit  erklären, 
dass  eine  beträchtliche  Zahl  in  der  Sammlung   undatirt  gewesen  sei, 
nur  müssen  wir  darauf  verzichten,  dieselbe  zu  fiziren,  da  bei  Briefen, 
die   nur  in  einer  der  in  Betracht  kommenden  Handschriften  über- 
liefert sind,  durch  den  Schreiber  derselben  Vernachlässigung  der  Da- 
tirung eingetreten  sein  kann;   dagegen  dürfen  wir  bei  solchen,  die 
von  mehreren  Handschriften  gegeben  werden,   mit  ziemlicher  Sicher- 
heit nicht  nur  auf  Fehlen  oder  Vorhandensein  der  Datirung  auf  dem 
Concepte  schliessen,   sondern  auch  in  letzterem  Falle  auf  demselben 
gleiches  Ausmaass  der  Formel  annehmen.    Mit  wenigen  Ausnahmen 


A)  Im  Stile  des  Berardus  Iftsst  sich  genaue  Beachtung  des  im  12.  und  18. 
Jahrhnndert  von  der  päpstlichen  Eanslei  geObten  »Cursus«  constatiren.  VgL 
Valois,  Etüde  sur  de  rythme  de  bulles  pontificales.  Bibl.  de  TEcole  des  chartes 
T.  XLH,  welcher  erst  von  Nicolaus  IV.  an  Abnahme  des  Gebrauches  constatirt. 
Dem  Geschmacke  der  Zeit  Überhaupt  folgend  liebt  es  Berardus,  synonyme  Aus* 
drficke  und  Sätze  aneinanderzureihen,  ohne  jedoch  in  SchwerfUligkeit  zu  vor- 
fftUen.  CharakteriBtiBoh  Iflr  seinen  Stil  sind  vielleicht  Wendungen  wie  »devota 
tranquillitas  et  tranquilla  devotio  *  oder » operosum  Studium  et  studioea  opera  *  u.  ä.  m. 

MiitbeiluDfen  VU.  89 


610  Kaltenbrunner. 

können  wir  die  Briefe  unserer  Sammlung  der  Classe  der  «litterae 
legendae '  zuweisen,  d.  h.  sie  als  solche  bezeichnen,  deren  Dictat  dem 
Papste  zur  Approbation  vorgelegt  werden  musste,  und  wir  mOsaen 
daher  fragen,  ob  ihr  Datum  den  Zeitpunkt  des  päpstlichen  Befehls, 
die  Urkunde  anzufertigen,  oder  den  der  Approbation  des  Conoeptes 
bedeute,  denn  die  dritte  Möglichkkeit,  dass  das  «Datum*  zusammen- 
falle mit  , scriptum",  wird  durch  das  Vorkommen  der  Datirung  auf 
den  Concepten  vorweg  ausgeschlossen.  Da  spricht  nun  entschieden 
für  die  Approbation  die  Thatsache,  dass  wir  in  Folge  übereinstimmen- 
der üeberlieferung  in  den  Handschriften  vielfadi  uns  die  Datirung 
verkürzt  auf  dem  Concepte  stehend  denken  müssen.  Zum  Theil  ist 
dies  freilich  in  der  Natur  der  Concepte  begründet :  wenn  die  Angaben 
des  Ortes  oder  des  Jahres  fehlen,  oder  wenn  in  der  Formel  die  Worte 
«pontificatus  nostri"  ausgelassen  sind,  so  kann  eben  der  Dictatordie 
Setzung  oder  Ausfällung  dem  Grossator  überlassen  haben,  nament- 
lich wenn  kein  Besidenz-  oder  Jahreswechsel  vor  der  Thüre  stand. 
Anders  aber  ist  es,  wenn  wir  Formen  wie  , Datum  Viterbii"  oder 
,  Datum  Viterbii  (pontificatus  nostri)  anno  primo"  vorfinden.  Für 
diese  gibt  es  doch  nur  die  eine  Erklärung,  dass  der  Dictator,  indem 
noch  längere  Besidenz  der  Curie  zu  Viterbo  in  Aussicht  stand,  in  der 
sicheren  Voraussetzung,  dass  die  Approbation  seines  Conceptes  noch 
daselbst  erfolgen  werde,  den  Beginn  der  Datirungsformel,  den  Aus- 
stellungsort anticipirend,  seinem  Dictate  anfügte^).  Durch  diese  An- 
nahme lassen  sich  denn  auch  Widersprüche,  die  s^wischen  Ort-  und 
Tagesangabe  aufstossen,  in  einfacher  Weise  lösen :  Das  übereinstimmend 
in  den  Handschriften  überlieferte  Datum  von  n^  358  (P.  21038) 
Beaucaire  10.  Mai  1275  steht  in  directem  Oegensatze  zu  dem  von 
no  349  (F.  21036)  Auray  12.  Mai  1275;  wir  können  aber  die  Daten 
vereinen,  wenn  wir  annehmen,  dass  der  letztere  an  einem  der  früheren 
Tage  in  Auray  concipirt  und  am  12.  Mai  zu  Beaucaire  approbirt 
worden  sei.  Das  gleiche  ist  der  Fall  bei  n^  366  (F.  21071),  der 
1275  am  15.  October  zu  Valence  gegeben  sein  will,  während  Gregor  X. 
nach  allem,  was  wir  wissen,  an  diesem  Tage  auf  seiner  Bückreise 
schon  zu  Lausanne  weilte^).     Unter  denselben  Gesichtspunkt  müssen 


0  Die  Annahme,  daas  die  Orteangabe  das  Stadium  des  Befehles  rar  An> 
fertigung  des  Conceptes  oder  der  Anfertigung  selbst  reprftsentiTe,  ist  natfirlieb 
aasgescblossen,  denn  dann  mfissten  wir  sie  ja  bei  allen  Concepten  yorfindeii. 
*)  £in  weiterer  dritter  Fall  stellt  allerdings  an  diese  Ansicht  starke  Anforderungen: 
Das  »Dat.  Viterbii  Id.  Martii  a.  I°*  von  n°  ISO  passt  nicht  ku  demeas  IV^t^td* 
ehem  ich  den  Brief  auf  Grund  der  Handschriften  zuwies,  wol  aber  au  Urban  IT^ 
so  daas  wir  drei  Jahre  Distanz  (1262—1265)  zwischen  Anfertigung  und  Approbatioi 


Römische  Stadien  III.  611 

trir  auch  den  bereits  p.  36  besprochenenvFall  stellen,  dass  drei  Briefe 
(n^  480—482)  ein  «Datnm  ntsupra*  in  den  Handschriften  aufweisen, 
ohne  dass  der  vorhergehende  Brief  datirt  wäre:  aus  dem  engen  Zu- 
sammenhang, in  welchem  die  Briefe  untereinander  stehen,  ergab  sich 
ihre  gleichzeitige  Approbation  und  Expedition  von  selbst,  und  so 
konnte  der  Dictator  gleich  bei  Anlegung  des  Conceptes  durch  den 
Verweis  das  ihm  noch  unbekannte  Datum  der  Approbation  anticipirend 
dahin  bestimmen,  dass  es  gleich  dem  des  vorhergehenden  Briefes  sein 
werde  i). 

Wenn  wir  also  annehmen,  dass  speciell  das  Tagesdatum  die  Ap- 
probation des  Conceptes  bedeute'),  so  würde  es  nahe  liegen,  die  Schei- 
dung der  Briefe,  die  mit  oder  ohne  Tagesdatum  in  den  verlässlichen 
Handschriften  Überliefert  sind,  zusammenfallen  zu  lassen  mit  der  in 
approbirte  und  nicht  approbirte,  oder  doch :  in  Hinblick  auf  die  üeber- 
lieferung  alle  Briefe  ohne  Tagesdatum  mit  dem  Verdachte  zu  behaften, 
dass  sie  nicht  approbirt  worden  seien.  Hiebei  müssten  wir  aber  sicher- 
lich denselben  auseinanderhalten  von  dem  Beservate,  dass  wir  durch 
die  Sammlung  selbst  bei  keinem  ihrer  Briefe  die  Gewähr  erhalten, 
dass   sie  chcpedirt  worden   seien;    denn   auch  nach   der  Approbation 


des  Conceptes  annehmen  müssen.  Der  Brief  ist  aber  eine  Pfründenvergabung, 
und  wenn  wir  die  mannigfachen  WecbselfäUe  in  Betracht  ziehen,  denen  nach 
den  Koten  des  4.  {tegisterbajides  Urban  IV.  derlei  Concepte  ausgesetzt  waren 
(R.  St.  I.  276),  so  können  wir  den  sich  uns  darbietenden  Ausweg,  der  uns  eine 
Emendation  der  Datirung  erspart,  doch  nicht  kurzweg  abweisen.  —  Dagegen 
halte  ich  beim  »Datum  Rome  XIII.  El.  Septembris«  von  n^  566  (P.  21481),  wel- 
ches mit  der  Thatsache  in  Widerspruch  steht,  dass  Nicolaus  III.  erst  im  No- 
yember  1279,  in  welchem  Jahre  der  Brief  ausgestellt  sein  muss,  nach  Rom  über- 
siedelte, die  Emendation  in  »Decembris*  für  nicht  zu  gewagt,  da  der  Brief  einzig 
in  NO  überliefert  ist. 

t)  Ein  analoger  Fall  scheint  bei  dem  »Datum  ut  supra*  von  n^  528.  524 
vorzuliegen,  die  im  engsten  Zusammenhange  mit  dem  nur  »Dat.  etc.*  aufwessen- 
dea  n*  522  stehen;  da  aber  die  Briefe  nur  in  NP  überliefert  sind,  kann  auch 
ein  Ausfall  des  Datums  von  n®  522  in  der  Handschrift  stattgefhnden  haben.  — 
Mehrere  F&lle,  die  sich  in  NO  ergeben,  können  deshalb  nicht  einbezogen  werden, 
weil  seine  Schreiber  die  Datirungen  häufig  willkürlich  kürzen.  Dagegen  scheint 
mir  das  von  A  und  B  gleichmässig  gebotene  »Dat.  ut  supra  V.  El.  Augusti*  bei 
n**  445  hieher  zu  gehören,  da  der  yorhergehende  Brief  kein  Datum  hat:  Hier 
hat  der  Concipist  da«  Datum  anfänglich  als  gleichlautend  mit  diesem  anticipirt 
und  dann  doch  das  der  Approbation  nachgetragen,  wol  deshalb,  weil  dieselbe 
wider  sein  Erwarten  nicht  gleichzeitig  mit  der  des  voranstehenden  Briefe  er- 
folgte. *)  Eine  Reihe  von  anderen  Gründen,  dass  dies  auch  für  die  erste  H&]ffce 
des  18.  Jahrhunderts  gelte,  führt  Rodenberg  in  der  trefflichen  Abhandlung  »Ueber 
die  Register  Honorius  UI.  etc.*  Neues  Archiv  X.  549  ff.  an. 

89* 


612  Ealtenbrunner. 

konnte  der  eine  oder  andere  Zwiachen&U  die  Grossimng  oder  die 
Expedition  hintertreiben.  Das  lehrt  uns  n^  358,  den  dorch  «non 
processit*  getilgt  ist,  und  doch  mit  Yollem  Datnm  versehen  ist;  und 
das9  selbst  nach  der  Expedition  Ereignisse  die  Einhändigung  von 
Briefen  an  den  Adressaten  hintertreiben  oder  piodifidren  konnten, 
bezeugen  die  Noten  zu  n^  479.  480,  die  doch  schon  am  Wege  nach 
Constantinopel  bis  Ancona  gekommen  waren.  Gerade  dieser  letzte 
Fall  beweist  aber  auch,  dass  der  Mangel  des  Tagesdatums  uns  nur  in 
sehr  beschränktem  Maasse  berechtigt,  jenen  Verdacht  auszusprechen, 
denn  n^  479,  den  wir  sicher  als  approbirt  und  expedirt  nachweisen 
können,  hat  kein  Tagesdatum,  und  so  wie  bei  ihm  wissen  wir  bei 
einer  beträchtlichen  Anzahl  anderer  Briefe,  die  in  den  Handschnften 
ohne  jede  Datirung  gelassen  sind,  oder  sie  in  einer  Form  haben,  die 
auf  Anticipation  zu  beruhen  scheint,  dass  sie  expedirt  worden  sind. 
Wir  beschränken  uns  daher  mit  Constatirung  der  Thatsache,  dass  das 
Vorhandensein  der  Datirung  weder  Gewähr  für  die  Expedition  noch 
das  Fehlen  derselben  es  daftlr  sei,  dass  die  betreffenden  Concepte 
nicht  approbirt  worden  seien. 

Sowie  der  wichtige  Bestandtheil  der  Datirung  der  Natur  der  Sache 
nach  erst  hinterher  zu  den  von  Berardus  angefertigten  Conoepten 
kommen  konnte,  so  scheint  dies  hie  und  da  auch  mit  den  Adressaten 
geschehen  zu  sein.  Darauf  deuten  wenigstens  in  n^  50.  125.  134. 
409.  419.  420  die  ganz  unkanzleigemässen  Adressen  .  Judidbus  (meist 
abgekürzt  «Jud.'')  hin^).  Es  handelt  sich  in  allen  diesen  Briefen  um 
Streitsachen,  deren  vom  Papste  verfügte  Erledigung  Executoren  zur 
Ausführung  übertragen  wird;  da  konnte  die  Behandlung  der  Bechte- 
frage  selbst  und  der  Aufkrag  zur  Anfertigung  des  Gonceptes  erfolgen, 
ohne  dass  schon  bestimmte  Persönlichkeiten  zu  Executoren  dcsignirt 
waren,  so  dass  der  Concipist  genöthigt  war,  am  Kopie  der  Urkunde 
einen  allgemeinen  Titel  an  Stelle  der  hinterher  einzutragenden  Adresse 
zu  setzen'). 

Konnte  Berardus  bei  der  Datirung  die  Ausfüllung  einzelner  Worte 
und  Formeln  dem  Orossator  überlassen,  so  that  er  dies  auch  sonst 
am  Protocoll.   So  hatte  er  es  wahrlich  nicht  nöthig,  demselben  Namen 


*)  In  n^  420  steht  sogar  unter  Bezugnahme  auf  den  vorgehenden  Brief 
»Eisdem*.  ')  Freilich  wissen  wir  bei  keinem  dieser  Briefe  durch  andere  Pro- 
venienz, ob  sie  erlassen  worden  sind.  Ist  aber  obige  Erklärung  richtig,  ao  müsKS 
wir  constatiren,  dass  nach  der  Designirung  der  Personen  reepecüve  bei  ihrer 
Einfügung  in  [das  Concept"  eventuell  Aenderungen  an  demselben  voxgenonuneB 
werden  mussten,  da  ja  nach  ihrer  Stellung  und  Zahl  sich  die  Form  der  An- 
sprache im  Contexte  richten  musste.  (YgL  Bodenberg  a.  a.  0.  p.  5iS.) 


Römische  Stadien  Iir.  613 

und  Titel  des  Papstes  und  die  übliche  Grussformel  vorzuschreiben; 
er  thut  es  aber  dann,  wenn  aussergewöhnliche  Verhältnisse  eine  Mo- 
dification  derselben  bedingen,  bei  ersterem  also  vor  der  Consecration, 
bei  letzterer,  wenn  der  Brief  an  Excommunicirte  oder  ungläubige  ge- 
richtet ist^).    Er  hat  femer  Formeln,   die  noth wendige  Bestandtheile 
gewisser  Briefe  sind,  wie  .Nulli  ergo*;   ,Si  quis  autem*;   «Non  ob- 
stantibus"  nur  mit  diesen  Anfangsworten  seinen  Goncepten  angef&gt; 
aber  der  Umstand,  dass  sie  derart  vermerkt  sind,  zeigt,  dass  Berardus 
seinem  Orossator  wol  die  Ausf&llung  der  Formeln,   nicht  aber  auch 
die  Entscheidung  darüber,  ob  sie  gesetzt  werden  müssten,  überliess*). 
Viel  mehr  Gelegenheit  zu  Kürzungen  ergab  sich  durch  den  in- 
haltlichen Zusammenhang  von  Briefen  untereinander.   Es  waren  häufig 
in    derselben   Angelegenheit   mehrere   Erlässe   entweder    an   dieselbe 
Person  oder  an  verschiedene  zu  richten;  im  ersteren  Falle   konnten 
die  gleichen  Gesichtspunkte,  welche  die  Curie  geltend  machen  wollte, 
auch  mit  denselben  Worten  zum  Ausdruck  gebracht  werden ;  in  letzterem 
konnte  die  gleiche  Verfügung  gleichlautend  getroffen  werden,  während 
die  Begründung  den  einzelnen  Adressaten  gegenüber  verschieden  ge- 
halten sein  musste^).    Ebenso  häufig   erging  ein  und  derselbe  Erlass 
an  mehrere  Personen.   Da  lag  es  nahe,  Kürzungen  vorzunehmen,  und 
in  der  That  begegnen  wir  zwei  Haupttypen  derselben:  Dort,  wo  nur 
einzelne  gleichlautende  Stellen  herangezogen   werden  konnten,    wird 
der  Text  bei  denselben  abgebrochen,   mit  einem  ,etc  ut  supra*  auf 
den  vorhergehenden  Brief  verwiesen,  und  nach  den  mit  ,  usque  *  ein- 
geleiteten Schlussworten  der  gleichlautenden  Stelle  wieder  der  dem 
Briefe  eigenthümliche  Text  fortgesetzt,  bis  etwa  neuerdings  sich  Ge- 
legenheit zur  Kürzung  ergab.     In  andern  Fällen  dagegen  ergibt  sich 
die  Möglichkeit,  den  ganzen  Text  eines  Briefes  weiteren  zu  Grunde 
zu   l^en,   und   es   geschieht  dies  durch    Anreihung   ihrer   mit   ^In 


*)  Ein  durchaus  conBequentes  Vei&hren  lässt  sich  übrigens  diesbezüglich 
nicht  erkennen  und  dasselbe  gilt  von  den  den  Adressaten  gebührenden  Titulaturen* 
£8  entspricht  dies  aber  ganz  der  freien  Bewegung,  die  sich  ein  hochgesteUter 
Concipist  erlauben  konnte.  *)  Hie  und  da  wird  auch  die  Ergänzung  durch 
eine  im  Gebrauche  befindliche  Formel  für  einen  ganzen  Brief  gefordert,  so  bei 
n®  851,  der  einfach  lautet:  »üniversiB  etc.  Com  carissimus  res  Gast  eile  ambas- 
satores  aliqnos  civitatis  Januensis,  sicut  nobis  fecit  ezponi,  ad  presenüam  suam 
evocet,  nos  volentes,  ipsos  plena  securitate  gaudere,  universitatem  vestram  etc 
quatiiius  ambassatores  ipsos  accedentes  ad  regem  eundem  etc  usque  in  finem.* 
9)  Bei  dem  verkürzt  eingetragenen  n®  861  wird  dies  auch  auf  einen  analogen 
Gegenstand  ausgedehnt:  es  handelt  sich  in  n^  860  um  die  AnsprAche  K.  Alphons 
»af  Schwaben,  in  n®  861  um  die  desselben  auf  Navarra,  zu  deren  Berücksichtigang 
einerseits  E.  Rudolf,  andererseits  E.  Philipp  von  Frankreich  aufgefordert  wird. 


614  Kaltenbrunner. 

eundem  modom*  eingeleiteten  Adressen  and  eventueller  Beisetzong 
der  Veränderungen,  welche  die  verschiedene  Stellung  der  Adressaten 
nöthig  machte.  Natürlich  gehen  diese  zwei  Haupttypen  mannig&che 
Combinationen  mit  einander  ein. 

Es  bot  sich  dem  Goncipisten  von  selbst  dar,  derartig  verkürzt 
angelegte  Concepte  auf  demselben  Blatte  mit  dem  in  extenso  ab- 
ge&ssten  anzubringen;  es  war  dies  für  ihn  nicht  blos  bequem  beim 
Niederschreiben,  sondern  auch  dann,  wenn  er  sein  Elaborat  zur  Ap- 
probation vorlegte.  Es  gebot  dies  aber  auch  die  Vorsicht,  da  bei 
anderem  Gebahren  leicht  Verwirrung  gelegentlich  der  Reinschrift  ent- 
stehen konnte.  Auch  die  anticipirenden  Datumverweise  mit  »ut  supra' 
sind  anders  nicht  gut  denkbar,  und  desgleichen  nicht  Verweise  wie 
„ut  in  prima*,  «in  tertia'  u.  ä.^)  Des  weiteren  bestätigen  auch  die 
Handschriften  diese  an  sich  nahe  liegende  Vermuthung,  indem  sie 
wol  derartig  zusammenhängende  Briefe  insofeme  zerreissen,  als  sie 
den  einen  oder  andern  auslassen,  niemals  aber  so,  dass  sie  zwischen 
ihnen  andere  einschieben. 

Allerdings  stossen  uns  in  ihnen  zwei  Fälle  auf,  die  es  zweifel- 
haft erscheinen  lassen,  ob  wir  alle  in  ihnen  auftretenden  Kürzungen 
auf  ihre  Vorlagen ,  d.  i.  also  auf  ^die  Concepte,  zurückführen  dürfem, 
und  die  daher  aufgeklärt  werden  müssen,  ehe  wir  jene  einer  ein- 
gehenden Besprechung  unterziehen^).  N^  19  und  621  sind  nämUch 
in  einigen  Handschriften  in  extenso,  in  andern  mit  Beziehung  auf 
die  ihnen  vorangehenden  Briefe  verkürzt   eingetragen,   und  da  tritt 


*)  Auch  später  angelegte  Ck)ncepte  kömien  derart  auf  einem  Blatte  mit 
früheren  f ereint  und  mit  Beziehung  auf  sie  gekürzt  werden.  Beweis  bieför  ist 
n?  525,  der  sicher  um  8  Wochen  später  concipirt  sein  muss,  als  n^  522,  auf  den 
er  mit  einem  »ut  supra  in  tertia  superiore«  verweist.  Ausführlicher  komme  ich 
auf  diesen  Fall  später  noch  zu  sprechen.  ')  Alle  andern  Kürzungen  treten  so 
gleichmässig  in  den  verschiedensten  Combinationen  der  Handschriften  auf,  das 
wir  sie  getrost  auf  die  Vorlage  zurückföhren  kömien.  Nur  hie  und  da  begegnen 
wir  dem  Abbrechen  des  Textes  in  gegenüberstehenden  Handschriften  bei  anderen 
Worten;  so  in  dem  schon  pag.  58  Anm.  1  angeföhrten  Fall  bei  n®  299  in  A 
und  B.  Aber  das  kann  denn  doch  auf  den  Schreiber  zurückgefthrt  werden,  der 
erkannte,  dass  schon  früher,  als  es  auf  der  Vorlage  geschieht,  die  Kürzung  ein- 
treten könnte.  Aber  es  ist  auch  denkbar,  dass  Berardus  sich  bei  Anlage  eine^ 
Conceptes  erst  später  erinnern  mochte,  dass  er  ja  kürzen  könnte,  und  dann  die 
schon  überflüssiger  Weise  geschriebenen  Worte  getilgt  habe;  indem  nun  dieise 
Tilgung  vom  Schreiber  der  einen  Handschrift  berücksichtigt,  von  dem  der  anderem 
ignorirt  wurde,  ergaben  sich  von  selbst  derartige  Verschiedenheiten,  die  sich  «teh 
nur  auf  einzelne  Worte  erstrecken ,  niemals  aber  darauf,  dass  eine  gan»  Texi- 
stelle in  der  einen  Handschrift  verkürzt,  in  der  andern  in  extenso  geachtieba 
wäre. 


r 


ROmiBclie  Studien  IIL  615 

natürlich  die  Frage  nach  der  Form  der  Vorlage  auf.  In  n^  19  wird 
dem  Erzbischof  von  Bouen  dasselbe  wie  in  nP  18  dem  König  von 
Frankreich  geschrieben  nnd  daran  noch  eine  selbständige  Weisung 
geschlossen.  Die  naheliegende  Kürzung  weisen  denn  auch  A  und 
NP  auff  während  B  und  NO  den  Brief  in  extenso  bringen.  Für  NO 
wäre  nun  allerdings  hinlängliche  Veranlassung  vorhanden  gewesen, 
den  auf  dem  Concepte  gekürzten  Brief  seinerseits  zu  reconsimiren, 
denn  er  bringt  ihn  seinem  Theilungsplane  gemäss  nicht  nach  n^  18 
(NO  ep.  6),  sondern  erst  in  Th.  II  als  ep.  287,  also  ausser  Zusammen- 
hang mit  dem  früheren.  Für  die  Annahme  der  Beconstruction  durch 
NO^)  würde  auch  der  umstand  sprechen,  dass  der  als  ep.  287  in  extenso 
eingetragene  Brief  «I.  e.  m.'  vorgesetzt  hat,  was  an  sich  ganz  sinnlos 
ist,  denn  nicht  der  voranstehende  ep.  286,  sondern  ep.  6  steht  mit 
ihm  in  inhaltlichen  Zusammenhang;  somit  muss  das  I.  e.  m.  der  Vor* 
läge  entnommen  sein^  wo  es  aber  doch  nur  im  Falle  der  Kürzung 
angebracht  gewesen  sein  kann.  Aber  auch  B  hat  deh  Brief  in  extenso, 
und  zwar  in  Anschluss  an  n^  18 ;  da  wir  nun  die  beiden  Handschriften 
anabhängig  von  einander  stellten  und  es  überdies  für  wahrscheinlich 
halten,  dass  B  vor  NO  angelegt  sei,  so  müssen  wir  doch  —  den  Fall 
für  sich  betrachtet  —  uns  dafür  entscheiden,  dass  der  Brief  auf  dem 
Concepte  in  extenso  eingetragen  und  durch  A  und  NP  gekürzt  wor- 
den sei').  Dieselbe  Losung  ergibt  sich  als  zunächstliegende  auch  bei 
dem  (eben&lls)  an  den  Erzbischof  von  Bouen  adressirten  n^  621,  der 
in  NP  in  extenso,  in  A-B  dermassen  verkürzt  eingetragen  ist,  dass 
auf  den  ganzen  Text  von  620  bis  zum  .NuUi  ergo*  verwiesen  wird, 
worauf  sich  noch  ein  selbständiger  Theil  anschliessL  Aber  620  ist 
ein  sehr  umfangreiches  Actenstück  und   behandelt  dem  König  von 


*)  Direot  würde  derselben  nicht  widenpreohen ,  da»  NO  in  einem  andern 
analogen  Falle  nicht  so  sorgsam  vorgeht:  n?  881  wird  nämlich  von  ihm  ebenso 
verkürzt  gegeben  wie  von  B,  ohne  dass  ihm  aber  so  wie  dort  der  damit  zusammen- 
hängende 880  vorgesetzt  ist.  —  Auch  in  B  stossen  wir  auf  einen  ganz  analogen 
Fall:  n"  465  trägt  er  an  zwei  Stellen  (als  ep.  418  und  688)  in  gleichem  Maasse 
yerkürzt  ein,  bringt  aber  n^  464,  auf  den  hiemit  Bezug  genommen  wird,  nur  als 
ep.  412>  80  dass  die  Kürzung  bei  ep.  688  ebenso  in  der  Luft  schwebt,  wie  die  von 
n9  S81  in  NO.  Beide  iWe  beweisen,  dass  die  Handschriften  im  engen  Anschluss 
an  ihre  Vorlagen  sich  halten.  ')  Wir  könnten  höchstens  annehmen,  dass  der 
Bedacteur  von  B  fQr  seinen  Schreiber  den  yerkürzten  Brief  auf  dem  Ck)ncepte 
selbst  in  die  volle  Form  gebracht  habe,  welche  dann  NO  henütot  haben  könnte. 
Aber  ftr  B  lag  ja  gar  kein  Grund  vor,  gerade  an  dieser  Stelle  zu  vervoUstftndigen. 
—  Die  in  A  und  NP  gleichmässig  auftretende  Kürzung  kann  daduzch  erklirt 
werden,  daas  NP  die  vom  Redaoteur  von  A  am  vollständigen  Concepte  in  Form 
einer  Correctur  vollzogene  Kürzong  herllbergenommon  hat. 


616  Ealtenbrunner. 

Frankreich  g^enüber  einen  sehr  heiklen  Gegenstand;  da  lag  es  f&r 
Berardus  nahe,  ehe  der  Wortlaut  von  620  approbirt,  und  ehe  ge- 
billigt war,  dass  derselbe  in  Tollem  Umfange  in  621  dem  Erzbischof 
mitgetheilt  wenden  sollte,  diesen  zweiten  Brief  mit  dem  einfachen 
Verweise  auf  620  zur  Approbation  vorzulegen.  Kennen  wir  diesen 
Gesichtspunkt  als  stichhältig  an,  so  müssten  wir  also  dem  NP  die 
Beconstruction  zuschreiben.  Aber  ich  glaube,  dass  es  noch  eine  dritte 
Lösung  gibt,  die  ich  in  Folge  der  analogen  Sachlage  auch  f&r  n<^  19 
allen  andern  vorziehen  möchte :  Die  Verwendung  des  Textes  von  620 
in  621  konnte  nicht  durch  mechanische  Nachbildung  erfolgen,  sondern 
es  galt,  das,  was  in  ersterem  dem  Könige  auseinandergesetzt  und  ver- 
liehen wird,  im  zweiten  dem  Erzbischof  zu  erzählen;  und  die  Ver- 
änderungen sind  derart,  dass  es  dem  Grossator  kaum  zugemuthet 
werden  konnte,  vom  gekürzten  Concepte  weg  fehlerfrei  die  Becon- 
struction auf  der  Beinschrift  vorzunehmen;  sondern  wir  werden  an- 
nehmen müssen,  dass  zwischen  dem  gekürzten  Concepte  und  der  Bein- 
schrift eine  fiir  letztere  zurecht  gemachte  Vorlage  stehe,  welche  von 
Berardus  selbst  oder  einem  seiner  ünterbeamten  nach  der  Approbation 
gemacht  wurde.  Diese  war  der  Pergamentlage,  auf  der  sich  die  Con- 
cepte von  620  und  621  befanden,  auch  späterhin  noch  beigegeben 
und  wurde  von  NP  benützt,  während  sich  A  und  B  an  den  ursprüng- 
lichen Entwurf  gehalten  hatten^). 

Gehen  wir  nun  auf  die  Kürzungen  näher  ein  und  fiebssen  wir  die 
Fälle  ins  Auge,  welche  unverwischt  den  ersten  Typus  derselben  re- 
präsentiren,  so  finden  wir,  dass  Berardus  sich  nur  formell  ein  Schema 
für  denselben  gebildet  hat,  dagegen  bei  seiner  Anwendung  nach  Gut- 
dünken verfahrt,  derart,  dass  er  oft  Verweise  auf  ganz  kurze  Satze, 
ja  selbst  auf  Titulaturen  anbringt,  ein  andermal  dagegen  die  Ge- 
legenheit, zu  kürzen,  sich  entgehen  lässi  Wichtiger  ist,  dass  wir  die 
Anforderungen,  welche  er  an  die  Aufmerksamkeit  desjenigen  stellt, 
welcher  seine  Dictate  in  volle  Form  zu  bringen  hatte,  als  hoch- 
gespannte bezeichnen  müssen,  denn  er  häuft  nicht  blos  die  Verweise 
auf  einen  unmittelbar  vorhergehenden  Brief,  sondern  er  zieht  auch, 
wenn  er  etwa  drei  zusammenhängende  Briefe  ab£Eisst,  f&r  den  letzten 
bald  den  ersten,  bald  den  zweiten  heran,   derart,   dass  er   sie  durch 


■)  Gegen  die  Annahme,  daes  NP  reoonbtrnirt  habe,  spriobt  auch  der  Um* 
stand,  dass  sich  in  seinem  Texte  von  621  Aenderungen  vorfinden,  die  auf  freier 
Nachbildung  der  Vorlage  von  620  beruhen.  Für  die  Frage,  ob  A-B  gekfibst  haben 
oder  ob  eine  Transcription  des  verkürzten  Conoeptes  vor  der  GrosBirong  statt- 
gefunden habe,  entscheidet  derselbe  natürlich  niöhte. 


Römisclie  Studien  m.  617 

die  gegenüberstehenden  Ausdrücke  «ut  supra  ut  in  prozima*  und  ,ut 
in  prima*  oder  ,in  tertia*  und  ähnliche  Wendungen  auseinanderhält, 
nachdem  er  bereits  den  zweiten  mit  Bezugnahme  auf  den  ersten  ge- 
kürzt hat*).  Diese  Anforderungen  steigern  sich  nun  und  sie  dehnen 
sich  auch  auf  die  stilistische  Gewandtheit  und  auf  die  Vertrautheit 
mit  Formeln  und  Titulaturen  aus,  wenn  wir  den  zweiten  Typus  — 
die  unter  I.  e.  m.  eingetragenen  Erlässe  —  und  dessen  Combinationen 
mit  dem  ersten  ins  Auge  fassen.  Stellten  wir  für  denselben  den  Fall 
auf,  dass  ein  und  derselbe  Erlass  an  verschiedene  Personen  gerichtet 
werde,  so  kann  derselbe  doch  nur  dann  in  gleichlautenden  Exemplaren 
ausgehen,  wenn  alle  Adressaten  in  der  gleichen  Lebensstellung  und 
in  gleichem  Verhältniss  zum  Papste  und  zur  Angelegenheit  stehen. 
Nur  dann  kann  die  mit  L  e.  m.  eingeleitete  Adresse  nach  dem  Haupt- 
briefe genügen,  in  allen  anderen  Fällen  waren  Aenderungen  desselben 
unerlässlich.  Dem  gegenüber  schlägt  nun  Berardus  ein  sehr  ver- 
schiedenes Verfahren  ein;  bald  begnügt  er  sich,  dem  Transcriptor 
im  allgemeinen  durch  ein  .verbis  competenter  mutatis*^  anzuzeigen, 
dass  solche  vorgenommen  werden  müssten,  bald  specificirt  er  die- 
selben. So  finden  wir  beides  vereint  in  folgenden  Sätzen  nach  dem 
an  den  griechischen  Kaiser  gerichteten  n^  434: 

I.  e.  m.  No.  vi.  Neapoleoni  et  Francisco  de  Turre  civib.  Mediol. 
Sub  spe  etc.  usque  provideri.  Quocirca  nobilitatem  vestram  etc.  usque 
gaudentibus.     Nos  sinceritatem  vestram  etc.  ut  in  alia. 

I.  e.  m.  Potestati ....  Parmensium.  v.  c.  m.  I.  e.  m.  Potestati  . . . 
Cremonensium. 

I.  e.  m.    Electo  SedunensL     v.  c  m.') 

Hier  zeigt  also  Berardus  die  Aenderungen  an  der  Titulatur  für 
die  DeUa  Torre  voll  an,  überlässt  es  aber  dem  Transcriptor,  bei  den 
folgenden  Briefen  sie  vorzunehmen;  nur  deutet  er  durch  Anbringung 
und  Weglassung  des  v.  c  m.  an,  dass  die  an  Parma  und  Gremona  gleich 
zu  lauten  hätten,  während  für  den  Erwählten  von  Sitten  wieder  anders 
abzuändern  sei.  Auch  in  folgenden  Fällen  lässt  er  dem  Transcriptor 
freien  Spielraum:  nach  n^  395,  in  welchem  dem  Erzbischof  von 
Embrun  das  CoUectoramt  in  Deutschland  übertragen  wird,  fiigt  er  an : 


')  Wenn  wir  auch  die  Schwierigkeit  für  den  Transcribiienden  durch  die 
£rwftgnng  verriDgem  können,  dass  er  ja,  wenn  er  zur  Constxnction  eines  solchen 
Briefes  achritt,  bereits*  den  vorangehenden  in  voller  rForm  vor  sich  liegen  hatte, 
so  bleibt  sie  doch  noch  bestehen,  und  sie  steigert  sich  bedeutend,  wenn  wir  den 
Transcriptor  mit  dem  Grossator  zm>ammen&llen  lassen,  der  ja  auch  auf  die  Rein- 
schrift selbst-,  auf  die  gebotenen  Kürzungen  und  ähnliches  Bedacht  nehmen  mus<iie. 
*)  Die  Stelle  ist  von  Delisle  p.  189  aus  B  mitgetheilt. 


618  Kaltenbrunner. 

I.  e.  m.  6.  electo  Virdunensi  y.  c.  m.  in  regno  Anglie,  partibus  WalUe 
et  Ibernie.  L  e.  m.  Eidem  Electo  in  regno  Sootie;  hier  bezieht  sich 
das  V.  c  m.  offenbar  auf  die  verschiedene  Titulatur,  die  beigesetste 
Localbezeichnung  dagegen  auf  die  sachlichen  Aenderungen^).  Ebenso 
lakonisch  lautet  die  Weisung  nach  dem  an  den  Eizbisohof  von  Genua 
gerichteten  n^  725:  .1.  e.  m.  Archiepiscopo  Pisano  quoad  Pisanos*. 
Präciser  und  praktischer  wird  die  Ordnung  f&r  den  an  die  Venetianer 
adressirten  n^  160  durch  folgende  Sätze  angezeigt:  ,1.  e.  nu  Capi- 
taneis  Januensium,  excepta  clausula  quibus  etiam  usque  assignarL 
L  e.  m.  ut  in  proxima.  Vicario  et  communi  Massiliensium':  Der 
wegzulassende  Satz  steht  inmitten  des  Textes  des  Hauptbriefes  und 
verlangt  die  Stellung  einer  Anzahl  von  Bogenschützen  zum  Ereuzsug, 
während  gemeinsam  von  allen  drei  Städten  die  Ausrüstung  von  Galeeren 
gefordert  wird. 

Beziehen  sich  hier  summarisch  angezeigte  Aenderungen  am  Texte 
auf  die  verschiedene  Stellung,  welche  die  Adressaten  zum  Erlasse  ein- 

*)  In  diese  Kategorie  gehört  auch  das  Conoept  von  n^  451,  in  welchem  dem 
Erzbischof  von  Sevilla  die  Erenzpredigt  im  Königreich  Aragon  übertragen  wird. 
Da  es  sich  aber  um  eine  allgemeine  auf  der  Halbinsel  einzuleitende  Action  geg«ii 
die  Sarazenen  handelt,  genüg^te  dies  nicht,  nnd  es  wurden  noch  weitere  durch 
folgende  L  e.  m.  Sfttze  markirte  Briefe  abgefasst: 

1.  L  e.  m.  Priori  provinc.  R.  Aragonum  0.  Pr.  in  regno  ipso. 

usque  noBCunter ;  darauf  selbstSndiger  Schluss. 

2.  I.  e.  m.  Hinistro  generali  R.  Aragonum  0.  M.  in  regno  ipso. 

'  8.  I.  e.  m«  Episoopo  Pampilonensi  in  R.  Navarre  v.  c.  m.  ut  snpra  prox. 

4.  I.  e.  m.  Priori  provinc«  R.  Navarre  0.  Pr. 

ipsi,  ut  in  alia,  in  qua  scribitur  priori  provinc.  R.  Aragonum. 
•  5.  I.  e.  m.  Priori  provinc.  R.  PortugaUie  0.  Pr.  in  regno  ipso,  ut  superiori. 

6.  1.  e.  m.  Ministro  generali  R.  Portugallie  0.  M.  in  regno  ipso. 

Da  müssen  wir  nun  constatiren,  dass  die  Stellung  der  Adressaten  in  Z.  l 
und  2  einige  Aenderungen  im  Texte  des  Hauptbriefes  nöthig  macht,  was  dem 
Transcriptor  nicht  einmal  angedeutet  ist;  jedoch  ist  ihm  durch  die  Worte  »in 
regno  ipso*  gesagt,  dass  er  bezüglich  de«  Gebietes  der  Kreuspredigt  nidite  sa 
ändern  habe.  Der  Brief  an  den  Bischof  von  Pampeluna  soll  im  SchluBssatae 
gleich  lauten  mit  den  beiden  vorhergehenden,  also  nicht  mit  dem  Hauptbriefe; 
aber  seine  Stellung  in  der  Hierarchie  nöthigt  sonst  zu  Aenderungen,  welche  durch 
das  V.  c.  m.  angedeutet  sind.  Das  »in  regno  Navarre*  derselben  Zeile  bezieht  sich 
aber  sicherlich  nicht  auf  die  Adresse,  sondern  auf  Aenderungen  in  jenen  S&tsea, 
in  welchen  das  ihm  übertragene  Gebiet  zur  Predigt  —  das  Königreich  Navarrm 
nämlich  —  zu  erwähnen  ist.  In  Z.  4  wird  dann  der  gleiche  Wortlaut  mit  den 
in  gleicher  Stellung  befindlichen  Adressaten  gefordert,  es  aber  als  selhstveTsUad- 
lieh  vorausgesetzt,  dass  er  im  sachlichen  Theile  mit  dem  vorhergehenden  gleich 
zu  lauten  habe.  Dasselbe  ist  in  Z.  6  für  den  ganzen  WortJaut  der  Fall»  während 
in  Z.  5  die  gleiche  Stellung  der  Adressaten  und  die  geänderte  Sachlage  aus- 
drücklich vermerkt  werden. 


BOmische  Studien  in.  619 

nehmen,  so  sind  andere  in  der  verscliiedenen  Lebensstellung  derselben 
begründet.  So  finden  sich  nach  dem  an  den  Erzbischof  von  Trier 
adressirten  Hauptbriefe  von  n^  299  I.  e,  m.  Sätze  in  folgender  An- 
ordnung: 

L  e.  m.  Archiepiscopo  Maguntino.     I.  e.  m.  Archiepiscopo  ColoniensL 

I.  e.  m.  Archiepisc  Sal^eburgensi.     \  cum  ad  te  tanquam 

I.  e.  m.  Archiepisc.  Magdeburgensi.  J  ad  nobile  membrum  impe- 

I.  e.  m.  Archiepisc.  BremensL  I  rii  pertinere  noscatur^). 

I.  e.  m.  Ludovico  comiti  Palatino,  ut  in  prima  v.  c.  m. 

I.  e.  m.  Henrico  duci  Bavarie  etc.  wie  bei  Theiner  C.  D.  I.  187"). 

Der  Satz,  welcher  hier  ftir  drei  Erlässe  anders  stilisirt  wird,  lautet 
im  Hauptbriefe :  « cum  te  tanquam  ad  eximium  principem  et  honorabile 
membrum  imperii  pertinere  noscatur**;  es  handelt  sich  also  nur  um 
eine  Formalität,  welche  darin  begründet  ist,  dass  die  drei  betreffenden 
Adressaten  keine  Wahlstimme  haben,  denn  für  den  Pfalzgrafen  bei 
Bhein  wird  wieder  die  Fassung  des  Hauptbriefes,  die  auch  für  die 
Erzbischöfe  von  Mainz  und  Köln  gelten  soll,  verlangt,  daneben  werden 
aber  durch  das  v.  c.  m.  die  durch  dessen  Stellung  als  weltlicher  Fürst 
nöthigen  Veränderungen  angezeigt.  —  Auch  das  verschiedene  Verhält- 
nis des  Adressaten  zum  Papste  kann  auf  ähnliche  Weise  fixirt  werden. 
Hierüber  besitzen  wir  ein  Beispiel  in  der  Encyclica  Nicolaus  111. 
(n^  505 — 511)8),   deren  Fassungen   und  1.  e.  m.  Sätze  auch  deshalb 


1)  Diese  Dispositiozi  ist  sicher  auf  das  Concept  zurückzuf&bren,  da  sie  A  und 
B  Tollkommen  Übereinstimmeiid  auiweisen.  Die  Dictamina  (and  auch  der  Druck 
bei  Theiner)  bringen  sie  nicht  zum  Ausdruck.  •)  Die  weiteren  Exemplare  und 
I.  e.  m.  Sätze  des  Briefes  druckt  Theinfer  leidlich  gut  ab.  —  Es  sei  hier  gleich 
eines  zweiten  Conceptes  gedacht,  das  ebenso  wie  jenes  und  manches  der  folgen* 
den  an  die  Aufinerksamkeit  und  Gewandtheit  des  Transcribirenden  hohe  An- 
forderungen stellt.  In  n«  99  fordert  Clemens  IV.  den  König  Yon  Frankreich  zu 
raschem  Eingreifen  im  hl.  Lande  auf.  Hiezu  kommen  nun  folgende  weitere 
£xemplare : 

1.  Regi  Navan-e.  gekürzt ;  aber  daneben  seine  Stellung  zur  Frage  kennzeichnend. 
I.  e.  m.  Regi  Boemie.  I.  e.  m.  Comiti  Pictavie  y.  c.  m. 

2.  Universis  nobilibus  regni  Francie.  mit  Verweisen  ,etc  ut  in  proxima*. 

8.  Archiepiscopo  Tyrensi  A.  S.  L.  mit  Verweisen  bei  Darlegung  der  Sachlage. 
4.  PrincipibuB  et  alüs  magnatibus  Alamannie.    Selbständiger  Schlusssatz. 
I.  e.  m.  Duci  de  Brunswic  et  ceteris  principibus  Saxonie. 
I.  e.  m.  Principibus  Polonie.    I.  e.  m.  liarchioni  Brandeburgensi.  v.  c.  m. 
I.  e.  m.  Marchioni  Misnensi.  y.  c.  m.  I.  e.  m.  Duci  BaYarie.  y.  c.  m. 
*)  Da  ich  im  Verzeichnisse  der  Briefe,  wenn  es  thunlich  war,  den  alten  Nume- 
rirungen  der  Handschriften  folgte,  erscheinen  hier  im  AnschluBs  an  NF  unter 
7  Nummern  Exemplare  eines  und  denselben  Briefes. 


620  KaltenbrunneT. 

hier  angefbhrt  werden  müssen,  weil  sie  noch  zu  weiteren  Erwägungen 
Anlass  geben: 

n^  505.  Hauptbrief  an  die  Erzdiocese  Tours. 

n^'  506.,  Begi  Francie,  gekürzt  mit  Bezug  auf  505. 

I.  e.  m.  B^i  Bomanorum,  amotis:  tui  specialiter  et  dicitur : 

tua  et  aliorum  catholicorum  consideratio. 

I.  e.  m.  aliis  regibus. 

In  provinciis,  in  quibus  sedesmetropolisyacat,  insalutatione  serfator 

hec  forma:  Yen.fratr.episc  et  dil.  fil.  capitulis  ecclesie  Bothomagensis 

et  abbatibus  ae  aliis  eccles.  prelatis  per  Bothom.  prov.  constitutis  etc. 
n  ^  507.  An  den  Legaten,  n®  508.  Abt  u.  Convent  v.Citeaux.  Unter  I.  e.  m. : 

Die  Aebte  v.  Clairvaux  u.  Clugny;  die  Dominikaner  u.  Minoriten. 
n®  509.  No.  Vi  Petro  nato  L.  regis  Francie. 

I.  e.  m.  scriptum  est  aliis  comitibus. 

L  e.  m.  ImperatoriConstantinopolitano,  et  ubi  dicitur :  nobilitatem 

tuam  dicitur:  imperialem  celsitudinöm. 
n®  510.  Patriarchat  von  Jerusalem, 
n^  511.  Johanniter.     Unter  I.  e.  m.:  Templer  und  Marienritter. 

Es  wird  also  hier  dem  König  von  Frankreich  als  rex  christianissi- 
mus  in  einer  rein  formellen  Bedewendung^)  eine  bevorzugte  Stellung 
gegenüber  allen  anderen  Königen  eingeräumt,  und  wir  sehen  weiter, 
wie  für  das  Exemplar  des  auf  geringeren  Stand  herabgedrückten 
Kaisers  in  Constantinopel  die  nöthige  Aenderung  der  Titulatur  spe- 
cificirt  isi  So  reichhaltig  aber  auch  hier  die  Liste  der  Adressaten 
auftritt'),  so  kann  sie  doch  nicht  als  die  einzige  Weisung  f&r  den 
Grossator  angesehen  werden.  Sicher  wird  die  Encyclica  nicht  einzig 
an  die  Provinz  Tours  erlassen  worden  sein,  und  im  dritten  Satze  unter 
n^  506  finden  wir  auch  hiefur  eine'  directe  Bestätigung.  Der  Satz 
entspricht  den  thatsächlichen  Verhältnissen,  denn  der  erzbischöfliche 
Stuhl   von  Bouen  war  um  diese  Zeit  vacant;   er  deutet  darauf  hin, 


<)  Der  Satz  lautet  an  den  König  von  Frankreich:  »Adiicit  quoque  spei 
nostre  suffiragium  tui  specialiter  alioniinque  catholicorum  consideratio  piinedpum. ' 
In  der  an  denselben  König  adressirten  Encyclica  Gregor  X.  (n*  146)  lautet  da- 
gegen ein  analoger  Satz:  »Aoddit  etiam  ad  grande  nostre  fidude  fbldmentam 
tua  et  aliorum  catholicorum  principum  considerata  devotio*.  Man  sieht  also, 
dass  hier  gerade  jene  Wendung  beliebt  wird ,  die  bei  Nicolaus  IIL  den  andern 
Königen  im  Gegensatz  zu  dem  durch  eine  besondere  ausgezeichneten  Franzosen 
zugewiesen  ist.  ')  Die  andern  von  Berardus  abge&ssten  Encyclicae  sind  ebenso 
wie  mehrere  Rundschreiben  Gregor  X.  des  Kreuzzugs  und  des  Concils  halber  Tiel 
einfacher  abgefieiasi  Ich  komme  auf  sie  gelegentlich  der  Vergleichnng  mit  der 
Begistrum  später  zu  sprechen. 


Römische  Stadien  HI.  621 

dasB  man  wenigstens  im  Principe  an  alle  Kirchenprovinzen  Exemplare 
ausgehen  lassen  wollte,  so  wie  dies  auch  im  zweiten  Lern.  Satze 
von  n^  506  ausdrQcklich  für  die  Könige  vermerkt  ist  Als  Vorlage 
ffir  die  Qrossirong  können  wir  da  ein  in  der  Kanzlei  liegendes  Pro- 
vindale  mit  Fag  annehmen,  f&r  dessen  modificirte  Benützung  Berardus 
jene  die  Yacanz  in  Bouen  berührende  Weisung  niedergeschrieben  hat^). 
Wir  können  weiter  bezweifeln,  ob  es  wirklich,  wie  es  hier  den  An- 
schein hat,  dem  Grossator  überlassen  war,  die  «alii  reges'  zu  speci- 
ficiren;  sicher  aber  kann  dies  nicht  bei  den  durch  den  ersten  I.  e.  m. 
Satz  von  509  angedeuteten  Exemplaren  an  die  Grafen  der  Fall  ge- 
wesen sein.  Dieser  Satz  hat  aber  auch  eine  Fassung,  die  ihn  gar 
nicht  als  Weisung  für  die  Kanzlei  sondern  als  erzählende  Note  des 
Berardus  darüber,  dass  der  Brief  auch  noch  an  andere  Grafen  ge- 
gangen sei,  erscheinen  lässt.  Wir  erinnern  uns  hiebei  an  die  Note 
des  Berardus  zu  n^  755  d.  i.  dem  von  ihm  gefällten  Schiedsspruch: 
yconfirmata  est  a  domino  papa  cum  insertione  tenoris";  gibt  hier 
Berardus  Nachricht  von  einer  Urkunde,  die  sich  nicht  in  seiner  Samm- 
lung vorfindet,  so  kann  er  auch  weitere  Ausfertigungen  von  Exemplaren, 
die  er  ursprünglich  auf  seinem  Concepte  nicht  in  Aussicht  genommen 
hatte,  die  vielleicht  erst  über  nachträgliche  Entschliessungen  ergingen, 
derart  in  Noten  auf  seinem  Concepte  vermerkt  haben.  Für  diese  An- 
nahme finden  wir  aber  auch  in  der  Sammlung  selbst  eine  Stütze: 
nach  n^'  400,  einem  an  den  GoUector  in  England  adressirten  Briefe 
heisst  es:  «I.  e.  m.  eidem  scriptum  est  «Cum  te  ad  partes  Scotie*. 

Deuten  wir  diese  I.  e.  m.  Sätze  als  historische  Notizen  des  Be- 
rardus, so  fordert  der  von  n^  238:  «I.  e.  m.  singulis  civitatibus  Lom- 
bardie  est  scribendum'  eine  andere  Erklärung.  Hielten  wir  ihn  trotz 
seiner  Fassung  für  einen  ursprünglichen  Bestandtheil  des  Gonceptes, 
so  könnten  wir  auf  keinen  Fall  annehmen,  dass  die  Spedfication  der 
Adressen  und  die  Stilisirung  der  einzelnen  Fassungen  dem  Grossator 
überlassen  worden  sei,  denn  die  Lombardischen  Städte  befanden  sich 
in  sehr  verschiedenem  Verhältnisse  zu  Gregor  X.:  mit  einigen,  wie 
mit  Pavia,  war  der  Verkehr  ganz  abgebrochen,  andere  befiinden  sich 
im  Stadium  des  Excommunications-Processes,   so  dass  weder  an  alle. 


1)  Die  Annahme,  dass  zwischen  505  und  506  ein  dem  I.  e.  m.  Sats  von  506 
analoger  ausgefallen  sei,  wird  dadurch  sehr  unwahrscheinlich,  dass  da«  Goncept 
durch  die  Epistolae  Notabiles  und  durch  B  in  vollkommen  gleicher  Disposition 
aberliefot  ist  Wie  die  Note  über  Ronen  unterhalb  der  Briefe  an  die  KOnige 
gerathen  ist,  während  ihr  Platz  doch  nach  n®  505  gewesen  wfire,  Iftsst  sich  nicht 
mit  Sicherheit  sagen ;  vielleicht  beruht  es  auf  ihrer  localen  Disposition  als  Rand- 
note,  die  bei  505  begann  und  sich  an  den  Sätzen  von  506  herontersog. 


622  Kaltenbrunner. 

noch  an  alle  gleich  geschrieben  werden  konnte^).  Auf  jeden  Fall 
müssten  wir  also  hier,  so  wie  bei  manchem  anderen  Goncepte,  zwischen 
ihm  and  der  Beinschrift  ab  Mittelglied  eine  Transcription  annehmen. 
Die  Fassung  des  Satzes  macht  es  aber  viel  wahrscheinlicher,  dass  wir 
es  mit  einem  Beurkundungsbefehle  zu  thun  haben,  der  nachtraglich, 
vielleicht  bei  Vorlage  oder  Approbation  des  Conceptes  auf  demselben 
angebracht  wurde  ^).  —  Auch  bei  anderen  Concepten  gibt  es  Anzeichen 
daftlr,  dass  mehrere  Stadien  päpstlicher  Entschliessungen  vorliegen. 
So  bei  n*^  458:  In  demselben  wird  dem  an  E.  Budolf  abgesandten 
Erzbischof  von  Embrun  der  Unterhändler  Bernardus  de  Castaneio 
empfohlen,  worauf  sich  eine  mit  «Ceterum  desiderantes*  beginnende 
Weisung  über  die  Zehntsammlung  anschliessi  Es  folgen  hierauf 
I.  e.  m.  Sätze  mit  den  Adressen  der  Erzbischöfe  von  Köln,  Mains, 
Trier,  der  Bischöfe  von  Basel,  Trient  und  Würzburg,  des  Hereogs  von 
Baiern  und  des  Burggrafen  von  Nürnberg  mit  abschliessenden  v.  c  m. 
Nach  dem  ersten  Adressaten  ist  überdies  eingeschoben:  «amota  clau- 
sula ceterum',  d.  h.  es  wird  angezeigt,  dass  der  zweite  Theil  des 
Hauptbriefes  in  diesem  und  in  allen  folgenden  Exemplaren  nicht  auf- 
zunehmen sei,  und  in  der  That  kann  er  ja  nur  für  den  Adressaten 
des  Hauptbriefes,  der  CoUector  für  Deutschland  war,  bestimmt  ge- 
wesen sein.  Nun  ist  aber  dieser  Satz  in  A  durch  ein  .vacat*  getilgt, 
was  wir,  unseren  Ausführungen  gemäss,  als  aus  der  Vorlage  herüber- 
genommen annehmen  müssen^).  Diese  Tilgung  kann  aber  doch  auf 
dem  Goncepte  erst  vorgenommen  worden  sein,  nachdem  die  I.  e.  m. 
Sätze  bereits  in  der  geschilderten  Weise  geschrieben  worden  waren. 
Wir  werden  dies  am  einfachsten  dadurch  erklären,   dass  bei  der  Ap- 


*)  Mit  welch^  peinlicher  Genauigkeit  man  in  der  päpstlicben  Kanzlei  aaf 
derlei  Verhältnisse  bedacht  war,  lehrt  n®  598,  in  welchem  591.  592  dem  Legaten 
mit  der  Weisung  übermittelt  werden,  je  nach  dem  deren  Adressaten  ezcommnnieiTi 
seien  oder  nicht,  das  eine  oder  andere  £xemplar  zu  Übermitteln  (vgl.  K  St.  L 
265),  das  andere  sorgsam  zu  vertilgen.  Die  Abweichung  in  der  Fassung  beider 
Exemplare  besteht  aber  nicht  bloss  in  der  Grussformel,  sondern  sie  erstreckt  «ich 
auch  auf  folgenden  Satz  im  Ck)ntexte : 


591 
id  enim  operari  de  vobis 
consideratio  gentis  ac  generis 
et  cqjuscumque  restnim  fama 
laudabilis  non  permitÜt.  Quorum 


592 
id  enim  openuri  de  TobiB 
geiitiB  ac  generis  cqjuscnmqne 
vestrum  consideratio  non 
permittit.  Quorum 


*)  Möglicherweise  sind  die  früher  besprochenen  Sfttze  von  n®  S95  und  725  eben. 
falls  so  aufrafassen.  *)  In  B  ist  diese  Tilgung  nicht  fibertragen  worden ;  wir 
werden  darum  mit  ihm  nicht  ins  Gericht  gehen,  wenn  wir  finden,  dass 
welcher  den  Brief  aus  A  abdruckt,  die  Tilgung  ebenfalls  ignorirt 


Römische  Studien  III.  g23 

probation  der  Satz  geatriohen  wurde,  sei  es,  weil  man  ihn  für  über- 
flüssig hielt,  sei  es,  weil  man  ihn  zum  Vorwurf  eines  gesonderten 
Briefes  machen  wollte,  wobei  die  Weisung  „amota  clausula '^  von  selbst 
jede  Bedeutung  verlor  i).  —  In  anderer  Weise  scheint  eine  Aenderung 
im  Entwürfe  bei  n^  94  vorzuliegen,  der  I.  e.  m.  Sätze  in  folgender 
Anordnung  hat: 

I.  e.  m.  m^stris  et  fratribus  domorum       \ 

Hospitalis  S.  Johannis  Jerusalem,  Milicie     |   cuilibet  per  se. 

Tempil  et  S.  Marie  Theutonicorum.  I 

L  e.  m.  N.  V.  principi  Antiocheno  et  comiti  Tripolit.  ac  baronibus  suis. 

Hier  muss  ursprünglich  f&r  die  drei  Orden  ein  gemeinsamer  Brief 
geplant  gewesen  und  hinterher  f&r  jeden  derselben  ein  Exemplar  be* 
stimmt  worden  sein,   denn  sonst  hätte  Berardus   seiner  Gewohnheit 
gemäss  die  einzelnen  Adressaten  unter  gesonderte  I.  e.  m.  Sätze  ge- 
stellt und  es  nicht  dem  Grossator  überlassen,  sie  aus  seinem  Concepte 
herauszuschälen.  —  Tn  ähnlicher  Weise  lässt  sich  auch  nur  der  letzte 
I.  e.  m.  Satz  von  n^  299,  dessen  erste  uns  vorher  schon  beschäftigten, 
erklären:  Nach  der  unter  der  Adresse  ,  universis  principibus,  ducibus  . . . 
nobilibus  ....  per  Alamanniam  constitutis*   eingetragenen  Fassung 
steht:  ffl.  e.  m.  universis  lancraviis  Begni  Bomanorum  per  Alaman- 
niam constitutis.  Dat  Lugduni  VI.  El.  Octobris  *.     Dass  gerade  an  die 
Landgrafen   ein   eigener  Brief  gerichtet  werden  sollte,   ist  doch  im 
höchsten  Grade  unwahrscheinlich,  zumal  da  ja  die  obige  Adresse  alle 
Edlen  Deutschlands  zusammenzufassen  bestrebt  ist    Es  ist  aber  denk- 
bar, dass  bei  der  Vorlage  des  Gonceptes  der  Abgang  der  Landgrafen 
constatirt  und   formeU  corrigirt   wurde.    Warum  dies  nicht  einfach 
durch  Einschaltung  des  Wortes  bei  der  Adresse  geschah,  entzieht  sich 
unseren  Blicken;  aber  die  Correctur  stellt  sich  auch  dadurch  geradezu 
als   päpstliche  Entschliessung  dar,   dass  dem  Satze   ein  Datum  bei- 
gegeben ist,  und  zwar  das  des   Hauptbriefes,  während  alle  anderen 
Exemplare  mit  einem  (anticipirenden)  »Dat.  ut  supra'  auf  jenes  ver- 
-vreisen.     Wir  fassen  also  den  Satz  so  auf,  dass  die  Correctur  für  den 
Grossator  (oder  Transcriptor)   formell  beglaubigt   wurde,   wobei  ein 
Handweiser  den  für  ihre  Einrückung  gewählten  Platz  angezeigt  haben 
mag.     Wahrscheinlich  ist  es  ferner,  dass  der  Satz  nicht  in  dem  An- 
schlüsse an  den  vorhergehenden  Brief  auf  dem  Concepte  gestanden 
liat.   wie  er  uns  jetzt  iu   den   Handschriften  entgegentritt,   sondern 


i)  Die  Annabme,  da^s  bei  der  Anferiigimg  der  Exemplare  durch  den  Gros- 
3flior  die  Weisung  »amota  clausula*  durch  Anbringung  des  »vacat*  auf  seiner 
'Vorlage  ezecutirt  worden  sei,  scheint  mir  doch  all*  zu  gewagt. 


624  K'alienbraiiner. 

Bandnote  gewesen  sei,  denn  B ,  welcher  sonst  alle  I.  e.  m.  Sätze  be- 
rücksichtigt, dagegen  in  der  HerQbernahme  yon  Noten  lau  ist,  Yer- 
nachlässigt  ihn«  —  Der  f&r  den  Italiener  ungewohnte  Ausdruck  und 
Begriff  mag  die  eben  geschilderte  Auslassung  yerursacht  haben,  denn 
wir  begegnen  ihr  nochmals  bei  n<^  366,  nach  dessen  drei  Faesungen 
(V.  Theiner  I.  193)  steht:  «L  e.  m.  universis  Lancravüs  Begni  Bo- 
manorum  etc.  I.  e.  m.  Archiepiscopo  (Toloniensi  ¥.  c.  m.*  Nachdem 
in  F.  2  und  3  die  Gesammtheit  der  weltlichen  Grossen  und  Obrig- 
keiten zum  Ausdruck  gebracht  ist,  kann  auch  hier  nicht  an  einen 
separaten  Erlass  an  die  Landgrafen  gedacht  werden^).  Dagegen  müssen 
wir  allerdings  einen  solchen  an  den  Kölner  Stuhl  annehmen,  nach- 
dem in  F.  1  die  Gesammtheit  der  geistlichen  Grossen  umspannt  ist, 
und  auf  diese  bezieht  sich  offenbar  auch  das  v.  c.  m.  nach  der  Adresse 
des  Kölners.  —  Schwieriger  ist  die  Erklärung  folgenden  Falls:  In 
n^  170  fordert  Gregor  S.  die  Genuesen  auf,  behufs  Beilegung  ihrer 
Streitigkeiten  mit  Venedig  bevollmächtigte  Gesandte  an  die  Curie  zn 
senden.     Dann  folgen  als  I.  e.  m.  Sätze : 

I.  e.  m.  Duci ....  Venetorum  y.  c.  m.  usque  destinaretis,  ad  comp,  cum  d.  £ 
comm.Bononiensiumdaturi  eisdeni  similem  potest. ...  etc.  usquein  fineoL 
I.  e.  m.  Potestati . . .  Bononiensium.  Quanta  ex  concordia  inter  vos  et  d.  £ 
commune  Venetorum  etc.  ut  in  prima  usque  in  finem. 

Nun  lagen  damals  auch  die  Venetianer  und  Bolognesen  im  Streite; 
es  konnte  daher  an  letztere  die  gleichlautende  Aufforderung  ergehen 
wie  im  Hauptbriefe  an  die  Genuesen.  Wir  müssen  aber  im  Coneepte 
des  Briefes  an  die  Venetianer  in  soferne  eine  Lücke  constatiren,  ab 
in  ihm  ja  auch  der  Verhandlungen  mit  Genua,  schon  wegen  der  ihren 
Gesandten  hiefür  zu  ertheilenden  Vollmachten,  gedacht  werden  musste. 
Ferner  wäre  es  an  sich  einfacher  gewesen,  den  Brief  an  Bologna  ak 
ersten  I.  e.  m.  Satz  einzustellen,  denn  dann  wäre  der  Vermerk,  dass 
er  mit  dem  Hauptbriefe  gleich  zu  lauten  habe,  überflüssig  gewesen. 
Da  vier  yerlässliche  Handschriften  die  Sätze  übereinstimmend  in  obiger 
Form  bringen,  so  kann  weder  an  einen  Ausfall  der  Worte  ,et  Ja- 
nuensium*  im  ersten  I.  e.  m.  Satz,  noch  an  den  eines  die  Venetianer 
gesondert  zu  Verhandlungen  mit  Genua  auffordernden  dritten  Le.nL 
Satzes  gedacht  werden,  sondern  wir  müssen  aus  verschiedenen  Stadien 
des  Conceptes  diese  Unregelmässigkeiten  zu  erklären  suchen.  Da 
scheint  es  nun  am  einfachsten  zu  sein,  anzunehmen,  dass  ursprüng- 
lich nur  der  Brief  an  die  Genuesen  vorgelegt  worden  sei,    und  dass« 


*)  In  dem  zeitlich  dAKwiBchen  liegenden  n"  844  (V.  Theiner  L  188)  Bind  da- 
gegen die  Landgrafan  in  die  Qesammtadresse  der  weltlichen  Grossen 


Rdmiflche  Studien  III. 


625 


als  erst  »nachträglich  beschlossen  wurde,  auch  den  Zwist  zwischen 
Venedig  und  Bologna  beizulegen,  die  beiden  L  e.  m.  Sätze  beigefügt 
wurden.  Hiebei  müssen  wir  es  aber  dahingestellt  sein  lassen,  wie  die 
Correspondenz  über  den  Streitfall  Venedig -Genua  behandelt  wurde: 
ob  ein  ganz  selbständiger  Brief  hierüber  an  Venedig  concipirt  worden 
sei,  oder  ob  etwa  seine  Lösung  ganz  fallen  gelassen  wurde,  wobei  der 
für  ungiltig  erklärte  Hauptbrief  doch  noch  als  Schema  f&r  den  Trans- 
scriptor  oder  Grossator  der  beiden  andern  Briefe  gedient  haben  konnte. 

Endlich  haben  wir  noch  zwei  Fälle  zu'  betrachten,  bei  denen 
Berardus  mehrere  Concepte  zur  Auswahl  vorgelegt  zu  haben  scheint. 
Bei  n^  358  betrifft  dies  nur  den  Schlusssutz,  nach  welchem  zwei  durch 
Alineas  getrennte  und  beide  Male  mit  »alia  conclusio*^  eingeleitete 
Fassungen  eingetragen  sind,  die  sich  nicht  etwa  blod  in  Stilisirung 
und  rhetorischen  Wendungen  von  jenem  unterscheiden,  sondern  den 
Kern  der  Sache  selbst  betreffen^).  Bei  n°  344  erstreckt  sich  dies 
aber  auf  ganze  Fassungen:  Die  erste  derselben  hat  den  Erzbischof 
Ton  Trier  zum  Adressaten  und  .1.  e.  m.  archiepiscopo  Maguntino  et 
singulis  principibus  vocem  in  electione  Imperatoris  habentibus**  an- 
gehängt; die  zweite  verkürzt  eingetragene  ist  an  den  Erzbischof  von 
Salzburg  gerichtet  und  vervollständigt  mit  dem  Satze  «I.  e.  m.  scriptum 
est  archiepiscopo  Magdeburgensi  et  singulis  principibus  vocem  in 
electione  non  habentibus  '^  die  Kategorie  der  BeichsfÜrsten  *).  Die 
Fassungen  unterscheiden  sich  dadurch  von  einander,  dass  der  Satz 
der  ersteren:    ,cum  te  tanquam  ipsius   membrum   imperii  quasi  per- 


1)  Es  sollen  die  treuen  Lombarden  Über  dio  Plfine  K.  Alphons  durch  den 
Hinweis  auf  die  zwischen  Rudolf  und  E^arl  erzielte  Einigung  beruhigt  werden. 
Da  heisst  es  nun: 


Gk>nteKt 
Scituri  pro  certo,  quod 
memorati  Sicilie  regis 
uequaquam  vos  auzilium 
deseret,  nee  ipsius  vohis 
regimen  vel  dominium 
subtrahetur. 


alia  conclusio 
Scituri  pro  certo,  quod 
aderit  yobis  eorundem 
principum  unita  x>otentia, 
nee  ipsos,  quos  iam  unit 
multa  de  yestro  regimine 
ac  dominio  voluntatäsidem- 
ptitas,  aliquorum,  sicat  fir- 
miter  credimus ,  einistra 
suggestio  separabit. 

*)  Theiner  I.  188  druckt  diesen  Theil  des  Briefes  aus  A  so  ungenau,  dass  ein 
Unmnn  hinauskommt.  Bei  anderer  Gelegenheit  komme  ich  auf  diese  8&tze,  so- 
wie auf  die  von  n'^  299,  da  sie  mir  für  das  Verlifiliaus  der  Curie  zur  Wahlftkxsten- 
fxa^  von  Wichtigkeit  zu  sein  scheinen,  noch  zu  sprechen. 

mtCheüimgen  VIT.  40 


alia  conclusio 
Scituri  pro  certo,  quod 
aderit  vobis  eorundem 
principum  unita  potentia, 
nee  alter   utrius   ipsorum, 
sicut  malitioee  confingitur, 
auxilium  deerit,  vel  presi- 
dium  subtrahetur. 


G26  Ealtenbrnnner, 

ducem*  eta  in  der  zweiten  fehlt  ^).   Wir  haben  also  hier  in 'analoger 
nur  durchgreifenderer  Weise  die  Scheidung  der  Fürsten  nach  der  Wahl- 
stimme zum  Ausdruck  gebracht,   wie   in    dem  früher  besprochenen 
n^  299.    Die  folgende  Fassung  hat  als  Adresse:    «uniTersis    archi- 
episcopis  et  diL  fil.  abbatibus  feudatariis  in  Imperio  etc.*,  worauf  unter 
F.  4  und  5  die  Gesammtheit  einerseits  der  Edlen,  andererseits  der 
Obrigkeiten  des  Reiches  zusammengefasst  wird^).     Auch  diese   drei 
Briefe  sind  verkürzt  eingetragen,  und  da  finden  wir  unter  ihren  selbst- 
ständigen Stellen  einerseits  in  3,  andererseits  gemeinsam  in  4  und  5 
die  Sätze:  «cum  vos  tanquam  speciales  ipsius  fideles  imperii*  etc.  und 
ff  cum  TOS  quasi  speciale  ipsius  robur   imperii'    etc.   gegenüberstehen. 
Da  muss  denn  doch  auffallen,  dass  ein  derartiger  auszeichnender  Säte 
beiden  Katego  lien  gegeben  wird,  während  er  den  Fürsten  ohne  Wahl- 
stimme in  F.  2  ausdrücklich  entzogen  ist;  ferner,  dass  die  Adressaten 
von  F.  3  durchaus  nur  solche  geistliche  Personen  umfassen,  die  nach 
damaliger  Anschauung  principes   Imperii,    also   bereits   in   einer   der 
vorhergehenden  Fassungen  inbegriffen   sind,  und  dass  auch  bei  F.  4, 
wo  die  ffUniversi  duces,  marchiones*  u.  s.  f.  bis  zu  den  ,alii  nobiles* 
herab  angeredet  werden,    die   weltlichen  Fürsten   einen  wesentlichen 
Bestandtheil   der  Adressaten   bilden.     Ich  meine,   diese  Widerspruche 
durch   die  Annahme  lösen  zu  dürfen,   dass   Berardus   die  Fassungen 
eventualiter  zur  Approbation  vorgelegt  habe  und  zwar  derart,  dass  er 
für  die  Wahlfiirsten   eine   eigene   als   sicher  hinstellte,    was  er  durch 
ffl.  e.  m.  archiepiscopo   Maguntino**   etc.   am   Schlüsse   derselben   an- 
zeigt.  Dagegen  war  die  Fassung  mit  der  Adresse  des  Salzburger  Erz- 
bischofs  ohne  weiteren  I.  e.  m.  Satz  den  drei  folgenden  gegenüber- 
gestellt.    Dass    dann  dem,   den   ersten   zwei   Fassungen  zu   Grande 
liegenden,  Theilungsprincipe  nach  der  Wahlstimme  zu  Ungunsten  des 
bei  den  drei  folgenden   auftretenden   —   nach   geistlichen  und  ^w^elt- 
liehen  Stand   —   der  Vorzug   gegeben   wurde,   scheint  durch  den  als 
historische  Notiz   auftretenden  Satz   nach   F.    2   ,^1.   e.  m.   scriptum 
est**  etc.  gewährleistet  zu  sein.     Allerdings  müssen  wir  im  Falle  der 
Bichtigkeit  dieser  Ansicht  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  nur  diese 
zwei  Fassungen  überhaupt  beliebt  wurden,  wobei  dann  ganze  Kategorien 
von  Adressaten,  die  in  den  analogen  Fällen  bei  n^  299  und  366  zum 
Ausdruck  gebracht  sind,   übergangen  wären,   oder   ob    för  dieselben 
andere  Fassungen  hinterher  festgestellt  worden  seiend).     Auf  jeden 


*)  Darauf  macht  auch  die  in  einige  HandBchriften  übergegangene  Rmndnntr  * 
»hie  non  ponitur  clausula  cum  te*  aufmerksam.  *)  Den  Wortlaut  dieser  dz«« 
Fassungen  bringt  Theiner  a.  a.   0.  genau.        ')  Ziehen  wir  diese  beiden  bEnefe 


Römische  Stadien  III.  627 

Fall  lehrt  uns  dieses  Concept,  so  wie  manches  vorher  besprochene, 
dass  es  so,  wie  es  nns  in  der  Sammlung  vorliegt;,  nicht  zur  Grossirung 
fibevgefaen  worden  sein  kann. 

Verhältnis   zum   Begistrum. 

Bekanntlich  sind  in  den  Begistern  des  13.  Jahrhunderts  die 
Briefe  ebenfalls  vielen  Eürzifugen  unterzogen,  und  zwar  erkennen  wir 
in  ihnen  dieselben  zwei  Typen,  welche  wir  vorher  bei  den  Goncepten 
des  Berardus  aufgestellt  haben;  und  eben  so  wie  dort  gehen  sie  auch 
hier  die  mannigfiachsten  Gombinationen  ein  ^).  Doch  wäre  es  voreilig, 
hieraus  sofort  den  Schluss  zu  ziehen,  dass  die  Eintragungen  ins  Be-* 
gistrum  nach  den  Goncepten  erfolgt  sein  müssen,  denn  Berardus  konnte 
sich  ja  in  jüngeren  Jahren  im  Begistraturdienste  diese  Manier  an- 
geeignet haben  und  sie  nun  für  seilte  Goncipisten-Arbeit  verwerthen. 
Diese  Erklärung  wird  aber  bereits  zurückgedrängt  werden,  wenn  wir 
nicht  blos  denselben  Typen  und  ihren  Gombinationen  begegnen,  son- 
dern auch  die  Art  und  Weise,  wie  sie  zum  Ausdruck  gebracht  wer- 
den, durchaus  analog   finden^).     Obiger  Schluss  aber  wird  sich  uns 


ZQT  Yergleicbung  heran,  bo  finden  wir  keineswegs  consequentes  Verhalten  gegen- 
über der  gestellten  Angabe,  einen  Erlaas  aar  allgemeinen  Kenntnis  der  betheiligten 
Kreise  Deutschlands  zu  bringen:  In  n°  866  wird  auf  die  gesonderte  Stellung  der 
Wahlfürsten  gar  keine  Rücksicht  genommen,  sondern  nur  nach  geistlichen  und 
weltlichen  Kategorien  geschieden.  In  n®  299  werden  jene  mit  einer  eigenen 
Fassung  bedacht,  und  derselben  die  ErzbischOfe  ohne  Wahlstimme  als  besondere 
Kategorie  untergestellt,  während  die  episcopi  (nicht  aber  auch  die  abbates  feu' 
datarii)  erst  in  der  folgenden  Fassung  besonders  auftreten.  Sind  dergestalt  die 
geistlichen  Fürsten  wenigstens  zum  Grosstheil  in  drei  Kategorien  erschöpft,  so 
werden  die  weltlichen  WahllÜrsten,  für  welche  der  Uauptbrief  gelten  soll,  doch 
vrieder  in  der  Adresse  der  nächsten  Fassung,  welche  die  »unirersi  principes, 
duces'  etc.  anredet,  einbegriffen.  Aber  entscheidend  für  die  verschiedene  Be- 
urtheilung,  welche  die  Concepte  von  n®  299  und  S44  er&hten  müssen,  scheint 
mir  zu  sein ,  dass  in  ersterem  bei  allen  Fassungen  ein  jenem  unterscheidenden 
Satze  »cum  vos  tamquam*  analoger  in  entsprechenden  Abstufungen  angewendet 
wird. 

<)  Vgl.  hierüber  R.  St.  I.  2S6  u.  ff.,  und  iür  die  erste  Hälfte  des  Jahr- 
liunderts  im  besondem  Rodenberg's  bereits  erwähnte  Abhandlung,  welche  mir 
für  die  folgenden  Ausführungen  mannigfache  Anregung  gegeben  hat.  *)  Die 
Ausdrücke,  mit  denen  die  Kürzungen  angezeigt  werden,  sind  durchaus  dieselben, 
besonders  deutlich  wird  dies  bei  den  LegationspriTÜegien ,  die  stets  in  grosser 
Anzahl,  aUe  mehr  oder  minder  verkürzt,  im  Registmm  eingetragen  sind  nnd  eine 
-vollkommen  gleiche  Anlage  aufweisen,  wie  die  in  der  Sammlung  unter  n^  685 
'bis  716  verzeichneten.  Auch  die  Disposition  der  I.  e.  m.  Sätze  ist  analog;  so  wird 
in  n®  570  —  der  einzigen  Wahlbestätigung  eines  £rzbischo&,  welche  die  Samm<' 
Inng  darbietet  ^  die  im  Registrum  ständig  anftretende  Reihenfolge  der  I.  e.  m. 

40* 


628  Ealtenbrunner. 

aufdrängen,  wenn  wir  bei  einem  und  demselben  Briefe  vollkommene 
Debereinätimmung  der  Eintracpingen  im  B^^trum  und  in  der  Samm- 
lung constatiren.  Ich  kann,  gestützt  auf  eine  Beihe  von  Collationen, 
die  ich  zwischen  dem  Begistrum  Martin  IV.  und  A  anstellte,  ver- 
sichern, dass  nicht  blos  in  den  beiderseitigen  Eintragungen  &8t  voll- 
kommene üebereinstimmung  der  Texte  herrscht,  sondern  dass  anch  die 
Kürzungen  desselben  an  denselben  Stellen  und  im  gleichen  Ausmaasse 
stattfinden  ^).  Desgleichen  fand  ich  bei  mehreren  Le.nL  Sätzen  wört- 
liche üebereinstimmung  und  vollkommen  gleiche  Disposition  bis  auf 
das  räumliche  Ausmaass  der  einzelnen  Zeilen.  ^  Da  kann  man  denn 
doch  nicht  annehmen,  dass  der  Begistrator  die  Briefe,  die  ihm  in 
extenso  grossirt  vorlagen,  zufalliger  Weise  ebenso  gekürzt  und  dia- 
ponirt  habe,  wie  vorher  der  Concipist  sie  geschrieben  hatte,  sondern 
die  üebereinstimmung  muss  dadurch  erklärt  werden,  dass  ersterem 
unmittelbar  das  Elaborat  des  letzteren  vorlag.  Femer  wird  dies  durch 
die  Thatsache  bekräftigt,  dass  die  im  2.  Begisterbande  Nicolana  UI. 
zu  epp.  22.  23  A.  II  eingetragene  Note  «fuit  autem  facta  huiusmodi 
sab  diversitate  salutationem  **  etc.  (mitgeth.  B.  Si  L  265)  sich  wort- 
lich übereinstimmend  in  A  und  B  zu  denselben  Briefen  (n^  591.  592) 
vorfindet^),  wie  denn  auch  sonst  Analogien  zwischen  Noten  im  Be- 
gistrum und  in  diesen  Handschriften,  deren  Bedacteure,  wie  wir  sahen, 
die  von  Berardus  auf  seinen  Concepten  angebrachten  Noten  herüber- 
nahmen, bestehen^). 


Sätsse  (Sufiraganeis,  clero,  populo,  vasallis,  regi)  eingehalten.  Ja  dies  entre<^ 
sich  auch  auf  Aeusserlichkeiten :  die  von  mehreren  Adressaten  zu  einen  f&r  sie 
gemeinsam  geltenden  Satz  gezogenen  Linien,  wie  wir  sie  bei  n*  299  in  A-B  finden, 
begegnen  ims  in  vollkommen  gleicher  Anordnung  auch  in  Tom.  IL  Nioolans  IlL 
(vgl.  das  Facsimile  in  Mitth.  Bd.  V). 

>)  Allerdings  fand  ich  bezüglich  des  Ausmaasses  der  Kürzungen  auch  eine 
Abweichung,  nämlich  bei  n'^  C77,  dessen  Beginn  A  und  das  Registrum  in  fol- 
gender Weise  yerschieden  verkürzt  bringen: 


A :  Solebat  hactenus  etc  usque  absque  spe 
proxime  facultatis  similis  impedire  etc. 


R:  Solebat  hactenus  mater 
ecclegiastiea  etc  usque  similis  impedire  etc 


Aber  einer  ganz  gleichen  Differenz  begegneten  wir  auch  früher  (bei  n®  299) 
zwischen  A  und  B ;  wir  werden  sie  also,  sowie  dort  auch  hier,  auf  eine  Oorrector 
des  Conceptes  zurückfahren,  die  von  der  einen  Handschrift  ^berücksichtigt,  toh 
der  andern  ausser  Acht  gelassen  wurde.  ')  Auch  die  Dispontion  des  zweiten« 
verkürzt  eingetragenen  Briefes  stimmt  wörtlich  mit  der  vorher  pag.  622  mit* 
getheilten  von  A  und  B  Überein.  ')  Im  besondem  sei  darauf  hingewieaen,  das 
die  Noten  zu  n^  480.  481  ebenso  Abänderungen  des  Diaposition  Über  approbute 
und  ezpedirte  Briefe  anzeigen,  wie  es  die  zu  den  epp.  4  n.  7  (P.  21SS2.  81)  im 
A.  I  des  2.  Bandes  Nicolaus  IIL  (v.  Zaccagni  Dissertatio  App.  n®  45  n.  54)  thon« 


RömiBche  Stadien  IIL  629 

• 

Wenn  es  somit  unzweifelhaft  ist,  dass  die  Goncepte  des  Berardus 
zugleich  zur  Registnrung  verwendet  worden  sind,  so  stossen  wir  doch 
auch  auf  bemerkenswerthe  Abweichungen,  bei  denen  eine  directe  Be- 
nützung der  Yon  den  Handschriften  überlieferten  Goncepte  seitens  des 
Begistrums  geradezu  ausgeschlossen  ist:  Wenn  esnochauf  Aenderungen 
zurückgeführt  werden  konnte,  die  über  weitere  Entschliessungen  ge- 
legentlich der  Vorlage  zur  Approbation,   oder  anderer  Erwägungen 
halber  (weil  es  der  Sitte  widersprach?)  am  Goncepte  gemacht  worden 
waren,  dass  die  Encyclica  Gregor  X.  (n^^  144.   145)  in  den  Hand- 
schriften^) am  4.  März,  d.  L  vor  der  Gonsecration,  und  zwar  voll- 
kommen stilgemäss  nicht  blos  in  der  Datirung,  sondern  auch  im  Titel 
des  Papstes  und  durch  Beifügung  der  Formel  .  Ne  mireris  quod  buUa 
nostra",  gegeben  erscheint,  während  sie  im  Begistrum  erst  am  23.  IIL 
d.  i.  nach  der  Krönung,  datirt  ist,  so  wird  eine  derartige  Erklärung 
in  folgendem  Falle  ausgeschlossen:  N<^  522  und  525  der  Sammlung 
beherrschen  zwei  unmittelbar  aufeinanderfolgende  Stadien  der  fran- 
zosisch-castilischen  Angelegenheit,  indem  sie  in  ihren  ersten  Theüen 
mit  gleichen  Worten  die  Ernennung  des  als  Legaten  thätigen  Minoriten- 
generals  Hieronymus  zum  Gardinal  proclamiren.    Ihre  zweiten  Theile 
handeln  von  dessen  Bückkehr  «derart,  dass  in   522  eine  bestimmte 
Weisung  hierüber  in  Aussicht  gestellt  wird,  sobald  ein  erwarteter 
Bericht  der  beiden  Legaten  eingelangt  sein  werde,  in  525  dagegen 
dieselbe  nach  der  inzwischen  erfolgten  Ankunft  des  Legationscuriers 
wirklich  ertheilt  wird.     526  führt  diese  Weisuncren  des  näheren  aus 
und  527.  528  sind  die  Pässe  für  die  zurückberufenen  Legaten;   sie 
sind  alle  drei  mit  ,Dai  ut  supra*  versehen,  und  verweisen  damit  auf 
den  24.  April,   an   dem   525   approbirt  ist    Auch  523.  524,   welche 
specielle,  die  Bückkehr  unberücksichtigt  lassende  Weisungen  an  Hie- 
ronymus und  seinen  GoUegen  enthalten,  beziehen  sich  (wahrscheinlich 
wie  die   früheren  anticipirend)  mit  einem  «Dai  ut  supra*  auf  das 
Datum  der  ersten  Promotionsurkunde,  die  aber  in  NP  (welcher  allein 
diese  Briefgruppe  aufgenommen  hat)  nur  mit  «Datetc*  versehen  ist; 
es  ist  jedoch  ziemlich  sicher,  dass  dieselbe   vom  4.  April  datirt  ist, 
denn  sie  ist  verkürzt  mit  Beziehung  auf  521,  d.  i  die  Promotion  des 
Erzbischofs  von  Ganterbury  zum  Gardinalbischof,   welche  den  4.  IV. 
als  Datum  aufweist,  eingetragen.    Die  Verweise  mit  «Dai  ut  supra*, 
vor  allem  aber  der  Umstand,  dass  die  zweite  Promotionsurkunde  (525) 
nach  den  ersten  Worten  abbricht,  und  mit  einem  «etc.  ut  in  tertia 
superiori*  auf  die  erste  (522)  verweist,  lassen  wol  die  Annahme  zu, 

I)  YgL  p,  11-7. 


680  Kalteubrunner. 

dasB  alle  diese  Concepte  inclusive  521  auf  einem  Blatte  resp.  einer 
Lage  Ton  Berardus  geschrieben  worden  seien.  Haben  wir  hier  eine 
vollständig  klare  Entwicklung  des  Geschäftes  vor  uns,  so  ist  dies 
nicht  so  im  Begistrum,  in  welchem  epp.  cur.  20  —  26  A.  I  darüber 
handeln.  Wol  ist  das  zweite  Stadium  ebenso  vollständig  wie. in  NP 
enthalten^  aber  es  schiebt  sich  zwischen  die  zweite  Promotionsurkunde 
(22)  und  die  drei  andern  Briefe  die  des  Erzbischofs  von  Gantebury 
als  ep.  23  ein.  Im  ersten  Stadium  aber  fehlt  die  Promotionsurkunde 
ganz,  während  die  speciellen  Weisungen,  nun  vom  4.  April  datiri, 
an  erster  Stelle  (epp.  20.  21)  eingetragen  sind.  Die  im  Register 
fehlende  erste  Promotionsurkunde  muss  aber  erlassen  sein,  sofern  dies 
mit  den  am  4.  IV.  ausgesprochenen  Weisungen  von  epp.  20.  21.  ge- 
schehen ist,  denn  in  diesen  wird  Hieronymus  bereits  als  acardinalis 
S.  B.  ^.  quondam  minister  generalis  O.TJL*  angesprochen.  Wir  können 
also  ihr  Fehlen  im  Begistrum  nicht  auf  eine  Cassirutig  ihres  in  NP 
eingeschriebenen  Conceptes  zurückf&hren ,  sondern  müssen  ihre  Ver- 
nachlässigung durch  das  Begistrum  annehmen.  Schon  dieser  ümstandi 
sowie  die  verschiedene  Stellung  der  Promotionsurkunde  des  Erzbischofs 
von  Gantebury  weisen  darauf  hin,  dass  die  Vorlage  von  NP  nicht  die 
des  Begistrums  sein  könne,  es  wird  dies  aber  zur  Qewissheit,  wenn 
wir  die  in  jenem  verkürzt  eingetragene  zweite  Promotionsurkunde  hier 
in  extenso  vorfinden.  Das  alles  erklärt  sich  wieder  am  natürlichsten 
dadurch,  dass  wir  zwischen  dem  von  NP  benützten  Concepte  und  der 
Orossirung  Transcriptionen  annehmen,  welche  die  Vorlage  des  Be- 
gistrums gebildet  haben. 

Beachtenswerthe  Differenzen  ei^eben  sich  ferner  in  der  Behand- 
lung der  Adressaten  von  Bundschreiben.  Sowie  bei  der  Encydica 
Nicolaus  lU.,  deren  Conoept  wir  bereits  einer  Betrachtung  unterzogen 
haben,  finden  wir  auch  bei  den  von  Johann  XXL  (n^  459)  und 
Martin  IV.  (n^  604)  als  alleinige  Bepräsentantin  der  Eirchenprovinaen 
die  von  Tours  auftreten,  und  so  wenig  wie  in  jener  wird  hier  die 
Vervielfältigung  dieses  Exemplars  für  alle  durch  einen  allgemein  ge- 
haltenen oder  specificirenden  I.  e.  m.  Satz  angezeigt  Ganz  analoges 
Verhalten  sehen  wir  auch  bei  n^  146,  dem  ersten  Ausschreiben  des 
Lyoner  Goncils  (P.  20525.  27);  auch  hier  ist  die  Provinz  Tours  Be- 
präsentantin für  alle  —  allerdings  nur  in  einer  Gruppe  der  Hand- 
schriften, denn  in  den  Epistolae  Notabiles  hat  das  Exemplar  die 
Adresse :  « archiepiscopo  et  episcopis  ac  dilectis  filüs  abbatibus  etc.  per 
provindam  constitutis',  was  deutlich  die  Auslassung  des  Namens  der 
Provinz  erkennen  lässt  Noch  weiter  gehen  die  Handschriften  ge- 
meinsam bei  n"  1175  (zweites  Ausschreiben  P.  20716.  17),  indem  sie 


ROmuche  Stadien  III.  631 

der  Fassung  f&r  die  Geistlichen  gar  keine  Adresse  yorsetzen,  und  das- 
selbe ist  mit  Ausnahme  von  NO,  der  das  Exemplar  an  den  Patriarchen 
von  Jerusalem  bestimmt,  bei  der  Encyclica  Gregor  X.  (n^  144)  der 
Fall,  wobei  nur  anzufahren  ist,  dass  NF  hiebei  die  generalisirende 
Adresse  «Prelatis*  vorsetzt,  welche  sie  von  der  folgenden,  für  die 
weltlichen  Fürsten  bestimmten  Fassung  scheiden  solL  Lassen  wir  es 
dahin  gestellt  sein,  ob  diese  Markirung  vom  Goncipisten  selbst  oder 
erst  von  NP  angebracht  wurde,  so  lässt  die  sonstige  Uebereinstimmung 
der  Handschriften  doch  den  Schluss  zu,  dass  die  von  ihnen  ohne 
Adresse  gelassenen  Fassungen  auch  auf  dem  Concepte  eine  solche 
nicht  gehabt  haben« 

Zu  dieser  Annahme  stehen  nun  die  früher  angef&hrten  Adressen 
nicht  nur  nicht  im  Widerspruch,  sondern  sie  bekräftigen  sie;  denn 
wir  begegnen  bei  den  betreffenden  Briefen  im  Begistrum  nicht  der 
Proyinz  Tours,  sondern  dreimal  Sens  und  einmal  (bei  Johann  XXL) 
Bheims^),  und  zwar  ebenfalls  ohne  irgend  einen  L  e.  m.  Satz.  Es  ist 
nicht  denkbar,  dass  vollkommen  gleichlautende  Briefe  zweimal  con- 
cipirt  worden  sein  sollten,  und  auch  der  Ausw^,  dass  ja  grossirte 
Ausfertigungen  bei  der  Begistrirung  verwendet  worden  sein  könnten, 
verschliesst  sich  sofort,  wenn  wir  bei  der  Encyclica  Nicolaus  III.  nach 
dem  an  die  Provinz  Sens  adressirten  Hauptbrief  den  an  den  König 
von  Frankreich  verkürzt  eingetragen  und  ihm  dieselben  zwei  L  e.  mu 
Sätze  mit  der  Clausel  «amotis  tui  specialiter*  (vgl.  p.  620)  wie  in  der 
Sammlung  angehängt  finden.  Er  verschliesst  sich  femer  auch  da-> 
durch,  dass  die  Adresse  bei  Johann  XXI.  im  Begistrum  ganz  un- 
kanzleigemäss  lautet:  «Archiepiscopo  Bemensi  et  dioecesanis  Be- 
mensibus**)i  Da  bleibt  also  nur  die  Erklärung  offen,  dass  die  Concepte 
dieser  Briefe  überhaupt  keine  Adresse  hatten  und  dass  ihnen  einer- 


0  Rajnald  oonstatirt  mehnnaU  diese  Differens  zwischen  dem  Begistnmi  und 
dem  von  ihm  benütasten  NO.  *)  Hier  ist  auch  heranzuziehen,  dass  im  Register- 
fragmente  Gregor  X.  das  erste  Lyoner-Ausschreiben  als  ep.  19  (unser  n^  146) 
weder  an  den  Erzbischof  von  Sens,  noch  an  den  von  Tours,  sondern  sn  den 
Ffttziarchen  von  Jerusalem  adreäsirt  ist  Ich  vermag  jedoch  nicht  anzugeben,  ob 
die  Faasongen  nicht  doch  in  etwss  abweichen  (sie  ist  hier  auch  um  1  Tag  später 
datirt  P.  20527),  so  dasa  wir  vielleicht  doch  selhständigeB  Goncept  oder  eine 
Ttanscription  des  ursprttoglich  mit  Bezug  auf  andere  Fassungen  verkürzt  ein- 
getragenen Oonceptes  vor  uns  haben.  Auch  bei  der  Encyclica  Martin  IV.  schliesst 
sich  in  NP  an  ihre  ersten  zwei  Fassungen  noch  ein  verkürzt  eingetragenes  Exem- 
plar an  den  Patriarchen  von  Jerusalem  (n®  606)  an,  und  bei  der  Encydioa  Ni- 
oolans  EL  fuiden  wir  ja  eine  ganze  Reihe  solcher  verkürzt  eingetragener  Fas- 
sungen vor« 


632  Ealtenbranner. 

seits  regelmässig  bei  der  Begistrirung,  andererseits  theilweise  bei  An- 
legung unserer  Handschriften  willkürlich  solche  gegeben  wurden^). 
Das  ist  das  gleiche  Besnlta^t,  zu  dem  Bodenberg  (a.  a»  0.  546) 
bei  Prüfung  der  Eintragungen  mehrerer  Encyclicae  Gregor  IX.  und 
Innocenz  IV.  gelangt  ist,  und  auch  die  daran  sich  schliessende  Folge- 
rung, dass  für  derartige  den  Encyclicae  angehängte  Lern.  Sätze  Tom 
Concepte  getrennte  Schedae  die  Vorlage  gebildet  haben,  finden  wir 
f&r  unsere  Zeit  bestätigt :  Schon  beim  Concepte  der  Encydica  Nicolaos  IIL 
fassten  wir  den  Satz  ,in  provinciis,  in  quibus*  etc.  als  eine  W^nng 
för  die  Benützung  eines  Provincl^les  bei  der  Anfertigung  der  einzelnen 
Exemplare  auf,  und  dass  bei  jenen  Briefen,  welche  ihrer  Katur  nach 
an  alle  Provinzen  in  je  einem  Exemplare  gehen  sollten,  auch  im  Be- 
gistrum  keine  I.  e.  m.  Sätze  auftreten,  scheint  darauf  hinzudeuten, 
dass  ein,  ein  für  allemal  festgestelltes  Schema  hiefUr  benützt  wurde. 
Denn  in  andern  Fällen,  wo  sich  die  Verallgemeinerung  des  Erlasses 
nicht  auf  mit  bestimmten  Würden  bekleidete  Adressaten  bezog,  son- 
dern wo  Ernennungen  stattfinden,  welche  sich  in  eine  in  der  christ- 
lichen Welt  vorzunehmende  Arbeit  theilen  sollten,  da  finden  wir  im 
Begistrum  unserer  Zeit  eben  solche  I.  e.  m.  Sätze  eingetragen.  Gerade 
hiebei  ist  aber  des  weitern  sein  Verhältnis  zu  unserer  Sammlung  lehr- 
reich, indem  es  die  früher  aufgestellte  Behauptung  bestätigt:  n^'  307 
(Ernennung  der  CoUectoren  P.  20925)  trägt  im  Begistrum  (A.  IIL 
cur.  96)  die  Adresse  des  Boemundus  von  Asti  für  Schottland,  in  der 
Sammlung  dagegen  die  des  Patriarchen  von  Jerusalem  f&r  die  irans- 
marinen Gebiete.  Während  in  letzterer  der  Brief  ohne  weitere  L  e.  m. 
Sätze  steht,  schliesst  sich  an  ihn  in  jenem  eine  lange,  erschöpfende 
Beihe  von  Adressaten  an,  an  deren  Spitze  der  Patriarch  von  Jerusalem 
steht.  Hier  ist  also  die  Adressaten-Scheda  ins  Begistrum  übergegangen» 
aus  der  der  Begistrator  willkürlich  eine  Adresse  für  den  Brief  selbst 
auswählte,  während  die  Handschriften  für  das  ihnen  eben&Ils  un- 
adressirt  vorliegende  Concept  den  ersten  Adressaten  der  Scheda  heraus- 
hoben*). T-  Ganz  analog  ist  das  Verhältnis  bei  einem  Bundschreiben 


^)  Auch  die  in  den  Varia  dea  DV  befindlichen  Encyclicae  weisen  ganz  ana- 
loge Differenzen  mit  dem  Registram  auf:  Nicolaus  IV.  R.  keine  Adiesse;  DT 
Arohiepiscopo  Lugdunensi.  —  Cölestin  V.  R.  Archiepiscopo  Ravennati ;  DV  Axchi- 
episcopo  Bituricensi.  —  Boni£ELz  YIII.  R.  Archiepiscopo  Senonensi;  DV  keine 
Adresse.  —  Benedict  XL  R.  Archiepiscopo  Mediolanensi ,  mit  I.  e.  m.  Regi  •  .  . 
illustri.  I/e.  m.  sufiraganeis  et  capitolo  ecclesie  Ravemmtezisis  (unkaazleigemSaB) : 
DV  Regi  Sicilie.  Nur  die  von  Honorius  IV.  ist  in  beiden  Sammlungen-ohne  Adresse 
gelassen.  >)  Die  Scheda  hatte  Tollkommen  analoge  Anlage  wie  das  Oonoepi 
ven  n^  451  (v.  pag.  618);  der  erste  Satz  lautet:  ,1.  e.  m.  Patriarche  JeroioliiBi' 


Römische  Studien  HL  633 

über  die  Ereuzpredigt  n^  308  (P.  20920. 32),  welches  übereinstimmend 
in  der  Sammlung  die  Adresse  des  Bheimser  Erzbischofs  trägt,  wäh- 
rend im  Begistrum  (A.  III.  ep.  cur.  94)  der  Erzbischof  von  York  an 
der  Spitze  steht;  auch  hier  folgt  in  ihm  die  Abschrift  der  Adressaten- 
scheda,^  aus  der  yerschiedene  Zeilen«  für  die  Sammlung  und  das  Be- 
gistrum herausgehoben  wurden.  Dagegen  hat  n^  350  (F.  20685), 
das  im  Begistrum  (A.  I.  ep.  cur.  65)  mit  der  Adresse  des  Erzbischofs 
Yon  Drontheim  und  zahlreichen  I.  e.  m.  Sätzen  eingetragen  ist,  in  der 
Sammlung  gar  keine  Adresse^).  ' 

Auch  ftLr  die  Ausfertigungen  an  weltliche  Grosse  müssen  Adressaten- 
Schedae  üblich  gewesen  sein,  denn  wir  finden  ein  solches  eingetragen 
im  Begistrum  bei  P.  20717  unter  ep.  cur.  5  A.  II,  nachdem  der  Haupt- 
brief an  den  König  yon  Frankreich  adressirt  ist;  in  der  Sammlung 
dagegen  (n^  276)  wird  aus  ihr  der  König  von  Gastilien  herausgegriffen, 
ohne  dass  die  I.  e.  m.  Sätze  selbst  Aufnahme  gefunden  haben.  Sonst 
allerdings  tritt  bei  allen  in  Betracht  kommenden  Briefen  (abgesehen 
▼on  der  Encyclica  Gregor  X.,  bei  der  in  mehreren  Handschriften  der 
Adressat  fehlt)  im  Begistrum  und  in  der  Sammlung  der  König  von 
Frankreich  als  Adressat  auf,  welche  Uebereinstimmung  jedoch,  auch 
bei  Annahme  der  nachträglichen  Setzung,  bei  der  hervorragenden 
Stellung  des  allerchristlichsten  Königs  wenig  Auffalliges  an  sich  hat*)« 

tano,  in  omnibu^  partibns  tranBinariniB*. .  Bas  YerzeiclmiB  der  I.  e.  m.  S&tze  vor 
n®  451  werden  wir  aber  doch  auf  dem  Concepte  selbst  stehend  annehmen,  da 
sich  in  ihnen  Verweise  auf  den  Hauptbrief  vorfinden.  Es  gab  eben  Uebergänge^ 
wie  der  sicherlich  auf  dem  Concepte  selbst  aDgebrachte  Satz  bei  n^  895  ,1.  e.  m. 
eidem  Electo  pro  regno  Scotie«  lehrt. 

*)  Das  gleiche  ist  der  Fall  bei  den  im  Registmm  fehlenden  n®  211—219 
nnd  n®  280.  281,  die  sicherlich  auch  bestimmt  waren,  in  sahlreichen,  mit  ver- 
schiedenen Adressen  versehenen  Exemplaren  auszulaufen.  *)  Mit  Ausnahme 
der  von  Martin  IV.  haben  alle  Encyclicae  eine  zweite  Fassung  -tax  die  Könige  der 
an  die  geistlichen  Fürsten  nachgesetzt.  Dort  beruht  das  Fehlen  aber  sicher  nur 
auf  einem  Versehen  des  Registrums,  denn  die  an  den  König  yon  Frankreich 
adreasirte  Fassung  an  die  Königei  welche  in  NP  auftritt,  wird  dadurch  nicht  blos 
im  Concepte,  sondern  auch  in  ihrer  Ausfertigung  beglaubigt,  indem  Rymer  das 
Exemplar  an  den  englischen  König  (P.  S17S9)  aus  einem  Empftnger- Archive  ab- 
drucken kann.  Ob  diese  Ausfertigung  auch  f&r  den  König  von  Frankreich  be- 
stimmt war,  ist  freilich  zweifelhaft,  denn  Martin  IV.  hatte  schon  vor  der  Krönimg 
demselben  (P.  217S6)  und  seiner  Gemahlin  die  Wahl  angezeigt,  was  uns  einzig 
durch  NP  und  SS  (n<>  601.  602)  überliefert  vrird.  An  sich  ist  diese  ungewöhn- 
liche Eile,  als  welche  sie  selbst  in  den  Briefen  bezeichnet  wird,  durch  die  per- 
sönlichen Beziehungen  des  Franzosen  und  langjährigen  Legaten  in  Frankreich 
zum  Königspaare  erklärbar,  und  es  ist  sicherlich  nicht  ausgeschlossen,  dass  nicht 
auch  die  formelle  Encyclica  noch  nachher  an  den  französischen  König  geschickt 
worden  sei. 


634  Kaltenbrunner. 

Nor  in  einem  Falle  können  wir  diese  Annahme  entschieden  nichi 
aufrecht  halten,  sondern  müssen  die  ursprüngliche  Setzung  des  Adres- 
saten auf  dem  Concepte  voraussetzen,  nämlich  bei  der  Encyclica 
Nioolaus  III.,  denn  bei  ihr  werden  übereinstimmend  im  Begisfrum 
und  in  der  Sammlung  dem  französischen  Könige  die  andern  gegen- 
übergestellt. Eine  Specification  der  Könige  findet  mit  der  schon  be- 
rührten Ausnahme  bei  n^  276  in  keinem  der  Briefe  statt,  wol  aber  heisst 
es  bei  der  Encyclica  Johann  XXI.  (n^  460)  übereinstimmend:  .1.  e.  m. 
aliis  regibus.  I.  e.  m.  aliis  magnatibus  v.  c.  m.*  und  bei  n^  147  im 
Registrum,  nicht  aber  auch  in  der  Sammlung:  .L  e.  m.  scribitur 
singulis  aliis  regibus**,  was  wol  dem  n^'  238  in  der  Sammlung  bei- 
geschriebenen «I.  e.  m.  scribendum  est  singulis  civitatibus  Lombardie' 
an  die  Seite  zu  stellen  ist^).  Auch  da  kann  ein  Schema  für  den 
Kanzleigebrauch  aufgestellt  gewesen  sein,  aber  schwerlich  wird  es  ohne 
specielle  Weisungen  von  den  Grossatoren  gehandhabt  worden  sein'), 
wenn  auch  nicht  wie  bei  der  Encyclica  Nicolaus  III.  eine  besondere 
Bevorzugung  des  einen  oder  andern  Königs  beliebt  wurde.  —  Bei 
derselben  fanden  wir  nach  den  Briefen  an  die  Könige  eine  Reihe 
weiterer  Fassungen,  zum  Theil  mit  L  e.  m.  Sätzen  versetzt,  vor,  und 
unter  den  letzteren  mussten  wir  den  Satz  .  L  e.  m.  scriptum  est  aliis 
comitibus'  als  einen  historischen  Vermerk  des  Berardus  erklären. 
Qetaz  abweichend  stellt  sich  nun  das  Registrum  dar,  denn  es  f&gt  dem 
Satze  ,,1.  e.  m.  aliis  regibus  **  einfach  «I.  e.  m.  aliis  comitibus  et 
nobilibus  v.  c.  m.*  bei.  Hier  haben  wir  die  Weisung,  dass  die  Pas- 
sung an  die  Könige  unter  Vorbehalt  der  nöthigen  Titulaturänderungen 
auch  fdr  diese  Kategorien  von  Adressaten  zu  benützen  sei ;  dort  den 
Vermerk,  dass  wirklich  an  Grafen  geschrieben  worden  ist.  Aber  es 
geschah  dies  in  anderer  Weise,  denn  der  Vermerk  steht  nach  einer 
besondem  an  den  Grafen  von  Alen9on  adressirten  Fassung.  Dieser 
offenkundige  Widerspruch  kann  nur  dadurch  erklärt  werden,  dass  wir 
zwei  verschiedene  Stadien  der  Anlage  des   Conceptes  in  den  gegen- 


'j  In  der  That  sind  von  allen  in  Betracht  kommenden  Eiu^clicae,  sowie 
von  den  beiden  ConcilsauBSchreiben  Gregor  X.  Exemplare  an  den  Eogliacheii 
König  durch  Bymer  bekannt  gemacht;  von  der  Encyclica  Johann  XZL  keimea 
wir  auch  ein  Exemplar  an  den  König  von  Majorka  u.  s.  f.  *)  Welche  Geeicht«- 
punkte  hei  Erlassung  der  Exemplare  mafiagebend  sein  konnten,  lehrt  eine  Kote 
za  DV  ep.  S69  d.  i.  die  an  den  König  von  Frankreich  adreasirte  Einladung  Eom 
Concil  vonVienne  durch  demens  V.:  >I.  e.  m.  scriptum  fiiit  XV  Regibos,  vide- 
licet  Anglie.  Sidlie  et  Friderico  Trinacrie.  Cipri.  Ungarie.  Boemie.  Norweie.  Daoie. 
Swide.  Navarre.  Caatelle.  Maioricarum.  Aragonum  et  Portagalie.  I^on  foitecrip 
tum  Begi  Alamannie,  cum  non  esset  confirmatua,  Begi  Armenorum  propler  distu* 
tiam  nee  Regi  Sardinie.« 


RGmifiche  Studien  IIL  635 

überstehenden  Sammlungen  vor  uns  haben,  und  wenn  wir  dem  Ver- 
merke ,1.  e.  m.  scriptum  est*  überhaupt  Glauben  sehenken  dürfen, 
so  müssen  wir  das  im  Berardus  überlieferte  unbedingt  als  das  spätere 
erklären,  ohne  dass  wir  es  aber  an  sich  schon  geeignet  zur  üeber- 
gäbe  an  den  Grossator  ansehen  könnten^). 


0  Scheint  es  durch  diese  Verhältnisse  verbürgt  zu  sein,  dass  Bundschreiben 
auf  dem  Concepte  keine  Adressen  hatten,  so  bleibt  noch  zu  erklären,  wie  in  unsere 
Handschriften  mehrmals  ein  und  derselbe  Adressat  gelangt  ist.  Das  kann  natür- 
lich nicht  ZuflEÜl  sein,  sondern  muBs  auf  Nachtragungen ,  die  an  den  Concepten 
angebracht  waren,  beruhen.    Die  Frage  aber,  wer  sie  vorgenommen  hat,  ist  mit 
Sicherheit  nicht  zu  beantworten.    Dass  sie  nicht  gelegentlich  der  Registrinmg 
geschahen,  ist  klar,  denn  dann  mttssten  ja  in  den  Handschriften  die  Adressaten 
des  Registnuns  erscheinen;  sondern  dort  fimd  ihre  Ergänzung  unmittelbar  ohne 
Vorschreiben  statt,  wobei   das  Ueberwiegen  der  Kirchenprovinz  Sens  auf  tra- 
ditioneller Fortpflanzung  beruhen  mag.    Sie  kann  aber  auch  in  ihrer  Gesammt- 
heit  nicht  dem  Bedacteur  einer  bestimmten  Handschrift  zugewiesen  werden,  wo- 
bei wir  in  erster  Linie  an  den  von  A,  welcher  sonst  nach  mancher  Richtung  hin 
die  Concepte  präparirt  hat,  denken  konnten,  denn  nachgetragene  Adressen,  und 
im  speciellen  die  des  Erzbischoft  von  Tours,  treten  auch  in  Briefen  au£  die  nicht 
durch  seine  Hand  gegangen  sind.    Andererseits  aber  weist  A  solche  in  n^  146 
und  276  auf,  so  dass  sie  auch  nicht  erst  dem  Zusammensteller  der  den  Epistolae 
Notabiles  zu  Grunde  liegenden  Beihe  zugeschrieben  werden  dürfen.    Vielleicht 
aber  hat  der  Bedacteur  von  A  durch  die  beiden  Nachtragungen  jenem  Anregung 
zu  den  andern 'gegeben,  denn  die  beiden  angefahrten  Briefe  sind  in  der  grossen 
Beihe  die  ersten,  bei  denen  wir  mit  diesen  Verhältnissen  zu  rechnen  haben«  Das 
ist  natürlich  nur  eine  Vermuthung,  aus  deren  Bereich  wir  ja  bei  mancher  über 
unseren  Gegenstand  au%eworfenen  und  au&uwerfenden  Frage  nicht  hinauskommen 
können. 


Kleine  Mittheilungen. 

Vmi^rMhei  im  larkgrtfM  OtU  in.  vm  Bnidaibvg  u  OtMir  tm  Mm 

betreib  der  rUnseheil  UlipWfthl  (1212).  Palacky  hat  ^)  eine  undatirte  Ur- 
kunde eines  Markgrafen  Otto  von  Brandenburg,  in  welcher  dieser  einem 
nicht  mit  Namen  genannten  König  Ton  Böhmen  unter  Anderem  yer- 
spricht,  bei  der  Wahl  eines  römischen  Königs  nur  nach  seinem  Willen 
stimmen  zu  wollen,  auf  die  Verhandlungen  vor  der  Wahl  Adolfs  von 
Nassau  bezogen,  und  Alle,  die  sich  mit  Adolfs  Wahl  beschäftigt  haben, 
sind  ihm  darin  gefolgi  Mit  Becht  aber  hat  vor  Kurzem  Scheffer- 
Boichorst  darauf  hingewiesen,  dass  die  von  Palacky  getroffene  Be- 
ziehung des  Actenstückes  eine  irrthümliche  ist*). 

Man  darf  in  der  That  nur  die  vollständig  herausgegebene  Ur- 
kunde') mit  einiger  Aufmerksamkeit  durchlesen,  um  sich  zu  über- 
zeugen, dass  Palackys  Einreihung  derselben  ganz  unhaltbar  ist  Der 
Markgraf  Otto  von  Brandenburg  nimmt  in  seiner  dem  böhmischen 
König  ausgestellten  Urkunde  aus:  exceptis  . . .  fratre  nostro  germano 
domino  Johanne  marchione  Brandeburg.  —  in  der  Zeit  aber,  auf  die 
Palacky  die  Urkunde  bezog,  in  der  die  Verhandlungen  vor  der  Wahl 
Adolfs  1291 — 1292  stattfanden,  gab  es  gar  kein  Bruderpaar  im  Hanse 
der  Markgrafen   von   !ßrandenburg  mit  Namen  Otto   und  Johann^). 


<)  Geschiclite  von  Böhmen  II,  1.  S.  869  Anm.  488.  *)  Scheffer-Boichont^ 
Zur  Geschichte  der  baierischen  und  pfiJzischen  Kor,  Sitz.-Ber.  der  phÜM.-phÜoL 
und  historiBchen  ClaBse  der  k.  bayer.  Akademie  der  WiBsenBchaften  1884  Heft  IH 
497  Anm.  8 ;  »Dagegen  hat  Palacky  auf  derselben  Seite  —  wie  ich  doch  bemerken 
will  —  einen  Irrthum  begangen,  der  ihm  vielfoch  nachgeschrieben  worden  ist« 
und  zwar  auch  von  solchen,  die  es  besser  wissen  konnten.  Denn  die  Urkunde 
üttot)  von  Brandenburg,  die  Palacky  zur  Wahl  Adolft  gezogen  hat,  ist  ein  Ver- 
trag Ottos  mit  seinem  Schwager,  dem  1278  gefallenen  König  Ottokar.  Das  war 
aus  Palackys  Citate  nicht  zu  ersehen,  wohl  aber  aus  dem  vollstfindigen  Druck 
der  Urkunde,  der  seit  1868  in  dem  Formelbuch  des  Heinricus  Italiens  vorUegt 
ed.  Voigt  p.  60.*  >)  Archiv  für  Kunde  österr.  Geschichiaquellen  XXH,  50. 
«)  Palacky  bezog  die  Urkunde  auf  Otto  den  Langen  (t  1298),  dessen  Bruder  Jo- 


Verspr.  d.  Markgr.  Otto  III.  r.  Brandenburg  an  Ottok.  y.^BOhmen.        637 

Ausserdem  passt  weder  auf  Otto  den  Langen  noch  auf  die  Zeit  der 
Verhandlungen  vor  Adolfs  Wahl,  dass  der  Markgraf  von  Brandenburg 
in  der  Urkunde  zu  dem  Konig  von  Böhmen  als  karissimo  genero 
nostro  spricht  Diese  Bezeichnung  des  Böhmenkönigs  als  Schwager 
des  die  Urkunde  ausstellenden  Markgrafen  weist  letzteren  mit  un wider- 
leglicher  Sicherheit  als  den  Markgrafen  Otto  III.  von  Brandenburg 
nach,  der  1244  Ottokars  Schwester  Beatrix  geheirathet  hat  und  am 
9.  October  1267  gestorben  ist^). 

Ebenso  unhaltbar  wie  die  von  Falacky  yersuchte  Einreibung  der 
Urkunde  stellt  sich  aber  auch  die  von  dem  Herausgeber  derselben 
J.  Voigt  versuchte  Einordnung  derselben  heraus.  Voigt  meint,  dass 
die  Urkunde  in  das  Jahr  1278  gehört  «Eine  Urkunde  gleichen  In- 
halts,, nur  dass  statt  des  Markgrafen  Johann  von  Brandenburg  der 
römische  König  genannt  ist,  steht  im  Wiener  Codex  mit  dem  Datum: 
Acta  sunt  hec  anno  dom.  incamationis  1277.  XL  kal.  Februar.  Dem- 
nach könnte  auch  vorstehende  Urkunde  noch  in  das  Jahr  1277  zu 
setzen  sein.*  Dagegen  ist  zu  betonen,  dass.es  auch  1277  ebenso  wie 
1291 — 92  keinen  Markgrafen  Otto  von  Brandenburg  gibt,  der  einen 
Böhmenkönig  Schwager  nennen  kann. .  Ausserdem  aber  erscheint  eine 
Einigung  zweier  Kurfärsten  über  eine  Eönigswahl,  Wie  die  Urkunde 
sie  enthält,  im  Jahre  1277  vollständig  unmotivirt,  weil  damals  eine  solche, 
soviel  wir  wissen,  absolut  nicht  in  Frage  kam,  derartige  Abmachungen 
aber  sonst  zwischen  Kurf&rsten,  wie  zahlreiche  Analogien  lehren,  nur 
getroffen  wurden,  wenn  eine  Wahlaction  vor  der  Thüre  stand*). 

Es  wird  nunmehr,  nachdem  wir  die  beiden  bisher  beliebten  Ein- 
reihungen der  Urkunde  als  unhaltbar  erkannt  haben,  zu  versuchen 

hann  der  Prager  aber  schon  am  19.  (?)  April  1268  gestorben  ist:  £zoerptum 
chronicae  prindpum  Saxoniae  M.  G*.  Scr.  XXIY,  480.  Der  Brader  Ottos  mit  dem 
Pfeil  (t  1809),  mit  Namen  Jphann,  an  den  man  ja  ebenlalls  auch  denken  könnte, 
war  bereits  am  10.  Sept.  1281  gestorben:  Cohn-Voig^l  Tabellen  nro  78. 

^)  Die  in  Anm.  8  S.  636  angezogenen  Belege.  *)  Diese  mit  unserer  Urkunde  bis 
auf  die  hervorgehobene  Einzelheit  gleichlaatende  Urkunde,  die  Voigt  ansieht, 
dflrffce  schwerlich,  so  wie  er  will,  als  selbständiges  Actenstück  anfeufessen  sein« 
Ich  meine,  wir  haben  in  den  beiden  8tQcken  wol  nur  die  zwie&che  Copie  einer 
und  derselben  Vorlage.  Ob  nun  in  der  Vorlage  etwa  der  römische  König  und 
Johann  von  Brandenburg  ausgenommen  waren,  oder  in  der  von  Voigt  angezogenen 
Urkunde  eine  Abweichung  von  der  Vorlage  vorliegt,  wird  sich  bestimmt  schwer- 
lich entscheiden  lassen.  Doch  ist  es  im  Ganzen  ja  nicht  wahischeiniich,  dass 
Otto  III.  von  Brandenburg  den  römischen  König,  unter  dem,  wie  meine  weiteren 
Aosfiihruugen  lehren,  nur  Richard  von  Comwallis  verstanden  sein  könnte,  aus* 
^nommen  haben  sollte:  vgl.  Bauch,  Die  Markgrafen  Johann  I.  und  Otto  III. 
von  Brandenburg  in  ihren  Beziehungen  zum  Reich  1220  — 1267  usw.  Breslau 
1886  S.  94. 


638  Kleine  Mittheilnngen. 

sein,  ob  sieh  nieht  doch  dem  Actenatück  ein  sicherer  Platz  wird  an- 
weisen lassen. 

Die  Zeitgrenze,  zwisdien  denen  die  Urkunde  ausgestellt  sein  muss, 
sind  der  25.  December  1261 1)  —  Tag  der  Eönigslrönang  Otkekaniv 
seit  welchem  er  den  Eönigstitel  f&hrt,  mit  dem  er  in  der  Urkunde 
angeredet  wird,  während  er  vorher  in  seinen  Urkunden  sich  dominoa 
regni  Bohemie  nennt  —  und  der  4.  April  1266>),  an  welchem  Jo- 
hann, Ottos  III.  von  Brandenburg  Bruder,  den  die  Urkunde  noch  als 
lebend  vorauseeixt,  gestorben  ist. 

Den  wichtigsten  Anhaltspunkt,  dem  Actenstfick  innerhalb  des 
Zeitraumes  1261  Dec.  25  bis  1266  April  4  eine  bestimmtere  Stelle 
anzuweisen,  bietet  meiner  Meinung  nach  die  Stelle,  welche  Ober  ein 
eintrachtiges  Vorgehen  des  Markgrafen  Otto  mit  dem  böhmischen 
König  bei  der  Wahl  eines  römischen  Königs  handelt:  Geteram  pro- 
posita  nostra  ad  explendam  amiciciam  nostram  circa  sepedictum  regem 
continua  fidelitatis  tenacitate  firmantes  spondemus:  sub  fide  prestiti 
iuramenti,  quod  in  eleccione  Bomanorum  imperatoris  Alemanie  regis 
secum  habere  diaposuimus  eonoordem  et  nnanimem  yolnntatem,  po- 
nentes  in  hoc,  quod  ipse  ponit,  et  tollen tes  quod  non  vult,  ut  in  hoc 
et  in  aliis  negotiis  suis  pariter  atque  nostris  una  sit  yolnntas  mencium 
et  exsecucio  actionum.  Ohne  einen  ,ganz  bestimmten  Anlass  wird  eine 
solche  Bestimmung,  durch  welche  der  Markgraf  von  Brandenburg  sich 
mit  seiner  Wahlstimme  ganz  an  den  Willen  des  böhmischen  Königs 
band,  doch  schwerlich  getroffen  sein. 

Als  Anlass  flir  eine  solche  Bestimmung  betreffs  der  Königswahl 
innerhalb  der  Zeit,  in  die  die  Urkunde  fallen  muss'),  bieten  sich,  uns 

1)  Canonioorum  Prageiuduin  Contin.  Coemae  M.  0.  Scr.  IX,  178.  *)  Bauch, 
Die  Markgrafen  Johann  I.  und  Otto  III.  von  Brandenburg  usw.  Breslau  1886. 
S.  94  Anm.  2.  *)  Wenn  man  gegen  meine  Verwerthnng  des  KDnigstitels  Otto- 
kara  in  der  Urkunde  zur  Bestimmung  des  terminus  a  quo  mir  etwa  einwenden 
sollte,  dass  in  einer  von  einem  Fremden  ausgestellten  Urkunde  die  Betheilung 
Ottokan  mit  dem  Königstitel  auch  wol  schon  vor  der  Krönung  und  Annahme 
des  Titels  durch  Ottokar  selbst  begreiflich  wflre,  so  würde  sich  —  die  Berechtigung 
dieses  Einwurfe,  den  ich  nicht  für  begründet  halte,  zugegeben  —  als  terminus  aquo 
der  Regierungsantritt  Oltokan  nach  dem  Tode  seines  Vaters  am  22.  Sept.  1253  er* 
geben  und  damit  die  M5gllchheit,  dass  die  Veranlassung  zu  Ottos  von  Branden* 
bürg  Versprechen  an  Ottokar  die  bevorstehende  Wahl  von  1257  gewesen  sein 
könne.  Aber  die  Haltung  Ottos  lil.  bei  der  Neuwahl  von  1257,  bei  der  er  selbst 
Throneandidat  gewesen,  ehe  er  zu  Aliens  X.  übertrat,  spricht  entschieden  gegen 
die  Besiehung  der  Urkunde  auf  diese  Wahl  und  ebenso  der  Umstand,  dass  bei 
derselben  wol  nicht  er,  sondern  sein  Bruder  Johann  die  brandenburgische  Stimme 
gelührt  hat,  vgl.  Bauch,  Die  Markgrafen  Johann  I.  und  Otto  m.  von  Branden- 
burg usw.    Breslau  1886  8.  91  antec. 


Verapr.  d.  Harkgr.  Otto  III.  v.  Brandenbarg  an  Ottokar  y.  Böhmen.      639 

die  zweimal  gemachten  Versuche,  an  Stelle  der  beiden  im  Zwiespalt 
gewählten  Ausländer  Conradin  von  Staufen  zum  romischen  König  zu 
wählen,  wie  sie  im  Jahre  1262  und  später  nochmals  1265  und  1266 
angestellt  worden  sind. 

Auf  den  ersten  Blick  wäre  man  geneigt,  unsere  Urkunde  mit  dem 
späteren  Project  der  Wahl  Conradins  in  Verbindung  zu  setzen.  Das- 
selbe wurde  1265  und  1266  von  dem  Ffalzgrafen  Ludwig  und  den 
rheinischen  Erzbischofen  betrieben,  bis  es  durch  ein  scharfes  Verbot 
Papst  Clemens  IV.  am  18.  September  1266^  vereitelt  wurdet).  Den 
naheli^enden  Anhaltspunkt  zu  .vermuthen,  dass  die  Urkunde  des  Mark- 
grafen Otto  Ton  Brandenburg  mit  Beziehung  auf  diese  Pläne  aus- 
gestellt sei,  bietet  der  Brief  Bichards  von  Comwallis  an  Ottokar,  der 
ihm  zu  seiner  am  6.  September  1265  erfolgten  Befreiung  aus  der  Oe- 
fangenschaft  Olück  gewünscht  hatte.  In  diesem  Briefe  theilt  Richard 
Ottokar  mit,  dass  er  nach  demnächstiger  Besorgung  der  Angelegen- 
heiten Englands  mit  dem  Cardinal  Ottobonus,  welchen  der  Papst,  um 
ihn  zu  fordern,  mit  voller  Legationsgewalt  nach  England  und  Deutsch- 
land geschickt  habe,  nach  Deutschland  zu  kommen  gedenke,  und  er- 
sucht ihn,  bei  den  Markgrafen  Johann  und  Otto  von  Bran- 
denburg  und  bei  dem  Erbherzog  von  Sachsen  ftir  seine  Anerkennung 
sich  zu  bemühen.  Bichard  übertrug  zugleich  Ottokar  bis  zu  seiner 
Ankunft  den  Schutz  der  Beichsgüter,  welche  Conradin  und  dessen 
Anhänger,  als  ob  es  Erbgut  wäre,  verschleudern  und  in  Besitz  nehmen, 
auf  der  rechten  Seite  des  Rheins,  wie  er  solchen  auf  der  linken  dem 
Erzbischof  von  Mainz  übertragen  hat^). 

Es  ist  in  der  That  verlockend,  anzimehmen,  dass  unsere  Urkunde 
das  Ergebnis  der  von  Ottokar  auf  diesen  Wunsch  Richards  hin  an- 
gestellten Bemühungen  sei,  die  Brandenburger  für  diesen  zu  gewinnen. 
Während  Richard  selbst  sich  über  den  Erzbischof  von  Mainz,  der  mit 
Planen  zu  seiner  Beseitigung  durch  die  Wahl  des  letzten  Staufers 
umgieng,  in  vollständiger  Täuschung  befand,  so  dass  er  diesem  sogar 
den  Schutz  der  links  vom  Rhein  gelegenen  Reichsgüter  übertrug, 
hätte  Ottokar  in  richtiger  Würdigung  der  Sachlage  den  Wunsch  Ri- 
chards nach  Gewinnung  der  Brandenburger  aufs  wirksamste  in  der 
Weise  erfüllt,  dass  er  sich  die  Brandenburger  Wahlstimme  sicherte 
gegen  die  für  Richard  drohendste  Gefahr,  das  Project  der  Wahl  Con- 
radins. 

Aber  bei  genauerer  Prüfung  dürfte  sich  die   Beziehung  unseres 


I)  Von  der  Kopp,  Erzbischof  Werner  von  Mainz  S.  41  ff.    Böhmer-FiokeT 
Beg.  Imp.  V  nro  4806«.        >)  BAhmer-Ficker  Beg.  Imp.  Y  nro  5485. 


(J40  Kleine  Mittheilangen. 

Acteastückes  auf  diese .  erneaerten  Bem&lmiigeii  am  die  Wahl  des 
jungen  Staufers  als  unhaltbar  herausstellen,  und  zwar  besonders  nach 
folgender  in  unserer  Urkunde  Ton  dem  Marli^rafen  Otto  von  Branden- 
burg übernommenen  Verpflichtung:  Ad  maiorem  autem  nostre  amica- 
bilis  compromissionis  valitudinem  adicimus  huic  pacto ,  quod  filios 
nostros  et  filias  iuxta  voluntates  ipsius  regis  uzorare  et  maritare  ro- 
lumus,  presertim  in  hiis,  qui  et  que  adhuc  de  promissionibus  oontractm 
matrimonialis  libere'  et  absolute  sunt  eondicionis,  de  aliis  subiungentes, 
qui  forsan  ad  aliqua  nostra  promissa  respiciunl,  quod  iuxta  oonsiliom 
ipsius  domini  regis  erepti  ^  huiusmodi  promissis,  si  que  fecimu^Of 
tenebimus  et  regemus,  illam  de  agendis  nostris  circa  memoratam  regem 
sollicitudinem  ex  animo  impensuri,  per  quam  evidentibus  indiciis  nostre 
amicicie  appareat  exsecucio  pro  toto  tempore  vite  nostre. 

Man  wird  nach  dieser  Stelle  unbedenklich  annehmen  dürfen,  dass 
zur  Zeit,  da  Otto  von  Brandenburg  diese  Verpflichtung  übernahm,  von 
seinen  Kindern  noch  keins  eine  Ehe  eingegangen  hatte,  dass  höchstens 
bezüglich  des  einen  oder  des  anderen  Kindes  von  Seite  Ottos  von 
Brandenburg  Eheberedungen  mit  Andern  stattgefunden  hatten.  Dann 
aber  kann  unsere  Urkunde  auf  das  Project  der  Wahl  Gonradins,  wie 
es  in  den  Jahren  1265  und  1266  betrieben  worden  ist,  nicht  beaogen 
werden.  Denn  im  Jahre  1264  hat  Ottos  von  Brandenburg  Tochter 
Kunigunde  den  Prinzen  Bela  von  Ungarn  geheirathet  —  eine  Ehe 
abgeschlossen  im  Interesse  der  Politik  Ottokars'),  die  sich  durchaoä 
als  eine  Erfüllung  des  von  Otto  von  Brandenburg  in  unserer  Urkunde 
abgegebenen  Versprechens  an  Ottokar  von  Böhmen  darstellt. 

Somit  werden  wir  für  den  Versuch,  dem  Actenstück  seine  neue 
Stelle  zu  geben,  hingewiesen  auf  das  Project  einer  Wahl  Gonradins, 


<)  Hier  ist  wol  etwas  zu  ergänzen,  etwa  nos  oder  eos.  *)  Caaomoonun 
Pragensium  Cont.  Cosmae  M.  G.  Scr.  IX,  186:  Anno  domini cae  mcamatioiiis  1264 
4kal.  ootobris  in  festivitaie  gloriosi  paironi  sancti  Wendslai  idem  rex  Praemj&l 
ad  ecclesiam  maiorem,  devotissime  recommendons  se  orationibuB  tarn  clencomm 
quam  laycorum,  occurrit  genero  suo  Ottoni  marchioni  et  sorori  sue  dilecÜflsinik 
de  Bramburk,  Ozaslow,  qui  filiam  eorum  secum  duxerant,  quam  dominus  rex. 
ne  aliqua  scintilla  discordiae  inter  eum  et  regem  Ungariae. 
patruum  eius  remaneret,  pro  treugia  retro  habitis  et  pro  pace 
perpetua  terrarum  suarum,  dictam  puellam  filio  regia  nomine 
Bela  ante  Posonium  coram  tribus  episcopis,  Pragensi,  Olomu- 
censi,  ßramburgensi  matrimonio  destinayit  copulandam.  Dit* 
Österreichischen  Quellen  geben  die  richtige  Ortsbestimmung  in  campo  qui  Viszc 
dicitur :  Cont.  Lambacens.  M.  G.  Scr.  E^,  646  in  campo  dicto  Yisae  poiee  Poteo- 
burch:  Hist  annorum  1261—1276  ib.  S.  649.  Cont  Praed.  Yindob.  ibid.  8.  Te? 
in  coDfinüs  Anstrie  et  Ungarie,  Ann.  S.  Rudberti  Salisb.  ibid«  8.  797. 


Verspr.  d.  llarkgr.  Otto  HI.  v.  Brandenburg  an  Ottokar  t.  Öölimen.      Ö41 

wie  68  früher  im  Jahre  1262  betrieben  worden  war.  Sehen  wir,  ob 
und  wie  es  sich  in  diesen  Zusammenhang  einf&gt. 

Nach  Yerstossung  seiner  Gemahlin  Margaretha  Ton  Oesterreich 
hatte  Ottokar,  ohne  den  päpstlichen  Gonsens  abzuwarten,  sich  mit 
Belas  von  Ungarn  Enkelin  Kunigunde  yermählL  Ottokar  wollte,  um 
der  neuen,  canonisch  ungültigen  Ehe  den  Schein  des  Hechtes  zu  geben, 
nun  die  lange  aufgeschobene  feierliche  Krönung,  die  dem  Erzbischof 
von  Mainz  zustand,  yornehmen  lassen.  Der  Erzbischof  Werner  von 
Mainz  wurde  im  Spätherbst  1261  zu  dem  feierlichen  Akt  nach  Frag 
eingeladen,  woselbst  er  die  Ejönung  am  Weihnachtsfeste  vollzog.  Sehr 
plausibel  ist  vermuthet  worden,  dass  bei  dieser  Gelegenheit,  wo  doch 
jedenfalls  die  Lage  des  Beiches  zur  Sprache  gekommen  ist,  Werner 
von  Mainz  zuerst  mit  seinem  Plan  hervorgetreten  ist,  durch  Vornahme 
einer  Neuwahl  dem  Beiche  an  Stelle  der  beiden  fremden  Könige  wie- 
der einen  Herrn  zu  geben.  Ottokar  war  zu  einer  entgegenkommenden 
Haltung  gegen  den  Erzbischof  genöthigt,  da  er  selbst  anerkannte, 
dass  Werner  durch  die  Krönung  Kunigundes  sich  leicht  vom  Papste 
Widerwärtigkeiten  zuziehen  konnte.  Er  konnte  sich  darum  dem  Pro- 
ject  des  Erzbischofs  gegenüber  nicht  wol  einfach  ablehnend  verhalten 
—  zumal  es  sich  zunächst  wol  nur  im  allgemeinen  um  den  Plan 
einer  Neuwahl,  noch  nicht  aber  um  die  Candidatur  Conradins  ge- 
handelt hat^).  In  diesen  Zusammenhang  passt  nun  unsere  Urkunde 
aufs  allerbeste  hinein.  Otto  von  Brandenburg  war  mit  seiner  Ge- 
mahlin und  seinen  Kindern')  bei  der  Krönungsfeier  seines  Schwagers 
Ottokar  in  Prag  anwesend  b). 

Die  Mittheilungen  des  Erzbischofs  von  Mainz  über  den  Plan  einer 
Neuwahl  könnten  da  doch  sehr  plausibel  als  Motiv  für  Ottokar  an- 
gesehen werden,   sich   auf  diese  Eventualität  hin  mit  seinem  gerade 


I)  Von  der  Kopp,  Werner  von  Mainz  S.  25  ff.  >)  Die  Chronica  prindpum 
Sazoniae  M.  G.  XXY,  479  nennt  als  solche:  Johannem  de  Praga,  Ottonem  Mag- 
nnm,  Albertum,  Ottonem,  Conegundim,  Mechtildim  and  bemerkt  S.  480,  daas  der 
älteste  Sohn  Johann  bei  Gelegenheit  der  Hochzeit  seiner  Schwester  mit  Prinz 
Bela  von  Ungarn  1264  Ritter  geworden  ist.  ')  Canonicorum  Pragensium  Contin. 
Cosmae  M.  G.  Scr.  IX,  178:  A.  d.  i.  1261  .  .  .  Eodem  anno  8.  kal.  novembris 
prinoeps  regni  Bohemorum  duxit  in  uzorem  Conegundem,  filiam  Hostislai  ducis 
Bulgaroram,  in  castello  Ungarie  quod  vulgari  Ungarico  Possen  nnncupator,  quam 
venientem  Pragam  cum  solemni  processione  recepimus  in  ecclesia  Pragenai  10  kaL 
iannarii.  In  die  nativitatis  domini  princeps  Bohemorum  dictus  Prziemjsl  con- 
a«cratu6  est  in  regem  cum  eadem  Cunegunde  in  ecclesia  Pragensi  a  venerabili  patre 
Ibioguntino,  Yemhero  nomine,  praesentibus  sex  episcopis  .  .  .  praesentibus  etiam 
xoarchione  Branburienai  cum  uxore  et  filiis  et  filiabus.  Die  Anwesenheit  der  Kin* 
der  Ottos  motivirt  ganz  gut  seine  Versprechungen  bezüglich  ihrer  Verheiratung, 

MiUlMUimfen  VU.  41 


642  Kleine  MittheilungeiL  . 

anwesenden  Schwager  Otto  von  Brandenbarg  in  Verbindung  zu  setzen^ 
und  diesen  zur  Ausstellung  der  hier  behandelten  Urkunde  zu  bewegen. 
Ottokar  verstärkte  jedenfalls  dem  im  Allgemeinen  —  noch  nicht  mit 
Beziehung  auf  Conradin  —  vom  Erzbischof  von  Mainz  proponirten 
Plan  einer  Neuwahl  gegenüber,  den  er  aus  Rücksicht  auf  Werner 
doch  nicht  einfach  ablehnen  konnte,  seine  Position  sehr  wesenÜich) 
indem  er  zu  seiner  eigenen  Stimme  sich  für  eine  etwa  vorzunehmende 
Neuwahl  auch  die  seines  Schwagers  von  Brandenburg  sicherte^). 

Als  dann  aber  nach  Werners  Abreise  von  Prag  das  Project  einer 
Neuwahl  festere  Formen  annahm,  als  Ottokar  nicht  zweifeln  konnte, 
dass  es  auf  die  Erhebung  Conradins,  des  Neffen  seiner  baierischen 
Gegner  herauskommen  würde,  hat  Ottokar  der  erzielten  Einigung  des 
Pfalzgrafen  Ludwig  und  der  rheinischen  Erzbischöfe  gegenüber,  gegen 
die  er  auch  mit  der  Brandenburger  Stimme  nicht  hätte  aufkommen 
können,  zu  dem  Aushilfsmittel  gegriffen,  die  Sache  in  Rom  zu  denun- 
ciren,  und  dadurch  das  päpstliche  Verbot  zu  veranlassen,  durch  wel- 
ches die  Angelegenheit  vereitelt  wurde'). 

Zugleich  hat  dann  Ottokar  bald  in  seiner  Politik  eine  entschiedene 
Schwenkung  gemacht,  sich  Richard  von  Cornwallis  genähert,  diesen 
anerkannt,  und  dafQr  von  Richard  am  6.  August  1262  die  Belehnung 
mit  Böhmen,  Mähren,  Oesterreich  und  Steiermark  erhalten"). 

Innsbruck.  Arnold  Busson. 


Eine  Qaelle  der  Historia  Poloniea  des  Johann  DIogoss.  Bei  meinen  kritischen 

Studien  über  die  Schriften  Dietrichs  von  Nieheim  hatte  ich  vielfach 
Veranlassung,  die  Berichte  Dlugoss'  mit  denen  Dietrichs  und  über- 
haupt der  übrigen  Quellenschrifksteller  über  die  Zeit  des  grossen  Seisma 
(1378  — 1417)  zu  vergjieichen.  Schon  bald  stellte  sich  klar  heraus, 
dass  Dlugoss  mancherlei  zeitgenössische  Berichte  über  die  kirchlichen 
Ereignisse  jener  Zeit  benutzt  habe  und  zwar  sowol  solche  von  der 
Partei  der  römischen  Päpste,  als  auch  von  der  der  Avignoner  Gegen- 


^)  Wenn  in  der  unmöglichen  Datirung,  die  unsere  Urkunde  in  dem  tob 
Voigt  angezogenen  Wiener  Codex  führt,  1277.  XL  kaL  februar.  yielleicht  das* 
Tagesdatum  zuverläsdig  wäre,  bo  könnte  unser  Actenstück  sehr  wol  am  22.  Januar 
1262  ausgestellt  sein.  *)  Böhmer-Ficker  Reg.  Imp.  Y  nro  4778  c.  PotthastRg- 
18846^48.  >)  Böhmer-Ficker  Reg.  Imp.  Y  nro  5899.  Ich  habe  mich,  -wie  icb 
schliesslich  bemerken  will,  auch  umgesehen,  ob  sich  nicht  aus  dem  Unutandf. 
dass  in  der  Urktmde  auch  der  Erzbischof  von  Magdeburg  ausgenommen  wird, 
ein  Anhaltspunkt  für  die  Einreihung  der  Urkunde  gewinnen  lasse,  aber  ohn« 
Erfolg. 


Eine  Quelle  der  Historia  Polonica  des  Johann  Dlugoss. 


d43 


papsie.  Beispielsweise  stammt  sein  Bericht  über  ürbans  VI.  Wahl^) 
entschieden  aas  der  letzteren,  da  er  hier  ürbans  Wahl  als  ungiltig, 
weil  erzwangen,  und  die  Clemens  VII.  als  canonisch  aufÜBLsst  und 
nachzuweisen  sucht  Der  grösste  Theil  seiner  das  Scisma  betreffenden 
Quellen  steht  aber  auf  der  entgegengesetzten  Seite,  und  hierbei  entdeckte 
ich  dann  bald  so  auffallende  Anklänge  an  Dietrichs  Schriften,  dass 
mir  eine  specielle  und  gründliche  Vergleichung  beider  nothwendig 
erschien.  Als  Besaltat  dieser  hat  sich  dann  ergeben,  dass  ftir  Dlugoss 
zwar  eine  Benützung  des  Nemus  ünionis  nicht  nachweislich  ist,  wol 
aber  eine  recht  starke  Ausnutzung  der  libri  III  de  scis- 
mate  und  der  Vita  Johannis  papae  XXIII.,  welche  mehrfach 
sogar  wörtlich  ausgeschrieben  sind.  Ich  lasse  im  Nachstehenden  eine 
Beihe  solcher  Entlehnungen  in  paralleler  Orduung  folgen*): 

De  Sc.  II.  1 :   Clemens  ....  de !        Dlugoss.  pg.  42 :  Clemens  septi- 


domo  comitum  Gebennensium  .  . . 
idiomatis  Alemannici  non  imperitus, 
uno  pede  parum  claudicans,  . .  .  lar- 
gae  conscientiae,  mediocris  staturae 
•  .  •  dapsilis,  eloquens  . . . 

De  Sc  I.  1 :  Urbanus  timc  erat 
pauper  archiepiscopus  Acherontinus 
.  .  .  natus  fiiit  in  Neapoli  Vindi^)  in 
quodam  loco,  qui  vulgariter  yocatur 
infemus,  (ex  diversis  comparenti- 
bufl)^)  ex  patre  Pisano  et  matre 
Neapolitano .  • .  egregius  decretorum 
doctor  . . .  Erat  etiam  brevis  staturae 
et  spissus,  coloris  lividi  sive  fusce. 

Bemerkt  sei  hierbei,   dass  von    Yornherein  die  Annahme  aus- 
geschlossen ist,  dass  Dlugoss  und  Dietrich  möglicher  Weise  aus  einer 


mus  de  domo  et  genere  comitum 
Gebenensium ,  Almanici  idiomatis 
aliqualem  habens  peritiam,  pede 
uno  parum  claudicans,  largae  con- 
scientiae, mediocris  staturae,  elo- 
qaens  et  dapsilis. 

ürbanus  vero  erat  homo  tenuis 
et  pauper,  decretorum  tamen  doctor 
egregius,  Neapoli  in  platea  Nidi  in 
loco,  qui  infemus  appellatur,  ex 
patre  Pisano  et  matre  Neapolitana, 
ortus,  brevis  staturae  et  spissus, 
coloris  lividi  et  fnsci. 


I)  lib.  X.  pg.  41.    Ich  citire  nach  der  Ausgabe  des  H.  ab.  HuysseD,  Leipzig, 

17 11.  fol.        *i  Der  üebersichtlichkeit  halber  citire  ich  die  Vita  Joh.  XXItl.  nach 

der  durch  v.  d.  Hardt  vorgenommenen  Eintheilung  in  Bücher  und  Capitel.    *)  Irr- 

tbCbnliche  Schreibweise  der  Dmckausgabe  und  des  Codex  Gothanuft.    Die  be- 

trefiende  Seggione  der  Stadt  Neapel  hiess  Nido.  vgl.  Giomali  Napol.  bei  Marat. 

JCXL  S.  1088,  1054  etc.        ^)  Das  eingeklammerte  fehlt  sowol  im  Cod.  Gothanos 

aJB  auch  bei  Dlugoss,  wodurch  es  wahrscheinlich  wird,  dass  letzterem  Dietrichs 

'W'erk  in  der  durch  den  Cod.  Goth.  dargestellten  Receusion  vorgelegen  hat ;  das- 

i^^slbe  gilt  von  dem  gleich  darauf  folgenden :  et  matre,  an  dessen  Stelle  der  ge- 

dzoickte  Text  von  De  Scismate  unrichtig:  de  matre  hat» 

41-     . 


644 


Kleine  ttittheilangeil. 


getneinscbafÜiclieiL  Quelle  gecchopft  hätten;  denn  hier  berichtet  Biei- 
rich  aus  seinen  eigenen  personlichen  und  unmittelbaren  Erfahrungen. 

Wenn  man  dann  ferner  die  Berichte  Dlugoss'  über  die  Gefangen- 
nahme, Folterung  und  Hinrichtung  der  Cardinäle  ürbans  (1385 — 6) 
und  über  Urbans  Gardinalsernenniingen  (1385)  mit  den  entsprechen- 
den Berichten  Dietrichs  vergleicht  (Dl  90—91:  De  Sc.  L  42,  45,51 
bis  53,  60;  44.),  so  ergibt  sich,  dass  erstere  nur  kurze  Auszüge  aus 
letzteren  darstellen. 

Nicht  nur  bezüglich  der  Vorgänge  an  der  päpstlichen  Curie,  son- 
dern auch  in  der  Darstellung  der  ungarischen  Begebnisse  hat  Dln- 
goss  den  Dietrich  benutzt;  so  zum  Beispiel  bei  Erwähnung  der  nach 
Frankreich  abgeordneten  ungarischen  Gesandtschaft  im  J.  1385.  (DL 
99 :  De  Sc.  I.  58).  Bei  dem  Bericht  über  die  Ermordung  der  Königin 
Elisabeth  von  Ungarn  im  J.  1386  schreitet  die  Benutzung  vrieder  bis 
zur  wörtlichen  Entlehnung  vor: 


De  Sa  I.  59:  Sigismundus  rez 
.  • . .  dictum  castrum  potenter  ob- 
sedit ;  et  tandem  ipsi  obsessi,  eadem 
Elisabet  regina  per  eos  iugulata  et 
extra  fenestram    dicti   castri   sus- 


Dl.  118:  Sigismundus  rex  libe- 
raturus  illas  castrum  potenter  ob- 
sedii  Sub  qua  obsidione  ElisabeÜi 
regina  ab  obsessis  iugulata  et  extn 
fenestras  dicti  castri  suspensa  est  etc. 


pensa  etc. 

Was  femer  Dlugoss  über  die  Person  und  die  Thätigkeit  Boni- 
faz  IX.  meldet,  ist  wieder  ein  bis  zur  wörtlichen  Entnahme  gehender 
Auszug  aus  den  betreffenden  Partien  desselben  Werkes  Dietrichs: 


De  Sc.  IL  6 :  Hie  erat  magnae 
seu  procerae  staturae  ac  decorus 
facie  . . .  natione  Neapolitanus,  scri- 
bendi  atque  canendi  imperitus.  Cum 
eligebatur,  in  XL Y.  aetatis  sue  anno 
aut  circiter  constitutus^)  ignoravit 
gravitateln  pontificalis  officii 

II.  7:  Ipse  vero  reperit  plures 
bonos  et  legales  cardinales  de  suo 
coUegio,  qui  symoniae  vitium  de- 
testabantur  omnino;  quorum  prae 
timore,  quoad  vivebant,  quasi  per 
Septem  annosnon  audebatsymoniam 


Dl.  119:  (Bonif.  IX.)  vir  pro- 
cerae staturae  ac  decorus  facie,  na- 
tione Neapolitanus,  quadragesimnm 
quintum  aetatis  tunc  agens  annam, 
scribendi  et  cantandi  inscius,  igii&- 
rus  insnper  pontificalis  ofBcii  gra- 
vitatem,  in  avaritiam  et  symoniam 
proclivis.  Et  licet  simoniam  per 
annos  Septem  publice  exercere,  bo- 
norum cardinalium  reprehensionem 
veritus,  ausus  non  fuerit,  bonis 
tamen  cardinalibus  obeuntibus  pub- 
lice eam  practicare  coepit   exigens 


>)  Vgl.  NenL  VL  89 :  aetatis  XL.  aimorom  et  ultra. 


Eine  Quelle  der  Historia  Polonica  des  Johann  Dlugoss. 


645 


publice  exercere  .  .  .  Cardinalibus  a  vacantibas  ecclesiis  et  monasteriis 

autem  pro  maiori  parte  successive  annii  primi  integros  fructus  et  be- 

defanctis,  quos  ipse  symoniam  odio  neficia  vacantia  plurimis  personis 

habere  cognovit,  ezhilaratas  est  ni-  vendens. 

mium,  quia  tunc   liberas  habebat 

habenas  symoniam  pro  libito  etiam 

publice  exercendi .  •  •  primos  fiructus 

unius  anni  omnium  ecclesiarum  ca- 

thedralium  et  abbatiarum   yacan- 

tium  suae  camerae  reservayit. 

Auch  der  Bericht  Dlugoss'  über  die  kurz  vor  Bonifaz*  Tode  in 
Born  erschienene  franzosische  Gesandtschaft  und  über  des  letzteren 
Tod  (S.  174)  charakterisirt  sich  als  ein  Auszug  aus  Dietrichs  Werke 
(Sc.  II.  28 — '24.) ;  desgleichen  die  Erwähnung  der  Flucht  Gregors  XII. 
von  Cividale  nach  Gaeta.  (Dl.  194:  Sc.  III.  49,  50.) 

Die  Benutzung  yon  De  Scismate  reicht  bis  au  die  letzten  Capitel 
dieses  Werkes;  so  ist  die  Charakteristik  Alexanders  Y.  (DL  205)  aus 
De  Scismate  III.  51.  excerpirt,  wobei  wieder  mehrere  Ausdrücke  wort- 
lich herübergenommen.  Auch  der  Bericht  über  das  Erscheinen  der 
Gesandten  des  Königs  Ruprecht  auf  dem  Fisaner  Concil  (DL  208)  ist 
ein  Auszug  aus  dem  betreffenden  Capitel  (III.  39)  De  Scismate. 

In  seinen  später  folgenden  Angaben  über  Johann  XXIII.  hat 
dann  Dlugoss  die  yon  Dietrich  yerfasste  Vita  dieses  Fapstes  benutzt. 


Vita  Job.  L  17 :  Alexander  papa 

et  domini  cardinales  . . .  persuasio- 

nibus  et  promissis  .  .  .  Balthasaris 

inducti  in  illo  . . .  frigide  tempore 

hyemali  per  asperos  montes  et  yias 

terribiles  .  .  .  tunc  repletos  glacie- 

bus  et  niyibus  ...  ad  Bononiam 

accesserunt ...  Et  ei  adiunxit  quos- 

dam  cubicularios  et  alios  domesticos, 

de   quibus  dictus  Alexander  papa, 

ut  dicebatur,  non  erat  bene  con- 

tentus.  Sed  contradicere  non  prae- 

sumsit .... 

L  1 :  Dum  autem  simplex  cleri- 
cus  ac  in  adolescentia  constitutus 
existeretf  cum  quibusdam  fratribus 
suis  piraticam  in  mari  Neapolitano, 


DL  306:  (Job.  XXTTL)  ipsum 
Alexandrum  per  asperos  montes 
glaciebus  et  niyibus  oppletos  in 
&igido  tempore  Bononiam  deduxit 
eique  suos  domesticos  pro  cubicula- 
riis,  licet  moleste  ferente  contra- 
dicere  tamen  non  audente,  deputayit 


DL.  307 :  Firaticam,  dum  adhuc 
adolescens  esset,  cum  quibusdam 
fratribus  suis  exercens  yitam,  per 
Bonifacium  nonum  primum  in  archi-- 


646 


Kleine  Hittheilungen. 


ut  fertur,  ezercuit ...  I.  2 :  Boni- 
&cia8  nonus  . . .  contulit  illi  tunc 
archidiaconatum  Bononiensem. .  . . 
I.  7:  in  diaconum  cardinalem  S. 
Eostacliii  per  eundem  Bonifacium 
creatus  extitit . . . 

I./  40 :  sperabat  permaxime  in 
pecuniis  et  thesauris  ....  Credidit 
tarnen  Constantiae  per  aliquot  men- 
ses  remanere  et  ibidem  rebas  pro 
Teile  8X10  dispositis  subito  ad  Bo- 
noniam  redire  et  illic  more  solito 
dominari ...  IL  2 :  Quosdam  epis- 
copos  et  alios  magnae  auctoritatis 
yiros  . . .  secreto  per  diversas  gratias 
et  promissiones  sophisticavit  et  cor- 
rupit,  adeo  quod  nihil  ita  secretum 
in  ipso  concilio  fieret  aut  diceretur 
quin  illud  • . .  singulis  diebus  re- 
yelaretur  eidem. 

II.  3 :  Quibus  sie  stantibus,  qui- 
dam,  ut  praesumitur,  Italiens  mul- 
tos  articulos  ....  omnia  peccata 
mortalia  neenon  infinita  quodam- 
modo  abominabilia  oontinentes  con- 
tra eundem  Balthasarem  ....  ex- 
hibuit . .  .  Quibus  quidem  articulis 
per  aliquot  maiores  nationum  Ger- 
maniae,  Angliae  etPoloniae  perlectis, 
ipsi  nullatenus  consentire  volebant, 
quod  dicti  articuli  publiearentur  aut 
contra  ipsum  Balthasarum  inquisitio 
fieret  huiusmodi  super  illis.  Et  boc 
propter  honestatem.  Et  si  contra- 
rium  fieret,  ut  asserebant,  per  hoc 
macularetur  sedes  apostolica  etc.  .  • 
Quibus  eciam  iuterim  clanculo  et 
proditorie  ad  notitiam  dicti  Baltha- 
saris  deductis,  illico  mente  conster- 
natus  est  .  .  . 


diaconum  Bononiensem,  deinde  in 
cardinalem  promotus. 


Dl.  361 :  Confidens  siquidem  in 
thesauris  credidit  omnibus  pro  voto 
dispositis  Bononiam  reverti  et  pro 
libito  dominari.  Adeo  autem  pleros- 
que  episcopos  et  alios  magnae  au- 
thoritatis  viros  pecuniis  et  pro- 
missis  corruperat,  quod  nihil  po- 
terat  tam  secreto  agi,  quin  ad  suam 
confestim  deduceretur  notitiam. 


Exhibuit  interim  unus  plnres 
ex  Italicis  articulos  contra  eom 
horrenda  et  abominabilia  scelen 
continentes.  Ad  quorum  publica- 
tiönem  et  probationem  ne  proce* 
deretur,  per  aliquorum  (lies :  aliquot) 
ex  natione  Germanica,  Polonicaet 
Anglicana  praelatorum  (lies :  prae- 
latos)  honori  Sedis  Apostolicae  con- 
sulentium  (lies:  consulentes  aegre) 
obtentum  est.  Quod  cum  Joannes 
papa  intellexisset  mente  conster- 
natus  varia  ad  evadendum  ingenta 
coepit  meditari. 


Eine  Reise  yon  HaJberstadt  nachPreasburg  und  zurück.  1429—1480.      647 

Die  im  Vorstehenden  gegebenen  Paralleleitate  werden  genügen, 
um  sowol  die  Thatsache,  als  auch  die  Art  und  Weise  der  Benutzung 
beider  Werke  Dietrichs  durch  Dlugoss  ins  Klare  zu  stellen.  Auch  wird 
sich  schon  bei  schärferer  Prüfuug  eben  derselben  erkennen  lassen, 
dass  Dlugoss  den  Text  und  Sinn  seiner  Vorlage  öfters  nicht  Yollstandig 
und  oft  auch  nicht  genau  und  deutlich  wiedergegeben  hat.  Nament- 
lich giebt  Dlugoss  mehrfach  das  als  bestimmt,  was  Dietrich  als  un- 
bestimmt und  als  Gerücht  hinstellt^).  In  dieser  Beziehung  sei  schliesslich 
noch  auf  den  Parallelbericht  beider  über  ein  sehr  wichtiges,  aber  bis 
heute  auch  noch  unaufgehellt  gebliebenes  Factum  hingewiesen,  näm- 
lich auf  die  erst  nach  langen  Schwierigkeiten  und  durch  die  person- 
liche Inter?ention  Balthasar  Cossas  von  den  Florentinern  erlangte 
Bewilligung  Pisas  als  Ortes  für  das  beabsichtigte  Concil  Yom  Jahre 
1409.  Während  Dlugoss  (S.  192)  in  bestimmtester  Weise  diese  Be- 
willigung auf  den  15.  August  verlegt,  berichtet  seine  Vorlage  (De 
Sc.  III.  38)  viel  unbestimmter  und  doch  richtiger,  dass  Cossa  « circa 
festum  assumptionis  B.  M.  V.'^  von  Bologna  nach  Florenz  gereist  sei 
und  hier  jene  Bewilligung  durchgesetzt  habe.  Ein  Vergleich  der 
gesammten  über  diesen  Punkt  handelnden  Quellen  ergiebt  nämlich, 
dass  Cossa  erst  am  12.  August  1408  von  Bologna  abreiste  und  sich 
zunächst  nach  Pisa  begab,  wo  er  von  den  dort  anwesenden  Cardinälen 
zum  Vicarius  ecclesiae  und  Prior  der  Cardinäle  erwählt  wurde;  dass 
dann  Cossa  erst  in  der  zweiten  Hälfte  oder  gegen  Ende  August  oder 
gar  erst  Anfang  September  eben  jene  Bewilligung  von  Florenz  er- 
reichte. 

Unter  solchen  Umständen  ist  einleuchtend,  dass  sowol  der  Forscher 
in  der  Benutzung  Dlugoss  als  auch  der  künftige  kritische  Bearbeiter 
des  Textes  von  Dlugoss,  soweit  dieser  die  Zeit  von  1878  — 1416  be- 
trifiFt,  stets  den  eventuellen  Parallelbericht  Dietrichs  in  Bücksicht  zu 
ziehen  hat. 

Frankfurt  a.  M.  H.  V.  Sauerland. 


Eine  Reise  ven  Halberstadt  nach  Presskarg  nnd  lurileL  1429  N.  bis  14M  Febr. 

Nachstehende  Eechnung  ist  im  Halberstädter  Stadt-Archiv  unter  EE  46 
erhalten.  In  der  Processsache  der  Ammendorf  und  Tangen  gegen  Bath 
und  Stadt  Halberstadt  (s.  mein  ÜB.  der  Stadt  Halberstadt  II,  802  ff.) 
sandte  der  Bath  den  Stadtschreiber  Eggeling  Brunsrode  an  den  könig- 
lichen Hof.    In  dem  am  21.  Dec.  in  der  domaen  des  Bathhauses  vom 


*)  Vgl.  oben  Sc.  II.  6:  aut  drciter;  Vita  Job.  L  17:   ut  dicebatur;  L  1: 
ut  fertur. 


g48  Kleine  Mittheilungen. 

Notar  Henning  Belstrop  von  Ascbersleben  aufgenommenen  ProtocoU 
wird  bezeugt,  dass  in  Gegenwart  des  Bürgermeisters  Hermann  der 
Weddewen  und  des  Batbs  der  Batbsdiener  Tile  Otten  einen  klemen 
Sack  (bisacien)  mit  besiegelten  Briefen  in  Empfang  genommen  hat, 
die  Eggeling,  bereit  mit  seinen  gewöhnlicben  wandeme  cUydem  za 
reisen,  dem  Könige  übergeben  soll.  Am  22.  Dec.  reiste  Eggeling  mit 
Tile  Otten  und  einem  zweiten  Diener  Gerken  Müller  ab,  letzteren 
schickte  er  von  Erfurt  zurück. 


Anno  Domini  m.  cccc  zxix  etc.  sequenti  die  b.  Thome  apostoli, 
que  erat  quinta  feria  [Dec.  22]^  exivimus  civitatem  Halberstat  et  de 
vespere  in  Staleberge^)  solvebamus  pro  tribus  personis,  tribus  eqnis, 
pro  mensa  et  cervisia  xviiij  antiquos  grossos. 

item  die  sequenti,  scilicet  feria  sexta  [Dee,  23'\  in  meridie  in 
Eellebra')  vj  antiquos  gr.,  sed  de  vespere  in  Wissensee')  pro  tribus 
personis,  duobus  equis  xv  gr.  antiquos. 

item  sabato,  que  erat  vigilia  nativitatis  Cbristi  [Dec.  24]^  iiij  antiqaos 
gr.  per  aquas^).  item  eodem  die  dedimus  famulo  nostro,  scilicet  Oereken 
Muller,  xij  novos  gr.,   qui  reduxit  equos  de  Erforde  ^)   ad  Halberstat 

item  ipso  die  nativitatis  [Dec.  25'\  per  totam  diem  et  in  vigilia 
pro  mensa  et  vino  et  pro  avena  f  flor.  Binsch.  item  j  novum  gr.  pro 
podio*). 

item  ipso  die  b.  Steffani  [Dec.  26^  in  meridie  ij  antiquos  gr.  in 
una  villa  prope  Arnstete^  consumpsimus,  sed  de  vespere  in  Amstete 
x  antiquos  gr. 

item  ipso  die  b.  Johannis  [Dec.  27}  in  meridie  v  antiquos  gr.  in 
Ilmana^},  sed  de  vespere  to  den  Frowen^)  xj  antiquos  gr.  pro  cena 
cervisia  et  vino. 

item  in  die  puerorum  [Dec.  28]  in  meridie  in  Ezevelde^^)  iij  ani 
gr.  et  j  den.,  sed  de  vespere  in  Eoiborch^^)  iiij  novos  gr. 

summa'  illius  est:  Iiij  (!)  gr.  et  vij  /^. 
hie  ulterius  inmutatur  moneta. 

item  quinta  feria,  que  erat  proxima  dies  post  diem  puerorum 
[Dec.  29]^  in  una  villa  distanti  a  Koiborch  iij  miliaria  ix  >^:  et  illius 
monete  vij  /^  faciunt  Bobemicalem.  item  iiij  /^  per  aquas,  scilicet  over 
de[n]  Mayne,  sed  de  vespere  in  una  villa  prope  Bamberge  ij  Bohem. 
gr.  et  V  4 

item  sexta  feria  [Dec.  30]  in  Bamberge  de   mane  j   gr.  Bohem. 

»)  Stolberg.    »)  Kelbra.     «)  Weissensee.    <)  Die  Unstrut.     »)  Erfart«.   •)  En 
Fufisbad?    ')  Arnstadt.    «)  Ilmenau.     »)  Frauenwald.     *»)  Eisfeld.     «')  Koburg. 


Eine  Reise  von  Halberstadt  nach  Pressburg  nnd  zurück.  1420—1480.      649 

et  ij  /^  pro  panibus  allecibas  et  yino,  sed  de  vespere  in  Yorcheym^) 
iij  Bobem.  gr.  et  iij  4. 

item  sequenti  die,  scilicet  sabato  [Dee.  31]  in  Erlangen  j  gr.  et 
j  y^,  item  eodem  die  in  Nuremberg  j  gr.  rasori  et  j  gr.  pro  cirotecis'), 
sed  de  vespere  ibidem  y  gr.  Bobem.  et  j  4  solvebamus  pro  cena  cer- 
yisia  et  yino. 

item  in  die  circumcisionis  Domini  [Jan.  1]  de  mane  in  Fucbt') 
j  gr.  et  ij  /^,  sed  de  vespere  in  Novoforo*)  iij  gr.  et  iij  /^ 

item  die  sequenti  [Jan.2}  de  mane  in  Stayn  j  gr.  et  iij  /^,  sed 
de  vespere  in  fiockslo^)  ij  gr.  et  vj  /^ 

item  tertla  feria  post  circumcisionis  Domini  [Jon.  d]  in  Heymur^ 
in  meridie  j  gr.  et  iiij  /^,  sed  de  vespere  per  Dannubium  ij  /^,  et 
ij  gr.  et  iiij  /^  pro  cena  et  vino  in  una  villa  prope  Batisponam. 

item  quarta  feria  [Jan.  4]  in  Batispona  ij  gr.  et  ij  /^  pro  uno 
estario^,  item  iij  gr.  pro  Gallico  vinö,  quod  propinavimus  notario 
cardinalis  Olomocensis,  item  eodem  die  yj  gr.  et  iiij  /^  pro  mensa 
per  istam  totam  diem  et  pro  vino. 

item  quinta  feria  [Jan.  5]  j  gr.  et  iij  /^  pro  mensa  in  navi,  sed 
de  vespere  in  una  villa  prope  Strubunge®)  ij  gr. 

item  in  die  trium  Begum  [Jan.  6]  iiiij^  gr.  pro  expensis  in  navi, 
sed  de  vespere  in  Hoffkircben^)  pro  cena  et  vino  iij  gr. 

item  die  sequenti  [Jan.  7]  in  Filsbove^^)  de  mane  j  gr.  et  eodem 
die  iiij  gr.  magistris  nautarum,  sed  de  vespere  in  Fassau  üij  gr.  pro 
cena  et  vino. 

item  dominico  die  [Jan.  8]  post  epiphanias  Domini  de  mane  vj 
gr.  pro  expensis  in  nayi,  item  j  gr.  pro  familia,  sed  de  vespere  in 
Ossat^i)  pro  cena  iij  gr.  et  v  /^,  sed  magistro  nautarum  x  gr.,  qui 
duxit  nos  de  Patavia  ad  Wyennam. 

item  secunda  feria  [Jan.  9]  in  Linz  de  mane  in  prandio  ij  gr.  et 
vj  /^,  sed  de  vespere  ij  gr.  et  vj  /^  pro  cena  et  vino  in  una  villa. 

item  8.  feria  [Jan.  10 \  in  Tpzk**)  ij  gr.  et  iiij  /^  pro  prandio, 
sed  de  vespere  in  Spitz*»)  ij  gr.  et  iij  /^ 

item  4.  feria  [Jan.  11]  zu  deme  Stayn  *^)  iij  gr.  et  iij  /^  sed  de 
vespere  in  una  villa  prope  Wyennam  iij  gr.  et  iij  /^  pro  cena  et  vino. 

item  quinta  feria  [Jan.  12]  in  Wyenna  iiij  /^  pro  camisüs  la- 
vandis  et  balniatori  j  gr.  et  iiij  4.  item  sartori  **)  iij  ^  pro  refor- 
xnatione  caligarum.  item  eadem  die  solvebamus  pro  mensa  vj  gr.  et  j  z^- 


*)  Forchheim.  *)  Handschuhe.  »)  Feucht.  *)  Neumarkt.  »)  ?  •)  Hemau. 
^  escario  ?  •)  Straubing.  •)  Hofkirchen  a.  d.  Donau.  *•)  Vilshofen.  ")  Aschach. 
*»)  Ips.     «'}  Spitz.     ")  Stein  bei  Krems.     »)  Wol  statt  iutori. 


650  Kleine  MittheÜnngen. 

item  sexta  feria  [Jan.  13]  in  Wyenna  j  gr.  pro  vino  notario  car- 
dinalis,  item  zyiij  /^  pro  duobus  calceis,  item  eodem  die  in  Wienm 
^  SP",  et  j  /^  pro  mensa  et  yino  per  totam  diem. 

item  sabato,  die  sequenti  \Jan.  14]  in  Fischmonde^)  j  g^.  et  y  4« 
sed  yectori  üij  gr.,  qai  daxit  nos  de  Wyenna  in  Heymboreb*),  sed  de 
vespere  in  Heymborch  iij  gr.  et  v  /^. 

item  decima  qainta  die  [Jan.  15]  mensis  Januarii  yeniebamas  ad 
Fosonium')  et  incepimus  comedere^)  cum'  domino  Gonrado ,  qui  est 
lector  capelle  Coi^ioris  Christi,  et  solvebamus  ab  ista  dominica  usqae 
ad  dominicam  sequentem  [Jan  22]  xliiij  gr.  Bohem.  pro  nuda  mensa, 
item  rj  gr.  pro  yino  per  istam  totam  septimanam. 

item  quinta  feria  post  Anthonii  [Jan.  19]  ij  gr.  rasori  pro  Petro 
Wacker^)  et  pro  domino  Conrado  et  pro  aliis  familiariboa  suis,  item 
yj  flor.  Hungar.  propinayimus  domino  Casparo  Sligk^). 

idem  die  dominico  post  Fabiani  [Jan,  22]  et  per  totam  septi- 
manam solyebamus  pro  vino  et  prandiis  et'  ad  coUationem  et  sexta 
feria  [Jan,  27]  pro  coUatione  quingenlos  *  ducatos  et  &ciunt  j  flor. 
Hungariealem.  item  pro  iiij  faisanis^,  quos  propinayimus  domino 
doctori  Nicoiao  Stock  et  Petro  Wacker  quadringentos  et  Ixxx  ducatost 
et  faciunt  xj  gr.  Bohem.  cum  dimidio. 

item  dominico  die  post  festum  s.  Pauli  [Jan.  29]  usque  ad  do- 
minicam sequentem  solyebamus  pro  yino  ad  mensam  et  ad  collatio- 
nem,  pro  papiro  incausto  etc.  trecentos  Ixx  ducatos  et  faciunt  bene 
noyem  gr.  Bohem. 

item  in  die  purificationis  Marie  [Febr,  2]  computayimus  cum  do- 
mino Conrado  et  solyebamus  pro  mensa  pro  xij  diebus  ij  flor.  Hungar., 
6^  ^j  gl*-  familiaribus  suis,  quando  recessimus.  item  iij  flor.  Hungar. 
domino  Bartolo  procuratori  fiscali  et  iij  flor.  Bin.  domino  Antonio, 
qui  est  notarius  domini  regis.  item  domino  doctori  Nicoiao  Stock, 
qui  est  promotor  cause  nostre,  ix  flor.  Hungar. 

item  in  die  purificationis  Marie  [Febr.  2]  quadringentos  et  Ixx 
ducatos  pro  üij  perdicibus  domino  Petro  Wacker,  notario  cardinalis, 
et  Georio  Hoitel  et  domino  Conrado.  item  ij  flor.  Hungar.  pro  citatione. 

summa  illius  est  xiiij^  flor.  Binsch,  iiij  gr.  et  irj  >^ 

et  xxii^  flor.  Hungar. 


*)  Fischament.  *)  Hainburg.  •)  Pressbarg.  ^)  Quartier  haben.  ■)  Proto- 
notar  und  Hofschreiber  König  Sigmunds,  schon  1418  und  noch  1481.  ^)  Caspar 
Schlick,  kön.  Vicekanzler,  später  Kanzler.      ^)  Fasanen. 


Eine  Reise  von  Halberstadt  nach  Pressburg  und  zurück.  1429—1480.      651 

In  reversione: 
primo  ipso  die  Blasii  [Febr.  31  in  Heymborch  iij  'gr.  et  iij  /^    item 
die  sequenti,  scilicet  sabato  [libr.  4]  in  Fischmunde  iij  gr.  et  iij  /^ 
et  vectori  ü\j  gr.,  sed  de  vespere  in  Wyenna  iij  gr.  et  j  /^ 

item  dominico  die  [libr,  5]  ibidem  in  Wyenna  per  totam  diem 
solvebamus  pro  mensa  iiij  gr.  et  pro  yino  yiij  /^ 

item  2.  feria ,  scilicet  in  die  s.  Dorothee  [i^^.  6]  de  mane  in 
Borgerstorp  ij  gr.,  sed  hora  vesperorum  in  Ensbach  y  /^^  sed  de 
yespere  in  Beinkirchen ^)  ij  gr.  pro  cena  et  ij  /^  pro  vino. 

item  3.  feria  post  Dorothee  [Febr.  7]  in  Pulten')  xij  /^  sutori, 
sed  pro  prandio  ij  gr.  et  ij  y^,  sed  hora  vesperorum  in  una  villa  iiij  /^ 
pro  vino,  sed  de  vespere  in  Milch  s)  iij  gr.  et  iij  4* 

item  quarta  feria  [Febr.  8]  de  mane  in  Novoforo^)  iij  gr.  et  üj  /^ 
et  ij  /^  per  aquam^),  sed  de  vespere  in  Ammestete  ^  iij  gr.  et  vj  /^ 
pro  cena  et  vino,  item  j  gr.  famulo  pro  reformatione  calceorum. 

item  octava  purificationis  [Fßbr.  9]  zu  dem  Stremberge^  ij  gr. 
et  iiij  /^,  sed  post  prandii^m  in  Ens^  iij  /^  pro  vino  et  de  vespere 
in  Eversberge^)  iij  gr.  et  iij  /i^. 

item  sexta  feria  [Febr.  10]  de  mane  in  una  villa  prope  Ever- 
dingen  j  gr.  et  üj  /^,  sed  in  Everdingen^^)  ij  gr.  et  iij  /^,  sed  eodem 
die  dedimus  ij  gr.  et  v  /^  pro  duobus  equis,  qui  duxerunt  nos  per 
duo  miliaria. 

item  sabato  [Febr.  11]  in  Engelcelle^^)  ij  gr.,  sed  de  vespere  in 
Patavia  iiij  gr.  et  ij  /^ 

item  dominica  die  sequenti  [Febr.  12]  in  Passau  de  mane  ij  gr., 
sed  in  meridie  in  Filshove  ij  gr.  et  j  z^,  sed  de  vespere  in  Oster- 
hove**)  iij  gr. 

item  2.  feria  [Febr.  13]  de  mane  in  Pletinge  ij  gr.  et  vectori 
iiij  gr.,  qui  duxit  nos  de  Pletinge ^^)  in  Strubunge,  sed  de  vesperein 
Strubunge  i^  gr.  pro  una  lancea,  et  ij  gr.  et  ij  /^  pro  cena  et  post 
cenam  vj  /^  pro  vino. 

item  feria  tertia  [Febr.  J4],  que  erat  s.  Valentini,  ze  Foyter^*) 
iJ  gr.  et  iij  /i^,  sed  de  vespere  in  Batispona  iij  gr.  et  ij  z^,  item  x  4 
pro  duabus  bracis  et  ij  ^  per  Dannubium. 

item  4.  feria  post  Valentini  [Febr.  15]  zu  der  Steynbrucke  ij  gr.t 
sed  de  vespere  in  Heymur  iiij  gr.  pro  cena  et  vino. 

item  5.  feria  [Febr.  16]  in  meridie  to  den  Steynen  j  gr.  et  vj  4i 


<)  Die  drei  Orte  sind  Purkersdorf,  Ansbach,  BOheimkirchen.  *)  St  Polten. 
•)  Helk.  *)  Neumarkt.  *)DieIpB.  •)  Amstetten.  0  Strengberg.  *)£nn8.  *)Ebel8- 
l>erg.    ^<>)  Efferding.    ii)  ^i^gelhardszell.   «*)  Osterhofen.     ^>)  Plattling,    i«)  Pfotter. 


652  Notizen« 

sed  de  vespere  in  una  villa  prope  NoYumforum  üj   gr.  et  iij  /^  sol- 
yebamus. 

item  6.  feria  [libr.  17]  in  meridie  in  Noremberg  j  gr.  rasori, 
sed  pro  prandio  ibidem  et  pro  cena  solvebamus  tüj  gr.  minus  j  ^ 
item  iiij  gr.  pro  vino  Oallico  sindico  Nurembergensi  et  officialL 

item  sabato  [Febr.  IS]  in  Erlangen  ij  gr.  in  meridie,  sed  post 
prandium  in  Vorcheym  iij  /l^  pro  vino,  item  ij  gr.  yectori,  qui  duxit 
nos  a  Vorcheym  usque  ad  Bamberg,  sed  de  vespere  in  Bamberge 
Ü  8^-  P'o  <^i^a  et  iiij  /^  pro  vino. 

item  die  dominico  llibr.  lO]  in  una  villa  prope  Koiborch  j  gr. 
et  iiij  /^  in  meridie,  item  iiij  gr.  vectori,  qui  düxit  nos  de  Bamberge 
usque  ad  Eoiborcb,  sed  de  vespere  in  Koiborch  v  gr.  gro  oena  et 
pro  vino. 

item  2.  feria  [Febr.  2Ö\  in  Ezevelde  ij  gr.,  sed  de  vespere  to  den 
Frowen  ij  gr.  et  vj  /^. 

item  3.  feria  [Ftbr.  21]  in  Ilmana  j  gr.  et  iij  4i  ®*  ^Ü  P* 
vectori,  qui  duxit  nos  a  Ilmana  usque  ad  Erfordiam,  sed  de  vespere 
in  Erfordia  iiij  gr.  minus  duobus  /^. 

item  4.  feria  [Fsbr.  32]  de  mane  in  Erfordia  v  antiqnos  gr.  pro 
prandio  et  ij  novos  vectori,  qui  duxit  nos  usque  in  Wissensee,  sed 
de  vespere  in  Sega^)  ij  novos  gr.  et  ij  ^ 

item  5.  feria  [Fsbr.  23]  to  deme  Guntersberge  ^  de  vespere  ij 
gr.  novos  et  ij  /^. 

item  6.  feria  [Febr.  24]  in  Quedelingborg  in  prandio  vij  anti- 
quos  gr. 

summa  illius  vii^  flor.  j  gr. 
summa  exposita  extendit  se  ad  Uiij  flor.  Bin. 

et  vij  gr.  Bohem. 

Halberstadt.  G.  Schmidt 


IotiZ6D«  Zur  Schlacht  bei  Tagliacozzo.  In  dem  über  die 
Vorbereitung  und  den  Verlauf  der  Schlacht  zum  Theil  auch  in  diesen 
Blättern  geführten  Streite  spielt  die  Bestimmung  von  «Ovinulum*,  wo 
Earl  vor  der  Schlacht  lagerte,  eine  gewisse  Rolle  und  Herr  G.  Kohler 
rechnete  .zu  den  merkwürdigsten  Irrthümem  historischer  Forschung*, 
dass  Ficker  und  ich  dieses  in  dem  hochgelegenen  Ovindoli  wieder- 
fanden, während  er  sich  ein  Ovinulum,  das  ,  heute  nicht  mehr  exisiirt' 
(Mitth.  IV;  556),  in  der  Ebene  von  Avezzano  am  Fuciner  See  zurecht- 
legte.   Herr  Theodor  dei  Baroni  Bonanni,   Director  des   Provinaal- 


0  Seega  bei  Frankeuhauseu.        >)  GOntheFsberge  nördlich  von  Stolberg. 


Kotizen.  653 

aröhivö  von  Aquila  und  VerfiMser  einer  tCorografia  dei  comnni  e 
dei  YÜlaggi  deUa  provincia  del  2^^  Abrozzo  ulteriore  (Aquila  1883)", 
dem  ich  die  immerhin  nicht  unwichtige,  für  mich  freilich  keinen 
Augenblick  zweifelhaft  gewesene  Streitfrage  yorleg^te,  hatte  die  Oüte, 
darauf  zu  antworten,  dass  das  heutige  Ovindoli  in  der  That  das  alte 
Ovinulum  sei  und  dass  es  einen  zweiten  Platz  des  letzteren  Namens, 
wie  solchen  0.  Köhler  in  die  Gegend  von  Avezzano  yerlegt  hatte,  in 
der  Provinz  weder  gebe  noch  gegeben  habe. 

Heidelberg.  Winkelmann. 

In  der  Zeitschrift  des  Vereines  f&r  Lübeckische  Geschichte  und 
Alterthumskunde  4,  283 — 310,  publicirt  A.  Hagedorn  nach  den 
neuau%efundenen  Oringinalau&eichnungen  zwei  amtliche  Berichte 
des  Bathssecretars  Johann  Amdes  über  die  Aufnahme  König 
Christians  I.  Ton  Dänemark  L  J.  1462  und  des  Herzogs 
Albrecht  von  Sachsen  i.  J.  1478  in  Lübeck,  welche  dadurch 
an  allgemeinem  Interesse  gewinnen,  dass  «ie  zeigen,  .mit  welcher 
Besorgniss  eine  Stadt  im  Mittelalter  einen  fürstlichen  Besuch  in  ihren 
Mauern  au&ahm  und  welche  Vorsichtsmassregeln  von  den  Bürgern 
für  nothwendig  erachtet  wurden,  um  die  Gefahr,  welche  aus  der  An- 
wesenheit eines  zahlreichen  fürstlichen  Gefolges  für  die  Freiheit  und 
Sicherheit  des  Gemeinwesens  erwuchs,  abzuwenden.  **  Im  Anschlüsse 
an  diese  Publication  begründet  Hagedom  kurz  die  ansprechende  Ver- 
mathung,  dass  Johann  Amdes  auch  der  Verfasser  der  fünften,  die 
Jahre  1458 — 80  umfassenden  Fortsetzung  von  Detmars  Lübischer 
Chronik  ist 

In  den  Studien  und  Mittheilungen  aus  dem  Benedictiner-  und 
dem  Cistercienser-Orden  VII,  1,  150,  409;  2,  121,  beginnt  Bibliothekar 
P.  Vincenz  Stau  f  f  e  r  in  Melk  die  Veröffentlichung  des  Tagebuches  des 
berühmten  Geschichtsforschers  Hier onimus  Pez  über  die  Ereig- 
nisse in  Melk  und  Oesterreich  vom  31.  Juli  1741  — 1746. 
Der  bis  jetzt  publicirte  bis  zum  16.  April  1742  reichende  Theil  bietet 
interessante  Daten  zur  Geschichte  des  baierisch-französischen  Einfiälls  in 
Oesterreichs.  Noch  wünschenswerther  wäre  die  Publication  des  Brief- 
wechsels der  Brüder  Pez.  Der  in  derselben  Zeitschrift  (S.  26 — 42)  ent- 
haltene Aufsatz  des  französischen  Benedictiners  Bada  P 1  a  i  n  e :  De  yeritate 
consultationis  a  Pippino,  ut  Bex  inungeretur,  ad  Zachariam  directae, 
^anz  ohne  Eenntniss  der  diesbezüglichen  deutschen  Literatur,  hätte 
ohne  jedweden  Schaden  für  die  historische  Forschung  ungeschrieben 
und  ungedruckt  bleiben  können« 


654  Notizen. 

Im  Archivio  Veneto  Bi  28,  Heft  55  (1885),  berichtet  L  Pe- 
rosa  über  die  von  ihm  neu  geordnete  und  catalogisirte  Bibliotecs 
Querini-Stampalia,  deren  Anfänge  ins  16.  Jahrh.  zurückreichen. 
Am  meisten  verdankte  sie  aber  dem  Senator  Andrea  Querini  (1710 
bis  1784),  unter  dem  auch  der  erste  Catalog  angelegt  wurde,  am 
Anfang  dieses  Jahrhunderts  wuchsen  durch  Erbschaft  die  Handschriften 
der  Familie  Lipomani  zu;  auch  der  letzte  des  Geschlechtes,  Giovanni 
Querini,  ein  Sonderling,  legte  grossen  Werth  auf  dieselbe,  theilie 
seine  Schätze  aber  absolut  Niemandem  mit.  Doch  yersöhnt  sein  letzter 
Wille  mit  dieser  Engherzigkeit,  er  bestimmte  die  Bibliothek  dem 
öffentlichen  Gebrauch.  Sie  enthält  nach  Perosa,  dem  die  Ordnung 
übertragen  war,  714  Handschriften  in  1043  Bänden  vom  13.  bis  18., 
über  die  Hälfte  aber  erst  aus  letztem  Jahrh.,  und  200  ActenfiEUcikel; 
die  Handschriften  scheinen  grossere  Bedeutung  nur  für  venetianiscke 
Geschichte  zu  haben,  doch  ist  auch  eine  Sammlung  von  päpstUcheu 
Bullen  und  Breven,  sowie  von  Chroniken  des  16.  Jahrhunderts  aus 
Friaul  und  Vicenza  zu  erwähnen;  werthvoUer  sind  eine  Reihe  von 
Gesandtschaftsberichten,  die  von  Mitgliedern  der  Familie  erstattet 
wurden:  so  des  Vicenzo  Querini,  der  1505  zu  Philipp  von  Boxfrondt 
später  zu  E.  Max  als  Botschafter  ging,  des  G.  Lippomano,  der  1575 
als  Gesandter  nach  Polen  geschickt  wurde.  Wie  von  einer  vene- 
tianischen  Bibliothek  zu  erwarten,  enthält  sie  auch  Portulane  and 
anderes  geographisches  Material. 


In  den  Mittheilungen  des  Vereines  für  Geschichte 
der  Deutschen  in  Böhmen  1884/5  handelt  Loser th  im  zweiten 
Beitrag  zur  älteren  Geschichte  Böhmens  über  die  Entstehung  des 
böhmischen  Herzogthums,  schildert  das  Emporkommen  der 
BoJ^iwoy  über  die  übrigen  Theilftb^sten  und  den  Adel,  den  E!ampf 
zwischen  beiden  Factoren,  der  sich  zu  Gunsten  der  Herzoge  entschied 
da  sich  H.  Wenzel  I.  mit  dem  Christenthum  und  dem  deutschen  König 
verband,  eine  Politik,  welcher  Boleslav  nach  Ermordung  seines  Broden 
Wenzel  im  wesentlichen  treu  blieb  und  welche  ihm  eine  so  energische 
Niederhaltung  der  Aristokratie  ermöglichte,  dass  sich  nur  ein  einziges 
Theiliürstenthum  noch  über  Boleslavs  Tod  hinaus  erhielt. 


Im  Anzeiger  für  Schweizer  Geschichte  1884  n^  2  and  4 
finden  sich  Untersuchungen  von  Gisi  zur  Topographie  der  West* 
Schweiz;  ebenda  (S.  292)  weist  G.  v.  Wyss  nach,  dass  Otto  L  im  J.  963 
über  den  Lukmanier  nach  Italien  zog,  da  die  Annales  Einsidlensas, 
welche  die  genaueste  Nachricht  über  diesen  Zug  enthalten,  die  Leseart 


Notizen.  655 

Luggm  bieten,  was  nur  falschlich  in  den  Mon.  Oerm.  SS.  3,  142  mit 
Luggiam  aufgelöst  wurde.  —  In  n<)  5  (S.  331)  yeröffentlicht  Th. 
Y.  Liebenau  eine  Erzählung  über  den  Tod  König  Albrecht  I.  aus  dem 
1340 — 1350  geschriebenen  Codex  Bernensis  n^  452  einer  Fortsetzung 
des  Martinus  Polonus. 


In  der  Zeitschrift  des  Vereines  für  thüringische  Ge- 
schichte 1884,  Band  4  (neuer  Folge),  S.  107 — 184,  untersucht 
Erich  Schmidt  die  Chronik  des  s.  Feterklosters  zu  Erfurt 
in  Bezug  auf  ihre  einzelnen  Theile  und  deren  geschichtlichen  Werth. 
Der  Verfasser  dieser  yerdienstyoUen  Abhandlung  kommt  zum  Resultat, 
dass  die  vermeintlichen  Spuren  eines  grösseren  Chronicon  Sampetrinum 
nur  auf  der  Mangelhaftigkeit  der  Qöttinger  Handschrift  beruhen,  dass 
die  uns  erhaltene  Compilation  zwischen  1315  und  1345  abgefasst  sei 
und  aus  10  verschiedenen  Theilen  bestehe,  welche  seit  dem  12.  Jahrh. 
successive  in  Erfurt  entstanden  seien.  Die  Endpunkte  derselben  treffen 
die  Jahre  1149,  1185,  1207,  1254,  1272,  1276,  1293,  1314,  1338, 
1355  —  die  letzte  rührt  vom  Compilator  selbst  her.  Diese  unter  sich 
selbstständigen  Bestandtheile  schliessen  sich  natürlich  nicht  immer  genau 
an  die  vorausgehenden  Aufzeichnungen  an,  auch  sind  sie  meist  nur 
für  einen  Tbeii  der  betreffenden  Jahre  im  strengsten  Sinn  gleich- 
zeitig; dann  aber  theilweise  von  grösstem  Werth  und  besonderer  Zu- 
verlässigkeit. In  den  beiden  letzten  Partien  zeigt  sich  eine  besondere 
Berücksichtigung  der  städtischen  Verhältnisse. 

Der  gleiche  Band  enthält  von  C.  Wenck  eine  Ausgabe  des  Liber 
Cronicorum  (Erfordensis)  Chron.  Thuringicum  Viennense  (meist  nur 
von  localem  Werth)  mit  kritischem  Apparat  (S.  185 — 251)  und  einen 
Catalog  der  Beinhardsbrunner  Handschriften  von  1514  (S.  279 — 290). 


Das  Archivio  Veneto  Bd.  28  (Fase.  55  und  56)  enthält  einen 
Aufsatz  von  Ernesto  Degani,  II  castello  di  Cusano,  der  auch 
eine  Episode  der  österreichischen  Geschichte  berührt,  indem  dieses 
ScUoss  der  Bischöfe  von  Concordia  eine  gewisse  Bolle  beim  Krieg 
TT-  Rudolfs  IV.  gegen  den  Patriarchen  von  Aquileia  spielte.  Degani 
f^Lgt  seiner  Monographie  einen  reichen  Anhang  von  Documenten  (das 
älteste  von  1164)  bei,  von  denen  sich  mehrere  auf  jenen  Zwischen- 
fall beziehen,  ich  erwähne  die  Ernennung  des  Bischofs  von  Concordia 
zum  geheimen  Rath  Rudolfs  S.  367,  die  Nobilitirung  der  Formentini 
durch  Karl  IV.  1357  Dec  20,  S.  387. 


Literatur. 

A.  D.  Xeuopol,  Les  Boumains  au  moyen  age.  Paria 
1885.    Emest  Lerooz,  editeur.    In  8.  pp.  288. 

Die  Frage  nach  den  An&ngen  und  den  Geschicken  des  ramänischen 
Volkes  im  Mittelalter  ist  noch  keineswegs  zur  allgemeinen  Zufriedenheit 
beantwortet.  Auch  wer  geneigt  ist,  die  Bumttnen  in  Siebenbürgen  und 
dem  Königreich  für  die  romanisirten  Nachkommen  der  von  K.  Trajan  nieder- 
geworfenen Daker  zu  nehmen,  wird  Autoritäten  wie  F.  Miklosich  und 
W.  Tomaschek  respectiren  müssen,  von  denen  der  erstere  neuerdings 
wieder  (Sitzungsber.  d.  W.  Akad.  101  S.  49)  die  Walachen  für  romanisirte 
Illyrier  (Albanesen)  erklärt  hat,  während  der  letztere,  ein  vorzüglicher 
Kenner  der  ethnogn^hischen  und  geographischen  Verhältnisse  auf  der  Balkan- 
halbinsel, sie  in  der  Schrift  »Zur  Kunde  der  Haemus-Halbinsel^  (1882)  mit 
allem  Nachdruck  als  Abkömmlinge  des  thrako-bessischen  Volksstunmes  hin- 
stellt. Hiezu  konmit  Paul  Hunfalvy*s  bedeutendes  aber  auch  politisch 
tendentiöses  Werk:  »Die  Bumänen  und  ihre  Ansprüche*  (1888). 

Wenn  wir  X^nopols  Buch  mit  den  angeführten  Publicationen  v^- 
gleichen,  werden  wir  sofort  inne,  dass  dasselbe  nicht  gleichwerthig  ist 
Dies  liegt  daran,  dass  der  Verfl  viel&ch  Combinationen  auf  Qrund  seiner 
Lecture  aufstellt,  ohne  dieQuellen  studirt  zu  haben:  so,  indem  er  S.  146 
den  Namen  des  Flusses  Alt  mit  dem  der  Stadt  Altinum  in  Oberitalien  zu- 
sammenbringt; oder  wenn  er  S.  192  in  Abrede  stellt,  dass  die  Gepiden 
ihre  Wohnsitze  in  Altdacien  gehabt  hätten,  da  dieselben  nach  Procopius 
um  Sirmium  sassen,  demnach  unter  dem  Dacien  des  Jordanes  (Verf.  schreibt 
Jemandes)  Dacia  nova  zu  verstehen  sei;  oder  wenn  er  S.  56  nach  A.Thieny, 
Attila  11  p.  204  die  »epistola  Eugenii  papae  ad  Tutund  Avarorum  chaganum, 
ann.  826*  dtirt,  wo  er  doch  aus  der  Neubearbeitung  der  Jaffe'schen  Be- 
gesten  (n.  2566)  hätte  ersehen  können,  dass  dieses  Actenstück  zu  den  Falsi- 
ficaten  in  Sachen  des  Erzbisthums  Lorch  gezählt  wird. 

Zu  tadeln  ist  auch  der  leichtere  Sinn,  der  über  Miklo8ich*s  Annahme 
mit  dem  veralteten  Argumente  von  Hasdeu  hinwegzukommen  meint,  wo- 
nach Albanesen  und  Daker  identisch  wären;  femer  dass  die  gnechischen 
Elemente  im  Bumänischen  aus  dem  Einflüsse  der  griechischen  Colonisten 
in  Altdacien  erklärt  werden,  obwol  diese  Elemente  griechisch-byzantinischen 
Ursprungs  sind.  Auch  Tomaschek*s  Ausführungen  über  die  Ohristianisinmg 
der  in  Frage  stehenden  Bomanen  in  der  Zeit  vor  der  Slaveninvaaion  hätten 


literotar.  657 

eingehendere  Berüökaiehtigiuig  yerdient.  Waram  die  Gründe  niclit  aner- 
kennen, welohe  wissensobafblich  hochstehende  and  weiter  nicht  interesairte 
Männer  für  die  Einwanderung  der  Rumänen  aus  den  Balkangegenden 
vorbringen?  Es  bleibt  ja  doch  eine  stattliche  Beihe  von  Gründen  gegen 
jene  These  übrig :  so  dass  Niemand  einen  Zeitpunkt  der  Elinwanderang  über- 
zeugend darthun  kann  (alle  Bestimmungen,  die  man  versucht  hat,  auch  die 
letzte  von  Tomaschek,  schweben  in  der  Luft) ;  dass  man  wiederholt^  Völker- 
Verschiebungen  annehmen  muss ;  dass  die  (Nord-)  Rumänen  genau  im  Rahmen 
des  Tr^anischen  Daoiens  sitzen;  dass  die  Physis  der  heutigen  Rumänen 
zur  wohlbekannten  der  alten  Daker  passt,  wie  die  der  Franzosen  und 
Spanier  zu  der  ihrer  gallischen  und  iberischen  Vorfahren. 

Zudem  erscheinen  die  Daten,  die  über  die  Bevölkerung  Altdaciens  im 
ersten  Jahrhundert  nach  der  Festsetzung  der  Ungarn  VQigebracht  werden, 
als  sehr  fraglicher  Natur.  So,  wenn  behauptet  wird,  die  Bevölkerung 
Transilvaniens  sei  -  eine  slavisohe  gewesen,  aber  ohne  jede  Beziehung  zu 
Bulgarien:  »denn  Siebenbürgen  war  um  950  gewissermassen  ein  neutrales 
Territorium,  auf  dem  sowol  die  Magyaren  als  auch  die  Petschenegen  das 
Jagdrecht  beanspruchten,  von  dem  aber  die  Bulgaren  ausgeschlossen  waren 
und  das  sie  auch  nicht  in  Anspruch  nahmen*  (Hunfalvy,  Anspr.  S.  83). 
Es  steht  doch  fest,  dass  um  jene  Zeit  der  ungarische  Häuptling  Achtum, 
der  in  Gsanad  an  der  Maros  residirte  und  auch  die  kleine  Wallachei  (Se- 
verin)  unter  sich  hatte  (vgl.  Huber,  Oesi  Gesch.  I,  143),  zu  Widdin  sich 
taufen  lies  und  Verbindungen  mit  der  »griechischen  Kirche*  anknüpfte; 
während  andere  Häuptlinge,  wie  der  Gylas,  den  die  spätere  Tradition  nach 
Transilvanien  setzt,  zu  demselben  Zwecke  nach  Byzanz  giengen.  Daraus 
ist,  wie  auch  X^nopol  darthut,  zu  ersehen,  dass  man  in  den  altdakischen 
Gegenden  damals  allerdings  nach  Bulgarien  und  Konstantinopel  gravitirte; 
daher  die  Zugehörigkeit  der  Walaohen  zur  griechischen  Kirche  als  Argu- 
ment für  die  Einwanderungstheorie  anzuführen  (Huber  a  a.  0.  S.  84)  be- 
denklich erscheint. 

Unter  die  »Slaven*  aber,  die  in  den  erwähnten  Gegenden  nach  Maas- 
gabe der  Orts-  und  Flussnamen  gesessen  haben  (vgL  Huber  a.  a  0.  S.  154 
und  474),   wird   man  getrost  die   »Walachen*   subsumiren   dürfen;    denn 
warum  sollte  man  die  damaligen  »Walaohen*  nicht  »Slaven*  nennen  können, 
nachdem  im  Sprachschatz  des  Bumänischen  noch  heute  die  slavisohen  Ele- 
mente die  romanischen  überwiegen?    (Schon  Sulzer  machte  ähnliche  Be- 
merlningen;   vgl.   Gesch.  des  transalp.  Dadens  U,    6  ff.).     Erst  nach  und 
nach  (Tomaschek  nimmt  beiläufig  das  Jahr  1000  als  das  entscheidende  an) 
zeigte  sich,   dass  das   herrschende   slavische  Element   das  niedergedrückte 
romanische  doch  nicht  zu  verdauen  vermochte ;  was  bei  den  Bulgaroslaven 
von    den  Byzantinern  nach  1018  sofort  im  Sinne  des  »divido  et  impera* 
verwerthet  wurde.     Gleichwol  ging  den  Walachen  die  Wirkung  jener  sla- 
viseben  Herrschafks-  und  Imprägnirungsperiode   in  jeder  Beziehung  nach; 
in  Sprache,  Schrift,  Liturgie,  in  der  Organisation  unter  den  Enäsen  usw. 
Aach  die  »slavische*  Toponymie  Siebenbürgens  wird  unter  diesen  Umständen 
nicht  Wunder  nehmen  dürfen.   Wird  dieser  Gedanke,  den  der  Verf.  gegen 
Hun&iyj  nicht  ohne  Glück  ausführt,  aoceptirt,   so  hat  man  nicht  nöthig, 
die  hei  Ankuafb  der  Ungarn  in  Transylvanien   sitzenden   »Slaven*  wieder 
YOracbwinden  zu  lassen,  um,  wie  Bösler  that,  das  famose  »desertum*  zu 

ÜfttheUuifea  YH  48 


658  Literatur. 

schaffen  und  dann  die  Einwanderung  der  Wakohen  in  Soene  zu  setrau  — 
In  Bezug  auf  das  » argumentum  ex  silentio  ^  stimmt  X^nopol  mit  dem  tob 
Anderen  Bemerkten  überein;  auch  sonst  sind  die  Schriften  von  Pi6  usw. 
so  fleissig  benutzt,  dass  wir  vielßu)h  weniger,  als  uns  lieb  war,  aus  diesem 
Buche  zu  profitiren  vermochten.  J.  Jung. 


Acta  Tirolensia.  Urkundliche  Quellen  zur  6e- 
Bchiclite  Tirols.  Erster  Band.  Die  Traditionsbficher 
des  Hochstiftes  Brixen,  herausgegeben  von  Dr.  Oswald 
Redlich.    Innsbruck,  Wagner  1886.    LXIII  und  356  S.,  S«. 

Seit  Besch's  Annales  ecclesiae  Sabionensis  (1767)  und  Aetaa  miUeniria 
ecclesiae  Aguntinae  (1772),  zweien  für  die  damalige  Zeit  recht  tüchtigen 
Werken,  war  bei  den  Publicationen,  welche  tirolische  Urkunden  des  fräheitn 
Mittelalters  in  grösserer  Menge  enthielten,  ein  steter  Bückgang,  zwar  nicht 
quantitativ  wol  aber  qualitativ,  zu  bemerken.  Weder  Hormayr  (BeytrSge 
zur  Gesch.  Tjrols,  Geschichte  Tyrols,  Sämmtliche  Werke,  1804—1821),  noeh 
Sinnacher  (Bejtrftge  zur  Geschichte  der  Kirche  Sähen  und  Brixen,  1821 — 28), 
um  nur  die  Gielehrten  zu  nennen,  welche  viel  aus  den  gleichen  Quellen  pabli- 
cirten  wie  Bedlich,  noch  die  Ausgaben  der  auf  verwandtem  Gehiete  arbeitenden 
£ink  (Codex  Wangianus,  Fontes  rer.  austr.,  II.  Abth.  5.  Bd.  1852)  and 
Mairhofer  (ürkundenbuch  des  Klosters  Neustift,  Bd.  34  derselben  Samm- 
lung, 1871)  erreichten  mit  Bücksicht  auf  die  inzwischen  gemaohten  Fort* 
schritte  der  Geschichtsforschung  den  Werth  des  alt^i  Besch. 

Nun  endlich  haben  wir  in  Bedlich^s  Acta  Tirolensia  wieder  ein  Werk 
zu  verzeichnen,  welches  ebenso  durch  kritische  Durchdringung  des  Stoffes, 
wie  durch  wissenschaftliche  und  praotische  Editionsprincipien  und  endlich 
—  soweit  ich  das  ohne  die  mir  hier  unmögliche  Nachprüfung  an  Hand  der 
Manuscripte  beurtheilen  kann  —  durch  (Genauigkeit  der  Abdrücke  dem 
heutigen  Stand  der  Wissenschaft  vollauf  entspricht. 

Allerdings  war  B.  bei  der  Ausgabe  dieser  Traditionen  vermöge  der 
einheitlichen  Anlage  und  Gestalt  seiner  Quellen  sehr  im  Yortheil  gegenüber 
vielen  andern  Herausgebern  von  ürkundenbüohem ,  aber  diese  Traditions- 
oodices  bieten  andererseits,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  wieder  eine  ganie 
Beihe  eigenthümlicher  Schwierigkeiten,  welche  B.  nicht  wie  so  manche 
auch  moderne  Herausgeber  von  Traditionen  umgangen,  sondern  sa  lüsen 
versucht  hat. 

Die  ausftihrliche  Einleitung,  an  sich  eine  für  den  Diplomatiker  nnd 
Bechtshistoriker  beachtenswerthe  Abhandlung,  gibt  allen  wünflchensweriben 
Aufschluss  über  Alter,  Anlage  und  Bedeutung  der  zum  Abdruck  gebischten 
Quellen.  Die  Traditionen  der  Sähen  -  Brixener  Kirche  beginnen  unter  B. 
Meginbert  (907 — 925;  die  von  einem  älteren  tirolischen  Forscher  dem  im 
8.  Jahrh.  lebenden  B.  Antonius  von  Sähen  zugeschriebene  Tradition  B.  n^  408 
gehört  dem  B.  Ante  1097— c.  1100  an)  und  reichen  in  geschlossener  Masse 
bis  zu  B.  Johannes  111.  (1306  — 1322),  worauf  noch  vereinaelte  spätere 
Nachträge  bis  ins  15.  Jahrh.  folgen,  im  ganzen  743  Stücke.  Mit  As«- 
naHme  des  letzten,  das  B.  dem  sogenannten  Oalendarium  Wi&tkeii  efti- 
nahmi  sind  sttmmtliche  in  zwei  Traditionsbüchem  verzeichaet»  welche  mioh 


literaiar.  669 

der  SiksolariBiTiuig  des  Fürstenihums  zonfichst  ins  Begierangsarchiy  zu  Inns- 
bmok  gebraohti  dann  w^en  der  drohenden  baieriscben  Invasion  1805  nach 
Wien  überföbrt  wurden  und  im  dortigen  Staatsarchiv  als  Codex  460,  von 
Redlich  mit  A,  nnd  Codex  515  von  Sedlich  mit  B  bezeichnet,  verblieben. 
Codex  A,  das  filtere  Traditionsbuch,  besteht  nach  der  detaiUirten  mühe- 
vollen Beschreibung  des  Herausgebers  aus  68  BL  in  Quart,  die  aber  nach 
Format,  Linienschema  und  Schrift  keineswegs  schon  ursprünglich  ein  Ganzes 
bildeten.  Der  älteste  Theil,  f.  61  —  65  und  68,  mit  den  Traditionen  der 
Bischöfe  Meginbert,  Wisunt  und  Bichbert  kann  nicht  gleichzeitig  angel^ 
sein,  da  die  einzige  Tradition  des  erstgenannten  Bischofs  erst  auf  £.  63 
steht.  Ebenso  ist  auch  die  nächste  Traditionsgruppe  aus  der  Zeit  des  Bischofs 
Albuin  (975  —  1006)  erst  nach  dessen  Tod  zusammengestellt,  daA.  wieder- 
holt als  »beatae  memoriae*  bezeichnet  ist.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit 
den  folgenden  Traditionen  der  Bischöfe  Hartwig  (1022  —  1039)  und  Alt- 
win  (1049 — 1096),  indem  die  ersten  Traditionen  des  letzteren  noch  von 
gleicher  Hand  wie  die  des  erstem  eingetragen  sind;  ja  B.  glaubt»  dass  der 
Schreiber,  welcher  die  Traditionen  Hartwigs  zu  verzeichnen  anüeng,  noch 
Stücke  aus  der  Zeit  von  1070  — 1080  hinzufügte,  so  dass  also  auch  die 
Traditionen  der  ersten  Deoennien  Altwins  erst  nachträglich  zusammenge* 
schrieben  sein  können.  Im  reichlichen  Zuwachs  von  Traditionen  unter  dem 
letztgenannten  Bisohof  erblickt  B.  die  Veranlassung  zur  Anlage  eines  neuen 
Codex  (B). 

B  besteht  jetzt  aus  188  Blättern  in  Quart.  Ursprünglich  zählte  er 
etwa  118  BL,  denen  dann  noch  4  gleicher  Ausstattung  zur  unmittelbaren 
Fortsetzung  beigefügt  wurden.  Später  band  man  noch  alle  folgenden  theils 
auf  Doppelblättem,  theils  in  Heften  verzeichneten  Traditionsoomplexe  bei, 
aber,  wie  schon  der  Card.  Nie  vonCusa  bemerkte,  in  abscheulicher  Unord- 
nung und  Confusion,  so  dass  B.  erst  mit  Hilfe  der  Schriftvergleichung,  der 
Aufeinanderfolge  der  Bischöfe  und  einer  Beihe  anderer  scharfsinniger  Com- 
binationen  die  richtige  Einordnung  wieder  herzustellen  vermochte.  Eine 
Kachprüfung  dieser  Beconstruction  an  Hand  des  Codex  war  znir,  wie  schon 
erwähnt,  unmöglich,  aber  man  wird  sie  getrost  benutzen  können,  mir 
veenigstens  scheinen  die  von  B.  angeführten  Haltpunkte  durchwegs  über- 
zeugend. 

Die  innere  Verwandtschaft  beider   Codices   ergibt  sich  schon  daraus, 
dass  die  bereits  in  A  verzeichneten  Traditionen  Altwins  in  B  wiederkehren, 
und  zwar  von  einer   der  in  A  ebenfäUä   beschäftigten  Hände  geschrieben. 
Der  Anfang  von  B  kann  also  ebenfalls  nicht  streng  gleichzeitig  sein  mit 
den  eingetragenen  Traditionen.     Aber  auch  die  Fortsetzung  der  Traditionen 
Altwins  ist  es  nicht,  da  auch  dieser  Bischof  wiederholt  als  »beatae  memoriae* 
bezeichnet  wird,  die  gleiche  Schrift  bei  den  Traditionen  des  nächsten  Nach- 
folgers wiederkehrt     Die  Merkmale  gleichzeitiger  protokollarischer  Führung 
erkennt  B.  dem  Codex  überhaupt  erst  für  den  Schluss  des  13.  und  Anfang  des 
14.    Jahrh.  zu,   wo   sich  der  Charakter  des  Buches  bereits  wesentlich  ge- 
fljidert  hat,  worauf  noch  zurückzukommen  ist.  Wir  haben  es  also  im  ganzen 
nicht  mit  Originalaufzeichnungen  zu  thun.     Desto  wichtiger  wird  nun  ao- 
^v^ol    i'ür  die  Urkundenlehre  als  für  den  Grad  der  historischen  Glaubwürdig- 
]ceit  die  Frage,  welcher  Art  und  BeschalSenheit  waren  die  Quellen  der  Bnxner 
^^xaditionsbücher  ? 

48* 


^60  Literatax*. 

Bedlich  hat  die  Antwort  auf  diese  Frage  schon  in  einer  Vorarfoeit  för 
diese  Ausgabe,  in  seiner  trefflichen  Abhandlang  » Ueber  bairische  Tradiüons- 
bücber  und  Traditionen*  (Mittheilungen  5,  1  —  82)  durch  Elarlegung  der 
Entwicklung  des  bairischen  Urkunden wesens  bis  zum  18.  Jahrh.  gegeben 
und  brauchte  in  der  Einleitung  seiner  Ausgabe  nur  mehr  den  Sachverhalt 
spedell  für  Brizen  des  nähern  auszuführen.  Die  im  8.  und  9.  Jahrh.  in 
Baiem  vorherrschende  Dispositivurkunde  oder  Charta  tritt  im  10.  Jahrh. 
gegen  die  Notitia  zurück,  da  das  ürkundenwesen  nicht  bis  zur  Möglichkeit 
eines  Schriflbeweises  gedieh,  das  Yolksbewusstsein  den  ürkundenbeweis 
überhaupt  perhorrescirte,  an  der  Yollziehung  der  Bechtsgeschäfle  durch  die 
altherkömmlichen  Formalacte  und  am  Beweis  derselben  durch  die  zuge- 
zogenen Zeugen  festhielt.  So  wurde  das  Massgebende  jeder  urkundlichen 
Aufzeichnung  die  Nennung  der  Zeugen,  durch  welche  das  BechtsgeschSft 
im  Yolksgericht  erwiesen  werden  konnte.  Daher  ward  die  Charta  durch 
die  schlichte  Beweisurkunde  (Notitia)  verdrängt,  diese  wieder  bekam,  da 
nur  mehr  die  Zeugennamen  in  die  Wagbchale  fielen,  den  Charakter  eines 
ziemlich  formlosen  unbeglaubigten  »Actes*,  wie  er  erweislich  für  das  einzelne 
Bechtsgeschäft  der  Kirche  aufgezeichnet  zu  werden  pflegte.  Die  Traditionen 
seit  dem  10.  Jahrh.  sind  nun  durchwegs  solche  »Notitiae  testium*,  nur 
n^  4  dieser  Ausgabe  macht  unter  den  Brixner  Traditionen  eine  Ausnahme, 
indem  es  auf  einer  Charta  beruht.  Bein  practische  Gründe  föhrten  dann 
dazu,  diese  Acte  in  Bücher  zu  sammeln  oder  wol  auch  die  Handlung^- 
zeugen  direct  in  das  Traditionsbuch  einzutragen.  In  letzterem  Falle  sind 
somit  die  Aufzeichnungen  im  Traditionsbuch  Original,  im  ersteren  Eall 
Copien,  deren  Grad  und  Glaubwürdigkeit  erst  festzustellen  ist  Nach  den 
Ausführungen  Bedlich's  enthalten,  wie  erwähnt,  die  Brixner  TradiÜonsbücher 
überwiegend  blos  Copien  von  Acten.  Ist  nun  der  Tenor  des  Actes  getreu 
wiedergegeben?  Für  den  Zweck  als  blose  Notitia  testium  waren  die  ur- 
kundlichen Formeln  ein  unnützes  Kleid,  es  kam  nur  auf  Gegenstand  der 
Schenkung  und  auf  Zeugen  an ;  wirklich  hat  man  die  urkundliche  Fassung 
mehr  oder  weniger  abgeworfen;  hat  sich  an  manchen  Grien  mit  nackter  Auf- 
zeichnung des  Thatbestandes  begnügt  Für  Brizen  aber  erweist  &  ein 
zähes  Festhalten  an  der  alten  Sitte. 

Schon  unter  Albuin,  von  dem  virir  59  Traditionen  besitzen,  ftllt  der 
gleich  bleibende  Wortlaut  der  beibehaltenen  Formeln  auf;  dass  derselbe 
schon  auf  die  ursprünglichen  Acte  zurückgeht,  ersieht  man  aus  dem  noch 
erhaltenen  Act  von  n^  46  und  aus  der  Uebereinstimmung  des  Textes  in 
den  wenigstens  theilweise  unabhängig  von  einander  copirten  Partien  auf 
f.  1  —  14  und  f.  28 — 47  des  Codex  A.  In  den  mehr  als  300  Traditionen 
aus  der  Zeit  Altwins  (1049  — 1096)  zeigt  sich  eine  solche  Constanz  der 
Fassung,  dass  B.  sogar  die  Entwicklung  des  Dictates  nachzuweisen  vermag. 
Er  unterscheidet  eine  Zeit  des  Schwankens  im  Formular  bis  etwa  1065, 
eine  Consolidirung  zu  einiacher  schlichter  Formel  von  1065  bis  1075,  von  wo 
an  eine  reiche  schwülstige  aber  stetig  wiederkehrende  Phraseologie  zum 
Durchbruch  kommt,  man  möchte  &st  sagen  eingeführt  wird.  In  einigen 
wenigen  Fällen  ist  geradezu  die  eine  Tradition  als  Vorlage  für  die  andere 
iienutzt,  meist,  jedoch  nicht*  immer,  stehen  dann  solche  in  innerem  Zu- 
sammenhang. Im  allgemeinen  aber  bandelt  es  sich  um  Terwendung  eines 
bestimmten  Musters  als  Formel,    Eine  solche  Uebereinstimmung  der  Fas* 


literatui;  661 

sang  erkl&rt  sich  natürlich  weder  daroh  Zufall   noch  durch  gleibhmässige 
Weiterbildung  alter  Formeln  in  ganz  verschiedenen  Kreisen ,    sondern  nur 
durch  Goncipirung  der  Traditionen  an  einem  bestimmten  Orte   oder  doch 
durch  eine  bestimmte  Schule.     Wol  mit  Recht  sagt  B.,  das  Concept  stammt 
aus  der  Brixner  bischöflichen  Schreibstube.  Und  zwar  stellt  sich  der  Heraus- 
geber mit  Bücksicht  auf  die  vielen  fem  von  Brixen  eilenden  Ausstellungs- 
orte  und  auf  die  Uebereinstimmung  der  Fassung  auch  bei  jenen  Stücken 
der  CkMÜces,  welche  mit  Bischof  und  Hochstifb  gar  nichts  zu  thun  haben, 
den  Sachverhalt  so  vor,    dass  zunächst  reine  Thatbestandsacte  mit  Angabe 
des  Ortes  der  Handlung  aufgenommen   und  in  Brixen  in  chronologischer 
Ordnung  aufbewahrt,  dann  und  zwar  bei  der  Eintragung  in  Codex  A  — 
daher  die  vielen  Correcturen  und  Nachträge  in  demselben  —  in  die  jetzige 
Fassung  gebracht,  endlich  nochmals  in  B  reingeschrieben  wurden,  dass  man 
endlich  »von  da  an  diese  Uebung  regelmässig  fortsetzte^.    Diese  Annahme 
beseitigt  allerdings  die  oben  erwähnten  Schwierigkeiten,  redncirt  auch  die 
Zahl  der  unbekannten  Glieder  auf  eines.   Aber  wenn  B.  auch  die  damit  un- 
vereinbare Aufstell  ng,  dass  die  Traditionen  der  ersten  Jahrzehnte  Altwins 
erat  zwischen  1070  und  1080  zusammengestellt  worden  seien,  als  auf  nicht 
ganz  sicher  zu  erweisender  Identificirung  der  nur  vereinzelt  zwischen  andern 
Händen  auftauchenden  Schrift  von  n"  182,  248  beruhend  aufgeben  sollte, 
scheinen  mir  die  von  ihm  für  solchen  Sachverhalt  angeführten  Gründe  nicht 
ausschlaggebend  zu  sein.     Die  formelhaften  Theile   sind  ziemlich  stereotyp 
und  einfach,  so  dass  in  der  bischöflichen  Schreibstube  herangebildete  Hlbi- 
ner  dieselben  recht  wol  im  Kopfe  haben  konnten,   ohne  die  Muster  stets 
zur  Hand  zu  haben.    Ich  finde  nicht,   dass  das  Actum  vieler  Traditionen 
Abwesenheit    des    Bischofs    und    damit    eines    solchen   geschäftskundigen 
Mannes   seiner   Umgebung   voraussetzte.      Ist   nicht  das   Itinerar   unserer 
Kaiser   ungleich   reicher   an   Ortswechseln?     Im    Lande   vielfach    herum- 
zuziehen,   gebot   dem   Bischof  ja    auch    die    pastorale   Hirtenpflichi      £s 
dürfte   femer   zu  beachten   sein,    dass    solche  bedenkliche    Acta    vielfach 
nicht  in  die  Gegend  des  geschenkten  etc.  Gutes  fallen,  und  schon  deshalb 
Anwesenheit  des  Bischofs  vermuthen  lassen.     Am  ehesten  möchte  man  die 
Annahme  B.'s  betreffs   der  an   kämtnerischen  und  krainischen  Orten  vor- 
genommenen Traditionen  theilen,   aber  diese  stehen  vielfach  gruppenweise 
zusammen,  bilden  oft,    insbesondere  wenn  man  von  einer  ganz  ausnahms- 
los zutreffenden  chronologischen  Beihenfolge  im  Codex  absieht,  eine  natür- 
liche Beiseroute,   so  dass  auch  die  meisten  dieser  Gruppe  in  Anwesenheit 
des  Bischofs  vorgenommen  sein  dürften.     Sehe   ich  also  nach   dieser  Seite 
keine  Veranlassung,  warum  im  allgemeinen  die  Tradition  nicht  sofort  in  dem 
uns  erhaltenen  Wortlaut  abgetasst  worden  sein  sollte,  so  gebe  ich  doch  gerne 
zu,  dass  in  manchen  aber  nur  vereinzelten  Fällen  der  von  B.  vermuthete 
Sachverhalt  zutreffe ;  aber  weil  bei  derartigen  Bechtsgeschäften  oft  Terhand- 
lungen  vorausgegangen  sein  mussten,  konnte  auch  da  der  Stil  der  bischöf- 
lichen Schreibstube  sich  geltend  machen.     (Gewichtiger  wäre  der  Einwand, 
dass  auch  nur  in  Brixen  als  einem  locus  credibilis  hinterltgte  Traditionen 
gleiches  Dictat  haben.     Aber  unter  Altwin  finden  sich  als  derartige  Stücke 
nur  das  actumlose  n^  194,  testamentarische  Bestimmung  eines  Brixner  Ca- 
nonicus  über  ein  vom  Bisthum  eingetauschtes  Gut,  und  n^  214:  Schenkung 
an  eine  S.  Georgenkirche  mit  actum  ad  s.  Georgium,  wobei  nach  dem  Actum 


662  tiiteratoK 

der  Yoransgehenden  and  der  folgenden  Tradition  ^  sowie  naeh  den  Zeugen 
Anwesenheit  des  Bischofs  an  diesem  Orte  anzuoehmen  isi  Diese  beiden 
Traditionen  können  also  sehr  wol  ans  der  bischöflichen  Schreibstabe  stammen.  — 
Ob  somit  die  erhaltenen  Traditionen  Altwins  eine  ITeberarbeitang  nnd  Erwei- 
terang  der  ursprünglichen  Aofzeichnong  sind  oder  nichts  moss  noch  dahin- 
gestellt bleiben,  doch  scheint  mir  aach  B.'s  Annahme  sehr  fraglich,  dasssftmmt- 
liehe  Einzelacte,  oder  aach  Grappen  von  Acten,  wenn  sie  auf  Blättern  oder  in 
Heften  partienweise  eingetragen  waren,  durch  viele  Jahre  in  so  richtiger  ohrono- 
logischer  Beihenfolge  auf  bewahrt  werden  konnten;  auch  ist  zu  bedenken,  dass 
anter  Albuin  erwiesenermassen  die  Einzelacte  schon  jene  Eassong  gehabt  haben, 
in  welcher  sie  in  das  uns  erhaltene  Traditionsbach  eingetn^en  worden. 

Unter  den  Nachfolgern  Altwins  tritt  nach  den  Ansführangen  B.'8  za- 
nftchst  im  Lauf  des  12.  Jahrh.  ein  gewisser  YerMl  der  Traditionabücher 
ein :  die  einzelnen  Fortsetzungen  sind  mit  geringer  Sorgfalt  und  unordent- 
lich geführt,  viele  Traditionen  sind  aller  Formeln  bar,  reine  Thatbeatands- 
acte.  Anderseits  mehrt  sich  seit  Altwin  (n<>  74,  183,  236,  282)  die  Zahl 
der  Traditionen,  deren  Vorlage  eine  förmliche  Urkunde  gewesen  sein  moss. 
Wir  sind  bereits  in  die  Zeit  gelangt,  in  welcher  das  Beglaubigongsmittel 
des  Siegels  der  Urkunde  wieder  zu  grösserer  Yerbreitong  verhilft.  Für 
wichtigere  Bechtsgeschttfte  begnügte  man  sich  jetzt  nickt  mehr  mit  der 
Notitia  testium  und  der  Eintragung  in  das  Traditionsbuch,  nur  minder 
wichtige  Dinge,  namentlich  Schenkung  und  Ergebung  von  Leaten  zu  Gen- 
sualenrecht,  werden  nach  wie  vor  blos  durch  die  Eintragung  des  Actes  in 
das  Traditionsbuch  schriftlich  fixirt 

Werden  also  über  Bechtsgeschäfbe  auch  Urkunden  ausgestellt,  so  wird  in 
solchem  Falle  das  Traditionsbuch  zum  Ck)pialbuch.  Jedoch  nicht  ganz.  B.  hat 
an  einer  Beihe  von  Fällen  den  interessanten  Beweis  erbracht,  dass  die  Ein- 
tragung im  Traditionsbuch  auch  noch  im  1 3.  Jabrh.  ihren  eigenthümUchen 
Werth  hat,  indem  nicht  blos  die  Fassung  von  der  zufiLllig  uns  erhaltenen 
urkundlichen  Ausfertigung  abweicht,  sondern  auch  der  Inhalt,  in  der  An- 
gabe der  Zeugen,  namentlicher  Aufzählung  von  Eigenleuten,  dadurch  dass 
die  Traditionsnotiz  lateinisch  und  undatirt,  die  Urkunde  deutsch  und  datirt 
ist  usw.  Dass  dem  Traditionsbuch  noch  eigenthümliches  Leben  innewohnt, 
zeigt  sich  auch  darin,  dass  sich  im  Lauf  des  13.  Jahrh.  die  Form  des  Actes 
ändert.  Jetzt  tritt  zuerst  Einfluss  der  italienischen  Notariatsurkunde  zn 
Tage:  n^  557  vom  J.  1233  beginnt  mit  Datirung,  endet  mit  Unterfeitigang 
des  Schreibers;  eine  stätigere  halb  italienische,  halb  deutsche  Fassung  be- 
gegnet dann  seit  der  zweiten  Hälffce  des  13.  Jahrh.  Die  Eintragong  im 
Traditionsbuch  wird  zum  selbständigen  Beweismittel,  die  angeführten  Zeugen 
zu  Zeugen  der  Beurkundung.  Namentlich  unter  Johann  HI.  findet  sidi 
von  1308 — 1322  diese  Beurkundungsart  oft,  und  zwar  sind  die  Eintragungen 
gleichzeitig,  von  B.  mit  Becht  den  italienischen  Notariatsabbreviatoren  an 
die  Seite  gestellt.  —  So  hat  B.  die  ganze  Entwicklung  der  Brizner  Tra- 
ditionen von  Charta  und  Notitia  bis  zur  voUkonmien  aasgebildeten  Form 
italienischen  Urkundenwesens  überzeugend  dargethan. 

Für  die  Edition  der  Traditionen,  von  denen  374  überhaupt  bisher  ungedmckt 
waren,  hielt  sich  B.  wesentlich  an  die  von  Sickel  für  die  Diplomata  au%e8tellte& 
und  bei  deren  Ausgabe  durchgeführten  Begeln,  nur  in  Kleinigkeiten  modificirte 
er  dieselben  in  einer  den  Besonderheiten  des  Stoffes  ganz  entsprechenden  Weise. 
B.  hat  jede  Tradition  als  Einzelstück  behandelt,  nur  eng  zusammengehörige, 


Literatar.  663 

auch  im  Codex  mit  einander  yerbondene  Stücke  oder  Reihen  nackter  Act- 
aufzeichnongen  nnter  eine  Nummer  gestellt.  Auf  das  knappe  Hegest  mit 
Datirung  folgt  die  Provenienzangabe,  darauf,  um  Baum  zu  ersparen,  in  der 
gleichen  Zeile  die  in  möglichster  Yollftändigkeit  aufgenommenen  Drucke 
mit  gleicher  Filiationsangabe  wie  bei  den  DD.,  endlich  wieder  blos  durch 
grösseres  Spatium  getrennt,  die  kritische  Note  mit  Ortserklärungen,  chrono- 
logischen Erörterungen  etc.  Aehnliche  Sperrung  ist  dann  in  recht  nütz- 
licher Weise  verwendet,  um  die  Hauptbestandtheile  des  Contextes  fiusser- 
lich  hervortreten  zu  lassen.  Die  Anmerkungen  folgen  wegen  der  Kürze 
der  Stücke  unmittelbar  auf  jede  Tradition,  nicht  alle  zusammen  am  Fusse 
der  Seite.  Benützung  einer  Vorlage  ist  durch  Petitdruck  angezeigt,  bei 
doppelten  Ausfertigungen  oder  Becensionen  ist  Spaltendruck  verwendet.  Dem 
zwischen  Original  und  Copie  schwankenden  Charakter  auch  der  nachträglich 
eingetragenen  Tradition  suchte  B.  bei  Behandlung  des  Textes,  wie  mir  scheint 
ganz  glücklich,  dadurch  gerecht  zu  werden,  dass  er  Lesefehler  des  eintragen- 
den Schreibers  im  Text  verbesserte,  Correcturen,  Zusätze  etc.,  welche  gar 
nicht  auf  den  Act  zurückgehen,  gleich  wie  bei  Originalen  vermerkte.  Wenn 
man  davon  absieht,  dass  etwa  die  vereinzeint  neben  den  Traditionsbüchern 
anzuführenden  Quellen  die  gleichen  Siglen  (A,  B)  wie  jene  erhielten,  dass 
das  Spatium  zwischen  den  verschiedenen  von  einander  unabhängigen  Drucken 
gar  zu  klein  ausgefallen  ist,  so  dass  man  z.  B.  bei  n^  5  oder  7  auf  den 
ersten  Blick  liest :  Boschmann  . . .  aus  A.  Besch,  statt  aus  A.  —  Bosch  etc., 
dass  die  Verwendung  der  gleichen  Type  für  i  und  I.  störend  wirkt,  da  »vi* 
und  »VI*  nur  nach  dem  Zusammenhange  unterschieden  werden  kann,  dass 
das  Arrangement  der  Anmerkungen  bei  Stücken,  die  von  der  Becto-  auf 
die  Versoseite  hinüberreichen,  unbequem  ist,  wird  gegen  die  von  B.  vor- 
genommenen Aenderungen  der  Editions-  und  Druckprincipien  der  Diplo- 
mata  kaum  etwas  einzuwenden  sein. 

Eine  grosse  Schwierigkeit  bereitete  die  chronologische  Einreihung,  da 
bis  zum  13.  Jahrb.,  d.  h.  bis  zu  n^  587  nur  ein  einziges  Stück  (n^  22) 
nach  Jahr  und  Tag  datirt  ist,    die  Angabe   des  Tages   in   einigen  andern 
Fällen  oder  die  des  Actum  bei  den  Traditionen  Altwins  keine  nähere  Zeit- 
bestimmung  gestattet.      Mit  vollem   Becht   erklärt   es   B.   als   Pflicht   des 
Herausgebers,  bei  solchem  Material  die  engsten  Zeitgrenzen   itir  jedes  ein- 
zelne Stück  festzustellen  (auch  das  ist  nur  zu   billigen,   dass   B.  jedesmal 
den  terminus  a  quo  und  ad  quem  angibt).  Die  mühevollen  Untersuchungen, 
die  er  zu  diesem  Zwecke  anstellen  musste,    ersieht  man  aus  der  S.  XXVI 
bis  XXXIX  gegebenen  Uebersicht  und  Begründung  seiner  Einreihung.   Der 
nftchstliegende   und   vielfach  einzige  Haltpunkt  ist  der  Name  des  Brixner 
Bischofs;  aber  bei  Altwin  z.  B.   lässt  derselbe   noch   einen   Spielraum  von 
ÜEkst  50  Jahren.    Es  galt  also  aus  der  Erwähnung  anderweitig  bekannter  und 
chronologisch  fixirbarer   Personen   und   Thatsachen  gewisse  Anhaltspunkte 
für  die  nähere  Einreihung  zu  gewinnen.   Mit  grosser  Umsicht  hat  da  Bed- 
lich  die  verschiedensten  Momente  in  Betracht  gezogen.     Es  ist  nicht  seine 
Schuld,  wenn  nur  wenige  derselben  eine  ganz  fest  umschriebene  Zeitgrenze 
gewährten.    Es  war  für  seine  Arbeit  schon  von  grösster  Wichtigkeit,  wenn 
er  daraus,  namentlich  aus  der  Nennung  bischöflicher  Beamter  (Vögte)  und 
aus  einer  gewissen  Constanz  der  Zeugenreihen    erweisen   konnte,   dass   die 
Beihenfolge   der  Traditionen   bis   zum  12.   Jahrh.    im  ganzen  eine  streng 
chronologische  sei,  dass  also  jeder  nShere  Anhaltspunkt  für  die  Einreihung 


664  literator. 

einer  Tradition  zugleich  ein  Terminus  ad  quem  flir  die  vorauBgehenden 
oder  ein  Terminus  a  quo  für  die  folgenden  bilde,  dass  es  ferner  beim 
Mangel  anderer  Haltpunkte  gerechtfertigt  sei,  die  Reihenfolge  des  Codex 
beizubehalten.  B.  datirt  also  die  im  Codex  zwischen  zwei  durch  nfihere 
Haltpunkte  fixirten  Traditionen  stehenden  Nummern  zunftchst  nach  den  da> 
durch  gegebenen  engeren  Grenzen,  geht  dann  aber,  wenn  es  sich  um  eine 
längere  Reihe  handelt,  auch  noch  weiter,  rückt  die  Grenzen  der  Entstebungs- 
zeit  allmählig  nach  vorwärts.  Gewiss  entspricht  bei  der  chronologischen 
Beihenfolge  des  Codex  ein  solches  Yeriahren  den  Thatsachen,  ebenso  gebe 
ich  auch  recht  gerne  zu,  dass  durch  die  eingehende  und  andauernde  Be- 
schäftigung mit  derartigem  Stoff  der  Sinn  für  den  Punkt,  an  welchem 
solche  Erhöhung  vorzunehmen  ist,  sich  ungemein  schärft,  aber  der  Zeit- 
raum z.  B.  von  5  zu  5  Jahren,  um  welchen  vorgeschritten  wird,  ist  doch 
nur  ganz  willkürlich  zu  bestimmen.  Hat  B.  dem  auch  immer  durch  den 
Beisatz  »circa*  Ausdruck  gegeben,  so  schiene  es  mir  doch  angeme^ener, 
in  der  Batirung  die  möglichst  sicheren  Zeitgrenzen  zu  belassen,  auf  solche 
Wahrscheinlichkeit  nur  in  der  Einleitung  oder  in  den  Vorbemerkungen 
hinzuweisen.  Traditionen,  welche  nicht  in  der  Hauptreihe  des  Codex  ein- 
getragen sind,  wurden  nach  den  sich  ergebenden  chronologischen  Haltpunkten 
jenen  angefugt;  natürlich  war  hier  die  Einreihung  oft  eine  weniger  sichere 
als  dort.  Ebenso  konnten  auch  bei  der  zweiten  Hälfte  des  Codex  B  nur 
mehr  auf  Grund  innerer  Haltpunkte  die  Zeitgrenzen  bestimmt  werden. 

Sehr  grosse  Sorgfalt  hat  B.  auf  die  Erklärung  der  Oertlichkeiten  ver- 
wendet; ausser  der  gedruckten  Literatur  hat  er  in  grossem  Umfang  und 
mit  gutem  Erfolg  die  alten  Brixner  urbare  herangezogen.  Trotzdem  ist 
hier  so  manches  unaufgeklärt,  so  manche  Deutung  zweifelhaft  geblieben; 
hier  wartet  für  den  heimischen  Forscher  noch  ein  lohnendes  Feld.  In  den 
Begesten  oder  kritischen  Noten  sind  seltenere  Ortsnamen  beim  ersten  Auf- 
treten näher  bestimmt,  im  Wiederholungsfalle  ist  der  Benutzer  auf  das 
Begister  augewiesen. 

Die  Begister  bestehen  aus  1.  (Personen-  und  Orts-)  Kamen-  2.  Sach- 
register 3.  einem  nach  Ländern  geordneten  Yerzeichniss  der  Stücke,  welche 
aussertirolischen  Besitz  Brixens  betreffen.  B.  hat  sich  beim  Namenregister 
an  die  von  Ficker  in  der  Einleitung  zu  den  »Acta  selecta*  entwickelten 
Grundsätze  gehalten  und  das  Begister  ist  an  practischer  Anlage  und  Ge- 
nauigkeit solchen  Meisters  werth ;  bei  zahlreichen  Stichproben  bin  ich  andi 
nicht  auf  einen  fehlenden  Namen  gestossen.  Bei  den  Personennamen  ist 
die  älteste  Form  als  Schlagwort  benutzt,  bei  den  Ortsnamen  die  heutige 
(detaillirt  bestimmte),  ein  Zugeständniss  an  den  localen  Forscher  und  Ge- 
schichtsfreund, das  bei  einem  derartigen  Werke  gewiss  zu  billigen  ist 
Sehr  reichhaltig  ist  das  Wort-  und  Sachenregister,  in  welches  nicht  nur 
alle  seltenen  Worte,  sondern  auch  die  wichtigeren  technischen  Ausdrücke 
aufgenommen  sind;  durch  fortwährende  Verweisungen  auf  synonyme  und 
verwandte  Worte  wird  die  Brauchbarkeit  dieses  gleich  gewissenhaft  wie 
das  andere  gearbeiteten  Begisters  nicht  wenig  erhöht. 

Es  fehlt  der  Baum,  um  die  Wichtigkeit  des  Inhaltes,  insbesondere  für 
die  Landesgeschichte,  auch  nur  flüchtig  zu  skizziren.  Treffen  auch  die  In- 
edita  theilweise  Erain  und  Kärnten ,  so  sind  doch  überhaupt  die  Brixner 
Traditionen  für  alle  diejenigen,  welche  sich  der  Erforschung  nicht  einzelner 


Literatur.  665 

hiitorischer  Facta,  sondern  historischer  Zustftnde  widmen,  erst  durch  eine 
solche  zusammenhttngende  kritische  Ausgabe  zugftnglich  gemacht.  Mögen 
die  hier  noch  schlummernden  Schätze  bald  gehoben  werden! 

Ich  habe  mich  bei  der  Besprechung  dieser  Ausgabe  wesentlich  referirend 
verhalten.  Ich  hoffe,  den  Lesern  der  Zeitschrift  den  grössern  Dienst  er- 
wiesen zu  haben,  wenn  ich  denselben  eine  Ilebersicht  über  die  werthYoUen 
Erörterungen  der  Einleitung  gab,  als  wenn  ich  weitläufig  verschiedene  doch 
nur  kleine  Versehen  der  Ausgabe  aufgezählt  und  gerügt  hätte ;  dass  etwa 
n^  182  Bertholdi  de  T.  Patrimonium,  quia  introitum  non  dedit,  in  primo 
placito  acquisitum  est  zu  interpungiren  sei  und  nicht  quia  ....  dedit  in 
primo  placito,  a.  e.,  oder  dass  der  Ausdruck  Hochstififiangehörige  für  qui- 
dam  de  familia  s.  Gassiani  et  Ingenuini  doch  nicht  recht  passend  ist  usw. 

B.  deutet  in  der  Vorrede  an,  dass  der  Titel  Acta  Tirolenda  gewählt 
worden  sei,  weil  diese  Ausgabe  der  Brizner  Traditionen  den  ersten  Band 
eines  tirolischen  Urkundenbuches  (mir  würde  der  deutsche  Titel  trotz  der 
Begründung  S.  VIII  besser  zusagen)  zu  betrachten  sei  und  entwickelt  in 
grossen  Zügen  das  Programm  desselben,  dass  nämlich  der  heutige  Umfang 
des  Landes  für  die  Aufnahme  der  Urkunden  in  die  Sammlung  massgebend 
zn  sein  habe  ohne  Bücksicht  auf  kleine  erst  später  hinzugekommene  oder 
zeitweise  abgetrennt  gewesene  Theile,  dass  nur  bis  zu  Ende  des  13.  Jahrh. 
alle  Urkunden  vollständig  gedruckt  werden  sollen,  endlich  dass  eine  nach 
dem  Geltungsgebiet  des  Notariatswesehs  und  der  bairischen  Urkunde  be- 
stimmte  Scheidung  des  urkundlichen  Materiales  zu  treffen  sei.  Die  beiden 
ersten  Punkte  werden  rückhaltlosen  Beifall  finden,  während  der  dritte  zwar 
theoretisch  sehr  gerechtfertigt  ist,  auch  den  Abschluss  der  Sammlung  und 
damit  die  Edition  eines  weitern  Bandes  beschleunigen  wird,  aber  doch  viele 
zusammengehörige  Gruppen  zerreissen  oder  vielfache  Verweisungen  noth* 
wendig  machen  müsste,  ohne  dass  dann  die  eine  Abtheilung  ausschliesslich 
Notariatsinstrumente  enthalten  würde. 

Jedenfalls  ist  zur  Herausgabe  eines  tirolisdien  ÜB.  Niemand  berufener 
als  Bedlich.  Möge  es  ihm  ge^nnt  sein,  diese  Arbeit  baldig  in  die  Hände 
za  nehmen  und  rüstig  daran  zu  schaffen.  Die  k.  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  Wien  hat  bereits  den  Druck  des  vorliegenden  Bandes  sub* 
ventionirt;  hoffentlich  wird  nun  auch  der  Tiroler  Landtag,  für  den  die 
JPörderung  dieses  für  die  Landesgeschichte  so  hochwichtigen  Werkes  ge- 
radezu Ehrensache  ist,  die  Fortsetzung  durch  kräftige  materielle  Unter- 
stützung ermöglichen. 

Innsbruck.  E.  v.  Ottenthai. 


Frederic  Seebohm,  Die  Englische  Dorfgemeinde, 
nach  der  3.. Auflage  aus  dem  Englischen  übertragen  von 
Th.  Ton  Bunsen.    Heidelberg,  Winter  1885. 

Dass  ein  genaues  Verständnis  der  politischen  und  rechtlichen  Ent- 
wicklung eines  Volkes  ohne  gründliche  Kenntnis  der  Wirthschafts-  und 
besonders  der  Agrargeschichte  desselben  nicht  zu  gewinnen  ist,  wird  heut- 
zutage allgemein  anerkannt.  Tüchtige  wiiihschaftsgeschichtliche  Forschungen 
helfen  bedeutende  Fortschritte  in  der  historischen  Erkenntnis  überhaupt 
anl>ahnen   und   sind   daher  stets  willkommen   zu  heissen.     Dies  gilt  auch 


666  Idteratnr. 

von  dem  vorliegenden  popalftr-wissenachaftliehen  Werke,  welches  siob  Toa 
andern  Arbeiten  dieser  Art  durch  die  auf  Autopsie  gegründete  und  mit 
graphischer  Darstellung  der  Feldmarken  verbundene  Forschungsweise  <k6 
Verfiissers  vortheilhaft  unterscheidet.  Im  Folgenden  soll  der  wesentliche 
Inhalt  des  Buches  skizzirt  und  besonders  auf  jene  Punkte  näher  einge- 
gangen werden,  in  welchen  die  Argumentationen  des  Verfassers  von  den 
bisher  üblichen  Ansichten  abweichen. 

Der  Verf.  handelt  im  L  Hauptstück  von  den  heutigen  Ueberbleibsebi 
altenglischer  Flureintheilung ,  wobei  er  von  der  Gemarkung  des  Dorfes 
Uitchin  in  Hertfordshire  ausgeht,  welches  seit  den  Zeiten  KOnig  Eduards 
des  Bekenners  bis  auf  den  heutigen  Tag  —  von  kurzen  Unterbrediungeii 
abgesehen  —  stets  eine  königliche  Herrschaft  gewesen  ist.  Mit  Hilfe  einer 
um  1816  angefertigten  Flurkarte  dieser  Dor&chaft  erläutert  S.  die  Kenn- 
zeichen der  Feldgemeinschafb.  In  so  zahllose  Stücke  ist  die  Flur  von 
Hitchin  eingetheilt,  dass  das  Gfanze  wie  ein  Spinnengewebe  erscheint.  Nodi 
i.  J.  1816  war  ein  bedeutender  Theil  der  Feldmark,  und  früher  wol  die 
ganze,  in  kleine  schmale  Streifen  (strips)  zertheilt,  welche  in  England  nir- 
gends auf  uneingezäunten  Feldern  fehlen  und  durch  grüne  Baine  unanf- 
gepflügten  Basens  von  einander  getrennt  sind.  Vergleicht  man  diese  Strei- 
fen mit  dem  heute  gesetzlichen  Landmass,  dem  Statute  aore,  so  sieht  man, 
dass  sie  in  der  Begel  an  GrGsse  mit  dem  acre  übereinstimmen,  dessen  vor- 
schriftsmässige  Länge  ein  Furlong  zu  40  Stäben  oder  Stangen  ist,  während 
die  Breite  4  Stäbe  betragen  muss.  Der  Furlong  (furrowlong),  lat.  qoaien- 
tena,  ist  die  Furchenlänge,  d.  die  Länge  des  Weges,  die  der  Pflug  zurück- 
legt, bis  er  gewendet  wird.  Die  Ackerstreifen  liegen  in  Gruppen  susanunen, 
und  die  Feldmark  zerfllUt  somit  in  grössere  Abtbeilungen,  Gewanne  oder 
Zeigen.  Letztere  haben  in  der  Begel  die  Breite  von  einer  Furchenlftnge. 
Weder  die  Aecker  noch  die  (Gewanne  bildeten  ein  ganzes  Grundstück,  die 
einzelnen  Besitzungen  bestanden  vielmehr  aus  einer  Menge  von  Aeckem, 
welche  in  der  ganzen  Feldmark  zerstreut  umher  lagen,  bald  in  der  einen, 
bald  in  der  andern  Zeige.  Die  uneingel^gten  Felder  einer  solchen  Flor 
bildeten  das  gemeinsame  Ackerland  einer  auf  g^tsherrlichem  Gebiete  er- 
richteten Dorfschaft.  Wie  verbreitet  die  Feldgemeinschaft  einst  in  England 
war,  ersieht  man  aus  der  Thatsache,  dass  zwischen  1760  und  1844  be- 
treffs 3867  Fluren  von  Ffarrgemeinden  Einhogung^gesetze  erlassen  wurden, 
welche  bewirkten,  dass  jeder  einzelne  Besitzer  statt  einer  Unzahl  gemengt 
durch  einander  liegender  Ackerstreifen  einen  fest  begrenzten  Antheil  zn- 
gewiesen  erhielt. 

Im  II.  Hauptstück  verfolgt  der  Ver&sser  die  Spuren  der  Feldgemein- 
schaft bis  in  die  Zeit  der  normannischen  Eroberung  zurück.  Der  Normal- 
umfang der  Hufe  oder  des  Jochs  (virgata,  yard-land)  zur  Zeit  K.  Eduards  IH 
war  30  acres  (Morgen),  nämlich  je  10  in  jeder  der  drei  Fhiren,  in  welche 
die  Feldmark  der  Dreüelderwirthschaft  entsprechend  eingetheilt  ist  Das 
Herrengut  besteht  aus  dem  vom  Herrn  selbst  bewirthschafteten  Gut  (Herren- 
land) und  den  Dienstgütern  (Bauernland).  Letztere  wurden  meist  in  Ge- 
stalt von  Virgaten  und  Halbvirgaten  stets  an  einen  Einzelerben,  den  ältesten 
oder  jtLngsten  Sohn,  verliehen;  daneben  gibt  es  Häusler,  die  kleinere  Flächea 
als  Dienstgut  inne  haben.  Manchmal  bildet  das  Herrenland  eigene  Ge- 
wanne,  manchmal  besteht  es  aus  Einzeläckem,   die  mit  dem  Bauemlasd 


literatQT.  667 

gemengt  zoBammenliegen.  Eine  Virgate  z&blt  nicht  immer  die  nämliche 
Anzahl  acres,  eine  hide  (Vierhnfenland,  caracata,  Oroaahnfe,  hofbta)  nicht 
immer  die  nämliche  Zahl  Yirgaten.  Die  Normal-hide  enthielt  120  acresi 
d.  i.  Tirgaten  zn  je  30  acres.  Was  die  Bedeatang  der  verschiedenen  Grösse 
unfreier  Gtlter  betrifft,  so  scheint  das  Vierhufenland  (caracata  Yon  mittel* 
lat  camca,  Pflng)  das  Pachtgat  zu  sein,  welches  dem  Inhaber  eines  vollen 
Pflnggespannes  von  8  Ochsen  zukam.  Das  Pflügen  ward  nämlich  im  alten 
England  gründlicher  vorgenommen,  als  von  den  dassischen  VGlkem  des 
sonnigen  Südens,  die  sich  damit  begnügten,  den  Boden  mit  ein-  oder  zwei- 
spännigem  leichten  Pflug  zu  ritzen.  Der  .altenglische  Pflug  war  schwer, 
pflügte  tief  und  erforderte  ein  Gespann  von  acht  Ochsen,  die  man  zu  vieren 
neben  einander  unter  ein  einziges  Joch  spannte.  Wer  nur  vier  Ochsen 
besass,  erhielt  ein  Zweihufenland,  der  Besitz  einer  Hufe  war  verknüpft  mit 
dem  Besitz  von  zwei  Ochsen;  wer  eine  halbe  Hufe  (bovata)  besass,  stellte 
einen  Ochsen. 

Sehr  interessant  sind  die  Ausführungen  des  IIL  Hauptstückes  über 
das  Grundbuch  von  1086  (Domesday  Survey).  Die  Bauern  machten  zur 
Zeit  der  Aufnahme  des  Domesdaybook*s  91  pCi  der  Bevölkerung  aus;  es 
gab  liberi  homines  4  pGi,  sochmanni  (Freisassen  und  Erbzinapächter  in 
den  nordwestlichen  dänischen  Grafschafben)  8  pGt.,  die  servi,  das  herrschaft- 
liche Gesinde,  betrugen  9  pCt. ,  bordarii  oder  cottarii  32  pGt.  Letztere 
sind  die  Häusler,  welche  zwischen  1  und  10  acres  innehatten,  gewöhnlich 
5;  oft  gehörten  ihnen  nur  Häuschen  und  Gärten,  aber  gar  keine  Grund- 
stücke. Ihre  Stellung  in  der  Dorfgemeinde  war  eine  untergeordnete.  Ihre 
Fronden  waren  geringfügiger  als  die  der  eigentlichen  Gutsbauem  (villani), 
die  38  pCt  ausmachten.  Die  Gesammtzahl  der  Bauern  im  weiteren  Sinne 
belief  sich  auf  108.407.  Hätte  ein  jeder  eine  Hufe  zu  80  aores  besessen, 
80  hätten  sie  insgesammt  annähernd  8,250.000  acres  innegehabt.  Nun 
war  aber  vermuthlich  die  Anzahl  von  Halbhüfnem  grösser  als  die  der  Be- 
sitzer von  Vier-  oder  Zweihufenland,  so  dass  die  durchschnittliche  Grösse 
eines  unfreien  Gutes  kaum  dem  normalen  Umfang,  30  acres,  gleich- 
zustellen sein  wird.  Nähmen  wir  den  Durchschnitt  zu  20  acres  an,  so 
würden  wir  2,168.000  acres  erhalten,  was  wieder  ein  zu  niedriger  An- 
schlag wäre.  Nehmen  wir  daher  an,  die  Gesammtheit  der  villani  Englands 
hätte  2  V4  Millionen  acres  innegehabt.  Hiezu  wären  noch  die  Grundstücke 
der  82.000  bordarii  und  6000—7000  Häusler  zu  zählen.  Berechnen  wir 
dieselben  zu  durchschnittlich  8  acres,  so  erhalten  wir  rund  ^j^  Million 
acres,  also  für  sämmtliohe  hörige  Grundstücke  zusammen  2%  Millionen  a. 
Di«  Güter  der  23.000  sochmanni  und  12.000  liberi  homines  der  dänischen 
Landestheile,  durchschnittlich  zu  30  acres  berechnet,  gibt  eine  Mülion  acres, 
das  Herrenland  lässt  sich  auf  IVs  Millionen  veranschlagen.  So  ergeben 
sich  rund  5  Millionen  acres  als  Minimalflächeninhalt  des  kurz  nach  der 
Eroberung  in  Cultur  befindlichen  Landes,  ein  Umfang,  der  mehr  als  ein 
Drittel  und  weniger  als  die  Hälfte  des  heute  bebauten  betrüge. 

Das  lY.  Hauptstück  handelt  über  die  Feldgemeinschaft  unter  den 
Sachsen.  Nicht  unmöglich  ist  es,  wie  man  oft  gemeint  hat,  dass  König 
Ethelwulf  den  10.  Theil  Englands  der  Kirche  geschenkt  habe.  Der  König 
konnte  ja  ein  Gesetz  erlassen,  dass  jeder  10.  durch  Gemeindepflügen  in 
allen  Dorfschaften   Englands   gepflügte   Acker  der  Kirche  zugehören  solle, 


i 


668  Literatur, 

ohne  damit  die  geringste  Verwirrong  des  Besitzes  zu  bewirken.  Diese  Za- 
weisung  eines  jeden  10.  Ackers  an  die  Eirohe  veranlasst  uns  zur  Yer- 
muthung,  dass  die  Aecker  jährlich  auf  die  verschiedenen  Besitzer  in  be- 
stimmter Reihenfolge  zur  Yertheilung  gelangten,  wobei  der,  welche  zwd 
Ochsen  stellte,  zweimal  so  häufig  an  die  Reihe  kam,  als  der  Besitzer  eines 
einzigen  Ochsen,  infolge  dessen  die  Yirgate  zweimal  soviel  Morgen  enthielt, 
als  die  Bovate.  Das  Zerstreutliegen  der  Grundstücke  hat  offenbar  im  ge- 
meinsamen Pflügen  seinen  Ursprung.  Eine  vortreffliche  Beschreibung  des 
gemeinsamen  Pflügens  der  Feldmark  findet  sich  auch  in  den  alten  walli- 
sischen Gesetzen,  deren  aus  dem  14.  Jahrh.  stammender  Text  meist  alte 
Ueberlieferungen  enthält,  die  im  10.  Jahrh.  gesammelt  und  zu  einem  Ge- 
setzbuch vereinigt  wurden.  Diejenigen,  die  am  gemeinsamen  Pflügen  theil- 
nahmen,  mussten  als  Beisteuer  entweder  Ochsen  oder  Pflugeisen  mitbringen 
und  während  der  gemeinschaftlichen  Bestellung  dem  Pflugmann  und  Treiber 
überlassen.  Der  Antheil  am  Ackerland  richtete  sich  auch  den  waUisiachen 
Gesetzen  zufolge  nach  der  Anzahl  der  zum  Gespann  gelieferten  Ochsen. 
Wer  einen  Ochsen  stellte,  erhielt  ein  »erw*  (Antheilstreifen  auf  der  ge- 
meinsamen Flur),  wer  2  Ochsen  mitbrachte,  hatte  Anspruch  auf  2  erw  usw. 
Die  Mitarbeit  anderer  konnte  nur  entbehren,  wer  ein  volles  Achtergespann 
besass.  So  gewinnen  wir  eine  genügende  Erklärung  der  heute  bedeutungs- 
losen und  höchst  unbequemen  Yertheilung  der  Parzellen  eines  Eänzelgrund- 
Stücks  über  die  ganze  Feldmark.  Als  das  gemeinsame  Pflügen  aufhörte» 
und  die  in  einer  Hufe  enthaltenen  Aecker,  statt  jährlich  anders  vertheilt 
zu  werden,  jahraus  jahrein  von  den  nämlichen  Bauern  bewirthachaftet  wor- 
den, blieb  jene  Zerstreutheit  des  Besitzes  als  Ueberrest  früherer  wirth- 
schaftlicher  Einrichtungen  noch  weiter  bestehen. 

Im  Y.  Hauptstück  zeigt  der  Yerf.,  dass  die  Herrenhöfe  und  hörigen 
Dorfgemeinden,  wie  sie  uns  im  Domesdaj - book  entgegengetreten,  bereite 
unter  sächsischer  Herrschaft  und  sogar  schon  bei  Erlass  der  Gesetze  £.  Ine» 
vorhanden  waren,  welche  das  Gewohnheitsrecht  des  7.  Jahrh.  darstell^a.  Au& 
dem  immerwährend  gleichbleibenden  Umfang  der  kleinen  ländlichen  Grund- 
stücke auf  einem  Frongut  und  aus  der  Untheilbarkeit  der  Hufen,  halben 
und  Doppelhufen,  zieht  der  Yerf.  mit  Recht  den  Sdiluss,  dass  die  Bauern 
Hörige  waren  und  nicht  Mitglieder  einer  freien  Dorfgemeinde.  Und  die^« 
Hörigkeit  war  sogar  härter  und  drückender  als  im  spätem  Mittelalter.  Im 
10.  Jahrh.  z.  B.  war  die  Wochenfronde  der  Hörigen  noch  nicht  auf  eine 
bestimmte  Anzahl  Tage  begrenzt,  während  um  1300  die  Hörigen  nar  2Vt 
bis  3  Tage  wöchentlich  für  den  Gutsherren  zu  arbeiten  und  nebenbei  einige 
Beden  oder  Sonderleistungen  zu  thun  hatten.  Der  spätere  Zustand  mit 
begrenzten  und  in  Geldzins  verwandelbaren  Diensten  bildet  den  Uebergaog 
aus  früherer  Leibeigenschaft  zum  Pachtsystem.  Ein  anderes  Zeichen  der 
Zeit  ist,  dass  im  14.  Jahrh.  neben  den  herkömmlichen  Claaaen  von  Guts- 
leuten  auf  dem  unfreien  Lande  uns  eine  ganze  Menge  von  Freisassen  anf 
dem  Herrenlande  begegnet,  die  nicht  nothwendig  Freie  waren,  sondern  zosi 
Theil  Hörige,  welche  nebenher  gepachtete  Stücke  des  freien  Herrenlande^ 
für  sich  bewirthschafteten.   Derartige  Freisassen  kennt  die  frühere  Zeit  nicht 

Die  Hauptstücke  YI.  und  YIL  setzen  die  Eigentbümlicfakeiten  der 
StammesverfiE»3ung  in  Wales,  Irland  und  Schottland  auseinander.  Nament- 
lich sind  es  die  aus  amtlichen  Berichten  bekannten   irischen  Zustände  des 


Literatitf.  669 

16.  und  17.  Jahrky  welche  ein  Bild  der  Stammeswirihachaft  auf  nodhaelir 
früher  Entwicklongastafe  geben.  Znnttchst  fUlt  hier  die  Abwesenheit  der 
flnfe  anf,  weil  hier  alle  Erben,  alle  Mttnner  der  Sippe  (sept)  gleiche  An- 
sprüche an  das  Land  besitzen.  Stirbt  ein  Gesippe,  so  fällt  sein  Antheil 
nicht  an  -seine  Söhne,  sondern  das  Haupt  der  Sippe  veranstaltete  eine  neue 
V^ertheilnng  aller  LftudereieU)  die  jener  Sippe  angehörten,  und  gab  jedem 
seinen  Antheil  nach  seinem  Alter.  So  oft  femer  eine  EamiUe  ausstarb, 
ward  eine  Neutheilung  des  Landes  unter  alle  Mitglieder  dee  ganzen  Stam- 
mes nach  Alter  und  Rang  vorgenommen.  Unzertrennlich  von  der  Stammee- 
Verfassung  ist  die  Feldgemeinschaft,  der  gemeinsame  Anbau  nach  dem  >ran- 
rig*,  d.  i.  Gemengelage-Sjstem ;  der  Ackerbau  war  jedoch  im  Vergleich 
zur  Weide  Nebensache. 

Um  zu  erfahren,  ob  die  Gutsherrlichkeit  in  England  durch  die  Saidisen 
eingeführt  wurde  oder  schon  vor  der  sächsischen  Eroberung  in  dem  von 
sessbaften  Ackerbauern  bevölkerten  Süden  und  Osten  Britanniens  bestand, 
hält  es  der  Verf.  mit  Becht  für  nothwendig,  im  YIII.  Hauptstüek  den  Zn- 
sammenhang zwischen  den  ländlichen  Einrichtungen  im  römischen  Beiche 
und  der  späteren  Gutsherrlichkeit  zu  erforschen.  Zunächst  sucht  er  die 
Verwandtschaft  zwischen  dem  angelsächsischen  » Ham *,  dem  deutschen  »Heim * 
und  der  fränkischen  »Villa*  nachzuweisen.  In  England  kommen  die  »Harns* 
am  häufigsten  in  den  südöstlichen  Grafschaften  vor.  In  Deutschland  sind 
die  »Heims*  am  zahlreichsten  (80  pCt.)  dort,  wo  die  römische  Provinz 
Germania  prima  war,  am  linken  Ufer  des  Oberrheins,  dem  heutigen  Elsass, 
auf  beiden  Seiten  des  Bheins  in  der  Nähe  von  Mainz,  also  in  Bezirken,  in 
denen  eine  germanische  Bevölkerung  sehr  früh  unter  römische  Herrschaft 
gekommen  war  und  lange  unter  derselben  gelebt  hatte.  Die  Ortsnamen 
auf  »heim*  wechseln  mit  solchen  auf  »villa,  wilare,  weiler,  wyl,  hof,  hoven* 
ab.  Aus  den  ältesten  Urkunden  deutscher  Stifter  geht  hervor,  dass  diese 
Orte  alle  gutsherrliche  Besitzungen  oder  viliae  fiscales,  Krongüter,  waren, 
oft  bereits  als  sie  den  Mönchen  geschenkt  wurden.  Im  Folgenden  geht  S. 
auf  das  Wesen  des  römischen  Landguts,  der  »Villa*,  ein  und  zeigt,  dass 
sie  dem  fränkischen  Herrenhof  recht  ähnlich  war  und  es  unter  den  spätem 
Kaisem  in  den  gallischen  und  deutschen  Provinzen  immer  mehr  wurde. 
Nach  Columella  ward  das  römische  Landgut  entweder  durch  Familien  von 
Sclaven  oder  Colonen  bewirthschaftet.  Der  Golonus  besass  in  der  Begel 
seine  eigene  Hofstätte  und  ein  Stück  Land,  das  ihm  zur  Nutzung  zuge- 
wiesen war,  und  entrichtete  seinem  Grundherrn  eine  Abgabe  in  Korn  oder 
Vieh.  Die  coloni  bewohnten  ein  Dorf  (vicus)  oder  mehrere,  welche  ausser- 
halb des  Hofes  der  Villa,  aber  noch  auf  dem  Gute  lagen. 

Abgesehen  von  dieser  Aehnlicbkeit  der  Bewirthschaftung  durch  Sclaven 
sciwol  als  halbfreie  Coloni  lässt  sich  in  einigen  Fällen  ein  unmittelbarer  Ueber- 
gang  der  römischen  Villa  in  das  fränkische  Herrengut  nachweisen;  schon 
Paul  Both  hat  gezeigt,  dass  namentlich  viele  Bischöfe  und  Aebte  unter 
frünkiscber  Herrschaft  im  ungestörten  Besitz  ihrer  viliae  verblieben  sind. 
Ausser  den  Landgütern  römischer  Grossgrundbesitzer  zieht  der  Verf.  auch 
die  kleinen  Landwirthe  auf  den  Staatsländereien  (ager  publicus)  der  römi- 
schen Provinzen  in  Betracht,  und  zwar  zunächst  die  Veteranen,  die  nach 
Beendigung  eines  Krieges  zur  Belohnung  ihrer  Dienste  auf  den  Staat&- 
landeren  angesiedelt  wurden.    Zu  diesem  Behuf  wurden  manchmal  f)}nn« 


670  üteratiir« 

liehe  MilitSreoloBien  angelegt;  num  theilte  ein  grosees  Stöok  Lsnd  in  oen* 
toriae  za  200  bis  240  jogera;  das  jogerom»  der  Morgen,  war  120'  breit 
und  240'  lang.  Es  blieben  nur  die  Ecken  und  Enden,  haaptsftohlieh  Marsch- 
und  Waldland,  als  Gemeinheit  för  die  Ansiedler  (vicini)  übrig.  Zuweilen 
erhielten  die  Veteranen  Erlaubnis,  sieh  anzusiedeln,  wo  sie  unbeseixtes 
Land  fanden.  Sie  erhielten  überdies  eine  Ausstattung  von  Ochsen  und 
Saat,  die  Veteranen  1.  dasse  2  Paar  Ochsen  und  je  100  modii  von  Weizen 
und  Hafer  oder  Hülsenfrüchten.  Alle  übrigen  erhielten  die  Hälfte,  l  Paar 
Ochsen  und  le  50  modii  Dies  gibt  uns  einen  Begriff  vom  Um&ng  des 
Orundstüokes  eines  Veteranen.  Die  Angelsachsen  statteten  mit  einem  Ochsen- 
paar  die  Hufe  von  30  acres  aus,  wovon  nach  der  Dreifelderwirthschafl 
10  Morgen  mit  Eom,  10  mit  Hafer  oder  Hülsenfrüchten  bebaut  wurden, 
10  brach  lagen.  Nach  den  römischen  Schriftstellern  über  Landwirthschaft 
reebnete  man  5  modii  Weizensaat  auf  1  Morgen.  Der  Veteran  mit  1  Ochsen- 
paar  erhielt  also  Aussaat  für  10  Morgen  Weizenlandes,  und  man  setzte  bei 
ihm  voraus,  er  könne  nach  der  Dreifelderwirthschaft  im  Ganzen  30  Moxgen 
bewirthschaften.  Ausser  den  Veteranen  gab  es  auch  noch  andere  Ansiedler 
auf  den  Staatsländereien,  die  nicht  wie  jene  bevorrechtet,  sondern  den  v«- 
sohiedenen  vom  Staat  auferlegten  Lasten  unterworfen  waren.  Hieher  ge- 
hören ganz  besonders  die  Familien  überwundei^er  germanischer  Stttmme,  die 
als  sog.  Laeti  in  den  Provinzen  Ober-  und  Untergermanien,  dem  Zehntland, 
Bätien,  im  belgischen  Gallien  und  Britannien,  angesiedelt  wurden;  sie 
sollten  das  Land  bauen,  Tribut  zahlen  und  das  Beich  vertheidigen  helfen. 
Dieser  Stand  der  kleinen  Landeigenthümer  sank  immer  weiter,  bis  er  unter 
dem  Druck  der  kaiserlichen  Fiscalbeamten  und  unter  den  ihm  auferlegten 
Ijasten  -— >  dem  meist  in  Bodenerzeugnissen  zu  leistenden  Tributum  und 
den  niedem  persönlichen  Diensten  (sordida  munera)  —  &st  in  einen  Zustand 
der  Hörigkeit  gerieth.  Zu  den  letzteren  gehörten  die  praebitio  paranga- 
riarum  et  paraveredorum  (die  Fuhren  mit  Ochsen  oder  mit  Packpferden), 
die  obsequia  artifioum  diversorum  (das  Verrichten  aller  Art  Arbeit  auf  Ver- 
langen), das  obsequium  pistrini  (Arbeit  im  Backhaus),  das  obsequium  co- 
quendae  calcis  (Kalkbrennen),  endlich  die  cura  publicarum  vel  saaarum 
aedium,  viarum  et  pontium  construendorum.  Diese  sordida  munezm  gleichen 
auf&llend  den  Diensten  späterer  gutsherrlicher  Hintersassen;  besonders  deut- 
lich sind  die  geschichtlichen  Zeugnisse'  in  Betreff  der  Fortdauer  derselben 
in  dem  spttter  von  den  Baiem  bewohnten  Bätien. 

Die  Bewirthschaftung  der  kaiserlichen  oder  öffentlichen  Lftndereien 
nahm  in  der  späteren  Kaiserzeit  einen  gutsherrlichen  Charakter  an.  Mehrere 
Stellen  des  Codex  Theodosianus  beklagen  die  Neigung  der  höheren  und 
niedem  Beamten,  die  unter  ihrer  Gerichtsbarkeit  Stehenden  zu  unterdrückes 
und  sogar  zu  Fronden  auf  ihren  eigenen  Besitzungen  nniuhaltm  ^  aowit 
den  Missbrauoh  der  Amtsgewalt,  der  dadurch  begangen  ward,  dass  An- 
siedler auf  den  öffentlichen  Ländereien,  ja  bisweilen  ganze  Dörfer  bewogen 
wurden,  sieb  unter  den  Schutz  (patrocinium)  jener  Beamten  zu  begeben« 
wodurch  sie  jedoch  gewissermassen  in  Hintersassen  eines  Grundherrn  ver- 
wandelt wurden,  welcher  sich  auf  einmal  zwischen  die  bisherigen  Ftö* 
Sassen  und  den  Kaiser  stellte.  Doch  war  es  den  Grundbesitaem  auf  den 
Beiobsdomänen  nicht  verboten,  sieh  gegen  Erpressung  daduxoh  zu  sohBLtWj 
daaa  sie  den  Herrn  einer  benachbarten  Vüla  zum  Schirmvogt  erkoren  und 


literatoT.  671 

deesen  halbfireie  HmtersaaBen  wurden,  am  säeh  dem  ]>niok  des  Steuer- 
erhebers  zu  entEieben.  Die  klemeren  Landei^nihftmer  anf  den  Öffent- 
liehen  Ländereien  gaben  sich  und  ihr  Eigenthnm  einem  reieberen  Grand- 
eigentbümer  bin  and  erbielten  dasselbe  als  precariom  oder  Dienstgat  zor 
Natzniesanng  sojrüek,  fOr  welcbes  sie  ibrem  Sohatzberm  den  oensos  oder 
Pacbtzins  eines  Dienstbaaem  entricbteten.  In  Gallien  batte  dieser  €tobraacb 
der  oommendatio  scbon  lange  Tor  der  lümiscben  Zeit  bestanden.  Wftbrend 
des  5.  Jabrb.  war  die  commendatio  ein  sebr  gewObnlicber  Vorgang  and 
nicbt  die  Folge  germanisober  Eroberang,  sondern  römisober  Misswirthscbaft. 
Unter  germanischer  Herrscbaft  wiederbolten  sieb  die  Gommendationen  fort 
und  fbrt;  dorob  die  leges  Alaniannorom  and  Baiawarioram  ward  überdies 
den  freien  Besitzern  oder  Picbtern  aaf  <  den  Offentlicben  Ländereien,  welobe 
nun  terra  regis  geworden  waren,  gestattet,  ibre  Besitzungen  an  die  Kirche 
abzutreten.  Im  7.  Jabrb.  gab  es  abf  Eirdbengütem  zwei  Arten  Grund- 
besitzer: 1.  die  za  Abgaben  verpfliditeten  ooloni  oder  aocolae  und  2.  die 
servi,  die  ausser  den  Abgaben  nocb  die  Arbeit  an  bestimmten  Wochentagen 
zu  leisten  hatten.  Die  Stellung  der  letzteren  hob  sieb  seif  dem  7.  Jabrb. 
allmäblig;  an  drei  Tagen  in  der  Woche  war  die  Arbeit  ihr  eigen.  Da- 
g^en  sanken  die  Colonen  immer  mehr  und  mehr,  wodurch  eine  Ver- 
mischung der  beiden  Stftnde  vorbereitet  ward,  als  deren  nat&rliches  Ergeb- 
nis die  Hörigkeit  des  mittelalterlichen  Fronhofes  sich  darstellt.  Gleichzeitig 
erhalten  wir  eine  Erklftrung  des  Doppelweeens  der  späteren  Bauemdienste ; 
sie  waren  eben  eine  Vermischung  der  Staatsabgabe  und  der  an  den  Staat 
zu  leistenden  Dienste  (sordida  munera)  des  römischen  oolonus  mit  der  Aiv 
beit  des  römischen  Solaven. 

Betreffii  der  Abtretungen  und  Schenkungen  (traditiones)  Ton  Grand- 
stfioken  an  die  Klöster,  besonders  Lorsdi  und  Weissenburg,  polemisirt  8. 
mit  Erfolg  gegen  G.  L.  von  Maurer,  der  die  Schenker  fär  Gknossen  freier 
deutscher  Dorfgemeinden  angesehen  batte,  während  S.  sie  mit  weit  mehr 
Wahrscheinlichkeit  als  coioni  oder  accolae  auf  ehemaligen  römischen  Staats- 
l&ndereien,  die  Erongut  (terra  regis)  geworden  waren,  betrachtet.  Diese 
Colonen  waren  offenbar  von  dem  Hof  des  fiscalisoben  Bezirksbeamten  be- 
reits abhängig  geworden,  der  um  diese  Zeit  bereits  alle  gutsberrlioben  Be- 
fugnisse sich  angemasst  hatte.  Den  Erpressungen  der  Beamten  entzogen 
sich  die  Colonen  durch  Begebung  in  den  Schutz  der  Kirche.  Als  Wirkungen 
der  vom  5.  bis  8.  Jahrb.  fortdauernden  EigentbumaÜbertrag^gen  zählt  S. 
Bobliesslicb  auf:  1.  die  Umwandlung  der  villa  zum  Fronhof  mit  einer  leib- 
eigenen oder  hörigen  Dorfgemeinde.  2.  Das  Verfidlen  alles  Grundbesitzes 
anter  eine  Gutsherrlicbkeit,  sei  es  der  Krone,  der  Kirche,  der  Klöster  oder 
eines  Adeligen.  3.  Die  Vermengung  der  beiden  Stände,  der  Freisassen  und 
der  Sclaven,  zu  einer  gemeinsamen  Classe,  den  Leibeigenen  des  Mittelalters. 
Bef.  hält  dafftr,  dass  betreffs  der  einst  römisdt  gewesenen  Provinzen  Deutsch- 
lands die  Thatsache  des  ununterbrochenen  Znsammenhangs  zwischen  den 
ländlichen  Verhältnissen  der  Bömerzeit  und  des  früheren  Mittelalters  als 
vollkommen  feststehend  zu  betrachten  ist,  und  dass  tiefer  eingebende  Detail- 
forschuDgen  die  allgemein  gehaltenen  Ausfährungen  S.'s  gewiss  nur  be- 
stätigen werden.  Was  freilich  das  übrige  niemals  römisch  gewordene  Deutsch- 
laad  betrifft»  so  liegt  hier  die  Sache  anders;  hier  ist  die  Bildung  der  Dorf- 
gemeinden unbeeinflusst  von  Besten  zümischen  Wesens  vor  sich  gagängen, 


072  Litdratiir« 

ihre  Grundlage  war  die  Markgemeinsehaft,  wie  Maurer  gezeigt  hat  — 
Das  oben  akizzirte  VUl.  Haaptstück  bildet  den  Glanzpunkt  von  S.*8  Unter- 
sachnngen.  Schw&Qher  ist  das  IX.  Hanptstäok,  in  welchem  er  zeigt,  daas 
sich  auch  aus  den  germanischen  Stammeseinrichtungen  unschwer  die  Guts- 
herrlichkeit  entwickelte.  Infolge  des  Besitzes  Ton  Leibeigenen  l^en  die 
deutschen  Stämme  schon  in  dem  frühesten  Zustand  ihrer  wirthschaftiichen 
Entwicklung  Grund  zu  dem  künftigen  Fronhof  und  Bitteigui.  Die  be- 
rühmte Stelle  im  Tac.  Genn.  c.  26  erklärt  S.  gewiss  richtig,  dagegen 
missversteht  er  jene  im  cap.  16,  wenn  er  die  Hofsiedelung  auf  die  Häupt- 
linge und  freien  Mitglieder  des  Stammes,  die  Dor&iedelung  auf  die  Leib- 
eigenen derselben  bezieht.  Im  2.  Gapitel  wirft  S.  die  Frage  auf,  von  wel- 
chen Deutschen  jene  Niederlassungen  herrühren,  deren  Namen  ein  auf  Ge- 
schlechter oder  Sippen  hinweisendes  Anhängsel  (ing,  ingen)  führen.  Die 
im  VI.  Hauptstück  über  die  Sippen  in  Wales  und  Irland  erlangten  Besol- 
tate  benützend  gelangt  S.  zu  dem  SohlusSi  dass  jene  Ortsnamen  im  engsten 
Zusammenhang  stehen  mit  alamannischen  Niederlassungen  auf  römischem 
Gebiet.  Für  diesen  Schluss  findet  er  eine  Bestätigung  darin,  dass  die 
gruppenweise  Yorkommenden  Ortsnamen  auf  >  ing^  mit  den  Bezirken  über- 
einstimmen, wo  Probus,  Maximian  und  Constantius  Chlorus  am  Schlüsse 
ihrer  Kriege  mit  den  Alamannen  zwangsweise  deutsche  Ansiedlungen  grün- 
deten. Solche  Colonieen  von  laeti  wurden  z.  B.  im  Moselthal  gegründet 
und  dort  kommen  bis  auf  den  heutigen  Tag  Ortsnamen  auf  »ing^  zahl- 
reich vor ;  andere  errichtete  man  im  Lande  der  Trikasser  in  der  Nähe  von 
Tiojes  und  Langres,  wo  viele  Orte  dgL  Namen  tragen,  femer  im  Lande 
der  Nervii  um  Amiens  herum,  wo  im  9.  Jahrb.  so  viele  Dörfer  auf  inga- 
hem  als  der  Abtei  von  ^t.  Bertin  gehörig  angeführt  werden.  Auch  betreffs 
der  Ortsnamen  auf  ing  in  England  vermuthet  S.,  dass  sie  auf  ursprüng- 
liche, ohne  oder  mit  Zwang  unter  römischer  Herrschaft  bewerkstelligte 
Niederlassungen  von  Deutschen  hinweisen»  So  ansprechend  die  Termutfaung 
ist,  so  fehlt  ihr  doch  viel  zu  ihrer  vollkommenen  Begründung. 

Das  X.  Hauptstück  behandelt  den  Zusammenhang  zwischen  der  Feld- 
gemeinschaft und  Leibeigenschaft  in  England  mit  der  in  den  römischen 
Provinzen  Germanien  und  Gallien.  Auch  dieser  Abschnitt  weist  aehr  viele 
treffende  und  interessante  Analogieen  nach,  auf  welche  einzugehen  wir  uns 
versagen  müssen,  da  sie  zum  Zweck  der  Skizzirung  der  Hauptrosultaie  des 
Buches  irrelevant  sind.  Erwähnt  sei  nur  der  Nachweis,  dass  Dreiielder- 
wirthschaft  und  Leibeigenschaft  auf  deutschem  Boden  nur  dort  auftritt,  wo 
der  römische  Einfiuss  sich  lange  mehr  oder  weniger  geltend  machte.  In 
Norddeutschland  begegnet  man  nirgends  weder  der  einen  noch  der  andern. 
Jahrhunderte  lang  hat  man  in  den  sandigen  Tbeüen  und  Moorgegenden 
Norddeutschlands  auf  dem  nämlichen  Boden  jahraus  jahrein  Boggen,  Buch- 
weizen usw.  gezogen,  indem  man  mit  Mergel  und  Torf  düngte  (sog.  Ein- 
felderwirthschaft).  »Man  kann  sich  daher  gar  nicht  vorstellen^,  sagt  S., 
dass  die  Dreifelderwirthschaft  und  die  Leibeigenschaft  der  firühesten  angel- 
sächsischen Urkunden  aus  Norddeutschland,  wo  beide  nicht  vorhanden  waren, 
als  etwas  Neues  nach  Britannien  sollten  eingeführt  worden  sein.^  S,  sdieint 
deshalb  geneigt,  anzunehmen,  dass  England  nicht  von  den  am  Noidsee- 
strande,  sondern  von  den  in  Mitteldeutschland  von  Westfisklen  bia  naek 
Thüringen  hin  wohnenden  Stämmen  unterworfen  worden  sei,    denn  hiar 


titet&tnt.  6^3 

fand  sich  die  Feldgemeinschaft  vor,  und  unter  dem  Einfloss  der  benach- 
barten Bömer  mochte  die  Leibeigenschaft  zor  Entwicklung  gelangt  sein.  Es 
ist  indess  nicht  einzusehen,  warum  die  Eroberer  BritannienSi  wenn  man  an 
ihrer  sächsischen  Abkunft  festhält,  die  Dreifelderwirthschaft  und  Leibeigen- 
schaft, die  in  Britannien  seit  längster  Zeit  Wurzel  gefeisst  haben  mussten, 
nicht  ebenso  gut  übernommen  haben  sollten,  wie  sie  die  bestehenden  yillae, 
zu  deren  Herren  sie  sich  gemacht  hatten,  bei  ihrer  Yorgefundenen  Yer- 
fassong  beliessen.  Die  Eroberung  Britanniens  gieng  nur  sehr  allmählig 
Yor  sich,  und  die  sächsischen  Einwanderer  hatten  Zeit  genug,  sich  den  übrig 
gebliebenen  Besten  römischen  Wesens  anzubequemen. 

Im  letzten  (XL)  Hauptstück  endlich  resumirt  8.  die  Ergebnisse  seiner 
Untersuchung.     Die  Urzustände  der  deutschen   und  keltischen  (wallisisch- 
irischen)  Stämme  zeigen  geringe  Verschiedenheiten.   Bei  den  einen  wie  den 
andern  fand   der  Landbau  in  der  Ausdehnung,   wie  ihn  HirtenYÖlker  be- 
nöthigen,  in  der  Weise  statt,  dass  jedes  Jahr  frischer  Boden  gemeinschaft- 
lich au%epflügt  wurde,   der  nachher  wieder  als  Gemein  weide  diente.     In 
beiden  Fällen  fehlen  die  Kennzeichen  der  Dreifelderwirthschaft,  das  stets 
wiederholte  Aufpflügen  des  nämlichen  Ackerlands  in  einer  bestimmten  Reihen- 
folge. In  Deutschland  bildete  die  Bömerherrschaft  den  Einfluss,  welche  zur  An- 
sässigkeit zwang  und  eine  bestimmte  Fruchtfolge  einführte.  In  Wales  führte 
die  Sesshaftigkeit  im  allgemeinen  nicht  zur  Dreifelderwirthschaft  mit  den 
Hufen  als  Ackerbündeln,  weil  die  Walliser  die  SclaYen  nur  als  Hausgesinde, 
nicht  als  Landarbeiter  benutzten.     Unter  Zusammenwirkung  römischer  und 
germanischer  Institutionen  ist  die  Gutsherrlichkeit  in  den  römischen  Pro- 
Yinzen  entstanden.     Die  Folge  der  Eroberung  scheint,  sowol  in  betreff  der 
PriYatgüter  als  der  Staatsländereien   nur   ein  Wechsel  der  Gutsherren  ge- 
wesen zu  sein.     Der  erobernde  Fürst  setzte  seine  Gefährten  sofort  an  die 
Stelle  der  römischen  Fiscalbeamten,  welche  gewissermassen  Gutsherren  auf 
den  dem  König  gehörenden  Domänen  des  Kronguts  wurden.   Der  Gutsherr- 
lichkeit wurden  allmählig  ebenso   die   freien   Grundeigner  unterworfen  als 
die  Yerschiedenen  halbfreien  Stände,    die   später   in   den   einen   Stand  der 
Hörigen  zusammenflössen.     Die  englische   Feldgemeinschaft   zeigt   sich   in 
ihren   Anfllngen    als    das   Gehäuse   nicht   eines   Stammes,   dessen   Sippen 
sich  wie  in  Wales  zum  Pflügen  ihrer  Feldmark  Yerbinden,   sondern  einer 
Gemeinde  leibeigener  Unterthanen  der   Gutsherren.     Die  Verbreitung  der 
durch  uraltes  Herkommen  als  untheilbares  Ganzes  Yon   Geschlecht  zu  Ge- 
schlecht weiter  wandernden  Hufen  setzt  Yoraus,  dass  keine  Vertheilung  des 
Bodens  unter  die  Erben  stattfand,  folglich  dass  die  Hufe  ein  unfreies  Gut 
war.  —  Im  Vorwort  spricht  der  Herausgeber  (Bunsen)'  u.  a.  Yon  der  po- 
litischen Bedeutung  des  Yorliegenden  Buches  und  citirt  eine  Stelle,  die  sich 
in  S.'s  Vorrede  zur  englischen  Originalausgabe   flndet  und  wirklich  recht 
manchesterlich  klingt.     Meines  Erachtens  thut  man  besser,  an  dem  Grund- 
satz festzuhalten,  dass  die  Wissenschaft  sich  Selbstzweck  ist,   und  deshalb 
bei  wirthschafts-  sowie  sodalgeschichtlichen  Untersuchungen  Yon  politischen 
Gesichtspunkten,  die  ja  rein  practischer  und  überdies  blos  subjectiYer  Natur 
sind,  ganz  abzusehen,  weil  dadurch  gar  leicht  ein  Zerrbild   der  geschicht- 
lichen Wirklichkeit  entsteht.   Die  Wirthschaftspolitik  der  Zukunft  wird  sich 
vrie  alle  Politik  nur  von  realen  Interessen,  aber  nicht  Yon  den  Besultaten 
der  wirthschaftsgeschiohtliohen  Forschung  bestimmen  lassen.    S.  hat  sich 

Mirtheüunfen  YII.  iS 


674  tiiezaiut. 

\^i  seinen  üntersuohangen  von  Beimischung  politisdier  (Sesidhtspiinkte  durd^- 
ans  ferngehalten,  was  den  Werth  seiner  Leistung  nur  erhöht. 

Prag.  Emil  Werunsky. 

Max  Plischke,  Das  Recktsverfahren  Rudolfs  yon 
Habsburg  gegen  Ottokar  von  Böhmen.  Inaugoral- Disser- 
tation etc.    Bonn  1885. 

Die  hier  zu  besprechende  unter  Anleitung  yon  Prof.  MoritB  iUtter  in 
Bonn  entstandene  Dissertation  hat  sich  eine  genauere  Darlegung  des  von 
Budolf  gegen  Ottokar  durchgeführten  Bechtsver&hrens  yor  dem  Aiubmch 
des  ersten  Krieges  zur  Aufgabe  gesetzt  Des  YerfEttsers  Ausfährong  geht 
darauf  hinaus,  dass  das  auf  dem  Nürnberger  Tage  gegen  Ottokar  eingeleitete 
Processverfahren  lehensrechtlicber  Natur  gewesen,  sich  gegen  die  Weigemng 
Ottoksrs,  seine  Beichslehen  —  Böhmen  und  Mähren  —  zu  muthen,  ge- 
richtet habe.  Scharf  davon  zu  trennen  sei  das  von  Budolf  an  Ottokar  ge> 
stellte  Begehren,  die  von  demselben  oocupirten  (Gebiete  Oesterreioh,  Stoiei^ 
mark,  Eärnthen,  Erain,  Wind.-Mark  und  Eger  herauszugeben.  Es  war 
früher  erhoben  als  jenes.  Zum  Gegenstand  eines  gerichtlichen  Yerfiüirens 
ist  es  nicht  gemacht  worden,  wol  aber  hatte  Papst  Gregor  X.  seine  Ver- 
mittlung in  dieser  Frage  angeboten  und  darüber  wurde  noch  yerhandeit, 
als  Budolf  über  Ottokar  wegen  des  von  diesem  Salzburg  gegenüber  ver* 
übten  Landfriedensbruch  die  Acht  verhängte.  Plischke  glaubt,  von  Budolf 
sei  die  Acht  in  ihrer  schärferen  Form,  als  definitive  Acht  verhängt  warden. 
Demgegenüber  muss  ich  doch,  obwol  ich  sonst  in  diesen  Fragen  den  Bechts- 
historikem  den  Vortritt  lassen  möchte,  auf  die  von  Plischke  selbst  SL  47 
aus  Rudolfs  Brief  angeführten  Stelle:  Ceterum  cum  rex  Bohemie  manifestus 
Sit  hostis  imperii  et  in  proscriptione  Begia  perseveret  hinweisen.  Die- 
selbe scheint  mir  doch  ganz  bestimmt  vorauszusetzen,  dass  Ar  Ottokar 
n^h  Budolfs  Ansicht  und  nach  dem  gebrauchten  Ausdruck  die  MOgliohkeit 
vorlüg,  von  der  Acht  loszukommen,  es  sich  mithin  nicht  um  die  definitive^ 
sondern  um  die  »provisorische*  Acht  gehandelt  haben  dürfte. 

Gerade  der  letzte,  die  Acht  betreffende  Abschnitt  behandelt  vielfitth 
Dinge,  über  die  ich  zuletzt  gesprochen,  in  abweichender  Weise.  Ich  würde 
es  im  allgemeinen  kaum  für  nöthig  halten,  genauer  auf  die  Abweichungen 
in  Plischkes  Auffassung  von  der  meinigen  einzugehen.  Die  paar  Fach- 
genossen, welche  solche  Specialarbeiten  lesen,  würden  sich  ja  ohnehin  ihr 
Urtheil  bilden  können.  Wenn  ich  es  trotzdem  thue,  so  geschieht  es  ans 
einem  besonderen  Grunde.  Es  beginnt  in  jüngerer  Zeit  mehrfach  eine  Un- 
sitte einzureissen,  gegen  die  von  Seite  der  Berufenen,  zunächst  der  aka- 
demischen Lehrer  eingeschritten  werden  sollte  —  die  Uxisitte,  dass  ganz 
junge  Herren,  die  sich  eben  die  Sporen  verdienen,  im  Hochgefühl  dür 
glücklich  vollbrachten  Erstlingsleistung  älteren  Leuten  gegenüber  einen  Ton 
anschlagen,  der  mit  den  einfachsten  Begeln  literarischen  Anstandes  nicht 
zu  vereinbaren  ist  Eine  neue  Manifestation  dieser  Unsitte  scheint  mir  nun 
bei  Plischke  S.  78  vorzuliegen,  da  er  sagt:  »Erst  nach  Abs<^luss  meiner 
Arbeit  konnte  ich  den  Aufsatz  von  Bussen,  »Salzburg  und  Böhmen  vor 
dem  Eri%  von  1876 *,  einseheui  der  für  die  Beurtheilung  des  Veriiält- 
niises  des  Erzbisohofs  zu  Otiokar  interessante  neue  Gesichtspunkte  auMellti 


tiieraiüt.  675 

ohne  injessea  Budolfs  Beobtsverfabren  in  die  Unt^rsuohimg  mit  einzQ- 
bezieben.  B.  kommt  68  daher  auf  eine  genaue  Datining  der  Schreiben  des 
Erzbischofs  weniger  an,  dieselbe  versucht  er  nur  beiläufig  und  oft  auf  un- 
zureichende Gründe  gestützt.^  Meine  erwäbnte  Arbeit  hatte  es  sich  zum 
Ziel  gesetzt»  aus  den  meist  undatirten  Briefen  in  den  verschiedenen  Formel- 
sammlungen das  Verhältnis  des  Erzbischofs  Friedrich  von  Salzburg  zu  Budolf 
einerseits,  zu  Ottokar  andererseits  darzulegen.  Dazu  ist  natürlicherweise 
erste  Vorbedingung,  die  zeitliche  Folge  der  Schreiben  möglichst  genau  fest- 
zustellen —  wenn  ich  das  wirklich  nur  »beiläufig  und  oft  auf  unzu- 
reichende Gründe  gestützt«  gethan  habe,  so  ist  meine  Arbeit  keinen  Pfiffer- 
ling werth.  Eine  kurze  Prüfung  der  einzelnen  von  Plischke  hervorgehobenen 
Punkte  wird  zeigen,  wie  leichtfertig  derselbe  sein  absprechendes  Urtheil 
gefällt  hat. 

Plischke  sagt:  »Bodmann  S.  14  bezieht  er  (S.  279)  auf  Gregors  Brief 
vom  15.  Februar,  worin  dieser  das  nächste  Fest  Allerheiligen  als  Erönungs- 
termin  angibt^  während  darauf  doch  offenbar  das  Schreiben  Gerbert  1,  35 
Bezug  nimmt,  in  welchem  der  Salzbuigor  seine  Freude  über  die  endliche 
Festsetzung  jenes  Termines  ausspricht.  <  Was  soll  sich  nun  ein  Leser,  der 
meinen  Aufeatz  nicht  kennt  oder  nicht  zur  Hand  hat»  dabei  denken?  Doch 
schwerlich,  dass  ich  S.  279  desselben  den  Brief  Gerbert  I,  85  benutzt  und 
ausdrücklich  auf  Gregors  Brief  vom  15.  Februar  1275  bezogen  habe  — 
neben  dem  Brief  Bodmann  14,  in  dem  der  Erzbischof  Budolf  seine  Freude 
ausdrückt  über  den  ihm  bekannt  gewordenen  Entschluss  des  Papstes,  dem 
König  die  Kaiserkrone  aufzusetzen. 

Die  weitere  Bemerkung  Plischkes:  »Da?  Schreiben  Bodmann  15,  wel- 
ches wir  S.  70  in  die  zweite  Hälfte  des  Jahres  1275  verwiesen  haben, 
scheint  B.  S.  280  ff.,  da  er  in  den  Worten:  oportet  vos  .  .  sententias  vestras 
non  tam  iure  quam  facto  invare  (S.  281  A.  1)  eine  Anspielung  auf  die 
Sprüche  des  Nürnberger  Tages,  allenfalls  auf  den  Tag  von  Würzburg  er- 
blickt, noch  vor  den  15.  Hai  anzusetzen.  Jedenfalls  nimmt  er  dasselbe 
als  vor  dem  Prager  Vertrag  vom  29.  Mai  abgefiisst  an.  Eine  Sentenz 
gegen  Ottokar  ist  indessen  weder  zu  Nürnberg,  nocb  zu  Würzburg,  son- 
dern erst  zu  Augsburg  am  15.  Mai  gefällt  worden  und  somit  bestärkt  uns 
auch  dieses  Moment  in  unserer  obigen  Ansicht*  erscheint  überhaupt  nur 
als  ein  Ausfluss  seiner  ganz  einseitigen  Betrachtungsweise  erklärlich.  Dass 
ich  ganz  berechtigt  war.  den  Brief  Bodmann  15  geraume  Zeit  vor  den 
Prager  Vertrag  vom  29.  Mai  einzureihen  und  dass  der  von  Plischke  da- 
gegen erhobene  Einwand  ganz  hinfällig  ist,  zeigt  neben  vielem  andern, 
das  ich  übergehe,  schlagend  Ottokars  Brief  vom  9.  März  1275:  sed  dictus 
electus  . .  in  curia  apud  Nurenberch  celebrata  quaedam  de  facto  in  nostri 
honoris  dispendium  et  terrarum  nostrarum  .  .  detrimentum  attemptare  per 
suas  sententias  nitebatur  et  adbuc  nititur.  Wenn  Ottokar  am  9.  März 
1275  hier  von  den  sententiae  Budolfi,  die  gegen  ihn  gerichtet  seien,  redet, 
wird  auch  Erzbischof  Friedrich  wol  lange  vor  dem  Prager  Vertrag  vom 
29.  Mai  in  dem  Brief  Bodmann  S.  15  schreiben  dürfen:  oportet  vos  ma- 
num  ad  fortia  mittere,  et  sententias  vestras  non  tam  iure,  quam  facto  iuvare. 

Plischke  setzt  die  Zerstörung  Friesachs,  wie  überhaupt  den  Beginn 
kriegerischer  Unternehmungen  Ottokars  gegen  den  Erzbischof  von  Salzburg 
erst  nach  dem  Pr^er  Vertrag  vom  29.  Mai,  während  ich  dieselben  weit 

48  • 


^76  titerattur. 

früher  ansetzte  nnd  in  dem  Prager  Vertrag  das  Besaltat  der  von  Ottokar 
über  den  Erzbischof  verhängten  Eriegsdrangsale  erkannte.  Die  Ao&tellangen 
Püschkes  sind  Tollkommen  unhaltbar.  Es  handelt  sich  besonders  um  die 
Einreibung  des  Briefes  Bodmann  S.  186.  Flischke  behauptet,  derselbe  &lle 
erst  nach  dem  Bruch  des  Prager  Vertrages,  etwa  in  den  Juli  1275,  wah- 
rend ich  den  Brief  weit  früher  ansetzen  zu  müsssen  geglaubt  hatte.  In 
dem  Briefe  Bodmann  15  heisst  es:  Ad  partes  Stjriae  missujB  est  novus 
capitaneus  quidam  potens  Bohemie  ad  hoc  specialiter,  .  .  ut  de  terra  yi- 
ventium  nos  evellat.  Dieser  capitaneus  ad  partes  Styriae  missus  ist  der 
Landeshauptmann  von  Steiermark.  Als  Landeshauptmann  von  Steiermark 
ist  seit  dem  26.  Januar  1275  Milota  von  Diediz  (quidam  potens  Bohemie) 
nachzuweisen  —  ich  setzte  den  betreffenden  Brief  daher  in  eine  Zeit,  da 
die  Ernennung  Milotas  zum  Landeshauptmann  von  Steiermark  noch  so 
jungen  Datums  war,  dass  Erzbisohof  Friedrich  ihn  als  »novus  capitaneus* 
bezeichnen  konnte.  Milota  hat  das  Amt  während  des  ganzen  Gonflictes 
zwischen  Ottokar  und  Erzbischof  Friedrich  bekleidet,  er,  der  capitaneus 
Styriae,  hat  im  Auftrag  Ottokars  nach  Bodmann  186  den  Krieg  gegen  den 
Erzbischof  eröfihet,  und  namentlich,  wie  auch  die  Gontinuatio  praed«  Vin- 
dobon.  hervorhebt,  Friesach  zerstört. 

Um  seine  abweichende  Einreihung  der  Briefe  scheinbar  zu  rechtfertigen, 
sieht  sich  Plischke  S.  69  genöthigt,  zu  behaupten,  indem  er  den  bekannten 
Amtstitel  capitaneus  (sc.  Styriae)  mit  »Feldhauptmann*  übersetzt,  der  Bod- 
mann 15  genannte  novus  capitaneus  sei  eine  von  Milota  verschiedene  Per- 
sönlichkeit, und  sieht  sich  weiter  genöthigt,  den  Brief  des  Erzbischofs  Bod- 
mann S.  16:  Dissipatam  in  igne  et  gladio  Salisbnrgensem  ecclesiam  usw. 
in  eine  Zeit  zu  setzen,  in  der  es  »bis  zu  einem  verheerenden  Einfül 
böhmischer  Truppen  und  vollends  bis  zur  Verwüstung  des  Erzstifts*  schwer- 
lich gekommen  war.  Man  muss  den  Brief  Bodmann  13  dazu  nehmen,  um 
die  crasse  Willkür  solcher  Ausführungen  in  ihrer  ganzen  Grösse  zu  würdigen. 
Wer  selbst  so  argumentirt,  sollte  doppelt  vorsichtig  sein,  wenn  er  andere 
tadeln  zu  müssen  glaubt. 

Münster  L  W.,  im  JuH.  Arnold  Busson. 


Kaiser  Karls  IV.  Jugendleben,  von  ihm  selbst  er- 
zählt, übersetzt  von  L.  Oelsner  (Oeschichtschreiber  der  deut- 
schen Vorzeit,  14.  Jahrhundert.   Band  V.),  Leipzig,  Duncker  1885. 

Die  kritischen  Bemerkungen,  die  der  Uebersetzer  in  der  Einleitung 
beibringt,  sind  in  Kürze  folgende:  Die  zeitliche  Begrenzung,  in  welcher 
die  Vita  vorliegt,  indem  sie  nur  Karls  Erlebnisse  als  Prinz  erzfthlt,  ent- 
sprach von  Anfang  an  der  Absicht  des  Autors.  Die  Abfassung  der  Vita 
ist  in  den  Frühling  oder  Sommer  1348  oder  1350  zu  setzen.  Die  Sehluss- 
capitel  (15  —  20)  sind  kurz  nach  der  Hauptarbeit  unter  den  Augen  und 
der  Mitwirkung  des  Königs,  vielleicht  von  Johann  von  Neumarkt,  ge- 
schrieben, dessen  aus  Briefen  bekannte  stilistische  Eigenthümlichkeit  in 
Ueberladung  des  Ausdruckes  bestand,  wie  sie  auch  in  jenen  Capiteln  be- 
gegnet Die  Widmung  ist  gleichzeitig  mit  der  Vita  selbst  vefffii^  mAi 
wie  Loserth  irrig  meinte,   erst  nach  Karls  Tod  entstanden«    Im  Anhang 


Idteratnr.  Q77 

sind  einige  aaf  KOnig  Johanns  nnd  Karls  Aofenthalt  zu  Pannft  'bezQgliclie 
Stellen  der  Annales  Parmenses  majores  übersetzt,  ebenso  die  Vorrede  zur 
Majestas  Earolina  und  endlich  der  Brief  des  Johannes  de  Yi^ario,  eines  in 
Karls  Diensten  stehenden  italienischen  Ritters,  über  des  MaiiLgrafen  Erleb- 
nisse auf  dem  Bückweg  vom  ruhmlosen  Eeldzag  gegen  die  Litthauer  i.  J. 
1845.  Hier  hätte  der  üebersetzer,  der  alles  mit  Noten  begleitet,  den 
»comes  de  Aynaldo^  als  Grafen  von  Hennegan  erlftutem  sollen.  Anf  S.  28  hat 
es  statt  »Idtitsch*  Lititz  zu  heissen.    Tier  Stammtafeln  bilden  den  Schluss. 

Prag.  Emil  Werunsky. 

Ludwig  Pastor,  Geschichte  der  Päpste  seit  dem  Aus- 
gange des  Mittelalters.  Mit  Benutzung  des  päpstlichen  Geheim- 
Archives  und  vieler  anderer  Archive.  I.  Band:  Geschichte  der  Päpste 
im  Zeitalter  der  Benaissance  bis  zur  Wahl  Pius  IL  Freiburg  i.  Br., 
Herder'sche  Verlagshandlung,  1886.    XL  VI  u.  723  S.,  S». 

Der  Verf.  dieses  Werkes  führte  sich  Iftngst  durch  verdienstvolle  Ar- 
beiten in  den  Kreis  quellenkundiger  und  kritischer  Forscher  ein.  Seine 
Monographie  über  die  kirchlichen  Beunionsbestrebungen  des  16.  Jahrb., 
sein  erstes  grösseres  Werk,  bewegt  sich  auf  einem  Felde,  dessen  Acker- 
fläche zunächst  Altmeister  Bänke  durchgepflügt  hatte.  Das,  was  P.  gegen- 
wärtig bietet  und  weiterhin  in  Aussicht  stellt,  fUlt  in  Hinsicht  eines  Haupt- 
theiles  der  ganzen  Aufgabe  mit  dem  Werke  des  verewigten  Gkschichtschreibers 
»Die  römischen  Päpste  im  sechzehnten  und  siebenzehnten  Jahrhundert*  zu- 
sammen, und  wir  begreifen,  dass  das  »Vorwort*  des  Verf.  mit  der  Elar- 
stellung  seines  Verhältnisses  zu  Bänke  anhebt.  Es  ist  dieses  literarische 
Verhältnis,  diese  Coincidenz  des  Gkschichtsstoifes  analog  der  Stellung,  die 
das  Werk  Janssens  über  Deutschland  seit  dem  Ausgange  des  Mittelalters 
zu  Bankes  Greschichte  Deutschlands  im  Beformationszeitalter  einnimmt,  denn 
auch  die  Geschichtsauffassung  oder  historische  Parteistellung  bringt  P.  an 
Janssens  Seite,  für  Beide  ist  die  Apologie  des  Papstthums,  das  Eintreten 
für  die  historische  und  ewige  Mission  der  römischen  Kirche  Fuss-  und 
Scheitelpunkt  der  Geschichtschreibung.  Beide  verfugen  über  eine  um- 
fassende Kenntnis  des  Stofies  und  anerkennungswerthe  Gestaltungskraft,  nur 
möchten  wir  Janssens  Darstellungsweise  accentuirter ,  geschärfter,  die  P.*s 
getragener,  glätter  nennen. 

P.  hat  sich  eine  gewaltige  Aufgabe  gestellt,  reich  genug,  um  das 
halbe  —  wo  nicht  ganze  —  Leben  eines  Historikers  auszufällen.  Der 
erste,  vorliegende  Band  umfasst  die  Zeit  der  avignonensischen  PKpste,  das 
Schisma,  die  Wiederherstellung  der  päpstlichen  Macht,  das  Papat  Martin  V., 
Eugen  IV.,  Nicolaus  V.  und  Calixt  III.,  also  vorzugsweise  die  Epoche  von 
1417 — 1458,  zu  welcher  sich  das  innerhalb  der  Jahre  1805  — 1417  Ge- 
stellte gewissermassen  als  Einleitung  verhält.  So  erscheint  denn  der  erste 
Band  als  »Geschichte  der  Päpste  im  Zeitalter  der  Benaissance  bis  zur  Wahl 
Pius  IL*  Der  zweite  Band  soll  das  Zeitalter  der  Benaissance  zu  Ende 
fuhren,  während  sich  die  weiteren  vier  Bände  mit  der  »grossen  abend- 
ländischen Kirchenspaltung*,  mit  der  »katholischen  Bestauration*  und  mit 
der  »modernen  Bevolution*  als  massgebenden  Qeschichtspbasen  beschäftigen 


678  Literatur. 

werden.  Wir  haben  also  ein  grosses  Stück  Weltgeschiohte  tu  erwarten, 
und  es  kann  der  Sache  nur  frommen,  wenn  sich  die  Zahl  der  Bftnde  ver- 
doppelt. 

Bas  folgende  ist  ein  einfaches  Beferat.  Ist  es  in  den  meisten  FSllen 
angezeigt,  den  Inhalt  eines  Buches  zu  skizziren,  ^tt  sich  die  Miene  zu 
geben,  man  stünde  über  dem  Verfasser,  oder  sich  in  einen  unerquicklichen 
Streit  über  Standpunkt,  Tendenz  u.  dgl.  des  Werkes  kopfüber  zu  stürzen, 
so  erscheint  angesichts  dieses  Buches  ein  solches  Vorgehen  doppelt  geboten, 
denn  es  ist  inhaltreich,  aus  umÜEissender  Forschung  erwachsen  und  das 
Ergebnis  derselben  bedeutend  auch  für  den,  welcher  die  leitenden  Ueber- 
zeugungen,  die  Grundunschauung  des  Verfassers  nicht  theilt.  Denn  aaf 
diesem  Felde  wird  der  Kampf  der  Meinungen  eben  so  lange  dauern,  wie 
der  Gegensatz,  welcher  Autoritätsglauben  und  Skepsis,  Optimismus  und  Pes- 
simismus auseinanderhält. 

Das  Büstzeug  des  Werkes  ist  namhaft  genug.  Der  Verf.  knüpft  seine 
archivalischen  Studien  an  nicht  weniger  als  61  Oertlichkeiten.  Den 
Löwenantheil  nehmen  hievon  Deutschland  mit  23,  Italien  mit  19  Städten 
in  Anspruch;  ihnen  folgen  Oesterreich  mit  7,  Frankreich  mit  5,  Schweiz 
mit  4,  Belgien,  Polen  und  England  mit  je  1  Oertlichkeit.  Am  ei^ebigaten 
musste  die  Ausbeute  in  Italien  sich  gestalten,  woselbst  Florenz  mit  dem 
Staatsarchive  und  drei  Bibliotheken,  Mailand  mit  ebensoviel  Fundstätten, 
Neapel  mit  2  Bibliotheken,  Padua  mit  3  Bibliotheken,  Siena  mit  Bibliothek 
und  Staatsarchiv,  Turin  und  Venedig  mit  je  1  Bibliothek  und  je  1  Staats^ 
archiv,  an  erster  Stelle  Bom  jedoch  mit  13  Archiven  und  12  Bibliotheken 
die  Forschung  P.*s  unterstützten.  Als  Belege  derselben  erscheinen  86  Stücke 
aus  der  Zeit  von  1374 — 1458  dem  Anhange  einverleibt.  Unter  dem  halben 
Tausend  benutzter  Werke  dürfte  man  nicht  leicht  ein  Einschlägiges  ver- 
missen. 

Die  Einleitung  (S.  1 — 51)  hebt  mit  der  literarischen  Benaisssnce 
in  Italien  und  ihrem  Verhalten  zur  Kirche  an.  Der  Verf.  stellt  der 
»wahren*  Benaissanoe,  die  in  den  alten  kirchlichen  Traditionen  in  Hinsicht 
des  Studiums  der  Classiker  wurzelte,  die  »falsche,  heidnische*  gegenüber. 
Als  deren  Hauptvertreter  gelten  ihm:  Lorenzo  Valla,  A.  Beccadelli  und 
Poggio. 

Die  Nachsicht  der  kirchlichen  Würdenträger  gegenüber  der  Msdien 
Benaissance  werde  erst  ganz  verständlich,  sobald  man  in  Betracht  ziehe, 
dass  die  gefährlichen  Tendenzen  nicht  die  allein  herrschenden  waren.  Als 
Fahnenträger  der  wahren  christlichen  Benaissance  gelten  ihm:  Gianozxo 
Manetti,  Ambrogio  Traversati,  Lionardo  Bruni,  Gregorio  Corraro,  Franoesoo 
Barbaro,  Maffeo  Vegio,  Vittomio  da  Feltre  und  Tommaso  Parentuoelli  (Ni- 
oolaus  V.). 

Das  erste  Buch  (S.  53 — 159)  bietet  einen  »Rückblick  auf  die  Ge- 
schichte der  Päpste  vom  Beginne  des  avignonesischen  Exils  bis  zur  Be- 
endigung des  grossen  Schisma  (1805 — 1417)*.  Der  Verf.  beleuchtet  die 
GefUhrdung  der  universalen  Stellung  des  Papstthums  durch  dessen  üeber» 
Siedlung  in  die  »avignonesische  Papstbmig*.  »Sie  ist  ein  Geffebignis  der 
Päpste  (heisst  es  S.  72)  und  zugleich  ihr  Baronalschloss  aus  jener  Epoche 
der  Feudalität,  in  welcher  die  Häupter  der  Christenheit  Vasallen  der  fran- 


literatur.  579 

zösisohen  Erone  waren  nnd  nicht  errötheten,  sich  mit  dem  baronalen  Titel 
der  Grafen  von  Yenaissin  und  Avignon  za  schmücken.  *  —  In  dem  Kampfe 
zwischen  den  ayignonesischen  Päpsten  nnd  K.  Ludwig  dem  Bayer,  >der 
beiden  gottgesetzten  Autoritäten  gegen  einander  <,  gewahrt  er  eine  unheil- 
volle Erschütterung  des  päpstlichen  Ansehens,  dem  auch  nach  der  Ueber- 
siedlung  des  Stuhles  Petri  nach  Bom  die  rücksichtslose  Heftigkeit  des  reform- 
lustigen P.  Urban  Tl.  nicht  aufzuhelfen  vermochte.  Die  Hauptschuld  an 
dem  Schisma  findet  der  Verf.  in  dem  >  verweltlichten,  sich  nach  Frankreich 
zurücksehnenden  und  von  dort  aufgehetzten  Cardinalcollegium*.  Sehr  ein- 
gehend werden  die  »grossen  häretischen  Bewegungen*  skizzirt.  Was  Hus 
betrifft,  so  äussert  sich  P.  (S.  126)  über  dessen  Verhältnis  zu  Wiclef  fol- 
gendermassen:  »Auf  den  Mann,  der  hier  an  die  Spitze  der  Bewegung  trat, 
auf  Johannes  Hus,  haben  die  Ideen  des  kühnen  EnglSnders  nicht  blos 
mächtig  eingewirkt,  sondern  sie  haben  ihn  völlig  beherrscht.  Neuere  For- 
schungen (insbesondere  Loserths)  haben  den  unwiderleglichsten  Beweis  ge- 
liefert, dass  Hus,  soweit  seine  Lehre  in  Betracht  kommt,  alles  Wiclef  ver- 
dankt, dessen  Werke  er  oft  mit  überraschender  Naivetät  ausgeschrieben  hat*. 
Und  weiter  heisst  es  (S.  127/8):  »Ob  Hus  sich  die  Consequenzen  solcher 
Lehrer  vergegenwärtigt  hat,  oder  auch  in  dieser  Beziehung  nur  seinem 
Meister  gefolgt  ist,  mag  dahingestellt  bleiben:  das  Eine  aber  wird  auch 
der  begeisterte  Lobredner  des  czeohischen  Beformators  nicht  in  Abrede 
stellen  können,  dass  ein  Einschreiten  gegen  derartige  Lehren,  welche  die 
Anarchie  in  Staat  und  Eirche  permanent  machen  müssen,  von  Seiten  der 
staatlichen  und  kirchlichen  Gewalten  ein  Act  der  Nothwehr  gewesen  ist. 
Die  Consequenzen  der  Lehren,  welche  Hus  verkündete,  zeigten  sich  bald 
in  der  furchtbaren  böhmischen  Revolution,  in  welcher  die  Idee  einer  demo- 
kratischen Bepublik  und  einer  auf  oommunistischer  Grundlage  beruhenden 
Gesellschaftsordnung  practisch  wirksam  wurde  ^. 

üeber  den  geringen  Erfolg  der  Constanzer  Synode  sohliesst  sich  der 
Verf.  dem  ürtheile  G.  Voigts  an;  er  findet  in  dem  Vorwiegen  der  parti- 
cularen  und  in  dem  Widerstreite  der  nationalen  und  politischen  Interessen 
den  Grund  des  Scheiterns  der  Beformaufgabe. 

Das  zweite  Buch  (1417 — 1447)  hat  es  mit  den  Päpsten  Martin  V. 
und  Eugen  IV.  zu  thun.  Besonders  willkommen  erscheint  die  eingehende 
Würdigung  des  Charakters  und  des  Pontificates  Ottos  Colonna,  »temporum 
suorum  felidtas*,  wie  ihn  die  Monument-Inschrift  des  Humanisten  Antonio 
Loschi  nannte.  Allerdings  kann  auch  P.  nicht  umhin ,  den  Schlagschatten 
des  Lichtbildes  ganz  bei  Seite  lassen.  »Es  ist  ein  unbedingtes  Verdienst 
des  mit  einem  ungewöhnlichen  Herrschertalent,  scharfem  Verstand,  politischer 
Klugheit  und  Entschlossenheit  begabten  colonensischen  Papstes,  dass  er 
nach  Zeiten  grenzenloser  Verwirrung  mit  fester  Hand  den  Grund  zur  Bestau- 
ration  der  geistlichen  wie  weltlichen  Macht  des  Papstthums  legte,  dass  er 
der  ewigen  Stadt  den  alten  Glanz,  dem  Kirchenstaate  seine  Grösse,  der 
Kirche  ein  goldenes  Zeitalter  des  Friedens  zurückgab,  wenn  man  es  auch 
mit  dem  Cardinal  Aegidius  von  Viterbo  beklagen  muss,  dass  von  jetzt  an 
vielfach  über  dem  Gewinn  von  Macht  und  Beichthum  die  Autorität  der 
Tugend  verloren  gieng.* 

Das  Eitiheits-  und  Machtprindp  war  gefestigt,  aber  die  Beformatio 
ecclesiae  blieb  im  Schuldbuche  der  Zeiten  etebn,  und  was  P.  über  das  Pon- 


680  Idteratar. 

tifioat  Eagena  lY.  sagt,  beweist  doch  nur,  dass  die  Machtfrage  den  Stmi 
zwischen  dem  Papate  and  den  »Condlfanatikem^  entzündete,  ebenso  wie 
sie  es  war,  welche  Eugen  lY.  in  den  Yertrag  vom  14.  Juni  1448  mit 
dem  schlauen  Neapolitanerkönige  Alfonso  drängte.  Wir  brauchen  dabei  an 
dem  Lobe  des  persönlichen  Charakters  Eugen  lY.  nicht  zu  mäkeln,  aber 
der  Nachweis,  welchen  universalen  Erfolg  die  Bestrebungen  dieses  Papstes 
zu  Ounsten  der  Yerbesserung  und  Begenerirung  der  Orden  und  dann  auch 
des  Clerus  hatten,  dürfte  sich  schwer  führen  lassen.  Die  Hauptsache  blieb 
das  monarchische  Princip  der  Kirche,  und  diesem  Princip  sollte  auch  die 
Kunst  je  nach  ihrer  Art  dienen,  wie  dies  naiv  genug  die  Entwürfe  Fila- 
retes  för  die  Broncethüren  der  Peterskirche  darthun.  Neben  Christus,  Haha 
und  den  Aposteln,  neben  Scenen  aus  der  pontificalen  Wirksamkeit  Eugen  lY. 
finden  wir  die  Büsten  römischer  Kaiser,  Mars  und  Eoma,  Zeus  und  Ganjmed, 
Hero  und  Leander,  ja  auch  Leda  mit  dem  Schwane  angebracht. 

Das  dritte  Buch  (S.  273 — 490)  ist  ganz  von  dem  Pontificate  Ni- 
colaus Y.  (Parentucelli)  1447  — 1455  ausgefüllt,  einer  der  bedeutendsten 
und  edelsten  Erscheinungen  unter  den  Trägem  der  dreifachen  Krone,  des 
.Begründers  des  päpstlichen  Mäcenats*,  wie  ihn  der  Yerf.  nennt.  Für  das 
Jubeljahr  1450  können  wir  uns  allerdings  nicht  begeistern,  denn  das,  was 
der  Yerf.  einen  »moralischen  Grewmn*  nennt,  muthet  uns  yielmehr  als  ein 
bedenkliches  Yorzeichen  jener  pontificalen  Massregeln  an,  welche  die  Oppo- 
sition gegen  Rom  inmier  bedenklicher  schärften.  Die  Katastrophe  auf  der 
Engelsbrücke  war  ein  böses  Omen,  und  was  ein  römischer  Chronist  über 
den  Hauptgewinn  der  ewigen  Stadt  durch  das  Jubeljahr  sagt,  dass  dabei 
vornehmlich  die  Greldwechsler,  die  Apotheker,  die  Maler  des  Schweisstaches 
Christi  uiid  die  Wirthe  profitirten,  klingt  wahrhaftig  nicht  sehr  erbaulich 
Und  was  den  Erfolg  der  Mission  Niclas  von  Cues  in  Deutschland  anbelangt, 
80  kam  er  wol  der  Ordnung  der  hierarchischen  Bechtsverhältnisse  und  der 
Aussenseite  des  kirchlichen  Lebens  zu  gute,  aber  den  inneren  Segen  des 
Christenthums  konnte  der  Mann  nicht  säen,  der  nur  das  »schneidige Schwert* 
im  evangelischen  Gleichnis  vor  Augen  hatte,  und  vom  Concilmann  zum 
Papalisten  geworden  war,  schlecht  und  recht  wie  sein  Zeitgenosse,  der  geist- 
volle Humanist  und  Epicuräer,  Enea  Silvio  de  Piccolomini,  dessen  Yorleben 
Pastor  ziemlich  unverblümt  kennzeichnet. 

Eines  der  besten  Capitel,  ebenso  reich  an  Daten  als  verständnisvollen 
Ausführungen  ist  das  Y. :  »Förderung  der  Renaissance  auf  künstlerischem 
und  literarischem  Gebiet;  Bestaurationen  und  Neubauten  in  Born  und  im 
Kirchenstaate,  Alberti,  Eiesole,  der  Musenhof  Nicolaus  Y.,  Gründung  der 
vatioanischen  Bibliothek.*  Und  ebenso  fesselnd  ist  die  Episode  »Die  Yer* 
schwörung  des  Stefano  Porcaro*  (1453)  geschrieben.  Die  b^üghche 
Literatur  konnte  P.  durch  neue  Mittheilungen  aus  den  Staatsarchiven  von 
Mailand,  Florenz,  Siena  und  Lucca  und  durch  die  Entdeckung  des  Geständ- 
nisses Porcaros  in  einer  Handschrift  der  Stadtbibliothek  zu  Trier  ergänzen. 
Die  gleiche  Sorgfalt  im  Au&püren  des  Materiales  zeigt  sich  auch  in  den 
Schlussabschnitten,  welche  von  der  orientalischen  Frage  seit  dem  Falle 
Constantinopels  handeln. 

Das  vierte  und  letzte  Buch  (S.  493 — 619)  bringt  die  Geachidite 
des  Pontificats  Calizt  IIL  (1455  — 1458)  und  darf  eine  gerundete  Mono> 
graphie  desselben  genannt  werden.   Der  Schwerpunkt  li^  in  der  Türken- 


literainr.  681 

ge&hr«  Calixi^  TerhlÜtnis  zum  Homanismus  kennzeiohnei  P.  mit  den  Worten: 
»Der  rabige,  trockene  ßechtsgelehrte  stand  der  Bewegung  der  Renaissance 
nicht  direct  feindlich,  sondern  nur  gleichgiltig  gegenüber.*  Auch  nimmt 
er  ihn  wider  den  Vorwarf,  der  sich  vornehmlich  auf  die  bedenkliche  Au- 
toritftt  des  Filelfo  und  Yespasiano  de  Bisticci  stützt,  Calixt  habe  die  Schätze 
des  Yatioans  verschleudert,  in  Schutz.  Das  was  über  den  Türkenkrieg  gesagt 
wird,  beruht  auf  den  neuesten  Forschungen.  Gewandt  ist  die  Yertheidigung 
des  Papstes  und  des  Gardinais  Piccolomini  gegen  die  Angriffe  der  deutschen 
Opposition  und  ihrer  —  allerdings  feilen  —  Feder,  Martin  Meyer,  dar- 
gelegt; —  gegen  den  leidigen  und  verhängnisvollen  Nepotismus  kann 
und  will  P.  den  Papst  nicht  vertheidigen.  Die  Erhebung  und  der  Sturz 
der  Borgias  war  eine  unangenehme  Lehre,  die  Calixt  III.  davon  trug.  Um 
mit  einem  Lichtbilde  zu  schliessen,  hat  der  Verf.  die  Persönlichkeit  des 
Cardinais  Capranica  in  den  Epilog  gestellt. 

Wir  scheiden  von  dem  Buche  Pastors  mit  dem  Eindruck  einer  wissen- 
schaftlichen Leistung,  die  auch  da,  wo  sie  nicht  überzeugt,  fruchtbar  an- 
regt, und  nirgends  Beherrschung  des  weitschichtigen  Stoffes  und  Gestaltungs- 
kraft vermissen  lässt.  Krone s. 


Schnürer  Fr.,  Falkenberg  und  die  Falkenberge.  Histo- 
riscli-topographische  Studie  mit  einem  Excurs  über  das  Pfarrverzeich- 
nis des  Lonsdorfer  Codex  (Sep.-Abdr.  aus  den  «BL  d.  Y.  f.  Landes- 
kunde von  N.-Oesterr. «,  1885),  gr.  80,  75  SS. 

Eine  archäologische  Studie  im  23.  Bd.  der  >Ber.  u.  Mitth.  d.  Alterth.-Y. 
zu  Wien*  (1885),  von  welcher  auch  ein  von  Job.  Newald  gezeichneter 
Separatabdruck  erschien,  hat  Seh.  veranlasst,  der  Greschichte  der  Falken- 
berger  genauer  nachzugeben  und  mit  Zuhilfenahme  einzelner  bisher  un- 
gedmckter  Notizen  aus  dem  Archiv  des  Grafen  Breunner  zu  Grafenegg  und 
dem  Pfarrgedenkbuche  zu  Strass  die  Ansichten  Newalds,  dessen  ganze  Ti- 
tulatur S.  3  unter  dem  Strich  angegeben  ist,  zu  corrigiren. 

In  erster  Linie  wird  die  Lage  der  alten  Burg  Falkenberg   bei  Strass 
im  Y.  u.  d.  M.  genau  zu  bestimmen  gesucht,  zu  welchem  Zwecke  der  Yerf. 
von   älteren  Kartenwerken  auch  Ortelius  und  Mercator  heranzieht,   da  Ne- 
wald  aus  der  Karte   des  W.   Lazius   illlschlich  Wynklberg   als   Falkenberg 
abgelesen  hat.     Weiter  tritt  Seh.  der  Ansicht  Newalds  entg^n,   dass  das 
Pfarrverzeichnis  im  sog.  Lonsdorfer  Codex  erst  1419  bei  Gelegenheit  einer 
Diöcesansjnode  zu  Passau  angelegt  worden  sei  und  sagt,  das  in  Mon.  boic 
2,   XXYin  abgedruckte  Yerzeichnis  habe   mit  einer   Synode  von   1418  zu 
Salzburg  (1419  Passau  ist  überhaupt  irrig!)  nichts  zu  thun,  sei  viel  früher 
schon   begonnen,  vielleicht  bereits  vom  Passauer  Bischöfe  Otto  v.  Lonsdorf 
(1254 — 65)  angeregt,  wenigstens  vor  1350  abgefasst,  dann  fortgesetzt  und 
c.    1420  einfach  abgeschrieben  und  in  Hinsicht  auf  die   Cbllatoren  nach- 
corri^irt  worden  (S.  20),  eine  Ansicht,  der  schon  M.   A.  Becker  in  seiner 
»Topographie*  Baum  gegeben  hat.   Im  2.  Theile  der  Abhandlung  geht  der 
Verf.   auf  die  spärlichen  historischen   üeberlieferungen   der   Geschichte   der 
Falkenberger  über  und  befleissigt  sich   einer  klareren  Darstellung,   als  er 


682  literator. 

sie  im  1.  Theile  geboten  bat.  Die  Falkenberger  stammteii  wabradieiBlieh 
ans  der  Oberpfalz,  wo  sich  die  gleicben  Ortsnamen  vorfinden,  wie  in  dem 
in  Bede  stebenden  Bezirke  Niederösterreiebs,  in  dem  sie  sich  im  12.  Jahrb. 
niederliessen ;  nm  1144  wird  uns  ein  Bapoto  yon  Ealkenberg  genannt, 
nach  einem  halben  Jahrhundert  begegnen  wir  wieder  einem  Waldion  von 
Valohenberch  am  Hofe  der  Babenberger  zu  Wien.  Von  nun  an  treten  die 
Falkenberger  hftufiger  und  in  Verbindung  mit  den  mächtigen  Geschlechtern 
der  Kuenringer  und  Sunnberger  auf;  1251  stehen  sie  mit  den  Kttenringen 
auf  Seite  Ottokars  IT.,  Rapoto  IV.  aber  wird  Schenk  von  Oesterreich  und 
kämpft  im  Heere  Budolfs  bei  Dümkrut,  wie  die  Beimchronik  erzählt;  seine 
Tochter  heirathet  Ulrich  den  Capeller  (Stammtafel  S.  75).  ESn  sfAterer 
Falkenberger  kämpfte  mit  Albredit  L  gegen  Iwan  von  Gfins,  aber  bald 
setzten  sich  Hadmar  und  Bapoto  V.  in  Gegensatz  zum  Landesherm,  bei 
dem  sich  besonders  das  Kloster  Zwettl  beklagte.  Die  Falkenberger  nahmeni 
wie  es  zwar  nicht  belegt,  aber  bei  den  verwandtschaftlichen  Beziehungen 
zu  den  Euenringem  erküürlich  ist,  an  dem  Aufstande  derselben  geilen  Al- 
brecht theil,  worauf  dieser  durch  seinen  jugendlichen  Sohn  Rudolf  Fbiken* 
berg  belagern  und  März  1800  brechen  Hess  (S.  51).  Nachdem  das  Ge- 
schlecht noch  einmal  einen  Aufstand  gegen  Friedrich  den  Schönen  an- 
gezettelt hatte,  trat  es  wieder  in  den  Hintergrund  und  starb  ca.  1355  mit 
Bapoto  Vn.  aus.  Die  Capeller  und  Wallseer  traten  das  Erbe  an  und  1367 
finden  wir  die  ersteren  als  die  Inhaber  der  meisten  Falkenberg*schen  Güter, 
mit  denen  sie  auch  von  Albrecht  UI.  belehnt  wurden.  Ihnen  folgten 
dann  die  Eytzinger  und  Werdenberg  und  in  neuei'er  Zeit  die  Breunner^ 
Enkevoirth. 

Linz.  S.  H.  Prem. 


A  Gynlafehervari  kaptalani  levelt^rnak  czimjegy- 
zäke.  Keszitette  Beke  Antal.  (Register  des  Earlsburger 
Capitelarchives.    Von  Anton  Beke.)  Budapest  1884.   72  &,  8". 

In  den  Mittheilungen  IV,  101  ist  zugleich  mit  Anzeige  der  Schrift: 
Die  Vereinigung  des  Capitelarchives  von  Earlsburg  und  des  ConventarehiTes 
von  Eolosmonostor  mit  dem  Landesarchiv  in  Ofen-Fest  (Hermannstadt  1882) 
der  Thatsache  Erwähnung  geschehen,  dass  der  die  XJeberfÜhrung  der  ge- 
nannten Archive  nach  Budapest  anordnende  Gesetzentwurf  vom  ungaridcben 
Abgeordnetenhaus  angenommen  worden  sei.  Entsprechend  diesem  Gesetz 
(Gesetzartikel  XXIU  vom  Jahre  1882)  hat  am  20.  October  1882  die  üeber- 
gabe  der  nach  Budapest  bestimmten  Archivalien  an  einen  Begiemngs- 
beamten  und  dann  der  Transport  stattgefunden.  Der  Capitelarchivar  Dom- 
herr Anton  Beke  berichtet  in  obiger  Schrift  eingehend  über  die  abgegebenen 
Archivalien,  verzeichnet  sowol  fehlende  Nummern  als  auch  alle  jene,  die 
als  das  Earlsburger  Capitel  besonders  berührend  in  Karlsburg  weiterhin 
verblieben  sind.  Wenn  schon  Kemenys  Notitia  historioo-diplomaiica  ardiivi 
et  literalium  capituli  Albensis  Transsilvaniae  (2  Bde.,  Hermannstadt  1836) 
die  Beichhaltigkeit  dieses  Archives  bekannt  gemacht  hatte,  so  geschieht  dies 
noch  mehr  durch  Bekes  Schrift.  Wer  diese  duichliest,  wird,  insbesondere 
^en»*  '^^  '^'^'^  altem  Verfaesungs-  und  Verwaltungsverhältnisse  Siebenbürgen» 


UteratuT.  x  688 

kennt,  nur  tief  bedauern,  dass  diese  in  erster  Beihe  Siebenbürgen  an- 
gehenden Arcbivalien  aus  diesem  Lande  hinweggescbaffi;  worden  sind.  Das 
ungarische  Landesarchiv  hat  dadurch  folgenden  Zuwachs  erfahren:  eine 
Beihe  von  Bänden  libri  regii  (Bücher  mit  siebenbürger  Fürsten-Urkunden) 
aus  den  Jahren  1580 — 1689;  Protocolle  des  Earlsburger  Capitels  aus  dem 
Zeitraum  1526 — 1886;  siebenbürgische  Landtagsacten  aus  den  Jahren  1505 
bis  1699  geschrieben,  1791  — 1865  gedruckt;  Urkunden  nach  Comitaten 
und  Stühlen  in  Laden  eingestellt  und  geordnet,  mit  lateinischen  Begesten 
und  Copien  versehen,  beilSufig  8800  Nummern;  mehrere  Bände  Indices; 
etwa  6000  Urkunden,  welche  in  neuerer  Zeit  in  Fascikel  eingetheilt  wor- 
den sind,  und  mehr  als  1300  Urkunden-Fragmente;  Bechnungen  sieben- 
bürgischer  Salzbergwerke  aus  den  Jahren  1640 — 1690;  Bechnungen  über 
die  Staatseinkünfte  aus  den  Jahren  1608  — 1699,  7  Bände;  Bechnungs- 
bücher  von  siebenbürgischen  Comitaten  und  Stühlen;  die  Correspondenz- 
bücber  der  Kanzlei  des  Capitels  aus  den  Jahren  1727  bis  1882;  die  Ur- 
barial-Conscriptionen  von  1819 — 20  der  Gemeinden  der  Comiiate  Unteralba, 
Hunjad,  Eokelburg,  Torda,  Zarand  und  des  Szeklerstuhles  Aranyos;  end- 
lich zahlreiche  Adelsbriefe  (armales). 

In  Earlsburg  sind  verblieben  die  sogenannte  Cista  capituli  Albensis 
und  aus  den  nach  Budapest  abgegebenen  Archivabtheilungen  etwas  über 
300  Urkunden,  welche  als  speciell  das  Karlsburger  Capitel  betreffend  be- 
zeichnet worden  sind.  Auch  dies  in  Karlsburg  gebliebene  Material  ist  wie 
vordem  das  ganze  Archiv  durch  die  Liberalität  des  gegenwärtigen  Ober- 
hauptes der  katholischen  Kirche  Siebenbürgens,  Bischofs  L6nhart,  der  wissen- 
schaftlichen Benützung  zugänglich.  A. 


Quellen  zur  Geschicbte  der  Stadt  Kronstadt  in  Sie- 
benbürgen. Herausgegeben  auf  Kosten  der  Stadt  Kronstadt  von 
dem  mit  der  Herausgabe  betrauten  Ausscbuss.  Erster  Band.  Kron- 
stadt 1886.  XI  u.  769  S.,  S^.  (Mit  3  Tafeln  Wasserzeichen  und  Schrift- 
proben.) —  Auch  u.  d.  T.:  Bechnungen  aus  dem  Archiv  der 
Stadt  Kronstadt  Erster  Band:  Bechnungen  aus  1503  — 1526. 
Kronstadt.    In  Commission  bei  H.  Zeidner. 

Dem  Vereine  für  siebenbürgische  Landeskunde,  welcher  mit  VeröfTent- 
lichang  filterer  Bechnungsbücber  hier  zu  Lande  vorangegangen  ist  (siehe 
die  Anzeige  des  ersten,  1880  erschienenen  Bandes  in  MittheiL  II.  650  fL)  sind 
bald  Andere  gefolgt.  Im  vorigen  Jahre  hat  die  ungarische  Akademie  durch 
Ladislaus  Fejärpataky  verschiedene  Bechnungsbücber  der  Städte  Schemnitz, 
Pressbarg,  Neusohl,  Tirnau,  Oedenburg,  Bartfeld  und  Kremnitz  aus  den 
Jahren  1364 — 1455  herausgeben  lassen^)  und  jetzt  ist  der  1.  Band  von 
Bechnungen  aus  dem  Archiv  der  Stadt  Kronstadt  erschienen.  Es  ist  ein 
die  Vertretung  dieser  Stadt  ehrendes  Zeugniss,  welches  sich  dieselbe  aus- 
stellt dnrch  Unterstützung  wissenschaftlicher  Bestrebungen  in  ihren  Hauern 


0  Hagyarorszdgi  värofiok  r^gi  szAmadäskönyvei  (Alte  Bechnungsbücber  un- 
garischer Städte),  Budapest  1885.  Alle  Texte  der  darin  publicirten  BechnungB- 
bücber  sind  in  lateiniscner  oder  deutscher  Sprache  abgefiust. 


ji 


684  literator. 

zu  einer  Zeit,  in  welcher  sie  ebenso  wie  andere  Gfemeinwesen  in  Sielen- 
bürgen einen  schweren  Kampf  fährt  am  das  nackte  Dasein.  Dank  der  tot 
etlichen  Jahren  gegebenen  Anregung  des  Senators  Dr.  Engen  von  Transchen- 
fels,  welcher  ganz  richtig  als  nnerlässliche  Vorbedingong  der  Ab&ssQDg 
einer  Geschichte  Kronstadts  die  Sammlang  and  Dracklegang  der  wichtigsten 
Qaellen  aas  verschiedenen  Archiven  bezeichnet  hatte  and  der  materiellen 
Unterstützang  seitens  der  Stadt  Kronstadt  ist  denn  im  vorli^enden  Bande 
der  Anfang  gemacht  worden  mit  der  Ersohliessang  einer  reichen  Fond- 
grabe  zur  G^eschichte  Kronstadts  nicht  allein,  sondern  aach  ganz  Sieben- 
bürgens and  der  Nachbarländer. 

An  den  Arbeiten  für  diesen  Band  haben  sich  aas  der  darch  die  Stadt- 
vertretnng  aafgestellten  Editionscommission  betheiligt  die  Gymnasiallehrer 
Franz  Herforth,  Andreas  Tontsch  and  Michael  Türk,  Stadtprediger  Karl 
Nassbftcher  and  der  Vorstand  des  Kronstftdter  Stadtarchives,  Archivar  Fried- 
rich Stenner.  Welchen  Antheil  jeder  einzelne  Mitarbeiter  an  der  AoBgabe 
hat,  ist  in  der  Inhaltsübersicht  gesagt  Ausserdem  erfahren  wir  aas  dem 
Vorwort,  dass  Gymnasiallehrer  Herforth  bezüglich  Bechtschreibang  und 
Anordnung  des  Stoffes  die  Bedaction  der  Ausgabe  gefELhrt  hat;  von  dem- 
selben ist  »im  Namen  des  herausgebenden  Ausschusses*  das  Vorwort  unter- 
zeichnet worden. 

Das  Vorwort  gibt,  willkommenen  Aufschluss  über  die  Entstehung  der 
Ausgabe,  enthält  aber  sonst  nichts  von  all*  Dem,  was  hinein  gehören  würde. 
Betreffs  der  bei  der  Arbeit  befolgten  Editionsgrundsätze  verweist  dasselbe 
einfach  auf  Band  I.  der  »Quellen  zur  Geschichte  Siebenbürgens*   und  er- 
klärt, der  herausgebende  Ausschuss  habe  sich  »im  Wesentlichen*  von  den- 
selben Grundsätzen  leiten  lassen,  welche  iür  die  genannte  Publication  des 
Landeskundevereines   massgebend   gewesen   seien.     Dieser  Punkt  ist  damit 
etwas  bündig  abgethan,  aber  das  wäre  noch  hinzunehmen,  wenn  der  Kron- 
städter Ausschuss  sich  »im  Wesentlichen*  wirklich  an  jene  Grundsätze  ge- 
halten hätte ;  dass  dies  nicht  der  Fall  ist,  wird  jedem  Kenner  beider  Edi- 
tionen  nur   zu  klar  werden.     Vor   allen  Dingen   musste   das   Vorwort  als 
Einleitung  einer  Ausgabe  bisher  noch  gar  nicht  benutzter  Geschichtsquelleiu 
welche  erst  vor  wenigen  Jahren  durch  den  thätigen  Archivar  Stenner  aas 
dunklem   Verliess   ans  Tageslicht  gezogen  worden  sind,   bedeutend   mehr 
bringen.   Wir  vermissen  nämlich  darin  Mittheilungen  über  das  einschlägige 
Quellenmaterial,  femer  über  die  Einrichtung  der  verschiedenen  Arten  von 
Rechnungen,   über  die  Person   des  BechnungsfELhrers,   womöglich  auch  dea 
Schreibers,  über  die  Eechnungslegung,  mit  einem  Wort  über  den  amtlichen 
Charakter  der  Bechnungen.  Das  Wichtigste  über  Kronstadts  und  des  Bunen- 
landes   Stellung   im   Veriassungsleben    der   Gesammtheit   der   Siebenbürger 
Deutschen  hätte   im  Vorwort  ebenfalls   seinen  Platz   finden   sollen.     Nicht 
einmal  jedem  Einheimischen  wird   geläufig   sein,    welche   Einnahmen   und 
Ausgaben  in  den  Schafiiier-  oder  Törzburger  Castellans-Bechnungen  verbucht 
sind,  und  fär  den  auswärtigen  Benutzer  wird  auch  der  Ausdruck  Stadt- 
hannenrechnnng  kein  guter  Bekannter  sein. 

Die  von  den  Herausgebern  gebotene  Inhaltsübersicht  ist  ein  chrono- 
logischer Wegweiser,  aber  keineswegs  eine  wirkliche  Uebersicht  des  Inhalts, 
wie  sie  hätte  sein  sollen,  nämlich  eine  Uebersicht  über  alle  in  diesem 
Bande  zum  Abdruck  gelangten  Stücke.     So  erftbrt  man   in  der  That  nur 


literatai:«  685 

mühsam,  welche  Archivalien  yeröffentlioht  worden  sind.  Sie  sind  sogar  im 
Text  nicht  alle  durch  Nummern  hervorgehoben  worden.  Um  den  Inhalt 
des  Bandes  zu  erfahren,  ist  man  genOthigt,  denselben  Blatt  für  Blatt  durch- 
zusehen. Nur  zwei  Stücke,  auf  S.  1  —  81  und  S.  82  — 177,  sind  ohne 
Unterbrechung  durch  Einfügung  von  Theilen  anderer  Bechnungsbücher 
gedruckt,  denn  von  S.  177  weiter  hielten  es  die  Herausgeber  angezeigt, 
den  Stoff  aus  den  verschiedenen  Bechnungsbüchem  zusammen  zu  tragen 
und  in  chronologischer  Folge  zu  drucken  unter  den  Titeln :  Städtische  Ein- 
nahmen, Städtische  Ausgaben,  Aus  dem  registrum  debitorum  civitatis, 
Eronstädter  Zwanzigstrechnung ,  Schaöherrechnung ,  Stadthannenrechnung, 
Törzburger  Castellansrechnung.  Angesichts  solcher  Zerlegung  der  Arohi- 
yalien  wäre  eine  genaue  Inhaltsübersicht  in  oben  angedeutetem  Sinn  um 
so  nothwendiger  gewesen. 

Der  Text  der  Bechnungen  hat  eine  ähnliche  Behandlung  er&hren,  wie 
in  neueren  deutschen  XJrkundenbüchem,   aber  einerseits  zeigt  sich  dabei, 
dass   rieh  die  Herausgeber  als  Neulinge   auf  ein  ihnen  wenig  bekanntes 
Gebiet  begeben  haben,  andrerseits  ist  vom  Bedacteur  nicht  genug  Sorgfalt 
aufgewendet  worden  auf  die  Ausgleichung  mannigfacher  Abweichungen  in 
der  Behandlung  der  Texte.     So   darf  das  in  dem  2.  Bande   nicht  weiter- 
gehen.    Als  leitender  Grundsatz  steht:   nur  Eigennamen   und  von  solchen 
abgeleitete  Eigenschaftswörter  werden  mit   grossen  An&ngsbuchstaben  ge- 
druckt.    Da  ist  nun,  von  vereinzelten  Fällen  nicht  zu  reden,    S.  174  ff., 
181  ff.,  388  ff.  in  bunter  Folge  bald  corporis  Christi,  bald  Corporis  Christi 
gedruckt;   S.    183    sind   mehr  als   ein  Dutzend,   S.   187    7  Wörter   (statt 
richtig  mit  kleinen)  mit  grossen  Anfangsbuchstaben  gedruckt;  S.  244  steht 
mehrmals  Bussenn  (büchsen),  S.  40 1  ebenso  oft;  bussen.  —  In  den  Eron- 
städter wie  auch  in  den  Hermannstädter  Bechnungsbüchem  begegnet  man 
nicht  selten  eingelegten  oder  eingebundenen  Zetteln,  auf  welche  Zusätze 
geschrieben  sind.     Die  Einschaltung  dieser  in  den  Text  geschieht  nun  im 
vorliegenden  Bande  in  ganz  verschiedener  Weise,  was  seitens  der  Bedaction 
hfttte  vermieden   werden  sollen;   bald   werden  Zettelnotizen  oben   in  den 
Text  gesetzt  und  in  einer  Anmerkung  unten   dies  vermerkt,  bald  kommt 
alles  auf  den  Zettel  Geschriebene   in   eine  Anmerkung,   oder  es  wird  der 
Inhalt  des  Zettels  in  den  Text  aufgenommen  und  in  der  sogenannten  In- 
haltsübersicht (S.  VI)  unter  besonderem  Titel  darauf  aufmerksam  gemacht 
Vgl.  SS.  37,    38,    194,    224,  592.  —  S.  389  ist  zweimal,  dann  S.  391 
lianioni  gelesen  statt  Lanioni.  —  Auf  S.  695 — 769   stehen  ein  alphabeti- 
sclies  Yerzeichniss  der  Orts-  und  Personen-Namen,  ausgearbeitet  durch  Ar- 
chivar Stenner,  Lateinisches  Glossar  von  Gymnasiallehrer  Julius  Gross  und 
Dentsches  Glossar  von  Gjmnasialdirector '  Johann  Wolff  in  Mühlbaoh.  — 
Ueber  Druck  und  Papier  würde  Johannes  Honterus  bedenklich  das  Haupt 
schütteln. 

Bei  allen  Mängeln  dieses  1.  Bandes,  welchem  hoffentlich  Besseres  folgen 
wird,  ist  sein  Inhalt  so  beschaffen,  dass  er  eine  ganz  bedeutende  Erweite- 
rung xmserer  Kenntniss  siebenbürgischer  Zustände  zu  Beginn  des  16.  Jahrh. 
begründet.  Der  Band  enthält :  die  Eronstädter  Zwanzigstrechnung  aus  dem 
Jahre  1503,  die  Törzburger  Castellansrechnung  aus  d.  JJ.  1504 — 1513, 
das  Begistrum  debitorum  civitatis  a.  d«  JJ.  1508  — 1526  (dasselbe  reicht 
bis    15S7)|  den  über  proventuum  civitatis  a.  d.  JJ.  1506  -  1526  (reicht 


686  literatar. 

bis  1581),  die  Kronstadter  Zwanzigstrechniing  a.  d.  JJ.  1515 — 1517,  die 
Schaffnerrechnang  a.  d.  JJ.  1520  — 1524,  die  StadthaDnenredmaiig  a.  d. 
JJ.  1520—1528,  die  Törzburger  Castellansrechnung  a.  d.  JJ.  1522—1526 
(geht  bis  1587)  und  die  Schafinerrechnong  a.  d.  JJ.  1525  —  1526  (der 
betreffende  Band  reicht  bis  1582).  In  den  Zwanzigstreohnnngen  ist  der 
Yon  eingeführten  Waaren  erhobene  Grenzzoll  verzeichnet,  welchen  damals 
die  Städte  Hermannstadt  und  Kronstadt  in  Pacht  hatten.  Fische,  Gewürze, 
Eisenwaaren,  verschiedene  feine  Stoffe  und  allerlei  Sorten  Tuch,  darunter 
aus  Bresslau,  Görlitz,  Köln,  Mecheln,  Nürnberg,  Verona  wurden  über  die 
Walachei  nach  Siebenbürgen  eingeführt  Der  Castellan  des  südwestlich  von 
Kronstadt  gelegenen  Grenzschlosses  Törzburg  verrechnet  in  seinea  Büdiem 
als  Einnahmen  den  von  den  Landgemeinden  eingehenden  Zins  und  als  Aas- 
gaben die  Kosten  für  Erhaltung  des  Schlosses,  femer  Auslagen  für  städtische 
Beamte,  welche  Törzburg  passirten,  und  für  die  auf  Törzburg  bediensteten 
Leute,  deren  es  ausser  dem  Castellan  z.  B.  im  Jahre  1507  noch  12  gab, 
darunter  2  Yicecastellane.  Die  Schaffher  (procuratores)  haben  ihre  Einnahmen, 
welche  besonders  in  Baargeld  aus  der  Stadtcasse,  aber  auch  aus  dem  für  Yer- 
kauf  von  städtischen  Materialien,  Blei,  Salpeter  u.  a.  erzielten  Erlös  bestehen, 
zu  verwenden  auf  Erhaltung  der  Festungswerke,  Badstuben,  Mühlen,  Strassen, 
Brücken,  Brunnen  und  Wasserrinnsale.  Der  Stadthann  (villicus)  nahm  Bei- 
träge der  Stadt  und  der  Landgemeinden  ein  und  hatte  aus  denselben  zu 
bestreiten  die  Ausgaben  für  Beisen  der  Beamten,  Diener  mit  Briefen,  Unter- 
halt fremder  Gäste,  Erhaltung  des  Bathhauses  (praetorium),  aber  auch  — 
da  berühren  sich  Stadthannen-  und  Schaffnerrechnung  —  für  verschiedene 
andere  locale  Bedürfnisse.  Eine  ganz  bedeutende  Summe  Geldes  ging  jähr- 
lich auf  fiir  den  Unterhalt  Fremder,  welche  vom  gastlichen  Kronstadt  be- 
wirthet  und  unterstützt  oder  auch,  wie  1520  die  vor  dem  Feind  in  die 
Stadt  flüchtenden  Szekler  Adligen,  als  Schützlinge  aufgenommen  wurden. 
Ueber  sehr  regen  Verkehr  zwischen  Siebenbürgen  und  den  unteren  Donau- 
ländem  finden  sich  in  den  Kronstädter  Bechnungen  zahlreiche  Belege.  Auch 
die  siebenbürgisch  -  deutsche  Dialectforschung  wird  aus  dem  besprochenen 
Bande  brauchbaren  Stoff  gewinnen.  A. 


Jahrbuch  für  schweizerische  Geschichte,  hg.  von  der 
allgem.  geschichtforschenden  Gesellschaft  der  Schweiz.  Bd.  XI.  Zürich, 
Höhr  1886,  gr.  8^  XXVIII,  332  S. 

Von  den  vier  in  diesem  Bande  vereinigten  Abhandlungen  ist  weitaios 
die  wichtigste  die  von  S.  Vögelin:  Wer  hat  zuerst  die  römisehen 
Inschriften  in  der  Schweiz  gesammelt  und  erklärt?  Zweck 
der  Arbeit  ist  die  von  Mommsen  in  seinen  Inscript.  Coni,  Helv.  Lat.  aof- 
gestellte  Behauptung,  dass  das  Verdienst,  die  römischen  Inschriften  der 
Schweiz  gesammelt  zu  haben,  welches  bis  auf  ihn  allgemein  Tschudi  bei- 
gemessen wurde,  nicht  diesem,  sondern  Stumpf  gebühre,  als  unriditig  naeh- 
zuweisen.  Und  in  der  That  ist  dieser  Nachweis  überzeugend  exbridit. 
V.  zeigt  nämlich,  dass  Mommsen  das  richtige  Verhältnis  der  för  die  Ent- 
scheidung dieser  Frage  massgebenden  Handschriften  verkannt  hat»  Durch 
eine  genaue  Untersuchung  derselben,  besonders  des  von  Mommsen  wenig 
beachteten  Cod.  1088   der  St   Galler  SüftsbibUothek  kommt  V.  au  dem 


literatniis  687 

fiesnltal^  dass  Stampf  die  Tschudi^sohe  InsehrUtensammliuig  (52  NununeniX 
deren  sacoefattives  Wachsthom  sioh  conatatiren  lässt,  ein&ch  abgeschrieben 
hat  (frühestens  1542)  und  dass  folglich  g^enüber  der  Daratellmig  Momm- 
sens  der  thatsächliche  Hergang  gerade  der  umgekehrte  gewesen  ist.     Eine 
Besprechung  der  einzelnen  Inschriften  mit  jedesmaliger  Berücksichtigong 
der  Stumpfisohen  und  Tschudischen  Auflösungen  bestätigt  dieses  Sesultat 
in  erwünschtester  Weise.     Es  zeigt  sich  dabei  ferner,   dass  Tschudi  ein 
überaus  schar&inniger  und  mit  einer  relativ  ganz  ausserordentlichen  Kennt- 
niss    des    Alterthums    ausgerüsteter  Epigraphiker    gewesen  ist,  während 
Stumpf  von  diesem  edlen  Zweig  der  Historiographie  so  gut  wie  nichts  ver- 
stand und  Tschudis  Auflösungen  blindlings,   hie   und  da  in  verrätherisch 
ungeschickter  Form  angenommen  hat.   Dass  Tschudi  bei  einzelnen  Stücken 
fehlg^riffen  und  mitunter  auch  willkürlich  ver&hren  ist,  soll  damit  nicht 
geleugnet  werden.     Im  Ganzen  aber  ist  der  Altmeister  der  Schweizer  Gto- 
Schichtschreibung  durch  Y.'s   Untersuchung  doch  von   einem   gewichtigen 
Yorwarf,  der  um  so  gewichtiger  war,   als  er  vou  einem  so  bedeutenden 
Forscher    wie  Mommsen   ausgieng,  befreit  worden.     Und  hierin  liegt  der 
Schwerpunkt  der  Arbeit  y.*s.     Das  unbegrenzte  Vertrauen,  das  man  noch 
vor  einem   halben  Jahrhundert  in   chronicalische  Mittheilungen   zu  setzen 
gewöhnt  war,  hat  seitdem  so  vollständig  in  das  Gegentheil  umgeschlagen, 
dass  man  es  nur  mit  Genugthuung  begrüssen  kann,   wenn  alte  Gewährs- 
männer,  über   die  man  in  unserer  Zeit  mitleidig  hinwegsieht,  wieder  zu 
Ehren  kommen.    Hoffentlich  gelangt  der  Verf.  im  Verfolg  seiner  »kritischen 
Würdigung  der  wissenschaftlichen  Thätigkeit  Tschudis  *  zu  gleich  günstigen 
Besaltaten.  —  Dem  Aufsatze  V.^s  folgt  eine  ermüdend  breite  Abhandlung 
Th.  y.  Liebenaus:  Die  Luzernerischen  Cistercienser  und  die 
Nuntiatur,    Die  Sache  ist  kurz  die:  Edmund  Schnyder,  von  1640 — 1677 
Abt  des  Gistercienserklosters  St.  Urban,  gerieth  mit  dem  päpstlichen  Nuntius 
wegen  des  Visilationsrechies  und  der  Bestellung  von  Beichtigem  für  die  Non- 
nenkloster Eschenbach  und  Bathausen,  die  einerseits  seiner  Jurisdiction  unter- 
standen,  während  andererseits  auch  den  Jesuiten   durch  Clemens  VIU.  im 
Jahre   1601  das  Visitationsrecht  eingeräumt   worden  war,    in  einen  lang- 
dauernden  und  erbitterten  Streit  (1642 — 1655),  in  welchen  allmählig  der 
Bath  von  Luzem,  der  Ordensgeneral  der  Cistercienser  und  sogar  der  König 
von  Frankreich  als  Protector  des  Ordens  hineingezogen  wurden.    Eine  Zeit- 
lang schien  es,  als  ob  die  Jesuiten  ihren  Gegnern,   die  von  Ludwig  XIV. 
und  dem  Bathe  von  Luzern  lebhaft  unterstützt  wurden,  weichen  müssten. 
Allein  die  Drohung  Innocenz  X.,  die  Schweizergarden  aufzuheben,    machte 
den  Bath  fügsam;  Abt  Edmund  musste  der  wiederholten  Citation  nach  Bom 
schliesslich  doch  Folge  leisten,   die  beiden  Frauenklöster  blieben  in  den 
Händen  der  Jesuiten,   die  mit  dem  Nuntius  auf  lange  Zeit   ihren  Posten 
in  der  Schweiz  behaupteten,  und  die  ganze  Geschichte  verlief  solchergestalt 
in  den  Sand.   Als  Beitrag  zur  Charakteristik  der  päpstlichen  Herrschaft  und 
noch  mehr  der  Thätigkeit  der  Jesuiten,  die,  auch  in  der  Darstellung,  nir- 
gends   hervortreten  und   deren   unheimliche   Wirksamkeit   man   doch  auf 
Schritt  und  Tritt  fühlt,   wird   der  Au&atz   nicht  unwillkommen   sein.  — 
Den  Schluss  des  Bandes  bildet  eine  mit  Wärme  aber  etwas  ungelenk  (vgl. 
z.  B.  S.  269.  274)  geschriebene  Darstellung  des  Mülhauser  Krieges  von 
146  7  —  1 468  vonH.  Witte,  die  unsere  Kenntnis  der  Beziehongen  zwischen 


688  literattu'. 

den  Eidgenossen!  dem  Snndganer  Adel  und  Herzog  Sigismond  in  dankens- 
werther  Weise  bereichert.  Eingeleitet  wird  das  Bach  durch  eine  Abhand- 
lung von  6.  Amieti  der  auf  Grund  weitreichender  archiyaliBcher  For- 
schungen Abkunft  und  Jugendjahre  Hans  Waldmanns,  des  unglücklichen 
Siegers  bei  Murten,  bespricht.  Er  corrigirt  vor  allem  die  bislang  geltende 
Ansicht,  als  ob  Waldmann  sich  aus  drückender  Armuth  emporgearbeitet 
hätte.  Von  dem  hochfahrenden  und  abenteuerlustigen  jungen  Manne  ent- 
wirft er  kein  sehr  anziehendes  Bild. 

BaseL  B.  Thommen. 


üebersicht  der  periodischen  Literatur  Oesterreich- 
Ungarns. 

Archäologisch-epigraphische  Mittheilungen  aus  Oester- 
reich-üngarn,  hg.  von  0.  Benndorf  und  0.  Hirschfeld.  Jahrg.  8. 
Wien  1884:  Toöilescu,  Neue  Inschriften  aus  der  Dobrudscha  und  Bamänien. 
—  Studniczka,  Mithraeen  und  andere  Denkmäler  aus  Dacien.  (Forts.)  — 
T^gl4s  und  König,  Neue  Inschriften  aus  Dacien.  • —  Hauser,  Ausgrabungen 
aus  Oamuntum.  —  Studniczka,  Bildwerke  aus  Camuntum.  —  Hirschfeld, 
Inschriftliche  Funde  in  Carnuntum.  —  Epigraphische  Mittheilungen:  In- 
schriften aus  Serbien,  Nicolitzel,  Dalmatien  und  der  Herzego vina,  Aguntum, 
Stein  bei  Laibach,  Beinegg,  Brigetio,  Mödling;  Bömische  Grabstätte  in 
Steiermark;  Grabfund  in  Wien.  —  Domaszewski,  Briefe  der  Attaliden  an 
den  Priester  von  Fessinus.  —  Kubitschek,  Die  Glaubwürdigkeit  des 
Cyriacus  von  Anoona.  —  Frankfurter,  Epigraphischer  Bericht  aus  Oester- 
reich.  —  Mordtmann,  Griechische  Inschriften  aus  dem  Hauran;  Inschriften 
aus  Kleinasien;  Zur  Epigraphik  von  Thracien.  —  Bellet  und  Benndorf, 
Scherbe  aus  Camuntum.  —  Hoemes,  Bömisches  Denkmal  in  Cilli.  — 
Wünsch,  Inschriften  aus  Armenien.  —  Domaszewski,  Inschriften  aus 
Bosnien.  —  Frankfurter,  Bericht  über  eine  Beise  in  £[ärnten.  —  Hirsch- 
feld,  Inschriften  in  Pola.  —  Mommsen,  Zu  den  Inschriften  aus  der  Do- 
brudscha. —  Frankfurter,  Berichtigungen  und  Nachträge  zu  dem  epi- 
graphischen Bericht.  —  Jahrg.  9.  Wien  1885,  Heft  1:  Hirschfeld  und 
Schneider,  Bericht  über  eine  Beise  in  Dalmatien.  —  Petersen,  Die  Iris- 
schale des  Brygos.  —  Schuchhardt,  Die  römischen  Grenzwälle  in  der 
Dobrugea.  —  Domaszewski,  Inschriften  aus  Kleinasien.  —  Szanto,  Zur 
Sammlung  Millosicz.  —  Frankfurter,  Epigraphischer  Bericht  aus  Oesterreich. 

Studien  und  Mittheilungen  aus  dem  Benedictiner-  und 
Gistercienser-Orden  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Ordens- 
geschichte  und  Statistik.  Hauptredacteur  P.  Maurus  Kinter,  Würzburg  und 
Wien,  1888,  lY.  Jahrg.  L  Bd.:  Braunmüller,  Propst,  Decan  und  Prior  in 
ihrem  gegenseitigen  Verhältnisse.  —  Dungl,  Die  österr.  Benedictiner- 
Gongregation.  —  Gsell,  Beitrag  zur  Lebensgeschichte  des  Anton  Wolfiadt; 
Das  Stift  Heiligenkreuz  und  seine  Besitzungen  1683.  —  Lindner,  Die 
Schriftsteller  0.  S.  B.  im  heutigen  Königreich  Würtemberg.  —  SaLzer, 
TJeber  die  Entwicklung  der  christlich-römischen  Hynmenpoesie.  —  Sohmid, 
Beiträge  zur  Geschichte  des   ehemaligen  Benedictiner-Stiftes  Mondsee.   — * 


Literatur.  689 

Schmidt,  Die  Vorrede   zur  Begel  des  hl.   Benedict.  —  Schramm,  Begesten 
zur  Oeachichte  der  Benediotifier-Abtei  BJ^vnoy-Braanaa.  —  Söder,  Die  erste 
Kirchenversammlung  auf  deutschem  Boden.  —  Tomanik,  Aus  dem  Sonetten- 
kranze :  »  S.  Benedict  und  sein  Orden«  *  —  Jost,  Zur  Geschichte  des  Cäcilien- 
klosteirs   in  Köln.  —  Eienast,   Im   Atelier   Glibers.   —  ICttermüller,   Er- 
gänzungen zur  Biographie  und   literarischen  Thätigkeit   des  Abtes  Bupert 
Kommann  von  Prüfening.  —  Nekrologe.  —  Kurze  Ordens-Bundschau.  — 
—  Both,  Seelbuch  des  ehemaligen  Ben.-Nonnenklosters  Schönau;   Zur  Ge- 
schichte des  Klosters  Bleidenstett.  —  Stampfer,  Besitzungen  der  bairischen 
und   schwäbischen   Benedictiner-Stifte   in   Tjrol.  —   Hauthaler,  Literatur- 
berichi  —  Beiners,  Die  werthvollen  Ms.  der  ehem.  Ben.-Abtei  zu  Echter- 
nach   in   der  National-Bibliothek   zu  Paris.    —   Literarische  Beferate  und 
Notizen.  —  Correspondenzen.     2.   Bd.,   D.   A.,   Die  hemina  und   libra  der 
Ben.-Begel.   —   Dungel,    Die   österr.   Benedictiner-Congregation.   —  Gsell, 
Das  Stift  Heiligenkreuz  und  seine  Besitzungen  im  Jahre  1683.  —  Lindner, 
Die  Schriftsteller  0.  S.  B.  im  heutigen  Königreiche  Württemberg.  —  O&er, 
Pflege   der  Medicin   im   Benedictiner-Orden.    —    Salzer,    Ueber    die    Ent- 
wicklung der  christlich-römischen  Hjmnenpoesie.  —  Scarella,  Notae  chrono- 
logicae   de   Ben.   mon.   S.   Maria  de  Pragha;   Adumbrationes   biographicae 
monachorum   de   Phragha.  —  Schmidt,  Beiträge  zur  Geschichte  des  ehem. 
Benediotiner-Stiftes   Mondsee.    —    Schmid,   Das  IV.  Gapitel   der  Begel  des 
hl.  Benedict.  —  Schmieder,   Zur   Geschichte   der  Durchführung  der  Bene- 
dictina.  —  Söder,  Die  erste  Kirchenversammlung  auf  deutschem  Boden.  — 
Tomanik,   Aus   dem   Sonettenkranze:    »S.   Benediet  und   sein   Orden.*   — 
Ulbrich,    Das   bildende   Moment   des  Gymnasial-XJnterrichtes    in   den    alt- 
olassischen  Sprachen.  —  Braunmüller,  Beihe  der  Aebte  von  St  Emmeram; 
Wiohrammi  mon.  opusculum  de  computo.  —  Brunner,  Correspondenzen  und 
Actenstücke  Bischof  Nausea  von  Wien  betreffend.  —  Gatalogns  mon.  Loco- 
ciagensium.  —  Decretum  etc.  quo  festum  S  Benedicti  etc.  pro  an.  eocl.  ad 
ritiun  dupl.  maj.  evehitur.  —  Diel,  Excidium  horribile  Abbatiae  Sti.  Maxi- 
mini   prc^  Treviros.   —   Falk,  Zum  rotulus  eocl.    S.  Stepbani  Moguntiae. 

—  Ooldmann,  Zwei  unedirte  Briefe  des  Trithemius.  —  Jost,  Geschichte 
des  Cäcilienklosters  in  Köln  (Schluss).  —  Kinnast,  Veränderungen  im  Per- 
sonalstande. —  Kotzurek,  In  mortem  Beverendiss.  Dom.  Guntheri  Kali- 
woda.  —  Mayer,  Cardinal  Bernhard  Gustav  von  Baden.  —  Mittermüller, 
Der  Günthehanismus  durch  einen  alten  Benedictiner  der  Salzburger  Uni- 
versitfit  bekämpft;  Ein  Ordensfall-Pastoral&ll.  —  Naeff,  P.  T.  Polding, 
erster  Erzbischof  von  Sydney.  —  Nekrologe.  —  Bössler,  Das  Türkenjahr 
1683  und  das  Stift  Zwettl.  —  Both,  Conrad  von  Bodenberg,  Abt  zu  Jo- 
bannisl^erg.  —  Schmieder,  Woher  war  der  Beformabt  Theodorich  von 
Kremsmünster.  —  Scriptores  hodierni  congregationis  Hallicae.  —  Gold- 
mann.   Zur  Literaturgeschichte  der  Benedictiner-Congregation  von  St.  Maur. 

—  Hanthaler,  Literatur-Verzeichniss  15  und  16.  —  Literarische  Beferate 
und  Notizen.  —  Correspondenzen.  —  V.  Jahig.  Würzburg  und  Wien  1 884, 
1.  Bd.:  A.  D.,  Die  hemina  und  libra  der  Ben.-Begel  (Schluss).  —  Söder, 
Die  erste  Kirchenversammlung  auf  deutschem  Boden  (Schluss).  —  Bauer, 
Dichotomie  oder  Trichotomie.  —  Grashof,  Das  Benedictinerstift  Ganders- 
heim  u^^  Hrotsuitha.  —  Kienle,  Ueber  ambrosianische  Liturgie  und  am- 
brosianischen  Gesang.  —  Lindner,  Die  Schriftsteller  0.  S.  B.  im  heutigen 

Kittibeilimveii  YIL  44 


690  Literatur. 

Würtembeig.  —  MittermüUer,  Die  Benediotiner-Universität  Salzbuig  und 
der  heil.  Thomas  von  Aquin.  —  Äingholz,  Der  heil  Odilo  von  Clony.  — 
Schmid,  Ueber  den  Ursprung  zweier  Citate  in  der  Begel  des  hl.  Benedict. 

—  Schmidt,  Geschichte  des  aufgehobenen  Cistercienserstiftes  Engelszell.  — 
Tomanik,  Aus  dem  Sonettenkranze:  »S.  Benedict  imd  seine  Orden.*  — 
Wichner,  Eine  Admonter  Todtenrotel  des  15.  Jahrh.  —  Benedictiner-  und 
Cistercienser-Gymnasien  Ungarns.  —  Brunner,  Correspondenzen  des  Königs 
etc.  Ferdinands  I.  —  Diel,  Excidium  vere  horribile  AbbatiaeS  Mazimini.  — 
Fischer,  Ein  Fragment  aus  dem  »jüngeren  TitureL*  —  H.  Dr.  E.,  Die 
goldene  Jubelfeier  des  Erzabtes  Wimmer.  —  Heigl,  Ave  Maria  —  Salve 
Bemarde  I  —  Heindl,  Einige  Blüthen  etc.  der  B«formation.  —  Held,  Eine 
Neugründung  in  Oregon.  —  Kinnast,  Personal-Nachrichten.  —  Maier, 
Denkwürdigkeiten  aus  der  Ordensgeschichte.  —  Panhölzl,  Bemerkungen 
zur  Bulle  Innocenz  VIII.  —  Plaine,  Series  chronologica  Script  0.  S.  B. 
Hispanorum.  —  Kloster  Seckau.  —  Tobner,  Liter.  Findling.  —  Yanghan, 
Erzbisohof  von  Sydney.  —  Wichner,  Der  Benedictiner-  und  Cistercienser- 
Orden  auf  der  culturhistorischen  Ausstellung  in  Graz.  —  Kleinere  Mit- 
theilungen. —  Necrologe.  —  Hauthaler,   Literatur- Verzeichniss   17  u.  18. 

—  Literarische  Referate  und  Notizen.  —  Correspondenzen.  2.  Bd.:  Gras- 
hof, Das  Bened.-Stifk  Gandersheim  und  Hrotsuitha.  —  Jungwirth,  Ueber 
die  Bedeutung  des  Unterrichts  in  den  classischen  Sprachen.  —  Kienle, 
Ueber  ambrosianische  Liturgie  und  ambr.  Gesang.  —  Mittermüller,  Die 
Benedictiner-Universität  Salzburg  und  der  hl.  Thomas  von  Aquin.  —  Bing- 
holz,  Der  hl.  Odilo  von  Cluny.  —  Schmidt,  Geschichte  des  aufgehobenen 
Cistercienserstiftes  Engelszell.  —  Schmieder,  Zur  Geschichte  der  Durch- 
führung der  Benedictina  in  Deutschland.  —  Söder,  Zum  Buche  Daniel.  — 
Tomanik,  Aus  dem  Sonettenkranze:  »St.  Benedict  und  sein  Orden.*  — 
Weber,  An  den  hl.  Beda.  —  Wichner,  Eine  Admonter  Todtenrotel  des 
15.  Jahrh.  —  Wolff,  Psalmodi,  Lesung  und  Gebet  —  Braig,  Welchen 
Werth  hat  für  uns  das  Studium  der  neueren  Philosophie?  Braunmüller, 
Ein  hochbetagter  Abt  —  Brunner,  Correspondenzen  des  Königs  etc.  Fer- 
dinand I.  —  Cuissard,  De  reliquiis  insignibus  S.  B.  Benedicti.  —  Ein 
neues  Beeret  das  Brev.  mon.  betreffend.  —  Diel,  Excidium  vere  horr.  Abb. 
S.  Maximini.  —  Dolan,  Catalogus  Congr.  Anglo-Benedictinae ;  Necrologium 
et  Status  reg.  in  Anglia.  —  Mittermüller,  Zum  Ordens- Pastoralfall.  — 
Plaine,  Series  chronologica  Script.  0.  S.  B.  Hispanorum.  —  Söder,  Don 
Gabriel  Garcia  Moreno.  —  Tiefenthal,  Corona  Beiudictina  saecnli  19.  - 
Zirwich,  Kunstbildhauer  Piger  in  Salzburg.  —  Hauthaler,  Literatur-Ver- 
zeichnis XIX.  und  XX.  —  Literarische  Referate.  —  Nachträge  zu  Lindner, 
Die  Schriftsteller  etc.  im  heutigen  Königreiche  Bayern.  —  Literarische 
Notizen  und  Correspondenzen. 


G91 


Zur  Abwehr. 

Die  Bemerkungen,  welche  P.  H.  Denifle  im  Archiv  f.  Literatur- u. 
Kirchengeschiohte  des  Mittelalters  II.  1  gegen  meine  über  die  päpstlichen 
Register  des  13.  Jahrh.  handelnden  Bömischen  Studien  I.  machte,  veranlassen 
mich,  den  Lesern  unserer  Mittheilungen  folgende  Erklärung  abzugeben, 
welche  einerseits  die  von  H.  D.  gegebenen  Berichtigungen  präcisiren,  anderer- 
seits aber  auch  die  Art  seines  Angriffes  charakterisiren  soll. 

Als  das  Haupiresultat  meiner  Untersuchungen  glaube  ich  ansehen  zu 
können,  dass  die  die  einzelnen  Jahrgänge  der  Register  fortlaufend  ent- 
haltende Serie,  von  der  ich  eine  Beihe  anderer  unter  besondern  Umständen 
angelegter  und  daher  auch  gesondert  zu  betrachtender  Bände  ausschied, 
nicht  eigentliche  Kanzleibücher  im  engsten  Sinne  des  Wortes,  sondern  plan- 
mässig  durch  Lohnschreiber  angefertigte  Handschriften  enthalte.  Eine  Be- 
kräftigung dieser  durch  Prüfung  der  äusseren  und  inneren  Anlage  der 
Bände  selbst  gewonnenen  Ansicht  fand  ich  darin,  dass  wir  in  einzelnen 
Bänden  die  Namen  ihrer  Schreiber  und  Vermerke  über  das  von  ihnen  be- 
arbeitete Pensum  vorfinden  Dagegen  bringt  nun  H.  D.  (pag.  87  ff.)  un- 
widerlegliche Beweise,  dass  diese  Schreibervermerke  sich  auf  Copien,  welche 
unter  Urban  Y.  von  unsem  Bänden  angefertigt  wurden,  beziehen,  und  so  stehe 
ich  nicht  an,  zu  erklären,  dass  der  betreffende  Abschnitt  meiner  Abhand- 
lung (p.  215  .ff.)  auf  unhaltbare  Grundlage  gestellt  ist 

Ich  habe  eben  die  bisher  allgemein  geltende  Ansicht  über  diese  Ver- 
merke, welche  auch  noch  gleichzeitig  und  nach  mir  von  mehreren  Forschern 
ausgesprochen  worden  ist,  accepürt,  und  auf  eine  paläographische  Prüfung 
ihrer  Schrifbzüge  verzichtet,  und  zwar  angesichts  der  grossen  Schwierigkeit, 
welche  die  zeitliche  Fizirung  kurzer,  zum  Theil  in  Cursive  geschriebe- 
ner Bandnoten  an  sich  bereitet,  und  angesichts  der  Unsicherheit,  welcher 
die  Beurtheilung  von  Schriftdenkmalen  aus  curialen  Schreiberkreisen  noch 
immer  unterliegt.  Ich  war  auch  nicht  in  der  Lage,  die  sich  mit  manchen 
Unterbrechungen  über  das  ganze  Jahrhundert  erstreckenden  Noten  unter- 
einander in  paläographischer  Hinsicht  zu  vergleichen  und  so  zur  Ansicht 
zu  gelangen,  dass  sie  auf  eine  einheitliche  Gopirung  der  Begister  zurück- 
gehen ;  ich  constatirte  aber  p.  218  ausdrücklich,  dass  Anzeichen  vorhanden 
seien,  dass  unsere  Bände  nochmals  copirt  worden  sind ;  hievon  nimmt  aber 
H.  D.  keine  Notiz. 

H.  D.  hatte  nun  Acten  zur  Verfügung,  welche  sowol  die  Anfertigung 
der  Copien  unter  Urban  V.  erweisen,  als  auch  einzelne  in  den  Vermerken 
auftretende  Schreiber  damit  in  directe  Verbindung  bringen.  Es  muss  dahin 
gestellt  bleiben,  ob  H.  D.  ohne  diesen  glücklichen  Fund,  den  zu  machen 
f£Lr  mich  so  gut  wie  ausgeschlossen  war,  und  ohne  die  Möglichkeit,  die 
Noten  unter  einander  zu  vergleichen,  » auf  den  ersten  Blick  *  erkannt  hätte, 
dass  sie  sämmtlioh  in  der  2.  Hälfte  des  14.  Jahrh.  geschrieben  seien; 
sicherlich  aber  wäre  es  angemessener  gewesen,  die  acten massige  Wider- 
legung aller  seiner  Vorgänger  ruhig  zu  erbringen,  statt  einzelne  derselben  mit 
Hohn  und  Spott  zu  übergiessen. 

Mit  den  Schreibernotizen  i%llt  der  Natur  der  Sache  nach  auch  die 
Deutung  der  in  den  Begistem   stehenden  Lohnvermerke;    sie  werden  von 


692  Ealtenbrunner. 

nun  an  nicht  mehr  auf  die  Niederschreibung  der  Register  sondern  auf 
deren  Copirung  zu  beziehen  sein.  Was  aber  den  von  H.  D.  (p.  49)  hiefar 
erbrachten  positiven  Grund  anlangt,  dass  H.  Pertz  und  ich  schon  durch  die 
Schreibweise  der  Zahlen  wie  uä  &af  die  Niederschreibung  der  Vermerke  za 
Avignon  hätten  schliessen  müssen,  so  bemerke  ich,  dass  mir  sehr  wol  der 
französische  Ursprung  dieser  Schreibweise  bekannt  ist;  H.  D.  wird  aber 
nicht  leugnen  können,  dass  durch  französische  Oieriker  an  der  in  Italien 
weilenden  Curie  der  Gebrauch  ebenso  gut  angewendet,  resp.  eingeführt 
worden  sein  konnte,  als  später  in  Avignon  ihn  italienische  Kanzleibeamte 
aoceptirten. 

Gestehe  ich  nun  bezüglich  der  eben  besprochenen  Punkte  es  ein,  dass 
ich  geirrt  habe,  so  kann  ich  es  doch  auch  nicht  unerwähnt  lassen,  da» 
mit  der  Zurückweisung  der  Argumente  meine  These  über  die  Anlage  der 
Begister  selbst  nicht  geworfen  ist  H.  D.  macht  dieselbe  auch  nicht  zum 
Gegenstand  des  Angriffes,  sondern  bemerkt  (p.  63)  bei  den  Begistem  In- 
nocenz  III.,  dass  das,  was  ich  für  das  Gros  der  Begisterbände  geltend  mache, 
bei  ihnen  in  vollem  Masse  zutreffe.  Es  ist  daher  der  Sachlage  nidit  ent- 
sprechend, wenn  H.  D.  Eingangs  der  betreffenden  Ausföhrungen  (p.  39) 
bemerkt,  er  wolle  meine  Hypothesen  fELr  immer  unmöglich  machen;  69 
handelt  sich  nicht  um  solche,  von  denen  aus  weitere  Schlüsse  und  Folge- 
rungen gezogen  werden  könnten,  sondern  nur  um  zwei  Argumente  eines 
noch  immer  aufrecht  steheuden  Satzes. 

Einen  weiteren  Punkt  des  Angriffes  bietet  H.  D,  meine  zeitliche  Fixi- 
rung  einiger  Indices  unter  Innocenz  III.,  Honorius  III.  und  XJrban  IV.  dar 
(p.  256  ff.).  Auch  hier  vermag  er  (p.  27  ff.)  aus  Acten  zu  erweisen,  dass 
sie  unter  XJrban  Y.  angelegt  seien,  während  ich  sie  aus  andern  als  palfio- 
graphischen  Gründen  unter  oder  bald  nach  Urban  IV.  ansetze.  Gestehe  ich 
auch  hier  —  jedoch  wieder  unter  Betonung,  dass  in  der  Hauptsache,  näm- 
lich in  der  Scheidung  zweier  Arten  von  Indices  und  der  nachträglichen 
Anlage  der  einen  derselben  H.  D.  mit  mir  übereinstimmt  —  meinen  Irrthum 
zu,  so  weise  ich  doch  seinen  Torwurf,  dass  ich  mich  in  den  Begistem  der 
Avignoneser-Päpste  hätte  umsehen  sollen,  da  ich  dort  dieselbe  Schrift  wie 
in  den  in  Frage  stehenden  Indices  gefunden  hätte,  mit  dem  Bemerken 
zurück,  dass  eine  Durchsicht  dieser  Begister  zur  Zeit,  als  ich  meine  Arbeit 
vornahm,  für  mich  ausser  dem  Bereiche  der  Möglichkeit  lag. 

Habe  ich  also  auch  hier  einen  Fehler  als  Paläograph  gemadit,  so  wirft 
mir  überdies  H.  D.  (p.  33)  vor,  dass  ich  mir  als  » Diplomatiker  *  bedenk- 
liche Blossen  gegeben  habe.  Ich  hätte  wissen  müssen,  dass  auch  nach 
Urban  IV.  noch  die  als  »Capitula*  bezeichneten  Indices  im  Gebrauche  waren, 
und  so  hätte  ich  schon  angesichts  der  festen  Formen  der  damaligen  päpst- 
lichen Kanzlei  auf  die  Anlage  der  sich  Bubricae  nennenden  im  14.  Jahrh. 
schliessen  müssen.  H.  D.  scheint  mir  hier  zwei  Vorwürfe,  die  sich  nicht 
mit  einander  reimen,  zugleich  zu  erheben..  Entweder  wusste  ich  nichts 
von  der  durch  ihn  erwähnten  Thatsache  von  dem  weiteren  Vorkommen  dieser 
Art  von  Indices,  dann  beruht«  dies  auf  Flüchtigkeit,  die  zu  rügen  er  alle 
Ursache  hatte,  oder  ich  wusste  von  ihr  und  liess  mich  doch  nicht  abhalten, 
unter  oder  bald  nach  Urban  IV.  die  Anlage  der  Bubricae-Indices  azua- 
nehmen,  dann  konnte  er  mich  als  »Diplomatiker*  angreifen.  Ich  wusste 
nun,  dass  bis  Bonifaz  VIII.  (weiter  dehnte  sich  meine  Forschung  nicht  ans) 


Zur  Abwehr.  693 

• 

die  Gftpitala-Indices  im  Gebrauobe  waren;  H.  D.  hätte  dies  daraus  ersehen 
können,  dass  ich  p.  258.  259  ihr  Vorkommen  und  Fehlen  bei  den  einzelnen 
Jahrgängen  bis  Bonifaz  VIII.  verzeichne  (wobei  ich,  wie  ich  nachträglich 
aus  meinen  Aufschreibungen  ersehe,  den  Index  des  Jahrg.  1  von  ürban  lY. 
irrig  als  fehlend  angebe).  So  habe  ich  mich  denn  als  »Diplomatiker*  vor 
H.  D.  wirklich  zu  verantworten,  und  ich  thue  dies  mit  der  Bemerkung, 
dass  die  Formen  der  päpstlichen  Kanzlei,  soweit  wir  uns  bisher  über  diese 
Dinge  unterrichten  konnten,  nicht  als  so  feste  erscheinen,  als  er  annimmt. 
Ich  bitte  ihn,  bei  E.  Berger  nachzulesen,  wie  schwierig  und  unsicher  die 
Bestimmung  darüber  ist,  welche  Briefe  als  Litterae  clausae  ausgiengen  oder 
welche  mit  Seiden-  oder  Hanfsohnur  gesiegelt  wurden,  und  um  auf  unsere 
Begister  selbst  einzugehen,  so  mache  ich  ihn  darauf  auänerksam,  dass  unter 
Innocenz  lY.  plötzlich  in  den  Begistem  eine  eigene  Serie  von  »Litterae 
beneficiorum*  auftritt-,  welche  uns  nochmals  unter  Urban  lY.  aber  in  ganz 
anderer  Weise  beg^net,  um  dann  f&r  das  ganze  13.  Jahrh.  definitiv  zu 
verschwinden.  Damit  glaube  ich  bewiesen  zu  haben,  dass  ich  den  festen 
Formen  der  päpstlichen  Kanzlei  doch  nicht  zu  nahe  getreten  bin. 

Auch  der  Abschnitt  »Foliirung  und  Oustoden*  eriUirt  von  H.  D. 
(p.  36)  Zurechtweisung.  Auch  hier  habe  ich  nämlich  Zeitfixirung  nicht 
ausgesprochen,  sondern  mich  mit  Constatirung  der  Thatsache,  dass  bei  allen 
Bänden  von  einer  gleichzeitigen  Foliirung  nicht  die  Bede  sein  könne,  be- 
gnügt. Damit  ist  auch  H.  D.  einverstanden,  fragt  aber  dann  weiter: 
»Lässt  sich  denn  nicht  mit  ein  wenig  paläographischer  Kenntnis  aus  der 
Form  der  römischen  Zahlen,  der  Tinte  und  der  Art  und  Weise,  wie  die- 
selbe da  und  dort  verblichen  ist,  unge&hr  auf  die  Entstehungsgeschichte 
schliessen,  lassen  sich  nicht  verschiedene  Stadien  unterscheiden.  *  Ich  fordere 
H.  D.  auf,  diese  Arbeit,  so  fem  sie  ihm  wichtig  genug  erscheint,  durch- 
zuführen; sie  wird  ihm,  der  stets  alle  Bände  zur  Hand  hat,  möglich  sein, 
mir  war  sie  es  bei  den  auferlegten  Beschränkungen  nicht.  Wahr  ist  es, 
dass  ich  die  Foliirung  der  mit  Bubricae-Indices  versehenen  Bände  um  ein 
Jahrhundert  zu  früh  ansetzte;  das  ist  eine  natürliche  Consequenz  des  fehler- 
haften Ansatzes  dieser  Indices  selbst.  Ob  H.  D.  ohne  seine  Acten  die  Blatt- 
zahlen in  diesen  Bänden  richtig  in  die  zweite  Hälfte  des  14.  Jahrh.  gesetzt 
hätte,  weiss  ich  nicht;  doch  dessen  glaube  ich  sicher  zu  sein,  dass  der  von 
ihm  betonte  und  mir  »entgangene*  Unterschied  zwischen  den  römischen 
Blattzahlen  und  den  alten  römischen  Brie&ummern  unter  ürban  lY.  nicht 
derart  ist,  dass  die  Differenz  eines  Jahrhunderts  fOr  ihre  Kiedersdhreibung 
sofort  erhellt. 

Auf  einem  Yersehen  des  H.  D.  beruht  es,  wenn  er  mir  p.  64  die 
Behauptung  unterschiebt,  dass  die  Numerirung  der  Briefe  von  den  Schreibern 
derselben  herrühre.  Ich  finde  keinen  solchen  Ausspruch  in  meiner  Abhand- 
lung, wol  aber  spreche  ich  p.  249  von  gleichzeitiger  Numerirung  und 
bringe  hiermit  die  auch  von  H.  D.  getheilte  Meinung  zum  Ausdruck,  dass 
die  Biiefnummem  (im  Gegensatz  zur  Foliirung),  sowie  die  Initialen  und 
Bubricae  zur  ursprünglichen  Anlage  gehören. 

Ich  habe  ferner  einer  Beihe  von  einzelnen  Berichtigungen,  die  H.  D. 
meist  gewürzt  mit  Ausfallen  gegen  meine  Person  gibt,  zu  gedenken.  Es 
wird  richtig  sein,  dass  die  von  mir  als  gleichzeitig  erklärte,  den  Lagen 
folgende  Foliirung  in  Tom.  32  (p.  217  Anm.)  nicht  gleichzeitig  ist  (p.  50 


G94  Ealtenbranner. 

Anm.  1),  and  dass  die  Worte  »Bubricae  litterarom  commaniiun  D.  Mar- 
tini lY.  in  Tom.  42  in  Carsive  des  1 5.  Jahrh.  nnd  nicht,  wie  ich  p.  272 
bemerke,  »vielleicht  gleichzeitig*  geschrieben  sind  (p.  52),  femer,  dass  die 
Bandnote  »Legatar*  (welche  im  Tom.  6  nicht,  wie  ich  p.  263  schreibe, 
mehrmals,  sondern  nur  zweimal  anflritt)  deatlich  die  Corsive  der  2.  HJÜfte 
des  13.  Jahrh.  aufweist  (p.  54).  Ich  bestreite  es  auch  nicht,  dass  meine 
Angabe  über  den  Kladdenband  Urban  lY.,  den  ich  p.  268  als  aas  losen 
Blftttern  bestehend  erkläre,  nar  far  einen  kleinen  Theil  seines  Bestands 
zatrifFt  (p.  53);  H.  D.  mag  vielleicht  die  Prüfung  der  Lagen  energischer 
vorgenommen  haben,  als  ich  es  för  erlaubt  hielt. 

Mir  war  es  hauptsSchlich  um  die  von  andern  Bänden  verschiedene 
innere  Anlage  zu  than,  und  über  diese  bringt  H.  D.  keinerlei  Berichiigpuig 
als  die,  dass  ich  irrthümlich  den  Inhalt  des  ganzen  Bandes  als  »Gameralia* 
bezeichne,  denn  es  kommen  auch  Kreuzzugsbriefe  und  Beneficialsadien  vor ; 
wer  aber  berücksichtig^,  wie  sehr  gerade  diese  Fragen  häufig  unter  dem 
Gesichtspunk  ie  ties  Gelderwerbes  standen,  wird  obigen  Ausdruck  yielleicht 
ungenau,  aber  nicht  vollkommen  verfehlt  ansehen.  Die  Anstellung  des 
Vergleiches  dieses  Bandes  mit  den  um  ein  Jahrhundert  später  angefertigten 
Conceptbüchern,  über  welche  sich  H.  D.  so  sehr  verwundert  zeigt,  be- 
schränkt sich  auf  meine  Bemerkung,  dass  er  »als  sogenannter  Kladdenband ^ 
seinen  nächsten  und  auch  nur  sporadisch  auftretenden  Nachfolger  erst  ein 
Jahrhundert  später  unter  Clemens  VI.  findet.  —  Vollkommen  zutreffend 
endlich  sind  die  Berichtigungen,  weldie  H.  D.  p.  43.  67.  74.  über  Tom.  8 
und  p.  72  Anm.  2  über  meine  p.  279  Anm.  gegebene  Darstellung  des 
fragmentarischen  Jahrganges  3  von  Innocenz  III.  gibt. 

Wenn  ich  nun  im  Voranstehenden  zugebe,  dass  H.  D.  eine  ganze  Reihe 
von  Bemerkungen  von  mir  berichtigt  hat  oder  als  irrig  bezeichnen  durfte, 
so  kann  ich  ihm  doch  nicht  das  Becht  zu  den  Aeustorungen  einräumen, 
welche  er  über  meine  Person  und  meine  Befllhigung  zu  derartigen  Arbeiten 
macht,  umsoweniger,  als  er  sich  die  sehr  verschiedene  Lage,  in  der  wir 
uns  bei  der  Arbeit  befanden,  vor  Augen  halten  musste,  und  als  er  audi 
die  in  meinen  einleitenden  Worten  ausgesprochene  Erklärung,  dass  meine 
Arbeit  nicht  abschliessend  sein  wolle  und  könne  und  dass  ich  Berichtigungen 
und  Ergänzungen  entgegensehe,  in  Betracht  hätte  ziehen  sollen. 

Das  gilt  nach  beiden  Bichtungen  hin  auch  von  dem  Angriffe,  den 
H.  D.  gegen  den  Anfang  meines  Abschnittes  »Geschichte  der  Bände*  machte, 
und  wenn  ich  mir  diesen  Punkt  auf  den  Schluss  meiner  Erklärung  ver- 
sparte  und  ihn  nun  auch  ausführlicher  als  die  übrigen  bespreche,  so  ge- 
schieht es  hauptsächlich  deshalb,  weil  er  wie  kein  anderer  geeignet  ist, 
dem  schon  fizirten  Zwecke  dieser  Zeilen  dienlich*  zu  sein. 

Das  älteste  Inventar,  welches  mir  überhaupt  zugänglich  war,  ist  das 
im  Jahre  1339  zu  Assissi  aufgenommene,  das  später  von  Ehrle  im  1.  Bd. 
des  Archivs  f.  Literatur-  und  Kirchen geschichte  publicirt  wurde.  In  diesem 
werden  die  Eegister  nicht  erwähnt.  Nach  Erscheinen  meiner  Abhandlung 
wurden  aber  von  Wenck  ein  Inventar  aus  Perugia  v.  J.  1311  und  von 
Ehrle  ein  solches  aus  Assissi  v.  J.  1 327  bekannt  gemacht,  in  welchen  sich 
die  Begister  erwähnt  finden,  und  bereits  Wenck  hat  auf  Grund  dessen 
meine  Behauptung,  dass  die  Begister  gleich  bei  der  Wanderung  der  Curie 
nach  Frankreich  dahin  gebracht  worden  seien,  berichtigt 


Zur  Abwehr.  695 

Ich  konnte  aber  zu  meiner  Ansicht  um  so  eher  gelangen,  als  es  ja 
an  sich  dem  Charakter  der  Begister  entsprach,  dass  sie  za  Händen  der 
corialen  Kanzleien  waren,  und  als  ich  im  speciellen  das  Vorhandensein  eines 
Begisterbandes  Bonilaz  YIII.  (Tom.  50)  unter  Clemens  V.  zu  Yienne  im 
Hause  des  Vioecanoellarius  nachweisen  konnte.  Dass  Wenck  mich  bereits 
berichtigt  hatte  und  daas  ich  jenen  Nachweis  aus  Yienne  erbracht  hatte, 
ignorirt  H.  D.  vollständig  und  ebenso  unterlftsst  er  es  p.  15,  wo  er  die 
Möglichkeit  hinstellt,  dass  beim  Ueberfall  in  Anagni  i.  J.  1303  altere  Re- 
gister verloren  gegangen  seien,  des  von  mir  p.  277  erbrachten  Beweises 
zu  erwähnen,  dass  thatsftchlich  damals  Eingriffe  in  den  Begisterbestand 
stattgefunden  haben.  Nebenbei  bemerke  ich  auch,  dass  H.  D.  aus  der  eben 
erwähnten  Abhandlung  WencVs  erfahren  hfitte,  dass  der  von  ihm  p.  13 
gedruckte  (auch  von  mir  p.  277  erwähnte)  Act  über  die  in  Yienne  am 
Begister  Bonifaz  YIU.  vorgenommenen  Basuren  bereits  von  Tosti  in  der 
Storia  di  Bonifazio  YIU.  2,  445   aus  dem  Begister  publicirt  worden  war. 

Das  nächste  mir  zugängliche  Inventar  ist  ein  i.  J.  1369  zu  Avignon 
aufgenommenes,  nun  publicirt  im  Begestum  Clementis  Y.  cura  monachorum 
0.  S.  B.  In  ihm  finden  sich  die  Begister  des  1 3.  Jahrh.  verzeichnet  und 
so  bot  es  mit  den  ersten  »sicheren  Anhaltspunkt*  für  das  Yorkommen 
derselben  in  ihrer  Gesammtheit  zu  Avignon.  Dass  ich  nun  versuchte,  seine 
Angaben  mit  dem  jetzigen  Bestände  zu  vergleichen  und  den  damaligen 
Yorrath  an  Begistern  festzustellen,  war  für  mich  wol  das  nächstliegende, 
auch  wenn  sich  das  Inventar  nur  in  dürftigen  Zahlenangaben  ergeht. 
H.  D. ,  welcher  mit  sichtliclier  Yerachtung  dasselbe  behandelt,  wirft  mir 
allerdings  vor,  dass  ich  mich  nicht  damit  beschied,  es  abzudrucken  und 
den  jetzigen  Bestand  in  Anmerkungen  gegenüber  zu  stellen.  Ich  erwidere 
ihm  darauf,  dass  mir  das  Inventar  in  einer  Weise  zugänglich  gemacht  war, 
dass  ich  mich  zu  seinem  Abdrucke  nicht  fär  berechtigt  hielt,  und  wenn 
H.  D.  an  derselben  Stelle  (p.  26)  meint,  ich  hätte  nicht  eingesehen,  dass 
die  blo.^sen  Zahlen  alle  möglichen  Combinationen  zulassen,  so  stelle  ich  dem 
gegenüber,  was  ich  eingangs  der  Besprechung  des  Inventars  p.  278  sage: 
»Die  wichtigste  Thatsache,  die  sich  aus  dem  Inventar  zu  ergeben  scheint, 
ist  nun  die,  dass  verhältnissmässig  bald  nach  Schluss  des  13.  Jahrh.  nur 
um  weniges  mehr  von  den  Begistern  vorhanden  war  als  jetzt;  freilich  muss 
dies  unter  der  Yoraussetzung  ausgesprochen  werden,  dass  die  Erklärung, 
die  ich  im  folgenden  den  im  Inventar  auftretenden  Zahlen  gebe,  stets  die 
richtige  ist.* 

H.  D.  hat  nun  inmitten  der  Avignoneser-Begister  ein  zu  Assissi  i.  J. 
1339  aufgenommenes  Inventar  der  Begister  aufgefunden,  hinter  dem  in  der 
That  das  von  mir  benützte  an  Werth  ganz  bedeutend  zurücksteht.  Um 
nun  zu  zeigen,  in  welchem  Grade  dies  der  Fall  sei  und  wie  »die  von  mir 
überreichlich  angewendete  moderne  Errungenschatt  des  Combinirens  auf 
Abwege  führt  ^,  hebt  H.  D.  als  Beispiel  meine  Erklärung  der  im  Inventar 
v.  1869  verzeichneten  »XI  libri^  Innocenz  III.  hervor.  Ich  deute  sie, 
dass  damit  die  zu  meiner  Zeit  noch  erhaltenen  vollständigen  11  Jahrgänge 
gemeint  seien  und  meinte,  schon  1369  seien  die  Jahrgänge  lY.  X — XII 
und  XYU — XIX  verloren  gewesen,  ausserdem  sei  der  jetzige  fivgmentarische 
Bestand  von  A.  III  nicht  eingerechnet  worden.  Zu  dieser  letzteren  Annahme 
Walte  ich  mich  um  so  mehr  berechtigt,  als  ich  aus  einer  Note  (Baynaldä) 


696  Kaltenbrunner. 

auf  dem  Fragmente  Ton  A.  IIL  woasie,  dass  dasselbe,  mindestens  in  swei 
Bmchstüoke  gesondert,  einst  nnter  Begeistern  anderer  Pfipste  gestanden  bat 
(p.  279  Anm.).  Nnn  konnte  ich  allerdings  ans  Mnnch-Lowenfeld  p.  66 
ersehen,  dass  Bnbrieae  ans  der  Mitte  des  14.  Jahrk.  fnr  Jahrg.  HL  lY. 
im  Yaticanischen  Archive  ezistiren ;  doch  konnte  dies  för  mich  nicht  zwingend 
sein,  die  Jahrgftnge  selbst  noch  als  existirend  anzunehmen,  da  ja  der  Nach- 
weis, dass  die  obigen  Bnbrieae  gerade  erst  nnter  Urban  Y.  (in  dessen  Pon- 
tificat  das  Jahr  1369  fHUt)  angelegt  seien,  nicht  von  Manch,  sondern  jetzt 
erst  von  H.  D.  erbracht  worden  ist.  Durch  denselben  wird  es  allerdings 
im  höchsten  Grade  wahrscheinlich,  dass  diese  zwei  Jahrgftnge  mit  im  In- 
ventar V.  J.  1869  einbegriffen  sind,  und  dasselbe  ist  der  ¥eJl  bei  den  Jahrg. 
X — ^Xn  und  XYUI.  XIX,  von  denen  nun  erst  H.  D.  ebensolche  Bubricae 
aus  der  Zeit  ürban  Y.  als  im  Archive  befindlich  constatiri  Dass  ich  aber 
aus  der  Publication  von  Jahrg.  X — ^XII  durch  Baluze  auf  ihr  Yorhanden- 
sein  an  der  Curie  i.  J.  1369  schliessen  musste,  wie  H.  D.  meint,  kann 
ich  nicht  zugeben.  Dass  ich  von  ihrer  Publication  wusste,  wird  man  mir 
glauben;  da  aber  Baluze  nur  aus  Abschriften,  die  ihm  von  Born  ans  zu- 
gegangen waren,  schöpft  und  nähere  Provenienzangaben  ausser  Acht  Iftsst^ 
so  konnte  dieser  Umstand  mich  nicht  abhalten,  von  der  mir  nächstliegen- 
den Erklärung  abzugehen;  dagegen  gebe  ich  zu,  dass  ich  bei  dem  Satze 
»also  schon  damals  waren  auch  A,  lY.  X — ^XII  und  die  letzten  drei  Jahr- 
gänge verloren  %  der  Publication  von  X — XU  und  der  von  Munch  nach- 
gewiesenen Indices  Erwähnung  hätte  machen  sollen. 

Irreführend  ist  aber  die  Darstellung  des  H.  D.  darüber,  wie  ich  zu 
dieser  und  anderen  Erklärungen  gekommen  bin.  Aus  verschiedenen  An- 
zeichen, welche  ich  p.  277  anführe,  erkannte  ich,  dass  einst  die  einzelnen 
Jahrgänge  gesondert  von  einander  gelegen  haben,  und  aus  dem  Umstände, 
dasb  uns  dies  verhältnissmässig  spät  noch  begegnet,  meinte  ich  die  Ein- 
bände, welche  im  Inventar  v.  J.  1869  und  später  erwähnt  werden,  als 
losen  Umschlag  auffassen  zu  müssen,  welcher  leichter  als  ein  Einband  in 
unserem  Sinne  Aenderungen  in  der  Zusammenlegung  der  Jahrgänge  zu* 
liess  (p.  278).  Daraus  ergab  sich  nun  auch  die  Möglichkeit  der  Annahme, 
dass  von  einem  Papste  alle  Jahrgänge  einzeln  als  gesonderte  Libri  oder 
Yolumina  aufgestellt  waren.  Das  benutzte  ich  för  die  Deutung  der  Zahlen 
bei  einer  Beihe  von  Päpsten,  darunter  auch  bei  Innocenz  ni.,  bei  andern 
dagegen  nahm  ich  zum  Theil  übereinstimmend,  zum  Theil  abweichend  vom 
jetzigen  Bestände  mehrere  Jahrgänge  in  1  Liber  oder  Yolumen  stehend  an. 
Dass  die  Jahrgänge  zum  Theil  im  Gegensatz  zum  jetzigen  Bestände  einsein 
»gebunden*  waren,  erhellt  aus  dem  Inventar  v.  J.  1339  selbst  und  des- 
gleichen, dass  Umwandlungen  in  ihrer  Stellung  in  den  Yolumina  zwischen 
1339  und  1369  stattgefunden  haben  Ja  bei  Innocenz  in.  selbst  scheint 
dies  der  Fall  gewesen  zu  sein:  das  Inventar  v.  J.  1339  führt  nämlich  von 
ihm  10  Bände  an  und  darunter  auch  den  »Liber  super  negotio  Imperii*; 
somit  waren  nur  9  Yolumina  der  fortlaufenden  Serie  damals  aufgestellt,  wie 
n.  D.  p.  21  auch  richtig  bemerkt.  Es  geht  also  —  auch  das  Yorhanden- 
sein  jenes  Liber  super  negotio  Imperii  i.  J.  1369  vorausgesetzt  — *  aas 
der  Yergleichung  der  beiden  Inventare  hervor,  dass,  wenn  überhaupt  in 
beiden  die  gleichen  Bestände  verzeichnet  sind,  die  19  Jahrgänge  i.  J.  1339 
in  9,  i.  J,  1369  in  10  Yolumina  vereint  gewesen  sein  müssen.  Das  über- 


Zur  Abwehr.  697 

sieht  H.  D.9  and  er  begeht  überdies  p.  26  den  Fehler,  za  behaupten,  dass 
ohne  den  Liber  super  negotio  Imperii  i.  J.  1839  11  Yolamina  vorbanden 
gewesen  seien,  die  sich  mit  den  11  Libri  des  Inventars  v.  J.  1869  decken 
sollen. 

Keineswegs  halte  ich  jetzt,  indem  ich  das  Inventar  v.  J.  1389  kenne, 
von  den  unter  Urban  Y.  angelegten  Bubricae  sichere  Kunde  habe,  und  von 
der  L  J.  1885  erfolgten  Rückkehr  der  Jahrg.  X— XII  in  das  Yaticanische 
Arohiv  weiss,  an  meiner  Erklärung  der  »XI  libri*  Innocenz  III.  fest;  ich 
glaube  aber  dargethan  zu  haben,  dass  dieselbe  nicht  so  thöricht  und  unklug 
war,  wie  sie  H.  D.  hinstellt. 

Es  lohnt  sich  nun  H.  D.  nicht  mehr  der  Mühe,  » auf  meine  Erklärungs- 
versuche der  im  Inventar  v.  J.  1869  den  übrigen  Begisterbänden  (!)  bei- 
gesetzten Zahlen  einzugehen.*  »Man  kenne  nun  meine  Methode.*  Trotz- 
dem konnte  ich  es  mir  doch  nicht  versagen,  die  Angaben  des  Inventars 
V.  J.  1389  mit  denen  v.  J.  1369  und  meinen  Erklärungen  zu  vergleichen; 
das  Resultat  dieser  von  H.  D.  al&  überflüssig  erklärten  Arbeit  stelle  ich 
im  folgenden  kurz  zusammen,  ohne  mich  in  eine  Charakteristik  der  oben 
wiedergegebenen  Bemerkung  auch  nur  mit  einem  Worte  einzulassen. 

Honorius  IIL     Denifle  p.  21.  90.     R.  Si  279. 

1369:  Y  Libri.  —  Jetzt  5  Bände. 

1339:  Yol.  I.  Jahrg.  1.  2.  Yol.  U.  Jahrg.  8.  4.  Yol.  IIL  Jahrg.  6.  6. 
Yol.  lY.  Jahrg.  7.  8.  Yol.  Y.  Jahrg.  9.  Yol.  YI.  Jahrg.  10.  11. 
Ich  deute  die  »Y  libri*,  dass  die  Jahrgänge  so  wie  heute  zusammen- 
gelegt waren.  Es  stellt  sich  nun  heraus,  dass  für  1339  dies  wirklich  bei 
den  ersten  4  Bänden  zutrifft;  dagegen  waren  damals  die  letzten  3  Jahr- 
gänge in  2  Bände  vertheilt,  während  sie  jetzt  einen  bilden.  Hieraus  er- 
klärt sich  d^nn  auch  die  Differenz  zwischen  6  und  5  Bänden  in  den  gegen- 
übergestellten Inventaren. 

Gregor  IX.     Denifle  p.  21.  83.    B.  St.  280. 
1869:  X  Libri.  —  Jetzt  7  Bände. 

1339:  YoL  L  Jahrg.  1.  2.  3.   YoL  IL  Jahrg.  4.  5.    YoL  UI.  Jahrg.  6. 
YoL  lY.  Jahrg.  7.  Yol.  Y.  Jahrg.  8.  Yol.  YI.  Jahrg.  9.  YoL  YII. 
Jahrg.  10.  YoL  YIIL  Jahrg.  11.   YoL  IX.  Jahrg.  12.  13.  YoL  X. 
Jahrg.  14.  15. 
Die  Yertheilung  der  15  Jahrgänge   auf  die  X  libri  erkläre  ich  nicht 
vornehmen  zu  können.     Jedoch  wird  meine  auf  Grund  eines  späteren  In- 
ventars ausgesprochene  Yermnthung,  dass  Jahrg.  4.  5  einen  Band  gebildet 
hätten,  durch  das  Inventar  v.  1339  bestätigt 

Innocenz  lY.     Denifle  p.  22.  75.     R.  St.  280. 

1369:  X  Libri;  und  an  anderer  Stelle  »alius  liber  oontinens  Regestrnm 

Innocentii  pp.  IUI.  —  Jetzt  3  Bände. 

1339:  Yol.  L  Jahi^.  1.  YoL  IL  Jahrg.  2.  Yol.  IIL  Jahrg.  8.  Yol.  lY.  Jahrg. 4. 

Yol.  Y.  Jahrg.  5.  YoL  YI.  Jahrg.  6.  Yol.  YU.  Jahrg.  7.  Yol.  YIIL  Jahrg,8. 

Yol.  IX.  Jahrg.  9.  Yol.  X.  Jahrg.  1 0.  Yol.  XL  Jahrg.  1 1 .  Yol.  XII.  Jg.  1 2. 

Ich  erkläre,  dass  die  erste  Angabe  des  Inventars  den  jetzt  erhaltenen 

10  Jahrgängen   entspreche.     Den   »alius  liber*  bin  ich  geneigt,    für  den 

Liber  super  negotio  Imperii  Innocenz  lU.  zu  halten,  oder  in  ihm  die  jetzt 

im   Archive   fehlenden   Jahrg.    6.  7   vereint   in   einem  Bande  zu  denken. 


698  Ealtenbranner. 

Das  Inventar  von  1339  löst  diesen  Zweifel  nicht;  aber  es  ergibt  sieh  aus 
ihm,  dass  für  dieses  Jahr  meine  Yermuthang,  dass  die  Jahrgänge  einzeln 
lagen^  zntrifiiL  Bis  1369  hat  also  entweder  eine  Umstellung  derselben 
stattgefunden,  oder  es  ist  eine  von  den  2  gebotenen  Erklärungen  des  »alins 
liber*  richtig. 

Alexander  lY.     Denifle  p.  22.  78.     R.  St.  279. 
1369:  Vll  Libri.  —  Jetzt  2  Bände. 

1339 :  Vol.  I.  Jahrg.  1.  Vol.  H.  Jahrg.  2.  Vol.  IH.  Jahrg.  3.  Vol.  IV.  Jahrg.  4. 
Vol.  V.  Jahrg.  5.  Vol.  VI.  Jahrg.  6.  Vol.  VII.  Jahrg.  7. 
Meine  Deutung,  dass  alle  7  Jahrgänge  einzeln  »gebunden*  waren,  wo- 
bei der  jefzt  in  Paris  befindliche  Jahrg.  7  noch   im  Archive  befindlich  an- 
genommen werden  müsse,  wird  bestätigt. 

Urban    IV.     Denifle'p.  22.  81.     R.  Si  280. 
1369 :  III  Libri.  —  Jetzt  4  Bände. 

1339:  Vol.  I.  Jahrg.  1.  2.  Vol.  IL  Registr.  de  litteris  beneficiorum  (T.  29). 
Vol.  IIL  Jahrg.  3.  4.  VoL  IV.  Cameralband  (T.  27). 
VoL  V.  jetzt  verloren. 
Ich  deute  die  III  Libri  auf  die  auch  jetzt  in  2  Bände  getheilten  vier 
Jahrgänge  (T.  26.  28)  und  auf  den  Tom.  29;  fuge  aber  bei:  »wir  könnten 
aber  auch  den  Kladdenband  des  Cameral- Registers  (T.  27)  schon  in  der  Serie 
stehend  annehmen,    wobei   wir   dann   die    4  Jahrgänge  der  T.  26.  28.  in 
einen  Band  zusammenlegen  oder  den  Abgang  eines  derselben  vorauasetzen 
müssten,    lyobei    wir   dann,   gestützt   auf  ein   späteres  Inventar,  zu  T.  26 
greifen  würden.* 

Clemens  IV.     Denifle  p.  22.  82.     R.  St.  279. 

1369:  n  Libri.  —  Jetzt  7  Bände. 

1339:  Vol.  L  Jahrg.  1.  2.  Vol.n.  Jahrg.  3.  4.  Vol.IIL Cameralband (T.  31). 
Ich  erkläre  die  II  libri  damit,  dass  1369  die  jetzt  in  einem  Bande 
(T.  32)  vereinten  4  Jahrgänge  in  2  Bände  abgetheilt  waren.  Das  ent- 
spricht also  der  Zusammenstellung  i.  J.  1839;  der  Cameralband  mag  1369 
vielleicht  wieder  anderswo  aufbewahrt  gewesen  sein.  Bei  obiger  Deutung 
hielt  ich  mir  auch  die  Möglichkeit  offen,  dass  einer  der  Bände  30.  33 — 36 
oder  deren  Original  mit  inbegriffen  sei,  wobei  dann  die  4  Jahrgänge  wie 
jetzt  in  einem  Bande  vereint  gedacht  werden  müssten. 

Gregor   X.     Denifle  p.  22.  86.     R.  St.  279. 

1369:  II  Libri.  —  Jetzt  1  Band. 

1339:  Vol.  I.  Jahrg.  1.  2.  Vol.  IL  Jahrg.  3.  4. 

Meine  Erklärung,  dass  die  jetzt  in  T.  37  vereinten  4  Jahrgänge  in 
2  Bände  getheilt  waren,  wird  bestätigt. 

Innoconz  V.     Denifle  p.  22.  78.     R.  St.  281. 

Von  diesem  Papste  fehlt  jetzt  das  Registrum  und  auch  1369  wird 
keines  angefahrt.;  dagegen  verzeichnet  das  Inventar  v.  J.  1339  einen  Band. 
Genaue  Inventurisirung  i.  J.  1369  vorausgesetzt,  erhellt  hieraus,  dass  zwi- 
schen der  Ankunft  der  Register  in  Avignon  und  ihrer  Inventarisirung  i.  J. 
1369  doch  Verluste  eingetreten  sein  können,  was  U.  D.  p.  25  in  der 
Polemik  gegen  mich  für  unmöglich  erklärt. 


Zur  Abwehr.  699 

Johann  XXI.     Denifle  p.  22.  93.     B.  St.  279. 

Entsprechend   dem  jetzigen   Bestände   führen   beide   Inventare    einen 
Begisterband  dieses  Papstes  an. 

Nico  lau  8  IIL     Denifle  p.  22.  88.     B.  St.  281. 
1369:  IV  Libri.  —  Jetzt  2  Bände. 

1339:  Vol.  I.  Jahrg.  1.  Vol.  IL  politischer  Band  (T.  40), 
Vol.  III.  Jahrg.  2.  Vol.  IV.  Jahrg.  3. 
Ich  deute  die  IV  libri  richtig  dahin,  dass  die  3  Jahrgänge  des  T.  39 
(d.  i.  in  der  fortlaufenden  Serie)  3  Libri  bildeten,  und   dass  der  4.  liber 
der  2.  (politische)  Begisterband  Nicolaus  III.  (T.  40),  in  welchem  die  Jahr- 
gänge  zum  Unterschied  vom   andern   nicht  räumlich  geschieden  sind,  sei. 

Martin  IV.     Denifle  p.  23.  92.     B.  St.  281. 

1369:  II  Libri.  —  Jetzt  2  Bände. 

1339:  VoL  L  Jahrg.  1 .  2.  Vol.  H.  Jahrg.  3. 4.  VoL  ni.  Cameralband  (T.  4?). 
Ich  lasse  es  dahin  gestellt  sein,  ob  mit  den  U  libri  der  jetzige  Be- 
stand repräsentirt  sei,  oder  ob  die  jetzt  in  T.  41  vereinigten  4  Jahrgänge 
in  2  Libri  getheilt  waren,   da   der   cameralistische  Inhalt  des  T.  42  ver- 
muthen  lasse,  dass  er  einen  andern  Aufbewahrungsort  gehabt  habe. 

Honorius  IV.     Denifle  p.  23.  92.     B.  St.  281. 

1369:  IV  Libri.  —  Jetzt  1  Band. 

1 339 :  Vol.  I.  Jahrg.  1.  Vol.  IL  Jahrg.  2.  Vol.  lU.  Cameralband  in  Paris. 
Ich  constatire  hier  einen  Verlust  von  mindestens  2  Bänden,  indem 
ich  mir  die  2  Jahrgänge  noch  getrennt  liegend  dachte,  was  i.  J.  1339  that- 
sächlich  der  Fall  war.  Bezüglich  des  Verlustes  wies  ich  auf  einen  von 
Garampi  notirten  Pariser-Codex  hin ;  dieser  ist  höchst  wahrscheinlich  identisch 
mit  einem  Bruchstücke  des  Vol.  III  v.  J.  1339. 

Nico  lau 8  IV.     Denifle  p.  23.  89.     B.  St  279. 
1369:  V  libri.  —  Jetzt  3  Bände. 

1339:  VoL  L  Jahrg.  1.  Vol.  IL  Jahrg.  2.  VoL  IH.  Jahr^.  3.  VoL  IV. 
Jahrg.  4.  5.  Vol.  V.  Cameralband  in  Paris. 
Hier  habe  ich,  den  Cameralband  nicht  kennend,  vielleicht  eine  irrige 
Deutung   der  V  Libri   dahin  groben,   dass  alle  5  Jahrgänge  geordnet  in 
5  Libri  gelegen  hätten. 

Aussee,  im  September  1886.  Kaltenbrunner. 


Es  kam  mir  sehr  gelegen,  dass  ich  gerade  in  Bom  von  dem  H.  Unter- 
archivar P.  Denifle  dessen  Abhandlung  über  die  päpstlichen  Begisterbände 
des  13.  Jahrh.  überreicht  erhielt.  Ich  konnte  dort  mit  dem  H.  Verfasser 
über  seine  und  über  die  von  ihm  scharf  kritisirte  Arbeit  Kaltenbrunners 
reden  und  ich  konnte  mir  sofort  den  einen  und  den  andern  in  Bede  stehen- 
den Begisterband  vorlegen  lassen  und  mir  ein  eignes  Urtheil  über  die  strei- 
tigen Punkte  bilden.  Werde  ich  mich  auch  hüten,  auf  einige' Stichproben 
bin  einen  Anspruch  über  die  äusserst  verwickelte  Hauptfrage  zu  thun,  so 
glaube  ich  doch  etwas  zu  einer  Verständigung  beitragen  zu  können.  In 
dieser  guten  Absicht  und  in  Erwartung  einigen  Erfolges  ergreife  auch  ich 
das  Wort  Ich  schicke  voran,  dass  ich  mich  in  vielen  Punkten  für  Denifle 
und  gegen  Kaltenbrunner  erklären  muss.  Und  doch  nehme  ich  des  let^ren 


700  Sickel. 

Arbeit,  damit  auch  dessen  Person  in  Schu^.  Einerseits  bin  ich  selbst  da- 
für verantwortlich,  dass  er,  wie  sein  Kritiker  mit  Recht  bemerkt,  mit  un- 
zureichendem Material  gearbeitet  hat.  Anderseits  meine  ich  darthun  bu 
können,  was  D.  nicht  gelten  lassen  will,  dass  es  bei  dieser  Arbeit  K.  als 
Grast  im  Yaticanisohen  ArchTve  mit  dessen  Beamten  nicht  aufnehmen  konnte. 
Mit  alledem,  was  ich  so  zur  Entschuldigung  K/s  beibringe,  trete  ich  P. 
Denifle  in  keiner  Weise  zu  nahe.  Und  dessen  freue  ich  mich,  denn  ich 
schlage  nicht  allein  die  Verdienste  des  Forschers  und  des  Archivars  D.  sehr 
hoch  an,  sondern  ich  fühle  mich  auch,  wie  ich  an  anderm  Orte  weiter  aus- 
führe, ihm  persönlich  zu  Dank  verpflichtet  Nur  kann  selbst  das  mich 
nicht  abhalter ,  auch  Öffentlich  auszusprechen ,  wie  ich  von  D.'s  Kampfes- 
weise denke,  dass  er  n&mlich  in  der  Polemik  gegen  K.  weiter  gegangen 
ist,  als  es  die  Widerlegung  von  Irrthümem  und  Trugschlüssen   erforderte. 

Kaltenbrunner  war,  als  er  in  den  J.  1881  — 1883  wiederholt  nach 
Rom  entsendet  wurde,  eine  bestimmte  Aufgabe  gestellt  worden,  wie  ich 
bereits  in  den  Mitth.  6,  204  berichtet  habe.  War  er  dabei  von  mir,  wel- 
chem die  Leitung  und  Ueberwachung  der  Arbeit  oblag,  von  Anbeginn  an 
angewiesen  worden,  die  als  Quellen  für  die  Geschichte  der  ersten  Habsburger 
in  Betracht  kommenden  Register,  Privilegien-  und  Formelsammlungen  auf  ihre 
Glaubwürdigkeit  und  Zuverlässigkeit  hin  zu  prüfen,  so  entstand  doch  bald 
eine  Differenz  zwischen  K.  und  mir  betreffii  des  Ausmasses  der  Quellenunter- 
suchung. Ich  wollte  diese,  damit  die  Hauptarbeit  möglichst  bald  zum  Ab- 
schlüsse gelange,  eingeschränkt  wissen,  während  K.  sich  in  dieselbe  immer 
mehr  vertiefen  und  sie,  um  die  Einrichtungen  und  das  Wesen  der  Re- 
gistratur zu  ergründen,  nach  rückwärts  und  nach  vorwärts  ausdehnen  wollte. 
Die  Entscheidung,  welche  mir  zustand  und  für  K.  massgebend  war,  lautete 
dahin,  dass  K.  sich  mit  cursorischer  Prüfung  der  Register  bis  Gregor  X. 
begnügen  und  von  der  Prüfung  der  Register  des  14.  Jahrb.  ganz  absehen  sollte. 

Trifit  somit  der  von  D.  gegen  K.  erhobene  Torwurf  leichtfertiger  Arbeit 
nicht  K.,  sondern  mich,  oder  erklärt  sich  die  Thatsache,  dass  sich  K.  als  Er- 
forscher der  Register  innerhalb  gewisser  Schranken  gehalten  hat,  aus 
der  Natur  des  ihm  ertheilten  Auftrags,  so  kann  allerdings  die  Frage 
angeworfen  werden,  inwieweit  er  unter  solchen  Umständen  berufen  war, 
sich  in  den  Römischen  St  dien  I.  im  Allgemeinen  über  die  päpstlichen  Re- 
gister des  13.  Jahrh.  zu  äussern.  In  der  That  ist  K.  bei  cursorischer  Prüfung 
manche  wichtige  Notiz  entgangen  ^).  Er  hat  femer  mit  zu  grosser  Zuversicht 
die  eine  und  die  andere  Behauptung  aufgestellt,  welche  sich  sofort  als  un- 
haltbar erwiesen  hat.  Hat  er  den  Schaden  davon  z  i  tragen,  so  sollte  doch 
auch  einerseits  der  von  ihm  gemachte  Vorbehalt,  das  Thema  nicht  erschöpfen 
zu  können,  beachtet')  und  anderseits  sein  relatives  Verdienst  gebührend 
gewürdigt  worden.     Sagt  doch  Denifle  selbst,  dass  sich  K.  eingehender  als 


0  Ich  fthre  gleich  hier  den  Ansatz  von  G.  Digard,  La  s^rie  des  re^pstres 

Sontificaux  du  l€e  si^cle  (Bibl.  de  TEcole  des  chartes  47,  80—87)  an.  Die  be- 
entaame  Rasur  in  n^  50  war  K.  (s.  S.  65  Anm.  2,  dazu  Digard  82)  nicht  eni- 
mxigen.  Dagegen  f&hrte  er  aus  den  Bänden  BonifEiB  VIII. ,  n^  47  —  50  nur  drei 
Kandbemerkungen  an,  Disard  dagegen  fünf.  Ebenso  fibersah  K.  in  andern  Bänden 
gewisse  Notizen  oder  funrte  sie  wenigstens  in  seiner  Abhandlung  nicht  an. 
*)  Denifle  wfirde  ee  sicher  unangenehm  berflhren,  wenn  seine  analoge  Verwahrung 
auf  8.  64  Qbersehen  würde. 


Zur  Abwelir.  701 

andere  Gelehrte  mit  diesen  B^gistem  bescli&ftigt  (ß.  24)  und  dass  er  in  man- 
chen Punkten  mehr  als  seine  Vorgänger  oder  richtiger  als  diese  gesehen  hat 
(S.  27,  66,  38,  60).  Trotzdem  kommt  in  der  G^genschnft  das,  wofür  wir  E. 
am  meisten  zu  danken  haben,  nicht  zu  rechter  Geltung.  Digard,  welcher  ja 
ebenÜEdls  gegen  K.  auftritt,  äussert  sich  da  ganz  anders  als  Denifle.  Le 
caract^re  original  et  oificiel  des  registres  pontificaux  du  13^  si^le  conserv^ 
aux  archiyes  da  Yatican  n' ayait  fait  jusqu*  id  Tobjet  d'aucun  doute^).  M. 
Kaltenbrunner  vient  de  contredire,  ümidement  il  est  vrai,  l'opinion  com- 
mune, et  a  soulev^  ainsi  un  probl^me  interessant,  non  seulement  pour  la 
oritique,  mais  aussi  pour  Thistoire  de  oes  importants  manuscrits  ....  La 
gravite  de  ces  oonclusions  nous  engage  ä  suivre  Tinvitation  que  M.  K.  adresse 
ä  tous  ceuz  qui  s'  occupent  des  registres  pontificaux.  Weist  nun  Digard  nach, 
dass  die  Begister  Bonifacius  YIII.  uns  in  der  ursprünglichen  Gestalt  erhalten 
sind,  so  wird  damit  der  Ausspruch  E.*s  über  die  Mehrzahl  der  Begister  des 
13.  Jahrh.  um  so  weniger  umgestossen,  als  er  mit  dem  Vorbehalt  verbunden 
ist,  dass  es  noch  der  genauesten  Untersuchung  eines  jeden  Bandes  bedarf, 
um  über  Originalität  oder  Nichtoriginalität  ein  Urtheil  zu  fällen^.  Doch 
um  auf  Denifle  zurückzukommen,  so  pflichtet  ja  auch  dieser  gelegentlich 
(S.  63)  der  Ansicht  K.*8  über  »das  Gros  der  Begisterbände *  bei  und  tritt, 
indem  er  den  einen  und  undem  Beweis  seines  Vorgänger  entkräftet  und  uns 
dafür  bessere  Beweise  bietet,  gerade  zu  deren  Gunsten  ein.  E.'s  Abhandlung 
verdient  somit  trotz  ihrer  Mängel  alle  Beachtung  und  wird  sie  zweifelsohne 
auch  noch  finden. 

Um  einen  zweiten  Punkt,  in  dem  Denifle  E.  nicht  gerecht  geworden 
ist,  zu  berühren,  muss  ich  zuvor  von  dem  jetzigen  Vaticanischen  Archive, 
wie  ich  es  kennen  gelernt  habe,  reden  ^).  Nicht  allein  Leo  XIIL  sind  wir 
alle,  welche  in  den  letzten  Jahren  dies  Archiv  besucht  haben,  für  die  liberale 
Eröflhung  desselben  Dank  schuldig,  sondern  auch  sämmtlichen  Herren  Be- 
amten, vom  Cardinalpräfecten  bis  zu  den  Scriptoren  herab,  weil  sie  sich  red- 
lich bemühen,  des  Pupstes  hochherzige  Pläne  zu  verwirklichen.  Bei  Beginn 
des  neuen  Begimes  konnte  mit  Fug  und  Becht  der  für  die  Gäste  her- 
gerichtete Arbeitssaal  als  geräumjg  genug  betrachtet  worden.  Ebenso  schien 
allen  billigen  Anforderungen  durch  die  Vermehrung  der  Zahl  der  Beamten 
und  durch  die  im  J.  1883  erfolgte  Wahl  neuer  Beamten  entsprochen  zu  sein. 
Mehr  als  wir  zu  hoflen  berechtigt  waren,  bot"  uns  das  neue  Beglement  vom 
1.  Mai  1884.  So  tri£fl  die  Vaticanischen  Ereise  keine  Schuld,  wenn  sich 
alle  Vorkehrungen  und  im  ersten  Moment  möglichen  Einrichtungen  nicht 
genügend  erweisen  in  Anbetracht  des  über  Erwarten  starken  Stromes  von 
Besuchern  und  in  Anbetracht  der  von  diesen  gestellten  Forderungen.  In- 
dem diese  reiche  Fundgrube  der  Forschung  bisher  so  gut  wie  verschlossen 
geblieben  ist,  lässt  sich  nicht  mit  einem  Male  der  Heisshunger  der  Historiker 


')  Das  ist  nicht  ganz  richtig.  Zweifel  sind  doch  hie  und  da  schon  laut 
geworden.  Ich  verweise  z.  B.  auf  das  Archiv  der  Ges.  f.  ä.  d.  Geschichtskunde 
5,  852,  wßi  bereits  Pertz  S  Bände  der  Begister  Clemens  IV.  (er  meint  wol  die  jetzt 
n®  80,  88,  Si  signirten,  vgl.  Ealtenbrunner  261)  als  erst  im  14.  Jahrh.  geschrieben 
bezeichnet.  '}  Es  würde  mich  zu  weit  führen,  wenn  ich  mich  hier  auf  eine 
Definition  von  Originalregistem  usw.  einlassen  wollte  und  ich  ho£Pe  auch  ohne 
eine  solche  verstanden  zu  werden.  ')  Ich  fi&sse  mich  hier  kurz,  da  ich  an 
anderm  Orte  mich  ausführlicher  auszusprechen  gedenke. 


702  Sickel. 

aller  Länder  stillen.  Im  letzten  Winter  mussten  diejenigen,  welohe  nidit 
täglich  im  Arbeitssaal  erschienen,  erst  suchen,  wo  sie  einen  Platz  för  einen 
Sessel  und  auf  den  Tischen  Baum  für  einen  Folianten  fanden.  Den  drei  Be- 
amten, welchen  obliegt,  die  erbetenen  Urkunden  oder  Bände  aufzusuchen 
und  aus  entlegenen  Sälen  herbeizuschaffen,  haben  wir  nicht  eine  Minute 
Buhe  gegönnt  Wir  haben  es  schmerzlich  empfunden,  dass  der  Schleier, 
welcher  von  jeher  die  archivalischen  Schätze  verhüllte,  nicht  sofort  gelüftet 
werden  kann  und  dass  wir,  um  planmässig  und  mit  Erfolg  zu  forschen, 
fortwährend  auf  die  Einsicht,  Erfahrung  und  Hingabe  der  Beamten  ange- 
wiesen blieben  und  diese  Herren  doch  nicht  über  Grebühr  in  Anspruch 
nehmen  konnten.  Die  Administration  darob  anzukl^en,  wäre  um  so  un- 
gerechter, da  sie  den  besten  Willen  bekundet,  auf  dem  eingeschlagenen  Wege 
fortzuschreiten  und  auch  den  gesteigerten  Anforderungen  gerecht  zu  werden. 
Sobald  der  neue  Arbeitssaal  der  Yaticanischen  Bibliothek  fertig  sein  wird, 
soll  ein  grösserer  Arbeitssaal  auch  für  das  Archiv  hergerichtet  werden; 
aber  schon  den  geeigneten  Baum  für  ihn  ausfindig  zu  machen,  hält  sehr 
schwer.  Die  Zahl  der  Beamten  mit  rechter  Vorbildung  zu  vermehren,  ist 
die  Scuola  di  paleografia  bereits  eröffnet  worden.  Zum  Frommen  der  Graste 
und  zur  Erleichterung  des  Dienstes  ist  mit  Veröffentlichung  von  Bepertorien 
begonnen  worden.  Für  gewisse  Arbeiten  kommt  uns  D.  Gregorio's  Manu- 
ductio  doch  recht  zu  statten.  £3  wird  daran  gedacht,  eines  der  besseren, 
im  vorigen  Jahrhundert  angelegten  Bepertorien  auch  den  Fremden  zugäng- 
lich zu  machen.  Indessen  wird  nach  Thunlichkeit  einzelnen  Besuchern  durch 
diese  und  jene  Begünstigung  geholfen.  War  gerade  der  Saal  minder  besucht 
und  damit  den  Archivaren  mehr  Masse  gegönnt,  so  wurde  den  Anwesenden 
sofort  die  gleichzeitige  Bennt^zang  mehrerer  Urkunden  oder  Bände  gestattet 
Mir  und  ebenso  andern  wurde  lür  Arbeiten,  die  sich  nicht  füglich  im 
gemeinsamen  Saal  durchfahren  Hessen,  eines  der  für  den  internen  Dienst 
reservirten  Zinuner  angewiesen ;  natürlich  musste  mir  ein  Beamter  zur  Auf- 
sicht beigegeben  werden,  weshalb  ich  nur  im  äussersten  Fall  von  solcher 
Erlaubnis  Gebrauch  machen  konnte.  Galt  es  Urkunden  aufzusuchen,  deren 
Signaturen  ich  nicht  kannte  und  deren  Inhalt  und  Datum  ich  auch  nur 
annähernd  anzugeben  vermochte,  so  opferte  etwa  einer  der  Herren  Archi- 
vare mir  allein  seine  ganze  Zeit;  auch  diese  Bevorzugung  durfte  ich  doch 
nur  ausnahmsweise  in  Anspruch  nehmen.  Kurz,  jeder  von  uns,  der  von 
der  Sohwierigkeit  und  Verantwortlichkeit  des  Archivdienstes  und  zumal  in 
dem  päpstlichen  Archive  eine  Vorstellung  h«it  und  auch  billig  denkt,  vrird  bei 
aller  Dankbarkeit  für  das,  was  uns  heutzutage  im  Vatican  geboten  wird,  sei- 
nem Drange  zu  forschen,  Zügel  anlegen,  um  nicht  ungebührliches  oder  ge- 
radezu unmögliches  zu  fordern. 

Eine  der  Folgen  dieser  Sachlage  ist,  dass,  wenn  bei  gleicher  Befolgung 
und  bei  gleichem  Eifer  ein  Gast  und  ein  Aichivar  sich  dieselbe  Aufgabe 
stellen,  jener  im  Vergleich  zu  diesem  entschieden  im  Nachtheil  ist  Das 
erleben  wir  ja  in  jedem  Archiv  und  vollends  in  dem  Vaticanischen.  Suchet, 
so  werdet  ihr  finden  —  dies  gilt  hier  im  Grunde  nur  von  dem  Beamten. 
Der  Fremde  mag  noch  so  lebhaft  wünschen  und  noch  so  dringend  bitten, 
dass  der  Archivar  für  ihn  suche,  des  Erfolges,  selbst  des  möglichen,  wird 
er  doch  nicht  sicher  sein.  Für  mich  war  das  ein  Grund  mehr,  mich  in  meinen 
Anforderungen  zu  massigen.  —  P.  Denifle  erzählte  mir  einmal,  dasi  er  darauf 


Zur  Abwehr.  703 

verzichtet  habe,  in  einem  gewissen  Staatsarchive  za  arbeiten,  da  ihm  alle 
seine  Mühe  vergeblich  erschienen  sei.  Er  meinte  dort  auf  üblen  oder  doch 
anf  geringen  Willen  gestossen  zu  sein.  Doch  auch  wenn  dem  nicht  so  ge- 
wesen ist,  würde  er  bei  den  Einrichtungen  des  betreffenden  Archives  nicht 
dieselbe  Freiheit  zu  forschen  gehabt  haben,  wie  etwa  in  Wien  oder  in  Paris. 
Und  wird  die  Arbeit  in  den  letztgenannten  Archiven  jedermann  leicht  ge- 
macht und  zamal  Grelehrten  von  Kaf  und  Ansehen,  zu  denen  P.  Denifle 
zfthlt,  so  wird  dieser  doch  selbst  zweifelsohne  die  Erfiihrung  gemacht  haben, 
das8  er  weder  in  Paris  noch  in  Wien  ganz  so  zu  schalten  und  zu  walten 
vermochte,  wie  daheim  in  seinem  Yaticanischen  Archive. 

In  seiner  Abhandlung  über  die  Kegiater  hat  P.  Denifle  an  diese  Yor- 
theile,  welche  er  dank  seiner  Stellung  im  päpstlichen  Archiv  vor  £.  voraus 
hatte,  nicht  gedacht  oder  er  hat  sie  mindestens  zu  gering  angeschlagen.  Es 
gereicht  ihm  sicher  zu  grossem  Verdienste,  dass  er  seine  Untersuchungen  über 
die  Begister  auch  auf  die  nach  Paris  verschlafenen  Bände  oder  Fragmente 
ausgedehnt  und  dass  er  überhaupt  nach  dem  Vorgänge  K.*s  intensiver  als 
dieser  das  Thema  bearbeitet  hat.  Er  darf  sich  auch  mit  Becht  rühmen,  dass 
er  suchen  musste  und  gesucht  hat.  Aber  dass  er,  was  die  Ausbeutung  der 
Yaticanischen  Schätze  anbetrifft;,  in  derselben  Position  gewesen  sei,  wie  andere 
(S.  47  Anm.  5),  ist  nicht  richtig.  Wenn  K.  den  Namen  Johann  Lardati  und 
dieses  Mannes  Handschrift,  ohne  irgend  welche  Anhaltspunkte  zu  haben,  in 
der  grossen  Serie  der  nachfolgenden  Begister  hätte  aufspüren  wollen,  was 
würde  ihm  W^  Balan ,  an  den  er  sich  damals  hätte  wenden  müssen,  wol 
geantwortet  haben  ?  Ich  will  mich  hier  auf  das  eine  Beispiel  beschränken, 
da  K.  zuvor  schon  selbst  ausgeführt  hat,  dass  ihm  in  mancher  Hinsicht  die 
Hände  gebunden  waren. 

Erklären  sich  schon  daraus  mehrere  Fehler,  welche  K.  als  Paläograph 
und  als  Diplomatiker  sich  hat  zu  Schulden  kommen  lassen ,  so  fällt  noch  ein 
anderer  Umstand  sehr  ins  Gewicht.  Die  einstige  Unzugänglichkeit  der  päpst- 
lichen Archive  hat  zur  Folge  gehabt,  dass  wir  über  die  Entmcklung  und 
Verwendung  der  Schriftarten  in  Bom  und  speciell  an  der  Cmie  noch  mangel- 
haft unterrichtet  sind.  Auf  die  von  Bom  in  alle  Welt  versandten  Bullen  ist 
allerdings  schon  seit  Mabillon  geachtet  worden.  Doch  aus  ihnen  allein  ver- 
mögen wir  nicht  mit  Sicherheit  zu  entnehmen,  wie  es  sich  in  diesem  oder 
jenem  Jahrhundert  mit  der  curialen  Schrift  verhalten  hat,  so  dass  wir  noch 
bei  mancher  Bulle  darüber  streiten,  ob  sie  Original  sei  oder  nicht.  Wahr- 
nehmungen, die  sich  mir  bei  dem  ersten  Besuche  des  päpstlichen  Ar- 
chives aufdrängten,  habe  ich  auch  in  der  Folge  inuner  von  neuem  gemacht. 
Zumeist  finden  wir  in  Bom  dem  Abendlande  gemeinsame  und  Italien  in 
grösserem  oder  geringerem  Umfange  eigenthümliche  Alphabete  gleichzeitig 
in  Gebrauch.  An  den  Schriftdenkmälern  beider  Art,  wenn  sich  wenigstens 
annähernd  ihre  Entstehungszeit  bestimmen  Hess,  fiel  mir  nun  mehrfach  auf, 
dass  die  Schrift  im  Vergleich  mit  der  in  andern  Ländern  entweder  antiquirt 
oder  auch  jünger  erscheint  Kurz,  ich  kam  hier  mit  den  allgemein  aner- 
kannten Begeln  für  Zeitbestimmung  nicht  aus  und  überzeugte  mich,  dass 
die  Lehre  von  der  römischen  Schrift  überhaupt  noch  nicht  ezistirt^).    Diese 


<)  Der  gleichen  Meinung  war  der  selige  Diekamp,  dem  P.  Denifle  mehr&ch 
Einblick  in  seine  Vorarbeiten  zu  der  Abhandlung  Ober  die  Begister  gewäluii  hatte. 


704  Sickel. 

Lücke  in  miflerm  Wiasen  aüszaf&lleii,  wird  fOr  die  Zeit  bis  zu  Innocenz  IIL 
^ders  yonogehen  sein  als  ftir  die  folgenden  Jahrhunderte.  Betraft  der 
ersteren  Periode  ist  nicht  zu  erwarten,  dass  aus  dem  Yaticanischen  oder  aas 
anderen  römischen  Archiven  noch  viele  bisher  unbekannte  Originalbullen 
oder  sonstige  Aufzeichnungen  der  päpstlichen  Kanzlei  zum  Yorsehein  kom- 
nen  werden.  Aber  anderes  nicht  minder  lehrreiches  Material  scheint  noch 
reichlich  vorhanden  zu  sein.  Die  scriniarii  s.  Bomanae  eoclesiae  haben  nlm- 
ich  nicht  allein  die  Bullen  mundirt,  sondern  auch  Documente  anderer  Art 
tlr  die  CuriCi  für  die  Kirchen  in  Born  und  für  Privatpersonen  geschrieben. 
£rfllhrt  man  nun  schon  aus  den  erst  zum  geringen  Theile  verOfientlichten 
Arbeiten  Galletti's  (ich  beschränke  mich  auf  Nennung  dieses  einen  Forschen 
auf  dem  Gebiete  der  Localgeschicht6)|  dass  sich  bis  zu  seiner  Zeit  ausseihalb 
des  Yaticans  ein  reiches  und  weit  zurückgehendes  urkundliches  Material  er- 
halten hatte,  so  wurde  mir  versichert,  dass  diese  Schätze  intact  geblieben  sind. 
In  einem  Fall  vermochte  ich  selbst  das  auf  indirectem  W^e  zu  constatiren: 
die  Originalurkunden  des  Capitels  von  S.  Maria  in  Yia  lata  reichen  bis  in  die 
erste  Hälfte  des  10.  Jahrh.  zurück.  Was  mir  gelegentlich  zu  Gesichte  ge- 
kommen ist,  so  die  mit  1138  anhebenden  Urkunden  des  Engelsburg-Azchivs, 
welche  wir  so  eben  als  Documenti  per  la  stoiia  ecdesiastica  e  dvile  di  Boma 
zu  veröffentlichen  begonnen  haben  ^),  hat  mich  vollends  überzeugt,  dass  die 
Geschichte  der  Schrift  in  Bom  bis  1200  noch  zu  schreiben  ist.  Noch  drin- 
gender scheint  mir  im  Hinblick  auf  die  mit  1198  beginnende  Serie  der 
Begister,  dass  wir  die  in  ihnen  vorkommenden  Schriftarten  der  Zeit  nadi 
mit  Sicherheit  bestimmen  lernen.  Fanden  unsere  Yorgänger  nur  selten  Ge- 
legenheit, die  betreffenden  Bände  selbst  einzusehen,  und  erhielten  sie  dann 
zumeist  nur  vereinzelte  Bände  zugewiesen,  so  standen  sie  überdies  unter  dem 
Banne  der  Annahme,  dass  es  sich  vorherrschend  um  Originalregister  oder 
doch  um  fast  gleichzeitige  Copien  (Prachthandschriften)  handle,  eine  An- 
nähme,  welche  jetzt  hinfällig  geworden  ist.  Dies  alles  erklärt,  dass  Pertz 
Palacky,  Dudik,  Munch,  Berger,  Kaltenbrunner,  Ottenihal,  die  Editoren  des 
Begistrum  Clementis  Y.  u.  a.  in  einzelnen  Zeitbestimmungen  mehr  oder 
minder  fehlgegriffen  haben,  wie  es  jetzt  P.  Denifle  nachgewiesen  hat.  Dass 
Pertz  und  seine  Nachfolger  doch  hie  und  da  stutzig  geworden  sind,  darf 
wenigstens  nicht  verschwiegen  werden.  Der  einzige  Gast  des  Yaticanischen 
Archivs,  welcher  in  der  Altersbezeichnung  nicht  zu  weit  zurückgegriffen  hat, 
ist  Delisle,  welcher  allerdings  mehr  als  irgend  ein  Zeitgenosse  zu  sehen  und 
zu  prüfen  in  der  Lage  war  und  sich  immer  als  unser  aller  Meister  bewährt 
hut  Doch,  irre  ich  nicht,  so  ist  Denifle  in  einzelnen  Fällen  auch  mit  De- 
lisle nicht  ganz  einverstanden  —  ein  Beleg  mehr,  dass  wir  noch  der  wün- 
schenswerthen  Sicherheit  entbehren.  Denifle  ist  zweifelsohne  in  den  Hand- 
schriften der  späteren  Jahrhunderte,  aus  welchem  Lande  sie  stammen  mögen, 
sehr  bewandert  Und  hat  er  seit  seiner  Anstellung  im  Yaticanischen  Archive 
mit  staunenswerthem  Fleisse  und  mit  beneidenswerthem  Scharfblicke  dessen 
Schätze  und  insbesondere  auch  die  Begisterserien  immer  und  immer  wieder 


Erst  auf  die  aus  andern .  Begistem  beigebrachten  Beweise   hin  hatte  Diekamp 
P.  Denifle  beizupflichten  vermocht. 

*)  Studi  e  documenti  di  storia  e  di  diritto,  anno  Yll.  —  Den  Drucken  wer- 
dpn  auch  einige  Facsimiles  beigefllgt  werden. 


Zur  Abwehr.  705 

geprüft,  hat  er  im  vollsten  Sinne  des  Wortes  vergleichende  Stadien  anstellen 
und  dabei  in  zweifelhaften  Fällen  bestimmte  Anhaltspunkte  für  die  Datiran; 
der  Manoscripte  gewinnen  können,  so  werden  wir  ihn  gern  als  Autorität  and 
Lehrmeister  auf  diesem  speciellen  (Gebiete  anerkennen  und  das  um  so  mehr, 
als  es  ja  selbst  gleioh  uns  bekennt,  dass  wir  noch  viel&ch  im  Dunkeln 
tappen,  und  als  er  zumebt  recht  vorsichtig  in  seinen  Aussprüchen  als  Paläo^ 
graph  ist,  wo  diesen  noch  keine  Stütze  in  andern  Momenten  geboten  isti 
Dem  P.  Denifle  also  alle  Ehre;  doch  deshalb  unterschreibe  ich  noch  nioht,f 
was  er  von  Kaltenbrunners  geringem  Berufe  und  geringer  Befllhigung  in. 
Bezug  auf  Schriftkunde  sagt 

Wer  sich  je  einmal  über  die  Begister  des  13.  Jahrh.  und  spedell  über 
das  Alter  der  einzelnen  Bände  hat  vernehmen  lassen,  wird  von  unserm  grund- 
gelehrten und  wachsamen  Unterarchivar  in  etwas  berichtigt,  sei  er  Cardinal 
oder  Conventuale,  Geistlicher  oder  Laie^  dieser  oder  jener  Nation,  dieser  oder 
jener  Confession  oder  Sichtung.  Was  Denifle  unrichtig  oder  unwahr  erscheint, 
lässt  er  nicht  ungerügt.  Doch  besteht  ein  Unterschied  in  der  Art,  in  wel- 
cher er  seinen  wahrhaft  heiligen  Censoreneifer  bekundet.  Zu  unterst  auf 
der  Scala  stehen  die  Bericlitigungen  auf  S.  19  Anm.  4  oder  auf  S.  49  Anm.  2 
zu  gewissen  Angaben  in  der  BibUoth^ue  de  T^le  des  chartes  und  in  un- 
serer ZeitschrifL  Ich  musste  erst  nachschlagen,  um  zu  erfahren,  dass  L. 
Richard  und  W.  Diekamp  die  von  Denifle  beanstandeten  Aeusserutigen  ge- 
than  hatten.  Ich  verfolge  hier  nicht  von  Stufe  zu  Stufe  die  aufsteigende 
Linie.  Dass  Kaltenbrunner  obenan  steht,  weiss  jeder  Leser  der  demselben 
zu  Theil  gewordenen  Entgegnung.  Dass  er  dies  nicht  blos  dem  S.  24  be- 
tonten eingehenden  Studium  der  Frage  verdankt,  kann  ich  nicht  unaus- 
gesprochen lassen.  Doch  was  da  weiter  hineinspielt,  gehört  nicht  in  die 
öffentliche  Besprechung  dieser  literarischen  Fehde. 

Ich  will  endlich  einige  der  Angaben  Kaltenbrunners,  welche  ich  selbst 
unrichtig  befunden  habe,  besprechen  ^).  Auch  ohne  Denifles  Abhandlung  zu 
kennen,  hätte  ich  gleich  ihm  die  Indices  zu  den  Bänden  10,  28,  29  (jetzige 
Zählung)  der  Schrift  nach  um  die  Mitte  des  14.  Jahrh.  angesetzt;  ich  wundere 
mich,   dass  K.  dies  verkannt  hat.     Dasselbe  habe  ich  von  der  Schrift  des 

Martin  de  Stans  (Denifle  46)  zu  sagen.  Auch  den  Lesefehler  Eichlus  statt 
aaill(elm)us  (K.  216,  D.  48)  hätte  sich  Kaltenbrunner  nicht  zu  Schulden 
kommen  lassen  sollen.  Auf  Flüchtigkeit  bei  der  Ausarbeitung  oder  auf 
Ungenauigkeit  des  Ausdrucks  läuft  es  hinaus,  dass  K.  262  das  Wort  lega- 
tur  als  mehrmals  in  Beg.  6  vorkommend  bezeichnet;  es  findet  sich  in  der 
That  (D.  55)  nur  zweimal  eingetragen.  Dass  K.  sich  nicht  bestimmt  äussert, 
welcher  Zeit  diese  Bandbemerkung  angehört,  ist  wahr.  Gleichzeitigkeit  nimmt 
er  nicht  an,  denn  er  redet  von  späteren  Notizen.  Er  hätte  aber,  um  Miss- 
verständnissen vorzubeugen,   doch  dies  später  genauer  bezeichnen  und  er 

')  Ich  wiederhole,  dass  ich  nur  einiffen  Differenzen  nachzugehen  die  Zeit 
hatte.  Dass  K.  selbst  die  Belehrunffen  Denifles  bereits  zum  gössen  Theile  willig 
angenommen  hat,  hält  mich  nicht  ao,  auch  meinerseitB  den  emen  und  den  andern 
Fafi  zu  berühren.  Ich  untersuche  dabei  nicht,  ob  K.  in  der  That  sich  so  be- 
stimmt, wie  Denifle  annimmt,  ausgesprochen  hat  oder  nicht.  Ich  möchte  eher 
mit  Digard  Kaltenbrunner  einen  Vorwurf  daraus  machen,  zu  ängstlich  gewesen 
und  über  Einzelheiten,  über  die  wir  gern  unterrichtet  worden  wären,  hinweg- 
gesdilüpft  zu  sein. 

MittheUosceii  YIL  45 


706  Sickel. 

hätie  ebenso  gat,  wie  D.  55  auf  dem  ersten  Blick  erkennen  sollen,  dsss 
diese  Sclirift  nicht  vor  die  Mitte  des  18.  Jahrh.  gesetzt  werden  kann.  I>och 
genügt  mir  in  diesem  Falle  auch  noch  nicht»  dass  Denifle  nor  nach  rück- 
wärts eine  Zeitgrenze  angibt  und  dahin  gestellt  sein  Iftsst,  ob  wir  uns  für 
die  zweite  Hälfte  des  18.  Jahrh.  oder  etwa  für  spätere  Zeit  entscheiden 
sollen.  Es  ist  sehr  denkbar,  dass  dieser  wichtige  Band  (es  handelt  dich  am 
Innocenz  UI.  super  negotio  imperli)  in  der  Folge  wiederholt  za  Bathe  ge- 
zogen und  daher  mit  Glossen  verschiedener  Perioden  versehen  worden  ist 
Sehe  ich  aber  vor  der  Hand  von  dieser  Möglichkeit  ab  und  ziehe  ich  auch 
längere  Eintragungen  in  diesen  Band,  wie  auf  f  17  und  22  in  die  Unter- 
suchung ein,  so  würde  ich  diese  und  demnach  auch  l^gatur  auf  Grand 
meiner  bisherigen  Kenntnisse  als  erst  um  1850  geschrieben  erklären  müssen. 
Und  so  finde  ich  mich  auch  in  einer  andern  Frage  mit  Denifle  nur,  inso- 
weit als  er  K.  widerspricht,  im  Einklang.  Nach  D.  würde  nämlich  die 
Folürung  in  den  Bänden  28,  29  in  die  zweite  Hälfte  des  14.  Jahrk.  ge- 
hören, was  mir  als  zu  früher  Ansatz  erscheint.  Möglicherweise  ist  hier  D. 
in  ähnlicher  Weise  wie  sein  Vorgänger  durch  eine  Voraussetzung  beeinfloast 
worden.  K.  hatte  gewisse  Erscheinungen  mit  Urban  IV.  in  Verbindung  ge- 
bracht und  hatte  sie  deshalb  in  das  Pontificat  dieses  Papstes  gesetzt.  In- 
dem dem  gegenüber  D.  den  Beweis  erbrachte,  dass  man  sieb  unter  Urban  V. 
vielfach  mit  den  Begistem  der  Vorgänger  beschäftigt  hat,  nahm  er  (s.  S.  50) 
auch  Folürang  zu  dieser  Zeit  an^).  Halte  ich  nun  diese  Folürung  för  be- 
deutend jünger,  so  will  ich  auch  offen  sagen,  was  mich  dazu  bestimmt: 
diese  Blattzahlen  schienen  mir  ganz  gleich  denen  in  den  mir  am  häufigsten 
darch  die  Hände  gegangenen  Begistem  des  15.  Jahrh.;  doch  bin  ich  nicht 
mehr  dazu  gekommen,  die  Sache  weiter  zu  verfolgen  und  eigentliche  Ver- 
gleiohung  vorzunehmen.  Und  ich  wage  nur  in  dem  Sinne  diese  und  einige 
andere  Aussprüche  des  H.  Unterarchivars  mit  einem  Fragezeichen  z.i  ver- 
sehen, dass  ich  meine,  dass  auch  er  noch  nicht  die  Zeit  gehabt  hat,  seine 
bevorzugte  Stellung  nach  allen  Seiten  hin  auszunützen  und  daher  noch 
nicht  im  Stande  is^  über  jede  Specialität  das  letate  Wort,  wie  wir  es  gerade 
von  ihm  erhoffen,  zu  sprechen. 

Ich  kehre  zu  Ealtenbrunners  Abhandlung  zurück.  Es  trifft  ihn  hart»  dass 
er  so  oft  als'Paläograph  gefehlt  hat  und  so  auch  in  Punkten,  aus  denen 
er  dann  Folgerungen  gezogen  hat.  Dass  letztere  mit  den  unrichtigen  Zeit- 
bestimmungen hinfällig  geworden  sind,  ist  lediglich  seine  Schuld.  Anders 
steht  es  damit,  dass  ihm  die  Geschichte  des  Transportes  des  päpstUchen 
Archives  noch  nicht  so  bekannt  war,  wie  sie  jetzt  durch  die  Publi- 
cationen  von  Ehrle  und  Denifle  aufgehellt  worden  ist»  und  dass  er  spedeil 
von  der  Existenz  des  Inventars  vom  15.  März  1889  noch  keine  Ahnnng 
hatte.  War  er  somit»  wie  auch  sein  Gegner  wiederholt  anerkennt»  bei  sn- 
nen  Untersuchungen  auf  das  erst  im  J.  1369  zu  Avignon  angelegte  In- 
ventar angewiesen,  so  war  doch  meines  Ermessens  die  Berufdng  auf  das- 
selbe nicht  so  tadelnswerth  oder  nicht  so  unklug,  wie  D.  24  meint.  Und 
überhaupt  geht  D.  in  seiner  Verwerfung  der  » Hypothesen  modemer  Diplo- 


*)  Noch  beseiohnender  heisst  es  in  D.  85,  dass  er  gewisse  Indices  der  Schiift 
noch  in  spätere  Periode  setzen  würde,  aber  doch  Entstehung  unter  Urban  V. 
wahrsoheinliGAier  findet. 


Zur  Abwehr.  707 

matiker«  und  in  der  Brandmarkang  dar  Gombinationen  zu  weil  Ich  unter- 
sache  nicht,  ob  sich  nicht  etwa  auch  in  Denifle*8  Schriften  Gombinationen 
nachweisen  lassen.  Ich  erörtere  nur  die  prindpiellen  Fragen.  Indem  wir 
in  unserer  Arbeit  immer  wieder  anf  Lücken  im  Material  stossen,  müssen 
wir  wol  oder  übel  diese,  um  den  Zusammenhang  der  Dinge  herzustellen, 
mit  Annahmen  überbrücken.  Auch  die  exacteste  Forschung  kann  derselben 
nicht  entrathen  und  hat  nur  darüber  zu  wachen,  dass  Hypothesen  nicht 
für  mehr  ausgegeben  und  angesehen  werden,  als  sie  sind.  Dass  sie  so 
häufig  durch  Entdeckung  neuer  Thatsachen  über  den  Haufen  geworfen 
werden,  ist  kein  genügender  Grund,  sich  derselben  ganz  zu  entschlagen. 
Verdanken  wir  ihnen  doch  auch  wieder,  eben  weil  sie  subjecüv  und  nicht 
jedermann  mundgerecht  sind,  den  Antrieb  zu  neuer  Untersuchung,  zu  fort- 
gesetzter Forschung  und  im  günstigen  Falle  zu  neuen,  das  Material  ver- 
Yollständigenden  Funden.  Als  kritischer  Kopf  möge  also  P.  Denifie  jede 
einzelne  Hypothese  mit  allen  Mitteln  prüfen  und  eventuell  verwerfen  oder 
vernichten.  Aber  er  schiesst  über  das  rechte  Ziel  hinaus,  wenn  er  über 
die  Ck)mbination  in  Bausch  und  Bogen  den  Stab  zu  brechen  versucht,  und 
er  wird  der  modernen  historischen  Wissenschaft  nicht  gerecht,  wenn  er  sie 
beschuldigt,  sich  mehr  als  in  früheren  Zeiten  geschehen  sei,  mit  Hypothesen 
zu  behelfen  und  zu  schmücken. 

Brauche  ich  deshalb  zu  versichern,  dass  ich  mich  mit  dem  Herrn 
Unterarchivar  durchaus  eins  in  den  Postulaten  ezacter  Forschung  weiss? 
Ein  Compliment,  welches  er  mir  gelegentlich,  um  Kaltenbrunner  zu  grösserer 
Vorsicht  anzuspornen,  macht,  gebe  ich  ihm  in  alier  AuMchtigkeit  zurück. 
Ja,  ich  beneide  ihn,  dass  er  auf  dem  weiten  Gebiete,  für  welches  wir  von 
den  Vaticanischen  Schätzen  noch  zahlreiche  Berichtigungen  und  neue  Auf- 
schlüsse erhoffen,  dank  seiner  amtlichen  Stellung,  seine  Befidiigung  und 
Schulung  mehr  als  wir  alle  zur  Förderung  der  historischen  Erkenntnis 
geltend  machen  kann.  Es  ist  schon  ein  grosser  Gewinn  für  uns,  dass  jetzt 
ein  auf  deutschen  Schulen  gebildeter  und  in  der  deutschen  Wissenschaft 
ebenso  wie  in  der  Wissenschaft  anderer  Länder  heimischer  Mann  als  Be- 
amter der  päpstlichen  Archive  den  Verkehr  mit  der  gelehrten  Welt  zu  ver- 
mitteln berufen  ist.  Wir  verdanken  jedoch  ihm  als  Historiker  und  er- 
warten von  ihm  noch  mehr.  Erst  drei  Jahre  im  päpstlichen  Archive  an- 
gestellt, hat  er  bei  gewissenhafter  Erfüllung  aller  ihm  als  Beamten  ob- 
liegenden Pflichten  nic^t  allein  seine  früher  b^onnenen  Arbeiten  fortgesetzt, 
sondern  auch  neue,  für  die  ihm  ein  reiches  archivalisches  Material  zu  seiner 
Verfügung  steht,  in  Angriff  genommen.  Zunächst  ist  er  wiederholt  als 
gestrenger  und  streitbarer  Kritiker  aufgetreten.  Aber  er  hat  uns  auch  neue 
aehr  werthvolle  Funde  geboten.  Wir  können  nur  wünschen,  dass  er  fort- 
fahre, die  grossen  Vortheile  seiner  Stellung  zum  Frommen  unserer  Wissen- 
schaffe in  jeder  Weise  auszunützen. 

Gegen  den  Ton,  in  welchem  Denifle  Kaltenbrunner  gegenüber  seine 
Ueberlegenheit  geltend  gemacht  hat,  hat  dieser  sich  zu  wehren  gesucht, 
und  das  muss  jedem  freistehen,  welchen  etwa  noch  das  gleiche  Schicksal 
triffL  Uns  andere  kümmert  diese  Seite  des  Streites  weniger  als  das ,  was 
bei  demselben  für  unsere  Wissenschaft  schliesslich  herauskommt  Es  handelt 
sich  um  ein  recht  schwieriges  Problem  der  Quellenforschung  für  die  Ge- 
schichte des  13.  Jahrb.,  welches  ja  auch  P.  Denifle  noch  nicht  vollständig 


708  SickeL 

geKtot  zu  haben  erklärt  and  welches  wir  doch  endlich  einmal  gelöst  za 
sehen  wünschen.  Hat  nun  dazu  K.*s  Abhandlang  in  der  That  gar  nichts 
beigetragen?  Wer  nar  die  Kritik  Denifle*s  liest,  könnte  za  dem  Glaaboi 
▼erleitet  werden,  dass  dem  so  sei,  and  sich  bestimmen  lassen,  Ton  O 
Untersachongen  ganz  abzasehen.  Mehr  am  davor  za  warnen,  als  am  die 
Person  K.*s  za  yertheidigen  and  za  entsohaldigen,  trete  ich  hier  der  Kritik 
D.'s  entgegen.  Diese  trifft,  genaa  besehen,  doch  nar  Einzelheiten,  b^prondet 
noch  keineswegs  ein  ürtheil  über  die  ganze  Arbeit  K.'s  and  Ifisst  anch  eine 
Beihe  wichtiger  Ergebnisse  ganz  unangetastet.  Ich  erinnere  nochmals  daran, 
dass  D.  selbst  seinen  Yorgftnger  in  den  ailerwesentlichten  Pnnkten  bei- 
pflichtet. Und  so  kann  K.*s  Abhandlang  recht  wol,  zamal  nachdem  sie 
bereits  von  Denifle  and  Digard,  denen  gewiss  noch  andere  folgen  werden, 
berichtigt  and  ergänzt  worden  ist,  als  Aasgangspankt  und  Grundlage  wei- 
terer Forschung  dienen. 

Aussee,  September  1886.  Sickel. 


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